L 3 R 179/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 R 193/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 179/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1960 geborene Kläger erlernte nach dem Abschluss der Realschule den Beruf eines Gas-Wasser-Installateurs (Ausbildungszeit vom 01. April 1976 bis zum 30. September 1979) und war als solcher bis Juni 1987 beschäftigt, danach arbeitete er bis zum 31. Dezember 1990 als Betriebshandwerker in einem Krankenhaus. Vom 01. Januar 1991 bis zum Firmenkonkurs im November 1994 war der Kläger als Gas-Wasser-Installateur selbständig tätig und beschäftigte zeitweise bis zu vier Mitarbeiter. Nach seinen Angaben führte er im Winter 1994/95 für einige Monate gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Pension. Seitdem geht der Kläger keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Im Versicherungskonto ist die Zeit ab dem 01. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 2001 durchgehend mit freiwilligen Beiträgen belegt.

Den am 13. Oktober 2000 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung wegen seit Mai 2000 bestehendem Halswirbelsäulen (HWS)- und Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom, beidseitiger Hörminderung mit Tinnitus, einem Magenleiden, Depressionen mit Schlaflosigkeit, Nervosität, Kopfschmerzen und Schwindel lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. Februar 2002 ab. Nach den eingeholten Gutachten sei weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, im Sinne von §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab Januar 2001 geltenden Fassung (n. F.) gegeben. Der Beurteilung zugrunde lagen der Befund über eine Computertomographie (CT) der LWS vom 24. Juli 2001 sowie die Gutachten der Internistin Dr. Sr vom 09. November 2001 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B vom 28. November 2001. Dr. S hatte beim Kläger ein chronisch-degeneratives HWS-/LWS-Syndrom, eine chronische Gastritis sowie eine Hörminderung beidseits mit Tinnitus festgestellt. Zwar werde die nach einem Hörsturz 1982 bestehende beidseitige Hörminderung durch das Tragen von Hörgeräten recht gut ausgeglichen, jedoch könnten besondere Anforderungen an das Hörvermögen nicht gestellt werden. Der Nervenarzt B hatte auf seinem Fachgebiet eine Anpassungsstörung festgestellt und wie Dr. S ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, zeitweise im Stehen, Gehen und auch überwiegend im Sitzen unter Ausschluss von Tätigkeiten unter Lärm und Zeitdruck festgestellt. Das Leistungsvermögen für den Lehrberuf des Gas-Wasser-Installateurs sei aufgehoben.

Auf den Widerspruch des Klägers, den er unter Vorlage von Attesten des behandelnden Psychiaters und Neurologen Dr. M vom 18. März 2002, der HNO-Ärzte Dres. G, R u. a. vom 19. April 2002 und des behandelnden Orthopäden Dr. P vom 28. Mai 2002 begründete, holte die Beklagte ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R vom 06. Dezember 2002 ein. Der Gutachter stellte nach Untersuchung des Klägers folgende Diagnosen: - Chronisches Lumbalsyndrom bei degenerativ veränderter LWS, - Hüftdysplasie beidseits ohne Zeichen der Coxarthrose, - Zervikobrachialsyndrom, - Schulter-Arm-Syndrom beidseits bei Tendinosis calcarea rechts. Aus fachorthopädischer Sicht könne der Kläger leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bzw. überwiegend im Stehen oder Sitzen vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Knien, Hocken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie Tätigkeiten mit Überkopfarbeit. Wegefähigkeit sei gegeben. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 zurück. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er zumutbar auf eine Tätigkeit als Arbeiter in Hochregallagern, als Maschinenbediener in der Kleinteilefertigung und als Arbeiter in der Herstellung bzw. Montage mechanischer Kleinteile im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verwiesen werden könne.

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sein Begehren, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/-minderung zu gewähren, weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, aufgrund der multiplen bei ihm bestehenden Leiden sei es ihm unmöglich, noch eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben. Insbesondere seien ihm die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten wegen seiner auf orthopädischem Gebiet bestehenden Beschwerden nicht mehr möglich. Er hat sich auf die von ihm vorgelegten Atteste der behandelnden Ärzte, des Orthopäden Dr. P vom 01. März 2003, der HNO-Ärzte Dres. G, R u. a. vom 19. April 2002 und des Nervenarztes Dr. M vom 26. Februar 2003, sowie des ihn behandelnden Dipl.-Psych. R vom 15. Januar 2004 (Verhaltenstherapie) bezogen. Entgegen der Feststellung in dem von der Beklagten angeforderten internistischen Gutachten werde seine Hörminderung nicht durch das Tragen von Hörgeräten ausgeglichen, da der Versuch einer Hörgeräteversorgung mangels Besserung des Hörvermögens dadurch fehlgeschlagen sei.

Das SG hat zunächst Befundberichte (BB) von den behandelnden Ärzten, den HNO-Ärzten Dres. G, R u. a. vom 29. August 2003, dem Nervenarzt Dr. M vom 11. September 2003 (Behandlung seit November 2001), dem Orthopäden Dr. P vom 24. Oktober 2003/21. Februar 2004 sowie der Praktischen Ärztin (spezielle Schmerztherapie) R vom 05. Januar 2004 (Behandlung seit Juni 2003) eingeholt und dann ein Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K vom 19. Mai 2004 angefordert. Dr. K hat nach eigener Untersuchung des Klägers und Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen und bildgebenden Befunde diagnostiziert: 1. Rezidivierendes Cervicalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der mittleren und unteren HWS. 2. Chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom, lumbales Facettensyndrom. 3. Impingementsyndrom beidseits mit partieller Schultersteife. 4. Coxalgie beidseits bei Hüftdysplasie beidseits. Das Leistungsvermögen des Klägers hat er wie folgt beurteilt: Dieser könne noch acht Stunden täglich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten bis zu fünf Kilogramm sei noch möglich. Die Arbeiten sollten vorwiegend in geschlossenen Räumen bzw. bei Witterungsschutz durchgeführt werden. Vermieden werden müssten Arbeiten auf Dauer mit beiden Armen über der Horizontale bzw. Überkopf sowie auf Leitern und Gerüsten. Keine Einschränkungen bestünden für Arbeiten im festgelegten Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen sowie bezüglich Wechsel- oder Nachtschicht. Wegefähigkeit sei gegeben.

Anschließend hat das SG ein Sachverständigengutachten von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. S vom 15. Oktober 2004 eingeholt. Die Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers vom 16. August 2004 die Diagnosen gestellt: - lange dauernde Anpassungsstörung vor dem Hintergrund von Konflikten im beruflichen und partnerschaftlichen Kontext bei Hemmung und Ausbilden einer Verweigerungstendenz, - rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne Zeichen einer Wurzelreiz- oder Wurzelkompressionssymptomatik bei radiologisch nachgewiesenen mäßig degenerativen Veränderungen, - rezidivierendes Zervikalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der mittleren und unteren HWS ohne Zeichen einer Wurzelreiz- oder Wurzel- kompressionssymptomatik, - rezidivierende Ulnarisreizsymptomatik links ohne Zeichen einer manifesten Ulnariskompression. Sowie als fachfremde Diagnosen: - Impingementsyndrom beidseits. - Coxalgie beidseits bei Hüftdysplasie. Das Leistungsvermögen des Klägers hat die Sachverständige als noch vollschichtig für leichte, zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten beurteilt. Die Arbeit könne im Freien oder in geschlossenen Räumen erfolgen, unter Einfluss von Hitze, Kälte, Staub, lediglich Feuchtigkeit und Nässe sollten aufgrund der orthopädischen Beschwerden gemieden werden. Weitere als die bereits im orthopädischen Gutachten festgestellten qualitativen Beschränkungen bestünden nicht. Der Kläger sei nicht in der Ausübung einfacher und mittelschwerer geistiger Arbeiten behindert. Aufgrund des Tinnitus und einer bekannten Hochtonschwerhörigkeit sollten Tätigkeiten mit Lärmexposition vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutische Medizin Dr. St vom 18. Dezember 2005 eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers vom 08. November 2005 und Auswertung testpsychologischer Befunde vom 16. Dezember 2005 folgende Diagnosen gestellt: Schwere neurotische Störung mit 1. Somatisierungsstörung, chronischer somatoformer Schmerzstörung bei bestehenden neurologischen und orthopädischen Beeinträchtigungen, 2. rezidivierender mittelschwerer depressiver Störung mit Antriebsstörung, Konzentrationsstörung, Schlafstörungen überwiegend neurotischer Genese, 3. ausgeprägter Zwangsstörung in Form von Zwangsgedanken und Grübel- zwängen, Zähl- und Kontrollzwängen, Tic nerveuse, 4. Angststörung mit Panikattacken, zum Teil gebunden in einer Soziophobie. Körperliche Diagnosen: - Rezidivierendes Zervikalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der mittleren und unteren Halswirbelsäule mit Wurzelreizsymptomatik, - Chronisches rezidivierendes Lumbalsyndrom, lumbales Facettensyndrom mit Kompression der Wurzel L5 mit daraus resultierenden Nervenwurzel- reizerscheinungen beidseits, - Impingementsyndrom beidseits mit partieller Schultersteife sowie Tendinosis calcarea rechts, - Coxalgie beidseits bei Hüftdysplasie bei exzentrisch angelegten Hüft- köpfen und inkompletter Pfannenüberdachung beidseits, - Magen-Darm-Störungen (Magenschmerzen, Gastritis, Übelkeit, Durchfälle), - Tinnitus aurium beidseits bei Hochtonschwerhörigkeit beidseits, - Restless-legs- Syndrom. Er hat ausgeführt, der Kläger leide an einer anhaltenden chronischen depressiven Störung mit ausgeprägter Vitalstörung, Ein- und Durchschlafstörungen (auch unterhalten durch die nervliche Erkrankung), Konzentrationsstörung, Kraftlosigkeit. Durch die depressive Gestimmtheit seien die Lebensfreude und der Antrieb soweit gestört, dass selbst alltägliche Handlungen eine starke willentliche Kraftanstrengung erforderten. Die Angststörung zeige sich in dem Erleben der Angst und der Panik sowie im körperlichen Bereich in innerer Unruhe, Schweißausbrüchen, Zittrigkeit, Durchfällen und dem Gefühl, sich seiner nicht mehr sicher zu sein mit der Folge von sozialem Rückzug. Die Soziophobie zeige sich in der Angst, anderen Menschen auf der Straße oder in Räumen wie Kaufhäusern zu begegnen, so dass der Kläger zur Angstabwehr diese Situationen meide. Die Zwangsstörung bestehe in Form von Grübelzwängen und Zwangsgedanken sowie Zähl- und Kontrollzwängen. Eine Besserung könne theoretisch durch eine langfristige Psychotherapie herbeigeführt werden. Aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers seien die Widerstände bezüglich einer tiefenpsychologischen Aufarbeitung groß und die Abwehrstrategien massiv, so dass die Effizienz der Therapie hierdurch deutlich eingeschränkt sei. Der Kläger könne maximal noch zwei Stunden körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft leisten. Ihm seien einseitige körperliche Belastungen, Zeitdruck, Arbeiten in einem festgelegten Rhythmus oder an laufenden Maschinen, das Heben und Tragen von Lasten größer als fünf Kilogramm, Schichtarbeit sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Durch die Hochtonschwerhörigkeit und den Tinnitus seien das Hörvermögen und vor allem die Geräuschbelastbarkeit erheblich gemindert. Er könne keine schwierigen oder mittelschwierigen geistigen Arbeiten mehr ausführen. Auch seien vor allem unter Zeit- und Leistungsdruck das Reaktionsvermögen, die Lese- und Schreibgewandtheit, die Auffassungsgabe, die Lern- und Merkfähigkeit, die Gedächtnisfähigkeit, die Konzentrationsfähigkeit, die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit beeinträchtigt. Ebenso sei der Umgang mit Publikum bei der zunehmenden sozialen Phobie (Angst vor Menschen) beeinträchtigt. Die Wegefähigkeit sei noch erhalten. Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sei möglich, die Benutzung eines eigenen PKW sei bei mangelndem Reaktionsvermögen nicht erlaubt. Die festgestellten Einschränkungen würden seit Antragstellung im Oktober 2001 bestehen, mit einer wesentlichen Verschlimmerung 2004/2005. Trotz psychiatrischer Behandlung einschließlich antidepressiver Medikation sowie Einzelpsychotherapie seit 2002 habe keine wesentliche Symptombesserung erreicht werden können.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. April 2006 hat der Sachverständige Dr. St auf die Kritik in der Stellungnahme des Beratungsarztes der Beklagten, des Facharztes für Psychiatrie G, vom 26. Januar 2006 ausgeführt, die wesentliche Verschlimmerung 2004/2005 sei in dem Auftreten der neurologischen Symptomatik des Restless-legs-Syndroms mit einer einhergehenden schweren Schlafstörung sowie dem Auftreten der Angststörung mit Panikattacken begründet. Bezugnehmend auf den psychopathologischen und neurologischen Befund der Vorgutachterin Dr. S sei der Zeitraum der Verschlimmerung frühestens ab Dezember 2004 anzunehmen.

Anschließend hat das SG weitere BBe von den behandelnden Ärzten, d. h. dem Nervenarzt Dr. M vom 13. Dezember 2006 (sieben Vorstellungen in den letzen zwölf Monaten), dem Orthopäden Dr. P vom 08. Januar 2007 (acht Vorstellungen in den letzen zwölf Monaten; Voltaren-Retard-Kapseln [75 mg] bis zu zweimal täglich), der Praktischen Ärztin R vom 22. Januar 2007 (drei Vorstellungen in den letzen 12 Monaten; bei Bedarf NSAR, Tens-Gerät, gelegentlich physikalische Therapie, selten Tramadol) und dem Dipl.-Psych. R vom 28. Februar 2007 und 28. März 2006 eingeholt. Danach hat es den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B mit der Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens vom 04. Juli 2007 beauftragt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers am gleichen Tag folgende Diagnosen gestellt: - Chronifiziertes Schmerzsyndrom im Bereich der HWS und LWS sowie diverser Gelenke ohne Nachweis einer nervalen Kompression und neurologischer Ausfallerscheinungen, - Anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei chronifizierter depressiver Störung und Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen, - Restless-legs-Syndrom, - Hüftdysplasie beidseits ohne Zeichen der Coxarthrose, Impingement- syndrom beidseits. Die Leistungsfähigkeit des Klägers hat der Sachverständige als vollschichtig für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der drei Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft beurteilt. Zu vermeiden seien Arbeiten unter Zeitdruck, einseitige körperliche Belastungen, an laufenden Maschinen, mit Heben und Tragen von Lasten mit mehr als sieben bis zehn Kilogramm, auf Leitern und Gerüsten. Wechsel- und Nachtschichten seien dem Kläger noch zumutbar, ebenso Arbeiten, die eine Fingergeschicklichkeit voraussetzten, sowie Tätigkeiten überwiegend oder teilweise am Computer. Der Kläger könne noch entsprechend seines Ausbildungsstandes einfache und fachbezogen auch mittelschwere geistige Arbeiten verrichten. Die Hörfähigkeit sei etwas reduziert. Arbeit mit Publikumsverkehr seien ihm zuzumuten, sofern es sich nicht um ständigen und anstrengenden Kundenverkehr handele. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Die Einschränkungen würden in etwa konstantem Ausmaß seit der Rentenantragstellung im Jahr 2001 bestehen. Bei seiner Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf eine gravierende depressive Verstimmung, exploratorisch auch nicht auf das Vorliegen aktuell relevanter Phobien oder Ängste mit entscheidendem Vermeidungsverhalten ergeben. Aus den vorliegenden Befundberichten des Nervenarztes sowie des behandelnden Diplom-Psychologen werde ein strukturiertes Behandlungskonzept nicht erkennbar. Der Kläger werde derzeit nicht medikamentös behandelt, weder antidepressiv noch anxiolytisch. Weitergehende Therapiemaßnahmen wie stationäre oder tagesklinische Behandlungen, eine psychotherapeutische oder auch eine psychologische Schmerztherapie seien bisher nicht angestrebt worden. In den Behandlungsberichten werde nur eine insuffiziente Analgesie mit nur sporadischer Einnahme von NASR mitgeteilt, ein aktivierendes Konzept in der Schmerzbehandlung unter Einbeziehung einer psychologischen Schmerztherapie sei zu vermissen. Das Vorliegen der somatoformen Schmerzstörung begründe keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens, da gravierende Beeinträchtigungen im privaten Alltag und der sozialen Partizipation sich letztlich nicht nachweisen ließen. Der Diagnosestellung und den Schlussfolgerungen des nervenärztlichen Gutachters Dr. St könne er sich nicht anschließen. So würden den Diagnosen im psychiatrischen Befund entsprechende Symptome gegenübergestellt, ohne dass im Beschwerdevortrag diesbezügliche Symptome vom Kläger geäußert würden. Von dem Gutachter würde ein Zwangsdenken von so gravierendem Ausmaß beschrieben, dass der Kläger zu keinem Handlungsvollzug mehr komme. Im Gegensatz dazu habe der Kläger weder bei der nervenärztlichen Gutachterin Dr. S noch bei ihm und auch nicht bei dem behandelnden Nervenarzt Dr. Mund dem Verhaltenstherapeuten Dipl.-Psych. R von einer derartigen Störung berichtet. Eine solche habe sich nach hiesiger Untersuchung des Klägers auch nur schwer nachvollziehen lassen. Weiter müsse der diagnostischen Einschätzung der Bewegungsstörung ("Tic") als Symptom der Zwangsstörung widersprochen werden. So lasse sich beim Kläger bis in die Kindheit die Symptomatik einer fokalen Dystonie verschiedener Gesichts- und Halsmuskeln verfolgen. Die Torsionsdystonie, die ursächlich idiopathisch (meist perinatale Hypoxie) und als Gendefekt vorkomme, werde vom Gutachter Dr. St als magische Form der Ablehnung psychologisiert und nicht als organische Läsion im Bereich spezifischer Hirnareale akzeptiert. Die von Dr. St herangezogenen testpsychologischen Verfahren seien nicht geeignet, ausgeprägte psychische Störungen des Klägers zu belegen, da sie nicht für Begutachtungssituationen evaluiert seien. Zudem seien keine Testbögen, die Simulation/Aggravation abgrenzen würden, verwendet worden. Für die von Dr. St behauptete Kompression der Nervenwurzel L5 mit Nervenwurzelreizerscheinungen fehle es an einem entsprechenden neurologischen Befund.

Durch Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2007 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung lägen nicht vor. Der Kläger könne zur Überzeugung der Kammer noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter Beachtung der gutachterlich festgestellten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Kammer lege hierbei die von Amts wegen eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. K, Dr. Sund Dr. B, die nach umfangreicher Untersuchung und Befundung nachvollziehbar die vorliegenden Gesundheitsstörungen und die hieraus resultierenden qualitativen Leistungseinschränkungen festgestellt hätten, der Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers zugrunde. Diese stimmten zudem mit den im Verwaltungsverfahren eingeholten internistischen, neurologisch-psychiatrischen und orthopädischen Gutachten überein. Die insgesamt nur mäßigen degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS und LWS hätten bislang nicht zu radikulären Schädigungen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten geführt, ebenso hätten Sensibilitätsstörungen und motorische Paresen ausgeschlossen werden können, eine Nervenwurzelkompression im Bereich der unteren Extremitäten habe nicht vorgelegen. Im Vordergrund stehe ein belastungsabhängiges Schmerzsyndrom, das jedoch nicht zu gravierenden Beeinträchtigungen im privaten Alltag und der sozialen Partizipation geführt habe. Hinzu komme auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronifizierte depressive Störung leichtgradiger Ausprägung, die in der Gesamtheit mit der chronifizierten Schmerzstörung, den leichtgradigen degenerativen HWS- und LWS-Veränderungen und der Hüftgelenksdysplasie unter weiterer Berücksichtigung des Restless-legs-Syndroms sowie der Schwerhörigkeit mit Tinnitus lediglich qualitative Leistungseinschränkungen bedinge. Die Kammer habe der Einschätzung des Sachverständigen Dr. St nicht zu folgen vermocht und schließe sich vollumfänglich den überzeugenden Ausführungen von Dr. B hierzu an. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit eines Kleinteilemontierers, wie sie in der vom Landessozialgericht (LSG) Berlin unter dem Aktenzeichen L 5 RJ 7/98 eingeholten berufskundlichen Auskunft des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg e.V. beschrieben sei, verweisbar sei. Diese Tätigkeit sei dem Kläger sowohl fachlich als auch sozial zumutbar. Er sei ihr auch gesundheitlich gewachsen.

Gegen den ihm am 19. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich der Kläger mit seiner am 21. Januar 2008 (Montag) beim LSG eingelegten Berufung. Er führt aus, er sei ab Rentenantragstellung zumindest berufsunfähig. Zur Begründung seines behaupteten aufgehobenen Leistungsvermögens bezieht er sich auf das erstinstanzlich eingeholte Gutachten von Dr. St nebst ergänzender Stellungnahme und reicht ein Attest des behandelnden Nervenarztes Dr. M vom 17. Juli 2008, das für das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin – Versorgungsamt – erstellte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. V vom 01. Oktober 2007 sowie eine von ihm direkt von Dr. St eingeholte Stellungnahme vom 30. August 2008 zur Gerichtsakte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2007 sowie den Bescheid vom 04. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Oktober 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise ab dem 01. Januar 2001 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, und ab Dezember 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Kläger nach wie vor nicht für erwerbsgemindert und bezieht sich hierzu auf Stellungnahmen ihrer Beratungsärzte, der Fachärztin für Psychiatrie Dr. S vom 21. Oktober 2008 und 13. März 2009, der Allgemeinmedizinerin Dr. G vom 24. Oktober 2008, der Internistin Dr. H vom 28. Januar 2009 und des Facharztes für Psychiatrie G vom 20. Mai 2009. Eine schwere chronifizierte depressive Störung sei nach wie vor nicht belegt. Nach den Dosierungsempfehlungen für Imipramin sei eine Tagesdosis mit 25 mg unterhalb des therapeutisch Wirksamen. Eine solche Dosis könne lediglich abends zur Schlafinduktion dienen. Eine antidepressive Wirkung sei allenfalls bei höheren Dosen erreichbar. Im Hinblick auf die erworbenen Kenntnisse in der ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit sei der Kläger u. a. auch auf die Tätigkeit eines Sachbearbeiters im Heizungs- und Sanitärverkauf sowie eines Kundenberaters bzw. Außendienstmitarbeiters im Großhandel (Fachhandel) verweisbar. Insoweit werde auf die zur Akte gereichte Entscheidung des 17. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2008 Bezug genommen.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. B vom 24. September 2008 sowie Befundberichte der behandelnden Ärzte, der HNO-Ärzte Dres. G, R u. a. vom 05. Dezember 2008 (einmal jährlich Vorstellung, Diagnosen Tinnitus beidseits, Hochtonschwerhörigkeit beidseits, gleich bleibende Befunde), des Nervenarztes Dr. M vom 06. Januar 2009 (keine wesentliche Änderung, monatliche bis quartalsweise Vorstellung), des Orthopäden Dr. P vom 07. Januar 2009 (unregelmäßige Vorstellungen, gleich bleibender Befund, seit 2008 zusätzlich Hallux valgus und rigidus), der Praktischen Ärztin R vom 14. Januar 2009 (Vorstellung ca. einmal pro Quartal, erhebliche Chronifizierung) sowie des Dipl.-Psych. R vom 30. Dezember 2008 eingeholt. Dr. M hat unter dem 30. April 2009 ergänzend mitgeteilt, dass der Kläger von ihm das tricyclische Antidepressivum Imipramin 25 mg/Tag verordnet bekommen habe.

Des Weiteren hat der Senat berufskundliche Unterlagen zur Tätigkeit eines Hausmeisters in modernen Wohn- und Büroanlagen (Anfrage der Landesversicherungsanstalt Sachsen vom 09. Juni 2000, Auskunft des Bundesverbandes Freier Wohnungsunternehmen e. V. /Landesverbandes Freier Wohnungsunternehmen NRW e. V. vom 04. August 2000) nebst einer hierzu ergangenen Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. September 2001 – L 5 RJ 147/99 – in das Verfahren eingeführt und den Beteiligten Kopien hiervon übersandt.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers, mit der er nur noch einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Oktober 2000 und Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Dezember 2004, hilfsweise auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Januar 2001 geltend macht, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der ab dem 01. Oktober 2000 geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit richtet sich nach § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.; § 300 Abs. 2 SGB VI). Danach sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung oder gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a. F.).

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung (n. F.) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI n. F.). Nach § 240 Abs. 1 SGB VI n. F. haben auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI n. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Zur Überzeugung des Senates, die sich auf das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG), insbesondere die im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch Frau Dr. S vom 09. November 2001, Herrn B vom 28. November 2001, Dr. R vom 06. Dezember 2002, Dr. K vom 19. Mai 2004, Frau Dr. Sc vom 15. Oktober 2004 und Dr. B vom 04. Juli 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. September 2008 stützt, ist der Kläger nicht erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.

Nach den gutachterlichen Feststellungen leidet der Kläger auf orthopädischem Gebiet an einem rezidivierenden Cervicalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der mittleren und unteren HWS, einem chronisch-rezidivierenden Lumbalsyndrom und einem lumbalen Facettensyndrom, einem Impingementsyndrom beidseits mit partieller Schultersteife, einer Coxalgie bei Hüftdysplasie beidseits und einer rezidivierenden Ulnarissymptomatik links, jedoch ohne Zeichen einer manifesten Ulnariskompression. Cervicale und lumbale Nervenwurzelreizerscheinungen oder -kompressionssymptomatik, wie von dem Sachverständigen Dr. St behauptet, liegen bei dem Kläger nicht vor. Alle fachorthopädischen Untersuchungen, einschließlich der für das Versorgungsamt von Dr. V vom 01. Oktober 2007, wie auch die Untersuchungen der anderen Gutachter und Sachverständigen, einschließlich der von Dr. St, haben diesbezüglich einen unauffälligen neurologischen Befund (negativer Lasegue, regelhafte Reflexe, keine bzw. keine Dermatom bezogenen Sensibilitätsstörungen, keine motorischen Paresen) ergeben. Es bestehen nur mäßiggradige degenerative Veränderungen im Bereich der HWS und LWS, eine Spinalkanalstenose ist auf der CT von 2001 nicht erkennbar. Die nach der Neutral-Null-Methode von Dr. R und Dr. K gemessenen und objektivierten Funktionseinschränkungen im Stütz- und Bewegungsapparat sind eher als gering einzuschätzen. Sie stehen einer vollschichtigen, d. h. bis zum 31. Dezember 2000 mindestens acht Stunden bzw. ab dem 01. Januar 2001 mindestens sechs Stunden arbeitstäglichen Ausübung von körperlich leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten oder auch überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien bei Witterungsschutz (z. B. durch entsprechende Kleidung) nicht entgegen. Zu vermeiden sind Tätigkeiten, die ein regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über sieben bis zehn Kilogramm sowie ein (ständiges) Arbeiten auf Leitern und Gerüsten (mit Absturzgefahr) erfordern. Im Hinblick auf das beim Kläger vorliegende Impingementsyndrom mit partieller Schultersteife sind zudem Arbeiten auf Dauer mit beiden Armen über der Horizontale sowie über Kopf ausgeschlossen. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit ist im Hinblick auf fehlende neurologische Symptome und die von den Sachverständigen betreffend die Wirbelsäule und die unteren Extremitäten erhobenen Befunde nicht ersichtlich, lediglich lang anhaltendes Stehen bereitet dem Kläger - nach seinen Angaben -Probleme. Die Wegefähigkeit ist erhalten. Hinsichtlich der im Jahre 2008 gestellten weiteren Diagnose eines Hallux valgus und rigidus werden von dem behandelnden Orthopäden weder das konkrete Stadium noch eine evtl. bestehende Behandlungsbedürftigkeit benannt. Vom Kläger ist auch nicht dargelegt worden, welche (weiteren) Funktionseinschränkungen trotz entsprechender Behandlung (orthopädische Schuhbettung etc.) daraus dauerhaft folgen sollen.

Auf internistischem Gebiet leidet der Kläger an einer chronisch-rezidivierenden Gastritis ohne Ulcus-Nachweis, die gelegentlich einer medikamentösen Behandlung bedarf und zu keinen weitergehenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit führt.

Die nach Angaben des behandelnden HNO-Arztes langjährig bestehende, gleich bleibende Hochtonschwerhörigkeit mit Tinnitus, die sich nach den Schilderungen des Klägers vor allem bei Nebengeräuschen (Straßenlärm ) und in einer Gruppe negativ auf das Verstehen auswirkt, bedingt, dass an das Hörvermögen keine besonderen Anforderungen gestellt werden dürfen und der Kläger keiner (besonderen) Lärmexposition ausgesetzt werden darf. Zwar ist nach der Schilderung des Klägers ein Versuch der Hörgeräteversorgung in der Zeit der Begutachtung durch die Internistin Dr. S im November 2001 fehlgeschlagen. Bei den späteren Untersuchungen des Klägers (ohne Hörgeräte) hatten die Gutachter und Sachverständigen keine Schwierigkeiten bei der Verständigung mit dem Kläger. So hat Dr. R dargelegt, dass das Gehör bei der Umgangssprache keine Auffälligkeiten zeige. Frau Dr. Sc hat angegeben, dass die Umgangssprache gut verstanden wird. Selbst Dr. St hat ausgeführt, dass die Flüstersprache in zwei Meter Abstand verstehbar gewesen sei.

Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet liegen ebenfalls keine das quantitative Leistungsvermögen des Klägers einschränkenden Gesundheitsstörungen vor. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten von Dr. B, Dr. Sc und Herrn B. Dr. B hat beim Kläger auf Grund der in seiner Untersuchung und der von den Vorgutachtern und den behandelnden Ärzten nachvollziehbar erhobenen Befunden ein chronifiziertes Schmerzsyndrom im Bereich der HWS und LWS, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei chronifizierter depressiver Störung und Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen sowie ein Restless-legs-Syndrom diagnostiziert. Des Weiteren hat er festgestellt, dass bei dem Kläger seit der Kindheit ein "Tic" besteht, bei dem es sich nicht um eine psychisch begründete Verhaltensweise, sondern um einefokale Dystonie verschiedener Gesichts- und Halsmuskeln in Form eines rechtsseitigen Fazialistics handelt. Der "Tic" des Klägers, der von ihm selbst gegenüber allen Sachverständigen und Gutachtern als nicht weiter belastend dargestellt worden ist und der auch nach eigener Anschauung des Senates in der mündlichen Verhandlung nicht entstellend wirkt, hat keinerlei Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Das erstmals von Dr. St festgestellte Restless-legs-Syndrom ist nach den Darlegungen von Dr. B medikamentös gut behandelbar. Gleichwohl erfolgt nach den vorliegenden medizinischen Berichten keine gezielte Behandlung, auch hat sich der Kläger wegen dieser Beschwerden nicht an seinen behandelnden Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Mgewandt. Wie bereits Dr. B für den Senat überzeugend ausgeführt hat, kann daher eine gravierende Beeinträchtigung des Klägers durch das Restless-legs-Syndrom – so wie von Dr. St in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2008 ausgemalt – und daraus folgende weitergehende Leistungseinschränkungen nicht festgestellt werden.

Die psychische Symptomatik, die von dem Gutachter B und der Sachverständigen Dr. Sc noch als Anpassungsstörung beschrieben und von Dr. B in der Verlaufsbetrachtung nunmehr als anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei chronifizierter depressiver Störung diagnostiziert wird, beeinträchtigt den Kläger nicht in der Ausführung von leichten und mittelschweren geistigen Arbeiten entsprechend seinem Ausbildungsstand. Lediglich Arbeiten unter Zeitdruck (wie Akkord- und Fließbandtätigkeiten) sowie mit ständigem und anstrengendem Kundenverkehr sind zu vermeiden. Relevante Einschränkungen bezüglich Sehvermögen, Reaktionsvermögen, Lese- und Schreibegewandtheit, Auffassungsgabe, Lern- und Merkfähigkeit, Gedächtnisleistung, Konzentrationsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Kontaktfähigkeit, der Anpassungs- und der Umstellungsfähigkeit sind nicht festzustellen. Eine schwerwiegende depressive oder andere psychische Erkrankung, die eine quantitative Beschränkung des Leistungsvermögens auf untervollschichtig rechtfertigen würde, konnte von den Sachverständigen Dr. Sc und Dr. B sowie von dem Gutachter B aufgrund der von ihnen erhobenen Untersuchungsbefunde auch unter Berücksichtigung der Berichte der behandelnden Ärzte des Klägers nicht festgestellt werden. So zeigte sich der Kläger bei der Untersuchung durch den Arzt B im November 2001 als bewusstseinsklar und allseits orientiert. Die Stimmungslage wurde von dem Gutachter als etwas verdrießlich bis allenfalls subdepressiv als Reaktion auf die ungute Situation bei Zustand nach Firmenkonkurs 1994 beschrieben. Es fand sich kein Anhalt für eine tiefer gehende Depressivität. Der Antrieb war ungestört, die affektive Modulationsfähigkeit voll erhalten. Intelligenz und Gedächtnis waren intakt, ebenso Konzentration und Aufmerksamkeit. Es fanden sich keine inhaltlichen oder formalen Denkstörungen. Bei der Untersuchung durch Dr. S im August 2004 ist der Kläger wach und voll orientiert zu Zeit, Ort, Person und Situation gewesen. Im Kontakt ist er kooperativ gewesen, hat jedoch eher zurückhaltend, tendenziell etwas griesgrämig, muffig imponiert. Der formale Gedankengang ist geordnet gewesen, es haben sich keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Ich-Störungen und keine Anhaltspunkte für eine floride psychotische Symptomatik, ein wahnhaftes Erleben oder eine Zwangssymptomatik gezeigt. Die intellektuellen Leistungen sind nach Auffassung der Sachverständigen im Normbereich anzusiedeln. Während ihrer ausführlichen Exploration hat sich kein Anhaltspunkt für Einschränkungen der kognitiven Funktionen oder eine hirnorganische Beeinträchtigung ergeben. So ist nach Einschätzung der Sachverständigen die Kritikfähigkeit des Klägers erhalten, ebenso die Reaktions-, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Seine Sprachprodukion hat sich unauffällig gezeigt. Die Stimmungslage hat angespannt, vorwurfsvoll, hintergründig dysphorisch gereizt imponiert, jedoch ohne eine gravierende depressive Symptomatik. Thematisch ist der Kläger um die schwierige familiäre und soziale Lage nach dem Konkurs seiner Firma gekreist. Der gezielte Antrieb ist nicht eingeschränkt und der Kläger affektiv noch ausreichend schwingungsfähig gewesen. Soweit der Kläger ängstlich getönte Unruhe- und Spannungszustände mit vegetativen Dysregulationen als Ausdruck von Angstäquivalenten beschrieben hat, erfüllt dies nach den Darlegungen der Sachverständigen noch nicht die Kriterien für eine Angststörung im engeren Sinne. Der Kläger hat zwar langjährig flukturierende blande phobische Züge mit im Vordergrund stehenden claustrophobischen Zügen geschildert, jedoch keine daraus resultierenden Einschränkungen seines Bewegungsspielraumes und auch keine Panikattacken. Die Sachverständige ist daher nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger reaktiv ausgelöste langjährige Stimmungsschwankungen, eine regressiv getönte Verweigerungshaltung und eine hieraus resultierende Arbeitsstörung sowie eine blande Somatisierungstendenz bestünden. Bei der Untersuchung durch Dr. B im Juli 2007haben sich keine Hinweise für Halluzinationen oder ein Wahnsystem ergeben. Eine Beeinträchtigung der Konzentration und Aufmerksamkeit ist nicht erkennbar gewesen. Der Denkverlauf hat etwas träge bei intaktem formalen Gedankengang gewirkt, die mnestischen Fähigkeiten haben sich aber vollständig erhalten gezeigt. Die Stimmungslage ist leicht gedrückt erschienen. Im Affektverhalten hat die Schwingungsfähigkeit etwas eingeschränkt gewirkt. Der Antrieb ist jedoch im Wesentlichen zielgerichtet gewesen. Insgesamt haben sich keine Hinweise auf eine gravierende depressive Verstimmung, auch nicht auf das Vorliegen aktuell relevanter Phobien oder Ängste mit entscheidendem Vermeidungsverhalten oder auf eine Zwangsstörung ergeben. Gleichwohl ist Dr. B unter Auswertung der vorliegenden Gutachten, Behandlungsunterlagen und seiner eigenen Untersuchungsergebnisse zu dem Ergebnis gekommen, dass vor dem Hintergrund der Lebenssituation des Klägers, seiner sozialen und familiären Probleme rezidivierende, teils länger anhaltende Verstimmungszustände durchaus vorstellbar seien. Eine schwerwiegende Depression ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. B beim Kläger jedoch auszuschließen, da wesentliche Kriterien wie Schuldgefühle, Suizidgedanken, Früherwachen etc. nicht erfüllt sind. Zudem sprechen, wie die Sachverständigen Dr. Sc und Dr. B nachvollziehbar dargelegt haben, auch die dokumentierte Behandlungsweise und –intensität gegen eine tiefer gehende depressive Erkrankung. Nach den Angaben des Klägers und des ihn seit November 2001 behandelnde Nervenarztes Dr. Mfindet eine antidepressive Medikation nur phasenweise und dann, wie von den Sachverständigen und dem beratenden Nervenarzt der Beklagten, Herrn G, dargelegt, nach wie vor nicht in einer für das Vorliegen eine schwereren Depression sprechenden therapeutisch wirksamen Dosierung statt. Der Kläger hat bei der Untersuchung durch Dr. K angegeben, kein Antidepressivum (zuletzt Doxepin) mehr einzunehmen. Bei der Untersuchung durch Frau Dr. Sc hat der Kläger dann eine niedrig dosierte antidepressive Medikation mit 25 mg Doneurin (Wirkstoff Doxepin) mitgeteilt. Zur Zeit der Begutachtung durch Dr. B ist eine medikamentöse Therapie nicht erfolgt. Nach Auskunft von Dr. Mist dem Kläger nunmehr das tricyclische Antidepressivum Imipramin 25 mg/Tag verordnet worden. Eine derartige Dosierung kann aber nach Darlegung des beratenden Nervenarztes der Beklagten, Herrn G, allenfalls abends zur Schlafinduktion dienen, eine antidepressive Wirkung wird nur bei höheren Dosen erreicht. Des Weiteren erfolgt, so die Schilderung des Klägers bei der Begutachtung durch Frau Dr. Sc, in mehrwöchigen Abständen ein stützendes nervenärztliches Gespräch. Seit Ende 2003 befindet sich der Kläger mit Unterbrechungen in der verhaltenstherapeutischen Behandlung bei dem Dipl.- Psych. R (der trotz konkreter Nachfrage in den BB-Anforderungen es in seinen Berichten konsequent vermieden hat, nähere Angaben zur Dauer und Umfang seiner Behandlung zu machen). Die Angaben des Klägers zur Intensität der psychotherapeutischen Betreuung variieren von zweiwöchentlich, monatlich bis zu zweimal im Quartal (vgl. die Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch die Sachverständigen Dr. Sc, Dr. B und Dr. St). Die Schlussfolgerung des Sachverständigen Dr. B, dass vorliegend auch unter Berücksichtigung der zur Akte gelangten Berichte des Dipl.- Psych. R ein strukturiertes Behandlungskonzept zu vermissen sei, ist daher überzeugend. Wie bereits zuvor Frau Dr. Sc hat auch Dr. B darauf hingewiesen, dass hier die Behandlungsoptionen bei weitem noch nicht ausgeschöpft seien, da weitergehende Therapiemaßnahmen wie eine therapeutisch wirksame Medikation, stationäre oder tagesklinischen Behandlungen etc. bisher nicht durchgeführt worden sind.

Das beim Kläger imponierende langjährige chronische, etwas diffuse Schmerz- und Beschwerdebild in Form einer chronifizierten somatoformen Schmerzstörung und eines chronischen Schmerzsyndroms im Bereich der HWS und LWS sowie diverser Gelenke bedingt über die bereits genannten qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit hinaus keine weiteren Einschränkungen. So ist die chronische Schmerzerkrankung allenfalls dem Stadium II nach Gerbershagen zuzuordnen, wie der Sachverständige Dr. B in seinem Gutachten anhand der medizinischen Kriterien nachvollziehbar dargelegt hat. Die zu Grunde liegenden degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates sind mäßiggradig, eine Nervenwurzelreiz- bzw. –kompressionssymptomatik hat sich nicht objektivieren lassen. Eine intensive Schmerztherapie medikamentöser Art oder gar eine multimodale (einschließlich einer psychotherapeutischen) Schmerztherapie ist bisher nicht durchgeführt und von der Praktischen Ärztin R als Schmerztherapeutin auch nicht veranlasst worden. Der Kläger hat bei der Untersuchung durch Dr. K angegeben, ca. drei Tabletten wöchentlich (nach körperlicher Anstrengung) von dem Schmerzmittel Bextra (NSAID) einzunehmen sowie bei Bedarf das Tens-Gerät anzuwenden. Gegenüber Frau Dr. Sc hat er angegeben, das Schmerzmittel Bextra nehme er nur bei Bedarf, gelegentlich komme er eine ganze Woche ohne Tabletten aus. Das Tens-Gerät setze er ca. fünfmal die Woche ein. Bei der Begutachtung im Schwerbehindertenverfahren (Dr. V) hat er als Schmerzmedikation Diclofenac (NSAID) bzw. bei Bedarf Tramadol (Opioid) benannt, was auch den Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. P sowie der Praktischen Ärztin R in ihren Befundberichten entspricht. Dieser bedarfsorientierte Einsatz von NSAR bzw. NSAID (Stufe I der Klassifikation der WHO) und der eher seltene Gebrauch von Tramadol, einem schwachen Opioid (Stufe II der Klassifikation der WHO) lassen ebenso wie die bei der Begutachtung durch Frau Dr. Sc und Dr. B geschilderten Alltagsaktivitäten nicht auf eine gravierende Beeinträchtigung des Klägers im privaten Alltag und der sozialen Partizipation schließen.

Der Kläger kann seine Berufung auch nicht mit Erfolg auf das Gutachten von Dr. St vom 18. Dezember 2005 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 24. April 2006 und 30. August 2008 stützen. Für die von ihm zur Begründung einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers herangezogenen Diagnosen und angenommene Ausprägung der Erkrankungen fehlt es an objektivierbaren Befunden. Sie beruhen darüber hinaus im Wesentlichen auf einer unkritischen Übernahme der Beschwerdeschilderungen des Klägers und der Heranziehung von Testverfahren, die nicht für die Begutachtungssituation evaluiert sind. Wie zuvor bereits dargelegt, ist beim Kläger – auch nach den Befunden von Dr. St – eine Nervenwurzelreiz- bzw. –kompressionssymptomatik nicht objektiviert. Bei der Beurteilung des von ihm dramatisierten Restless-legs-Syndroms lässt der Sachverständige jegliche Auseinandersetzung mit der Behandelbarkeit dieser Erkrankung und der Nichtdurchführung einer medikamentösen Behandlung trotz fachärztlicher Betreuung vermissen. Gerade das Fehlen einer (einfachen) medikamentösen Behandlung spricht gegen eine relevante Beeinträchtigung des Klägers durch das Restless-legs-Syndrom. Den seit der Kindheit bestehenden "Tic", der vom Kläger gegenüber allen anderen Sachverständigen und Gutachtern als nicht weiter belastend dargestellt wird, interpretiert Dr. St als Symptom einer Zwangsstörung bzw. als magische Form der Ablehnung, obwohl es sich hier schlicht um eine (angeborene) organische Erkrankung (fokale Dystonie verschiedener Gesichts- und Halsmuskeln) handelt. Die von ihm gestellte Diagnose einer ausgeprägten Zwangsstörung ist weder anhand seiner erhobenen Befunde und durchgeführten Exploration des Klägers noch den sonstigen in den Akten befindlichen ärztlichen Unterlagen nachvollziehbar. Beispielsweise finden sich in seiner Exploration keinerlei Schilderungen des Klägers, die Hinweise auf die vom Sachverständigen angenommenen "Zwangsgedanken und Zwangshandlungen in Form von Kontroll- und Zählzwängen" geben könnten. Weder hat der den Kläger immerhin seit November 2001 betreuende Nervenarzt Dr. M noch hat der behandelnde Dipl.–Psych. R über eine (gravierende) Zwangsstörung bzw. entsprechende Symptome berichtet. Ebenso wenig haben die Sachverständigen Dr. Sc und Dr. B bei ihrer fachärztlichen Begutachtung Anhaltspunkte für eine derartige Erkrankung gefunden. Gleiches gilt für die von Dr. St gestellte Diagnose einer Angststörung mit Panikattacken. Auch hierfür finden sich in den Berichten des langjährig behandelnden Nervenarztes Dr. M und des Psychotherapeuten Dipl.–Psych. R keinerlei Hinweise. Panikattacken sind zudem bei den anderen fachärztlichen Begutachtungen vom Kläger nicht geschildert oder sogar ausdrücklich verneint worden. Bei der Untersuchung durch Dr. B haben sich aktuelle Phobien oder Ängste mit entscheidendem Vermeidungshalten nicht erurieren lassen. Der Senat vermag Dr. Stauch nicht hinsichtlich seiner Einschätzung der Schwere der beim Kläger bestehenden psychischen Störungen zu folgen. Von erheblichem Gewicht sind für den Sachverständigen hierbei die vom Kläger ausgefüllten testpsychologischen Fragebögen. Wie Dr. B zutreffend dargelegt hat, sind dabei keine Fragebögen verwendet worden, die in der Begutachtungssituation evaluiert sind und die Simulation/Aggravation abgrenzen. Es handelte sich vielmehr um Selbstauskunftsfragebögen, die es dem Probanden ermöglichen, das von ihm gewünschte Bild von sich für die Begutachtung zu zeichnen. In diesem Zusammenhang ist besonders kritikwürdig, dass Dr. St dem Kläger die Fragebögen zur häuslichen Bearbeitung mitgegeben hatte (siehe das Schreiben von Dr. St vom 14. November 2005). Zusammenfassend ist das Gutachten des Dr. St in keiner Weise geeignet, ein zeitlich eingeschränktes bzw. ab Dezember 2004 aufgehobenes Leistungsvermögen des Klägers zu begründen.

Da das Leistungsvermögen des Klägers noch ausreichend für vollschichtige leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der zuvor genannten qualitativen Einschränkungen ist und Wegefähigkeit besteht, sind die Voraussetzungen für den nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI n. F. geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht erfüllt.

Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für den bereits ab Oktober 2000 geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a. F., hilfsweise auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI n. F. erfüllt, denn der Kläger ist nicht berufsunfähig im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. bzw. § 240 Abs. 2 SGB VI n. F.

Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2. SGB VI a. F. bzw. § 240 Abs. 2 SGB VI n. F. mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. bzw. § 240 Abs. 2. SGB VI n. F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (Bundessozialgericht – BSG – in SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 Randnrn. 6-7 m. w. N.). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50), ein zumutbarer beruflicher Abstieg, ausgehend vom bisherigen Beruf, wird in Kauf genommen (BSG in SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 49).

Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat (BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 126, 130, 164). Vorliegend ist als bisheriger Beruf des Klägers sein Ausbildungsberuf als Gas-Wasser-Installateur anzusehen, den er zuletzt in Form des Betriebshandwerkers versicherungspflichtig und danach noch als Selbständiger ausgeübt hatte. Hierbei handelt es sich um eine Facharbeitertätigkeit, da sie eine mehr als zweijährige Ausbildung voraussetzt.

Zwar kann der Kläger seinen erlernten und mehrjährig ausgeübten Beruf als Gas-Wasser-Installateur nicht mehr ausüben, da diese Tätigkeit zum Teil mit Heben und Tragen schwerer Lasten und mit häufigem Arbeiten in Zwangshaltungen, insbesondere im Hocken und Knien, verbunden ist. Er kann jedoch noch als Hausmeister moderner Wohn- und Büroanlagen arbeiten. Hierbei handelt es sich um eine Tätigkeit auf der Ebene der Anlern- und Facharbeiterberufe, in der Regel wird eine technische oder handwerkliche Ausbildung vorausgesetzt. Die Aufgaben des Hausmeisters moderner Wohn- und Büroanlagen umfassen laut dem Schreiben der LVA Sachsen vom 09. Juni 2000 und der Auskunft des BFW vom 04. August 2000 Kontroll- und Verbindungsfunktionen sowie Instandhaltungs-, Instandsetzungs-, Reinigungs- und Pflegeaufgaben. Hierzu gehört die Sicherstellung der Einhaltung der Hausordnung, der Brand- und Unfallverhütungsvorschriften, des ordnungsgemäßen Zustandes von Fluchtwegen sowie Feuerlöscheinrichtungen, der Funktionstüchtigkeit der Haustechnik, der Verschlossenheit von Fenstern und Türen sowie der Versorgung mit Medien wie Heizöl. Außerdem sind Wohnungsbesichtigungen/-übergaben/-abnahmen durchzuführen, Umzüge zu überwachen, Transportschäden festzustellen, Schadensmeldungen entgegenzunehmen bzw. zu erstellen und ggf. weiterzuleiten, Zählerstände abzulesen und Verbrauchsaufzeichnungen zu führen. Weiterhin müssen im Rahmen der Aufgaben Schäden bzw. Wartungs/Reparaturbedarf festgestellt und auf deren Beseitigung hingewirkt werden. Kleinere Mängel werden selbst behoben, dabei handelt es sich z. B. um Abflussverstopfungen oder auch den Austausch von Glühbirnen bzw. Leuchtmitteln. Größere Schäden sowie Reparaturen werden durch Fremdfirmen, die ggf. selbständig beauftragt werden, durchgeführt. Die Arbeit dieser Firmen ist dann zu überwachen. Darüber hinaus ist das eigene und fremde Reinigungspersonal zu kontrollieren, eigene Reinigungsarbeiten werden nur im Wege von Sofortmaßnahmen ausgeführt. Zudem ist davon auszugehen, dass auch die Pflege der Außenanlagen bzw. die Kontrolle damit beauftragter Fremdfirmen sowie die Sicherstellung der Abfallentsorgung zum Aufgabenumfang zählt (vgl. Urteil des LSG Sachsen vom 25. September 2001 – L 5 RJ 147/99 -). Zur Durchführung der Arbeiten stehen in der Regel Geräte wie Kehrmaschinen, Hubwagen, Sackkarren, Laubsauger etc. zur Verfügung. Die Aufgaben werden vorwiegend im Stehen und Gehen in geschlossenen Räumen und teilweise im Freien verrichtet, wobei es sich um vorwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten handelt. Hand- und Fingergeschicklichkeit für beidseitiges Arbeiten müssen vorhanden sein, Zwangshaltungen sind nur kurzzeitig notwendig und nicht tätigkeitsbestimmend. Gelegentlich wird das Heben und Tragen von auch mittelschweren Lasten erforderlich (vgl. LSG Sachsen a. a. O.). Die Arbeiten werden regelmäßig ohne besonderen Zeitdruck innerhalb geregelter Arbeitszeiten mit zum Teil selbst bestimmbarer Arbeitseinteilung ausgeübt. Einflüsse wie Hitze oder Kälte sind witterungsbedingt gegeben, jedoch nicht anhaltend. Witterungsschutz kann durch angemessene Kleidung erzielt werden.

Diese Tätigkeit entspricht dem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen des Klägers. Sie bietet im Rahmen der weitgehend selbständigen Aufgabeneinteilung und –ausführung die Möglichkeit zum Haltungswechsel. Zwar ist die Tätigkeit überwiegend im Gehen und Stehen zu verrichten, dies steht der Zumutbarkeit jedoch nicht entgegen, da sich aus dem Gutachten von Dr. K keine zwingende Notwendigkeit zur Beschränkung des Anteils gehender und stehender Arbeiten ergibt. Arbeiten mit besonderer Absturzgefährdung sind mit der Tätigkeit nicht verbunden, Leitern und Trittleitern können vom Kläger zumindest gelegentlich bestiegen werden. Gleichgewichtsstörungen waren durch die Sachverständigen nicht objektivierbar. Eine gravierende Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie der Reaktions-, Merk- und Verantwortungsfähigkeit ist nicht erkennbar. Die Tätigkeit ist nicht mit ständigem und anstrengendem Kundenverkehr, wie z. Bsp. in einem Baumarkt, verbunden. Sollten Reinigungstätigkeiten mit Kehrmaschinen und ähnlichem anfallen, kann der damit verbundenen Lärmexposition durch Verwendung von adäquatem Gehörschutz Rechnung getragen werden. Als Gas- und Wasser-Installateur verfügt er zudem über ausreichende handwerkliche und technische Kenntnisse und Fähigkeiten, um sich binnen drei Monate in die Tätigkeit des Hausmeisters einarbeiten zu können. Im Übrigen kommen ihm im Umgang mit Handwerkern und Kunden seine Erfahrungen aus der selbständigen Tätigkeit (Kundenakquise, Kostenvoranschläge und Rechnungen erstellen, Baustellentätigkeit planen, Handwerker einteilen etc.) zu Gute. Inwieweit die lange Arbeitslosigkeit tatsächlich eine Auffrischung der bereits erlernten Kenntnisse erforderlich macht bzw. die tatsächliche Erlangung eines Arbeitsplatzes erschwert, spielt im Rahmen der Berufsunfähigkeit keine Rolle.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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