L 31 R 1733/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RA 507/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 R 1733/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. November 2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die von der Oberfinanzdirektion (OFD) an die Beklagte im Wege der Nachversicherung für den Kläger entrichteten Beiträge an das Versorgungswerk für Rechtsanwälte im Land Brandenburg (Beigeladener) zu übertragen sind.

Der im Jahr 1973 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. November 1998 bis zum Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung am 2. November 2000 als Rechtsreferendar im juristischen Vorbereitungsdienst im Land Brandenburg Beamter auf Widerruf. Anschließend war er von Dezember 2000 bis Januar 2001 Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei. Am 2. Februar 2001 erfolgte die Zulassung zum Rechtsanwalt, die Aushändigung der Zulassungsurkunde vom 2. Februar 2001 und Vereidigung des Klägers erfolgten am 13. Februar 2001. Mit der Zulassung wurde der Kläger Pflichtmitglied bei dem Beigeladenen (§ 9 der Satzung des Beigeladenen).

Am 3. November 2000 schrieb ihn die OFD als zentrale Bezügestelle des Landes Brandenburg an und übersandte den formularmäßigen Antrag zur Beantragung der Nachversicherung beim Versorgungswerk. Auch auf das weitere Schreiben der OFD vom 1. Februar 2001, mit dem der Erklärungsbogen erneut versandt wurde, meldete sich der Kläger nicht. Daraufhin leitete die OFD die Nachversicherung bei der Beklagten ein und überwies dieser am 30. März 2001 (Buchungstag) Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 9.318,12 DM. Hierüber unterrichtete sie die Beklagte mit Schreiben vom 16. März 2001 und erteilte dem Kläger eine Bescheinigung nach § 185 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI), aus der hervorging, dass Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten in der genannten Höhe gezahlt worden waren. Am 16. Mai 2001 übersandte der Beigeladene dem Kläger unter Hinweis auf die bei ihm bestehende Pflichtmitgliedschaft die für die Erstaufnahme erforderlichen Formblätter, zu denen auch der formularmäßige Antrag auf Nachversicherung bei dem Beigeladenen gehörte und in dem auf die Jahresfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI hingewiesen wurde. Mit weiterem Schreiben vom 16. Juli 2001 erinnerte er an die Rücksendung der Unterlagen und wies auf die bestehenden Mitwirkungspflichten hin. Nach Ablauf der gesetzten Frist erließ der Beigeladene am 28. August 2001 einen Bescheid über das Bestehen der Mitgliedschaft und setzte die monatlich zu entrichtenden Beiträge fest. Hiergegen legte der Kläger am 24. Oktober 2001 Widerspruch ein. Am 3. Dezember 2001 ging der Antrag auf Nachversicherung zusammen mit der Widerspruchsbegründung und dem Formblatt zur Erstaufnahme als Pflichtmitglied bei dem Beigeladenen ein.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Nachversicherung bei dem Beigeladenen ab, weil der Antrag nicht fristgemäß gestellt worden sei. Eine Nachversicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung könne nur innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung durchgeführt werden. Die Nachversicherungsvoraussetzungen seien mit dem unversorgten Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf am 2. November 2000 eingetreten. Die Jahresfrist sei am 2. November 2001 abgelaufen.Der am 3. Dezember 2001 eingegangene Antrag sei verspätet gestellt.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem als Widerspruch bezeichneten Schreiben, das am 27. März 2002 bei der Beklagten einging und mit dem er bezüglich der Widerspruchsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte. Er gab an, die Schreiben der OFD vom 3. November 2002 und 1. Februar 2001 nicht erhalten zu haben. Er habe seine Post sorgfältig kontrolliert. Allerdings seien Manipulationen an seinem Briefkasten aufgetreten, es sei wiederholt zur Fremdöffnung gekommen. Den Antrag auf Nachversicherung habe er rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist telefonisch bei dem Beigeladenen anlässlich eines Gesprächs über seine Mitgliedschaft gestellt. Man habe ihm dort versichert, dass man sich um alles weitere bemühen werde. Der schriftliche Antrag vom 28. November 2000 habe lediglich der Beweissicherung gedient. Hilfsweise beantrage er in Hinblick auf die Jahresfrist zur Stellung des Antrages auf Nachversicherung ebenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beziehe sich außerdem auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.

Die Beklagte wertete das Schreiben des Klägers vom 26. März 2002 als Überprüfungsantrag und lehnte mit Bescheid vom 29. Oktober 2002 erneut die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an den Beigeladenen ab. Ermittlungen bei dem Beigeladenen hätten ergeben, dass ein Vermerk über eine fernmündliche Antragstellung nicht vorliege. Die Vorverlegung des Antragsdatums komme auch nicht unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Betracht. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte habe überhaupt erst durch das Schreiben der OFD vom 9. Januar 2002 Kenntnis von dem Begehren des Klägers auf Nachversicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung erlangt. Eventuelle Fehler der OFD oder des Beigeladenen seien nicht zurechenbar. Die Möglichkeit einer Nachsichtgewährung scheide ebenfalls aus, da der Kläger nicht unverschuldet gehindert gewesen sei, die Antragsfrist einzuhalten.

In seinem hiergegen eingelegten Widerspruch bezog sich der Kläger auf seine mit dem Beigeladenen am 16. August und 27. August 2001 geführten Telefonate, in denen es um die Pflichtmitgliedschaft und die Nachversicherung gegangen sei. Man habe ihm mitgeteilt, dass er zunächst die Pflichtmitgliedschaft beantragen müsse, da diese Voraussetzung für die Nachversicherung sei. Er habe daraufhin beide Anträge telefonisch gestellt, lediglich zur Beweissicherung später schriftliche Anträge übersandt. Dem Schreiben fügte er eine Auflistung der Fa. Telego vom 12. September 2001 über die Einzelverbindungsnachweise seiner Kanzlei in dem Zeitraum vom 1. August bis 31. August 2001 bei. Darin war am 27. August 2001 ein Telefongespräch mit dem Beigeladenen aufgeführt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2003 zurück.

Dagegen richtet sich die am 29. Juli 2003 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage. Das Sozialgericht hat im Rahmen eines Erörterungstermins am 15. Dezember 2004 die bei der Beigeladenen tätige Verwaltungsangestellte AS als Zeugin vernommen. Diese hat in ihrer Zeugenaussage erklärt, sich an Telefongespräche mit dem Kläger am 16. August 2001 oder 27. August 2001 nicht erinnern zu können. Bei rein informatorischen Telefongesprächen und Nachfragen, die sie nicht für wesentlich halte, fertige sie keine Telefonvermerke an. Auf Nachfrage der Bevollmächtigten des Klägers erklärte sie, es sei möglich, dass sie einen telefonischen Antrag des Klägers auf Nachversicherung deshalb nicht aufgenommen habe, weil sie der Ansicht gewesen sei, dass ein solcher Antrag nicht telefonisch gestellt werden könne. In einem solchen Fall hätte sie dem Betroffenen aber mitgeteilt, dass er sich an die entsprechende Stelle (OLG oder OFD) wenden müsse. Im Übrigen erhalte jedes Neumitglied des Beigeladenen ein Anschreiben, dem das Formblatt zur Erstaufnahme als Pflichtmitglied, ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und ein Antrag auf Nachversicherung beim Versorgungswerk beigefügt werde. Diese Unterlagen, die sie in dem Termin vorlegte, habe sie am 16. Mai 2001 auch dem Kläger übersandt, wie sie ihrer Akte entnehmen könne.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. November 2007 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2002 sei nicht zurückzunehmen, denn er sei nicht rechtswidrig. Ausgehend vom Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung mit Ablauf des 2. November 2000 hätte der Kläger in Ausübung seines Wahlrechts den Antrag auf Durchführung der Nachversicherung bis zum 2. November 2001 stellen müssen. Der schriftliche Antrag sei jedoch erst am 3. Dezember 2001 und somit verspätet eingegangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Mitarbeiterin des Beigeladenen, der Zeugin A S, könne sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Kläger den Antrag auf Nachversicherung telefonisch beim Beigeladenen gestellt habe. Die Zeugin habe die Ansicht vertreten, dass telefonisch kein Antrag auf Nachversicherung gestellt werden könne. Diese Rechtsauffassung sei zwar nicht korrekt, jedoch habe die Zeugin ihr Handeln danach ausgerichtet. Hätte der Kläger in einem der Telefonate den Antrag gestellt, so hätte ihn die Zeugin darauf hingewiesen, dass dies nicht möglich sei und er den Antrag schriftlich bei seinem ehemaligen Arbeitgeber zu stellen habe. Jedenfalls hätte dem Kläger nach den Telefonaten bewusst sein müssen, dass er telefonisch bei dem Beigeladenen keinen Antrag auf Nachversicherung stellen könne. Die Behauptung des Klägers, einen fernmündlichen Antrag innerhalb der Jahresfrist gestellt zu haben, sei als Schutzbehauptung zu werten. Es dränge sich vielmehr die Vermutung auf, dass Gegenstand der Telefongespräche die von dem Beigeladenen angemahnte Mitwirkung des Klägers gewesen sei, da die Gespräche nach Erhalt des Mahnschreibens erfolgt seien. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, denn er sei nicht unverschuldet an der rechtzeitigen Antragstellung gehindert gewesen. Bereits am 16. Mai 2001 habe er von dem Beigeladenen sämtliche Antragsformulare erhalten, aus denen er unschwer einen Hinweis auf die Jahresfrist hätte entnehmen können. Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch führe nicht zu dem gewünschten Erfolg. Der Kläger halte dem Beigeladenen ein Fehlverhalten vor, dieser gehöre jedoch nicht zum Kreis der Leistungsträger.

Gegen das ihm am 20. November 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14. Dezember 2007, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe falsche Schlüsse aus der Zeugenaussage gezogen. Die Zeugin S habe bestätigt, dass es Telefonate mit ihm gegeben habe. Lediglich an den Inhalt der Telefonate habe sie sich nicht mehr erinnern können. Die Zeugin habe nicht gesagt, dass ein telefonisch gestellter Antrag nicht angenommen werde. Der Beigeladene habe die Pflicht, Nachversicherungsanträge entgegen zu nehmen. Wegen des pflichtwidrigen Handelns der Zeugin, die es unterlassen habe Aktenvermerke zu fertigen, müsse es zu einer Beweislastumkehr oder jedenfalls zu einer Beweiserleichterung kommen. Von der Rechtsprechung sei anerkannt, dass eine Beweiserleichterung auch bei pflichtwidrigem Unterlassen in Betracht komme bzw. eine Beweislastumkehr bei Verstößen einer Behörde gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung möglich sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. November 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 11. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 31. Januar 2002 zurückzunehmen und die Nachversicherung zugunsten der Beigeladenen für die Zeit vom 1. November 1998 bis 2. November 2000 vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt ihrer Bescheide und geht davon aus, dass das Sozialgericht die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen hat.

Der Beigeladene hat sich in der Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsauffassungen wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Beigeladenen sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. November 2007 die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Entscheidung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, den Bescheid vom 31. Januar 2002 nicht zurückzunehmen, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2002 ist rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die von der Oberfinanzdirektion zur Nachversicherung an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte entrichteten Beiträge an die Beigeladene überweist. Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Würdigung anschließt.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Kläger hat sein Wahlrecht, das ihm von § 186 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI eingeräumt wird, nicht fristgerecht ausgeübt, weshalb eine Übertragung der von der OFD im Wege der Nachversicherung für den Kläger entrichteten Beiträge an die Beigeladene nicht in Betracht kommt. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist von keiner unzutreffenden Würdigung des Sachverhalts bzw. der Zeugenaussage der Zeugin A S durch das Sozialgericht auszugehen. Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Nachversicherung beim Beigeladenen erst am 3. Dezember 2001 eingegangen ist und eine frühere Antragstellung nicht erfolgte. Auch der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass anlässlich der mit dem Beigeladenen am 16. August und 27. August 2001 geführten Telefonate der Antrag auf Nachversicherung gestellt wurde.

Für den fristgerechten Zugang eines solchen Antrages trägt allein der Kläger die materielle Beweislast. Es steht zwar ausgehend von dem Einzelverbindungsnachweis der Firma Tfest, dass es an den genannten Tagen Telefonate zwischen der Kanzlei des Klägers und dem Beigeladenen gegeben hat. Über den Inhalt der Gespräche gibt es jedoch keinen Nachweis. Der Kläger hat nicht angegeben, bei welchem der Telefongespräche er den Antrag gestellt haben will. Die einzige in Betracht kommende Zeugin, Frau A S, hat bei ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht am 15. Dezember 2004 ausgesagt, dass sie sich an Telefongespräche mit dem Kläger am 16. August 2001 und 27. August 2001 nicht mehr erinnern kann. Aus dem Umstand, dass sie Aktenvermerke nicht gefertigt hat, ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers weder eine Beweiserleichterung noch eine Beweislastumkehr. Es ist dem Kläger zwar zuzugestehen, dass in Fällen unverschuldeter Beweisnot auch im sozialgerichtlichen Verfahren im Einzelfall eine Beweiserleichterung angenommen werden kann, so dass sich das Gericht über Zweifel hinwegsetzen kann und eine Tatsache als bewiesen ansehen kann, wie sich dem von dem Kläger zitierten Urteil des BSG vom 10. August 1993 (9/9a RV 10/92 = NJW 1994, S. 1303) ergibt. Eine derartige Fallkonstellation ist vorliegend aber nicht gegeben, denn der Kläger hätte den Beweis selbst sichern können. Hierfür hatte er vom 16. bzw. 27. August bis 2. November 2001 Zeit.

Die Zeugin AS hat auf Nachfrage der Bevollmächtigten des Klägers ausgesagt, dass selbst dann, wenn der Kläger telefonisch einen Antrag auf Nachversicherung gestellt hätte, sie ihm mitgeteilt hätte, dass er sich an die die aus ihrer Sicht zuständige Stelle (OLG oder OFD) wenden solle. Zwar ist diese Ansicht unrichtig, denn zur Wahrung der Frist kann ein Nachversicherungsantrag auch bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung gestellt werden (vgl. BSG SozR 2400 § 124 Nr. 4). Hieraus kann der Kläger aber nichts herleiten. Denn jedenfalls hat die Zeugin klar zum Ausdruck gebracht, dass aus ihrer Sicht derartige Anträge nicht beim Beigeladenen gestellt werden können. Spätestens dann hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass sie den von ihm gestellten Antrag nicht aufnehmen wird. Der in Rechtsfragen ausgebildete Kläger hätte sich geradezu veranlasst sehen müssen, entweder auf der Aufnahme eines Aktenvermerks zu bestehen oder er hätte den Antrag rechtzeitig schriftlich stellen müssen. Beides hat er nicht getan. Aus Sicht des Senats spricht gegen eine telefonische Antragstellung auch, dass der Kläger, der den schriftlichen Antrag auf Nachversicherung nur zu Beweissicherungszwecken gestellt haben will, sich in seinem Schreiben vom 28. November 2001 nicht auf die telefonische Antragstellung bezogen hat.

Soweit der Kläger bezüglich der Jahresfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hat, kann offen bleiben, ob bei Versäumung der materiell- rechtlichen Ausschlussfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI eine Wiedereinsetzung überhaupt in Betracht kommt (bejahend Gürtner in: KassKomm, Stand September 2009, § 186 RdNr. 9). Jedenfalls liegen – wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat – die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Denn der Kläger war – wie dargelegt - nicht schuldlos an der Einhaltung der Frist gehindert.

Zu Recht ist das Sozialgericht auch davon ausgegangen, dass die rechtzeitige Ausübung des Wahlrechts auch nicht über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hergeleitet werden kann. Bei diesem Anspruch handelt es sich um ein von der Rechtsprechung im Wege der Fortbildung des geschriebenen Rechts entwickeltes Rechtsinstitut im Sinne des öffentlich- rechtlichen Nachteilsausgleichs. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass ein Sozialleistungsträger eine dem Versicherten gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch –SGB I-) verletzt hat und hierdurch dem Betroffenen ein Nachteil entstanden ist. Da das Sozialrechtsverhältnis so hergestellt werden soll, wie es dem Versicherten ohne die Pflichtverletzung zugestanden hätte, lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein pflichtwidriges Verwaltungshandeln nur insoweit berichtigen, als die begehrte Amtshandlung rechtlich zulässig ist (vgl. z. B. BSG vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 64/93 -, zitiert nach Juris). Das BSG hat in einem vergleichbaren Verfahren entschieden, dass in den Fällen, in denen der Nachzuversichernde sein "Wahlrecht" nicht binnen der Jahresfrist ausgeübt und der Arbeitgeber die Nachversicherungsbeiträge bereits an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte entrichtet hat, der Versicherte von dieser die Übertragung der Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk auch nicht aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen kann. Denn eine Übertragung der Beiträge in rechtlich zulässiger Weise ist dann nicht mehr möglich (Urteil des BSG vom 24. April 1996 5/4 RA 36/93). Grundlage für den Anspruch auf Nachversicherung in dem genannten Fall war allerdings nicht § 186 SGB VI, sondern die Vorgängervorschrift § 124 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG).

Es kann offen bleiben, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im vorliegenden Fall bereits aus den genannten Gründen scheitert, jedenfalls fehlt es an einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten. Der Kläger ist mit der Beklagten nicht in Kontakt getreten. Ob ein Fehlverhalten des Beigeladenen vorlag, ist hier nicht entscheidungserheblich. Denn auch dann, wenn ein solches anzunehmen wäre, könnte es der Beklagten nicht zugerechnet werden. Das Verhalten einer anderen Behörde kann einem Sozialleistungsträger nur dann zugerechnet werden, wenn zwischen beiden eine sog. Funktionseinheit besteht (Seewald in: KassKomm RdNr. 59 vor §§ 38 – 47 SGB I mwN). Zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen besteht aber eine solche Funktionseinheit gerade nicht. Das Versorgungswerk für Rechtsanwälte ist nicht arbeitsteilig in den Verwaltungsablauf zur Wahrnehmung von Aufgaben der Beklagten eingeschaltet. Für die Vollziehung der Nachversicherung ist ausschließlich der Rentenversicherungsträger zuständig (vgl. Urteil des BSG 15. Dezember 1994 – 4 RA 66/93 -, zitiert nach Juris). Der Beigeladene war in die Nachversicherung nicht eingebunden, lediglich der Antrag auf Nachversicherung konnte bei ihm gestellt werden. Zweifelhaft ist auch, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Denn die der Beklagten zugeflossenen Nachversicherungsbeiträge werden nach Ablauf der Jahresfrist nicht ohne weiteres zu wirtschaftlich oder rechtlich nutzlosen Aufwendungen.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved