L 6 VH 745/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VH 1807/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VH 745/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18.12.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1934 geborene Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer/m höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) beziehungsweise Grad der Schädigungsfolgen (GdS). Der Kläger war vom 02.12.1958 bis zum 10.12.1964 in der D. in den Zuchthäusern W., T. und B. in politischem Gewahrsam. Nach der Haftentlassung beendete er im Jahr 1966 sein vor der Haft begonnenes Medizinstudium und flüchtete im November 1968 in die B ... Am 28.11.1968 stellte er einen Antrag auf Versorgung nach dem HHG und machte als Schädigungsfolgen eine Hepatitis infektiosa, rezidivierende thyreotoxische Krisen mit schweren pektanginösen Beschwerden, ischialgiforme Beschwerden bei Bandscheibenschaden, Senk-Spreizfüße, eine Arthrose im rechten Knie, eine chronische Sinusitis beidseits, eine Trigeminusneuralgie, eine vegetative Labilität, eine chronische Gastritis, vegetative Störungen, eine Prostatitis sowie eine beginnende Beugekontraktur der Finger 4 und 5 beider Hände geltend. Der Kläger wurde auf Veranlassung des VA stationär begutachtet. Der Augenarzt Dr. P. erhob in seinem Gutachten vom 25.03.1969 von Seiten der Augen keinen pathologischen Befund. Dr. Sch. erachtete in seinem Gutachten vom 24.03.1969 auf chirurgischem und urologischem Fachgebiet als Haftfolgeschaden lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe ohne Funktionseinschränkung. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. H. fand in seinem Gutachten vom 25.03.1969 auf seinem Fachgebiet keine mit den Haftverhältnissen in Verbindung stehenden Gesundheitsstörungen. Dr. B. führte in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 03.07.1969 aus, das psychische Verhalten des Klägers wirke sachlich und affektiv ausgeglichen. Auch der neurologische Befund sei in allen Anteilen regelgerecht gewesen. Eine leichte vegetative Labilität sei wegen der Geringfügigkeit der Symptomatik in einem internistischen Hauptgutachten mitzubeurteilen. Die während der Haft aufgetretenen stärkeren nervösen Erscheinungen seien jetzt bei Normalisierung der Lebensverhältnisse wieder völlig abgeklungen und bedürften daher keiner besonderen Berücksichtigung. Dr. B. empfahl in seinem internistischen Gutachten vom 24.03.1969 eine Nachuntersuchung und führte weiter aus, die noch vorhandenen vegetativen Beschwerden seien konstitutionell auf eine Schilddrüsenvergrößerung zurückzuführen und im Übrigen sei als Versorgungsleiden lediglich die Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe mit einer MdE um 0 vom Hundert (v. H.) vorhanden. Aktenkundig wurde die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales B. vom 30.09.1969, in der bestätigt wurde, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegen und Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben sind. In seinem Zusatzgutachten vom 17.11.1969 führte Dr. B. aus, eine Bromthaleinretention sei als Reststörung nach durchgemachter Gelbsucht aufzufassen, wofür die MdE auf 20 v. H. geschätzt werde. Alle anderen Leberfunktionsproben seien normal gewesen. Weitere Schädi¬gungsleiden lägen nicht vor. Mit Bescheid vom 06.01.1970 anerkannte das VA B. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe; fibrotische Leberreststörung nach Gelbsucht" und stufte die MdE mit unter 25 v. H. ein. Hiergegen erhob der Kläger unter anderem mit der Begründung Widerspruch, dass auf die psychischen Faktoren überhaupt nicht eingegangen worden sei. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. St. vom 25.02.1970, Dr. B. vom 02.06.1970, Dr. Sch. vom 12.08.1970 und Dr. H. vom 25.08.1970 wies das Landesversorgungsamt B. den Widerspruch mit Wider¬spruchsbescheid vom 16.09.1970 zurück. Am 16.05.1979 stellte der zwischenzeitlich nach B.-B.umgezogene Kläger beim nunmehr zuständigen VA K. einen mit einem Antrag auf Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen verbundenen Verschlimmerungsantrag, den er insbesondere mit einer Arthrose im rechten Kniegelenk, Leberstörungen sowie Bandscheibenschäden der Hals- und Lendenwirbelsäule begründete. Dr. F. W. fand in dem internistischen Gutachten vom 09.10.1980 von innerfachärztlicher Seite keine Gesundheitsstörungen, die ursächlich auf Schädigungseinflüsse zurückgeführt werden könnten. Der Chirurg Dr. F. kam in seinem Gutachten vom 09.10.1980 zusammenfassend zu der Auffassung, die bisherige Anerkennung der Leberreststörung müsse entfallen und als Schädigungsfolgen sei lediglich eine Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe anzuerkennen. An Nichtschädigungsfolgen diagnostizierte er eine geringe deformierende Veränderung an der Wirbelsäule, eine beginnende Kniearthrose beiderseits, eine X-Stellung der Kniegelenke, eine Überstreckbarkeit der Kniegelenke und eine Narbe nach Appendektomie. Das VA K. lehnte mit Bescheid vom 24.11.1980 den Erhöhungsantrag ab, anerkannte nunmehr als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe" und stufte die MdE mit unter 25 v. H. ein. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies das Landesversorgungsamt B.-W. mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1981 zurück. Eine Leberreststörung nach Gelbsucht liege nicht mehr vor, die arthrotischen Veränderungen beider Kniegelenke seien seitengleich entwickelt, rheumatische Veränderungen seien nicht feststellbar und bei den geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen handle es sich um altersentsprechende Abnutzungsveränderungen. Hiergegen erhob der Kläger Klage (S 3 V 1984/81) zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe. Das SG Karlsruhe zog Unterlagen des R.-V.-Krankenhauses B. über eine stationäre Behandlung vom 11.05.1973 bis zum 18.05.1973 bei, holte die Auskünfte der Orthopäden Dr. H. und Dr. U. ein und erhob das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. R./Dr. H. vom 29.03.1983. Das Land B.-W. bot daraufhin am 26.05.1983 vergleichsweise die Anerkennung von degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als weitere Schädigungsfolgen an. Das SG Karlsruhe holte ferner das internistische Gutachten von Dr. L. vom 01.12.1983 und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. H. vom 28.05.1984 ein. Der Kläger nahm im Rahmen des am 26.07.1984 abgeschlossenen Teilvergleichs das Vergleichsangebot vom 26.05.1983 an. Mit Urteil vom 26.07.1984 wies das SG Karlsruhe die auf die zusätzliche Anerkennung einer Gonarthrose beider Kniegelenke, degenerativer Veränderungen der Lendenwirbelsäule und eines Folgezustands nach Hepatitis als Schädigungsfolgen und Gewährung einer Rente gerichtete Klage mit der Begründung ab, weitere, über den Teilvergleich hinausgehende Schädigungsfolgen seien nicht festzustellen und die anerkannten Schädigungsfolgen bedingten keine MdE in rentenberechtigendem Grade. Hiergegen legte der Kläger Berufung (L 11 V 2264/84) zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) ein. Er begründete die Berufung damit, bezüglich der Leber und der Wirbelsäule lägen weitere Schädigungsfolgen vor. Ferner stellte der Kläger am 08.10.1984 bezüglich der Anerkennung psychischer Haftschäden einen Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, er habe schon im Jahr 1969 auf die psychischen Haftschäden hingewiesen, ohne dass hierauf eingegangen worden sei, und er sei wegen dieser Erkrankung nunmehr zu 100 % "invalidisiert". Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren unter anderem die Arztbriefe von Prof. Dr. L., Kommissarischer Leiter der Abteilung für Gastroenterologie am Klinikum der Universität F., vorgelegt hatte, wurde auf Antrag der Beteiligten wegen des beim VA K. gestellten Verschlimmerungsantrages das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Im Verwaltungsverfahren legte der Kläger den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10.09.1984 über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31.07.1986 vor. Das VA K. zog das in diesem Rentenverfahren eingeholte nervenärztliche Gutachten von Dr. R. vom 10.07.1984 (Manie bei Zyklothymie) und das für die Ärztekammer N. zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers erstattete Gutachen von Prof. Dr. B./Dr. D., Zentrum der Psychiatrie an der Universität F, vom 26.01.1984 (manisch-depressive Erkrankung) bei. Der Neurologe und Psychiater Dr. G. führte in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 14.02.1986 aus, die durchgeführte körperlich-neurologische Untersuchung habe keinen relevanten Befund von Krankheitswert ergeben. Im psychischen Bereich handle es sich diagnostisch um eine Zyklothymie. Ein Zusammenhang mit der Haft sei abzulehnen, weil mehr Gründe dagegen als dafür sprächen. Begründet wurde dies von Dr. G. damit, dass in der Familie des Klägers eine Belastung mit Gemütsleiden bestehe. Ausgehend von den, auch bei den Vorgutachtern gemachten, anamnestischen Angaben des Klägers handle es sich bei diesem um eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit einem nicht alltäglichen Lebensschicksal. Hinsichtlich der Zusammenhangsfrage sei wesentlich, dass schon vor der Haftzeit ein auffälliges Persönlichkeitsprofil im Sinne einer hyperthymen Persönlichkeit vorgelegen habe. Auch während der Haftzeit habe sich der Kläger stark engagiert und sei häufig als Wortführer aufgetreten. Nach der Haftentlassung hätte er mit einem Rückzug reagiert. Die Betriebsamkeit hätte sich dann wieder gesteigert und sei zumindest ab dem Jahr 1973 in teilweise unkontrollierbare und ungesteuerte Handlungen eingemündet. Seit etwa 1975 seien die ersten depressiven Schwankungen aufgetreten. Es bestehe kein Zweifel, dass beim Kläger eine manisch-depressive Erkrankung vorliege und nicht ein durch extreme Belastung verursachter erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel. Die wesentlichen Persönlichkeitszüge hätten schon vor der Haftzeit bestanden. Eine psychotische Dekompensation während der Haftzeit sei ausgeschlossen und manische, im weiteren Verlauf auch depressive Phasen ließen sich frühestens ab Mitte der 70er Jahre diagnostizieren. Bei dieser Latenz sei im Hinblick auf die Manifestation der manisch-depressiven Erkrankung eine wesentliche Mitverursachung durch die Haftzeit abzulehnen. Mit Bescheid vom 09.04.1986 lehnte das VA K. den Verschlimmerungsantrag mit der Begründung, die vorliegende manisch-depressive Erkrankung sei persönlichkeitsbedingt, ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage (S 3 V 1197/86) zum SG Karlsruhe. Das SG Karlsruhe wies die Klage mit Urteil vom 13.05.1987 mit der Begründung, der angefochtene Bescheid vom 09.04.1986 sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des beim LSG ruhenden aber noch anhängenden Verfahrens geworden, als unzulässig ab. Aufgrund eines vom Kläger gestellten Beweissicherungsantrages wurde am 25.05.1987 dessen Mutter als Zeugin durch das SG Wiesbaden als Rechtshilfegericht vernommen. Sie führte im Wesentlichen aus, der Kläger sei nach der Haftentlassung nicht wiederzuerkennen gewesen. Er sei nun verschlossen gewesen, habe sich zurückgezogen und sei aggressiv und bösartig gewesen. Ferner beschrieb sie Albträume des Klägers nach der Haftentlassung. Mit dem den vor dem SG Karlsruhe am 26.07.1984 geschlossenen Teilvergleich ausführenden Bescheid vom 30.06.1987 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" und führte aus, hierdurch werde eine MdE um mindestens 25 v. H. nicht erreicht. Gegen das Urteil des SG Karlsruhe vom 13.05.1987 legte der Kläger Berufung (L 11 V 1374/87) ein. Er legte das für die Vereinigte Krankenversicherung S. Krankenhauskosten-Versicherung zur Frage der Arbeits- beziehungsweise Berufsfähigkeit des Klägers erstattete Gutachten von Prof. Dr. B./Dr. St., Rehabilitationskrankenhaus K.-L., vom 30.12.1983 vor. Die Gutachter führten aus, dass eine Einordnung des Krankheitsbildes schwierig sei, aber unabhängig von der Diagnose sowohl Arbeits- als auch Berufsunfähigkeit bestehe. Nach Hinweis des LSG, dass der Bescheid vom 09.04.1986 Gegenstand des ruhenden Verfahrens geworden sei, nahm der Kläger die Berufung zurück und rief das ruhende Verfahren L 11 V 2264/84 wieder an, das unter dem Aktenzeichen L 11 V 1960/87 weitergeführt wurde. Das LSG erhob das Gutachten des Prof. Dr. D., inzwischen Leiter des Psychiatrischen Krankenhauses H., vom 26.02.1988. Er hatte den Kläger ab Januar 1984 nervenärztlich behandelt. Er schilderte in seinem Gutachten den Kläger als eine von frühester Jugend her durchsetzungsfähige, leistungsbereite und stimmungsgehobene Persönlichkeit. Weiter führte er aus, die diagnostische Einordnung des vorliegenden Krankheitsbildes sei schwierig, da der Kläger eine außergewöhnliche Persönlichkeit sei. Mitaufbauend auf den anamnestischen Angaben des Klägers könne jedoch davon ausgegangen werden, es gebe keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass es im Anschluss an die Haft zu einer Persönlichkeitsänderung gekommen sei. Es handle sich um eine manisch-depressive Krankheit, die diagnostisch deutlich von einer möglichen Persönlichkeitsstörung beziehungsweise Persönlichkeitsveränderung oder aber einer psychogenen reaktiven Entwicklung abgrenzbar sei. Erst nach einem ausgesprochen langen Intervall von 18 Jahren nach Haftende sei im Jahr 1983 erstmals eine Arbeitsunfähigkeit objektiviert worden. Dieses lange Intervall spreche eindeutig gegen einen relevanten, überdauernden psychischen Haftschaden. Die manisch-depressive Erkrankung sei um das Jahr 1977 langsam aufgetreten. Aufgrund der Familienanamnese zeige sich beim Kläger eine genetische Verwundbarkeit mit affektiven Störungen. Es lasse sich keine Beziehung zu der zweifelsohne sehr belastenden, jedoch weit zurückliegenden Haftzeit feststellen. Danach sprächen mehr Argumente gegen als für eine wesentliche Mitverursachung der Psychose durch die Haftzeit, wobei entscheidendes Argument die lange Latenzzeit sei. Das Krankheitsbild entspreche auch nicht dem Bild eines reaktiven seelischen Schadens als Folge eines einschneidenden äußeren Erlebnisses. In diesem Falle hätte sich durchgehend ein Bild von Erschöpfung und Antriebslosigkeit, verbunden mit vegetativen Störungen, aufzeigen müssen. Danach wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., Oberarzt im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit M., vom 13.10.1988 eingeholt. Der Sachverständige führte aus, für die Beurteilung der vor der Haftzeit bestehenden Persönlichkeit seien die anamnestischen Angaben des Klägers zur Kindheit und Jugend wesentlich. Diese seien bei den vorhergehenden Gutachten verschieden erfolgt. Ihm gegenüber habe sich der Kläger als eher schüchternes, verlegenes, rasch errötendes Kind, das sich um Anpassung und Integration bemüht habe, geschildert. Demgegenüber hätten die gegenüber Prof. Dr. B. geschilderten Angaben eine viel aktivere Rolle und ein anderes Selbstverständnis impliziert. Zusammenfassend diagnostizierte Dr. B. beim Kläger eine chronische Persönlichkeitsstörung. Aktuelle Anhalte für eine Exazerbation der seitens der Vorgutachter diagnostizierten manisch-depressiven Erkrankung hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers bei der Untersuchung sei durch die Haftzeit eine chronische seelische Störung verursacht worden. Der Hafteinfluss sei ein entscheidendes Moment für die Entwicklung der vorhandenen extremen Charakterzüge, die in gewissem Umfang eine psychische und soziale Behinderung zur Folge hätten, die auf eine MdE um 50 v. H. geschätzt werde. Auch bei der Annahme, dass bereits vor der Haft eine zu Extremen neigende Persönlichkeitsstruktur vorhanden gewesen wäre, müsste immer noch ein Hafteinfluss anerkannt werden, der sich jedoch in einer geringeren MdE um 30 v. H. niederschlagen müsse. Darüber hinaus könne möglicherweise eine zyklisch verlaufende Erkrankung (Zyklothymie) vorliegen, die aber nicht in kausalem Zusammenhang mit der Haft stehe. Hierzu führte Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.11.1988 aus, eine Persönlichkeitsveränderung erscheine zwar möglich, wahrscheinlicher sei jedoch das Verhalten des Klägers vor dem Hintergrund einer zyklothymen Erkrankung zu sehen. Prof. Dr. D. führte in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 27.02.1989 aus, die richtige Einschätzung hänge von der Schilderung des Klägers beziehungsweise von seinem momentanen psychopathologischen Zustandsbild ab. Aufgrund der Schilderungen des Klägers bei Dr. B. könne er den Schlussfolgerungen von Dr. B. zustimmen. Nach dem von ihm und Prof. Dr. B. erhobenen Befunden bleibe er aber ausgehend von den dort gemachten Angaben des Klägers bei seiner bisherigen Einschätzung. Sodann erhob das LSG das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. Sch./Dr. Sch., Orthopädische Universitätsklinik und Poliklinik F./F., vom 18.07.1989. Sie führten aus, die das Altersmaß übersteigenden Formveränderungen an der Halswirbelsäule mit kyphotischer Knickbildung zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper seien mit Wahrscheinlichkeit als schädigungsbedingt anzusehen. Ebenso bestünde eine Narbenbildung unterhalb der rechten Kniescheibe als unmittelbare Haftfolge. Weitere Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit auf einen erlittenen Haftschaden zurückgeführt werden. Die MdE für die mit Wahrscheinlichkeit auf den Haftschaden zurückführbaren Gesundheitsstörungen sei mit 10 v. H. einzuschätzen. Die Gesamt-MdE betrage unter der fiktiven Annahme einer MdE von unter 25 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet ebenfalls unter 25 v. H., einer MdE um 30 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 40 v. H. und einer MdE um 50 v. H. auf nervenfachärztlichem Gebiet 60 v. H. Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.09.1989 aus, eine Veränderung der bisherigen versorgungsärztlichen Auffassung bezüglich der Anerkennung einer manisch-depressiven Erkrankung ergebe sich nicht ... Das LSG zog ferner die Krankenunterlagen von Prof. Dr. B. bei und hörte am 16.07.1990 die vom Kläger benannten Dr. M. und Dipl.-Ing. Dr. G. als Zeugen. Dr. M. beschrieb den Kläger als vor der Haft unauffälligen Kommolitonen. Nach der Haft sei der Kläger unselbständig gewesen und habe über einen Albtraum berichtet. Dipl.-Ing. Dr. G. berichtete über mit unüberlegten Verhaltensweisen einhergehende Anpassungsprobleme des Klägers nach der Haftentlassung. Das Land B.-W. bot sodann am 16.07.1990 vergleichsweise die Anerkennung eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Versorgungsrente nach einer MdE um 30 v. H. nach § 30 Abs. 1 BVG an. Der Kläger erklärte hierzu, er sei bei einer Anerkennung einer MdE um 50 v. H. vergleichsbereit. Dr. B. erstattete auf Anforderung des LSG das Ergänzungsgutachten vom 31.10.1990. Danach sei unter Auswertung der von Prof. Dr. B. übersandten Krankenunterlagen und unter Zugrundelegung der von Dipl.-Ing. Dr. G. und Dr. M. gemachten Angaben davon auszugehen, dass beim Kläger vor der Inhaftierung keine Persönlichkeitsstörung bestanden habe, diese aber nach Haftentlassung manifest geworden sei. Diese Persönlichkeitsstörung habe sich in Charakterzügen wie Selbstunsicherheit, Ängstlichkeit, jedoch auch Affektlabilität mit Neigung zu affektiven Durchbrüchen und unter anderem auch in querulatorischen Verhaltensweisen gezeigt. Die querulatorischen Verhaltensweisen seien nicht nur vorübergehender Natur gewesen. Selbst bei Unterstellung, dass vor der Haft eine Persönlichkeitsstruktur mit Zügen der Selbstunsicherheit, leichter Kränkbarkeit, jedoch Kompensierung durch Ehrgeiz und extreme Leistungsorientierung vorgelegen habe, so hätten diese Persönlichkeitszüge vor der Haft nicht den Grad einer Persönlichkeitsstörung gehabt, so dass demgemäß die nach der Haft bis heute persistierende Persönlichkeitsstörung in vollem Umfang als erlebnisbedingt einzuschätzen sei. Wegen der Tatsache, dass trotz der erkennbaren Persönlichkeitsstörung nach der Haft noch eine weitere berufliche Ausbildung und auch in späteren Jahren zumindest in gewissem Umfang eine berufliche Tätigkeit möglich gewesen sei, sei die MdE bei 50 v. H. anzusetzen. Eine höhere Einschätzung der MdE komme jedoch nicht in Betracht, da nach der Übersiedlung des Klägers in die B. noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten. Unter Annahme einer orthopädisch bedingten MdE um 10 v. H. betrage die Gesamt-MdE wegen der überragenden Rolle der psychischen Folgeerscheinungen ebenfalls 50 v. H. Auf Hinweis des Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.11.1990 und Veranlassung des LSG übersandte Prof. Dr. K. sein im Auftrag der Vereinten Versicherungen M. erstattetes Gutachten vom 31.03.1989 (thymopathische Persönlichkeitsstörung). Hierzu äußerte sich Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.1990. Der Kläger führte aus, er sei am G. B.-B., Klinik für offene Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, stationär behandelt worden und legte die Schreiben des Dr. N., Oberarzt am G. B.-B., vom 18.12.1990 und von Dr. Dipl.-Psych. J., Chefarzt am G. B.-B., / Dr. N. vom 04.01.1991 vor. Der Senat hörte sodann Dr. N. unter dem 19.01.1991 schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.04.1991 aus, es sei nach wie vor zu diskutieren, ob ein erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel oder eine Zyklothymie vorliege. Eine sichere Differenzierung nach der Kausalität und zuverlässige Zuordnung zu diagnostischen Kriterien lasse sich nicht erkennen. Im weiteren Verfahrensverlauf machte der Kläger unter Vorlage unter anderem des Arztbriefes des Prof. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der DRK-Klinik B.-B., vom 11.02.1991 eine Spondylolisthese als Schädigungsfolge geltend. Auf Veranlassung des LSG erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M., Leitender Regierungsmedizialdirektor a. D., unter Berücksichtigung des computertomographischen Gutachtens der Dr. Sch.-G. vom 26.11.1991 das Gutachten vom 17.12.1991. Darin führte dieser aus, es bestehe kein vernünftiger Zweifel, dass eine besondere familiäre Situation gegeben sei, die als psychodynamische Komponente Bedeutung gewonnen habe. Darüber hinaus seien auch Persönlichkeitssigna vorhanden. Die Tatsache der Inhaftierung sei unzweifelhaft eine Zäsur im bisherigen Leben des Klägers gewesen. Diese habe auch mit all ihren Implikationen über lange Zeit hin eine deutliche Belastung dargestellt und zwar im Sinne einer depressiv-getönten Erlebnisreaktion. Diese habe die Haftjahre überdauert und sich sicherlich bis in die Zeit der Ausbildung zum Facharzt Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre hinein lytisch abklingend fortgesetzt. Es folge dann die Zeit der sich abzeichnenden Zyklothymie, insbesondere mit der manischen Auslenkung, die zu beruflichen Höchstleistungen einerseits, wie andererseits aber auch zu schweren sozialen und familiären Komplikationen Anlass gegeben hätte. Die Zyklothymie sei medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden, was in den bisherigen gutachterlichen Aussagen nicht angemessen gewürdigt worden sei. Haftspezifische Folgeerscheinungen, etwa im Sinne eines erlebnisbedingten Persönlichkeitswandels oder einer Persönlichkeitsänderung durch Extrembelastungen, lägen nicht vor. Unzweifelhaft habe aber über längere Zeit hin eine reaktiv-depressive Verstimmung nach der Haft die Anpassung im sozialen Milieu, besonders während der D.-Zeit, beeinträchtigt und auch eine Zeit lang noch später überdauert. Diese Restsymptome überlagerten sich nun andererseits aber, überaus schwer abgrenzbar, mit denen der beginnenden Zyklothymie mit depressiver, aber doch sehr bald manischer Auslenkung. Hinzugetreten seien neuerlich die Symptome einer cerebralen Gefäßveränderung. Bei sorgfältiger Abwägung werde man bei Ausschluss der Zyklothymie als Schädigungsfolge, bei Nichtvorliegen eines Persönlichkeitswandels und einer Persönlichkeitsänderung sowie bei Nichtbestehen einer cerebralen Dystrophie einen gewissen Restbestand an haftbezogener Betroffenheit zurückbehalten, der auch gegenüber der vorgegebenen Persönlichkeitsartung abgrenzbar bleibe. Diese Komponente sei auch in Kenntnis der Schwere einer solchen Abgrenzung mit einer MdE um 30 v. H. einzuschätzen und als leichtere "erlebnisreaktive Verstimmung" zur Anerkennung im Sinne der Entstehung vorzuschlagen. Unter dieser Umschreibung seien Teilkomponenten der Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, der Identitätsabwandlung der Selbstsicherheit wie auch der dynamischen Insuffizienz erfasst. Die retrospektive Betrachtung habe unter Einbeziehung aller erreichbaren Akten diese Wertung ermöglicht. Die sozialen und finanziellen "Auslenkungen" könnten kausal nicht dem "Haftschaden" angelastet werden. Sodann unterbreitete das Land B.-W. den Vergleichsvorschlag vom 09.03.1992, mit dem es die Anerkennung einer "erlebnisreaktiven Verstimmung" als weitere Schädigungsfolge mit einer MdE um 30 v. H. ab 01.09.1985 anbot. Dieses Vergleichsangebot wurde vom Kläger nicht angenommen. Daraufhin hörte das LSG unter dem 02.07.1992 Dr. Dipl.-Psych. J. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Unter Übersendung seines Arztbriefes vom 26.03.1991 führte er aus, er komme aufgrund des langen Behandlungszeitraumes (er kenne den Kläger seit gut 1 ¾ Jahren) immer mehr zu der Überzeugung, dass keine Zyklothymie vorliege und höchstwahrscheinlich auch nie vorgelegen habe. Er sei davon überzeugt, dass das schwersttraumatische mehrjährige Hafterlebnis ursächlich sowohl für das spätere als auch jetzt noch vorliegende chronifizierte depressive Syndrom sei und auch die schwere Persönlichkeitsstörung ausgelöst habe. Die in seinem Arztbrief vom 26.03.1991 von ihm selbst aufgeführte Diagnose eines "schwer ausgeprägten, chronifizierten depressiven Syndroms bei zyklothym/thymopathisch-zwanghafter Persönlichkeitsstruktur überwiegend reaktiv ausgelöst durch ein schwersttraumatisches, mehrjähriges Hafterlebnis" würde er heute nicht mehr als zutreffend beurteilen. Sodann holte das LSG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 14.07.1992 ein. Darin führte er aus, wahrscheinlich sei, dass unabhängig vom Sport und von den Hafteinwirkungen in den ersten 20 Lebensjahren aus schicksalsmäßigen Ursachen heraus sich eine Spondylolyse entwickelt habe, die sich zur erstmals 1991 röntgenologisch ersichtlichen Spondylolisthese im Laufe des Lebens weiter entwickelt habe. Die Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule beruhten auf fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen. Die Zurückführung dieser Beschwerden auf die Haft, wie in den Gutachten von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. Sch. vorgenommen, sei nicht sehr überzeugend. Die beginnende Hüftarthrose rechts sei ebensowenig durch Haftein¬wirkungen bedingt wie die beginnende Arthrose im rechten Kniegelenk und im rechten oberen Sprunggelenk. Der während der Haft erlittene Sturz auf das rechte Kniegelenk habe lediglich eine reizfreie circa 5 cm lange Narbe zur Folge gehabt. Weitere Knieschäden ließen sich nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit auf die Belastungen während der Haft zurückführen. Haftbedingt sei am Haltungs- und Bewegungsapparat des Klägers nur ein Dauerschaden aufgetreten, der höchstens mit einer MdE um 10 v. H. zu bewerten sei. Unter Zugrundelegung des Ergebnisses von Prof. Dr. M. empfahl Prof. Dr. H. unter Berücksichtigung der weiteren Schädigungsfolge "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der HWS" eine Gesamt-MdE um 30 v. H. Zu den Ausführungen des Dr. Dipl.-Psych. J. nahm Prof. Dr. M. ergänzend unter dem 22.07.1992 Stellung. Er führte aus, die Darstellung des Dr. Dipl.-Psych. J. sei aus therapeutischer Sicht erstellt, zentriere sich im Wesentlichen auf psychodynamische Behandlungsstrategien und gelange damit, gleichsam zwangs¬läufig, zu monokausalen Deutungen und folgerichtig auch zu bestimmten Lösungskonzepten. Sie berücksichtige das multifaktorielle Geschehen und die Vielschichtigkeit der biographischen Entwicklungen nicht in der erforderlichen Weise. Die Biographie des Klägers enthalte alles andere als permanente, unflexible Verhaltensweisen, feindliche Haltung der Welt gegenüber, sozialen Rückzug, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und das Erleben ständiger Bedrohung und Entfremdung. Es sei auch nach der Würdigung und den Aussagen der anderen Sachverständigen, die unmittelbar und zeitnah den Kläger gesehen hätten von einem lebhaften Wandel der Symptomatik auszugehen. Im Ergebnis verblieb Prof. Dr. M. bei seiner Auffassung. Der Kläger legte die Stellungnahme des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 21.09.1992 zu dem Gutachten von Prof. Dr. M. vor. Darin führte dieser aus, die Haftbedingungen hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere erlebnisbedingte Persönlichkeitsstörung-/änderung und eine posttraumatische Belastungsstörung bedingt und die MdE sei mit mindestens 60 v. H. einzuschätzen. Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.10.1992 aus, da sich seit den vorangegangenen Begutachtungen im Vergleich zu den Erhebungen von Dr. Dipl.-Psych. J. die Persönlichkeitsstruktur des Klägers - gleichgültig wie man sie zuordne - offenbar nicht verändert habe, ergebe sich aus versorgungsärztlicher Sicht kein Anhalt, von der bisherigen Auffassung abzuweichen. Mit Urteil vom 12.10.1992, berichtigt durch Beschluss vom 29.10.1992, änderte das LSG das Urteil des SG Karlsruhe vom 26.07.1984 ab, verurteilte das Land B.-W. unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1981 sowie der Bescheide vom 09.04.1986 und 30.06.1987, als weitere Schädigungsfolge eine erlebnisreaktive Verstimmung anzuerkennen sowie dem Kläger ab 01.10.1984 eine Versorgungsrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren, und wies im Übrigen die Berufung zurück und die Klage ab. Auf internistischem Fachgebiet bestünden beim Kläger keine haftbedingten Gesundheitsstörungen. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. B., Dr. F. W. und Dr. L ... Weiter stehe fest, dass auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet über die anerkannten Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule" hinaus keine haftbedingten Gesundheitsstörungen vorlägen. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. F., Prof. Dr. R. mit ergänzender Stellungnahme von Dr. H., Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. H ... Ferner liege beim Kläger schädigungsbedingt eine erlebnisreaktive Verstimmung vor. Inso¬weit sei den Ausführungen von Prof. Dr. M. zu folgen. Dieser Zustand bedinge eine MdE um 30 v. H. Im Übrigen sei unter Würdigung der Gutachten von Dr. B., Dr. G., Prof. Dr. D., Dr. B., den Stellungnahmen von Dr. N. und Dr. Dipl.-Psych. J. sowie insbesondere den Gutachten von Prof. Dr. M. davon auszugehen, dass weitere haftbedingte Gesundheitsstörungen nicht feststellbar seien und die anerkannten Gesundheitsstörungen keine höhere MdE als 30 v. H. bedingten. Beim Kläger sei eine Mehrzahl von Faktoren festzustellen, von denen die Haftbedingungen nur eine sei, und die sich teilweise verstärkend und überlagernd zu dem Erscheinungsbild geführt hätten, das nunmehr festzustellen sei. Die Annahme von Dr. Dipl.-Psych. J., lediglich der Haftschaden habe sämtliche beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet bedingt, sei deshalb nicht richtig und stehe auch nicht in Übereinklang mit den vom Kläger im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte gezeigten Verhaltensweisen. Dies habe Prof. Dr. M. überzeugend ausgeführt. Ferner komme eine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht, nachdem Prof. Dr. M. in seinem Gutachten ausgeführt habe, dass die sozialen und finanziellen "Auslenkungen" nicht dem "Haftschaden" kausal angelastet werden könnten. Mit Ausführungsbescheid vom 24.11.1992 anerkannte das VA K. als Schädigungsfolgen "Narbe unterhalb der rechten Kniescheibe, degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, erlebnisreaktive Verstimmung" und bewilligte Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 v. H. ab 01.10.1984 nach § 30 Abs. 1 BVG und hob die Bescheide vom 24.11.1980, 22.07.1981, 09.04.1986 und 30.06.1987 insoweit auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Landesversorgungsamt B.-W. mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.1993 zurück. Die hiergegen zum SG Konstanz erhobene Klage (S 6 V 631/94) nahm der Kläger zurück. Am 07.01.1999 beantragte der Kläger höhere Versorgungsleistungen. Als Schädigungsfolgen machte er eine posttraumatische Belastungsstörung, einen erlebnisbedingten Persönlichkeitswandel, eine Chondromalazie Stadium 3 bis 4 im rechten Knie und Stadium 2 bis 3 im linken Knie, eine Wirbelblockbildung in der Halswirbelsäule und ein Wirbelgleiten in der Lendenwirbelsäule geltend. Die Ärztin für Psychiatrie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. W. führte in ihrem versorgungsärztlichen Gutachten nach Aktenlage vom 30.04.1999 aus, es ergäben sich keinerlei neuen Gesichtspunkte, so dass alle geltend gemachten Verschlechterungen als Nachschaden zu bewerten seien. Dies gelte sowohl für die Chondromalazie in den Knien und die Veränderungen in der Wirbelsäule als auch für die zyklothymen Störungen mit im Vordergrund stehenden Depressionen. Mit Bescheid vom 29.07.1999 lehnte das VA F. - Außenstelle R. - die Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Es könne nicht die Feststellung getroffen werden, dass der Bescheid vom 24.11.1992 unrichtig gewesen sei. Der erneut zur Anerkennung beantragte Leidenskomplex sei mit den entsprechenden Gerichtsgutachten diagnostisch abgeklärt worden. Neue Gesichtspunkte habe der Kläger nicht vorgebracht. Am 16.08.1999 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und wies unter anderem darauf hin, dass er nicht nur einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt habe, sondern auch einen Verschlimmerungsantrag stelle. Dr. H. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.08.1999 aus, die jetzt als haftbedingt geltend gemachten Schäden am linken Knie seien nirgends belegt und könnten demnach nicht begutachtet werden. Dasselbe treffe für das Wirbelgleiten im Lendenwirbelsäulen-Bereich zu. Für die Chondromalazie im rechten Knie sei nach wie vor ein schädigungsbedingter Zusammenhang nach einem Sturz im Jahr 1961 nicht zu erkennen. Hier fehlten erforderliche Brückensymptome bis zur Diagnosestellung im Jahr 1995. Am 01.10.1999 erhob der Kläger Klage (S 6 VH 1807/99) zum SG Konstanz und führte zur Begründung aus, zu Unrecht sei mit Bescheid vom 25.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 ein Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) abgelehnt worden. Er habe nämlich die Neufeststellung der Schädigungsfolgen und höhere Beschädigtenrente beantragt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 wies das Landesversorgungsamt B.-W. den gegen den Bescheid vom 29.07.1999 eingelegten Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen nach § 44 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 seien nicht gegeben. Wegen seines Verschlimmerungsantrages nach § 48 SGB X erhalte der Kläger noch einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Hiergegen erhob der Kläger am 03.12.1999 (S 6 VH 2270/99) Klage zum SG Konstanz und führte unter anderem aus, sein auf die Erhöhung des GdB gerichtetes Begehren wolle er erst weiterverfolgen, wenn der nach dem HHG zu beurteilende Rechtsstreit erledigt sei. Sodann verband das SG Konstanz die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (S 6 VH 1807/99). Das SG Konstanz zog unter anderem die Arztbriefe der Orthopädischen Universitätsklinik Stiftung F./F vom 11.01.1985, der Klinik für Orthopädie M. vom 04.12.1989, 02.01.1991 und 08.02.1991, des Rheumakrankenhauses B.-B. vom 20.06.1995 und 28.07.1995, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 30.06.1995 und 12.07.1998 sowie des Augenarztes Dr. K. vom 26.07.1995 und die Operationsberichte der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 27.06.1995, 12.07.1995 und 25.06.1998 bei. Sodann erhob das SG Konstanz das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W.-R. vom 03.11.2003. Der Sachverständige beschrieb ein degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom bei Blockwirbelbildung des unteren Halswirbelsäulen-Drittels mit Wirbelsäulenfehlstatik, ein chronisch degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei Ventrolisthesis L5/S1 mit Spondylolysis L5/S1 sowie eine Valgus-Gonarthrose links mehr als rechts und eine Femuropatellargelenksarthrose beiderseits. Der Sachverständige gelangte zu der Einschätzung, am Bewegungsapparat liege keine Schädigungsfolge vor und eine haftbedingte MdE um 10 v. H. auf orthopädischem Fachgebiet sei nicht gegeben. Die Veränderungen an den Kniegelenken seien degenerativ bedingt. Die vorliegenden Röntgenbilder, welche eine Befundentwicklung über zwei Jahrzehnte zuließen, dokumentierten die allmähliche Zunahme der Verschleißveränderungen, ohne dass hier besondere äußerliche Expositionen erforderlich gewesen seien. Dies entspreche dem allmählichen Verlauf von anlagebedingten degenerativen Verschleißerscheinungen. Die Meniskusveränderungen seien eindeutig durch die valgische Fehlposition zu erklären. Eine primäre Meniskusverletzung sei auszuschließen, da diese zu keinem Zeitpunkt offensichtlich geworden sei. Auch habe keine direkte Knietraumatisierung stattgefunden. Die Verletzung rechtsseitig habe zu keinen Gelenkveränderungen geführt, sondern sich lediglich auf die Weichteile bezogen. Auch stünden die Veränderungen am Kniegelenk nicht mit einer jahrelangen und chronischen Belastungssituation in Zusammenhang. Eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke habe nicht herausgearbeitet werden können. Zum einen fehle die Langjährigkeit. Zum anderen hätten keine Dauerzwangshaltungen vorgelegen. Ferner könne allein schon wegen spät nachweisbaren Veränderungen am Kniegelenk eine kausale Verknüpfung nicht gelingen. So seien die Kniegelenksbeschwerden erst rund 30 Jahre nach der Haft dokumentiert worden. Folglich handle es sich im Bereich der Kniegelenke um eine allgemeine schicksalhafte Gelenkdegeneration, welche durch die valgische Fehlposition beider Beine begünstigt worden sei und sich primär auf das laterale Gelenkkompartiment und das femuropatellare Gleitlager erstrecke. Die Spondylolyse sei primär eine anlagebedingte Veränderung. Aufgrund der ohnehin minimalen Instabilität könne es nicht zu einer deutlich erkennbaren und messbaren Verstärkung des Gleitprozesses auf dem Boden einer anlagebedingten Spondylolysis durch die Tätigkeit während der Haftzeit gekommen sein. Bis 20 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit sei radiologisch diese Veränderung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule nur sehr gering gewesen. Ferner fehle es an einer entsprechenden Brückensymptomatik. Eine abnorme Belastung der Halswirbelsäule sei durch die geschilderte Tätigkeit sicherlich nicht im genügenden Umfang aufgetreten. Zusammenfassend bedeute dies, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke eindeutig nicht auf eine körperliche Belastung während der Haftzeit zurückzuführen seien. Es habe sich ein allgemeines Gelenkleiden mit kontinuierlicher und mitunter klinisch blander Verschlechterung eingestellt. Ferner stelle die Weichteilnarbe am rechten Kniegelenk sicherlich keine Veränderung dar, welche mit einer MdE um 10 v. H. bemessen werden könne. Die degenerativen Veränderungen am Knorpel- und Meniskusgewebe seien eindeutig nicht haftbedingt und könnten somit auch keine MdE um 10 v. H. nach sich ziehen. Unter dem 24.05.2004 nahm Dr. W.-R. zu den Einwendungen des Klägers Stellung und blieb bei seiner Einschätzung. Daraufhin holte das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Prof. Dr. R., Leitender Arzt der Orthopädie und orthopädischen Rheumatologie des Klinikums O., vom 25.10.2004 ein. Der Sachverständige gelangte zu der Einschätzung, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne die Spondylolisthese L5/S1 mit einer schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule seien Folge der "Wehrdienstbeschädigung". Des Weiteren bestehe eine Gonarthrose beidseits mit typischer Beschwerdesymptomatik und deutlich reduzierter Belastbarkeit. Die Gonarthrose beidseits sei mit einer MdE um 20 v. H., die ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit und deutlich reduzierter Funktionalität mit einer MdE um 40 v. H. und die Gesamt-MdE mit 50 v. H. mit der Gefahr der Verschlechterung einzuschätzen. An dieser Einschätzung hielt der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 fest. Die Fachärztin für Innere Medizin R. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.01.2005 aus, auf ihrem Fachgebiet handle es sich eindeutig um schädigungsunabhängige Behinderungen. Der Arzt für Chirurgie Dr. B. führte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.01.2005 aus, durch das Gutachten des Prof. Dr. R. sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass ein beidseitiger Kniegelenksschaden und ein Wirbelsäulenschaden als Haftfolge anzusehen seien. Ferner wurde das radiologische Gutachten des Facharztes für diagnostische Radiologie K., Radiologisches Institut am Klinikum O., vom 14.02.2005 aktenkundig. Dr. W.-R. führte in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 23.05.2005 aus, Prof. Dr. R. habe keine wissenschaftliche Begründung für dessen Einschätzung vorgenommen und auch keinen Bezug zu den bisherigen gutachterlichen Ausführungen hergestellt. Die körperliche Expositionszeit des Klägers könne auch bei intensiver Überlastungstätigkeit nicht zu einem dauerhaften Schaden am gesamten Achsenorgan führen. Im Zusammenhang mit berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bei schweren körperlichen Tätigkeiten werde eine Expositionsdauer von mindestens zehn Jahren gefordert. Der Kläger erreiche nicht annähernd eine derartige Expositionsdauer. Dr. B. führte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.06.2005 aus, die beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke könnten nicht auf die etwa 2 ½ Jahre dauernde zeitweise stärkere körperliche Belastung während der Haftzeit zurückgeführt werden. Zu Recht habe Dr. W.-R. das Gutachten des Prof. Dr. R. wegen der unzureichenden Begründung eines kausalen Zusammenhangs kritisiert. Dabei müsse darauf hingewiesen werden, dass der Kläger bereits in der Klinik, in der Prof. Dr. R. tätig sei, mehrmals untersucht und behandelt worden sei. Der Kläger legte die eidesstattliche Versicherung seiner ehemaligen Kollegin Dr. K. vom 22.12.2006 vor. Danach habe sie mit dem Kläger seit Anfang 1969 zusammengearbeitet und es sei ihr aufgefallen, dass der Kläger hauptsächlich beim Treppabsteigen gehumpelt habe und dessen rechtes Knie bandagiert gewesen sei. Sodann holte das SG Konstanz auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. vom 20.06.2007 ein. Der Sachverständige diagnostizierte eine chronische posttraumatische Belastungsstörung mit Aspekten einer chronischen Persönlichkeitsänderung sowie komorbide Störungen wie rezidivierende depressive Störungen mit somatischen Symptomen und Somatisierungsstörungen. Diese Gesundheitsstörungen stünden mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Haftfolgen. Diese Haftfolgen hätten stark beeinträchtigende Auswirkungen auf das eigene Befinden (anhaltende innere Anspannung, Ruhelosigkeit, anhaltende Schlafstörungen mit wiederkehrenden Alpträumen, "Flash backs" beziehungsweise Intrusionen, Grübeleien, zwanghaftes Gedankenkreisen, Gereiztheiten, wiederkehrendes Aufbegehren wegen tiefgreifenden Gefühlen von erlittenem Unrecht, letztere oft verbunden mit intermittierendem Auftreten von ohnmächtiger Wut, zum Teil auch von Hass aber auch von Resignation und Gefühlen von Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit) und auf alle zentralen Lebensbereiche (auf beruflich-wirtschaftliche, familiär-partnerschaftliche sowie persönlich-private Bereiche). Dabei handle es sich um eine schwere psychische chronifizierte Erkrankung beziehungsweise Störung mit mindestens als mittelgradig zu bewertenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten, so dass die MdE auf psychiatrischem Fachgebiet mit 50 v. H. einzuschätzen sei. Der Sachverständige führte weiter aus, das LSG sei zu Unrecht ausschließlich dem Gutachten des Prof. Dr. M., wonach nur eine erlebnisreaktive Verstimmung als Haftschaden anzuerkennen sei, gefolgt. Seine eigene Stellungnahme vom 21.09.1992, in welcher er eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere, erlebnisbedingte Persönlichkeitsänderung sachlich begründet habe, habe das LSG nicht angemessen gewürdigt. Der Kläger beantragte am 09.07.2007 beim VA B. die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs. Auf Anregung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. in seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 10.07.2007 und 16.08.2007 zog das SG Konstanz die Arztbriefe des G. B.-B. vom 26.03.1991, 18.01.1993, 12.02.1999, 14.01.2000, 26.04.2006 und 12.02.2007 bei. Hierzu führte Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2007 aus, anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Kläger bereits seit frühester Kindheit verschiedensten ungünstigen, teils traumatisierenden peristatischen Einflüssen unterworfen gewesen sei, welche sich fast durchgängig durch sein bisheriges Leben gezogen hätten. So habe der Kläger beispielsweise im Lager J., in das er im Juli 1945 von T. verbracht worden sei, schreckliche Szenen miterleben müssen. Später habe er sich als Flüchtlingskind mit katholischem Hintergrund wiederholt gegen Hänseleien der Mitschüler wehren müssen. Letztlich hätten diese Umstände und eine später eingetretene Verschuldung zu weiteren Konflikten und Auseinandersetzungen geführt, die alle mit dazu beigetragen hätten, dass es spätestens 1983 zu einer schweren psychophysischen Dekompensation beziehungsweise zu einem schweren depressiven Erschöpfungszustand gekommen sei. Hinzugekommen seien Partnerschaftskonflikte. Es sei daher nicht schlüssig, die mit dem psychischen Beschwerdekomplex einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen kausal alleinig der Haftzeit zuzuordnen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich hier um ein multikausales Geschehen handle und beim Kläger einerseits ein Vorschaden bestanden habe und andererseits mittlerweile eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Dr. S. schloss sich daher weitgehend der Einschätzung des Prof. Dr. M. an, wonach das Zustandsbild des Klägers nicht alleinige Folge der Haft sei. Zu den hierzu vorgetragenen Einwendungen des Klägers führte Dr. S. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.11.2007 aus, es ergäben sich keine neuen medizinischen Erkenntnisse, so dass sich aus psychiatrischer Sicht kein verändertes Votum ergebe.

Der Kläger legte im Laufe des Gerichtsprozesses unter anderem die Arztbriefe des Psychiaters und Psychotherapeuten Prof. Dr. J. vom 01.06.1983, der Orthopädischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 31.07.1995 und 21.08.1995, des Rheumazentrums B.-B. vom 19.08.1998, des Deutschen Herzzentrums B. vom 28.08.2002, des H.-Klinikums B.-B. vom 23.01.2004, 15.11.2005 und 17.11.2005, der Klinik für Orthopädie und Chirurgie der Ch. B. vom 20.09.2004, der S. L. K. P. vom 06.02.2005 sowie der Medizinischen Klinik der Ch. vom März 2006 und 21.03.2006 vor.

Er beantragte im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.12.2007, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 zu verurteilen, ihm unter Aufhebung der Bescheide aus dem Jahr 1992 Beschädigtenrente nach einer MdE um 70 v. H. zu gewähren und zusätzlich Knieschäden und eine Lendenwirbelsäulenbehinderung als Haftfolgen anzuerkennen. Mit Urteil vom 18.12.2007 wies das SG Konstanz die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992. Die Einordnung der Beschwerden des Klägers durch Dr. Dipl.-Psych. J. als posttraumatische Belastungsstörung erscheine nicht überzeugend. Das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. könne weder bei der Diagnose der zugrunde liegenden Erkrankung noch bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage überzeugen. Bezüglich der Kausalitätsfrage baue das Gutachten des Dr. Dipl.-Psych. J. auf unrichtigen Tatsachenangaben auf und blende Belastungen durch den Aufenthalt im Lager J. und die familiäre psychische Belastung aus. Wie im vorausgehenden Verfahren werde daher der Vorschlag des Prof. Dr. M., die MdE wegen verbliebener Haftfolgen mit 30 v. H. anzusetzen, für überzeugend gehalten. Die Kammer schließe sich daher der Einschätzung des LSG im Urteil vom 12.10.1992 an. Auch auf orthopädischem Fachgebiet habe das Ergebnis der Sachaufklärung eine Unrichtigkeit des Bescheides vom 24.11.1992 nicht nachweisen können. Überzeugend ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. W.-R., dass die Probleme an den Knien nicht Haftfolgen seien. Die Veränderungen in den Kniegelenken seien in erster Linie aufgrund der statischen Fehlentwicklung der Beine zustande gekommen. Daraus, dass die Anerkennung der Gonarthrose nicht in die Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgenommen worden sei, ergebe sich, dass die zugrundeliegenden arbeitsmedizinischen Zusammenhänge nicht ausreichend seien, um eine entsprechende Typisierung vornehmen zu können. Die grundsätzlichen Erwägungen, die arbeitsmedizinischerseits der Anlage der BKV zu Grunde lägen, seien auch vorliegend anwendbar. Bei der rein orthopädisch zu überprüfenden Belastung von Kniegelenken scheine es nicht von Bedeutung, ob diese Belastungen in einem freien Arbeitsverhältnis oder unter Haftbedingungen erfolgt seien. Allenfalls könne überlegt werden, ob unter Haftbedingungen ungünstigere Belastungssituationen bestanden hätten, wie beispielsweise längere Arbeitszeiten, die im Rahmen arbeitstechnischer Überlegungen zu berücksichtigen wären. Da bezüglich der Gonarthrose arbeitsmedizinischerseits jedoch jegliche Unterlagen fehlten, könne eine Analogie hierzu nicht geknüpft werden. Ferner habe der Sachverständige Bewegungsabläufe beim Kläger, die der Nr. 2102 der Anlage der BKV zu Grunde lägen, nicht herausarbeiten können. Auch fehle es am Merkmal der Langjährigkeit und daran, dass die kniebelastenden Tätigkeiten den überwiegenden Anteil des Tagesablaufs während der Haftzeit ausgemacht hätten. Demgegenüber sei dem Gutachten des Prof. Dr. R., der seine Beurteilung nicht begründet habe, nicht zu folgen. Auch die vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenveränderungen hätten sich nicht als Haftfolgen nachweisen lassen. So habe Dr. W.-R. ausgeführt, in der Literatur werde kein berufsbedingtes Wirbelgleiten beschrieben. Auch hierzu sei auf die Überlegungen zu den Nrn. 2108 und 2109 der Anlage der BKV hinzuweisen. Die entsprechenden arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Es fehle an dem Kriterium der Langjährigkeit, die mit circa 10 Jahren angenommen werde. Auch wenn man berücksichtigen würde, dass Arbeitsschichten unter Haftbedingungen in gewissem Umfang härter und länger als im Bereich eines freien Arbeitsverhältnisses seien, könne keinesfalls von einer Verdopplung oder Verdreifachung der entsprechenden Wirbelsäulenbelastungen während der Arbeitsschichten ausgegangen werden. Ferner sei zu sehen, dass das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter beim Kläger allenfalls ein Drittel der Arbeitsschicht ausgemacht habe. Damit könne nicht eine permanente Schulterbelastung festgestellt werden. Die gleichen Erwägungen gälten im Bereich der Lendenwirbelsäulenproblematik. Auch hier habe Prof. Dr. R. keine Begründung für seine entgegenstehende Auffassung geliefert. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2008 zugestellte Urteil des SG Konstanz hat der Kläger am 14.02.2008 Berufung eingelegt. Das SG Konstanz habe nicht ausreichend beachtet, dass bei Hinweisen auf eine Prämorbidität ohne eindeutig nachgewiesene Vorerkrankung die Darlegungs- und Beweislast lediglich im Sinne einer konkurrierenden Kausalität beurteilt werde. Dies bedeute, dass frühkindliche familiäre Entwicklungen und/oder die Erlebnisse im Internierungslager J. nur dann die Kausalität der schlimmen Hafterlebnisse während der politischen Haft in Frage stellen könnten, wenn die Schadensanlage in ihren tatsächlichen Grundlagen nachgewiesen sei, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine "conditio sine qua non" für den Eintritt des Gesundheitsschadens bilde, rechtlich auch wesentlich sei und bei der gebotenen Abwägung mit schädigenden Einwirkungen von solch überragender Bedeutung sei, dass sie bei der gebotenen vernünftigen Würdigung als die tatsächlich und rechtlich allein wesentliche Ursache gewertet werden müsse, und die schädigungsbedingten Kausalfaktoren demgegenüber als praktisch unbedeutend zurücktreten müssten. Das SG Konstanz sei auf die neuen Literaturhinweise zur Schwere der Haftbedingungen in der D. sowie den Umstand, dass Prof. Dr. M. die Haftbedingungen in der D. unterschätzt habe, nicht eingegangen. In Bezug auf die orthopädischen Haftfolgen gehe der Ansatz des SG Konstanz, die Erkenntnisse der Nr. 2108 der Anlage der BKV heranzuziehen, wegen der besonderen Haftbedingungen fehl. Hinsichtlich der fehlenden Brückensymptomatik zwischen Haft und Erkrankung der Kniegelenke werde auf die eidesstattliche Versicherung der Dr. K. verwiesen und die Vernehmung der Dr. F., der seine Kniebeschwerden bereits seit 1966 bekannt gewesen seien, als Zeugin angeregt. Ferner sei er in dem Zeitraum von 1971 bis 1973 am rechten Knie operiert worden. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18.12.2007 und den Bescheid des Versorgungsamts F. - Außenstelle R. vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts B.-W. vom 17.11.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid des Versorgungsamts K. vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts B.-W. vom 18.10.1993 zurückzunehmen, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Persönlichkeitsänderung, somatoforme Beschwerden, einen Knieschaden sowie ein Lendenwirbelsäulenleiden als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Beschädigtenrente nach einer MdE um 70 v. H. beziehungsweise einem GdS von 70 zu gewähren, hilfsweise von Amts wegen, höchst hilfsweise gemäß § 109 SGG, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. F., Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität G., R. Chaussee, St., zu der Frage einzuholen, welche Gesundheitsstörungen von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Gebiets vorliegen und ob diese im Zusammenhang mit der D.-Haft stehen, hilfsweise von Amts wegen ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten zu der Frage einzuholen, welche Befunde von Seiten beider Kniegelenke und der Lendenwirbelsäule vorliegen und ob diese im Zusammenhang mit der D.-Haft stehen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Das SG Konstanz habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen es den Gutachten des Prof. Dr. R. und des Dr. Dipl.-Psych. J. nicht folge. Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. E., Oberarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum F., vom 03.11.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine leichte kognitive Störung, eine rezidivierende depressive Störung mit depressiven Episoden und eine erlebnisreaktive Entwicklung diagnostiziert. Die erlebnisreaktive Entwicklung beinhalte die Symptome, wie sie in den Akten auch unter der posttraumatischen Belastungsstörung oder der Wesensänderung nach Extrembelastung subsumiert worden seien. Die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung seien nicht erfüllt. Bei der Exploration hätten keine Symptome festgestellt werden können, die die Diagnose einer manisch-depressiven Erkrankung ermöglichten. In den Akten sei die Diagnose der manisch-depressiven Erkrankung aber dokumentiert und belegt. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei die erlebnisreaktive Entwicklung mit vegetativen Symptomen, gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten sowie phobischen Befürchtungen, Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit und körperlich-vegetativen Symptomen auf die Haft in der D. zurückzuführen. Der durch die Schädigungsfolgen hervorgerufene GdS werde auf 30 eingeschätzt. Bezüglich der Haftfolgen zeige sich keine Dynamik. Der Krankheitsverlauf sei im Übrigen stärker von den anderen wesentlichen Erkrankungen geprägt. Es könne allerdings nur eine künstliche Trennung vorgenommen werden, so dass ein GdS von 30 als die höchstmögliche Einschätzung angesehen werden könne, wobei möglicherweise bereits darin Anteile der nicht haftbedingten Erkrankungen enthalten seien, die aber nicht wissenschaftlich valide getrennt werden könnten. Hierzu hat der Kläger ausgeführt, selbst wenn Prof. Dr. E. zu Recht nur einen GdS von 30 für die von ihm beschriebenen Symptome angenommen habe, sei darauf hinzuweisen, dass Prof. Dr. E. in seinem Gutachten darauf hingewiesen habe, dass er auf orthopädische Erkrankungen und auch auf psychosomatische Erkrankungen nicht eingegangen sei. Es sei daher ein psychosomatisches Zusatzgutachten einzuholen. Ferner seien die von Prof. Dr. E. vermissten Brückensymptome durch Zeugenaussagen zu belegen. Im Übrigen leide er nach wie vor an einer Steatosis der Leber mit Leberzellschaden. Daher sei nicht einzusehen, weshalb der Anerkennungsbescheid vom 06.01.1970 keinen Bestand mehr haben solle. Das Gutachten des Prof. Dr. E. enthalte auch keine Hinweise auf die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Folgen politischer Haft in der D ... Entgegen den Ausführungen im Gutachten habe er geschildert, dass er in den ersten Tagen nach der Entlassung im Jahr 1964 unter massiven Ängsten gelitten und jeden für einen Spitzel gehalten habe. Auch im weiteren Verlauf habe er - auch nach Zulassung zum Studium - unter paranoiden Verfolgungsideen gelitten. Diese Angst vor Bespitzelung sei bis zu seiner Flucht im Jahr 1968 verblieben. Der Gutachter habe ferner verkannt, dass er unter verfolgungsbedingten kognitiven Störungen der Konzentration und Merkfähigkeit leide. Seit seiner Haftentlassung leide er auch unter wesensfremden Ausbrüchen von Aggressivität, Zertrümmern von Gegenständen sowie unerklärlichen Verbalattacken. Er leide noch heute unter Albträumen und Wiedererinnerungen an die schrecklichen Ereignisse. Vom Gutachter sei er zu den Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht befragt worden. Ferner beantragte der Kläger, von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches und psychotherapeutisches Gutachten sowie ein psychosomatisches Gutachten einzuholen, hilfsweise Prof. Dr. E. in der mündlichen Verhandlung zu den aufgeworfenen Fragen zu vernehmen, hilfsweise dessen schriftliche Auskunft einzuholen. Ferner sei Dr. F. als Zeugin zur psychischen Symptomatik nach der Haftentlassung zu hören. Außerdem beruft sich der Kläger darauf, dass nach § 23 Abs. 1 Gesetz über die Rehabilitation und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) eine Gesamtbeurteilung durch den Beklagten zu erfolgen habe, wenn und soweit sonstige Folgen nach dem BVG in Betracht kämen. Da das SG Konstanz wegen des Aufenthalts im Lager J. auf mögliche Kriegsfolgen nach § 1 BVG Bezug genommen habe, hätte dies hier ermittelt werden müssen. Hierzu hat der Beklagte ausgeführt, die möglichen Kriegsfolgen durch Vertreibung und Flucht könnten im vorliegenden Haftentschädigungsverfahren nach dem HHG nicht geltend gemacht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Vorliegend geht es allein um die Frage, ob mit Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 zu Recht das mit dem Antrag des Klägers vom 07.01.1999 auf die Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 gerichtete Überprüfungsbegehren nach § 44 SGB X, die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Persönlichkeitsänderung, somatoformer Beschwerden, eines Knieschadens und eines Lendenwirbelsäulenleidens als weitere Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE um 70 v. H. beziehungsweise einem GdS von 70 abgelehnt worden ist. Denn allein hierüber ist mit Bescheid vom 29.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.1999 entschieden worden. Demgegenüber ist über das mit dem Antrag des Klägers vom 16.08.1999 auf die Aufhebung des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 gerichtete Neufeststellungs- und Erhöhungsbegehren nach § 48 SGB X trotz diesbezüglicher Ankündigung im Widerspruchsbescheid vom 17.11.1999 noch keine Entscheidung ergangen, so dass der Kläger dieses Begehren ausweislich seines Berufungsantrages auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht verfolgt.

Zwar traf der hier zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 keine eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X, da mit ihm lediglich das Urteil des LSG vom 12.10.1992 ausgeführt wurde (BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 V 82/02 B). Hieraus folgt aber nicht, dass solche Ausführungsbescheide einer Überprüfung nach § 44 SGB X nicht zugänglich sind. Denn für den durch § 44 SGB X eröffneten Rechtsschutz des Bürgers kann es keinen Unterschied machen, ob die für rechtswidrig erachtete Entscheidung auf einer unrichtigen Rechtsanwendung beziehungsweise Anwendung eines unrichtigen Sachverhalts seitens eines Gerichts oder der Verwaltung beruht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 und demgemäß auch nicht auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung höherer Beschädigtenrente.

Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 nach § 44 SGB X.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Materiellrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG.

Leistungen nach Maßgabe des HHG erhalten deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, wenn sie nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 08.05.1945 in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von B. oder in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) genannten Gebieten aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen wurden und den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des HHG genommen haben (§ 1 Abs. 1 HHG). Gewahrsam im Sinne des § 1 Abs. 1 HHG ist ein Festgehaltenwerden auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung (§ 1 Abs. 5 Satz 1 HHG). Leistungen nach dem HHG werden nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG), die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben, was insbesondere für Personen gilt, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG), oder die nach dem 08.05.1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind, was nicht gilt, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG genannten Gründen beruht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG). Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich des HHG bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft (§ 2 Abs. 2 HHG).

Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG).

Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).

Der Nachweis darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c HHG besteht (§ 10 Abs. 4 Satz 1 HHG). Im Übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt (§ 10 Abs. 4 Satz 2 HHG).

Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).

Zwar orientiert sich der Senat bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge einer rechtsstaatswidrigen Ingewahrsamnahme sind, grundsätzlich an den seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Der Grundsatz, dass in Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der zu überprüfenden Entscheidung (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, Rz. 29) zu Grunde zu legen ist, gilt aber auch für die Beurteilung der Frage, ob die VG beziehungsweise welche Fassung der AHP anzuwenden ist. Mithin sind vorliegend die im Zeitpunkt des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 geltenden AHP 1983 zu Grunde zu legen.

Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP 1983 Nr. 16 Satz 1; jetzt VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP 1983 Nr. 36 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).

Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der D. gegeben sein können, zählen dazu (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 2; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 2). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; jetzt VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).

Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass nur solche Gesundheitsstörungen für eine mögliche Entschädigung in Betracht kommen, die durch schädigende Ereignisse während freiheitsentziehender Maßnahmen verursacht worden sind, für die dem Kläger die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 HHG erteilt worden ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.02.1998 - L 3 V 42/96). Gesundheitsstörungen, die auf die Umstände vor der Haft sowie nach der Haft bis zur Flucht des Klägers in das Bundesgebiet zurückzuführen sind, kommen daher nicht als schädigende (Teil-)Ursache in Betracht.

Beim Kläger liegen aufgrund der Inhaftierung in der D. ausweislich der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG des Senators für Arbeit, Gesundheit und Soziales B. vom 30.09.1969 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vor und sind Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben.

Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass mit Bescheid vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 das Recht jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers unrichtig angewandt und von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Rücknahme dieser Bescheide, Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung höherer Beschädigtenrente.

Denn es spricht nicht mehr dafür als dagegen und es ist mithin nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die vom Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinaus geltend gemachten Gesundheitsstörungen posttraumatische Belastungsstörung, Persönlichkeitsänderung und somatoforme Beschwerden vorliegen beziehungsweise wesentlich ursächlich auf seine Inhaftierung zurückzuführen sind.

Der Kläger litt unmittelbar nach der Haft an einer erlebnisreaktiven Entwicklungsstörung mit vegetativen Symptomen sowie unter anderem gelegentlichen Verstimmungszuständen, Beziehungsideen und Ängsten, phobischen Befürchtungen sowie Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit. Diese Einschätzung beruht im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers gegenüber Dr. G. (Seite 5 des Gutachtens vom 21.02.1986), Dr. B. (Seite 8 des Gutachtens vom 13.10.1988), Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 18 des Gutachtens vom 26.02.2007) und Prof. Dr. E. (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008), der Mutter des Klägers im Rahmen der Zeugeneinvernahme am 25.05.1987 sowie des Dr. M. und des Dipl.-Ing. Dr. G. im Rahmen der Zeugeneinvernahmen am 16.07.1990. Diese unter der Bezeichnung "erlebnisreaktive Verstimmung" als Schädigungsfolge anerkannte Störung hat sich aber nach Überzeugung des Senats seither jedenfalls nicht verschlimmert und ist auch nicht in eine andere schwerwiegendere Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet eingemündet. Dies ergibt sich zum Einen daraus, dass der Kläger die mit dieser Störung zusammenhängenden Symptome gegenüber Dr. B. nicht geschildert hat und er damals vielmehr angegeben hat, dass er keine nervlichen Störungen zurückbehalten habe (Seite 4 des Gutachtens vom 03.07.1969). Zum Anderen hat der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. angegeben, dass beispielsweise die Ängstlichkeit schon während des Studiums vollständig verschwunden sei (Seite 7 des Gutachtens vom 03.11.2008).

Ab Ende 1982 entwickelte sich beim Kläger eine anders geartete psychische Störung. Diese Einschätzung beruht im Wesentlichen darauf, dass sich der Kläger deswegen erstmals im März 1983 bei Prof. Dr. B. und im Juni 1983 bei Prof. Dr. J. in psychiatrische Behandlung begeben hat. Diese depressive Störung steht - entgegen der Ansicht des Klägers unabhängig davon, ob sie als manische Zwei-Phasen-Erkrankung oder als rezidivierende Erkrankung zu diagnostizieren ist - nach Überzeugung des Senats nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. So hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die Auseinandersetzungen mit Prozessserien neben der verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit habe zu Zwangshandlungen, Phobien und nicht steuerbaren Erregungszuständen mit sekundären psychosomatischen Symptomen geführt (Arztbrief vom 01.06.1983). Ferner hat der Kläger selbst gegenüber Dr. G. ausgeführt, reale Anknüpfungspunkte, um deprimiert zu sein, seien dessen finanzielle Probleme, Berufsunfähigkeit und "zerbrochene Familie" (Seite 6 des Gutachtens vom 21.02.1986). Auch Dr. Dr. K. hat ausgeführt, der Kläger neige dazu, seine seelischen Schwierigkeiten exogenen Belastungen wie beispielsweise Verschuldung und zwei gescheiterten Ehen zuzuschreiben (Seite 21 des Gutachtens vom 31.03.1989). Ferner gab der Kläger gegenüber Prof. Dr. E. an, die Trennung von Frau und Kind und vor allem die finanziellen Schwierigkeiten hätten zur Dekompensation geführt (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 03.11.2008).

Die über die bereits als Schädigungsfolge anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende, sich ab 1982 entwickelnde Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet ist nach Überzeugung des Senats auch nicht im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu sehen.

Denn entgegen der Ansicht des Klägers liegt keine auf die Haft zurückzuführende posttraumatische Belastungsstörung vor.

Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).

Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.

Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.

Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der umfangreichen medizinischen Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt.

Der Kläger hat gegenüber den Gutachtern folgende als schädigend in Betracht kommenden Ereignisse während der Haft geschildert: Gegenüber Dr. B. hat er lediglich ausgeführt, es sei zeitweise zu Arreststrafen und zu von ihm allerdings als angenehm empfundener Einzelhaft gekommen. Zeitweise sei er als Wäschereiarbeiter, Fräser und Zementarbeiter schweren körperlichen Belastungen augesetzt gewesen (Seiten 2 und 3 des Gutachtens vom 03.07.1969). Gegenüber Dr. G. hat er angegeben, in den ersten sechs Monaten der Haft habe er ständig sitzen müssen und keine Abwechslung gehabt. Nachts habe man ihn nicht schlafen lassen, indem man ständig das Licht angemacht habe, um ihn zu Vernehmungen zu rufen. Körperlich sei er aber nicht misshandelt worden. Die Verhörsituation sei sehr unangenehm und anstrengend gewesen. Mit dem Tod sei er nicht bedroht worden. Wesentliche hygienische oder Ernährungsprobleme habe es nicht gegeben. Allerdings habe er als Wäschereiarbeiter schwer arbeiten müssen. Ferner hat er über einen dreiwöchigen Hungerstreik berichtet (Seiten 4 und 5 des Gutachtens vom 21.02.1986). Demgegenüber hat der Kläger gegenüber Dr. B. angegeben, die Ernährung sei völlig unausgewogen gewesen. Es sei immer wieder zu Auseinadersetzungen mit Behörden gekommen, die nur die Zerstörung seiner Persönlichkeit im Sinn gehabt hätten. Übliche Methoden seien Hungernlassen, Isolierhaft und körperliche Überforderung bei schlechtesten Bedingungen gewesen (Seite 7 des Gutachtens vom 13.10.1988). Ferner hat er gegenüber Prof. Dr. M. angegeben, er habe auch Kotkübel entleeren müssen, was er als besondere Bosheit empfunden habe. Aber er hat auch ausgeführt, die Tätigkeit als Wäschereiarbeiter habe ihm, wenn sie auch sehr schwer gewesen sei, eigentlich gefallen, da er dabei nicht mehr isoliert gewesen sei. Auch sei er im Rahmen eines Arrestes drei Wochen lang nur mit Unterhose und Hemd bekleidet und nur mit einer Decke der Kälte ausgesetzt "wie ein Affe" gehalten worden, was dann zu dem Hungerstreik geführt habe. Außerdem sei die ärztliche Betreuung unzureichend gewesen und seien seine gesundheitlichen Probleme nicht ausreichend berücksichtigt worden (Seiten 54 bis 57 des Gutachtens vom 17.12.1991). Gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. hat der Kläger von Schikanen, Repressalien, Erpressungen und Nötigungen während der Haft gesprochen (Seiten 16 und 17 des Gutachtens vom 20.06.2007). Demgegenüber hat der Kläger seine Hafterlebnisse, insbesondere im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik, in seinen Berichten, wie beispielsweise unter dem 02.11.2006, drastischer geschildert.

Damit hat der Kläger nach Ansicht des Senats zwar keine Situationen erlebt, die mit der Androhung des Todes oder einer schweren Verletzung zu tun hatten. Aber bei den Geschehnissen im Zusammenhang mit der Isolierhaft im Winter 1961/62 mit nachfolgendem Hungerstreik handelte es sich um eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers, so dass das Kriterium A1 - die Wahrheit der Angaben des Klägers unterstellt - erfüllt ist. Dieses Erlebnis ist auch mit den in der DSM-IV-TR 309.81 genannten Erlebnissen, insbesondere mit einer Kriegsgefangenschaft oder Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, vergleichbar.

Ob der Kläger auf dieses Hafterlebnis mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagiert hat und damit auch das Kriterium A2 gegeben ist, lässt der Senat dahin stehen. Denn der Kläger hat weder von anhaltendem Wiedererleben der Hafterlebnisse in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen, quälenden Träumen, Erleben von dissoziativen Zuständen oder intensiver psychischer Belastung bei Konfrontationen mit ähnlichen Ereignissen oder Erinnerungen oder physiologischen Reaktionen berichtet, so dass jedenfalls die Kriterien B1 bis B5 nicht gegeben sind. Zwar hat die Mutter des Klägers von Alpträumen des Klägers berichtet. Der Kläger hat derartiges aber nicht im Rahmen der früheren Begutachtungen, sondern erstmals gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. (Seite 39 des Gutachtens vom 20.06.2007) angegeben, ohne dass sich aus diesem Gutachten ergeben würde, wann und in welcher Intensität diese Alpträume erstmals aufgetreten sind.

Gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht ferner nach Überzeugung des Senats der Umstand, dass zwischen der Beendigung der Haft im Jahr 1964 und dem erstmaligen Auftreten der über eine erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehenden Störung im Jahr 1982 rund 18 Jahre ohne Hinweise auf mit den Hafterlebnissen in Zusammenhang zu bringende seelische Gesundheitsstörungen liegen. Zwar sieht der Senat, dass sich auch nach der ICD-10 und dem DSM-IV-TR die Ausbildung der Symptome - auch über Jahre - verzögern kann. Aber in solchen Fällen ist - was sich aus den AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 und Nr. 38 Abs. 3; jetzt: VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3 ergibt - die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und nur anhand eindeutiger objektiver Befunde zu bejahen. Solche eindeutigen objektiven Befunde sind nach Einschätzung des Senats weder aktenkundig noch durch die Gutachten belegt. Würde man gänzlich auf eine Brückensymptomatik verzichten, wäre kaum noch abgrenzbar, unter welchen Voraussetzungen eine seelische Erkrankung, die teilweise die Voraussetzungen des DSM-IV-TR-309.81 erfüllt, haftbedingt oder nicht haftbedingt ist. Mithin sind die beim Kläger vorhandenen und in der DSM-IV TR 309.81 aufgeführten grundsätzlich auch für eine posttraumatische Belastungsstörung charakteristischen Symptome, wie das Gefühl der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5), Hypervigilanz (Kriterium D4) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren (Kriterium D3), nicht einer posttraumatischen Belastungsstörung zuzurechnen, sondern haftunabhängiger Natur. Hierfür spricht auch, dass nach der DSM-IV TR 309.81 die Störung in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen muss (Kriterium F), dies aber beim Kläger insbesondere aufgrund des Umstandes, dass er während der Zeitspanne von 18 Jahren zwischen Haft und Beginn der seelischen Erkrankung in der Lage war, sein Medizinstudium sowie eine Facharztausbildung abzuschließen und anschließend zunächst erfolgreich ein Ärztehaus am Niederrhein sowie eine Arztpraxis in F. zu betreiben, gerade nicht der Fall ist. Erstmals hat der Kläger gegenüber Dr. Dipl.-Psych. J. angegeben, die in den Jahren nach der Haft aufgetretenen Beschwerden wie Nervosität, Selbstzweifel, Ängste, Schlafstörungen mit wiederkehrenden Albträumen und psychosomatischen Beschwerden wie Schwitzen und Schwindelgefühle habe er immer versucht, zu überspielen, um keine Schwäche zu zeigen. Aber auch diese im Jahr 2007 gemachten Angaben führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat legt seiner Entscheidung vielmehr die zeitnäher zur Haft gemachten Angaben des Klägers zu Grunde und interpretiert die späteren Angaben des Klägers vielmehr als dessen - aus Sicht des Senat durchaus verständlichen - Versuch, die im Jahr 1982 aufgetretene Störung auf psychiatrischem Fachgebiet mit der Haft zu erklären. Genauso gut kann diese Störung - wie oben bereits dargelegt - zwanglos mit den schwierigen Lebensumständen des Klägers während der damaligen Zeit (zwei Scheidungen, fünf uneheliche Kinder, zwischenzeitliche Überarbeitung durch das Führen zweier Arztpraxen, finanzielle Schwierigkeiten durch Überschuldung wegen nicht erfolgreicher Spekulationen, bis zu 100 Gerichtsprozesse) in Zusammenhang gebracht werden.

Nach alledem spricht nicht mehr für als gegen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Entgegen der Ansicht des Klägers liegen keine "neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse" zu posttraumatischen Belastungsstörungen als Folgen politischer Inhaftierung in der D. vor, aufgrund derer in Abweichung von der ICD-10 F 43.1 oder der DSM-IV TR 309.81 auf das anhaltende Wiedererleben der Hafterlebnisse oder eine Brückensymptomatik zwischen Haft und Auftreten der Erkrankung verzichtet werden könnte. Wegen der vorliegend nicht ausreichenden Brückensymptomatik folgt der Senat auch nicht der entgegengesetzten Einschätzung des Dr. Dipl.-Psych. J. im Gutachten vom 20.06.2007. Vielmehr haben nach Ansicht des Senats Prof. Dr. D. im Gutachten vom 26.02.1988 und Prof. Dr. M. im Gutachten vom 17.12.1991 mit Stellungnahme vom 22.07.1992, bestätigt durch Prof. Dr. E. im Gutachten vom 03.11.2008, schlüssig und in sich widerspruchsfrei dargelegt, warum keine weitergehenden Schädigungsfolgen anzuerkennen sind. Demgegenüber hat Dr. B. aus der in seinem Ergänzungsgutachten vom 31.10.1990 zutreffenden Einschätzung, dass nach der Übersiedlung des Klägers in die B. noch weitere Entwicklungen eine Rolle gespielt haben müssten, nicht die für die Festlegung der Schädigungsfolgen und Höhe der/s MdE beziehungsweise GdS erforderliche Schlussfolgerung, nämlich, dass höchstens eine reaktive Verstimmung als schädigungsbedingt anzusehen ist, gezogen.

Da mithin schon nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass die über die bereits anerkannte erlebnisreaktive Verstimmung hinausgehende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ursächlich auf die Haft zurückzuführen ist, bedarf es keiner Prüfung, ob etwa eine genetische Disposition des Klägers (Neigung der Mutter zu Depressionen, endogene Depression einer Schwester, abnormes Verhalten einer anderen Schwester, Depression eines Neffen, psychische Auffälligkeit des Vaters und überhaupt der väterlichen Linie), eine sonstige haftunabhängige Konstitution des Klägers (überschießendes Temperament während der Schulzeit, Zurückgezogenheit, teilweise Hemmungen und Schüchternheit), die Erlebnisse des Klägers im Lager J. und überhaupt die von der Flüchtlingssituation geprägte Kindheit des Klägers sowie das Betroffensein des Klägers durch die anderweitige Heirat der schwangeren Verlobten während seiner Haft und durch den Verlust seiner Anerkennung als Spitzensportler für das Entstehen der seelischen Erkrankung des Klägers mitursächlich oder gar überragende Bedeutung gehabt haben.

Nichts Anderes gilt für die vom Kläger als Schädigungsfolgen geltend gemachte Persönlichkeitsveränderung und somatoforme Schmerzstörung sowie die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung. Wie oben bereits dargelegt, war die im Gefolge der erlebnisreaktiven Störung eingetretene Persönlichkeitsveränderung nur vorübergehender Natur und steht die mit der im Jahr 1982 aufgetretenen Störung einhergehende Persönlichkeitsveränderung unter anderem wegen der fehlenden Brückensymptomatik nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft. Anhaltspunkte dafür, dass eine somatoforme Schmerzstörung haftbedingt sein könnte, hat der Senat nicht. Wissenschaftliche Erkenntnisse über einen derartigen ursächlichen Zusammenhang liegen dem Senat nicht vor. Ferner steht die in letzter Zeit hinzugetretene leichte kognitive Störung nicht in einem wesentlich ursächlichen Zusammenhang mit der Haft, sondern ist vielmehr konstitutionell bedingt.

Auch sind die vom Kläger geltend gemachten Knie- und Lendenwirbelsäulenleiden nicht haftbedingt. Das SG Konstanz hat in der angefochtenen Entscheidung die diesbezüglichen Erwägungen unter Berücksichtigung des schlüssigen und vollständig nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. W.-R. vom 03.11.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 24.05.2004 zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an.

Mithin hat der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 24.11.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1993 und demgemäß auch nicht auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen sowie Gewährung höherer Beschädigtenrente, weshalb das SG Konstanz die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen auf die Einholung weiterer Gutachten war nicht stattzugeben. Der Senat vermochte keine Notwendigkeit zu erkennen, weitere Gutachten von Amts wegen einzuholen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist. Weitere Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem oder orthopädischem Fachgebiet waren im Hinblick auf die zahlreichen aktenkundigen Gutachten entbehrlich. Auch die Hilfsanträge des Klägers, gemäß § 109 SGG weitere Gutachten einzuholen, waren abzulehnen, da in Anbetracht dessen, dass auf den Antrag des Klägers bereits die Gutachten des Dr. Dipl-Psych. J. und des Prof. Dr. E. sowie des Dr. R. eingeholt worden sind, das Antragsrecht des Klägers gemäß § 109 SGG verbraucht ist.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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