Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 1034/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1987/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05. März 2009 aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 30 ab 01. März 2007 festzustellen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Rechtszugs und ein Drittel der außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte.
Die 1948 geborene Klägerin stellte am 24.08.2005 einen Erstantrag nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dabei gab sie an, sie leide an starken linksbetonten Wirbelsäulenproblemen, Kopfschmerzen und Depressionen, und fügte dem Antrag unter anderem den Entlassungsbericht der K. B. über die von ihr zwischen dem 04.04. und 25.04.2005 durchgeführte Heilbehandlung (Diagnosen: Pseudoradikuläres LWS-Syndrom links bei Spondylolisthese L4 und Spondylochondrose L4/5, Somatisierungsstörung, Adipositas) und Arztbriefe des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 15.06.2004 (Restzustand nach Sturz aus 5 Meter Höhe mit Commotio cerebri und anterograder Amnesie) und des Radiologen Dr. S. vom 03.06.2004 über ein Spiral-CT der mittleren/unteren Lendenwirbelsäule (Befund: hochgradige degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke bei Spondylolisthesis L 4/L5) bei.
Nach Auswertung dieser medizinischen Unterlagen durch Dr. E. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13.10.2005 einen GdB von 20 ab 24.08.2005 aufgrund einer seelischen Störung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 20) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) fest.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er nach Einholung eines Befundberichts bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. vom 09.01.2006 (diagnostisch sei von einer depressiven Anpassungsstörung mit somatoform zumindest überlagerter Schmerzstörung bei degenerativem Wirbelsäulensyndrom auszugehen) und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin Köpf mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2006 zurück.
Am 13.04.2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und sich hierbei insbesondere darauf gestützt, dass Dr. N. in seinem Befundbericht vom 09.01.2006 auf zumindest mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten hingewiesen habe.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. F., Dr. N. und Dr. C. eingeholt.
Der Chirurg Dr. F. hat unter dem 22.06.2006 mitgeteilt, dass bei der Klägerin eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung weder an der Wirbelsäule noch an der Hüfte bestehe. Eine Objektivierung sei nicht möglich. Eine Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz liege auf chirurgisch/orthopädischem Gebiet nicht vor.
Dr. N. hat unter dem 28.06.2006 ausgeführt, dass es sich bei der Klägerin um eine im Wesentlichen unverändert fortbestehende Beschwerdesymptomatik handele, wobei seines Erachtens neben sicherlich primärer organischer Ursache von somatoformer Überlagerung auszugehen sei. Die Klägerin sei wesentlich in ihrem Gestaltungs- und Erlebnisvermögen eingeschränkt. Es sei von zumindest mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen. Der GdB auf seinem Fachgebiet sei auf 70 einzuschätzen.
Der Internist und Kardiologe Dr. C. hat unter dem 26.08.2006 dargelegt, dass er nach Übernahme der Arztpraxis von Dr. H. die Klägerin nur einmalig am 11.08.2006 gesehen und untersucht habe. Aus dem von ihm über diese Untersuchung gefertigten und seiner Auskunft beigefügten Arztbrief vom 15.08.2006 geht hervor, dass er einen Zustand nach anamnestisch rezidivierenden Synkopen bislang unklarer Genese, einen duplexsonographisch verbreiterten Grenzzonenreflex im Referenzbereich der Karotiden beidseits, eine geringe Mitralinsuffizienz, eine mäßige pulmonale Druckbelastung SPAP 30 mmHg und einen arteriellen Hypertonus, Diabetes mellitus, Nikotinabusus und eine Hyperlipoproteinämie diagnostiziert hat. Er hat weiter angegeben, dass in den Unterlagen seines Vorgängers als Diagnosen ein arterieller Hypertonus, eine Divertikulose des Dickdarms, (ein Diabetes mellitus), eine Commotio mit retrograder Amnesie und Kopfprellung ab 28.05.2004 und eine Hüftprellung links vermerkt seien.
Im weiteren Verlauf hat die Klägerin ein von Dr. A. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg erstattetes Gutachten vom 22.09.2004 vorgelegt. Danach wurde bei ihr ein Zustand nach Treppensturz mit multiplen Prellungen, ein Zustand nach Commotio cerebri, eine Lumboischialgie rechts bei hochgradiger degenerativer Veränderung der kleinen Wirbelgelenke mit Zerstörung der Bandscheibe bei Spondylolisthesis L4/5 und eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die subjektive Beschwerdesymptomatik nicht in vollem Umfang mit dem Untersuchungsbefund korreliere, wobei er sich des Eindrucks einer psychischen Überlagerung nicht erwehren könne. Auch eine bewusste Aggravationsneigung sei nicht sicher auszuschließen. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft hat er die Klägerin als weiter arbeitsunfähig erachtet.
Hierauf hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlich-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. U. vom 27.07.2007. Dieser hat als Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule geringen Grades ohne radikuläre Symptomatik und einen Bluthochdruck genannt. Den GdB für die Gesundheitsstörung aufgrund der Somatisierungsstörung hat er mit 20, für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und den Bluthochdruck jeweils mit 10 bewertet. Den Gesamt-GdB hat er seit August 2005 auf 20 eingeschätzt.
Hierzu hat die Klägerin ein Schreiben von Dr. N. vom 04.09.2007 vorgelegt, wonach sie wesentlich in ihrem Erlebnis- und Gestaltungsvermögen beeinträchtigt sei und er der Einschätzung des GdB auf 20 nicht folgen könne.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG im Anschluss daran weiter Beweis erhoben durch Einholung des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens von Dr. P. vom 19.03.2008. Dr. P. hat als Befunde bei der Klägerin eine unspezifische Somatisierungsstörung und den Verdacht auf eine mittelgradige Depression erhoben. Den GdB für die Somatisierungsstörung, die funktionelle Behinderung der Wirbelsäule und den Bluthochdruck hat er jeweils auf 10, für die mittelgradige Depression auf 20 und den Gesamt-GdB kumulierend auf 40 eingeschätzt.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.03.2009, auf den Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 31.03.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.04.2009 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, dass die bei ihr vorliegende mittelgradige Depression mit einem Teil-GdB von 20 und die von Dr. P. mit einem Teil-GdB von 10 begründete Somatisierungsstörung sich nicht überschnitten. Unberücksichtigt geblieben sei auch, dass Dr. N. soziale Anpassungsschwierigkeiten diagnostiziert habe. Insgesamt sei der Sachverhalt auf neurologischem, neurochirurgisch-orthopädischem Fachgebiet nicht ausreichend aufgeklärt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. I. und des Orthopäden Dr. T ...
Dr. I. hat unter Beifügung von Laborwerten und Arztbriefen des Dr. T., des Internisten Dr. V., des Radiologen Dr. K., des Dr. C., des Radiologen Dr. J., des Urologen X., des Dr. N. und der Ärzte des Klinikums D. aus den Jahren 2006 bis 2009 unter dem 13.08.2009 ausgeführt, die Klägerin habe am 27.07.2006 eine einmalige Synkope unbekannter Ursache gehabt. Bei der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung und der somatoformen Schmerzstörung liege der Beginn der Symptomatik sicherlich schon Jahre zurück. Den Blutdruck der Klägerin habe sie zwischen 120/70 und 180/100 mmHg gemessen. Der Diabetes mellitus sei mit Metformin und Diät gut eingestellt.
Dr. T. hat unter dem 07.09.2009 angegeben, durch intensive manual- und schmerztherapeutische Behandlungen seien zwar jeweils kurzfristige Remissionen der Beschwerden im Lumbalbereich zu erzielen gewesen. Aufgrund der nachgewiesenen degenerativen Veränderungen sei jedoch nicht auf Dauer mit einer Restitution zu rechnen.
Der Beklagte hat daraufhin gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. unter dem 25.09.2009 ein Vergleichsangebot (Gesamt-GdB 30 ab 01.03.2007 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen Seelische Störung, Funktionelle Organbeschwerden [Teil-GdB 20], Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom [Teil-GdB 20 ab 03/07], Bluthochdruck [Teil-GdB 10] und Diabetes mellitus, mit Diät und oralen Anitdiabetika einstellbar [Teil-GdB 10]) unterbreitet. Das Vergleichsangebot hat die Klägerin nicht angenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05. März 2009 aufzuheben, den Bescheid vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Vergleichsangebot vom 25. September 2009 hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Konstanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch teilweise begründet. Der GdB der Klägerin ist dem Vergleichsangebot des Beklagten entsprechend ab März 2007 mit 30 festzustellen. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung sowie der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Nach den vorgenannten Maßstäben ist die Erkrankung der Klägerin auf psychischem Fachgebiet, wie das SG zutreffend festgestellt hat, weshalb auch insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, mit einem GdB von 20 ab 24.08.2005 angemessen und ausreichend bewertet. Ein GdB von 20 steht auch im Einklang mit Teil B Nr. 3.7 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VMG), der für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen einen GdB zwischen 0 und 20 vorsieht. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus den vom Senat getätigten Ermittlungen, nachdem Dr. I. mitgeteilt hat, dass die Klägerin seit Beginn der Behandlung einen gleichbleibend depressiven Eindruck mache. Damit verbleibt es bei der von Dr. P. und Dr. U. in ihren Gutachten vorgenommenen Einschätzung der Depression bzw. der undifferenzierten Somatisierungsstörung mit Entwicklung körperlicher Symptome mit einem GdB von 20. Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch der Senat der Auffassung ist, dass zwischen der Depression und der Somatisierungsstörungen eine Abgrenzung nicht möglich ist. Wie auch aus den Ausführungen von Dr. A. in seinem für den Medizinischen Dienst erstatteten Gutachten hervorgeht, handelt es sich um ein kaum abgrenzbares einheitliches Beschwerdebild, das der Beklagte zurecht zusammengefasst als seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden bezeichnet hat. Der von Dr. N. angenommene Teil-GdB von 70 ist für den Senat nicht nachvollziehbar, nachdem Dr. N. weder Befunde mitgeteilt noch seine Einschätzung begründet hat.
Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und das Schulter-Arm-Syndrom bedingen bis Februar 2007 einen Teil-GdB von 10 und seit März 2007 einen Teil-GdB von 20. Was die Bewertung bis Februar 2007 anbelangt, wird wiederum auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen. Ein Teil-GdB von 10 entspricht den von Dr. U. und Dr. P. in ihren Gutachten insoweit vorgeschlagenen GdB-Bewertungen. Ein höherer GdB lässt sich bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht auf die von Dr. F. eingeholte sachverständige Zeugenauskunft stützen, nachdem dieser eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung an der Wirbelsäule und an der Hüfte nicht festzustellen vermochte. Ab März 2007 lässt sich unter Berücksichtigung der vom Senat bei Dr. T. eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft aber eine Verschlechterung feststellen. Dr. T. beschreibt seit diesem Zeitpunkt Schmerzen in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlungen in das linke Bein und in die linke Leiste. Die paravertebrale Muskulatur im Lumbalbereich war bei seinen Untersuchungen beidseits erheblich verspannt und druckdolent, die Lordose der Lendenwirbelsäule teilweise aufgehoben. Den Fingerbodenabstand maß er mit 30 cm, das Laseguè‘sche Zeichen links positiv. Dementsprechend fand sich auch bei der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 23.09.2008 eine Osteochondrose und Spondylolisthesis Grad 1 nach Meyerding im Segment L4/5 bei Spondylose des LWK 4 und eine Spodylarthrose LWK 3/4 bis LWK 5/SWK 1. Behandlungen vermochten immer nur zu kurzfristigen Remissionen zu führen. Darüber hinaus beschreibt Dr. T. am 30.07.2009 beklagte Schmerzen im Nacken und zwischen den Schulterblättern rechtsbetont sowie Bewegungsschmerzen in der rechten Schulter. Die diesbezüglich gefertigten Röntgenaufnahmen des Nackens und der rechten Schulter ergaben leichte Degenerationen der unteren HWS-Segmente sowie eine Verkalkung im Bereich der Supraspinatussehne der rechten Schulter. Teil B Nr. 18.9 der VMG sieht für Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende und anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 10 und für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 20 vor. Ein GdB von 30 kommt in Betracht bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und über Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome). Für Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes ist nach Teil B Nr. 18.11 der VMG ein GdB von 10 vorgesehen, wenn eine Armhebung nur bis 120 Grad möglich ist. Ein GdB von 20 kommt in Betracht bei einer nur noch möglichen Armhebung bis 90 Grad. Unter Berücksichtigung der von Dr. T. seit März 2007 beschriebenen Befunde und der in den VMG vorgegebenen Ansätze hält es der Senat im Einklang mit Dr. W. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten für gerechtfertigt, den GdB für die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule ab März 2007 auf 20 zu erhöhen. Damit wird den bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule ausreichend Rechnung getragen. Als Funktionsbehinderung aufzunehmen ist insoweit auch noch ein Schulter-Arm-Syndrom, nachdem die Klägerin im Bereich des Nackens und der Schulterblätter sowie der rechten Schulter Schmerzen beklagt und die Beweglichkeit zumindest am 30.07.2009 auch eingeschränkt war. Zu einer Erhöhung des GdB vermag diese zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung jedoch nicht zu führen, nachdem von Dr. T. noch keine dauernde Bewegungseinschränkung beschrieben wird.
Als weitere Behinderung besteht bei der Klägerin entgegen den Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG auch ein Bluthochdruck, der einen GdB von 10 bedingt. Hierbei stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. P. und Dr. U., die für diese Erkrankung übereinstimmend einen GdB von 10 angesetzt haben. Zwar hat Dr. C. kardiopulmonal keine wesentliche Funktionseinschränkungen festgestellt, jedoch ergibt sich auch aus den von Dr. I. nunmehr übermittelten Blutdruckwerten, dass der Blutdruck trotz massiver Medikamentation immer wieder erhöht ist, weshalb in Anwendung von Teil B Nr. 9.3 der VMG ein GdB von 10 gerechtfertigt ist.
Ebenfalls mit einem GdB von 10 zu berücksichtigen ist bei der Klägerin entsprechend Teil B Nr. 15.1 der VMG der mit Metformin und Diät gut eingestellte Diabetes mellitus.
Weitere Funktionsbehinderungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Dies gilt insbesondere für die von Dr. V. diagnostizierte Abgangsstenose der linken Nierenarterie, nachdem die Nierenfunktion normal ist und kein Hinweis auf Folgeveränderungen vorliegt. Auch der Urologe X. fand Niere und Blase ohne Befund.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Sachverhalt bezugnehmend auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG auch aufgeklärt. Die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ergibt sich auch nicht aus den vom Senat eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften bei Dr. I. und Dr. T ... Eine weitere Abklärung der von der Klägerin am 27.07.2006 erlittenen Synkope ist nicht erforderlich, nachdem die Klägerin nach der Auskunft von Dr. I. derzeit nicht mehr über Ohnmachtsanfälle klagt und auch über Stürze nicht berichtet wird. Im Hinblick auf die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule hat Dr. T. eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule und Röntgenaufnahmen von Nacken und Schulter veranlasst. Auch auf der Grundlage dieser Aufnahmen sah er indessen nicht die Notwendigkeit, die Klägerin bei einem Neurochirurgen vorzustellen. Durch die vom SG und dem Senat getätigten Ermittlungen ist der Sachverhalt deshalb auch auf diesem Fachgebiet aufgeklärt.
In Anwendung der vom SG im Gerichtsbescheid ausgeführten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB (Teil A Nr. 3 der VMG) ist bis Februar 2007 ausgehend von dem höchsten Einzel-GdB von 20 für die seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden und jeweils 10 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom; Bluthochdruck und Diabetes mellitus ein GdB von 20 gerechtfertigt. Ab März 2007 ist ausgehend von 2 Einzel-GdB-Werten von jeweils 20 und 2 Einzel-GdB-Werten von 10 eine Erhöhung des GdB auf insgesamt 30 gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den Umfang des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Rechtszugs und ein Drittel der außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte.
Die 1948 geborene Klägerin stellte am 24.08.2005 einen Erstantrag nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dabei gab sie an, sie leide an starken linksbetonten Wirbelsäulenproblemen, Kopfschmerzen und Depressionen, und fügte dem Antrag unter anderem den Entlassungsbericht der K. B. über die von ihr zwischen dem 04.04. und 25.04.2005 durchgeführte Heilbehandlung (Diagnosen: Pseudoradikuläres LWS-Syndrom links bei Spondylolisthese L4 und Spondylochondrose L4/5, Somatisierungsstörung, Adipositas) und Arztbriefe des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 15.06.2004 (Restzustand nach Sturz aus 5 Meter Höhe mit Commotio cerebri und anterograder Amnesie) und des Radiologen Dr. S. vom 03.06.2004 über ein Spiral-CT der mittleren/unteren Lendenwirbelsäule (Befund: hochgradige degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke bei Spondylolisthesis L 4/L5) bei.
Nach Auswertung dieser medizinischen Unterlagen durch Dr. E. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13.10.2005 einen GdB von 20 ab 24.08.2005 aufgrund einer seelischen Störung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 20) und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Teil-GdB 10) fest.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er nach Einholung eines Befundberichts bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. vom 09.01.2006 (diagnostisch sei von einer depressiven Anpassungsstörung mit somatoform zumindest überlagerter Schmerzstörung bei degenerativem Wirbelsäulensyndrom auszugehen) und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin Köpf mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2006 zurück.
Am 13.04.2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und sich hierbei insbesondere darauf gestützt, dass Dr. N. in seinem Befundbericht vom 09.01.2006 auf zumindest mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten hingewiesen habe.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. F., Dr. N. und Dr. C. eingeholt.
Der Chirurg Dr. F. hat unter dem 22.06.2006 mitgeteilt, dass bei der Klägerin eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung weder an der Wirbelsäule noch an der Hüfte bestehe. Eine Objektivierung sei nicht möglich. Eine Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz liege auf chirurgisch/orthopädischem Gebiet nicht vor.
Dr. N. hat unter dem 28.06.2006 ausgeführt, dass es sich bei der Klägerin um eine im Wesentlichen unverändert fortbestehende Beschwerdesymptomatik handele, wobei seines Erachtens neben sicherlich primärer organischer Ursache von somatoformer Überlagerung auszugehen sei. Die Klägerin sei wesentlich in ihrem Gestaltungs- und Erlebnisvermögen eingeschränkt. Es sei von zumindest mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen. Der GdB auf seinem Fachgebiet sei auf 70 einzuschätzen.
Der Internist und Kardiologe Dr. C. hat unter dem 26.08.2006 dargelegt, dass er nach Übernahme der Arztpraxis von Dr. H. die Klägerin nur einmalig am 11.08.2006 gesehen und untersucht habe. Aus dem von ihm über diese Untersuchung gefertigten und seiner Auskunft beigefügten Arztbrief vom 15.08.2006 geht hervor, dass er einen Zustand nach anamnestisch rezidivierenden Synkopen bislang unklarer Genese, einen duplexsonographisch verbreiterten Grenzzonenreflex im Referenzbereich der Karotiden beidseits, eine geringe Mitralinsuffizienz, eine mäßige pulmonale Druckbelastung SPAP 30 mmHg und einen arteriellen Hypertonus, Diabetes mellitus, Nikotinabusus und eine Hyperlipoproteinämie diagnostiziert hat. Er hat weiter angegeben, dass in den Unterlagen seines Vorgängers als Diagnosen ein arterieller Hypertonus, eine Divertikulose des Dickdarms, (ein Diabetes mellitus), eine Commotio mit retrograder Amnesie und Kopfprellung ab 28.05.2004 und eine Hüftprellung links vermerkt seien.
Im weiteren Verlauf hat die Klägerin ein von Dr. A. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg erstattetes Gutachten vom 22.09.2004 vorgelegt. Danach wurde bei ihr ein Zustand nach Treppensturz mit multiplen Prellungen, ein Zustand nach Commotio cerebri, eine Lumboischialgie rechts bei hochgradiger degenerativer Veränderung der kleinen Wirbelgelenke mit Zerstörung der Bandscheibe bei Spondylolisthesis L4/5 und eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die subjektive Beschwerdesymptomatik nicht in vollem Umfang mit dem Untersuchungsbefund korreliere, wobei er sich des Eindrucks einer psychischen Überlagerung nicht erwehren könne. Auch eine bewusste Aggravationsneigung sei nicht sicher auszuschließen. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft hat er die Klägerin als weiter arbeitsunfähig erachtet.
Hierauf hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlich-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. U. vom 27.07.2007. Dieser hat als Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule geringen Grades ohne radikuläre Symptomatik und einen Bluthochdruck genannt. Den GdB für die Gesundheitsstörung aufgrund der Somatisierungsstörung hat er mit 20, für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und den Bluthochdruck jeweils mit 10 bewertet. Den Gesamt-GdB hat er seit August 2005 auf 20 eingeschätzt.
Hierzu hat die Klägerin ein Schreiben von Dr. N. vom 04.09.2007 vorgelegt, wonach sie wesentlich in ihrem Erlebnis- und Gestaltungsvermögen beeinträchtigt sei und er der Einschätzung des GdB auf 20 nicht folgen könne.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG im Anschluss daran weiter Beweis erhoben durch Einholung des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens von Dr. P. vom 19.03.2008. Dr. P. hat als Befunde bei der Klägerin eine unspezifische Somatisierungsstörung und den Verdacht auf eine mittelgradige Depression erhoben. Den GdB für die Somatisierungsstörung, die funktionelle Behinderung der Wirbelsäule und den Bluthochdruck hat er jeweils auf 10, für die mittelgradige Depression auf 20 und den Gesamt-GdB kumulierend auf 40 eingeschätzt.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.03.2009, auf den Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 31.03.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.04.2009 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, dass die bei ihr vorliegende mittelgradige Depression mit einem Teil-GdB von 20 und die von Dr. P. mit einem Teil-GdB von 10 begründete Somatisierungsstörung sich nicht überschnitten. Unberücksichtigt geblieben sei auch, dass Dr. N. soziale Anpassungsschwierigkeiten diagnostiziert habe. Insgesamt sei der Sachverhalt auf neurologischem, neurochirurgisch-orthopädischem Fachgebiet nicht ausreichend aufgeklärt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. I. und des Orthopäden Dr. T ...
Dr. I. hat unter Beifügung von Laborwerten und Arztbriefen des Dr. T., des Internisten Dr. V., des Radiologen Dr. K., des Dr. C., des Radiologen Dr. J., des Urologen X., des Dr. N. und der Ärzte des Klinikums D. aus den Jahren 2006 bis 2009 unter dem 13.08.2009 ausgeführt, die Klägerin habe am 27.07.2006 eine einmalige Synkope unbekannter Ursache gehabt. Bei der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung und der somatoformen Schmerzstörung liege der Beginn der Symptomatik sicherlich schon Jahre zurück. Den Blutdruck der Klägerin habe sie zwischen 120/70 und 180/100 mmHg gemessen. Der Diabetes mellitus sei mit Metformin und Diät gut eingestellt.
Dr. T. hat unter dem 07.09.2009 angegeben, durch intensive manual- und schmerztherapeutische Behandlungen seien zwar jeweils kurzfristige Remissionen der Beschwerden im Lumbalbereich zu erzielen gewesen. Aufgrund der nachgewiesenen degenerativen Veränderungen sei jedoch nicht auf Dauer mit einer Restitution zu rechnen.
Der Beklagte hat daraufhin gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. unter dem 25.09.2009 ein Vergleichsangebot (Gesamt-GdB 30 ab 01.03.2007 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen Seelische Störung, Funktionelle Organbeschwerden [Teil-GdB 20], Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom [Teil-GdB 20 ab 03/07], Bluthochdruck [Teil-GdB 10] und Diabetes mellitus, mit Diät und oralen Anitdiabetika einstellbar [Teil-GdB 10]) unterbreitet. Das Vergleichsangebot hat die Klägerin nicht angenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05. März 2009 aufzuheben, den Bescheid vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Vergleichsangebot vom 25. September 2009 hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Konstanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch teilweise begründet. Der GdB der Klägerin ist dem Vergleichsangebot des Beklagten entsprechend ab März 2007 mit 30 festzustellen. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung sowie der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Nach den vorgenannten Maßstäben ist die Erkrankung der Klägerin auf psychischem Fachgebiet, wie das SG zutreffend festgestellt hat, weshalb auch insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, mit einem GdB von 20 ab 24.08.2005 angemessen und ausreichend bewertet. Ein GdB von 20 steht auch im Einklang mit Teil B Nr. 3.7 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VMG), der für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen einen GdB zwischen 0 und 20 vorsieht. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus den vom Senat getätigten Ermittlungen, nachdem Dr. I. mitgeteilt hat, dass die Klägerin seit Beginn der Behandlung einen gleichbleibend depressiven Eindruck mache. Damit verbleibt es bei der von Dr. P. und Dr. U. in ihren Gutachten vorgenommenen Einschätzung der Depression bzw. der undifferenzierten Somatisierungsstörung mit Entwicklung körperlicher Symptome mit einem GdB von 20. Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch der Senat der Auffassung ist, dass zwischen der Depression und der Somatisierungsstörungen eine Abgrenzung nicht möglich ist. Wie auch aus den Ausführungen von Dr. A. in seinem für den Medizinischen Dienst erstatteten Gutachten hervorgeht, handelt es sich um ein kaum abgrenzbares einheitliches Beschwerdebild, das der Beklagte zurecht zusammengefasst als seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden bezeichnet hat. Der von Dr. N. angenommene Teil-GdB von 70 ist für den Senat nicht nachvollziehbar, nachdem Dr. N. weder Befunde mitgeteilt noch seine Einschätzung begründet hat.
Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und das Schulter-Arm-Syndrom bedingen bis Februar 2007 einen Teil-GdB von 10 und seit März 2007 einen Teil-GdB von 20. Was die Bewertung bis Februar 2007 anbelangt, wird wiederum auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen. Ein Teil-GdB von 10 entspricht den von Dr. U. und Dr. P. in ihren Gutachten insoweit vorgeschlagenen GdB-Bewertungen. Ein höherer GdB lässt sich bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht auf die von Dr. F. eingeholte sachverständige Zeugenauskunft stützen, nachdem dieser eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung an der Wirbelsäule und an der Hüfte nicht festzustellen vermochte. Ab März 2007 lässt sich unter Berücksichtigung der vom Senat bei Dr. T. eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft aber eine Verschlechterung feststellen. Dr. T. beschreibt seit diesem Zeitpunkt Schmerzen in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlungen in das linke Bein und in die linke Leiste. Die paravertebrale Muskulatur im Lumbalbereich war bei seinen Untersuchungen beidseits erheblich verspannt und druckdolent, die Lordose der Lendenwirbelsäule teilweise aufgehoben. Den Fingerbodenabstand maß er mit 30 cm, das Laseguè‘sche Zeichen links positiv. Dementsprechend fand sich auch bei der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 23.09.2008 eine Osteochondrose und Spondylolisthesis Grad 1 nach Meyerding im Segment L4/5 bei Spondylose des LWK 4 und eine Spodylarthrose LWK 3/4 bis LWK 5/SWK 1. Behandlungen vermochten immer nur zu kurzfristigen Remissionen zu führen. Darüber hinaus beschreibt Dr. T. am 30.07.2009 beklagte Schmerzen im Nacken und zwischen den Schulterblättern rechtsbetont sowie Bewegungsschmerzen in der rechten Schulter. Die diesbezüglich gefertigten Röntgenaufnahmen des Nackens und der rechten Schulter ergaben leichte Degenerationen der unteren HWS-Segmente sowie eine Verkalkung im Bereich der Supraspinatussehne der rechten Schulter. Teil B Nr. 18.9 der VMG sieht für Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende und anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 10 und für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende oder über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 20 vor. Ein GdB von 30 kommt in Betracht bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und über Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome). Für Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes ist nach Teil B Nr. 18.11 der VMG ein GdB von 10 vorgesehen, wenn eine Armhebung nur bis 120 Grad möglich ist. Ein GdB von 20 kommt in Betracht bei einer nur noch möglichen Armhebung bis 90 Grad. Unter Berücksichtigung der von Dr. T. seit März 2007 beschriebenen Befunde und der in den VMG vorgegebenen Ansätze hält es der Senat im Einklang mit Dr. W. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten für gerechtfertigt, den GdB für die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule ab März 2007 auf 20 zu erhöhen. Damit wird den bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule ausreichend Rechnung getragen. Als Funktionsbehinderung aufzunehmen ist insoweit auch noch ein Schulter-Arm-Syndrom, nachdem die Klägerin im Bereich des Nackens und der Schulterblätter sowie der rechten Schulter Schmerzen beklagt und die Beweglichkeit zumindest am 30.07.2009 auch eingeschränkt war. Zu einer Erhöhung des GdB vermag diese zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung jedoch nicht zu führen, nachdem von Dr. T. noch keine dauernde Bewegungseinschränkung beschrieben wird.
Als weitere Behinderung besteht bei der Klägerin entgegen den Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG auch ein Bluthochdruck, der einen GdB von 10 bedingt. Hierbei stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. P. und Dr. U., die für diese Erkrankung übereinstimmend einen GdB von 10 angesetzt haben. Zwar hat Dr. C. kardiopulmonal keine wesentliche Funktionseinschränkungen festgestellt, jedoch ergibt sich auch aus den von Dr. I. nunmehr übermittelten Blutdruckwerten, dass der Blutdruck trotz massiver Medikamentation immer wieder erhöht ist, weshalb in Anwendung von Teil B Nr. 9.3 der VMG ein GdB von 10 gerechtfertigt ist.
Ebenfalls mit einem GdB von 10 zu berücksichtigen ist bei der Klägerin entsprechend Teil B Nr. 15.1 der VMG der mit Metformin und Diät gut eingestellte Diabetes mellitus.
Weitere Funktionsbehinderungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Dies gilt insbesondere für die von Dr. V. diagnostizierte Abgangsstenose der linken Nierenarterie, nachdem die Nierenfunktion normal ist und kein Hinweis auf Folgeveränderungen vorliegt. Auch der Urologe X. fand Niere und Blase ohne Befund.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Sachverhalt bezugnehmend auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG auch aufgeklärt. Die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ergibt sich auch nicht aus den vom Senat eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften bei Dr. I. und Dr. T ... Eine weitere Abklärung der von der Klägerin am 27.07.2006 erlittenen Synkope ist nicht erforderlich, nachdem die Klägerin nach der Auskunft von Dr. I. derzeit nicht mehr über Ohnmachtsanfälle klagt und auch über Stürze nicht berichtet wird. Im Hinblick auf die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule hat Dr. T. eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule und Röntgenaufnahmen von Nacken und Schulter veranlasst. Auch auf der Grundlage dieser Aufnahmen sah er indessen nicht die Notwendigkeit, die Klägerin bei einem Neurochirurgen vorzustellen. Durch die vom SG und dem Senat getätigten Ermittlungen ist der Sachverhalt deshalb auch auf diesem Fachgebiet aufgeklärt.
In Anwendung der vom SG im Gerichtsbescheid ausgeführten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB (Teil A Nr. 3 der VMG) ist bis Februar 2007 ausgehend von dem höchsten Einzel-GdB von 20 für die seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden und jeweils 10 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom; Bluthochdruck und Diabetes mellitus ein GdB von 20 gerechtfertigt. Ab März 2007 ist ausgehend von 2 Einzel-GdB-Werten von jeweils 20 und 2 Einzel-GdB-Werten von 10 eine Erhöhung des GdB auf insgesamt 30 gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt den Umfang des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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