Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
L 4 KR 3767/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2296/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin seit 01. Februar 1996 bei dem Beigeladenen zu 4 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und weiterhin ist.
Der Beigeladene zu 4, gelernter Schneider mit zusätzlicher kaufmännischer Ausbildung im Textilbereich, ist der Vater der Klägerin. Er betreibt seit 1971 als Einzelkaufmann ein Herrenmodengeschäft und war für alles zuständig, was mit der Führung des Modegeschäfts zusammenhing, insbesondere den Einkauf/Verkauf und die Kundenbetreuung. Einzelprokura wurde der Mutter der Klägerin, welche seit 1973 für den Bürobereich zuständig war und Eigentümerin des vom Beigeladenen zu 4 gepachteten Betriebsgrundstücks (Bl. 9 Verw.-Akte, 38 LSG-Akte) ist, erteilt. Zwischenzeitlich ist sie ebenso wie die Schwester der Klägerin nur noch geringfügig beschäftigt. In dem Modegeschäft sind außerdem noch eine Vollzeitverkäuferin und Teilzeitkräfte tätig.
Die 1971 geborene Klägerin, ausgebildete Einzelhandelskauffrau, schloss im Februar 1996 an der Lehranstalt des Deutschen Textileinzelhandels N. erfolgreich den Lehrgang für Führungskräfte im Textileinzelhandel (4 Semester) ab und erwarb damit die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Textil-Betriebswirt BTE zu führen. Nachdem sie bereits während des Studiums zeitweise im väterlichen Betrieb mithalf, ist sie seit Februar 1996 voll für den Beigeladenen zu 4 tätig und für den Verkauf, Einkauf/Warenbeschaffung, die Personalführung, die Bearbeitung und Auswertung von Statistiken, die Lagerpflege und Werbung sowie die Dekoration zuständig (B. 11 Verw.-Akte). Ihr wurde seit 01. Januar 1996 Handlungsvollmacht erteilt, auch ist sie im Besitz einer Kontenvollmacht über alle Geschäftskonten.
Die Klägerin erhielt neben dem Arbeitsentgelt eine Umsatzbeteiligung und war im streitbefangenen Zeitraum bei der Beklagten als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gemeldet. Es werden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung abgeführt und das Arbeitsentgelt wird als Betriebsausgabe gebucht und der Lohnsteuer unterworfen.
Am 29. November 1999 gewährte die Klägerin dem Beigeladenen zu 4 ein Darlehen über 50.404,67 DM.
Mit Schreiben vom 26. April 2006 (eingegangen am 21. Juni 2006) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ab dem 01. Januar 1996. Seit März 1994 habe sie neben ihrer Tätigkeit im Familienunternehmen eine Fortbildung für Führungskräfte im Textilhandel absolviert. Seit Anfang 1996, kurz vor Beendigung dieser Fortbildung, habe ihr Vater ihr aufgrund ihrer Qualifikation und Berufserfahrung umfangreiche mündliche Handlungsvollmachten erteilt, die in der Praxis auch gelebt worden seien und noch würden. Darüber hinaus habe sie eine uneingeschränkte Vollmacht für das Geschäftskonto. Sie könne Entscheidungen ohne Rücksprache treffen, strategische Entscheidungen würden gemeinsam und gleichberechtigt mit dem Vater getroffen. Zu gegebener Zeit werde sie das Familienunternehmen übernehmen und fortführen. Teile ihres Gehaltes seien umsatzabhängig, so dass sie nicht nur aufgrund der familiären Bindung ein starkes Interesse am wirtschaftlichen Wohl des Unternehmens habe. Auch habe sie dem Unternehmen ein Darlehen gewährt, so dass ihre gesamte Tätigkeit eher auf eine unternehmerische Tätigkeit hindeuten würde.
Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen wurde u.a. angegeben, dass sie als Juniorchefin im Betrieb mit einer Arbeitszeit nach Bedarf/Belieben und einem regelmäßigem Entgelt von 2.147,43 EUR brutto beschäftigt sei. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung bestehe nicht, die Tätigkeit könne frei bestimmt und gestaltet werden, an Weisungen des Betriebsinhabers sei sie nicht gebunden. Ein Urlaubsanspruch sei nicht vereinbart (gesetzlich, in der Praxis nach betrieblichen Erfordernissen), bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt fortbezahlt. Das Arbeitsentgelt sei geringer als ortsüblich wegen familienhafter Rücksichtnahme. Von dem Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet, auch werde dieses als Betriebsausgabe gebucht. Beigefügt wurden u.a. ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund, wonach im Falle der Klägerin die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28 h Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) gegeben sei, eine Bestätigung des Beigeladenen zu 4 über der Klägerin erteilte Handlungsvollmachten, eine Beschreibung des Tätigkeitsbereichs, ein Lebenslauf der Klägerin und der Darlehensvertrag vom 29. November 1999.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 stellte die Beklagte fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Beigeladenen zu 4 vorliege und die Klägerin als Arbeitnehmerin der Versicherungspflicht unterliege. Die Klägerin sei an der Firma nicht beteiligt und ihr fehle das für eine selbständige Tätigkeit notwendige Unternehmerrisiko. Daran ändere auch das übernommene Darlehen nichts.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei seit spätestens Februar 1996 derart an der Unternehmensleitung und -fortentwicklung beteiligt, dass eine "Eingliederung in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft" nicht festzustellen sei. Sie habe darauf hingewiesen, dass sie zum einen in ihren Entscheidungen durchweg frei sei und besonders wichtige wie etwa strategische Entscheidungen gemeinsam getroffen würden. Im Ergebnis sei sie seither nicht mehr persönlich von ihrem Vater abhängig. Außerdem habe sie dem Beigeladenen zu 4 ein Darlehen über rund 50.000,- DM eingeräumt und damit ein Unternehmerrisiko übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Da die Klägerin nicht Mitinhaberin des Beigeladenen zu 4 sei, liege weder eine Mitunternehmerschaft vor noch werde ein Unternehmerrisiko getragen. Auch das von der Klägerin der Firma gewährte Darlehen begründe keine Mitunternehmerschaft. Eine familienhafte Mithilfe scheide ebenfalls aus, weil die Klägerin ein ortsübliches Gehalt beziehe und damit ein wesentliches Kriterium der Arbeitnehmerschaft erfülle. Arbeitgeber seien bei Beginn einer Beschäftigung verpflichtet, eine Beurteilung über den Eintritt von Sozialversicherungspflicht vorzunehmen und sodann ggfs. ihren Pflichten als Arbeitgeber im Hinblick auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Meldungen nachzukommen. Der Arbeitgeber der Klägerin habe stets die erforderlichen Meldungen nach der DEÜV erstellt, die die Klägerin als abhängig Beschäftigte auswiesen. Vom Arbeitsentgelt seien Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden, es sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die damaligen Meldungen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätten.
Dagegen hat die Klägerin am 09. November 2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag hingewiesen. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass ihre Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet und entsprechende Beiträge abgeführt worden seien, sei dies unzulässig, da die Beteiligten vorliegend zu einer Differenzierung zwischen einem abhängig und damit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einem nicht abhängig und damit sozialversicherungsfrei Tätigen mangels nur fragmentarischer Kenntnis des Rechts der Sozialversicherungspflicht nicht in der Lage gewesen seien. Das Kriterium der steuerrechtlichen Behandlung des Arbeitsentgelts habe allenfalls untergeordnete Indizwirkung für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, da steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff nicht identisch seien und zu unterschiedlichen Beurteilungen im jeweiligen Rechtsgebiet führten. Dem Rechtsschutzbedürfnis der Klage stehe auch eine denkbare Verjährung von möglicherweise geltend zu machenden Erstattungsansprüchen nicht entgegen. Zum einen setze die Einleitung des Erstattungsverfahren notwendig die Feststellung der Versicherungsfreiheit und eine entsprechende Verwaltungs- oder sozialgerichtliche Entscheidung voraus. Darüber hinaus habe der Versicherungsträger bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen sein Ermessen auszuüben, das nicht in dem hier anhängigen Verfahren vorweggenommen werden könne. Damit sei allein die Möglichkeit, dass die Einrede der Verjährung nicht geltend gemacht werde, ausreichend, um ihr berechtigtes Interesse am Klageverfahren anzunehmen. Unabhängig davon knüpfe die vierjährige Verjährungsfrist nur hinsichtlich der zu Unrecht zur Arbeitslosenversicherung entrichteten Beiträge an das Ende des Kalenderjahres an, in dem diese entrichtet worden seien. Im Bereich der Rentenversicherung sei die maßgebliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 SGB IV allein eine Schutzvorschrift für den Versicherten. Die Klägerin hat die Jahres-DÜVO-Meldungen 1996 bis 2003 und Lohnsteuerbescheinigungen 2005 bis 2006 vorgelegt.
Das SG hat mit Beschluss vom 24. November 2006 die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) und die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die begehrte Feststellung der Klägerin, dass sie ab 01. Februar 1996 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sei bis 31. Dezember 2001 rechtlich und wirtschaftlich ohne Relevanz, denn sie könne die erstrebte Erstattung der entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung insoweit nicht mehr durchsetzen, da der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien, verjähre. Dabei sei unerheblich, dass die Beigeladenen Ziffer 1 und 2 die Einrede der Verjährung bisher nicht ausdrücklich erhoben hätten. Bei der insoweit erforderlichen Ermessensausübung dürfe der Versicherungsträger die Erhebung der Einrede der Verjährung von Beitragserstattungsansprüchen regelmäßig nur in Fällen der besonderen Härte unterlassen. Eine solche könne insbesondere dann vorliegen, wenn die Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln beruhe, was aber hier nicht der Fall sei. Entscheidend für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin spreche, dass sie zu keinem Zeitpunkt an dem Familienunternehmen beteiligt gewesen sei. Ausweislich des Handelsregisterauszuges sei ihr Vater Inhaber, persönlich haftender Gesellschafter, Geschäftsführer und Vertretungsberechtigter. Einzelprokura sei nur noch der Mutter der Klägerin eingeräumt worden. Damit habe die Klägerin rechtlich keinerlei Möglichkeiten gehabt, die Entscheidungen des Unternehmens zu beeinflussen. Letztlich wäre ihr damit auch jeder Einfluss genommen, über den Fortbestand ihrer eigenen Beschäftigung mitzuentscheiden. Dieser Umstand wiege wesentlich schwerer als die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer familiären Zugehörigkeit ihren Aufgabenbereich mit Sicherheit weitgehend selbständig ausführen könne und im täglichen Arbeitsablauf nicht an Weisungen des Vaters gebunden sei. Lediglich wenn zu diesem Status noch eine wirtschaftliche und/oder rechtliche Position hinzukäme, die grundsätzlichen Entscheidungen des Unternehmens mitzubestimmen, könne Sozialversicherungsfreiheit angenommen werden. Die Tätigkeit der Klägerin könne auch nicht als bloße familienhafte Mithilfe gewertet werden, da die Klägerin eine Entlohnung für ihre Tätigkeit erhalte, die weit über eine Unterhaltsgewährung hinausgehe. Auch werde ihr mit der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit ein typisches Arbeitnehmerrecht eingeräumt. Das Entgelt der Klägerin werde auch als Betriebsausgabe verbucht, ebenso erfolge die Lohnsteuerabführung. Alleine das 1999 gewährte Darlehen reiche noch nicht aus, um dadurch den Status eines Selbständigen zu begründen. Dass die Klägerin als Tochter des Betriebsinhabers zwangsläufig einem eingeschränkten Weisungsrecht unterliege, hebe ihre Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls noch nicht auf. Aus diesen Gründen sei die Klage auch hinsichtlich des Zeitraumes ab 01. Januar 2002 in der Sache nicht begründet.
Dagegen hat die Klägerin am 04. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihren bisherigen Sach- und Rechtsvortrag Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, entgegen der Ansicht des SG seit das Klagebegehren rechtsschutzbedürftig. Insbesondere sei die tatsächliche - und richtig verstandene - Verjährungsregel ohne Einfluss auf die Durchsetzbarkeit der dem Verfahren ggfs. nachfolgenden Beitragserstattungsansprüche. Im Übrigen sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen worden sei. Dieser Umstand sei insofern beachtlich, als er von der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer typischen Situation, die durch gegensätzliche Interessenlagen gekennzeichnet sei, deutlich abweiche. Auch sei nicht beachtet worden, dass sie mit durchschnittlich zwei Wochen pro Jahr gerade einmal rund ein Drittel des arbeitnehmertypischen Urlaubs nehme. Die Nichtberücksichtigung ihres dem Betrieb im Jahre 1999 gewährten Darlehens sei unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ebenso überraschend wie ungenügend. Die abhängige Beschäftigung definiere sich zudem über ein in der alltäglichen betrieblichen Praxis bzw. im faktischen Umgang miteinander zum Ausdruck kommendes Über-/Unterordnungsverhältnis. Zwischen ihr und ihrem Vater sei ein solches nicht festzustellen. Das Kriterium der steuerlichen Behandlung des Arbeitsentgelts habe keine brauchbare Indizwirkung für eine Sozialversicherungspflicht, da Steuer- und Sozialversicherungsrecht nicht deckungsgleich seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit für den Beigeladenen zu 4 seit dem 01. Februar 1996 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Der Senat hat mit Beschlüssen vom 12. September 2007 und 13. Mai 2008 die Pflegekasse der Beklagten (Beigeladene zu 1) und die Firma Herrenmoden P. S. (Beigeladener zu 4) zum Verfahren beigeladen.
Die Berichterstatterin hat in einem Erörterungstermin vom 28. Mai 2008 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und die Klägerin sowie den Beigeladenen Ziffer 4 ergänzend gehört.
Die Klägerin hat auf Anforderung noch Gehaltsabrechnungen für die Jahre 2000 bis 2007 vorgelegt.
Die Beklagte hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass die Klägerin im gesamten streitbefangenen Zeitraum bei ihr krankenversichert gewesen sei. Da der Antrag auf Beitragserstattung bereits am 26. April 2006 gestellt worden sei, finde die seit dem 01. Januar 2008 geltende Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Dieser Auffassung hat sich die Beigeladene zu 3 angeschlossen.
Die Beigeladene zu 2 hat mitgeteilt, dass laut Auskunft ihres Prüfdienstes die letzte Betriebsprüfung gemäß § 28 p SGB IV bei dem Beigeladenen zu 4 am 22. Februar 2005 durch die damalige LVA Baden-Württemberg durchgeführt worden sei (Ende Prüfzeitraum 31.12.2004).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 2 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, die keiner Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 4 war und ist seit dem 01. Februar 1996 sozialversicherungspflichtig.
Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV entscheidet die Beklagte als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7, Urteil vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 16).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht ((BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 4; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7).
Das BSG hat in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7 a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 R AR 85/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f; 17, 1, 7 f; 74, 275, 278 f; BSG SozR 220 § 165, Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11).
Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggfs. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 1; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11).
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist die Klägerin in dem geltend gemachten Zeitraum seit Februar 1996 sozialversicherungspflichtig bei dem Beigeladenen zu 4 beschäftigt. Dies hat das SG im Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG insoweit in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass auch nach Auffassung des Senats in der Berufsgestaltung der Klägerin die Elemente überwiegen, die auf eine Arbeitnehmertätigkeit und gegen eine Unternehmereigenschaft hinweisen und das Gesamtbild der Arbeitsverrichtung ausmachen. Das Arbeitsentgelt der Klägerin wurde und wird als Betriebsausgabe gebucht und es werden hierauf Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Die feste Monatsvergütung und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sind weitere Indizien, die für eine Arbeitnehmertätigkeit sprechen. Die Monatsvergütung liegt auch im Rahmen der im Einzelhandel erzielbaren üblichen Verdienste. Es sprechen insoweit keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler und Ungereimtheiten sind nicht ersichtlich. Sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 4 haben einschlägige Kenntnisse im kaufmännischen Bereich und den versicherten Status der Klägerin bis zur Antragstellung als richtig angesehen sowie das seinerzeit gewollte durch tatsächliche Übung wie Abführung der Beiträge etc. auch nach außen hin bestätigt. Gerade weil eine in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu Unklarheiten und Unsicherheiten führt, hat das BSG den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999 - BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2 ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist (vgl. Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Oktober 2008 - L 4 KR 155/07 -, vom 07. August 2008 - L 4 KR 85/07 - und vom 18. Oktober 2007 - L 11 KR 79/06 -).
Für das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung seit Februar 1996 spricht auch maßgeblich das fehlende Unternehmerrisiko der Klägerin. Das Modegeschäft wird als Einzelfirma vom Vater der Klägerin geführt, der aufgrund seiner unternehmerischen Stellung die volle Haftung und damit auch allein das unternehmerische Risiko trug und trägt.
Die von der Klägerin eingesetzte Arbeitskraft kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden. Auch führt die zusätzlich gewährte Umsatzbeteiligung zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese stellt angesichts des der Klägerin unabhängig von der Ertragslage zustehenden festen Monatsgehalts ebenfalls kein Wagniskapital dar, sondern ist Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiterter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Bei der Klägerin bestand und besteht nie die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einzusetzen. Die Umsatzbeteiligung ist nicht mit einem Verlustrisiko verbunden und im Übrigen bei Angestellten mit herausgehobener Verantwortungsposition nicht unüblich.
Allein das unternehmerische Interesse an dem Unternehmen kann nicht zu einer Beurteilung als selbständig Tätige führen. Auch die Gewährung eines Darlehens ändert hieran nichts. Zwar kann die Gewährung von Krediten ein Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sein, durch die Gewährung eines Darlehens erhält die Darlehensgeberin jedoch keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung in den rechtlichen Beziehungen. Ungeachtet dessen ist die Gewährung von Darlehen unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 und vom 10. Oktober 2008 - L 4 KR 4694/07 -; LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 10. Juli 2009 - L 1 KR 166/08 -). Familienmitglieder und insbesondere auch potenzielle Erben bzw. Unternehmensnachfolger haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Hieraus folgt aber kein wesentliches Unternehmerrisiko.
Die Klägerin ist für den Einkauf/Verkauf/Warenbeschaffung, die Personalführung und Finanzplanung, die Bearbeitung und Auswertung von Statistiken, die Lagerpflege und Werbung sowie die Dekoration zuständig und übt damit typische Tätigkeiten einer abhängig Beschäftigten aus. Allein Art und Weise der Tätigkeit der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme, diese präge aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes und aufgrund überragender Fachkenntnisse das Unternehmen. Es mag durchaus sein, dass sie in der Firma weitgehende Freiheiten hat, Entscheidungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung zu treffen. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass die Klägerin die Geschäfte des väterlichen Unternehmens faktisch wie ein Alleinunternehmer nach eigenem Gutdünken führt(e), Geschäftspolitik betreibt, strategische Entscheidungen allein fällt und die gegebene Betriebsordnung für sie nicht gilt. Mangels Unternehmensbeteiligung war sie nicht in der Lage, gegen den Beigeladenen zu 4 zu entscheiden und dies wirksam durchzusetzen. Dass der Vater (Beigeladener zu 4), der das Modegeschäft aufgebaut und qualifizierte Branchenkenntnisse besitzt, gänzlich auf sein Weisungsrecht verzichtet(e), ist nicht ersichtlich und wird auch nicht einmal von der Klägerin behauptet. Aus der der Klägerin erteilten Handlungsvollmacht und den damit verbundenen Einschränkungen (§ 54 Abs. 2 Handelsgesetzbuch - HGB -) wird vielmehr deutlich, dass der Beigeladene zu 4 nicht gleich alles aus der Hand geben wollte, denn § 54 Abs. 2 HGB nimmt bestimmte Geschäfte, die für den Kaufmann typischerweise mit Gefahren verbunden sind, vom Regelungsumfang des Absatz 1 aus. Einer Handlungsvollmacht hätte es nicht bedurft, wenn die Klägerin das Modegeschäft ohne Mitwirkung des Vaters eigenverantwortlich hätte führen können.
Nichts anderes ergibt sich aus den Angaben des Beigeladenen zu 4 im Erörterungstermin, denn danach arbeitet der Beigeladene zu 4 weiterhin im Modegeschäft mit; entscheidende Fragen werden im Betrieb besprochen. Es hat eine Aufgabenverteilung stattgefunden, wobei aber der Vater weiterhin die Herrenkonfektion nach außen vertritt und von der Kundschaft als Ansprechpartner gesehen und auch gewünscht wird. Das vom Beigeladenen zu 4 aufgebaute Geschäft wird nach wie vor mit seiner Person in Verbindung gebracht und von diesem nach außen repräsentiert. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber nicht den Status des abhängig Beschäftigten aufheben.
Aus der der Klägerin eingeräumten Kontovollmacht lässt sich ebenfalls nichts ableiten, was gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht, zumal auch der Mutter und Schwester Kontovollmacht eingeräumt wurde.
Selbst wenn in der praktischen Tätigkeit das Weisungsrecht des Beigeladenen zu 4 nicht ausgeübt wurde, ist darauf zu verweisen, dass bei Diensten höherer Art, wie im vorliegenden Fall bei der Tätigkeit der Klägerin, das Weisungs- oder Direktionsrecht des Arbeitgebers durch das Kriterium der funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess ersetzt wird, wenn eine besondere Sach- und Fachkunde des Dienstleisters vorausgesetzt wird. Die Nichtausübung eines Rechts ist unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Hinzu kommt, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl. BSG, Urteil vom 21. April 1993, SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11). Hätte die Klägerin tatsächlich die Geschicke des Beigeladenen zu 4 selbst geleitet, wäre es naheliegend gewesen, auch das Haftungsrisiko zu verbreitern und eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Anpassung vorzunehmen. Dieser rechtliche Schritt, um den Status der Klägerin weg von der abhängigen Beschäftigung hin zur Selbstständigkeit zu festigen, war aber bisher nicht gewollt und angesichts weitreichender, auch steuerrechtlicher Fragen und Kosten, die mit einer Unternehmensumstrukturierung bzw. -beteiligung verbunden sind, nicht gewollt. Die Klägerin hat mithin bis heute keine rechtlichen Befugnisse innerhalb der Firma. Ihr war und ist keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr ermöglicht hätte, gegen den Willen des Beigeladenen zu 4 Geschäfte zu betreiben.
Dass die Klägerin als Tochter des Unternehmers innerhalb der Firma eine andere Stellung einnimmt als eine nichtfamiliäre Arbeitnehmerin, liegt auf der Hand. Auch soweit die Klägerin geltend macht, dass sie weniger Urlaub als zustehend genommen habe, ist darauf hinzuweisen, dass Familienangehörige in der Regel ihren Urlaub abstimmen und auch gesteigertes Interesse am Erhalt des Familienbetriebes haben, so dass sie regelmäßig bereit sind, auch überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. Letzteres gilt auch für leitende Angestellte, die ebenfalls in der Regel bereit sind, überdurchschnittliche Leistungen auch in zeitlicher Hinsicht zu erbringen.
Das Verhältnis der Klägerin zum Beigeladenen zu 4 stellt sich bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung als ein in der betrieblichen Praxis nicht untypischer Entwicklungsprozess eines Hineinwachsens der jüngeren Familienangehörigen in die Unternehmensnachfolge dar. Auch im Falle der Klägerin war und ist beabsichtigt, sie in das Unternehmen als Gesellschafterin aufzunehmen bzw. dieses auf sie zu übertragen. Es entspricht aber der allgemeinen Lebenserfahrung, dass erst eine rechtlich durchgeführte und damit vollzogene Betriebsübergabe von den Eltern auf die Kinder den (von allen Beteiligten auch als solchen wahrgenommenen) wirklichen "Einschnitt" in der Unternehmensnachfolge darstellt. Erst dann endet das allmähliche Hineinwachsen in eine etwaige Unternehmensnachfolge und erst dann existiert auch das bis dahin nach wie vor fortbestehende, wenn auch möglicherweise faktisch nicht mehr ausgeübte Weisungsrecht nicht weiter. Bis zum rechtlichen Vollzug einer Unternehmensnachfolge besteht dagegen immer noch die Möglichkeit, an der Nichtausübung eines Weisungsrechts jederzeit etwas zu ändern, so dass bis dahin sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht entsprechende Unsicherheiten verbleiben (vgl. Senatsurteile vom 04. Dezember 2007 - L 11 KR 1749/07 -, vom 15. Juli 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 05. August 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 14. Oktober 2008 - L 11 KR 1347/08 - und vom 29. September 2009 - L 11 KR 4621/08 -; BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - B 11 R AR 47/88, SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin seit 01. Februar 1996 bei dem Beigeladenen zu 4 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und weiterhin ist.
Der Beigeladene zu 4, gelernter Schneider mit zusätzlicher kaufmännischer Ausbildung im Textilbereich, ist der Vater der Klägerin. Er betreibt seit 1971 als Einzelkaufmann ein Herrenmodengeschäft und war für alles zuständig, was mit der Führung des Modegeschäfts zusammenhing, insbesondere den Einkauf/Verkauf und die Kundenbetreuung. Einzelprokura wurde der Mutter der Klägerin, welche seit 1973 für den Bürobereich zuständig war und Eigentümerin des vom Beigeladenen zu 4 gepachteten Betriebsgrundstücks (Bl. 9 Verw.-Akte, 38 LSG-Akte) ist, erteilt. Zwischenzeitlich ist sie ebenso wie die Schwester der Klägerin nur noch geringfügig beschäftigt. In dem Modegeschäft sind außerdem noch eine Vollzeitverkäuferin und Teilzeitkräfte tätig.
Die 1971 geborene Klägerin, ausgebildete Einzelhandelskauffrau, schloss im Februar 1996 an der Lehranstalt des Deutschen Textileinzelhandels N. erfolgreich den Lehrgang für Führungskräfte im Textileinzelhandel (4 Semester) ab und erwarb damit die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Textil-Betriebswirt BTE zu führen. Nachdem sie bereits während des Studiums zeitweise im väterlichen Betrieb mithalf, ist sie seit Februar 1996 voll für den Beigeladenen zu 4 tätig und für den Verkauf, Einkauf/Warenbeschaffung, die Personalführung, die Bearbeitung und Auswertung von Statistiken, die Lagerpflege und Werbung sowie die Dekoration zuständig (B. 11 Verw.-Akte). Ihr wurde seit 01. Januar 1996 Handlungsvollmacht erteilt, auch ist sie im Besitz einer Kontenvollmacht über alle Geschäftskonten.
Die Klägerin erhielt neben dem Arbeitsentgelt eine Umsatzbeteiligung und war im streitbefangenen Zeitraum bei der Beklagten als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gemeldet. Es werden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung abgeführt und das Arbeitsentgelt wird als Betriebsausgabe gebucht und der Lohnsteuer unterworfen.
Am 29. November 1999 gewährte die Klägerin dem Beigeladenen zu 4 ein Darlehen über 50.404,67 DM.
Mit Schreiben vom 26. April 2006 (eingegangen am 21. Juni 2006) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ab dem 01. Januar 1996. Seit März 1994 habe sie neben ihrer Tätigkeit im Familienunternehmen eine Fortbildung für Führungskräfte im Textilhandel absolviert. Seit Anfang 1996, kurz vor Beendigung dieser Fortbildung, habe ihr Vater ihr aufgrund ihrer Qualifikation und Berufserfahrung umfangreiche mündliche Handlungsvollmachten erteilt, die in der Praxis auch gelebt worden seien und noch würden. Darüber hinaus habe sie eine uneingeschränkte Vollmacht für das Geschäftskonto. Sie könne Entscheidungen ohne Rücksprache treffen, strategische Entscheidungen würden gemeinsam und gleichberechtigt mit dem Vater getroffen. Zu gegebener Zeit werde sie das Familienunternehmen übernehmen und fortführen. Teile ihres Gehaltes seien umsatzabhängig, so dass sie nicht nur aufgrund der familiären Bindung ein starkes Interesse am wirtschaftlichen Wohl des Unternehmens habe. Auch habe sie dem Unternehmen ein Darlehen gewährt, so dass ihre gesamte Tätigkeit eher auf eine unternehmerische Tätigkeit hindeuten würde.
Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen wurde u.a. angegeben, dass sie als Juniorchefin im Betrieb mit einer Arbeitszeit nach Bedarf/Belieben und einem regelmäßigem Entgelt von 2.147,43 EUR brutto beschäftigt sei. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung bestehe nicht, die Tätigkeit könne frei bestimmt und gestaltet werden, an Weisungen des Betriebsinhabers sei sie nicht gebunden. Ein Urlaubsanspruch sei nicht vereinbart (gesetzlich, in der Praxis nach betrieblichen Erfordernissen), bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt fortbezahlt. Das Arbeitsentgelt sei geringer als ortsüblich wegen familienhafter Rücksichtnahme. Von dem Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet, auch werde dieses als Betriebsausgabe gebucht. Beigefügt wurden u.a. ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund, wonach im Falle der Klägerin die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28 h Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) gegeben sei, eine Bestätigung des Beigeladenen zu 4 über der Klägerin erteilte Handlungsvollmachten, eine Beschreibung des Tätigkeitsbereichs, ein Lebenslauf der Klägerin und der Darlehensvertrag vom 29. November 1999.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 stellte die Beklagte fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Beigeladenen zu 4 vorliege und die Klägerin als Arbeitnehmerin der Versicherungspflicht unterliege. Die Klägerin sei an der Firma nicht beteiligt und ihr fehle das für eine selbständige Tätigkeit notwendige Unternehmerrisiko. Daran ändere auch das übernommene Darlehen nichts.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei seit spätestens Februar 1996 derart an der Unternehmensleitung und -fortentwicklung beteiligt, dass eine "Eingliederung in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft" nicht festzustellen sei. Sie habe darauf hingewiesen, dass sie zum einen in ihren Entscheidungen durchweg frei sei und besonders wichtige wie etwa strategische Entscheidungen gemeinsam getroffen würden. Im Ergebnis sei sie seither nicht mehr persönlich von ihrem Vater abhängig. Außerdem habe sie dem Beigeladenen zu 4 ein Darlehen über rund 50.000,- DM eingeräumt und damit ein Unternehmerrisiko übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Da die Klägerin nicht Mitinhaberin des Beigeladenen zu 4 sei, liege weder eine Mitunternehmerschaft vor noch werde ein Unternehmerrisiko getragen. Auch das von der Klägerin der Firma gewährte Darlehen begründe keine Mitunternehmerschaft. Eine familienhafte Mithilfe scheide ebenfalls aus, weil die Klägerin ein ortsübliches Gehalt beziehe und damit ein wesentliches Kriterium der Arbeitnehmerschaft erfülle. Arbeitgeber seien bei Beginn einer Beschäftigung verpflichtet, eine Beurteilung über den Eintritt von Sozialversicherungspflicht vorzunehmen und sodann ggfs. ihren Pflichten als Arbeitgeber im Hinblick auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Meldungen nachzukommen. Der Arbeitgeber der Klägerin habe stets die erforderlichen Meldungen nach der DEÜV erstellt, die die Klägerin als abhängig Beschäftigte auswiesen. Vom Arbeitsentgelt seien Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden, es sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die damaligen Meldungen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätten.
Dagegen hat die Klägerin am 09. November 2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag hingewiesen. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass ihre Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet und entsprechende Beiträge abgeführt worden seien, sei dies unzulässig, da die Beteiligten vorliegend zu einer Differenzierung zwischen einem abhängig und damit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einem nicht abhängig und damit sozialversicherungsfrei Tätigen mangels nur fragmentarischer Kenntnis des Rechts der Sozialversicherungspflicht nicht in der Lage gewesen seien. Das Kriterium der steuerrechtlichen Behandlung des Arbeitsentgelts habe allenfalls untergeordnete Indizwirkung für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, da steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff nicht identisch seien und zu unterschiedlichen Beurteilungen im jeweiligen Rechtsgebiet führten. Dem Rechtsschutzbedürfnis der Klage stehe auch eine denkbare Verjährung von möglicherweise geltend zu machenden Erstattungsansprüchen nicht entgegen. Zum einen setze die Einleitung des Erstattungsverfahren notwendig die Feststellung der Versicherungsfreiheit und eine entsprechende Verwaltungs- oder sozialgerichtliche Entscheidung voraus. Darüber hinaus habe der Versicherungsträger bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen sein Ermessen auszuüben, das nicht in dem hier anhängigen Verfahren vorweggenommen werden könne. Damit sei allein die Möglichkeit, dass die Einrede der Verjährung nicht geltend gemacht werde, ausreichend, um ihr berechtigtes Interesse am Klageverfahren anzunehmen. Unabhängig davon knüpfe die vierjährige Verjährungsfrist nur hinsichtlich der zu Unrecht zur Arbeitslosenversicherung entrichteten Beiträge an das Ende des Kalenderjahres an, in dem diese entrichtet worden seien. Im Bereich der Rentenversicherung sei die maßgebliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 SGB IV allein eine Schutzvorschrift für den Versicherten. Die Klägerin hat die Jahres-DÜVO-Meldungen 1996 bis 2003 und Lohnsteuerbescheinigungen 2005 bis 2006 vorgelegt.
Das SG hat mit Beschluss vom 24. November 2006 die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 2) und die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die begehrte Feststellung der Klägerin, dass sie ab 01. Februar 1996 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sei bis 31. Dezember 2001 rechtlich und wirtschaftlich ohne Relevanz, denn sie könne die erstrebte Erstattung der entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung insoweit nicht mehr durchsetzen, da der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien, verjähre. Dabei sei unerheblich, dass die Beigeladenen Ziffer 1 und 2 die Einrede der Verjährung bisher nicht ausdrücklich erhoben hätten. Bei der insoweit erforderlichen Ermessensausübung dürfe der Versicherungsträger die Erhebung der Einrede der Verjährung von Beitragserstattungsansprüchen regelmäßig nur in Fällen der besonderen Härte unterlassen. Eine solche könne insbesondere dann vorliegen, wenn die Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln beruhe, was aber hier nicht der Fall sei. Entscheidend für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin spreche, dass sie zu keinem Zeitpunkt an dem Familienunternehmen beteiligt gewesen sei. Ausweislich des Handelsregisterauszuges sei ihr Vater Inhaber, persönlich haftender Gesellschafter, Geschäftsführer und Vertretungsberechtigter. Einzelprokura sei nur noch der Mutter der Klägerin eingeräumt worden. Damit habe die Klägerin rechtlich keinerlei Möglichkeiten gehabt, die Entscheidungen des Unternehmens zu beeinflussen. Letztlich wäre ihr damit auch jeder Einfluss genommen, über den Fortbestand ihrer eigenen Beschäftigung mitzuentscheiden. Dieser Umstand wiege wesentlich schwerer als die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer familiären Zugehörigkeit ihren Aufgabenbereich mit Sicherheit weitgehend selbständig ausführen könne und im täglichen Arbeitsablauf nicht an Weisungen des Vaters gebunden sei. Lediglich wenn zu diesem Status noch eine wirtschaftliche und/oder rechtliche Position hinzukäme, die grundsätzlichen Entscheidungen des Unternehmens mitzubestimmen, könne Sozialversicherungsfreiheit angenommen werden. Die Tätigkeit der Klägerin könne auch nicht als bloße familienhafte Mithilfe gewertet werden, da die Klägerin eine Entlohnung für ihre Tätigkeit erhalte, die weit über eine Unterhaltsgewährung hinausgehe. Auch werde ihr mit der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit ein typisches Arbeitnehmerrecht eingeräumt. Das Entgelt der Klägerin werde auch als Betriebsausgabe verbucht, ebenso erfolge die Lohnsteuerabführung. Alleine das 1999 gewährte Darlehen reiche noch nicht aus, um dadurch den Status eines Selbständigen zu begründen. Dass die Klägerin als Tochter des Betriebsinhabers zwangsläufig einem eingeschränkten Weisungsrecht unterliege, hebe ihre Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls noch nicht auf. Aus diesen Gründen sei die Klage auch hinsichtlich des Zeitraumes ab 01. Januar 2002 in der Sache nicht begründet.
Dagegen hat die Klägerin am 04. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihren bisherigen Sach- und Rechtsvortrag Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, entgegen der Ansicht des SG seit das Klagebegehren rechtsschutzbedürftig. Insbesondere sei die tatsächliche - und richtig verstandene - Verjährungsregel ohne Einfluss auf die Durchsetzbarkeit der dem Verfahren ggfs. nachfolgenden Beitragserstattungsansprüche. Im Übrigen sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen worden sei. Dieser Umstand sei insofern beachtlich, als er von der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer typischen Situation, die durch gegensätzliche Interessenlagen gekennzeichnet sei, deutlich abweiche. Auch sei nicht beachtet worden, dass sie mit durchschnittlich zwei Wochen pro Jahr gerade einmal rund ein Drittel des arbeitnehmertypischen Urlaubs nehme. Die Nichtberücksichtigung ihres dem Betrieb im Jahre 1999 gewährten Darlehens sei unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ebenso überraschend wie ungenügend. Die abhängige Beschäftigung definiere sich zudem über ein in der alltäglichen betrieblichen Praxis bzw. im faktischen Umgang miteinander zum Ausdruck kommendes Über-/Unterordnungsverhältnis. Zwischen ihr und ihrem Vater sei ein solches nicht festzustellen. Das Kriterium der steuerlichen Behandlung des Arbeitsentgelts habe keine brauchbare Indizwirkung für eine Sozialversicherungspflicht, da Steuer- und Sozialversicherungsrecht nicht deckungsgleich seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. April 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Tätigkeit für den Beigeladenen zu 4 seit dem 01. Februar 1996 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Der Senat hat mit Beschlüssen vom 12. September 2007 und 13. Mai 2008 die Pflegekasse der Beklagten (Beigeladene zu 1) und die Firma Herrenmoden P. S. (Beigeladener zu 4) zum Verfahren beigeladen.
Die Berichterstatterin hat in einem Erörterungstermin vom 28. Mai 2008 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und die Klägerin sowie den Beigeladenen Ziffer 4 ergänzend gehört.
Die Klägerin hat auf Anforderung noch Gehaltsabrechnungen für die Jahre 2000 bis 2007 vorgelegt.
Die Beklagte hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass die Klägerin im gesamten streitbefangenen Zeitraum bei ihr krankenversichert gewesen sei. Da der Antrag auf Beitragserstattung bereits am 26. April 2006 gestellt worden sei, finde die seit dem 01. Januar 2008 geltende Regelung des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Dieser Auffassung hat sich die Beigeladene zu 3 angeschlossen.
Die Beigeladene zu 2 hat mitgeteilt, dass laut Auskunft ihres Prüfdienstes die letzte Betriebsprüfung gemäß § 28 p SGB IV bei dem Beigeladenen zu 4 am 22. Februar 2005 durch die damalige LVA Baden-Württemberg durchgeführt worden sei (Ende Prüfzeitraum 31.12.2004).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 2 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, die keiner Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 4 war und ist seit dem 01. Februar 1996 sozialversicherungspflichtig.
Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV entscheidet die Beklagte als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7, Urteil vom 04. Juli 2007, B 11 a AL 5/06 R) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 16).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht ((BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 4; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 7).
Das BSG hat in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2007 - B 7 a AL 8/06 - und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 R AR 85/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f; 17, 1, 7 f; 74, 275, 278 f; BSG SozR 220 § 165, Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11).
Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggfs. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 1; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11).
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist die Klägerin in dem geltend gemachten Zeitraum seit Februar 1996 sozialversicherungspflichtig bei dem Beigeladenen zu 4 beschäftigt. Dies hat das SG im Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG insoweit in vollem Umfang an und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass auch nach Auffassung des Senats in der Berufsgestaltung der Klägerin die Elemente überwiegen, die auf eine Arbeitnehmertätigkeit und gegen eine Unternehmereigenschaft hinweisen und das Gesamtbild der Arbeitsverrichtung ausmachen. Das Arbeitsentgelt der Klägerin wurde und wird als Betriebsausgabe gebucht und es werden hierauf Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Die feste Monatsvergütung und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sind weitere Indizien, die für eine Arbeitnehmertätigkeit sprechen. Die Monatsvergütung liegt auch im Rahmen der im Einzelhandel erzielbaren üblichen Verdienste. Es sprechen insoweit keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler und Ungereimtheiten sind nicht ersichtlich. Sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 4 haben einschlägige Kenntnisse im kaufmännischen Bereich und den versicherten Status der Klägerin bis zur Antragstellung als richtig angesehen sowie das seinerzeit gewollte durch tatsächliche Übung wie Abführung der Beiträge etc. auch nach außen hin bestätigt. Gerade weil eine in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu Unklarheiten und Unsicherheiten führt, hat das BSG den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999 - BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2 ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist (vgl. Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Oktober 2008 - L 4 KR 155/07 -, vom 07. August 2008 - L 4 KR 85/07 - und vom 18. Oktober 2007 - L 11 KR 79/06 -).
Für das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung seit Februar 1996 spricht auch maßgeblich das fehlende Unternehmerrisiko der Klägerin. Das Modegeschäft wird als Einzelfirma vom Vater der Klägerin geführt, der aufgrund seiner unternehmerischen Stellung die volle Haftung und damit auch allein das unternehmerische Risiko trug und trägt.
Die von der Klägerin eingesetzte Arbeitskraft kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden. Auch führt die zusätzlich gewährte Umsatzbeteiligung zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese stellt angesichts des der Klägerin unabhängig von der Ertragslage zustehenden festen Monatsgehalts ebenfalls kein Wagniskapital dar, sondern ist Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiterter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Bei der Klägerin bestand und besteht nie die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einzusetzen. Die Umsatzbeteiligung ist nicht mit einem Verlustrisiko verbunden und im Übrigen bei Angestellten mit herausgehobener Verantwortungsposition nicht unüblich.
Allein das unternehmerische Interesse an dem Unternehmen kann nicht zu einer Beurteilung als selbständig Tätige führen. Auch die Gewährung eines Darlehens ändert hieran nichts. Zwar kann die Gewährung von Krediten ein Indiz gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sein, durch die Gewährung eines Darlehens erhält die Darlehensgeberin jedoch keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung in den rechtlichen Beziehungen. Ungeachtet dessen ist die Gewährung von Darlehen unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht zu vergleichen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 und vom 10. Oktober 2008 - L 4 KR 4694/07 -; LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 10. Juli 2009 - L 1 KR 166/08 -). Familienmitglieder und insbesondere auch potenzielle Erben bzw. Unternehmensnachfolger haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Hieraus folgt aber kein wesentliches Unternehmerrisiko.
Die Klägerin ist für den Einkauf/Verkauf/Warenbeschaffung, die Personalführung und Finanzplanung, die Bearbeitung und Auswertung von Statistiken, die Lagerpflege und Werbung sowie die Dekoration zuständig und übt damit typische Tätigkeiten einer abhängig Beschäftigten aus. Allein Art und Weise der Tätigkeit der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme, diese präge aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes und aufgrund überragender Fachkenntnisse das Unternehmen. Es mag durchaus sein, dass sie in der Firma weitgehende Freiheiten hat, Entscheidungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung zu treffen. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass die Klägerin die Geschäfte des väterlichen Unternehmens faktisch wie ein Alleinunternehmer nach eigenem Gutdünken führt(e), Geschäftspolitik betreibt, strategische Entscheidungen allein fällt und die gegebene Betriebsordnung für sie nicht gilt. Mangels Unternehmensbeteiligung war sie nicht in der Lage, gegen den Beigeladenen zu 4 zu entscheiden und dies wirksam durchzusetzen. Dass der Vater (Beigeladener zu 4), der das Modegeschäft aufgebaut und qualifizierte Branchenkenntnisse besitzt, gänzlich auf sein Weisungsrecht verzichtet(e), ist nicht ersichtlich und wird auch nicht einmal von der Klägerin behauptet. Aus der der Klägerin erteilten Handlungsvollmacht und den damit verbundenen Einschränkungen (§ 54 Abs. 2 Handelsgesetzbuch - HGB -) wird vielmehr deutlich, dass der Beigeladene zu 4 nicht gleich alles aus der Hand geben wollte, denn § 54 Abs. 2 HGB nimmt bestimmte Geschäfte, die für den Kaufmann typischerweise mit Gefahren verbunden sind, vom Regelungsumfang des Absatz 1 aus. Einer Handlungsvollmacht hätte es nicht bedurft, wenn die Klägerin das Modegeschäft ohne Mitwirkung des Vaters eigenverantwortlich hätte führen können.
Nichts anderes ergibt sich aus den Angaben des Beigeladenen zu 4 im Erörterungstermin, denn danach arbeitet der Beigeladene zu 4 weiterhin im Modegeschäft mit; entscheidende Fragen werden im Betrieb besprochen. Es hat eine Aufgabenverteilung stattgefunden, wobei aber der Vater weiterhin die Herrenkonfektion nach außen vertritt und von der Kundschaft als Ansprechpartner gesehen und auch gewünscht wird. Das vom Beigeladenen zu 4 aufgebaute Geschäft wird nach wie vor mit seiner Person in Verbindung gebracht und von diesem nach außen repräsentiert. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber nicht den Status des abhängig Beschäftigten aufheben.
Aus der der Klägerin eingeräumten Kontovollmacht lässt sich ebenfalls nichts ableiten, was gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht, zumal auch der Mutter und Schwester Kontovollmacht eingeräumt wurde.
Selbst wenn in der praktischen Tätigkeit das Weisungsrecht des Beigeladenen zu 4 nicht ausgeübt wurde, ist darauf zu verweisen, dass bei Diensten höherer Art, wie im vorliegenden Fall bei der Tätigkeit der Klägerin, das Weisungs- oder Direktionsrecht des Arbeitgebers durch das Kriterium der funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess ersetzt wird, wenn eine besondere Sach- und Fachkunde des Dienstleisters vorausgesetzt wird. Die Nichtausübung eines Rechts ist unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -). Hinzu kommt, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl. BSG, Urteil vom 21. April 1993, SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11). Hätte die Klägerin tatsächlich die Geschicke des Beigeladenen zu 4 selbst geleitet, wäre es naheliegend gewesen, auch das Haftungsrisiko zu verbreitern und eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Anpassung vorzunehmen. Dieser rechtliche Schritt, um den Status der Klägerin weg von der abhängigen Beschäftigung hin zur Selbstständigkeit zu festigen, war aber bisher nicht gewollt und angesichts weitreichender, auch steuerrechtlicher Fragen und Kosten, die mit einer Unternehmensumstrukturierung bzw. -beteiligung verbunden sind, nicht gewollt. Die Klägerin hat mithin bis heute keine rechtlichen Befugnisse innerhalb der Firma. Ihr war und ist keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr ermöglicht hätte, gegen den Willen des Beigeladenen zu 4 Geschäfte zu betreiben.
Dass die Klägerin als Tochter des Unternehmers innerhalb der Firma eine andere Stellung einnimmt als eine nichtfamiliäre Arbeitnehmerin, liegt auf der Hand. Auch soweit die Klägerin geltend macht, dass sie weniger Urlaub als zustehend genommen habe, ist darauf hinzuweisen, dass Familienangehörige in der Regel ihren Urlaub abstimmen und auch gesteigertes Interesse am Erhalt des Familienbetriebes haben, so dass sie regelmäßig bereit sind, auch überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. Letzteres gilt auch für leitende Angestellte, die ebenfalls in der Regel bereit sind, überdurchschnittliche Leistungen auch in zeitlicher Hinsicht zu erbringen.
Das Verhältnis der Klägerin zum Beigeladenen zu 4 stellt sich bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung als ein in der betrieblichen Praxis nicht untypischer Entwicklungsprozess eines Hineinwachsens der jüngeren Familienangehörigen in die Unternehmensnachfolge dar. Auch im Falle der Klägerin war und ist beabsichtigt, sie in das Unternehmen als Gesellschafterin aufzunehmen bzw. dieses auf sie zu übertragen. Es entspricht aber der allgemeinen Lebenserfahrung, dass erst eine rechtlich durchgeführte und damit vollzogene Betriebsübergabe von den Eltern auf die Kinder den (von allen Beteiligten auch als solchen wahrgenommenen) wirklichen "Einschnitt" in der Unternehmensnachfolge darstellt. Erst dann endet das allmähliche Hineinwachsen in eine etwaige Unternehmensnachfolge und erst dann existiert auch das bis dahin nach wie vor fortbestehende, wenn auch möglicherweise faktisch nicht mehr ausgeübte Weisungsrecht nicht weiter. Bis zum rechtlichen Vollzug einer Unternehmensnachfolge besteht dagegen immer noch die Möglichkeit, an der Nichtausübung eines Weisungsrechts jederzeit etwas zu ändern, so dass bis dahin sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht entsprechende Unsicherheiten verbleiben (vgl. Senatsurteile vom 04. Dezember 2007 - L 11 KR 1749/07 -, vom 15. Juli 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 05. August 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 14. Oktober 2008 - L 11 KR 1347/08 - und vom 29. September 2009 - L 11 KR 4621/08 -; BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - B 11 R AR 47/88, SozR 3 - 2400 § 7 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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