S 12 AS 2626/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 2626/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aus § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II folgt nicht, dass ein Mietkautionsdarlehen tilgungsfrei zu gewähren ist. Die konkrete Form der Darlehensgewährung steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Ein Verbot der freiwilligen Tilgung von Schulden kennt weder die Rechtsordnung generell noch das SGB II.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einbehaltener Darlehensraten i.H.v. insgesamt 240,00 EUR.

Der am xx.xx.1945 geborene Kläger zu 1 und die am xx.xx.1992 geborene Klägerin zu 3 beziehen von der Beklagten in Bedarfsgemeinschaft Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende bzw. Sozialgeld nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die am xx.xx.1967 geborene Klägerin zu 2 bezog für den Zeitraum vom 17.06.2005 bis 31.05.2006 ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Aufgrund einer mit dem Kläger zu 1 geschlossenen Vereinbarung über die Rückzahlung eines gewährten Mietkautionsdarlehens i.H.v. 800,00 EUR bzgl. der Anmietung einer Wohnung in M., L.str., behielt die Beklagte im Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.08.1007 einen Betrag von 30,00 EUR monatlich von den Regelleistungen ein.

Unter dem 30.11.2005 schloss der Kläger zu 1 zum 15.12.2005 einen Mietvertrag über eine Wohnung in M., W.str., zu einer Kaltmiete von 390,00 EUR. Mit Schreiben vom 05.12.2005 teilte der Kläger zu 1 der Beklagten mit, dass die Vermieterin seiner bisherigen Wohnung Eigenbedarf angekündigt und er eine neue Wohnung gefunden habe. Er wisse aber nicht, ob er die Kaution von seiner Vermieterin zurückerhalte, so dass er eventuell noch einmal eine Kautionsgewährung benötigen werde. Mit Schreiben vom 12.12.2005 beantragte der Kläger zu 1 die Übernahme der Kaution i.H.v. 750,00 EUR.

Unter dem 16.12.2005 unterzeichnete der Kläger zu 1 eine Rückzahlungsvereinbarung bzgl. der Kautionsgewährung für die Wohnung in M., W.str., mit folgendem Wortlaut: " Ich bin damit einverstanden, dass das Darlehen für die Mietkaution in monatlichen Raten von 30,00 EUR von meiner Leistung einbehalten wird. Bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit erfolgt die Zahlung direkt durch mich an die Kasse der Regionaldirektion B."

Mit Schreiben vom 30.03.2006 teilte der Kläger zu 1 der Beklagten mit, dass er die Kaution von der Vermieterin der bisherigen Wohnung noch nicht zurückerhalten habe. Sie habe ihm zudem mitgeteilt, dass auch noch eine höhere Nebenkostenabrechnung zu erwarten sei.

Unter dem 30.04.2006 schlossen der Kläger zu 1 und die Beklagte einen Darlehens- und Abtretungsvertrag zur Gewährung der Mietkaution i.H.v. 780,00 EUR. Nach § 2 wird die Darlehenssumme an den Vermieter ausbezahlt. Nach § 3 ist das Darlehen bei Beendigung der Hilfebedürftigkeit des Darlehensnehmers, spätestens jedoch bei Auflösung des Mietverhältnisses a) in voller Höhe, wenn die Bedürftigkeit vor Auflösung des Mietverhältnisses endet, oder b) in Höhe des Betrages, welcher nach Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis vom Vermieter nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn das Mietverhältnis vor Beendigung der Hilfebedürftigkeit des Darlehennehmers gelöst wird oder bei Tod, zu rückzuzahlen. Des Weiteren hat der Kläger zu 1 den Rückzahlungsanspruch gegen seinen Vermieter an die Beklagte abgetreten. Mit Bescheid vom 04.08.2006 wurde die Mietkaution darlehensweise übernommen. In der Folgezeit wurden ab dem 01.09.2006 von der Beklagten 30,00 EUR monatlich für das Mietkautionsdarlehen einbehalten.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.05.2007, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am selben Tag, haben die Kläger Leistungsklage erhoben und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gestellt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Aufrechnung einer gewährten Mietkaution mit der Regelleistung unzulässig sei. Die Rückzahlungsvereinbarung sei daher nichtig. Ihnen sei auch nicht mitgeteilt worden, dass sie die Vereinbarung jederzeit kündigen könnten. Dem Anschreiben konnte auch nicht entnommen werden, dass die Rückzahlungsvereinbarung nicht unterschrieben werden müsse.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, an sie einen Betrag von 240,00 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger zu 1 eine solche Aufrechnung gewünscht habe. Die Einbehaltung sei auf freiwilliger Basis erfolgt. Eine Mitteilung, nicht mehr zu zahlen, hätte vorliegend ausgereicht; es sei daher nicht erkennbar, warum ein Rechtsbeistand eingeschaltet worden sei. Mit Klageerhebung sei ab Mai 2007 auch kein Einbehalt mehr erfolgt. Die Beklagte habe es auch nicht unterlassen, die Kläger darüber aufzuklären, dass das Darlehen nicht zurückzuzahlen sei. In § 3 des Darlehensvertrages seien die Rückzahlungsmodalitäten genannt und sei der Kläger zu 1 auch beraten worden. Die Erklärung sei daher nicht anfechtbar.

Mit Beschluss vom 18.12.2007 hat das Gericht den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt und ihren Prozessbevollmächtigten beigeordnet.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Insbesondere bedurfte es für die Zulässigkeit der hier erhobenen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keiner vorherigen Geltendmachung des Zahlungsanspruches bei der Beklagten (vgl. dazu Castendieck in: Lüdtke (Hrsg.), SGG, 3. Aufl. 2009, § 54 Rn. 117).

Die Klage ist aber unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung der von den monatlich gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einbehaltenen Tilgungsraten i.H.v. insgesamt 240,00 EUR.

Unstreitig wurden den Klägern von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 30.04.2007 durch die bestandskräftigen Hilfebescheide vom 03.07.2006 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 18.09.2006 und vom 15.12.2006 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 30.03.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat September 2006 i.H.v. 1286,81 EUR, für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.12.2006 i.H.v. monatlich 1235,68 EUR, für die Monate Januar und Februar 2007 i.H.v. monatlich 1235,68 EUR, für den Monat März 2007 i.H.v. 1148,28 EUR und für den Monat April 2007 i.H.v. 1173,68 EUR gewährt. Von den gewährten Leistungen hat die Beklagte - ebenfalls unstreitig - für das gewährte Mietkautionsdarlehen i.H.v. 780,00 EUR monatlich 30,00 EUR einbehalten.

Die Beklagte war bis zum konkludenten Widerruf der Vereinbarung durch die Erhebung der Leistungsklage zur Einbehaltung berechtigt.

Dabei kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Beklagte nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II berechtigt gewesen sein mag, die Darlehensgewährung monatlich mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufzurechnen (vgl. dazu SG Düsseldorf, Beschl. v. 08.08.2008 - S 12 AS 108/08 ER -, zit. in Juris). Denn die Beklagte hat ausweislich des Darlehensvertrages vom 03.04.2006 die Gewährung des Mietkautionsdarlehens zulässigerweise auf § 22 Abs. 3 SGB II gestützt.

Unerheblich ist auch, ob die Einbehaltung der Regelleistung zur Tilgung des Darlehens als Aufrechnung nach § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zulässig wäre. Denn eine solche Aufrechnung, die eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (§ 388 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) darstellt, hat die Beklagte nicht vorgenommen.

Rechtsgrundlage der Einbehaltung ist vielmehr die vom Kläger zu 1 unter dem 16.12.2005 unterzeichnete Rückzahlungsvereinbarung, wonach sich dieser einverstanden erklärte, dass monatlich 30,00 EUR für das gewährte Mietkautionsdarlehen von der Beklagten einbehalten werden. Es handelt sich dabei um eine Tilgungserklärung verbunden mit einem Verzicht auf Sozialleistungen nach § 46 Abs. 1 SGB I.

1. Die Erklärung ist auch wirksam abgegeben worden.

Nach § 46 Abs. 1 SGB I kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden; der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Der Verzicht ist unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden (Abs. 2).

a. Der Kläger zu 1 hat ausdrücklich eine Erklärung abgegeben und mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er sich einverstanden erklärt hat, dass eine Tilgung des Mietkautionsdarlehens i.H.v. monatlich 30,00 EUR durch den Einbehalt von Regelleistungen erfolgt. Als Verzichtserklärung i.S.d. § 46 Abs. 1 SGB I stellt sie eine einseitige Erklärung dar, aus deren Wortlaut und den Begleitumständen sich klar ergibt, ob und in welchem Umfang die Kläger ihre Ansprüche aufgeben (vgl. Seewald in: Kasseler Komm., § 46 Rn. 8 m.w.N.). Denn aus der Erklärung geht deutlich hervor, in welcher Höhe - nämlich 30,00 EUR monatlich - die Kläger die Darlehensschuld für das Mietkautionsdarlehen aus den ihnen von der Beklagten zustehenden Leistungen nach dem SGB II tilgen und insoweit auf die Auszahlung der bewilligten Leistungen verzichten.

b. Die Kammer vermag auch keinen Verstoß gegen § 46 SGB I, insbesondere dessen Absatz 2 zu erkennen. Das Verbot von Umgehungsregelungen gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz und ist durch Auslegung der jeweils einschlägigen Normen sowie der Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu ermitteln (Seewald, a.a.O. Rn. 21). Dem Wortlaut nach erfasst § 46 Abs. 2 SGB I sowohl die Rechtsvorschriften, nach denen sich die Beziehungen des Verzichtenden zum Leistungsträger bestimmen als auch die Regelungen, die das Verhältnis zu Dritten gestalten. Unter Zugrundelegung dessen ist kein Verstoß der Tilgungserklärung gegen Rechtsvorschriften zu erkennen.

Zwar sieht § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II - im Gegensatz zu § 23 Abs. 1 SGB II - keine Ermächtigungsgrundlage zugunsten der Sozialleistungsträger zur zwangsweisen Tilgung von Mietkautionsdarlehen vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass ein Leistungsbezieher zugleich daran gehindert ist, bestehende Darlehensverbindlichkeiten freiwillig zu tilgen. Ein Verbot der freiwilligen Tilgung von Schulden kennt weder die Rechtsordnung generell, noch das SGB II.

Die Tilgung des Mietkautionsdarlehens vor Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches verstößt auch nicht gegen § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Entgegen der Auffassung der Kläger folgt aus § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II nicht, dass ein Mietkautionsdarlehen tilgungsfrei zu gewähren ist (vgl. SG Düsseldorf, Beschl. v. 08.08.2008 - S 28 AS 108/08 ER - , zit. in Juris; SG Schleswig, Beschl. v. 18.04.2007 - S 7 AS 287/07 ER - zit. in Juris; SG Reutlingen, Urt. v. 23.11.2006, NVwZ-RR 2007, 445 ff.; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.03.2003, FEVS 54, 526 ff. zu BSHG; a.A. LSG Hessen, Beschl. v. 05.06.2007, FEVS 59, 160 ff.). Die konkrete Form der Darlehensgewährung steht nach Auffassung der Kammer vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Sozialleistungsträgers. § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II regelt lediglich, dass eine Mietkaution als Darlehen erbracht werden soll. Die Vorschrift verhält sich nicht zur Ausgestaltung der Darlehensmodalitäten. Weder der Gesetzesbegründung noch der Gesetzessystematik ist zu entnehmen, dass ein Mietkautionsdarlehen tilgungsfrei zu gewähren ist. Nach der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung soll der zuständige Leistungsträger eine Mietkaution grundsätzlich in Form eines Darlehens erbringen, da sich aus der Natur der Mietkaution bereits ergebe, dass diese im Regelfall an den Mieter zurückfließt; insofern sei es im Regelfall nicht gerechtfertigt, die Kaution dem Hilfebedürftigen endgültig zu belassen (BT-Drs. 16/688, S. 14). Die Gesetzesbegründung enthält damit weder einen ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit einer ratenweisen Tilgung des Darlehens aus den laufenden Grundsicherungsleistungen noch darauf, dass das Darlehen erst nach Rückzahlung der Kaution durch den Vermieter getilgt werden soll. Auch dass § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II im Gegensatz zu § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II keine Tilgungsmodalitäten regelt, kann im Umkehrschluss nicht begründen, dass Mietkautionsdarlehen tilgungsfrei zu stellen sind (so aber LSG Hessen, Beschl. v. 05.06.2007, FEVS 59, 160). Denn § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II enthält lediglich ein über § 51 SGB I hinausgehendes Aufrechnungsrecht des Sozialleistungsträgers. Dass damit die Tilgung sonstiger Darlehen ausgeschlossen sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Eine Tilgungsfreiheit von Mietkautionsdarlehen liegt auch nicht in der Rechtnatur einer Mietkaution. Zwar wird der Rückzahlungsanspruch des Mieters erst bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig. Andererseits muss sich der Sozialleistungsträger nicht mit Abtretung des Rückzahlungsanspruches zufrieden geben. Zweck einer Mietkaution ist es, für die Erfüllung der Mieterpflichten Sicherheit zu leisten (§ 551 Abs. 1 BGB). Typischerweise werden daher bei Beendigung des Mietverhältnis noch offene Forderungen des Vermieters mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters "verrechnet". Dieses Risiko ist vom Sozialleistungsträger aber nicht zu tragen. Die zuständigen Sozialleistungsträger haben bei der Entscheidung über die Konditionen für die Rückzahlung die Umstände des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen. Was Laufzeit und Modalitäten der Rückzahlung angeht, lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen. Hier bestehen Handlungsspielräume der Verwaltung, die je nach Höhe des Darlehens und gegenwärtiger und künftiger wirtschaftlicher Situation des Hilfeempfängers auszufüllen sind (so ausdrücklich Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/4887, S. 2). Dass die Beklagte vorliegend mit der Vereinbarung einer monatlichen Tilgungsrate von 30,00 EUR den ihr zur Verfügung stehenden Handlungsspielraum überschritten hat, kann die Kammer nicht erkennen.

Es liegt entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Kläger auch keine Nichtigkeit nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vor. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ist ein Verzicht auf Sozialleistungen nach § 46 Abs. 1 SGB I grundsätzlich zulässig und kann ein solcher daher keine unzulässige "Gegenleistung" darstellen.

2. Die vom Kläger zu 1 abgegebene Tilgungserklärung wurde auch nicht wirksam nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Eine widerrechtliche Drohung der Beklagten dahingehend, dass das Mietkautionsdarlehen ohne die Rückzahlungsvereinbarung nicht gewährt werde, wurde nicht nachgewiesen.

Die Kläger haben lediglich angegeben, sie seien von der Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden, dass sie die Rückzahlungsvereinbarung nicht unterzeichnen müssten. Dass der Kläger zu 1 auch zur Unterzeichnung der Tilgungserklärung selbst angehalten wurde und ihm in Aussicht gestellt wurde, das Darlehen andernfalls nicht zu erhalten, haben die Kläger hingegen nicht bestätigt. Auch durch die Verwendung der Sätze "Wir möchten Sie bitten, diese Rückzahlungsvereinbarung zu unterzeichnen und umgehend wieder hier vorzulegen, damit ihr o.g. Antrag weiter bearbeitet werden kann. Zur Tilgung der Mietkaution sollten mindestens 30,00 EUR monatlich einbehalten werden." im Anschreiben an den Kläger zu 1 vom 15.12.2005 folgt nicht, dass die Beklagte damit gedroht habe, ohne die Unterzeichnung der Tilgungserklärung stelle sie kein Darlehen zur Verfügung.

Es war in diesem Zusammenhang auch nicht der Beweisanregung des Prozessbevollmächtigten der Kläger nachzugehen und je zehn zufällig ausgewählte Leistungsbezieher und Sachbearbeiter der Beklagten auszuwählen und nach der Beratungspraxis der Beklagten hinsichtlich Mietkautionsdarlehen zu befragen. Es ist insbesondere hieraus nicht ersichtlich, inwieweit hier Beweis für den konkreten Fall der Kläger erbracht werden könnte. Denn die zu vernehmenden Zeugen könnten nur hinsichtlich ihrer Erfahrungen, nicht jedoch hinsichtlich des konkreten Gesprächsablaufs, in welchem der Klägerin zu 1 involviert war, berichten. Dies ist für das vorliegende Verfahren aber ohne Relevanz.

Auch für die Annahme einer arglistigen Täuschung seitens der Beklagten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von den Klägern vorgetragen worden.

3. Die Beklagte war auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 SGB) gehindert, sich bis zum Widerruf der Verzichtserklärung auf deren Wirksamkeit zu berufen. Insbesondere kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden, dass sie gegen ihre Beratungspflichten (§§ 13-15 SGB I) verstoßen habe. Wenn die Kläger vortragen, dass die Beklagte es unterlassen habe, sie darüber aufzuklären, dass sie "zur Rückzahlung des Darlehens" - gemeint ist wohl die Tilgung - nicht verpflichtet seien, ist dem entgegenzuhalten, dass nach Auffassung der Kammer - wie bereits ausgeführt - grundsätzlich kein Anspruch auf ein tilgungsfreies Mietkautionsdarlehen besteht. Auch dass wohl kein Hinweis erfolgt ist, dass die Verzichtserklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann (§ 46 Abs. 1 2. Halbsatz SGB I), lässt den Einbehalt der vereinbarten Summe nicht rechtsmissbräuchlich erscheinen. Denn das Widerrufsrecht ist eindeutig gesetzlich geregelt und ist die Beklagte grundsätzlich nicht gehalten, Hilfeempfänger auf die bestehende Rechtslage aufmerksam zu machen.

Soweit sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger bezüglich des Vorwurfs einer unzulässigen Rechtsausübung auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 06.09.2006 (Az. L 13 AS 3108/06 ER-B) beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass der dortige Sachverhalt nicht mit dem vorliegenden Rechtsstreit zu vergleichen ist. Denn dem Landessozialgericht lag ein Verfahren zugrunde, in dem der Sozialleistungsträger die darlehensweise Gewährung der Mietkaution und eine damit verbundene Aufrechnung auf § 23 Abs. 1 SGB II gestützt hat. Das Landessozialgericht hat diesbezüglich ausgeführt, dass es der Behörde in einem solchen Fall verwehrt sei, sich auf eine Vereinbarung, die auf einer unzutreffenden Rechtsgrundlage beruht, zu berufen. Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Berufung war gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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