L 6 R 3463/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2733/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 3463/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.05.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1956 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen voller statt teilweiser Erwerbsminderung.

Nachdem der zuletzt in seinem Ausbildungsberuf als Maschinenbauschlosser beschäftigt gewesene Kläger am 25.11.2002 Leistungen zur Rehabilitation beantragt hatte, durchlief er vom 07.01.2003 bis zum 01.02.2003 in der Rehaklinik K. M.-M. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Im dort erstellten ärztlichen Entlassungsbericht vom 11.02.2003 wurden ein Bronchialkarzinom des Lungenmittellappens, eine Schweißerlunge, Übergewicht, eine Hyperlipoproteinämie Typ II a sowie chronisch rezidivierende Rücken- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden diagnostiziert und ausgeführt, der Kläger könne nach Abschluss der Rekonvaleszenz seinen bisherigen Beruf wieder ausüben, sofern keine Schweißtätigkeiten abverlangt würden. Am 30.04.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.11.2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.11.2002.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen. Sodann zog die Beklagte bei der Bau BG - S. Bau-Berufsgenossenschaft, die im Rahmen eines auf die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) angefallenen Unterlagen, insbesondere das pathologische Gutachten des Prof. Dr. M., Direktor des Instituts für Pathologie an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B., vom 19.02.2003 (bösartiges Tumorleiden der Lunge mit Lungenveränderungen) und das arbeitsmedizinische Gutachten des Prof. Dr. W., Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der J.-L.-Universität G., vom 08.10.2003 (Zustand nach operiertem Bronchialkarzinom, leichtgradige restriktive Ventilationsstörung, unspezifische bronchiale Hyperreagibilität, leichtgradige Leberenzymveränderung mit Nachweis einer geringen Steatosis hepatis, Adipositas, Fettstoffwechselstörung), bei.

Sodann ließ die Beklagte den Kläger vom 29.03.2004 bis zum 30.03.2004 in ihrer Klinischen Begutachtungsstelle K. untersuchen und begutachten. Dr. H., Lungenarzt, diagnostizierte in seinem lungenärztlichen Zusatzgutachten vom 30.03.2004 ein Bronchialkarzinom des rechten Mittellappens Stadium pT2 pN0 cM0 R0, eine Lungensiderose ohne wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion und eine früher chronische Nikotinbronchitis. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien noch vollschichtig durchführbar. Dr. Sch., Arzt für Neurologie und Psychotherapie, diagnostizierte in seinem nervenärztlichen Zusatzgutachten vom 31.03.2004 eine neurasthenisch-depressive Anpassungsstörung nach Operation eines Bronchialkarzinoms in leichter bis mittelgradiger Ausprägung, eine Klaustrophobie, ein Wirbelsäulenreizsyndrom ohne neurologische Auffälligkeiten und eine Meralgia paraesthetica links. Die in seinem Fachgebiet bestehenden Auffälligkeiten seien weder einzeln für sich genommen noch in ihrer Summe so gravierend, dass durch sie das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich beeinträchtigt würde. Dr. Sch., Facharzt für Orthopädie, diagnostizierte in seinem chirurgisch-orthopädischem Zusatzgutachten vom 09.05.2004 ein Lumbalsyndrom bei Osteochondrose der Lendenwirbelsäule, eine beginnende Arthrose der Hüftgelenke und eine Varikosis der Unterschenkel mit leichter venöser Insuffizienz links mehr als rechts. Es bestünden keine gesundheitlichen Bedenken gegen leichte, nur in geringem Umfang auch mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die überwiegend im Sitzen oder in wechselnden Körperhaltungen ausgeführt werden könnten. Die tägliche Arbeitszeit sei nicht auf weniger als etwa sechs Stunden eingeschränkt. Dr. M., Arzt für Innere Medizin und Sportmedizin, gelangte unter Berücksichtigung dieser Zusatzgutachten, in seinem Gutachten vom 14.05.2004 zu der Beurteilung, unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen seien dem Kläger körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig möglich. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2004 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 04.08.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung trug er vor, er sei nicht mehr in der Lage, auch leichte körperliche Tätigkeiten in nennenswertem Umfang auszuführen.

Das SG hörte zunächst Prof. Dr. P., Ärztlicher Direktor der Abteilung Thoraxchirurige am Universitätsklinikum F., und Dr. H., Arzt für Innere Medizin und Psychotherapie, schriftlich als sachverständige Zeugen. Prof. Dr. P. berichtete unter dem 16.12.2004 über eine therapiebedürftige obstruktive Ventilationsstörung. Dr. H. führte unter dem 31.01.2005 aus, nach erfolgter Stabilisierung sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuführen.

Sodann erhob das SG von Amts wegen das Gutachten des Prof. Dr. M.-Q., Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin V - Pneumologie - am Universitätsklinikum F., vom 20.03.2006. Dieser führte unter Angabe der bereits aktenkundigen Diagnosen zusammenfassend aus, lungenfunktionell könne eine mittelgradige obstruktiv-restriktive Ventilationsstörung mit relativer Überblähung nachgewiesen werden. Diese Einschränkung der Lungenfunktion führe zu einer Limitierung der körperlichen Leistungsfähigkeit. In der Analyse der Einzelfaktoren zeige sich keine kardiale Limitierung. In der Analyse der pulmonalen Faktoren zeige sich bei geringer Flusslimitierung bei obstruktiver Ventilationsstörung bei Belastungsabbruch eine beginnende pulmonale Limitierung. Zusätzlich werde die pulmonale Leistungsfähigkeit durch die bekannte leichtgradige bronchiale Hyperreagibilität eingeschränkt. Bei bestehendem Lumbalsyndrom kämen zusätzlich Einschränkungen im muskuloskelettalen Bereich hinzu. Aggraviert werde die Situation durch die ausgeprägte psychische Komponente bei neurasthenisch-depressiver Anpassungsstörung in Kombination mit einer Neigung zur Hyperventilation. Bei Verdacht auf ein mittelgradiges Schlafapnoesyndrom bestehe durch den nicht-erholsamen Schlaf zusätzlich eine Leistungsminderung. Beim Kläger bestehe aber unter qualitativen Einschränkungen eine Dauerleistungsfähigkeit für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich. Mit Ausnahme von Arbeitsbedingungen, die auf die bronchiale Empfindlichkeit als Reiz wirkten oder eine bronchiale Überempfindlichkeit verstärken könnten, seien keine besonderen Arbeitsbedingungen zu beachten. Betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltete Arbeitsgeräte seien nicht notwendig. Dem Kläger sei auch zuzumuten, übliche Wege zu Fuß oder unter Nutzung öffentlicher beziehungsweise privater Verkehrsmittel zurückzulegen.

Den auf Grundlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 29.09.2006 von der Beklagten unterbreiteten Vergleichsvorschlag, das Klageverfahren übereinstimmend als erledigt zu erklären und ein stationäres psychosomatisches Heilverfahren durchzuführen, lehnte der Kläger ab.

Daraufhin erhob das SG das Gutachten des Dr. C., Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychoanalyse, vom 11.02.2007. Der Sachverständige führte zusammenfassend aus, auf seinem Fachgebiet habe lediglich eine isolierte Phobie in Gestalt einer wenig alltagsbeeinträchtigenden Höhenangst diagnostiziert werden können. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit mit einer Leistungsfähigkeit von mindestens sechs Stunden sei unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen möglich. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine Einschränkungen.

Mit Urteil vom 07.05.2007 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich hinsichtlich des lungenfachärztlichen Fachgebiets auf das Gutachten des Prof. Dr. M.-Q., des psychiatrisch-psychosomatischen Fachgebiets auf das Gutachten des Dr. C. sowie der übrigen Erkrankungen auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. H. und das Gutachten des Dr. Sch. samt Zusatzgutachten. Demnach sei der Kläger in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Auch liege weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 14.06.2007 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 13.07.2007 Berufung eingelegt. Es sei noch nicht hinreichend aufgeklärt, ob eine hinreichende Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit nach Verlust der bisherigen Arbeitsstelle und dem notwendigen Übergang von einer Tätigkeit im Baubereich zu einem völlig anderen Tätigkeitsfeld bestehe. Ferner liege eine Summierung von Leistungseinschränkungen vor. Im Übrigen seien zusätzliche maßgebliche orthopädische Gesundheitseinschränkungen, wie die Gonarthrose rechts mit rezidivierender Schmerzsymptomatik, die ausgeprägte Wirbelsäulenschädigung, die Coxarthrose sowie die Wurzelirritation im Abschnitt L5, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Kläger hat die Arztbriefe des Dr. D., Facharzt für Radiologie, vom 27.07.2007, der Dr. W., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 31.07.2007, der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. Sch./K./R. vom 01.08.2007 sowie des Dr. Sp., Orthopäde, vom 06.08.2007 und 18.09.2007 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.05.2007 aufzuheben, den Bescheid vom 12.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.11.2002 Rente wegen voller statt teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. K., Arzt für Orthopädie, vom 29.10.2007 vorgelegt.

Der Senat hat von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken K., vom 20.05.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat zusammenfassend ausgeführt, es bestehe eine diskrete S-förmige Wirbelsäulenskoliose. Diese führe bei der Vornüberbeugung des Oberkörpers zu einem minimalen Lendenwulst links und einem minimalen Rippenbuckel am thorakolumbalen Übergang rechts. Die Rückenstreckmuskulatur sei verspannt. Die Beweglichkeiten der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule seien bei regelrechter Entfaltung der Dornfortsätze als altersentsprechend frei anzusehen. Starke Schmerzen würden in der Lendenwirbelsäule bei den Rotationsbewegungen sowie bei der Rechtsseitneigung des Oberkörpers angegeben. Die angegebene Minderung der Gefühlsempfindung am linken Bein lasse sich der S1-, geringer der L5-Wurzel zuordnen. Paresen oder Hinweise auf eine relevante Nervenwurzelreizung hätten sich im Bereich der unteren Extremitäten nicht finden lassen. Röntgenologisch und kernspintomographisch hätten sich erhebliche degenerative Lendenwirbelsäulenveränderungen, betont im Segment L5/S1, gezeigt. Bandscheibenvorwölbungen hätten sich in Höhe L3/4 und L5/S1, ein sequestrierter Bandscheibenvorfall in Höhe L4/5 links, gezeigt. Durch die degenerativen Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke mit Einengung der Nervenaustrittskanäle sowie der Bandscheibenschäden sei eine L5-Wurzelkompression links wahrscheinlich. Im Bereich der oberen Extremitäten sei das Seitheben und Vorführen des Armes im Schultergelenk rechts schmerzhaft. Auf Grund des klinischen Befundes sei eine Schultereckgelenksarthrose rechts zu vermuten. Die Bewegungseinschränkungen in den Langfingermittelgelenken sowie im Kleinfingerendgelenk beidseits seien ohne Relevanz. Bis auf einen leichten Reizzustand am äußeren Oberarmknochen rechts seien keine weiteren krankhaften Befunde im Bereich der oberen Extremitäten zu erheben. Im Bereich der unteren Extremitäten sei die Hüftbeugung seitengleich durch die adipösen Bauchdecken eingeschränkt. Die Rotationsbewegungen seien altersentsprechend frei. Röntgenologisch hätten sich initiale degenerative Hüftgelenksveränderungen nachweisen lassen. Der Kläger klage über massivste Knieschmerzen rechts mit erheblicher Druckschmerzhaftigkeit innen- und außenseitig. Ein Reizzustand am Kniegelenk liege nicht vor. Die Beugung und Streckung seien endgradig eingeschränkt. Die angegebenen Beschwerden hätten sich nur sehr begrenzt auf die röntgenologisch nachzuweisenden degenerativen Veränderungen zurückführen lassen. Eine weitere Diagnostik mittels Kernspintomographie werde empfohlen. Die leichte Schwellneigung am linken Unterschenkel sei auf das leichte Krampfaderleiden links zurückzuführen. Im Bereich der Sprunggelenke und Füße ergebe sich kein auffälliger krankhafter Befund. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich auszuüben.

Sodann hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. B., Facharzt für Orthopädie, vom 25.09.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat eine geringfügige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks, eine geringe Bewegungseinschränkung des rechten Daumensattelgelenks bei insgesamt rigider Fingergelenksfunktion, eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenks bei Hinweisen auf eine beginnende Coxarthrose, eine Gonarthrose, insbesondere retropatellar, einen Außenmeniskusriss mit Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks, eine deutliche retropatellare Arthrose des linken Kniegelenks, eine endgradige Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks beiderseits, eine Versteifung des Kleinzehengrundgelenks in Fehlstellung, eine deutliche Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit Hinweisen auf eine Wurzelkompression L5/S1 links bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenvorfall L4/5 sowie eine Arthrose der Iliosacralgelenke beschrieben. Er ist zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten. Dabei solle eine Pause von einer Stunde in der Mitte eingehalten werden, um eine kurze vollständige Entlastung und Erholung zu gewährleisten. Eine Gehstrecke von 500 Metern und mehr sei arbeitstäglich vierfach zumutbar in der Zeit von weniger als 20 Minuten. Dem Gutachten beigefügt worden sind unter anderem die Arztbriefe des Dr. Sp. vom 16.10.2007, 21.08.2008 und des Radiologen Dr. K. vom 26.08.2008.

Daraufhin hat der Senat auf weiteren Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das neurologische Gutachten des Dr. W., Leitender Arzt der Neurologischen Klinik des O.-Klinikums O.-G., vom 27.05.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet Sensibilitätsstörungen im Dermatom L5/S1 links bei durch einen Bandscheibenvorfall bedingter Nervenwurzelkompression L5 und S1 links diagnostiziert und ausgeführt, der Kläger könne unter adäquater Therapie noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten. Dabei solle eine Pause von einer Stunde in der Mitte eingehalten werden, um eine kurze und vollständige Entlastung und Erholung zu gewährleisten. Aus medizinischer Sicht sei eine adäquate Schmerzbehandlung, beispielsweise im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme, notwendig und - im Falle der Unwirksamkeit - die Durchführung einer Operation des Bandscheibenvorfalls und gegebenenfalls der knöchernen Einengungen zu erwägen. Wegefähigkeit sei gegeben. Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz bestünden nicht.

Der Senat hat die weiteren im Rahmen der auf die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung angefallenen Unterlagen, insbesondere das ergänzende pathologische Gutachten des Prof. Dr. M. vom 24.03.2005, beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 12.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI.

Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage ist, zumindest sechs Stunden täglich leichte berufliche Tätigkeiten auszuüben. Er ist daher nicht voll erwerbsgemindert.

Auf lungenärztlichem Fachgebiet leidet der Kläger an einem Bronchialkarzinom des rechten Mittellappens, einer Lungensiderose und einer früher chronischen Nikotinbronchitis. Insoweit stützt sich der Senat auf das Zusatzgutachten des Dr. H. vom 30.03.2004 und das Gutachten des Prof. Dr. M.-Q. vom 20.03.2006. Diese Erkrankungen hindern den Kläger nicht daran, leichte Tätigkeiten vollschichtig auszuüben. Der Senat folgt dabei den gut nachvollziehbaren Leistungsbeurteilungen dieser Gutachter. Insbesondere hat Prof. Dr. M.-Q. ausführlich und plausibel dargelegt, dass es sich nur um eine mittelgradige obstruktiv-restriktive Ventilationsstörung handelt und diese Lungenfunktionsstörung ohne kardiale Limitierung trotz der leichtgradigen bronchialen Hyperreagibilität nur zu qualitativen Einschränkungen der Dauerleistungsfähigkeit für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich führt. Der Senat hält diese Leistungseinschätzung für überzeugend.

Auf psychiatrischem Fachgebiet liegt beim Kläger gesichert nur eine Klaustrophobie vor. Diesbezüglich verweist der Senat auf das Zusatzgutachten des Dr. Sch. vom 31.03.2004 und das Gutachten des Dr. C. vom 11.02.2007. Ob darüber hinaus auch, wie von Dr. Sch. angenommen, eine neurasthenisch-depressive Anpassungsstörung vorlag oder gar vorliegt, lässt der Senat dahingestellt, da jedenfalls sowohl Dr. Sch. als auch Dr. C. schlüssig und in sich widerspruchsfrei dargelegt haben, dass beim Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet keine eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung bedingenden Erkrankungen vorliegen. Dies ist insbesondere auch deshalb gut nachvollziehbar, da Dr. Sch. nur von einer Anpassungsstörung in leichter bis mittelgradiger Ausprägung ausgegangen ist und Dr. C. die Höhenangst zu Recht als wenig alltagsbeeinträchtigend beurteilt hat.

Auf orthopädischem Fachgebiet sind beim Kläger ein Lendenwirbelsäulensyndrom nach Bandscheibenvorfall und bei degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen, Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk, in den Langfingermittelgelenken, im Kleinfingerendgelenk beidseits, in den Hüftgelenken bei beginnender Arthrose und im rechten Kniegelenk bei leichten degenerativen Veränderungen sowie eine Schwellneigung am linken Unterschenkel aufgrund eines leichten Krampfaderleidens links mehr als rechts festzustellen. Diese Diagnosen folgen aus dem Zusatzgutachten des Dr. Sch. vom 09.05.2004 und dem Gutachten des Dr. J. vom 20.05.2008. Auch diese Erkrankungen hindern den Kläger nach Überzeugung des Senats nicht daran, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. So hat insbesondere Dr. J. ausführlich dargelegt, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit altersentsprechend frei ist, die Bewegungseinschränkungen in den Langfingermittelgelenken und im Kleinfingerendgelenk beidseits ohne Relevanz sind, die Rotationsbewegungen der Hüftgelenke altersentsprechend frei sind, die Beugung und Streckung im rechten Kniegelenk nur endgradig eingeschränkt sind und es sich nur um eine leichte Schwellneigung am linken Unterschenkel handelt. Die Schlussfolgerung des Sachverständigen, unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich auszuüben, ist daher für den Senat gut begründet. Nichts anderes hat sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. B. vom 25.09.2008 ergeben. Zwar hat er zusätzlich eine geringe Bewegungseinschränkung des rechten Daumensattelgelenks bei insgesamt rigider Fingergelenksfunktion, einen Außenmeniskusriss des rechten Kniegelenks, eine retropatellare Arthrose des linken Kniegelenks, eine Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks beiderseits sowie eine Versteifung des Kleinzehengrundgelenks in Fehlstellung diagnostiziert. Aber auch er ist zutreffend zu der Einschätzung gekommen, der Kläger könne noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten.

Als Erkrankungen auf neurologischem Fachgebiet hat Dr. W. in seinem Gutachten vom 27.05.2009 Sensibilitätsstörungen im Dermatom L5/S1 links bei durch einen Bandscheibenvorfall bedingter Nervenwurzelkompression L5 und S1 links diagnostiziert. Nach Überzeugung des Senats resultieren hieraus jedoch ebenfalls keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Auch diesbezüglich stützt sich der Senat auf die Ausführungen des Dr. Sch. in seinem Zusatzgutachten vom 31.03.2004 und des Dr. J. in seinem Gutachten vom 20.05.2008. Schon Dr. Sch. hat ein Wirbelsäulenreizsyndrom ohne neurologische Auffälligkeiten und eine Meralgia paraesthetica diagnostiziert und auch Dr. J. hat eine L5-Wurzelkompression links für wahrscheinlich erachtet. Beide Gutachter haben aber ebenso wenig wie Dr. W. eine neurologisch bedingte quantitative Leistungseinschränkung angenommen. Der Senat schließt sich, auch unter Berücksichtigung der von Dr. Sch. diagnostizierten Meralgia paraesthetica links, hinsichtlich dieser Leistungseinschätzung an.

Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde.

Für den Kläger ist der Arbeitsmarkt insbesondere nicht verschlossen, weil er aufgrund eines erhöhten Pausenbedarfs nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen arbeiten könnte. Nach § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) steht vollschichtig tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten beziehungsweise zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden (beispielsweise der Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, Gang zur Toilette oder Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte). Der Kläger benötigt nach Überzeugung des Senats keine unüblichen Pausen. Der Senat geht davon aus, dass für den Kläger die nach dem ArbZG vorgesehenen Pausen einschließlich der Verteilzeiten ausreichend sind. Zwar haben Dr. B. und Dr. W. in ihren Gutachten ausgeführt, der Kläger solle eine Pause von einer Stunde in der Mitte einhalten, um eine kurze vollständige Entlastung und Erholung zu gewährleisten. Hieraus folgt aber nach Überzeugung des Senats nicht das zwingende Erfordernis einer solchen Pausengestaltung durch den Kläger. Zum einen haben beide Sachverständigen nur ausgeführt, beim Kläger "sollte" eine solche Pause eingehalten werden. Zum anderen haben beide Sachverständigen das Erfordernis einer derartigen Pausengestaltung nicht ausreichend argumentativ begründet. Eine "kurze und vollständige Entlastung und Erholung" ist nach Ansicht des Senats bereits dadurch gewährleistet, dass der Kläger im Rahmen leichter Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen Wirbelsäule, Hüftgelenke und Kniegelenke entlasten kann. Der Einhaltung zusätzlicher Pausen bedarf es nicht. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung des Prof. Dr. M.-Q. und des Dr. C., die beide keine besonderen Arbeitsbedingungen für notwendig erachtet haben.

Auch liegt keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers vor. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers wird von keinem Sachverständigen behauptet.

Von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifische Leistungsbehinderung kann nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht ausgegangen werden, so dass die ausnahmsweise Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist. Beim Kläger bestehen vielmehr nur solche qualitative Einschränkungen, die dessen Fähigkeit, zumindest körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, nicht zusätzlich in erheblichem Umfang einschränken. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die aktenkundigen Gutachten, insbesondere auf das Gutachten des Dr. M. vom 14.05.2004, der unter Berücksichtigung der auf lungenärztlichem, nervenheilkundlichem und orthopädischem Fachgebiet eingeholten Zusatzgutachten und damit in Kenntnis aller leistungsrelevanten Erkrankungen des Klägers zu Recht zu der Beurteilung gelangt ist, unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen seien dem Kläger körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig möglich. Im Übrigen hat auch Prof. Dr. M.-Q. in seinem Gutachten vom 20.03.2006 bei seiner Leistungsbeurteilung nicht nur die Erkrankungen des Klägers auf lungenärztlichem Fachgebiet, sondern das Lumbalsyndrom, Einschränkungen im muskuloskelettalen Bereich sowie die psychische Komponente berücksichtigt und dennoch mit guten Gründen keine quantitative Leistungseinschränkung vorgenommen.

Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die Berufung hat daher keinen Erfolg und war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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