Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 153/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 95/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Streitig: Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung nach den §§ 37b, 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch SGB III nach der FAssung des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I S.4607), ( vor Inkrafttreten des 5. SGB III-Änderungsgesetzes vom 22.12.2005, BGBl. I 3676).
Aussage: Bei befristeten Arbeitsverhältnissen darf im Fall einer Meldepflichtverletzung deren subjektive Vorwerfbarkeit nicht ohne Beachtung der Zwecksetzung und Art der Befristung und der bisherigen Laufbahn und Stellung des Arbeitnehmers im Arbeitgeberbetrieb geprüft werden.
Aussage: Bei befristeten Arbeitsverhältnissen darf im Fall einer Meldepflichtverletzung deren subjektive Vorwerfbarkeit nicht ohne Beachtung der Zwecksetzung und Art der Befristung und der bisherigen Laufbahn und Stellung des Arbeitnehmers im Arbeitgeberbetrieb geprüft werden.
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 6. März 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 9. März 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2006 verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 14.11.2005 Arbeitslosengeld ohne Minderung aufgrund einer verspäteten Meldung zu gewähren.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Der 1980 geborene Kläger durchlief vom 01.09.2000 bis 28.02.2004 eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur bei der Firma (, Bauspenglerei) in A-Stadt. Nach Abschluss der Gesellenprüfung übernahm ihn die Firma K. mit Vertrag vom 01.03.2004 in einem bis zum 31.12.2004 befristeten Arbeitsverhältnis als Sanitär-Installateur.
Am 22.10.2004 meldete er sich mit Wirkung ab 01.01.2005 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrages am 22.11.2004 bestätigte er unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Die Bewerberarbeitnehmerkarte (BewA) verzeichnet unter dem Datum des 30.12.2004 folgenden Anruf: "Arbeitslosigkeit tritt nicht ein, F. wird weiterbeschäftigt." Daraus folgt in der Akte der Vermerk der Leistungsabteilung, der Antrag habe sich erledigt.
Am 14.11.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitsuchend bzw. arbeitslos mit Wirkung ab 01.01.2006 und beantragte Alg ab 01.01.2006. Laut Arbeitsbescheinigung der Firma K. vom 29.12.2005 war der Kläger in einem arbeitsvertraglich bis 31.12.2005 befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Die Fragen nach Zeitpunkt und Form des Arbeitsvertrages waren in der Arbeitsbescheinigung nicht beantwortet. Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrags am 05.01.2006 bestätigte der Kläger unterschriftlich die Richtigkeit der durch ihn oder den Antragsannehmer seitens der BA (mit grünem Stift) vorgenommenen Ergänzungen seiner Angaben. Die unter der links davon nebenstehenden vorgedruckten Versicherung, anlässlich der (aktuellen) Arbeitslosmeldung das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, vorgesehene Unterschrift des Antragstellers fehlt.
Mit Widerspruchsbelehrung versehenem Bewilligungsbescheid vom 09.01.2006 bewilligte das Arbeitsamt A-Stadt dem Kläger ab 01.01.2006 Alg für 360 Tage. Von dem ihm zustehenden täglichen Leistungssatz von 33,73 EUR (bei einem Monatssatz von 30 Tagen) müssten täglich 16,86 EUR abgezogen werden, so dass ein täglicher Leistungssatz von 16,87 EUR verbleibe. Zur Minderung erhalte er ein gesondertes Erläuterungsschreiben.
Mit dem mit 05.01.2006 datierten Schreiben an den Kläger, betitelt als "Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid - Minderung gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch" SGB III wurde die vorgenommene Minderung des Leistungssatzes unter Bezugnahme auf die §§ 37b und 140 SGB III dargelegt und erläutert.
Der Kläger sei der aus § 37b SGB III sich ergebenden Pflicht nicht rechtzeitig nachgekommen. Läge nämlich zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages - 01.01.2005 - und dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, entstehe die Meldepflicht nach § 37b SGB III spätestens drei Monate vor dem vereinbarten Ende. Danach hätte er sich bei Berücksichtigung der Tage der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit spätestens am Dienstag, den 04.10.2005, arbeitsuchend melden müssen. Er habe sich jedoch erst am 14.11.2005 gemeldet. Die Meldung sei damit um 41 Tage zu spät erfolgt.
In Anwendung des § 140 SGB III mindere sich sein Anspruch auf Leistungen um 35,00 EUR für jeden Verspätungstag, wobei generell längstens 30 Tage Verspätung angerechnet werden könnten. Daraus errechne sich bei ihm eine Gesamtminderungssumme in Höhe von insgesamt 1.050,00 EUR. Die Summe werde von Gesetzes wegen in der Weise abgetragen, dass ihm ab dem ersten Leistungstag nur die Hälfte des ihm ohne die Minderung zustehenden täglichen Alg-Satzes ausgezahlt werde. Bei einem sich bei ihm damit errechnenden täglichen Abzug von 16,86 EUR werde die Anrechnung bei normalem Verlauf mit der Zahlung des Alg für 63 Leistungstage beendet sein.
Hiergegen legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.01.2006 Widerspruch ein. Man dürfe ihm nicht vorwerfen, sich "entgegen § 37b" nicht "unverzüglich" arbeitsuchend gemeldet zu haben, wie die Folgevorschrift des § 140 SGB III verlange. Die Regelung des § 37b SGB III für die Fälle eines befristeten Arbeitsverhältnisses besage wörtlich, dass die Meldung frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen habe, auch wenn der Arbeitnehmer schon vorher in Kenntnis des Beendigungszeitpunkts sei. Unabhängig davon sei in jedem Fall auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Arbeitnehmer sichere Kenntnis von dem Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses habe. Erst bzw. nur bezogen auf diesen Zeitpunkt könne dem Arbeitnehmer der Vorwurf gemacht werden, sich nicht "unverzüglich" (schuldhaft) arbeitsuchend gemeldet zu haben.
Ein solcher Vorwurf einer fahrlässig-schuldhaften Obliegenheitsverletzung könne jemandem nur zugerechnet werden, wenn er eine offensichtliche und allgemein bekannte Verhaltenserwartung verletzt oder er über die ihm konkret auferlegte Obliegenheit in Kenntnis gesetzt worden sei. Weder sei offensichtlich noch habe man im Jahr 2005 schon als allgemein bekannt voraussetzen können, dass u.U. Kürzungen seines Alg-Anspruchs zu befürchten habe, wer sich nicht schon vor dem tatsächlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitssuchend melde. Um dem Arbeitnehmer die ihm mit dem 1. Job-Dienstleistungs-gesetz vom 23.12.2002 in § 37b SGB III auferlegte Obliegenheit der vorzeitigen Arbeitssuchendmeldung näherzubringen, habe der Gesetzgeber in dem parallel eingefügten § 2 Abs.2 Satz 2 Nr.3 SGB III den Arbeitgeber mit der Aufgabe betraut, den Arbeitnehmer rechtzeitig vor der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Pflicht zur vorzeitigen Arbeitsuchendmeldung zu unterrichten. Dies sei im gegebenen Fall seitens des Arbeitgebers des Klägers nicht so geschehen, wie vom Gesetzgeber gedacht. Vielmehr habe der Widerspruchsführer trotz befristeter Verlängerung des Arbeitsverhältnisses erst Anfang-Mitte November 2005 erfahren, dass sein Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde. Es habe ihm nämlich sein ehemaliger Arbeitgeber ständig eine weitere Vertragsverlängerung in Aussicht gestellt. Da der Kläger bei diesem Arbeitgeber ausgebildet worden und das Arbeitsverhältnis danach schon zweimal verlängert worden war, sei er - wie offenbar auch sein Arbeitgeber - davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis über den Jahreswechsel hinaus weiter fortbestehen werde. Von einer sicheren Kenntnis des Beendigungszeitpunkts könne unter diesen Umständen keine Rede sein. Über die an eine solche Kenntnis anknüpfende Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung sei er im Übrigen auch nicht von seinem Arbeitgeber, sondern zufällig von einem Bekannten informiert worden, woraufhin er sich am nächsten Tag, dem 14.11.2005, arbeitsuchend bzw. arbeitslos ab 01.01.2006 gemeldet habe.
Am 09.03.2006 erging seitens der Beklagten ein Änderungsbescheid. Im Verspätungszeitraum von 41 Tagen seien 13 abzuziehende Wochenend- und Feiertage enthalten. Damit seien ohnehin (unabhängig von der absoluten Begrenzung auf 30 Tage) nur 28 dienstbereite Verspätungstage anzurechnen. Die abzutragende Gesamtminderungssumme betrage somit nur 980,00 EUR. Der bereits zu viel einbehaltene Betrag von 31,60 EUR werde zurückerstattet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2006 wies das Arbeitsamt Augburg den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.01.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.03.2006 als unbegründet zurück. § 37b Satz 2 SGB III solle nur dem vorbeugen, dass bei, wenn auch befristeten Arbeitsverhältnissen, von vornherein längerer Dauer, dem Arbeitnehmer eine unsinnig frühzeitige Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung auferlegt sei. Die Bundesagentur für Arbeit lege die Bestimmung des § 37b Satz 2 SGB III dahingehend aus, dass bei Arbeitsverhältnissen, die länger als drei Monate befristet seien, die Meldepflicht spätestens drei Monate vor dem Ende der Befristung entstehe. Das am 29.01.2003 begründete Arbeitsverhältnis mit der Firma K. sei zunächst bis zum 31.12.2004 befristet gewesen und sei dann, nachdem sich der Kläger bereits zum 01.01.2005 arbeitslos gemeldet hatte, bis zum 31.12.2005 verlängert worden. Der Widerspruchsführer hätte seiner Meldepflicht spätestens drei Monate vor diesem Zeitpunkt, d.i. im konkreten Fall am 04.10.2005 nachkommen müssen. Tatsächlich habe er sich aber erst am 14.11.2005 arbeitsuchend gemeldet. Gründe hierfür könnten nicht anerkannt werden. Nach dem Wesen eines befristeten Arbeitsvertrages ende das Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Auch wenn das Arbeitsverhältnis des Widerspruchsführers mit der Firma K. in der Vergangenheit bereits verlängert worden sei und die Aussicht auf eine erneute Verlängerung bestanden habe, lasse dies die Verpflichtung zur Arbeitssuchendmeldung nicht entfallen, denn der Nichteintritt der Arbeitslosigkeit sei ungewiss gewesen.
Im Übrigen sei dem Widerspruchsführer nachweislich das Merkblatt 1 für Arbeitslose bereits im November 2004 anlässlich seiner Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 ausgehändigt worden. Darin sei unter Punkt 1.7 ("Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche") folgender Hinweis enthalten: "Sie sind verpflichtet, sich unverzüglich d.h. ohne schuldhaftes Zögern, persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen ... Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden ... Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führen kann." Die Nichtbeachtung dieses Hinweises habe sich der Widerspruchsführer entgegenhalten zu lassen. Soweit er fehlende Kenntnis von der Meldeobliegenheit geltend mache, könne ihm der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht erspart bleiben.
Der Kläger hat am 11.04.2006 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben, mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Er hat bestritten, anlässlich seiner Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 im November 2004 das Merkblatt für Arbeitslose erhalten zu haben. Abgesehen davon könnten Merkblätter die konkreten Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten nach den §§ 14 und 15 SGB I nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Ein konkreter Anlass, ihn über die Folgen einer (nach Gesetzesauslegung der Beklagten) verspäteten Arbeitssuchend- bzw. Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 zu informieren, hätte bereits anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrags am 22. bzw. 23.11.2004 (so die BewA, auf dem Antragsvordruck angebrachten Eingangsstempel 10.12.2004) bestanden.
Nach Ansicht der Beklagten habe dem Kläger die Meldeobliegenheit spätestens schon ein Jahr zuvor - im November 2004 -bekannt sein müssen. Er habe bei Abgabe des seinerzeitigen Leistungsantrags am 22.11.2004 unterschriftlich bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Dieses Merkblatt enthalte unter Punkt 1.7 den unmissverständlichen Hinweis, dass Arbeitslose, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stünden, sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden müssten, anderenfalls eine Minderung des Arbeitslosengeldes drohe. Wenn der Kläger gleichwohl behaupte, von der gesetzlichen Meldepflicht erst im November 2005 erfahren zu haben, müsse er sich den Vorwurf der Fahrlässigkeit gefallen lassen. Ob der Kläger entsprechend § 2 Abs.2 Satz 2 Nr.3 SGB III von Arbeitgeberseite über die Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung informiert worden sei oder nicht, sei in Hinblick darauf unbeachtlich.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 06.03.2008 die Klage unter Übernahme des Vorbringens der Beklagten als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen Berufung am 14.04.2008 eingelegt.
Die Beklagte hat dem Senat einen Abdruck über sämtliche in der BewA vermerkten Kontakte mit dem Kläger von der erstmaligen Arbeitsuchend- bzw. Arbeitslosmeldung am 22.10.2004 bis Erhalt des ausgefüllten Antrags am 23.11.2004 und bis zum Empfang der anlässlich der nochmaligen Arbeitslosmeldung vom 14.11.2005 am 05.01.2006 abgegebenen ausgefüllten Antragsunterlagen zugesandt. Unter "Text" findet sich nur einmal, nämlich anlässlich der persönlichen Arbeitslosmeldung vom 14.11.2005, der ausdrückliche Vermerk: "Merkblatt 1 und Hinweisblatt ausgehändigt".
Die Firma K. hat dem Senat Kopien der befristeten Arbeitsverträge vom 01.03.2004
- nach Abschluss der Lehre am 28.02.2004 - für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.12.2004 und des Verlängerungsvertrages für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 überlassen.
Jeweils in § 6 steht, überschrieben mit: "Wichtige Änderung bei der Arbeitslos-Meldung beim Arbeitsamt ab 01.07.2003", der Arbeitnehmer möge beachten: "Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind Sie verpflichtet, sich drei Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden. Sofern dieses Arbeitsverhältnis für eine kürzere Dauer als drei Monate befristet ist, besteht diese Verpflichtung unverzüglich. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen".
Im Erörterungs- und Beweistermin vom 12.02.2009 sind als Zeuginnen Frau E. von der Agentur für Arbeit A-Stadt und Frau C. für die Firma K. angehört worden. Die Zeugin E. hatte nach der BewA erstmals am 30.12.2004 Kontakt mit dem Kläger, als dieser laut Vermerk per Telefon mitteilte, dass er seine Arbeitslosmeldung mit Alg-Antrag ab 01.01.2005 nicht aufrechterhalte, da er weiterbeschäftigt werde. An irgend einen anderen Inhalt des Gesprächs konnte sie sich nicht erinnern.
Die Zeugin C. hat angegeben, befristete Arbeitsverträge, wie die hier vorgelegten, mit dem Kläger vom 01.03.2004 und 01.01.2005 würden nur mit den im Betrieb ausgelernten Arbeitnehmern in der ersten Zeit ihrer Beschäftigung vereinbart. Ob sie den in Ausbildung Befindlichen oder im Anschluss daran Weiterbeschäftigten sagen könnten, ob sie weiterbeschäftigt würden, stelle sich und habe sich damals erst jeweils im Dezember für das folgende Jahr mit Sicherheit herausgestellt, was durch die wechselnde Auftragslage und die dadurch notwendige Flexibilität bedingt sei. Erst dann wüssten sie, für welchen Personalbestand der Betrieb die Kosten tragen könne.
Der Klägervertreter beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 06.03.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich auf Anfrage des Gerichts nach §§ 153 Abs.1, 124 Abs.2 SGG mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Akten des Sozialgerichts sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und des übergebenen Merkblattes 1 für Arbeitslose aus dem Jahr 2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung ist auch begründet. Der Gerichtsbescheid des SG A-Stadt vom 06.03.2008 war aufzuheben. Der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers nach § 54 Abs.4 SGG war stattzugeben. Die Beklagte war unter (Teil)-Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 zu verpflichten, dem Kläger ab Leistungsbeginn vom 01.01.2006 Arbeitslosengeld ohne Minderung wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung zu gewähren.
Die Rechtsgrundlage, auf die die Beklagte sich stützt, ist der mit Wirkung vom 01.07.2003 durch das 1. Job-Dienstleistungsgesetz vom 23.12.2002 (BGBl.I S.4607) § 37b SGB III i.V.m. dem die Folgen einer Meldepflichtverletzung regelnden § 140 SGB III ab 01.01.2005. Das am 31.12.2005 in Kraft getretene 5. SGB III-Änderungsgesetz vom 22.12.2005 (BGBl. I S.3676), d.h. die Umformulierung des § 37b SGB III sowie einheitlicher Sanktionierung einer Meldepflichtverletzung mit einer einwöchigen Sperrzeit nach § 144 Abs.1 Nr.7 SGB III bei Aufhebung des § 140 SGB III war im Fall des Klägers noch nicht anzuwenden. Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des § 434m SGB III daraus, dass die von der Beklagten geltend gemachte Meldepflichtverletzung vom 04.10.2005, mithin einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des 5. SGB III-Änderungsge-setzes datiert.
§ 37b SGB III in der im Fall des Klägers noch anzuwendenden Fassung lautete in Satz 1 und 2: "Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Im Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen."
Der nachfolgend aufgehobene § 140 SGB III sanktionierte eine Meldepflichtverletzung nach § 37b SGB III mit einer Minderung von 7,00 EUR, 35,00 EUR oder 50,00 EUR, orientiert an dem, dem Alg des Betroffenen zu Grunde liegenden Bemessungsentgelt, für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens für 30 Verspätungstage.
Die Bedenken in Rechtsprechung und Literatur an der Einführung der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung vor Eintritt der tatsächlichen Arbeitslosigkeit und der Sanktionierung der Meldepflichtverletzung durch Minderung des Alg-Anspruchs in der hier noch anzuwendenden Gesetzesfassung der §§ 37b, 140 SGB III beruhten insbesondere auf Zweifeln an der rechtsstaatlich gebotenen Verhältnismäßigkeit, hier neben der Frage der Geeignetheit des Mittels für den beabsichtigten Zweck insbesondere der Beachtung des Übermaßverbots. So stehen die "rigiden Rechtsfolgen" im "oberen Sanktionsbereich" (so die Feststellung des BSG vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 R Rz.21) z.B. in keiner erklärbaren Beziehung dazu, welches Verhalten gerade so oder so sanktioniert wurde und wen es gerade traf. Hier hat die nunmehrige pauschale Sanktionierung im untersten Sperrzeitbereich eine Änderung geschaffen. Im Hinblick auf die schon vorgesehene Aufhebung des § 140 SGB III und Sanktionierung der Meldepflichtverletzung im untersten Sperrzeitbereich hat - bei der gegebenen Übergangsregelung - das BSG im Urteil vom 28.08.2007 (a.a.O.) die Verfassungsmäßigkeit der ursprünglichen und hier noch anzuwenden Regelung gerade noch als gegeben angesehen. In Konsequenz dessen hat die BSG-Rechtsprechung dem Rechtsanwender - bis zum Inkrafttreten der erwarteten Neuregelung - eine möglichst enge Auslegung der §§ 37b, 140 SGB III aufgegeben.
Einigkeit besteht bzw. bestand darüber, dass die Verletzung einer "Obliegenheit", wie die Pflicht zur vorzeitigen Arbeitsuchendmeldung definiert wurde, um sanktioniert werden zu können, im konkreten Fall individuell ("subjektiv") vorwerfbar sein müsse. Dies verlange zwar keine gesteigerte grobe Fahrlässigkeit. Der Vorwurf der, wenn auch einfachen Fahrlässigkeit, kann und konnte dem Betroffenen allerdings nur gemacht werden, wenn er in der konkreten Situation nach Maßgabe seiner subjektiven Erkenntnisfähigkeit den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses kannte oder hätte kennen müssen und soweit er nicht an der Erfüllung seiner Meldepflicht gehindert war ("doppelte Verschuldensprüfung", s. BSG vom 18.08.2005 SozR 4-1500 § 95 SGG Nr.1 Rz.10, 11, BSG vom 25.05.2005 Az.: B 11a/11 AL 81/04, insbesondere Rz.26 bis 30, BSG vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 Rz.13).
Um Kenntnis von dem Beendigungszeitpunkt eines Arbeitsverhältnisses haben zu können, - kein anderes Wort als "Kenntnis" wird in der Rechtsprechung gebraucht -, muss der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses überhaupt erst feststehen und muss des Weiteren dem Arbeitnehmer bekannt sein oder vorwerfbar nicht bekannt sein (Winkler in Gagel 2005, Rz.40 zu § 140 SGB III sowie insbesondere BSG vom 20.10.2005 Az.: B /7a AL 50/05 R Rz.19 a.E.). Dies macht die Anwendung des § 37b SGB III in der Fassung des 1. Job-Dienstleistungsgesetzes gerade bei befristeten Arbeitsverhältnissen, - je nachdem, um welche Art von befristeten Arbeitsverhältnissen es sich handelt -, besonders schwierig. Es ist in § 37b a.F. SGB III vom reinen Wortlaut her nicht eindeutig geregelt, bis wann bei befristeten Arbeitsverhältnissen die Meldung zu erfolgen hat. (Gagel a.a.O. mit Hinweis auf sozialgerichtliche Rechtsprechung). Um eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Überprivilegierung befristeter Arbeitsverhältnisse zu vermeiden -, darf aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung heraus das "frühestens" im Sinne eines "spätestens" ausgelegt werden (BSG vom 20.10.2005 Az.: B 7a AL 50/05 R Rz. 15). Das BSG gibt im Urteil vom 20.10.2005 (a.a.O., in Rz. 18) dem Rechtsanwender jedoch auf, dass bei der nicht optimal eindeutigen Formulierung des § 37b Satz 2 SGB III gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse dies zu Gunsten der Betroffenen im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung zu beachten ist.
Die Aushändigung des Merkblattes 1 für Arbeitslose 2004 bleibt für den Senat zweifelhaft, nachdem Derartiges in der BewA in den Kontaktvermerken anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 22.10.2004 für den 01.01.2005 nirgends vermerkt ist. Wenn gleichwohl der Kläger im Erörterungs- und Beweistermin vom 12.02.2009 bei Anblick seiner am 22.11.2004 geleisteten Unterschrift unter dem entsprechenden linken Kästchen in der Rubrik Nr. 6 des ausgefüllten Alg-Antragsvordrucks aus Anlass der Arbeitslosmeldung vom 22.10.2004 meinte, er müsse wohl das Merkblatt erhalten haben, habe es aber jedenfalls nicht gelesen, da er zu diesem Zeitpunkt noch gehofft habe, auch ab dem nächsten Jahr weiterbeschäftigt zu werden, so kann ihm dies jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Merkblatt (auch wenn innenseitig im Vorwort auf Seite 3 darauf hingewiesen wird, dass nachfolgend über die Pflichten unterrichtet wird, wenn der Merkblattempfänger Alg oder Alhi beantrage) ist auf dem Einbanddeckel gesperrt und in großer Schrift als Merkblatt für Arbeitslose bezeichnet. Als solcher brauchte er sich zu diesem Zeitpunkt und auch am 30.12.2004, als er das Arbeitsamt per Telefon von der Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses unterrichtete, nicht zu fühlen, sowie auch das Arbeitsamt sich auf den Vermerk beschränkte, dass Arbeitslosigkeit nicht eintrete und von sich aus jegliche weiteren Aktivitäten einstellte.
Befristete Anschlussarbeitsverträge bei dort Ausgebildeten sind und waren bei der Firma K. nach Angaben der Zeugin C., - soweit dort ausgebildete Lehrlinge überhaupt übernommen werden konnten -, in der ersten Zeit der anschließenden Weiterbeschäftigung zur Absicherung üblich. Wegen der wechselnden Auftragslage hat sich auch bisher erst im Dezember eines Jahres mit Sicherheit herausstellen können, ob die bei der Firma K. ausgebildeten oder im Anschluss daran zunächst einmal befristet übernommenen Weiterbeschäftigten, weiter beschäftigt werden könnten. Selbst die Firma K. konnte ungeachtet des Abschlusses des für ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages mit dem Kläger vom 01.01.2005 und der in § 6 des Arbeitsvertrages enthaltenen Klausel bis Dezember des Jahres nicht sicher wissen, ob das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger tatsächlich am 32.12.2005 beendet sein würde. Die Zeugin C. hat ihren Ehemann ausdrücklich dazu befragt. Auch dieser konnte sich wie sie selbst nicht daran erinnern, wann genau er dem Kläger gesagt hat, dass er ihn über die Befristung zum Ende des Jahres 2005 hinaus nicht weiter beschäftigen kann.
Dies konnte er nach den insoweit glaubwürdigen Angaben der Zeugin mit Sicherheit tatsächlich erst im Dezember auch des Jahres 2005. Dies gilt für den Kläger im Besonderen, nachdem nach Angaben der Zeugin C. der Kläger aufgrund seiner fachlichen Qualitäten als einziger der mit ihm ausgebildeten Lehrlinge zunächst im befristeten Arbeitsverhältnis vom 01.03.2004, dann im bis zum 31.12.2005 verlängerten Arbeitsverhältnis weiter beschäftigt worden war und sich berechtigte Hoffnungen machen durfte, auch weiterhin übernommen zu werden.
Immerhin hat sich der Kläger bereits am 14.11.2005 unter persönlicher Vorsprache arbeitsuchend bzw. arbeitslos ab 01.01.2006 gemeldet und Alg beantragt. Danach wurden u.a. ihm das Merkblatt 1 und ein Hinweisblatt ausgehändigt. Auch ist vermerkt, dass er angegeben habe, eventuell im Frühjahr wieder beim bisherigen Arbeitgeber eingestellt zu werden. Dies muss so ausgelegt werden, dass der Kläger im November 2005 den Inhaber der Firma K. oder auch die Zeugin, die sich nicht mehr daran erinnern kann, bedrängt hat, ihm doch eine so konkret wie mögliche Auskunft über die Chancen seiner Weiterbeschäftigung zu geben, und dahingehend beschieden wurde, dass es nach derzeitigen Kenntnissen über die Auftragslage im kommenden Jahr eher nicht wahrscheinlich sei, er aber Chancen habe, im kommenden Frühjahr wieder eingestellt zu werden, und dass der Kläger sich daraufhin - eventuell unter Ratsuche bei einem Bekannten - näher mit dem Problem der frühzeitigen Meldepflicht befasste, woraufhin er dann am 14.11.2005 beim Arbeitsamt vorsprach.
Demnach waren die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als dem Kläger darin ab 01.01.2006 nicht der volle Alg-Leistungssatz, sondern nur ein wegen ihm vorgeworfener verspäteter Arbeitsuchendmeldung geminderter Alg-Leistungssatz gewährt wurde und die Beklagte zur Leistung ohne Minderung wegen verspäteter Meldung zu verpflichten.
Der Kläger bzw. Klägervertreter hat zwar beantragt, die Beklagte unter (Teil-)Aufhebung der Bescheide vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu gewähren, dies aber stets in dem Sinne, dass die Beklagte verurteilt werden möge, dem Kläger das volle Alg ohne die vorgenommene Minderung wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung zu gewähren. Da das BSG bei früheren Streitigkeiten wegen Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung selbst eine auf eine (Teil-)Aufhebung der angefochtenen Bewilligungsbescheide gerichtete bloße Anfechtungsklage für ausreichend zielgerecht und zulässig hält (BSG vom 18.08.2005 SozR 4-1500 ‚ § 95 SGG Rz. 8, zuletzt vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 R Rz. 10), musste es auch zulässig sein, im Rahmen einer wie hier eingeschränkten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG (s. BSG vom 25.05.2005 Az.: B 11a/11 AL 81/04 R Rz. 13) ein Grundurteil gemäß § 130 SGG zu erlassen, wie hier geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG bestand nicht.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Der 1980 geborene Kläger durchlief vom 01.09.2000 bis 28.02.2004 eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur bei der Firma (, Bauspenglerei) in A-Stadt. Nach Abschluss der Gesellenprüfung übernahm ihn die Firma K. mit Vertrag vom 01.03.2004 in einem bis zum 31.12.2004 befristeten Arbeitsverhältnis als Sanitär-Installateur.
Am 22.10.2004 meldete er sich mit Wirkung ab 01.01.2005 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrages am 22.11.2004 bestätigte er unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Die Bewerberarbeitnehmerkarte (BewA) verzeichnet unter dem Datum des 30.12.2004 folgenden Anruf: "Arbeitslosigkeit tritt nicht ein, F. wird weiterbeschäftigt." Daraus folgt in der Akte der Vermerk der Leistungsabteilung, der Antrag habe sich erledigt.
Am 14.11.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitsuchend bzw. arbeitslos mit Wirkung ab 01.01.2006 und beantragte Alg ab 01.01.2006. Laut Arbeitsbescheinigung der Firma K. vom 29.12.2005 war der Kläger in einem arbeitsvertraglich bis 31.12.2005 befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Die Fragen nach Zeitpunkt und Form des Arbeitsvertrages waren in der Arbeitsbescheinigung nicht beantwortet. Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrags am 05.01.2006 bestätigte der Kläger unterschriftlich die Richtigkeit der durch ihn oder den Antragsannehmer seitens der BA (mit grünem Stift) vorgenommenen Ergänzungen seiner Angaben. Die unter der links davon nebenstehenden vorgedruckten Versicherung, anlässlich der (aktuellen) Arbeitslosmeldung das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, vorgesehene Unterschrift des Antragstellers fehlt.
Mit Widerspruchsbelehrung versehenem Bewilligungsbescheid vom 09.01.2006 bewilligte das Arbeitsamt A-Stadt dem Kläger ab 01.01.2006 Alg für 360 Tage. Von dem ihm zustehenden täglichen Leistungssatz von 33,73 EUR (bei einem Monatssatz von 30 Tagen) müssten täglich 16,86 EUR abgezogen werden, so dass ein täglicher Leistungssatz von 16,87 EUR verbleibe. Zur Minderung erhalte er ein gesondertes Erläuterungsschreiben.
Mit dem mit 05.01.2006 datierten Schreiben an den Kläger, betitelt als "Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid - Minderung gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch" SGB III wurde die vorgenommene Minderung des Leistungssatzes unter Bezugnahme auf die §§ 37b und 140 SGB III dargelegt und erläutert.
Der Kläger sei der aus § 37b SGB III sich ergebenden Pflicht nicht rechtzeitig nachgekommen. Läge nämlich zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages - 01.01.2005 - und dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, entstehe die Meldepflicht nach § 37b SGB III spätestens drei Monate vor dem vereinbarten Ende. Danach hätte er sich bei Berücksichtigung der Tage der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit spätestens am Dienstag, den 04.10.2005, arbeitsuchend melden müssen. Er habe sich jedoch erst am 14.11.2005 gemeldet. Die Meldung sei damit um 41 Tage zu spät erfolgt.
In Anwendung des § 140 SGB III mindere sich sein Anspruch auf Leistungen um 35,00 EUR für jeden Verspätungstag, wobei generell längstens 30 Tage Verspätung angerechnet werden könnten. Daraus errechne sich bei ihm eine Gesamtminderungssumme in Höhe von insgesamt 1.050,00 EUR. Die Summe werde von Gesetzes wegen in der Weise abgetragen, dass ihm ab dem ersten Leistungstag nur die Hälfte des ihm ohne die Minderung zustehenden täglichen Alg-Satzes ausgezahlt werde. Bei einem sich bei ihm damit errechnenden täglichen Abzug von 16,86 EUR werde die Anrechnung bei normalem Verlauf mit der Zahlung des Alg für 63 Leistungstage beendet sein.
Hiergegen legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.01.2006 Widerspruch ein. Man dürfe ihm nicht vorwerfen, sich "entgegen § 37b" nicht "unverzüglich" arbeitsuchend gemeldet zu haben, wie die Folgevorschrift des § 140 SGB III verlange. Die Regelung des § 37b SGB III für die Fälle eines befristeten Arbeitsverhältnisses besage wörtlich, dass die Meldung frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen habe, auch wenn der Arbeitnehmer schon vorher in Kenntnis des Beendigungszeitpunkts sei. Unabhängig davon sei in jedem Fall auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Arbeitnehmer sichere Kenntnis von dem Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses habe. Erst bzw. nur bezogen auf diesen Zeitpunkt könne dem Arbeitnehmer der Vorwurf gemacht werden, sich nicht "unverzüglich" (schuldhaft) arbeitsuchend gemeldet zu haben.
Ein solcher Vorwurf einer fahrlässig-schuldhaften Obliegenheitsverletzung könne jemandem nur zugerechnet werden, wenn er eine offensichtliche und allgemein bekannte Verhaltenserwartung verletzt oder er über die ihm konkret auferlegte Obliegenheit in Kenntnis gesetzt worden sei. Weder sei offensichtlich noch habe man im Jahr 2005 schon als allgemein bekannt voraussetzen können, dass u.U. Kürzungen seines Alg-Anspruchs zu befürchten habe, wer sich nicht schon vor dem tatsächlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitssuchend melde. Um dem Arbeitnehmer die ihm mit dem 1. Job-Dienstleistungs-gesetz vom 23.12.2002 in § 37b SGB III auferlegte Obliegenheit der vorzeitigen Arbeitssuchendmeldung näherzubringen, habe der Gesetzgeber in dem parallel eingefügten § 2 Abs.2 Satz 2 Nr.3 SGB III den Arbeitgeber mit der Aufgabe betraut, den Arbeitnehmer rechtzeitig vor der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Pflicht zur vorzeitigen Arbeitsuchendmeldung zu unterrichten. Dies sei im gegebenen Fall seitens des Arbeitgebers des Klägers nicht so geschehen, wie vom Gesetzgeber gedacht. Vielmehr habe der Widerspruchsführer trotz befristeter Verlängerung des Arbeitsverhältnisses erst Anfang-Mitte November 2005 erfahren, dass sein Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde. Es habe ihm nämlich sein ehemaliger Arbeitgeber ständig eine weitere Vertragsverlängerung in Aussicht gestellt. Da der Kläger bei diesem Arbeitgeber ausgebildet worden und das Arbeitsverhältnis danach schon zweimal verlängert worden war, sei er - wie offenbar auch sein Arbeitgeber - davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis über den Jahreswechsel hinaus weiter fortbestehen werde. Von einer sicheren Kenntnis des Beendigungszeitpunkts könne unter diesen Umständen keine Rede sein. Über die an eine solche Kenntnis anknüpfende Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung sei er im Übrigen auch nicht von seinem Arbeitgeber, sondern zufällig von einem Bekannten informiert worden, woraufhin er sich am nächsten Tag, dem 14.11.2005, arbeitsuchend bzw. arbeitslos ab 01.01.2006 gemeldet habe.
Am 09.03.2006 erging seitens der Beklagten ein Änderungsbescheid. Im Verspätungszeitraum von 41 Tagen seien 13 abzuziehende Wochenend- und Feiertage enthalten. Damit seien ohnehin (unabhängig von der absoluten Begrenzung auf 30 Tage) nur 28 dienstbereite Verspätungstage anzurechnen. Die abzutragende Gesamtminderungssumme betrage somit nur 980,00 EUR. Der bereits zu viel einbehaltene Betrag von 31,60 EUR werde zurückerstattet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2006 wies das Arbeitsamt Augburg den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.01.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.03.2006 als unbegründet zurück. § 37b Satz 2 SGB III solle nur dem vorbeugen, dass bei, wenn auch befristeten Arbeitsverhältnissen, von vornherein längerer Dauer, dem Arbeitnehmer eine unsinnig frühzeitige Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung auferlegt sei. Die Bundesagentur für Arbeit lege die Bestimmung des § 37b Satz 2 SGB III dahingehend aus, dass bei Arbeitsverhältnissen, die länger als drei Monate befristet seien, die Meldepflicht spätestens drei Monate vor dem Ende der Befristung entstehe. Das am 29.01.2003 begründete Arbeitsverhältnis mit der Firma K. sei zunächst bis zum 31.12.2004 befristet gewesen und sei dann, nachdem sich der Kläger bereits zum 01.01.2005 arbeitslos gemeldet hatte, bis zum 31.12.2005 verlängert worden. Der Widerspruchsführer hätte seiner Meldepflicht spätestens drei Monate vor diesem Zeitpunkt, d.i. im konkreten Fall am 04.10.2005 nachkommen müssen. Tatsächlich habe er sich aber erst am 14.11.2005 arbeitsuchend gemeldet. Gründe hierfür könnten nicht anerkannt werden. Nach dem Wesen eines befristeten Arbeitsvertrages ende das Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Auch wenn das Arbeitsverhältnis des Widerspruchsführers mit der Firma K. in der Vergangenheit bereits verlängert worden sei und die Aussicht auf eine erneute Verlängerung bestanden habe, lasse dies die Verpflichtung zur Arbeitssuchendmeldung nicht entfallen, denn der Nichteintritt der Arbeitslosigkeit sei ungewiss gewesen.
Im Übrigen sei dem Widerspruchsführer nachweislich das Merkblatt 1 für Arbeitslose bereits im November 2004 anlässlich seiner Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 ausgehändigt worden. Darin sei unter Punkt 1.7 ("Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche") folgender Hinweis enthalten: "Sie sind verpflichtet, sich unverzüglich d.h. ohne schuldhaftes Zögern, persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen ... Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden ... Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führen kann." Die Nichtbeachtung dieses Hinweises habe sich der Widerspruchsführer entgegenhalten zu lassen. Soweit er fehlende Kenntnis von der Meldeobliegenheit geltend mache, könne ihm der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht erspart bleiben.
Der Kläger hat am 11.04.2006 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben, mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Er hat bestritten, anlässlich seiner Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 im November 2004 das Merkblatt für Arbeitslose erhalten zu haben. Abgesehen davon könnten Merkblätter die konkreten Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten nach den §§ 14 und 15 SGB I nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Ein konkreter Anlass, ihn über die Folgen einer (nach Gesetzesauslegung der Beklagten) verspäteten Arbeitssuchend- bzw. Arbeitslosmeldung zum 01.01.2005 zu informieren, hätte bereits anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrags am 22. bzw. 23.11.2004 (so die BewA, auf dem Antragsvordruck angebrachten Eingangsstempel 10.12.2004) bestanden.
Nach Ansicht der Beklagten habe dem Kläger die Meldeobliegenheit spätestens schon ein Jahr zuvor - im November 2004 -bekannt sein müssen. Er habe bei Abgabe des seinerzeitigen Leistungsantrags am 22.11.2004 unterschriftlich bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Dieses Merkblatt enthalte unter Punkt 1.7 den unmissverständlichen Hinweis, dass Arbeitslose, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stünden, sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden müssten, anderenfalls eine Minderung des Arbeitslosengeldes drohe. Wenn der Kläger gleichwohl behaupte, von der gesetzlichen Meldepflicht erst im November 2005 erfahren zu haben, müsse er sich den Vorwurf der Fahrlässigkeit gefallen lassen. Ob der Kläger entsprechend § 2 Abs.2 Satz 2 Nr.3 SGB III von Arbeitgeberseite über die Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung informiert worden sei oder nicht, sei in Hinblick darauf unbeachtlich.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 06.03.2008 die Klage unter Übernahme des Vorbringens der Beklagten als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen Berufung am 14.04.2008 eingelegt.
Die Beklagte hat dem Senat einen Abdruck über sämtliche in der BewA vermerkten Kontakte mit dem Kläger von der erstmaligen Arbeitsuchend- bzw. Arbeitslosmeldung am 22.10.2004 bis Erhalt des ausgefüllten Antrags am 23.11.2004 und bis zum Empfang der anlässlich der nochmaligen Arbeitslosmeldung vom 14.11.2005 am 05.01.2006 abgegebenen ausgefüllten Antragsunterlagen zugesandt. Unter "Text" findet sich nur einmal, nämlich anlässlich der persönlichen Arbeitslosmeldung vom 14.11.2005, der ausdrückliche Vermerk: "Merkblatt 1 und Hinweisblatt ausgehändigt".
Die Firma K. hat dem Senat Kopien der befristeten Arbeitsverträge vom 01.03.2004
- nach Abschluss der Lehre am 28.02.2004 - für die Zeit vom 01.03.2004 bis 31.12.2004 und des Verlängerungsvertrages für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 überlassen.
Jeweils in § 6 steht, überschrieben mit: "Wichtige Änderung bei der Arbeitslos-Meldung beim Arbeitsamt ab 01.07.2003", der Arbeitnehmer möge beachten: "Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind Sie verpflichtet, sich drei Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses persönlich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden. Sofern dieses Arbeitsverhältnis für eine kürzere Dauer als drei Monate befristet ist, besteht diese Verpflichtung unverzüglich. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen".
Im Erörterungs- und Beweistermin vom 12.02.2009 sind als Zeuginnen Frau E. von der Agentur für Arbeit A-Stadt und Frau C. für die Firma K. angehört worden. Die Zeugin E. hatte nach der BewA erstmals am 30.12.2004 Kontakt mit dem Kläger, als dieser laut Vermerk per Telefon mitteilte, dass er seine Arbeitslosmeldung mit Alg-Antrag ab 01.01.2005 nicht aufrechterhalte, da er weiterbeschäftigt werde. An irgend einen anderen Inhalt des Gesprächs konnte sie sich nicht erinnern.
Die Zeugin C. hat angegeben, befristete Arbeitsverträge, wie die hier vorgelegten, mit dem Kläger vom 01.03.2004 und 01.01.2005 würden nur mit den im Betrieb ausgelernten Arbeitnehmern in der ersten Zeit ihrer Beschäftigung vereinbart. Ob sie den in Ausbildung Befindlichen oder im Anschluss daran Weiterbeschäftigten sagen könnten, ob sie weiterbeschäftigt würden, stelle sich und habe sich damals erst jeweils im Dezember für das folgende Jahr mit Sicherheit herausgestellt, was durch die wechselnde Auftragslage und die dadurch notwendige Flexibilität bedingt sei. Erst dann wüssten sie, für welchen Personalbestand der Betrieb die Kosten tragen könne.
Der Klägervertreter beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 06.03.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich auf Anfrage des Gerichts nach §§ 153 Abs.1, 124 Abs.2 SGG mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Akten des Sozialgerichts sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und des übergebenen Merkblattes 1 für Arbeitslose aus dem Jahr 2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung ist auch begründet. Der Gerichtsbescheid des SG A-Stadt vom 06.03.2008 war aufzuheben. Der Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers nach § 54 Abs.4 SGG war stattzugeben. Die Beklagte war unter (Teil)-Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 zu verpflichten, dem Kläger ab Leistungsbeginn vom 01.01.2006 Arbeitslosengeld ohne Minderung wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung zu gewähren.
Die Rechtsgrundlage, auf die die Beklagte sich stützt, ist der mit Wirkung vom 01.07.2003 durch das 1. Job-Dienstleistungsgesetz vom 23.12.2002 (BGBl.I S.4607) § 37b SGB III i.V.m. dem die Folgen einer Meldepflichtverletzung regelnden § 140 SGB III ab 01.01.2005. Das am 31.12.2005 in Kraft getretene 5. SGB III-Änderungsgesetz vom 22.12.2005 (BGBl. I S.3676), d.h. die Umformulierung des § 37b SGB III sowie einheitlicher Sanktionierung einer Meldepflichtverletzung mit einer einwöchigen Sperrzeit nach § 144 Abs.1 Nr.7 SGB III bei Aufhebung des § 140 SGB III war im Fall des Klägers noch nicht anzuwenden. Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des § 434m SGB III daraus, dass die von der Beklagten geltend gemachte Meldepflichtverletzung vom 04.10.2005, mithin einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des 5. SGB III-Änderungsge-setzes datiert.
§ 37b SGB III in der im Fall des Klägers noch anzuwendenden Fassung lautete in Satz 1 und 2: "Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Im Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen."
Der nachfolgend aufgehobene § 140 SGB III sanktionierte eine Meldepflichtverletzung nach § 37b SGB III mit einer Minderung von 7,00 EUR, 35,00 EUR oder 50,00 EUR, orientiert an dem, dem Alg des Betroffenen zu Grunde liegenden Bemessungsentgelt, für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens für 30 Verspätungstage.
Die Bedenken in Rechtsprechung und Literatur an der Einführung der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung vor Eintritt der tatsächlichen Arbeitslosigkeit und der Sanktionierung der Meldepflichtverletzung durch Minderung des Alg-Anspruchs in der hier noch anzuwendenden Gesetzesfassung der §§ 37b, 140 SGB III beruhten insbesondere auf Zweifeln an der rechtsstaatlich gebotenen Verhältnismäßigkeit, hier neben der Frage der Geeignetheit des Mittels für den beabsichtigten Zweck insbesondere der Beachtung des Übermaßverbots. So stehen die "rigiden Rechtsfolgen" im "oberen Sanktionsbereich" (so die Feststellung des BSG vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 R Rz.21) z.B. in keiner erklärbaren Beziehung dazu, welches Verhalten gerade so oder so sanktioniert wurde und wen es gerade traf. Hier hat die nunmehrige pauschale Sanktionierung im untersten Sperrzeitbereich eine Änderung geschaffen. Im Hinblick auf die schon vorgesehene Aufhebung des § 140 SGB III und Sanktionierung der Meldepflichtverletzung im untersten Sperrzeitbereich hat - bei der gegebenen Übergangsregelung - das BSG im Urteil vom 28.08.2007 (a.a.O.) die Verfassungsmäßigkeit der ursprünglichen und hier noch anzuwenden Regelung gerade noch als gegeben angesehen. In Konsequenz dessen hat die BSG-Rechtsprechung dem Rechtsanwender - bis zum Inkrafttreten der erwarteten Neuregelung - eine möglichst enge Auslegung der §§ 37b, 140 SGB III aufgegeben.
Einigkeit besteht bzw. bestand darüber, dass die Verletzung einer "Obliegenheit", wie die Pflicht zur vorzeitigen Arbeitsuchendmeldung definiert wurde, um sanktioniert werden zu können, im konkreten Fall individuell ("subjektiv") vorwerfbar sein müsse. Dies verlange zwar keine gesteigerte grobe Fahrlässigkeit. Der Vorwurf der, wenn auch einfachen Fahrlässigkeit, kann und konnte dem Betroffenen allerdings nur gemacht werden, wenn er in der konkreten Situation nach Maßgabe seiner subjektiven Erkenntnisfähigkeit den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses kannte oder hätte kennen müssen und soweit er nicht an der Erfüllung seiner Meldepflicht gehindert war ("doppelte Verschuldensprüfung", s. BSG vom 18.08.2005 SozR 4-1500 § 95 SGG Nr.1 Rz.10, 11, BSG vom 25.05.2005 Az.: B 11a/11 AL 81/04, insbesondere Rz.26 bis 30, BSG vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 Rz.13).
Um Kenntnis von dem Beendigungszeitpunkt eines Arbeitsverhältnisses haben zu können, - kein anderes Wort als "Kenntnis" wird in der Rechtsprechung gebraucht -, muss der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses überhaupt erst feststehen und muss des Weiteren dem Arbeitnehmer bekannt sein oder vorwerfbar nicht bekannt sein (Winkler in Gagel 2005, Rz.40 zu § 140 SGB III sowie insbesondere BSG vom 20.10.2005 Az.: B /7a AL 50/05 R Rz.19 a.E.). Dies macht die Anwendung des § 37b SGB III in der Fassung des 1. Job-Dienstleistungsgesetzes gerade bei befristeten Arbeitsverhältnissen, - je nachdem, um welche Art von befristeten Arbeitsverhältnissen es sich handelt -, besonders schwierig. Es ist in § 37b a.F. SGB III vom reinen Wortlaut her nicht eindeutig geregelt, bis wann bei befristeten Arbeitsverhältnissen die Meldung zu erfolgen hat. (Gagel a.a.O. mit Hinweis auf sozialgerichtliche Rechtsprechung). Um eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Überprivilegierung befristeter Arbeitsverhältnisse zu vermeiden -, darf aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung heraus das "frühestens" im Sinne eines "spätestens" ausgelegt werden (BSG vom 20.10.2005 Az.: B 7a AL 50/05 R Rz. 15). Das BSG gibt im Urteil vom 20.10.2005 (a.a.O., in Rz. 18) dem Rechtsanwender jedoch auf, dass bei der nicht optimal eindeutigen Formulierung des § 37b Satz 2 SGB III gerade in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse dies zu Gunsten der Betroffenen im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung zu beachten ist.
Die Aushändigung des Merkblattes 1 für Arbeitslose 2004 bleibt für den Senat zweifelhaft, nachdem Derartiges in der BewA in den Kontaktvermerken anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 22.10.2004 für den 01.01.2005 nirgends vermerkt ist. Wenn gleichwohl der Kläger im Erörterungs- und Beweistermin vom 12.02.2009 bei Anblick seiner am 22.11.2004 geleisteten Unterschrift unter dem entsprechenden linken Kästchen in der Rubrik Nr. 6 des ausgefüllten Alg-Antragsvordrucks aus Anlass der Arbeitslosmeldung vom 22.10.2004 meinte, er müsse wohl das Merkblatt erhalten haben, habe es aber jedenfalls nicht gelesen, da er zu diesem Zeitpunkt noch gehofft habe, auch ab dem nächsten Jahr weiterbeschäftigt zu werden, so kann ihm dies jedenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Merkblatt (auch wenn innenseitig im Vorwort auf Seite 3 darauf hingewiesen wird, dass nachfolgend über die Pflichten unterrichtet wird, wenn der Merkblattempfänger Alg oder Alhi beantrage) ist auf dem Einbanddeckel gesperrt und in großer Schrift als Merkblatt für Arbeitslose bezeichnet. Als solcher brauchte er sich zu diesem Zeitpunkt und auch am 30.12.2004, als er das Arbeitsamt per Telefon von der Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses unterrichtete, nicht zu fühlen, sowie auch das Arbeitsamt sich auf den Vermerk beschränkte, dass Arbeitslosigkeit nicht eintrete und von sich aus jegliche weiteren Aktivitäten einstellte.
Befristete Anschlussarbeitsverträge bei dort Ausgebildeten sind und waren bei der Firma K. nach Angaben der Zeugin C., - soweit dort ausgebildete Lehrlinge überhaupt übernommen werden konnten -, in der ersten Zeit der anschließenden Weiterbeschäftigung zur Absicherung üblich. Wegen der wechselnden Auftragslage hat sich auch bisher erst im Dezember eines Jahres mit Sicherheit herausstellen können, ob die bei der Firma K. ausgebildeten oder im Anschluss daran zunächst einmal befristet übernommenen Weiterbeschäftigten, weiter beschäftigt werden könnten. Selbst die Firma K. konnte ungeachtet des Abschlusses des für ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages mit dem Kläger vom 01.01.2005 und der in § 6 des Arbeitsvertrages enthaltenen Klausel bis Dezember des Jahres nicht sicher wissen, ob das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger tatsächlich am 32.12.2005 beendet sein würde. Die Zeugin C. hat ihren Ehemann ausdrücklich dazu befragt. Auch dieser konnte sich wie sie selbst nicht daran erinnern, wann genau er dem Kläger gesagt hat, dass er ihn über die Befristung zum Ende des Jahres 2005 hinaus nicht weiter beschäftigen kann.
Dies konnte er nach den insoweit glaubwürdigen Angaben der Zeugin mit Sicherheit tatsächlich erst im Dezember auch des Jahres 2005. Dies gilt für den Kläger im Besonderen, nachdem nach Angaben der Zeugin C. der Kläger aufgrund seiner fachlichen Qualitäten als einziger der mit ihm ausgebildeten Lehrlinge zunächst im befristeten Arbeitsverhältnis vom 01.03.2004, dann im bis zum 31.12.2005 verlängerten Arbeitsverhältnis weiter beschäftigt worden war und sich berechtigte Hoffnungen machen durfte, auch weiterhin übernommen zu werden.
Immerhin hat sich der Kläger bereits am 14.11.2005 unter persönlicher Vorsprache arbeitsuchend bzw. arbeitslos ab 01.01.2006 gemeldet und Alg beantragt. Danach wurden u.a. ihm das Merkblatt 1 und ein Hinweisblatt ausgehändigt. Auch ist vermerkt, dass er angegeben habe, eventuell im Frühjahr wieder beim bisherigen Arbeitgeber eingestellt zu werden. Dies muss so ausgelegt werden, dass der Kläger im November 2005 den Inhaber der Firma K. oder auch die Zeugin, die sich nicht mehr daran erinnern kann, bedrängt hat, ihm doch eine so konkret wie mögliche Auskunft über die Chancen seiner Weiterbeschäftigung zu geben, und dahingehend beschieden wurde, dass es nach derzeitigen Kenntnissen über die Auftragslage im kommenden Jahr eher nicht wahrscheinlich sei, er aber Chancen habe, im kommenden Frühjahr wieder eingestellt zu werden, und dass der Kläger sich daraufhin - eventuell unter Ratsuche bei einem Bekannten - näher mit dem Problem der frühzeitigen Meldepflicht befasste, woraufhin er dann am 14.11.2005 beim Arbeitsamt vorsprach.
Demnach waren die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als dem Kläger darin ab 01.01.2006 nicht der volle Alg-Leistungssatz, sondern nur ein wegen ihm vorgeworfener verspäteter Arbeitsuchendmeldung geminderter Alg-Leistungssatz gewährt wurde und die Beklagte zur Leistung ohne Minderung wegen verspäteter Meldung zu verpflichten.
Der Kläger bzw. Klägervertreter hat zwar beantragt, die Beklagte unter (Teil-)Aufhebung der Bescheide vom 09.01.2006 mit Änderungsbescheid vom 09.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in voller gesetzlicher Höhe zu gewähren, dies aber stets in dem Sinne, dass die Beklagte verurteilt werden möge, dem Kläger das volle Alg ohne die vorgenommene Minderung wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung zu gewähren. Da das BSG bei früheren Streitigkeiten wegen Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung selbst eine auf eine (Teil-)Aufhebung der angefochtenen Bewilligungsbescheide gerichtete bloße Anfechtungsklage für ausreichend zielgerecht und zulässig hält (BSG vom 18.08.2005 SozR 4-1500 ‚ § 95 SGG Rz. 8, zuletzt vom 28.08.2007 Az.: B 7/7a AL 56/06 R Rz. 10), musste es auch zulässig sein, im Rahmen einer wie hier eingeschränkten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG (s. BSG vom 25.05.2005 Az.: B 11a/11 AL 81/04 R Rz. 13) ein Grundurteil gemäß § 130 SGG zu erlassen, wie hier geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG bestand nicht.
Rechtskraft
Aus
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