L 6 U 168/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6/8 U 14/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 168/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 17. Oktober 2005 und der Be-scheid der Beklagten vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 9. Januar 2003 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 4. November 2000 an eine Unfallwitwenrente zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge und das Vorverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine Unfallwitwenrente nach dem Fremdrentengesetz.

Die Klägerin war mit dem 1930 geborenen Versicherten verheiratet. Beide lebten in der Sowjetunion in der Altairegion.

Der Versicherte war seit dem 21. August 1968 als Traktorist-Baggerführer in der Sowchose "Pobeda" beschäftigt. Für den Arbeitnehmer einer Sowchose bestand zu dieser Zeit gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach den Vorschriften der Sowjetunion.

Am 17. September 1968 verunglückte der Versicherte tödlich. In einem Beschluss eines Technischen Inspektors der Gewerkschaft der Arbeiter und Angestellten wird festgestellt, der Arbeitsunfall, bei dem der Versicherte unter Alkoholeinwirkung gestanden habe, sei nach Art. 6 der Bestimmungen über die Untersuchung und Registrierung von Arbeitsunfällen nicht mit der Arbeit verbunden. Der Versicherte sei von dem Direktor der Sowchose zu Erdarbeiten mit einem Traktor-Bagger in eine benachbarte Sowchose geschickt worden. Dort habe er vom 12. bis 17. September 1968 in der Lebedinsker Abteilung beim Ausheben von Gräben gearbeitet. Diese Arbeit habe er am 17. September 1968 um 14.00 Uhr beendet, habe im Abteilungsbüro eine Beschei-nigung über die geleistete Arbeit erhalten und den Bagger zur Fahrt in ein Nachbardorf vorbereitet. Zu dieser Zeit habe er nach Zeugenaussagen unter Alkoholeinwirkung gestanden. Um 18.00 Uhr sei er mit dem Fahrzeug losgefahren. Am Rande des Ortes L. sei er von einem Brigadier seiner Sowchose angehalten worden, der ihm die Weisung gegeben habe, den Bagger in ein anderes Dorf, B. , zu überführen. Auf dem Weg in dieses Dorf habe der Versicherte beim Versuch, sich eine Ziga-rette anzustecken, seine Streichholzschachtel verloren. Er sei während der Fahrt vom Fahrzeug nach den Streichhölzern gesprungen, habe sich aber "offensichtlich" an einem auf der Plattform liegenden Vierkantrohr verheddert, sei vor die rechte Kette des Baggers gestürzt, unter die Maschine geraten und habe dabei tödliche Verletzungen erlitten. Der Bagger sei steuerlos 500 bis 600 Meter weiter gefahren. Der Vorarbeiter und der Leiter der B. Abteilung hätten sich zur Unfallstelle begeben und dort den Versicherten aufgefunden. Der Gerichtsmediziner habe festgestellt, dass der Versicherte kurz vor seinem Tod Alkohol genossen habe und der Tod durch Überfah-ren eingetreten sei.

Als Unfallursache nannte der Inspektor u. a. die unzureichende Kenntnis des Versi-cherten von den technischen Sicherheitsvorschriften bei der Arbeit auf einem derarti-gen Bagger und die mit dem Genuss von alkoholischen Getränken verbundene geringe Arbeitsdisziplin eines Teils der Arbeiter.

Auf einem Protokoll über den Arbeitsunfall vom 19. September 1968 war als Unglücks-ort das Dorf B. und als Unglückszeit 19.00 Uhr angegeben. Weiter wird beschrieben, der Versicherte habe auf der Fahrt von L. nach B. rauchen wollen. Beim Herausnehmen der Zigaretten habe er die Streichhölzer verloren und beschlossen, im Fahren vom Fahrzeug abzuspringen, um die Streichhölzer aufzu-heben. Er sei unter die rechte Kette des Fahrzeugs geraten. Als handschriftlicher Zu-satz in der rechten oberen Ecke des Protokolls befindet sich der Vermerk des Vorsit-zenden des Arbeitskomitees: "Kein Zusammenhang mit der Arbeit aufgrund von Trunkenheit". Nach der Sterbeurkunde vom 3. März 1993 war der Versicherte am Bruch der Knochen des Beckens mit vielen Splittern und Rissen beider Nieren und der Harnblase verstorben. Eine neue Ehe ist die Klägerin nach dem Tod des Versicherten nicht eingegangen.

Die Klägerin hält sich seit dem 4. November 2000 als deutsche Staatsangehörige im Bundesgebiet auf. Ausweislich der Bescheinigung vom 5. Februar 2001 ist sie Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes.

Im Antragsformular auf eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21. November 2000 gab die Klägerin an, der Tod des Versicherten sei durch ei-nen Verkehrsunfall eingetreten, bei dem der Traktor sich überschlagen habe.

Im September 2001 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) die Unfallwitwenrente. Dazu gab sie in einer Erklä-rung vom 18. Oktober 2001 an, der Versicherte sei während der Arbeitsausübung auf dem Traktor bewusstlos geworden, vom fahrenden Traktor gestürzt und überrollt
worden. Für den Unfall gebe es keine Zeugen. Erst der Bürgermeister von B. habe den Versicherten aufgefunden.

Mit Bescheid vom 15. April 2002 lehnte die Beklagte eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Unfalls ab. Sie verwies auf den Beschluss des Technischen Inspektors und das Protokoll, die sie aus der Akte des Rentenversicherungsträgers beigezogen hatte und führte aus, die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a FRG i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB VII lägen nicht vor. Wenn das Verhalten des Verunglückten in so hohem Maße vernunftwidrig und gefährlich sei, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Unglück rechnen müsse, sei die dadurch geschaf-fene Gefahr die rechtlich allein wesentliche Unfallursache und Unfallversicherungs-schutz ausgeschlossen. Um einen solchen Fall handele es sich hier.

Die Klägerin erhob noch im gleichen Monat Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und blieb bei der abgegebenen Begründung. Der Bescheid wurde am 3. Februar 2003 abgesandt und ging der Klägerin nach deren Angaben am 4. Februar 2003 zu.

Mit der am 4. März 2003 beim Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der Unfall sei in Ausübung der versicherten Tätigkeit geschehen. Ein Ausschlusstatbestand sei durch den Unfallbericht nicht belegt. Das tödliche Unfallge-schehen sei offensichtlich nicht beobachtet worden. Zumindest lägen Zeugenangaben nicht vor. Zur angeblichen Trunkenheit fehlten genaue Mengenangaben und Blutalko-holwerte. Nähere Angaben darüber, in welchem Umfang eine Alkoholisierung vorgelegen habe, ob das Verhalten des Versicherten dadurch beeinflusst gewesen sei und inwiefern sich möglicher Alkoholgenuss als unfallursächlich erwiesen habe, fehlten völlig. Dazu sei auch nach Aktenlage nichts bekannt. Über die absolute Fahruntüchtig-keit des Versicherten lasse sich keine Aussage treffen. Die Beklagte sei insoweit auf ihre Beweislast hinzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 17. Oktober 2005 hat die Klägerin schließlich erneut eingeräumt, den Unfall habe niemand gesehen. Sie hat weiterhin behauptet, ihr Mann könne zum Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sein. Er sei krank gewesen und hätte schon deswegen nicht arbeiten sollen. Aufgrund dessen habe er keinen Alkohol trinken können und dies auch nicht getan. Dies sei seit etwa einem Jahr vor dem Unfall der Fall gewesen.

Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausge-führt, das FRG sei nach § 1 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes anzuwenden, weil die Kläge-rin anerkannte Spätaussiedlerin sei. Es handele sich aber nicht um einen Arbeitsunfall gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO. Der Versicherte habe mit dem Fahren des Baggers eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zwischen der unfallbringenden Handlung und dieser Tätigkeit habe jedoch kein rechtlich wesentlicher Zusammenhang bestanden. Dabei gehe das Gericht von der Richtigkeit der Feststellungen in dem Beschluss vom 1. Oktober 1968 aus. Der Versicherte habe bei der Suche nach den Streichhölzern lediglich ein privates Interesse verfolgt. Mit dem Abspringen habe keine versicherte Tätigkeit mehr vorgelegen. Auch bei der anzunehmenden Absicht, später wieder auf das Fahrzeug aufzuspringen und es weiter zu steuern, sei eine Unterbrechung einge-treten. Damit sei das versicherte Fahren des Traktors nicht mehr die rechtlich wesentliche Ursache des Unfalls.

Gegen das ihr im Dezember 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, es gebe niemanden, der den Verlust der Streichholzschachtel und das Abspringen zu deren Wiederbeschaffung gesehen habe. Es seien auch nicht einmal Anknüpfungstatsachen dafür benannt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 17. Oktober 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 4. November 2000 an Unfallwitwenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihren Bescheiden und schließt sich dem Urteil des Sozialgerichts im Ergebnis an.

Das Gericht hat die Akte der LVA Sachsen-Anhalt - Vers.-Nr. 08 050830 S 022 – beigezogen. Diese und die Akte der Beklagten über den Anspruch der Klägerin – Az. 01-033248 – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beru-fung hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 15. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 9. Januar 2003 beschwert die Klägerin im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung nach den für die gesetzliche Unfallversicherung maßgeblichen Vorschriften abgelehnt hat. Denn darauf hat die Klägerin Anspruch. Anspruchsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Fremdrentengesetzes (FRG) in der Fassung der letzten Änderung durch G. v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094). Das Gesetz ist gem. § 1 Buchst. a FRG auf die Klägerin als anerkannte Spätaussiedlerin unmittelbar anzuwenden. § 1 Buchst. e FRG enthält keine exklusive Vorschrift für Hin-terbliebenenansprüche. Dafür gibt schon der Wortlaut keinerlei Hinweis (a. A. ohne nä-here Auseinandersetzung mit diesem Wortlaut: Raschke in Handbuch des Sozialversi-cherungsrechts Bd. 2, 1996, § 72 Rdnr. 85). Dass die Vorschrift bezüglich der Gewäh-rung von Leistungen an Hinterbliebene gilt, besagt insoweit nur, dass es für andere Leistungen nicht ausreichen kann, dass der Betroffene Hinterbliebener eines Vertrie-benen etc. ist. Warum die selbst dem Personenkreis des FRG unmittelbar unterfallen-de Klägerin nicht ihre im Sinne des FRG versicherten Ansprüche auch wegen Todes sollte geltend machen können, ist auch sonst nicht ersichtlich; vielmehr folgt das Gegenteil aus dem Eingliederungsgrundsatz (BSG, Urt. v. 6. 12. 1979 – GS 1/79BSGE 49, 175, 181 ff.; Urt. v. 15. 12. 1981 – 2 RU 40/81BSGE 53, 19). Der Versicherte erfüllt die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a FRG, weil er in seiner Eigenschaft als abhängig Beschäftigter einer Sowchose bei einem Träger der Sozialversicherung der UdSSR gegen Arbeitsunfälle (vgl. § 6 FRG) versichert war. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Beklagten gegenüber dem Gericht. Es kommt nicht darauf an, ob es sich nach dem Recht der jeweiligen Unfallversicherung, etwa im Hinblick auf Alkoholgenuss, auch um einen Versicherungsfall handelte. Die Vorschrift stellt schon nach ihrem Wortlaut "der Verletzte bei einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war" allein auf das Bestehen einer gesetzlichen Unfallversicherung für den Verletzten ab. Welche Voraussetzungen sich für den Versicherungsfall ergeben, ist gem. § 7 FRG dem nach dieser Vorschrift anzuwendenden Recht zu entnehmen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind hier nach § 212 des Siebten Buches des Sozial-gesetzbuches (SGB VII) i. d. F. v. 7. 8. 1996 (BGBl. I S. 1254) noch der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entnehmen, weil der Unfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII geschehen ist. Auf diese Vorschrift – als das im Bereich der Beklagten geltende Recht für einen dortigen Unfall – verweist § 7 FRG. Nach § 589 Abs. 1 Nr. 3 RVO (i. d. F. durch G. v. 30. 4. 1963, BGBl. I S. 241) ist bei Tod durch Arbeitsunfall den Hinterbliebenen eine Rente zu gewähren. Dazu gehört gem. § 590 Abs. 1 RVO die Klägerin als nicht wieder verheiratete Witwe. § 548 Abs. 1 S. 1 RVO bestimmt einen Arbeitsunfall als einen bei einer versicherten Tätigkeit erlittenen Unfall. Gemeint ist damit ein Unfall, der wesentlich durch eine Ver-richtung bedingt ist, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (BSG, Urt. v. 30.5.1985 – 2 RU 17/84SozR 2200 § 548 Nr. 71). Der Versicherte befand sich mit dem Führen des Baggers bei der Ausübung der ver-sicherten Tätigkeit. Es sind keinerlei Tatsachen feststellbar, nach denen er das Führen des Fahrzeugs unterbrochen hätte. Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass der Versicherte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Fahrzeug willent-lich verlassen hat. Dahinstehen kann, ob dies in jedem Fall für eine Unterbrechung der versicherten Tätigkeit sprechen müsste. Der Senat würdigt den Inhalt der vorliegenden Urkunden, nämlich des Beschlusses des Technischen Inspektors und des Protokolls in Verbindung mit den Angaben der Klägerin – soweit diese glaubhaft sind – dahingehend, dass es Beweismittel zu der Haupttatsache des willentlichen Verlassens des Baggers nicht gibt. Er schließt dies aus der Angabe im Beschluss, der Versicherte habe sich "offensichtlich" verfangen, den wiederholten Angaben der Klägerin, es gebe keine Augenzeugen des Unfalls und ihrer mit dem Beschluss übereinstimmenden Mitteilung, der Bürgermeister (Beschluss: "Leiter der Abteilung") von B. habe die Unfallsituation vorgefunden. Die Verwendung des Wortes "offensichtlich" deutet in dem Textzusammenhang des Beschlusses darauf hin, dass es sich nicht um einen beobachteten Vorgang handelt, sondern um einen solchen, auf den aus bestimmten Hilfstatsachen geschlossen wor-den ist. Verwendet wird diese Formulierung nur in Bezug auf das Verfangen des Versicherten am Fahrzeug, nicht aber auf den Umstand und das Motiv des Absprin-gens vom Bagger. Gleichwohl sind keine Umstände vorstellbar, nach denen jemand als Zeuge genaue Informationen über Art und Motiv des Verlassens des Baggers haben, auf ein Verfangen aber nur Schlüsse im Sinne eines "offensichtlich" ziehen könnte. Denkbar wäre abstrakt, dass damals ein Zeuge den Vorfall von einem links vom Fahrzeug liegenden Standpunkt beobachtet hat und das Verlassen des Baggers über die rechte Seite mit dem Unfallhergang folgerichtig nicht vollständig beobachten konnte. Es wäre dann aber nicht nachvollziehbar, dass er konkret ein Abspringen in Abgrenzung zu einem Verlieren des Gleichgewichts und die Motive für dieses Absprin-gen hätte bekunden können. Hätte er sich hingegen auf dem Fahrzeug befunden und Verhalten und Äußerungen des Versicherten unmittelbar wahrgenommen, müsste er auch das Verheddern so sicher beschreiben können, dass "offensichtlich" kein angemessener Ausdruck für die Sicherheit des Beweisergebnisses wäre. Bereits danach liegt es näher, dass auf den gesamten Vorgang aus Indizien rückgeschlossen worden ist. Für eine solche Würdigung spricht auch die zweimalige Angabe der Klägerin, für den Unfall gebe es keine Zeugen, und die Unfallsituation sei zuerst vom Bürgermeister von B. "aufgefunden" worden, die in den Angaben des Beschlusses ihre Bestäti-gung finden, wonach ein Brigadier der Sowchose und der Leiter "der Abteilung" B. den Versicherten in bewusstlosem Zustand aufgefunden haben, nachdem sie den Unfallort aufgesucht haben. Eine Erkenntnis der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Angaben, das Fehlen von Zeugen könnte für sie günstig sein, liegt fern. Wenn sie in Bezug auf die Beweislage zum Unfall falsche Angaben zu ihren Gunsten machen wollte, wäre aus ihrer Sicht eine Angabe von Personen, die aus eigener Anschauung ein Abspringen widerlegen könnten, näher liegend. Der Umstand des Auffindens des Toten durch den Bürgermeister, nachdem er sich zum Unfallort begeben hatte, spricht für einen unbeobachteten Unfallvorgang, weil sonst ein Auffinden nicht erforderlich gewesen wäre. Von den im Beschluss des Technischen Inspektors und im Protokoll gezogenen Schlussfolgerungen auf ein Abspringen vom Bagger kann der Senat sich nicht über-zeugen. Mit Recht wertet die Beklagte ein solches Verhalten grundsätzlich als wider-vernünftig; für dessen Annahme bedürfte es klarer Hinweise. Worin diese damals bestanden haben, ist nicht ersichtlich und auch in den Unterlagen nicht benannt. Eines Belegs für die Vermutung eines Absprungs bedurfte es auch nicht, weil die Schlussfol-gerungen für die Ablehnung eines Arbeitsunfalles nicht tragend waren; vielmehr reichte dafür der nachgewiesene Alkoholgenuss aus. In der zusammenfassenden Schlussfol-gerung zu IV 1 des Beschlusses wird der Unfall allein deshalb als nicht mit der Arbeit verbunden bezeichnet, weil es zu ihm "bei" – nicht wegen – Alkoholeinwirkung kam. Auch der Vermerk auf dem Protokoll benennt allein den Umstand der Trunkenheit als Grund für die fehlende Verbindung mit der Arbeit. Der Senat selbst kann angesichts der aus den genannten Unterlagen hervorgehenden Umstände keine denkbare Beweislage herleiten, aus der er selbst sich eine Überzeu-gung auf das Abspringen des Versicherten bilden könnte. Ein mutmaßliches Auffinden einer Schachtel Streichhölzer an der Fahrstrecke des Baggers und einer nicht ange-brannten Zigarette am Unfallort würde für eine solche Überzeugungsbildung jedenfalls nicht ausreichen. Es ist z.B. ohne Weiteres denkbar, dass der Versicherte durch einen ungewohnten Betriebszustand des Baggers, etwa ein Geräusch, zu einem Aufstehen veranlasst worden ist, dabei die Streichholzschachtel verloren hat und später – möglicherweise sogar abgelenkt – das Gleichgewicht verloren hat. Für weitere Ermittlungen zu Hilfstatsachen, die die Annahme, der Versicherte sei aus privaten Gründen vom Bagger abgesprungen, belegen könnten, sieht der Senat keinen Ansatz. Dagegen spricht der Zeitablauf und die sinngemäße Aussage der Klägerin vor dem Sozialgericht, Personen, die Auskunft über den Unfallhergang geben könnten, seien alle verstorben. Der fehlende Nachweis für eine Hinwendung des Versicherten zu einer privaten Zwecken dienenden Verrichtung geht zu Lasten der Beklagten (BSG, Urt. v. 26. 10. 2004 – B 2 U 24/03 R – Juris, Rdnr. 20). Die Tätigkeit des Versicherten ist nicht deshalb unversichert, weil er durch Volltrunken-heit keine dem Arbeitgeberbetrieb förderliche Arbeit mehr erbringen konnte (dazu BSG, Urt. v. 28. 6. 1979 – 8a RU 34/78 – SozR 2200 § 548 Nr. 45; Urt. v. 5. 9. 2006 – B 2 U 24/05 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 26). Dafür kann nicht allein auf eine starre Promille-grenze des – hier ohnehin nicht bekannten – Blutalkoholgehalts abgestellt werden. Vielmehr ist in einer Gesamtschau zu würdigen, ob der Betroffene noch zu einer betriebsfördernden Arbeitsleistung in der Lage war. Dies war hier nach den bekannten Umständen der Fall. Denn der Versicherte hat mindestens fünf Stunden lang in einem Zustand unter Alkoholeinwirkung verwertbare Arbeitsleistungen für seine Sowchose erbracht. Die Angaben dazu, bei welchen Verrichtungen der Versicherte bereits unter Alkoholeinwirkung stand, sind hinsichtlich des Beginns nicht eindeutig, ergeben aber spätestens zu Beginn der Vorbereitung der Rückführungsfahrt ab 14 Uhr diesen Zu-stand. Wie der spätere Fahrtantritt zeigt, hat der Versicherte die Vorbereitungen sachdienlich getroffen. Zwischen 18 Uhr und dem Unfall um 19 Uhr hat der Versicherte die Fahrt auch durchgeführt und sein Ziel B. nahezu erreicht, wie die Angabe des Dorfes als Unfallort ergibt. Auch die zwischenzeitlich angewiesene Änderung des Fahrtziels hat er befolgt. Dem anweisenden Brigadier ist ein Zustand der betriebsfrem-den Volltrunkenheit nicht aufgefallen, sonst hätte er folgerichtig nicht die Weiterfahrt unter Änderung des Ziels anweisen können. Hätte er einen Trunkenheitszustand erkannt, der zum Schutz des Versicherten und seines Baggers die Weiterfahrt ausgeschlossen hätte, wäre im Übrigen allein durch die gleichwohl erteilte Weisung der Zusammenhang zu einer betrieblichen Tätigkeit hergestellt (so unter dem Gesichts-punkt einer groben Fürsorgepflichtverletzung Ricke in Kasseler Kommentar Sozialver-sicherungsrecht, § 8 SGB VII, Rdnr. 107). Die mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verrichtung des Führens des Baggers ist wesentliche, nach den nachgewiesenen Umständen sogar alleinige Ursa-che für den Unfall. Ohne den Betrieb des Baggers hätte der Versicherte nicht in dessen Kette geraten, von ihr mitgezogen und vom Bagger überfahren werden können. Bei Prüfung der Ursächlichkeit ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr. 4, 15 m.w.N.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.).

Als weitere Ursache kommt nicht eine alkoholbedingte absolute Verkehrsuntüchtigkeit in Betracht. Eine solche ist durch das Fehlen von Werten der Blutalkoholkonzentration nicht bewiesen. Dafür trägt die Beklagte die Feststellungslast (BSG, Urt. v. 28. 6. 1979 – 8a RU 98/78SozR 2200 § 548 Nr. 46). Insoweit kann dahinstehen, ob die Feststel-lung der absoluten Fahruntüchtigkeit hier nicht ohnedies einen höheren Blutalkoholge-halt voraussetzt, als die Untüchtigkeit zum Führen eines normalen Straßenkraftfahr-zeuges. Denn der vom Versicherten geführte Bagger hatte eine so niedrige Geschwindigkeit, dass ein Abspringen während der Fahrt, notwendig verbunden mit einem spä-teren erneuten Aufspringen, von Personen als wahrscheinlicher Geschehensablauf angesehen worden ist, die mit dem technischen Leistungsvermögen des Baggers kraft ihrer Berufstätigkeit vertraut waren. Ebenso scheidet eine relative Fahruntüchtigkeit als allein wesentliche Ursache des Unfalls aus, weil sie nicht bewiesen ist. Eine Bestätigung durch das Ergebnis der Gerichtsmedizin gibt es nicht, da es nur den Genuss von Alkohol als solchen bestätigt. Dem Umstand einer Trunkenheit käme aber auch nur Bedeutung zu, wenn dem Fahr- oder sonstigen Verhalten des Versicherten alkoholtypische Ausfallerscheinungen zu entnehmen wären, die den Schluss auf die Fahruntüchtigkeit zuließen (BSG, Urt. v. 29. 6. 1967 – 2 RU 198/64BSGE 27, 40, 41 f., Urt. v. 30. 1. 2007 – B 2 U 23/05 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 23). Die Zeugenangaben zur Alkoholeinwirkung betreffen die Zeit um etwa 14 Uhr, fünf Stunden vor dem Unfallereignis. Zu dieser Zeit kann der Alkoholpegel und die Verhaltensbeeinflussung schon deutlich anders gewesen sein. Auch insofern ist von Bedeutung, dass der Vorarbeiter, der gegenüber dem bereits auf der Fahrt befindlichen Versicherten die Änderung des Fahrtziels angewiesen hat, keine Auffälligkeiten bemerkt haben wird, die die Fahrtüchtigkeit in Frage stellen konnten. Es spricht zwar manches für eine Beeinflussung des Unfalls durch eine herabgesetzte Gefahrenkontrolle und Körperbeherrschung. Für einen sicheren Rückschluss auf Fahr-untüchtigkeit reichen solche Vermutungen aber nicht aus. Bei den möglichen Ursachen für den Unfall kann z.B. eine nach der Uhrzeit (trotz ganzjähriger Sommerzeit) schon fortgeschrittene Dämmerung eine Rolle gespielt haben. Die wesentliche Bedeutung der versicherten Verrichtung für den Unfall wäre auch nicht dadurch beseitigt, dass der Versicherte aufgrund einer von der Klägerin geschilderten Krankheit durch Alkoholgenuss bewusstlos geworden und vom Fahrersitz gestürzt wä-re. Allein hätte dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon nicht zu schweren Verletzungen und schon gar nicht zum Tod des Versicherten geführt. Dazu musste der Betrieb des Baggers als versicherter Umstand hinzutreten, dem für den Todeseintritt wesentliche Bedeutung zukommt. Sonstige Einflüsse einer Krankheit oder des Alkoholgenusses auf den Todeseintritt hat der Gerichtsmediziner nicht festgestellt. Leistungsbeginn ist gem. § 589 Abs. 1 Nr. 3 RVO grundsätzlich der Todestag des Unfallopfers. Der Leistungszeitraum ist aber im Anwendungsbereich des FRG
eingeschränkt durch die persönlichen Voraussetzungen. Diese hat die Klägerin nach § 4 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes durch die Begründung des ständigen Aufent-haltes in der Bundesrepublik Deutschland für die Eigenschaft als Spätaussiedler am 4. November 2000 erfüllt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved