L 13 AL 1583/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 2402/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1583/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Voraussetzung für ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag, innerhalb von 24 Monaten den berechtigenden Ereignis vor zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen zu haben (§ 28a Abs.1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) gilt auch für Pflegepersonen im Sinne des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gebieten keine Differenzierung.

Dies verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Kläger ein Versicherungspflichtverhältnis in der Arbeitslosenversicherung auf Antrag begründet ist.

Der am 1953 geborene Kläger war bis 1995 versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 1996 war er selbständig erwerbstätig. Ab dem Jahr 2001 pflegte er seine am 3. September 1955 geborene und am 31. Januar 2009 verstorbene Ehegattin. Diese bezog Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, zunächst, seit dem 1. November 2001, nach der Pflegestufe I, später nach der Pflegstufe III. Daneben war der Kläger in einem zeitlichen Umfang von (noch) ca. 5 – 6 Stunden wöchentlich selbständig erwerbstätig.

Am 10. November 2006 beantragte der Kläger telefonisch bei der Beklagten die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. In dem förmlichen Antragsformular, welches am 11. Januar 2007 bei der Beklagten einging, gab er an, als Pflegeperson in einem zeitlichen Umfang von wenigstens 14 Stunden wöchentlich tätig zu sein.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sie führte zur Begründung an, der Kläger habe innerhalb der letzten 24 Monate vor der Aufnahme der Pflegtätigkeit keine zwölf versicherungspflichtigen Monate zurückgelegt.

Hiergegen erhob der Kläger am 27. Februar 2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, ihm gereiche das Erfordernis von Beitragszeiten zum Nachteil, da sein früheres Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzgebung beendet gewesen sei. Hätte die gesetzliche Regelung bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der Pflegetätigkeit bestanden, wäre für ihn eine freiwillige Weiterversicherung möglich gewesen. Der Gesetzgeber habe es versäumt, für Pflegende eine Abgabe bzw. Anwartschaft zur Pflegeversicherung zu installieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie führte hierzu an, der Kläger sei ab dem Jahr 1996 bis zur Aufnahme der Pflegetätigkeit am 1. November 2001 weder als Arbeitnehmer, noch als Pflegeperson tätig gewesen. Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung habe in diesem Zeitraum nicht bestanden, weswegen die freiwillige Weiterversicherung nicht möglich sei. Überdies sei der Antrag nicht rechtzeitig, bis zum 31. Mai 2006, gestellt worden. Die Beklagte erteilte die Rechtsbehelfsbelehrung, dass die Klage innerhalb von drei Monaten erhoben werden könne.

Am 20. Juni 2006 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe die gesetzliche Regelung des § 28a Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) unrichtig ausgelegt. § 28a Abs. 1 Satz 2 SGB III beziehe sich nur auf Tätigkeiten und Beschäftigungen der Nrn. 2 und 3, nicht jedoch auf Nr. 1 und die dort aufgeführten Pflegepersonen. Auch in § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III seien nur Tätigkeiten und Beschäftigungen benannt. Hieraus sei zu folgern, dass Pflegepersonen ohne eine Vorversicherungszeit und ohne Fristen die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung eingeräumt werden sollte. Dies ergebe sich auch daraus, dass Pflegpersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert seien. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung würde Versicherungsschutz jedenfalls im Wege der Familienversicherung gewährt. Es könne nicht sein, dass im Bereich der Arbeitslosenversicherung ein solcher Schutz nicht bestehe. Es liege eine Gesetzeslücke vor, die zu Gunsten des Klägers zu schließen sei. Personen, die seit längerer Zeit ihre Angehörigen pflegen, müssten mit solchen, die dies erst seit Kurzem tun, gleichgestellt werden; ansonsten liege ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und den dortigen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat eingeräumt, dass die Klage zulässig sei, da versehentlich eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung angefügt worden sei. Inhaltlich hat sie auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass die Auffassung des Klägers, § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III beziehe sich nicht auf die Nr. 1 des Abs. 1 von ihr nicht geteilt werde. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass Pflegende besser gestellt werden, als die übrigen Berechtigten, hätte er dies explizit im Gesetz festgehalten. Die gesetzgeberische Intention sei es jedoch gewesen, solchen Personen die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung einzuräumen, deren versicherungspflichtige Tätigkeit durch die aufgeführten Tätigkeiten unterbrochen worden sei.

Mit Urteil vom 4. Februar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung angeführt, die Klage sei als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig; der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die begehrte freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. Der Kläger habe die erforderliche Vorversicherungszeit des § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III nicht erfüllt, da er, bezogen auf den Beginn der Pflegetätigkeit im Jahr 2001, nicht innerhalb der vorherigen 24 Monate in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden habe. Die seit 1996 ausgeübte selbständige Tätigkeit sei versicherungsfrei gewesen. Die Vorversicherungszeit gelte auch für Pflegepersonen. Der Gesetzeswortlaut des § 28a SGB III unterscheide innerhalb des berechtigten Personenkreises nicht zwischen Pflegepersonen und den weiteren Berechtigten. Auch die amtliche Überschrift der gesetzlichen Regelung " Freiwillige Weiterversicherung" setze begrifflich bereits eine vorherige Versicherung voraus. Auch aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei das klägerische Begehren nicht herzuleiten. Der Gesetzgeber habe erkennbar die versicherungsrechtlichen Nachteile mildern wollen, die sich zum 1. Februar 2006 aus der Verkürzung der für den berechtigten Personenkreis geltenden erweiterten Rahmenfrist ergaben. Die für die Anwartschaftszeit und die Berechtigung zum Bezug von Arbeitslosengeld maßgebliche Bestimmung sei zum 1. Januar 2004 von drei auf zwei Jahre verkürzt worden, die Verlängerung für Pflegepersonen des § 124 Abs. 3 SGB III auf längstens fünf Jahre sei gestrichen worden. Diese sich in Ansehung der Übergangsregelung des § 434j Abs. 3 SGB III zum 1. Februar 2006 ergebenden Nachteile sollten mit der Einführung des § 28a SGB III ausgeglichen werden. Unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung hat das SG ferner ausgeführt, dass die gesetzliche Neuregelung dem Versicherungsprinzip Rechnung trage und erfordere, dass unmittelbar vor der Pflegzeit Versicherungspflicht bestanden haben muss. Die gesetzliche Regelung verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser verbiete dem Gesetzgeber nicht jegliche Differenzierung. Dem Gesetzgeber sei ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Eine Verletzung liege nur dann vor, wenn er Gruppe von Normadressaten anders behandelt als eine andere Gruppe, obwohl zwischen beiden keine Unterschiede bestehen. Hierbei sei nicht entscheidend, ob der Gesetzgeber bei der Wahl seiner Ziele und der dafür geeigneten Mittel die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden habe.

Gegen das am 5. März 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. April 2009 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen, § 28a Abs. 1 Satz 2 SGB III beziehe sich nur auf Tätigkeiten und Beschäftigungen der Nrn. 2 und 3, nicht jedoch auf Nr. 1 und die dort aufgeführten Pflegpersonen. Diese müssten keine Vorversicherungszeit aufweisen. Das SG habe verkannt, dass Pflegepersonen, die einer selbstständigen Tätigkeit nachgingen gegenüber abhängig Beschäftigten benachteiligt werden. Die berufliche Tätigkeit eines Selbstständigen müsse wegen der Pflege erheblich eingeschränkt werden, was die Gefahr nach sich ziehe, dass die Tätigkeit aufgegeben werden müsse. Insoweit werde unzulässig zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen differenziert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass im Bereich der Arbeitslosenversicherung, anders als in den weiteren Zweigen der Sozialversicherung, noch nicht einmal die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung bestehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 zu verurteilen, festzustellen, dass seit dem 10. November 2006 Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die aus ihrer Sicht zutreffenden Urteilsgründe. Ergänzend trägt sie vor, das SG habe § 28a SGB III nicht fehlerhaft ausgelegt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2010 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2010 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist insb., unter Anwendung von § 64 Abs. 3 SGG - der 4. April 2009, an dem die Berufungsfrist nach § 64 Abs. 2 SGG geendet hätte, war ein Sonnabend - fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 zu Recht abgewiesen.

Anders als vom SG ausgeführt, ist die Klage vorliegend als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft. Die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III tritt - auf einen Antrag hin - kraft Gesetzes ein, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind; der Erhebung einer Verpflichtungsklage bedarf es nicht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 3. Juni 2009, Az.: B 12 AL 1/08 R). Das für die begehrte Feststellung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil dem Kläger ein berechtigtes Interesse daran zuzugestehen ist, Gewissheit darüber zu erlangen, ob ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung begründet ist (vgl. Urteile des BSG vom 3. Juni 2009, a.a.O. und vom 18. Mai 2005, Az.: B 12 P 3/04 R). Die gleichzeitig erhobene Anfechtungsklage steht dieser Feststellungsklage nicht entgegen, weil mit letzterer etwas über die Anfechtungsklage Hinausgehendes begehrt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 1991, Az.: 12 RK 24/90).

Der Kläger ist nicht aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig. Nach dieser Bestimmung, die ursprünglich mit Wirkung zum 1. Februar 2006 durch Art. 1 Nr. 20 und Art. 124 Abs. 4 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2848) eingefügt wurde und die vorliegend in der ab dem 2. Februar 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005 (BGBl. I 818) Anwendung findet, können Personen ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag begründen, die als Pflegeperson einen der Pflegestufe I bis III im Sinne des Elften Buches [Sozialgesetzbuch] zugeordneten Angehörigen, der Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach dem Elften Buch oder Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegen. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III ist Voraussetzung für die Versicherungspflicht, dass der Antragsteller innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen hat. Der Kläger hat seine Ehegattin nach seinen eigenen Angaben ab dem 1. November 2001 gepflegt. Innerhalb der vor diesem Zeitpunkt liegenden 24 Monate stand der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis. Als Selbständiger war er weder nach § 25 Abs. 1 SGB III als Beschäftigter, noch aus sonstigen Gründen nach § 26 SGB III versicherungspflichtig. Mithin fehlt es an dem nach § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III erforderlichen vorherigen Versicherungspflichtverhältnis. Ein solches ist, entgegen dem klägerischen Vorbringen, auch in dem Fall, in dem eine Pflegetätigkeit Anknüpfungspunkt der begehrten Weiterversicherung ist, erforderlich. Weder aus dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung lässt sich herleiten, dass der Gesetzgeber innerhalb des berechtigten Personenkreises zwischen Pflegepersonen und den weiteren Berechtigten unterscheiden wollte und das Erfordernis eines vorherigen zwölfmonatigen Versicherungsverhältnisses für Pflegepersonen nicht gelten soll. Mit der Einführung der Antragspflichtversicherung für Pflegepersonen nach § 28a Abs. 1 Nr. 1 SGB III wollte der Gesetzgeber erkennbar die versicherungsrechtlichen Nachteile mildern, die sich für Pflegepersonen aus der zum 1. Februar 2006 wirksam werdenden Verkürzung der bislang zugunsten dieses und weiterer Personen geltenden erweiterten Rahmenfristen für die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld ergaben. Die ab dem 1. Januar 2004 geltende Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III von zwei Jahren (in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I 2848]), innerhalb derer die Anwartschaft für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt werden konnte, verlängerte sich nach § 124 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB III a. F. um Zeiten, in denen der Arbeitslose als Pflegeperson einen der Pflegestufe I bis III im Sinne des Elften Buches zugeordneten Angehörigen, der Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung nach dem Elften Buch oder Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, wenigstens 14 Stunden wöchentlich gepflegt hat. Hierdurch wollte der Gesetzgeber dem besonderen Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer Rechnung tragen, die ihre Berufsausübung zur Pflege von Angehörigen unterbrochen haben (vgl. RegE AFRG S.177 zu § 104 Nr. 2; Brand in Niesel, SGB III, 3. Aufl., § 124 RdNr. 5). Diese Privilegierung wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2004, unter zeitgleicher Einführung der Übergangsregelung des § 434j Abs. 3 SGB III, nach der die bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung für Personen weiterhin anzuwenden ist, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden war, gestrichen. Diesen sich für Pflegepersonen ab dem 1. Februar 2006 ergebenden Nachteil wollte der Gesetzgeber mit der gleichzeitigen Einführung von § 28a SGB III ausgleichen (vgl. BT-Drs. 15/1515 S. 78; vgl. zum Ganzen auch: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Januar 2009, Az.: L 19 AL 72/07). Nachdem jedoch von dem vormaligen Privileg des § 124 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. neben Zeiten der Pflege auch Zeiten einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit (§ 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F.) umfasst waren, lässt sich ein Grund dafür, im klägerischen Sinne zu differenzieren aus dem Sinn und Zweck des § 28a SGB III nicht herleiten. Angesichts der diesbezüglichen gesetzgeberischen Kontinuität vermag der Senat auch keine Regelungslücke in § 28a SGB III zu erkennen. Im Hinblick auf den Vortrag, es sei nicht nachvollziehbar, dass im Bereich der Arbeitslosenversicherung, anders als in den weiteren Zweigen der Sozialversicherung noch nicht einmal die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass eine der Vorversicherungszeit entsprechende Regelung auch in den anderen Bereichen der Sozialversicherung verankert ist. So besteht im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) eine Berechtigung zur freiwilligen Mitgliedschaft für alle nicht versicherungspflichtigen Personen, wenn sie – mit Ausnahme nur geringfügig tätiger Personen – die allgemeine Wartezeit, die inhaltlich der Vorversicherungszeit entspricht, erfüllt haben (§ 7 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung können nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Personen nur dann eine freiwillige Versicherung begründen, wenn sie als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren.

Der Kläger ist auch nicht aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig, da er die selbständige Tätigkeit, nach seinen eigenen Angaben, nicht in dem erforderlichen zeitlichen Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat und ausübt. Ein Abstellen auf den Beginn der selbständigen Tätigkeit im Jahr 1996 führt gleichfalls zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. Der Antrag auf freiwilligen Weiterversicherung muss nach § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, gestellt werden. Gemäß § 434j Abs. 2 Satz 1 SGB III gilt dies mit der Maßgabe, dass ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung ungeachtet der Voraussetzungen des Satzes 2 bis zum 31. Dezember 2006 gestellt werden kann. Stellt eine Person, deren Tätigkeit oder Beschäftigung gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, den Antrag nach dem 31. Mai 2006, gilt Satz 1 mit der Einschränkung, dass die Tätigkeit oder Beschäftigung nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen worden sein muss (§ 434j Abs. 2 Satz 2 SGB III). Mithin kann bei einer Antragstellung zwischen dem 31. Mai 2006 und dem 31. Dezember 2006, wie im vorliegenden Fall, nur für selbständige Tätigkeiten, die nach dem 31. Dezember 2003 aufgenommen wurden, eine freiwillige Weiterversicherung begründet sein. Dies ist jedoch, bei einer Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Jahr 1996 nicht der Fall.

Die Vorschrift des § 28a SGB III ist zur Überzeugung des Senats mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Der Schutzbereich von Art. 3 Abs. 1 GG ist eröffnet, wenn unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, obwohl die tatsächliche Ungleichheit von Gewicht ist. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die ihm gestattet sind und die im Bereich der sozialen Sicherungssystem innerhalb eines großen Gestaltungsspielraums liegen können (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 3. April 2001, Az.: 1 BvR 1629/94), nicht vornimmt, sondern erst dann, wenn ein vernünftiger Grund für diese Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte fehlt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009, Az.: 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08). Mit der Vorversicherungszeit will der Gesetzgeber jedoch gerade gewährleisten, dass von dem Privileg der Versicherungsberechtigung nur solche Personen profitieren, die der Versicherungsgemeinschaft bereits in der Vergangenheit - zeitnah - angehört haben (vgl. BT- Drs 15/1515, S.78). Die angeführte Ungleichbehandlung von Pflegepersonen, die vor Beginn der Pflegtätigkeit einer selbstständigen Tätigkeit nachgegangen sind gegenüber abhängig Beschäftigten ist jedenfalls deswegen gerechtfertigt, als die abhängig Beschäftigten nach § 25 SGB III während der Tätigkeit, anders als Selbständige, versicherungspflichtig gewesen sind. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ist auch nicht, wie klägerseits geltend gemacht, im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einführung des § 28a SGB III bedingt. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen nach st. Rspr. des BVerfG (u.a. Beschluss vom 27. Februar 2007, Az.: 1 BvL 10/00) Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Dies gilt auch bei der Einführung von neuen Vorschriften, die einzelne Personengruppen begünstigen und wegen des Stichtages andere von der Begünstigung ausnehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 07. Juli 1992, Az.: 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91), wenn der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989, Az.: 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88). Wie oben ausgeführt hat, sollte mit der Einführung der Antragspflichtversicherung nach § 28a Abs. 1 SGB III ein Ausgleich für den zeitgleichen Wegfall des § 124 Abs. 3 Satz 1 SGB III und der dortigen verlängerten Rahmenfrist geschaffen werden (vgl. BT-Drucks 15/1515 S 78). In Zusammenschau mit der zeitgleich eingefügten Übergangsvorschrift in § 434j Abs. 3 SGB III wurde diese Gesetzesänderung ab dem 1. Februar 2006 "wirksam". Nachdem der Zeitpunkt der Einführung des § 28a SGB III, der 1. Februar 2006, in diesem systematischen und chronologischen Kontext sachlich gerechtfertigt ist, besteht für den Senat kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber die bei der Schaffung neuer Regelungen und deren In- Kraft- Treten zu beachtenden Grenzen missachtet hätte.

Der Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2007 erweist sich hiernach als rechtmäßig. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 S. 3, 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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