Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 15 AS 3274/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 415/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Kosten der Unterkunft-Mietvertrag-Verwandte-Anordnungsgrund-Zugunstenverfahren
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Oktober 2009 aufgehoben, soweit sie verpflichtet worden ist, Heizkosten in Höhe von monatlich 63,49 EUR zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat 9/10 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1., 3. und 4. für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Oktober 2009. Dieses hat die Antragsgegnerin im Rahmen eines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, vorläufig den Antragstellern zu 1., 3. und 4. für die Zeit vom 30. September 2009 bis längstens 31. März 2010 zusätzlich zu den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) Kosten der Unterkunft i.H.v. monatlich 397,00 EUR sowie Heizkosten i.H.v. monatlich 63,49 EUR zu bewilligen.
Die Antragstellerin zu 1. und ihre drei Kinder, die Antragsteller zu 2. bis 4., bezogen ab Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1. erzielt unregelmäßiges Nebeneinkommen; der Antragsteller zu 2. ist zum 1. August 2009 ausgezogen und absolviert in L. am A. (Österreich) eine Lehrausbildung. Der Antragsteller zu 3. erhält monatlich Kindergeld i.H.v. 164,00 EUR, der Antragsteller zu 4. erhält ebenfalls Kindergeld i.H.v. 164,00 EUR sowie Unterhaltszahlungen i.H.v. 125,00 EUR/Monat.
Die Antragsteller wohnten bei Beginn des Leistungsbezugs kostenfrei auf dem Anwesen des Vaters der Antragstellerin zu 1., das mit zwei Häusern bebaut ist. Sie entrichteten lediglich Nebenkosten an den Vater. Der Vater der Antragstellerin zu 1. und ihr als Zeuge im Termin am 16. Oktober 2009 vor dem Sozialgericht vernommenen Bruder T. D. (im Folgenden: Zeuge) hatten gemeinsam am 18. Mai 2005 einen Kredit in Höhe von 40.000,00 EUR aufgenommen, wofür eine Grundschuld auf das Grundstück eingetragen worden war. Der Kredit ist nach Angaben des Zeugen für den Einbau einer Heizung verwendet worden. Die von der Antragsgegnerin bewilligten Leistungen umfassten als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) jeweils die geltend gemachten Nebenkosten. Zuletzt waren mit Bescheid vom 14. Februar 2008 für die Zeit von 1. März bis 31. August 2008 die KdU mit 140,54 EUR festgesetzt worden, wovon 116,38 EUR auf die Heizkosten und 24,16 EUR auf laufende Nebenkosten entfielen.
Nach dem Tod des Vaters am 23. August 2007 beerbten ihn seine vier Kinder, auch die Antragstellerin zu 1. und der Zeuge, zu je 1/4. Durch Notarvertrag vom 15. April 2008 wurde die Erbengemeinschaft aufgeteilt und das gesamte Grundeigentum dem Zeugen übertragen. Dieser übernahm im Gegenzug alle dinglich gesicherten Zins- und Tilgungspflichten i.H.v. 32.420,00 EUR. Weitere Gegenleistungen wurden nicht gefordert, insoweit wurde die schenkungsweise Übertragung angenommen. Der Wert des Vertragsgegenstands wurde mit 60.000,00 EUR festgesetzt. In der Folgezeit nahm der Zeuge ein Darlehen in Höhe von 60.000,00 EUR auf und ließ eine entsprechende Grundschuld eintragen. Das Geld diente zur Umschuldung des von ihm und dem Vater aufgenommenen Kredits, zum Ausgleich des Girokontos des Vaters sowie zur Ablösung von Fremdverbindlichkeiten bei der Bausparkasse S. – H. und der B ... Des Weiteren wurden nach Angaben des Zeugen Fassaden- und Dachdeckerarbeiten durchgeführt.
Die Schwester der Antragstellerin zu 1. und Miterbin, Frau B. S. , wohnt mit ihrem Ehemann in einem Haus des Anwesens. Die Antragsgegnerin überweist 339,43 EUR/Monat mit dem Verwendungszweck "Miete E. u. B. S. " auf das Haus-Girokonto des Zeugen (Kontoauszug vom 3. August 2009).
Die Antragsteller zu 1. bis 4. bewohnen einen Teil des zweiten Hauses mit einer Fläche von 84 qm. In diesem Haus hat auch der Zeuge eine Wohnfläche von 35 qm, wobei Küche und Bad geteilt werden. Die Wohnung wird mit einer Ölsammelheizung beheizt, die Warmwasserzubereitung erfolgt durch Elektroboiler. Die Rechnungen für Wasser/Abwasser sowie für Öllieferungen sind an den Zeugen bzw. den Erblasser gerichtet. Die Abfallgebühren werden der Antragstellerin zu 1. in Rechnung gestellt. Für Stromkosten zahlt die Antragstellerin zu 1. auf das Haus-Girokonto des Zeugen monatlich 50,00 EUR. Ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Quittungen und Kontoauszüge hat die Antragstellerin zu 1. in der Zeit von Januar bis August 2008 92,69 EUR/Monat, von September 2008 bis Februar 2009 88,90 EUR/Monat sowie im März 2009 120,02 EUR in bar an den Zeugen gezahlt und als Verwendungszweck "Nebenkosten" angeben. Seit April 2009 wird monatlich ein Betrag von 150,00 EUR mit dem Verwendungszweck "Nebenkosten" auf das Haus-Girokonto überwiesen. Ferner sind am 30. April, 1. Juni und 1. Dezember 2009 per Dauerauftrag 180,00 EUR mit dem Verwendungszweck "Eigenanteil für Hauskonto" überwiesen worden.
Die Antragstellerin zu 1. gab in der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 an, ab Mai 2008 Miete zu zahlen. Sie legte eine Kopie des Mietvertrags von 15. November 2007 vor, auf dem mit Kugelschreiber der Beginn des Mietverhältnisses vom 1. Januar 2008 auf den 1. Mai 2008 und der Mietzins - schon vor Fertigung der Kopie - von 312,00 EUR auf 362,00 EUR gerändert worden war. Die Betriebskosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten sollten 85,00/Monat betragen. Ausweislich der vom Zeugen unterschriebenen Mietbescheinigung vom 25. April 2008 sei der Mietbeginn am 1. Mai 2008 gewesen. Die Gesamtmiete betrage monatlich 447,00 EUR. Die Nebenkosten setzten sich aus Kosten für die Heizung in Höhe von 45,00 EUR, Kosten für Wasser/Abwasser in Höhe von 25,00 EUR und sonstigen kalten Betriebskosten in Höhe von 15,00 EUR zusammen.
Die Antragsgegnerin bewilligte für die Zeiträume von März 2008 bis Juni 2009 Leistungen nach dem SGB II und berücksichtigte weiterhin als KdU nur Nebenkosten (Bescheide vom 23. Juli 2008, 25. September 2008, 1. Dezember 2008, 6. Februar 2009, 18. Juni 2009). Die Leistungsbewilligung erfolgte jeweils vorläufig bis zur Klärung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Erbschaft und der KdU. Die Antragstellerin zu 1. erhob jeweils keinen Widerspruch gegen die Leistungsbewilligungen.
Auf Anforderungen der Antragsgegnerin legte die Antragstellerin zu 1. in dieser Zeit Erbschein, Notarvertrag, Bausparverträge und Kreditverträge vor. Mit Schreiben vom 28. August 2008 und 7. Mai 2009 sowie im Rahmen eines Telefonats vom 22. Dezember 2008 teilte die Antragstellerin zu 1. mit, der Zeuge habe das Grundstück geerbt. Sie habe das Erbe ausgeschlagen, weil sie nur Schulden geerbt hätte. Es seien noch weitere Schulden neu hinzugekommen. Sie mahnte die ausstehende Miete ab Januar 2008 an. Der Zeuge sprach am 30. September 2008 bei der Antragsgegnerin vor und erläuterte die Umstände des Erbfalls. Den Fortzahlungsanträgen legte die Antragstellerin zu 1. jeweils Unterlagen über die Hausnebenkosten vor. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 mahnte sie nochmals die ausstehende Mietzahlung ab Januar 2008 an und legte einen neuen Mietvertrag vom 7. Mai 2009 für die Zeit ab 1. Juni 2009 mit einem Mietzins von monatlich 362,00 EUR und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 119,54 EUR vor.
Unter dem 28. Mai 2009 teilte die Antragsgegnerin mit: Zu Lebzeiten des Vaters hätte die Bedarfsgemeinschaft freies Wohnrecht gehabt. Das Erbe sei nicht ausgeschlagen worden. Die Übertragung des Hausanteils an den Bruder sei eine Schenkung. Als Eigentümerin von zumindest 1/4 Hausanteil hätte sie ein unentgeltliches Wohnrecht gehabt. Aufgrund der Verschenkung des Anteils und des ab 1. Mai 2008 geschlossenen Mietvertrags hätten sich die Unterkunftskosten unrechtmäßig erhöht. Es werde bei dem Mietvertrag von einem Gestaltungsmissbrauch ausgegangen, weshalb eine Übernahme des Mietzinses nicht möglich sei. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. August 2009 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern zu 1. und 3. vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 i.H.v. 690,02 EUR für September bis Dezember 2009, 650,02 EUR für Januar 2010 und 647,02 EUR für Februar 2010. Für die KdU legte die Antraggegnerin 123,02 EUR zu Grunde (Heizkosten 63,49 EUR, laufende Nebenkosten 59,53 EUR). Für den Antragsteller zu 4. ergebe sich kein Anspruch, da seine Einkünfte aus Kindergeld und Unterhalt den Bedarf überstiegen. Der Antragsteller zu 3. werde ab September 2009 vorerst nicht berücksichtigt. Die Abrechnungen zu den Hausnebenkosten seien umgehend nachzureichen.
Am 30. September 2009 haben die Antragsteller, nunmehr anwaltlich vertreten, gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) einen Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 18. August 2009 gestellt.
Am gleichen Tag haben sie beim Sozialgericht Dessau-Roßlau den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel der Verpflichtung der Antragsgegnerin, vorläufig Leistungen unter Berücksichtigung der Grundmiete in Höhe von 312,00 EUR, der pauschalen kalten Nebenkosten in Höhe von 85,00 EUR sowie der nachgewiesenen Heizkosten zu erbringen. Die Antragsteller haben ausgeführt, sie hätten deshalb keinen Widerspruch eingelegt, weil nach dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. Mai 2009 Kosten nicht übernommen würden. Nun habe der Zeuge die Räumung der Wohnung angedroht, weshalb sie den Antrag nach § 44 SGB X gestellt hätten. Zur Verhinderung eines Auszugs sei eine einstweilige Anordnung erforderlich. Ferner haben sie einen Mietvertrag vom 15. November 2007 in Kopie vorgelegt, der als Beginn des Mietverhältnisses den 1. Januar 2008 und als Mietzins monatlich 312,00 EUR sowie Betriebskosten in Höhe von 85,00 EUR enthält.
Die Antragsgegnerin hat dem entgegen gehalten, alle Bescheide der letzten zwei Jahre seien bestandskräftig geworden, so dass keine Eilbedürftigkeit erkennbar sei. Die Antragstellerin zu 1. hätte als rechtmäßige Eigentümerin von 1/4 Hausanteil ein unentgeltliches Wohnrecht haben können. Die vorgelegten verschiedenen Mietverträge seien wohl umgeschrieben worden, um mögliche Rechtsfolgen zu umgehen. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch vor, weshalb nur die laufenden anteiligen Hauskosten übernommen werden könnten. Es sei ferner zu vermuten, dass mehr Erbmasse vorhanden gewesen sei als angegeben wurde, z.B. eine Lebensversicherung. Aus den vorgelegten Auszügen aus der Verwaltungsakte über den Zeugen ergebe sich jedoch nicht, ob und in welcher Höhe eine Lebensversicherung zur Auszahlung gelangt sei.
Das Sozialgericht hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 16. Oktober 2009 die Antragstellerin zu 1. befragt sowie den Zeugen vernommen. Die Antragstellerin zu 1. hat erklärt, sie habe auf das Erbe verzichtet, um nicht die gesamten Lasten des Hauses tragen zu müssen. Der Vater hätte das Anwesen auch nur einem der Kinder überlassen wollen. Ihre Geschwister erhielten die Miete von der Antragsgegnerin. Ein zweiter Mietvertrag sei zustande gekommen, als der Zeuge ihr die Kündigung angedroht hätte; später habe er davon Abstand genommen. Es sei schon jemand von der Sparkasse dagewesen, um sich das Haus anzusehen. Der Mietvertrag gelte seit 1. Januar 2008 über eine Miete in Höhe von 312,00 EUR kalt und pauschale Nebenkosten in Höhe von 85,00 EUR. Andere Mietverträge gälten nicht; dies sei so mit dem Zeugen vereinbart worden. Bisher habe sie keine Kaltmiete gezahlt, sondern nur das weitergeleitet, was die Antragsgegnerin ihr bewillige. Über die Höhe der Mietschulden könne sie keine Auskunft geben. Von Lebensversicherungen des Vaters wisse sie nichts.
Der Zeuge hat angegeben, nach dem Tod des Vaters hätten die Geschwister das Haus nicht haben wollen; er habe es dann übernommen. Die Geschwister hätten Miete zahlen oder ausziehen sollen. Für seine Schwester werde die Miete von der Antragsgegnerin gezahlt. Der Mietvertrag mit der Antragstellerin zu 1. gelte seit dem 1. Januar 2008 in Höhe von 312,00 EUR; die genaue Höhe der Nebenkosten wisse er nicht. Die anderen Mietverträge in der Verwaltungsakte erklärten sich daraus, dass die Antragstellerin zu 1. sich um eine neue Wohnung gekümmert und zunächst diesen Mietvertrag unterzeichnet hätte. Diese Mietverträge hätten aber nicht gelten sollen. Bisher habe er von der Antragstellerin zu 1. immer nur 80,00 EUR/Monat erhalten. Die Zahlungen seien bis auf Anfang 2009 immer gleich gewesen. Die konkreten Mietschulden dürften ca. 5.000,00 EUR betragen. Eine konkrete Zahlungsaufforderung habe er noch nicht erstellt. Er beabsichtige, die Kündigung auszusprechen. Über eine Lebensversicherung habe der Vater nicht verfügt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 30. Oktober 2009 verpflichtet, den Antragstellern zu 1., 3. und 4. vorläufig ab dem 30. September 2009 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. März 2010, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft in Höhe von monatlich 397,00 EUR und Heizkosten in Höhe von monatlich 63,49 EUR zu gewähren. Hinsichtlich des Antragstellers zu 2. hat es den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsgrund liege hier vor, obwohl in einem Verfahren nach § 44 SGB X besonders hohe Anforderungen gestellt würden. Hier sei jedoch wegen des erheblichen Eingriffs in die Existenz der Antragsteller und des erheblichen Zeitraums der unterbliebenen Mietzahlung ein hinreichender Anordnungsgrund anzunehmen. Zu berücksichtigen sei, dass sich die Antragstellerin zu 1. seit April 2008 mehrfach an die Antragsgegnerin gewandt und um Berücksichtigung des Mietzinses gebeten habe. Die Anfragen seien weder als Widerspruch noch als Überprüfungsantrag behandelt worden. Es sei ihr lediglich mit Schreiben vom 28. Mai 2009 mitgeteilt worden, dass eine Übernahme des Mietzinses nicht erfolge. Zweifelsfrei ergebe sich aus der Verwaltungsakte, dass die Antragsteller - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - die unterbliebene Übernahme der Mietkosten für die vergangenen zwei Jahre nicht hätten hinnehmen wollen. Ferner habe der Zeuge nachvollziehbar angegeben, die Nichtzahlung der Miete nicht länger dulden zu wollen. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor. Die Antragsteller zu 1., 3. und 4. hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Übernahme der im Mietvertrag vom 15. November 2007 vereinbarten Mietzahlung i.H.v. 312,00 EUR und einer Betriebskostenpauschale i.H.v. 85,00 EUR. Die anderweitig zur Verwaltungsakte gelangten Mietverträge seien nachträglich erstellt worden und hätten keine Gültigkeit haben sollen. Dies sei wohl geschehen, da die ursprüngliche Vereinbarung keine Berücksichtigung gefunden habe. Die Heizkosten seien in der bewilligten Höhe von monatlich 63,49 EUR nachgewiesen und bewilligt worden. Im Mietvertrag sei keine ausdrückliche Vereinbarung zur Zahlung der Heizkosten getroffen worden; eine weitergehende Verpflichtung sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Zwar sei die Antragstellerin zu 1. Miterbin zu 1/4 des Hauses geworden. Ein dingliches Wohnrecht sei ihr nicht eingeräumt worden. Nach Abzug der auf dem Grundstück lastenden Schulden hätte sich ein auf sie entfallender Zahlungsanspruch i.H.v. 6.895,00 EUR ergeben. Die Antragsteller hätten unter Annahme einer angemessenen Nutzungsentschädigung in Höhe von 312,00 EUR/Monat allenfalls 22 Monate mietfrei im Wohnhaus verbleiben können.
Dagegen hat die Antragsgegnerin am 10. November 2009 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zum Anordnungsgrund führt sie nochmals aus, eine besondere Eilbedürftigkeit liege nicht vor. Der Bescheid vom 18. August 2009 sei - wie alle Bescheide seit Abschluss des Mietvertrags - bestandskräftig geworden. Nach fast zweijähriger Akzeptanz der bewilligten KdU liege keine Eilbedürftigkeit vor. Auch bestehe kein Anordnungsanspruch. Hinsichtlich des Mietvertrags vom 15. November 2007 liege ein Gestaltungsmissbrauch vor, da nur die tatsächlich nachgewiesenen Kosten berücksichtigt werden könnten. Als rechtmäßige Eigentümerin von 1/4 Hausanteil hätte die Antragstellerin zu 1. ein unentgeltliches Wohnrecht gehabt. Durch das Verschenken des Erbanteils habe sie ihre Unterkunftskosten unrechtmäßig erhöht. Der Gestaltungsmissbrauch ergebe sich auch aus der Tatsache, dass unter dem 15. November 2007 zwei verschiedene Mietverträge abgeschlossen worden seien. Zweifel ergäben sich auch aus den Einlassungen des Zeugen. Dieser habe keine genauen Angaben über die Höhe der Mietschulden machen können, und bisher keine Mahnung wegen des Zahlungsverzugs oder eine Forderungsaufstellung vorgelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Oktober 2009 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Die Antragstellerin zu 1. verfüge nicht über die intellektuellen Fähigkeiten, um die Wirkungen eines Verwaltungsakts und die Bedeutung des Widerspruchs zu erkennen. Der Umstand, dass der letzte Bewilligungsbescheid bestandskräftig geworden sei, dürfe deshalb an der Eilbedürftigkeit nichts ändern. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aktuell auf keinen Fall vor, weil die Antragsteller nicht in der Lage seien, vom Vermieter ein günstigeres Mietverhältnis zu verlangen. Der Erbverzicht sei dem Umstand geschuldet worden, dass die Antragstellerin zu 1. sich angesichts der Verbindlichkeiten und des Renovierungsbedarfs des Hauses nicht in der Lage gesehen haben, die Kosten aufzubringen. Ob sie dabei auf eine Gegenleistung verzichtet habe, sei fraglich. Selbst für diesen Fall sei sie sich darüber nicht bewusst gewesen. Daher liege aus subjektiven Gründen kein Verhalten vor, dass zum Verlust der Ansprüche nach dem SGB II führen könnte. Ferner haben sie eine Kündigung vom 30. November 2009 zum 1. Januar 2010 vorgelegt. Als Kündigungsgrund ist genannt das Ausbleiben der monatlichen Kaltmiete i.H.v. 312,00 EUR von Januar 2008 bis Dezember 2009. Auf Verlangen des Senats haben die Antragsteller Quittungen über die Zahlung von Nebenkosten an den Zeugen sowie Kontoauszüge des Haus-Girokontos des Zeugen für die Zeit vom 3. Mai bis 2. Dezember 2009 vorgelegt. Auf Aufforderung des Senats, die unterschiedlichen Mietverträge vom 15. November 2007 zu erläutern, hat der Bevollmächtigte der Antragsteller ausgeführt, dazu hätten ihm die Antragsteller keine Angaben gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
A. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beschwerde ist auch statthaft im Sinne von § 172 Abs. 3 Ziff. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstands überschreitet hier die Summe von 750,00 EUR. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet, vorläufig anstelle der im Bescheid vom 18. August 2009 ausgewiesenen KdU in Höhe von 123,02 EUR/Monat für die Zeit vom 30. September 2009 bis längstens 31. März 2010 460,49 EUR/Monat (397,00 EUR + 63,49 EUR) zu bewilligen.
B. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet, soweit sie vom Sozialgericht verpflichtet worden ist, vorläufig über den Betrag von 397,00 EUR/Monat hinaus auch einen Betrag für Heizkosten i.H.v. 63,49 EUR/Monat zu bewilligen. Im Übrigen ist die Beschwerde aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht eine vorläufige Regelung im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes über die Bewilligung von Leistungen für KdU in Höhe von 397,00 EUR/Monat getroffen. Insoweit ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 30. Oktober 2009. Diese wendet sich dagegen, zu einer Zahlung von höheren KdU als im Bescheid vom 18. August 2009 bewilligt, vorläufig verpflichtet worden zu sein. Soweit das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers zu 2. mit der Begründung, dieser sei zum 1. August 2009 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, abgelehnt hat, haben die Antragsteller keine Beschwerde eingelegt.
2. Zu Recht hat das Sozialgericht das Begehren der Antragsteller auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 30. September 2009 nach den Maßstäben des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG geprüft.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bedeutet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Verwaltungs- oder Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b).
In Fällen, in denen - wie hier - ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt wird, sind allerdings besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Geltend gemachte Ansprüche in so genannten Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X betreffen nämlich bestandskräftige Bescheide, die bis zu ihrer Aufhebung in einem solchen Verfahren für alle Beteiligten bindend. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, ist es den Antragstellern im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Februar 2006, L 7 AS 384/05 ER, JURIS). Wegen der besonders strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds ist es insoweit erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Beschluss des erkennenden Senats vom 17. März 2009, L 5 B 265/07 AS, nicht veröffentlicht).
Ein solches Zugunstenverfahren musste gegen den Bescheid vom 18. August 2009 angestrengt werden. Darin ist zwar eine vorläufige Regelung i.S.v. § 40 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) getroffen worden. Die Vorläufigkeit hat sich aber auf die Regelung hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten sowie die Herausnahme des Antragstellers zu 2. aus der Bedarfsgemeinschaft bezogen. Endgültig entschieden worden ist - aus dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont der Antragsteller - über die Ablehnung weiterer KdU aufgrund des Mietvertrags. Daher ist der Bescheid insoweit bestandskräftig geworden.
3. Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat das Sozialgericht zu Recht das Vorliegen eines Anordnungsgrunds angenommen.
a. Zwar ist der Bescheid vom 18. August 2009 über die vorläufige Leistungsbewilligung vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen und bestandskräftig geworden. Die Antragsteller haben jedoch schon unter dem 30. September 2009, also kurz nach der Bestandskraft des Bescheids und insbesondere zu Beginn des darin geregelten Bewilligungsabschnitts einen Antrag im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X gestellt.
Soweit die Antragsgegnerin dem entgegen hält, die Antragsteller hätten seit Januar 2008 alle Bescheide bestandskräftig werden lassen und alle bisherigen Bescheide akzeptiert, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin zu 1. und auch der Zeuge mehrfach bei der Antragsgegnerin wegen der ausstehenden Mietzahlungen vorgesprochen hatten. Die Antragsgegnerin hat aber diese schriftlichen und auch mündlichen Einlassungen zu keinem Zeitpunkt zum Anlass genommen, diese als Widerspruch oder als Anträge nach § 44 SGB X zu werten. Dafür hätte jedoch erkennbar Anlass bestanden. Denn eindeutig ist in den jeweiligen Anfragen zum Ausdruck gekommen, dass die Antragsteller sich mit der Entscheidung, nur die laufenden Nebenkosten als KdU zu tragen, nicht einverstanden erklärten. Die Antragsgegnerin hat lediglich auf die Einlassung der Antragstellerin zu 1. vom 7. Mai 2009 mit einem Schreiben vom 28. Mai 2009 reagiert. Diesem hat sie aber nicht die äußere Gestalt eines Verwaltungsakts, sondern eines Informationsschreibens gegeben und es dem entsprechend nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ob es sich bei dem Schreiben vom 28. Mai 2009 um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X gehandelt hat, kann hier aus o.g. Gründen offen bleiben. Ein solcher Verwaltungsakt wäre jedenfalls - mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung - bis heute nicht bestandskräftig geworden (§ 66 Abs. 2 SGG).
b. Das Sozialgericht hat auch in nicht zu beanstandender Weise bei der Prüfung eines Anordnungsgrunds darauf abgestellt, dass hier ein massiver Eingriff in die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller vorliegt. Insoweit stimmt der Senat den Überlegungen des Sozialgerichts zu. Den Antragstellern wird ein großer Teil der von ihnen beanspruchten, nach ihrem Vortrag tatsächlich zu erbringenden Aufwendungen für KdU vorenthalten. Durch die seit 2008 ausbleibenden Mietzahlungen ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses, auch wenn es sich bei dem Vermieter um den Bruder der Antragstellerin zu 1. handelt, konkret gefährdet. Denn es darf im Rahmen der Prüfung der Eilbedürftigkeit nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass ein Mietvertragsverhältnis unter Verwandten für die Dauer des Rechtsstreits nicht gekündigt werden kann oder wird. Es ist auch für den Senat nachvollziehbar, dass der Zeuge angesichts der ungesicherten Finanzierung seiner eingegangenen Kreditverpflichtungen Überlegungen zur Kündigung des Mietvertrags oder zum Verkauf des Anwesens angestellt hat.
4. Nach Auffassung des Senats hat das Sozialgericht auch zu Recht einen Anordnungsanspruch für einen monatlichen Zahlbetrag für KdU i.H.v. 397,00 EUR (312,00 EUR/Monat Kaltmiete und 85,00 EUR/Monat Nebenkosten) angenommen. Kein Anordnungsanspruch besteht aber entgegen der Auffassung des Sozialgerichts für Heizkosten i.H.v. 63,49 EUR/Monat zusätzlich zur Kaltmiete und den Betriebskosten.
a. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Leistungen für KdU i.H.v. 312,00 EUR/Monat Kaltmiete und 85,00 EUR/Monat Nebenkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hinreichend glaubhaft gemacht. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass nur die Kosten zu übernehmen sind, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind, und für deren Deckung er einen Bedarf hat. Nicht notwendigerweise muss der Hilfebedürftige die Miete im streitigen Zeitraum bereits bezahlt und nunmehr die Erstattung verlangen. Es reicht vielmehr aus, dass er einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Maßgeblich ist daher, ob ein Mietvertrag vorliegt, in dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, B 14 AS 31/07 R, (16)).
Nach den vorgelegten Unterlagen sowie den Einlassungen der Antragstellerin zu 1. und des Zeugen im Termin zur Beweisaufnahme am 16. Oktober 2009 geht der Senat davon aus, dass hier mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein wirksamer Mietvertrag vorliegt. Bedenken daran könnten zwar bestehen, weil der Vertrag vom 15. November 2007 in zwei verschiedenen Fassungen in die Gerichts- und Verwaltungsakte gelangt ist. Die Kopie des Mietvertrags, die mit der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 vorgelegt wurde, enthält - erkennbar - eine handschriftliche Änderung von Mietbeginn und Miethöhe. Der Senat geht davon aus, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstmals der originäre Mietvertrag vom 15. November 2007 mit einem Mietbeginn ab 1. Januar 2008 und einer Kaltmiete von 312,00 EUR sowie Betriebskosten von 85,00 EUR vorgelegt worden ist. Diese Vertragsvereinbarungen sind von der Antragstellerin zu 1. und von dem Zeugen im Termin zur Beweisaufnahme ausdrücklich bestätigt worden.
Der Änderungsvertrag vom 7. Mai 2009 für die Zeit ab 1. Juni 2009 ist nach der Einlassung der Antragstellerin zu 1. und dem Zeugen nicht wirksam geworden. Zwar haben die Antragsteller auf die Aufforderung des Senats keine Erklärung für die unterschiedlichen Mietverträge abgegeben. Der Senat geht jedoch - wie das Sozialgericht - davon aus, dass der Vertrag vom 7. Mai 2009 deshalb vorgelegt wurde, weil die ursprüngliche Vertragsvereinbarung nicht berücksichtigt worden war. Diese Überlegung erklärt allerdings nicht, warum mit der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 ein - handschriftlich geänderter - Mietvertrag vorgelegt wurde. Insoweit ist der Gedanke nicht fern liegend, dass es sich um den Versuch einer Leistungserschleichung i.H.v. 50,00 EUR/Monat (362,00 EUR - 312,00 EUR) gehandelt hat.
Dennoch hat der Senat keine erheblichen Zweifel, dass der "originale" Vertrag vom 15. November 2007 eine vertragliche Verpflichtung zur Entrichtung eines Mietzinses von 312,00 EUR + 85,00 EUR Betriebskosten beinhaltet hat. Gegen einen "Scheinmietvertrag", der gegenüber dem Zeugen gar keine Mietzahlungsverpflichtung begründen würde, sprechen die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Quittungen und Kontoauszüge des Haus-Girokontos. Danach hat die Antragstellerin zu 1. für die Zeit von Januar 2008 bis März 2009 monatlich "Nebenkosten" an den Zeugen in bar gezahlt. Zwar hat der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, es habe sich bis auf Januar 2009 um gleich bleibende Beträge in Höhe von 80,00 EUR/Monat gehandelt. Gerade diese Unstimmigkeit spricht aber gegen ein nachträgliches Ausstellen von fiktiven Quittungen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Kontoauszügen über das Haus-Girokonto des Zeugen, dass die Antragstellerin zu 1. seit Mai 2009 monatlich 150,00 EUR für "Nebenkosten", zusätzlich in unregelmäßigen Abständen einen "Eigenanteil für Hauskonto" und monatlich 50,00 EUR für "Strom" auf das Haus-Girokonto überweist. Der der Dauerauftrag ist bereits vor dem hier streitbefangenen Bescheid vom 18. August 2009 eingerichtet worden ist. Ferner entspricht auch die Finanzierung der Haussanierung durch den Zeugen sowie die Bedienung des im Jahr 2005 von diesem und dem Erblasser aufgenommenen Kredits durch Mieteinnahmen dem üblichen Vorgehen eines Immobilieneigentümers. Es ist kein Grund erkennbar, weshalb der Zeuge auf eigene Kosten eine Sanierung des Hauses durchgeführt haben sollte, ohne von den anderen Bewohnern eine Gegenleistung in Form von Miete zu verlangen. Das Vorbringen der Antragsteller, bislang nur deshalb nicht den vollen Mietzins entrichtet zu haben, weil die Antragsgegnerin nur Nebenkosten übernommen hat, ist nach alledem nachvollziehbar.
Der Senat hatte hier nicht der Frage nachzugehen, ob die vereinbarten Betriebskosten seit April 2008 auf 150,00 EUR/Monat angehoben worden sind, und welchen Zweck die unregelmäßigen Überweisungen haben. Denn geltend gemacht und beantragt worden ist insoweit nur die Übernahme von 85,00 EUR/Monat. Die Antragstellerin zu 1. hat im Termin am 16. Oktober 2009 auch bekundet, die Kaltmiete betrage 312,00 EUR und die Betriebskosten 85,00 EUR. Der Zeuge hat die Höhe der Kaltmiete bestätigt und konnte über die Höhe der Nebenkosten keine Angaben machen. Insoweit legt der Senat die Äußerung der Antragstellerin zu 1. vom 18. Juni 2009 zugrunde. Auch die Kündigung des Zeugen vom 30. November 2009 bezieht sich auf eine Kaltmiete von 312,00 EUR/Monat.
Gegebenenfalls wird ein Hauptsacheverfahren zu klären haben, welchem Zweck die ab April 2009 vorgenommenen Überweisungen gedient haben. Möglicherweise hat es sich um eine teilweise Begleichung der Mietzinsforderung von 312,00 EUR/Monat gehandelt.
b. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat jedoch weder weitere Aufwendungen der Antragsteller für den Kauf von Heizöl, noch eine mietvertragliche Verpflichtung zur zusätzlichen Erbringung von 63,49 EUR/Monat für Heizkosten für glaubhaft gemacht.
Diese Summe ist von der Antragsgegnerin ermittelt worden, nachdem die Antragstellerin zu 1. die Rechnungen für Heizöl vorgelegt hat. Aus den Rechnungen ergibt sich, dass die Antragsteller selbst nicht Schuldner des Kaufpreises waren. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass die Heizöllieferungen mittels der von den Mietern entrichteten Nebenkosten durch den Zeugen beglichen werden. Denn die in der Verwaltungsakte vorhandenen Rechnungen sind entweder an den verstorbenen Vater oder an den Zeugen adressiert worden.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Antragsteller einer entsprechenden zusätzlichen Kostenverpflichtung gegenüber dem Zeugen aus dem Mietvertrag vom 15. November 2007 ausgesetzt waren. Vielmehr geht der Senat unter Zugrundelegung von dessen Mietbescheinigung vom 25. April 2008 davon aus, dass in den Betriebskosten von 85,00 EUR bereits 45,00 EUR Kostenanteil für die Heizung enthalten sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Antragstellerin zu 1. und dem Zeugen anlässlich der Befragung durch das Sozialgericht.
Dem entsprechend haben die Antragsteller lediglich glaubhaft gemacht, mietvertraglich zu einer Zahlung von Betriebskosten inklusive Heizkosten i.H.v. 85,00 EUR/Monat verpflichtet zu sein. Der von der Antragsgegnerin ermittelten Höhe der monatlichen Heizkosten kommt daher keine Bedeutung zu.
5. Die Einlassungen der Antragsgegnerin zur Frage eines möglichen unentgeltlichen Wohnrechts auf Dauer und eines "Gestaltungsmissbrauchs" anlässlich des Erbfalls sind für die Frage der tatsächlichen Aufwendungen für die KdU i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II irrelevant. Es ist allein auf eine wirksame mietvertragliche Zahlungsverpflichtung abzustellen. Sollte, wie die Antragsgegnerin vermutet, die Übertragung des Miterbenanteils auf den Zeugen zu einer Erhöhung der Bedürftigkeit der Antragsteller geführt haben, könnte sie Ersatzansprüche allenfalls im Rahmen von § 34 Abs. 1 SGB II durchsetzen. Diese wären allein gegenüber der Antragstellerin zu 1. geltend zu machen.
6. Soweit die Antragsgegnerin aus dem Bescheid vom 18. August 2009 bzw. in Ausführung des Beschlusses vom 30. Oktober 2009 für die Zeit ab dem 30. September 2009 bereits Leistungen erbracht hat, sind diese auf den Anspruch von 397,00 EUR/Monat anzurechnen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Der Senat hat eine anteilige Kostenquotelung für angemessen erachtet, da das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in vollem Umfang Erfolg hatte.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat 9/10 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1., 3. und 4. für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Oktober 2009. Dieses hat die Antragsgegnerin im Rahmen eines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, vorläufig den Antragstellern zu 1., 3. und 4. für die Zeit vom 30. September 2009 bis längstens 31. März 2010 zusätzlich zu den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) Kosten der Unterkunft i.H.v. monatlich 397,00 EUR sowie Heizkosten i.H.v. monatlich 63,49 EUR zu bewilligen.
Die Antragstellerin zu 1. und ihre drei Kinder, die Antragsteller zu 2. bis 4., bezogen ab Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1. erzielt unregelmäßiges Nebeneinkommen; der Antragsteller zu 2. ist zum 1. August 2009 ausgezogen und absolviert in L. am A. (Österreich) eine Lehrausbildung. Der Antragsteller zu 3. erhält monatlich Kindergeld i.H.v. 164,00 EUR, der Antragsteller zu 4. erhält ebenfalls Kindergeld i.H.v. 164,00 EUR sowie Unterhaltszahlungen i.H.v. 125,00 EUR/Monat.
Die Antragsteller wohnten bei Beginn des Leistungsbezugs kostenfrei auf dem Anwesen des Vaters der Antragstellerin zu 1., das mit zwei Häusern bebaut ist. Sie entrichteten lediglich Nebenkosten an den Vater. Der Vater der Antragstellerin zu 1. und ihr als Zeuge im Termin am 16. Oktober 2009 vor dem Sozialgericht vernommenen Bruder T. D. (im Folgenden: Zeuge) hatten gemeinsam am 18. Mai 2005 einen Kredit in Höhe von 40.000,00 EUR aufgenommen, wofür eine Grundschuld auf das Grundstück eingetragen worden war. Der Kredit ist nach Angaben des Zeugen für den Einbau einer Heizung verwendet worden. Die von der Antragsgegnerin bewilligten Leistungen umfassten als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) jeweils die geltend gemachten Nebenkosten. Zuletzt waren mit Bescheid vom 14. Februar 2008 für die Zeit von 1. März bis 31. August 2008 die KdU mit 140,54 EUR festgesetzt worden, wovon 116,38 EUR auf die Heizkosten und 24,16 EUR auf laufende Nebenkosten entfielen.
Nach dem Tod des Vaters am 23. August 2007 beerbten ihn seine vier Kinder, auch die Antragstellerin zu 1. und der Zeuge, zu je 1/4. Durch Notarvertrag vom 15. April 2008 wurde die Erbengemeinschaft aufgeteilt und das gesamte Grundeigentum dem Zeugen übertragen. Dieser übernahm im Gegenzug alle dinglich gesicherten Zins- und Tilgungspflichten i.H.v. 32.420,00 EUR. Weitere Gegenleistungen wurden nicht gefordert, insoweit wurde die schenkungsweise Übertragung angenommen. Der Wert des Vertragsgegenstands wurde mit 60.000,00 EUR festgesetzt. In der Folgezeit nahm der Zeuge ein Darlehen in Höhe von 60.000,00 EUR auf und ließ eine entsprechende Grundschuld eintragen. Das Geld diente zur Umschuldung des von ihm und dem Vater aufgenommenen Kredits, zum Ausgleich des Girokontos des Vaters sowie zur Ablösung von Fremdverbindlichkeiten bei der Bausparkasse S. – H. und der B ... Des Weiteren wurden nach Angaben des Zeugen Fassaden- und Dachdeckerarbeiten durchgeführt.
Die Schwester der Antragstellerin zu 1. und Miterbin, Frau B. S. , wohnt mit ihrem Ehemann in einem Haus des Anwesens. Die Antragsgegnerin überweist 339,43 EUR/Monat mit dem Verwendungszweck "Miete E. u. B. S. " auf das Haus-Girokonto des Zeugen (Kontoauszug vom 3. August 2009).
Die Antragsteller zu 1. bis 4. bewohnen einen Teil des zweiten Hauses mit einer Fläche von 84 qm. In diesem Haus hat auch der Zeuge eine Wohnfläche von 35 qm, wobei Küche und Bad geteilt werden. Die Wohnung wird mit einer Ölsammelheizung beheizt, die Warmwasserzubereitung erfolgt durch Elektroboiler. Die Rechnungen für Wasser/Abwasser sowie für Öllieferungen sind an den Zeugen bzw. den Erblasser gerichtet. Die Abfallgebühren werden der Antragstellerin zu 1. in Rechnung gestellt. Für Stromkosten zahlt die Antragstellerin zu 1. auf das Haus-Girokonto des Zeugen monatlich 50,00 EUR. Ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Quittungen und Kontoauszüge hat die Antragstellerin zu 1. in der Zeit von Januar bis August 2008 92,69 EUR/Monat, von September 2008 bis Februar 2009 88,90 EUR/Monat sowie im März 2009 120,02 EUR in bar an den Zeugen gezahlt und als Verwendungszweck "Nebenkosten" angeben. Seit April 2009 wird monatlich ein Betrag von 150,00 EUR mit dem Verwendungszweck "Nebenkosten" auf das Haus-Girokonto überwiesen. Ferner sind am 30. April, 1. Juni und 1. Dezember 2009 per Dauerauftrag 180,00 EUR mit dem Verwendungszweck "Eigenanteil für Hauskonto" überwiesen worden.
Die Antragstellerin zu 1. gab in der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 an, ab Mai 2008 Miete zu zahlen. Sie legte eine Kopie des Mietvertrags von 15. November 2007 vor, auf dem mit Kugelschreiber der Beginn des Mietverhältnisses vom 1. Januar 2008 auf den 1. Mai 2008 und der Mietzins - schon vor Fertigung der Kopie - von 312,00 EUR auf 362,00 EUR gerändert worden war. Die Betriebskosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten sollten 85,00/Monat betragen. Ausweislich der vom Zeugen unterschriebenen Mietbescheinigung vom 25. April 2008 sei der Mietbeginn am 1. Mai 2008 gewesen. Die Gesamtmiete betrage monatlich 447,00 EUR. Die Nebenkosten setzten sich aus Kosten für die Heizung in Höhe von 45,00 EUR, Kosten für Wasser/Abwasser in Höhe von 25,00 EUR und sonstigen kalten Betriebskosten in Höhe von 15,00 EUR zusammen.
Die Antragsgegnerin bewilligte für die Zeiträume von März 2008 bis Juni 2009 Leistungen nach dem SGB II und berücksichtigte weiterhin als KdU nur Nebenkosten (Bescheide vom 23. Juli 2008, 25. September 2008, 1. Dezember 2008, 6. Februar 2009, 18. Juni 2009). Die Leistungsbewilligung erfolgte jeweils vorläufig bis zur Klärung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Erbschaft und der KdU. Die Antragstellerin zu 1. erhob jeweils keinen Widerspruch gegen die Leistungsbewilligungen.
Auf Anforderungen der Antragsgegnerin legte die Antragstellerin zu 1. in dieser Zeit Erbschein, Notarvertrag, Bausparverträge und Kreditverträge vor. Mit Schreiben vom 28. August 2008 und 7. Mai 2009 sowie im Rahmen eines Telefonats vom 22. Dezember 2008 teilte die Antragstellerin zu 1. mit, der Zeuge habe das Grundstück geerbt. Sie habe das Erbe ausgeschlagen, weil sie nur Schulden geerbt hätte. Es seien noch weitere Schulden neu hinzugekommen. Sie mahnte die ausstehende Miete ab Januar 2008 an. Der Zeuge sprach am 30. September 2008 bei der Antragsgegnerin vor und erläuterte die Umstände des Erbfalls. Den Fortzahlungsanträgen legte die Antragstellerin zu 1. jeweils Unterlagen über die Hausnebenkosten vor. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 mahnte sie nochmals die ausstehende Mietzahlung ab Januar 2008 an und legte einen neuen Mietvertrag vom 7. Mai 2009 für die Zeit ab 1. Juni 2009 mit einem Mietzins von monatlich 362,00 EUR und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 119,54 EUR vor.
Unter dem 28. Mai 2009 teilte die Antragsgegnerin mit: Zu Lebzeiten des Vaters hätte die Bedarfsgemeinschaft freies Wohnrecht gehabt. Das Erbe sei nicht ausgeschlagen worden. Die Übertragung des Hausanteils an den Bruder sei eine Schenkung. Als Eigentümerin von zumindest 1/4 Hausanteil hätte sie ein unentgeltliches Wohnrecht gehabt. Aufgrund der Verschenkung des Anteils und des ab 1. Mai 2008 geschlossenen Mietvertrags hätten sich die Unterkunftskosten unrechtmäßig erhöht. Es werde bei dem Mietvertrag von einem Gestaltungsmissbrauch ausgegangen, weshalb eine Übernahme des Mietzinses nicht möglich sei. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. August 2009 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern zu 1. und 3. vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 i.H.v. 690,02 EUR für September bis Dezember 2009, 650,02 EUR für Januar 2010 und 647,02 EUR für Februar 2010. Für die KdU legte die Antraggegnerin 123,02 EUR zu Grunde (Heizkosten 63,49 EUR, laufende Nebenkosten 59,53 EUR). Für den Antragsteller zu 4. ergebe sich kein Anspruch, da seine Einkünfte aus Kindergeld und Unterhalt den Bedarf überstiegen. Der Antragsteller zu 3. werde ab September 2009 vorerst nicht berücksichtigt. Die Abrechnungen zu den Hausnebenkosten seien umgehend nachzureichen.
Am 30. September 2009 haben die Antragsteller, nunmehr anwaltlich vertreten, gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) einen Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 18. August 2009 gestellt.
Am gleichen Tag haben sie beim Sozialgericht Dessau-Roßlau den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel der Verpflichtung der Antragsgegnerin, vorläufig Leistungen unter Berücksichtigung der Grundmiete in Höhe von 312,00 EUR, der pauschalen kalten Nebenkosten in Höhe von 85,00 EUR sowie der nachgewiesenen Heizkosten zu erbringen. Die Antragsteller haben ausgeführt, sie hätten deshalb keinen Widerspruch eingelegt, weil nach dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. Mai 2009 Kosten nicht übernommen würden. Nun habe der Zeuge die Räumung der Wohnung angedroht, weshalb sie den Antrag nach § 44 SGB X gestellt hätten. Zur Verhinderung eines Auszugs sei eine einstweilige Anordnung erforderlich. Ferner haben sie einen Mietvertrag vom 15. November 2007 in Kopie vorgelegt, der als Beginn des Mietverhältnisses den 1. Januar 2008 und als Mietzins monatlich 312,00 EUR sowie Betriebskosten in Höhe von 85,00 EUR enthält.
Die Antragsgegnerin hat dem entgegen gehalten, alle Bescheide der letzten zwei Jahre seien bestandskräftig geworden, so dass keine Eilbedürftigkeit erkennbar sei. Die Antragstellerin zu 1. hätte als rechtmäßige Eigentümerin von 1/4 Hausanteil ein unentgeltliches Wohnrecht haben können. Die vorgelegten verschiedenen Mietverträge seien wohl umgeschrieben worden, um mögliche Rechtsfolgen zu umgehen. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch vor, weshalb nur die laufenden anteiligen Hauskosten übernommen werden könnten. Es sei ferner zu vermuten, dass mehr Erbmasse vorhanden gewesen sei als angegeben wurde, z.B. eine Lebensversicherung. Aus den vorgelegten Auszügen aus der Verwaltungsakte über den Zeugen ergebe sich jedoch nicht, ob und in welcher Höhe eine Lebensversicherung zur Auszahlung gelangt sei.
Das Sozialgericht hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 16. Oktober 2009 die Antragstellerin zu 1. befragt sowie den Zeugen vernommen. Die Antragstellerin zu 1. hat erklärt, sie habe auf das Erbe verzichtet, um nicht die gesamten Lasten des Hauses tragen zu müssen. Der Vater hätte das Anwesen auch nur einem der Kinder überlassen wollen. Ihre Geschwister erhielten die Miete von der Antragsgegnerin. Ein zweiter Mietvertrag sei zustande gekommen, als der Zeuge ihr die Kündigung angedroht hätte; später habe er davon Abstand genommen. Es sei schon jemand von der Sparkasse dagewesen, um sich das Haus anzusehen. Der Mietvertrag gelte seit 1. Januar 2008 über eine Miete in Höhe von 312,00 EUR kalt und pauschale Nebenkosten in Höhe von 85,00 EUR. Andere Mietverträge gälten nicht; dies sei so mit dem Zeugen vereinbart worden. Bisher habe sie keine Kaltmiete gezahlt, sondern nur das weitergeleitet, was die Antragsgegnerin ihr bewillige. Über die Höhe der Mietschulden könne sie keine Auskunft geben. Von Lebensversicherungen des Vaters wisse sie nichts.
Der Zeuge hat angegeben, nach dem Tod des Vaters hätten die Geschwister das Haus nicht haben wollen; er habe es dann übernommen. Die Geschwister hätten Miete zahlen oder ausziehen sollen. Für seine Schwester werde die Miete von der Antragsgegnerin gezahlt. Der Mietvertrag mit der Antragstellerin zu 1. gelte seit dem 1. Januar 2008 in Höhe von 312,00 EUR; die genaue Höhe der Nebenkosten wisse er nicht. Die anderen Mietverträge in der Verwaltungsakte erklärten sich daraus, dass die Antragstellerin zu 1. sich um eine neue Wohnung gekümmert und zunächst diesen Mietvertrag unterzeichnet hätte. Diese Mietverträge hätten aber nicht gelten sollen. Bisher habe er von der Antragstellerin zu 1. immer nur 80,00 EUR/Monat erhalten. Die Zahlungen seien bis auf Anfang 2009 immer gleich gewesen. Die konkreten Mietschulden dürften ca. 5.000,00 EUR betragen. Eine konkrete Zahlungsaufforderung habe er noch nicht erstellt. Er beabsichtige, die Kündigung auszusprechen. Über eine Lebensversicherung habe der Vater nicht verfügt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 30. Oktober 2009 verpflichtet, den Antragstellern zu 1., 3. und 4. vorläufig ab dem 30. September 2009 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. März 2010, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft in Höhe von monatlich 397,00 EUR und Heizkosten in Höhe von monatlich 63,49 EUR zu gewähren. Hinsichtlich des Antragstellers zu 2. hat es den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsgrund liege hier vor, obwohl in einem Verfahren nach § 44 SGB X besonders hohe Anforderungen gestellt würden. Hier sei jedoch wegen des erheblichen Eingriffs in die Existenz der Antragsteller und des erheblichen Zeitraums der unterbliebenen Mietzahlung ein hinreichender Anordnungsgrund anzunehmen. Zu berücksichtigen sei, dass sich die Antragstellerin zu 1. seit April 2008 mehrfach an die Antragsgegnerin gewandt und um Berücksichtigung des Mietzinses gebeten habe. Die Anfragen seien weder als Widerspruch noch als Überprüfungsantrag behandelt worden. Es sei ihr lediglich mit Schreiben vom 28. Mai 2009 mitgeteilt worden, dass eine Übernahme des Mietzinses nicht erfolge. Zweifelsfrei ergebe sich aus der Verwaltungsakte, dass die Antragsteller - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - die unterbliebene Übernahme der Mietkosten für die vergangenen zwei Jahre nicht hätten hinnehmen wollen. Ferner habe der Zeuge nachvollziehbar angegeben, die Nichtzahlung der Miete nicht länger dulden zu wollen. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor. Die Antragsteller zu 1., 3. und 4. hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Übernahme der im Mietvertrag vom 15. November 2007 vereinbarten Mietzahlung i.H.v. 312,00 EUR und einer Betriebskostenpauschale i.H.v. 85,00 EUR. Die anderweitig zur Verwaltungsakte gelangten Mietverträge seien nachträglich erstellt worden und hätten keine Gültigkeit haben sollen. Dies sei wohl geschehen, da die ursprüngliche Vereinbarung keine Berücksichtigung gefunden habe. Die Heizkosten seien in der bewilligten Höhe von monatlich 63,49 EUR nachgewiesen und bewilligt worden. Im Mietvertrag sei keine ausdrückliche Vereinbarung zur Zahlung der Heizkosten getroffen worden; eine weitergehende Verpflichtung sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Zwar sei die Antragstellerin zu 1. Miterbin zu 1/4 des Hauses geworden. Ein dingliches Wohnrecht sei ihr nicht eingeräumt worden. Nach Abzug der auf dem Grundstück lastenden Schulden hätte sich ein auf sie entfallender Zahlungsanspruch i.H.v. 6.895,00 EUR ergeben. Die Antragsteller hätten unter Annahme einer angemessenen Nutzungsentschädigung in Höhe von 312,00 EUR/Monat allenfalls 22 Monate mietfrei im Wohnhaus verbleiben können.
Dagegen hat die Antragsgegnerin am 10. November 2009 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zum Anordnungsgrund führt sie nochmals aus, eine besondere Eilbedürftigkeit liege nicht vor. Der Bescheid vom 18. August 2009 sei - wie alle Bescheide seit Abschluss des Mietvertrags - bestandskräftig geworden. Nach fast zweijähriger Akzeptanz der bewilligten KdU liege keine Eilbedürftigkeit vor. Auch bestehe kein Anordnungsanspruch. Hinsichtlich des Mietvertrags vom 15. November 2007 liege ein Gestaltungsmissbrauch vor, da nur die tatsächlich nachgewiesenen Kosten berücksichtigt werden könnten. Als rechtmäßige Eigentümerin von 1/4 Hausanteil hätte die Antragstellerin zu 1. ein unentgeltliches Wohnrecht gehabt. Durch das Verschenken des Erbanteils habe sie ihre Unterkunftskosten unrechtmäßig erhöht. Der Gestaltungsmissbrauch ergebe sich auch aus der Tatsache, dass unter dem 15. November 2007 zwei verschiedene Mietverträge abgeschlossen worden seien. Zweifel ergäben sich auch aus den Einlassungen des Zeugen. Dieser habe keine genauen Angaben über die Höhe der Mietschulden machen können, und bisher keine Mahnung wegen des Zahlungsverzugs oder eine Forderungsaufstellung vorgelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 30. Oktober 2009 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Die Antragstellerin zu 1. verfüge nicht über die intellektuellen Fähigkeiten, um die Wirkungen eines Verwaltungsakts und die Bedeutung des Widerspruchs zu erkennen. Der Umstand, dass der letzte Bewilligungsbescheid bestandskräftig geworden sei, dürfe deshalb an der Eilbedürftigkeit nichts ändern. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aktuell auf keinen Fall vor, weil die Antragsteller nicht in der Lage seien, vom Vermieter ein günstigeres Mietverhältnis zu verlangen. Der Erbverzicht sei dem Umstand geschuldet worden, dass die Antragstellerin zu 1. sich angesichts der Verbindlichkeiten und des Renovierungsbedarfs des Hauses nicht in der Lage gesehen haben, die Kosten aufzubringen. Ob sie dabei auf eine Gegenleistung verzichtet habe, sei fraglich. Selbst für diesen Fall sei sie sich darüber nicht bewusst gewesen. Daher liege aus subjektiven Gründen kein Verhalten vor, dass zum Verlust der Ansprüche nach dem SGB II führen könnte. Ferner haben sie eine Kündigung vom 30. November 2009 zum 1. Januar 2010 vorgelegt. Als Kündigungsgrund ist genannt das Ausbleiben der monatlichen Kaltmiete i.H.v. 312,00 EUR von Januar 2008 bis Dezember 2009. Auf Verlangen des Senats haben die Antragsteller Quittungen über die Zahlung von Nebenkosten an den Zeugen sowie Kontoauszüge des Haus-Girokontos des Zeugen für die Zeit vom 3. Mai bis 2. Dezember 2009 vorgelegt. Auf Aufforderung des Senats, die unterschiedlichen Mietverträge vom 15. November 2007 zu erläutern, hat der Bevollmächtigte der Antragsteller ausgeführt, dazu hätten ihm die Antragsteller keine Angaben gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
A. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Beschwerde ist auch statthaft im Sinne von § 172 Abs. 3 Ziff. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstands überschreitet hier die Summe von 750,00 EUR. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet, vorläufig anstelle der im Bescheid vom 18. August 2009 ausgewiesenen KdU in Höhe von 123,02 EUR/Monat für die Zeit vom 30. September 2009 bis längstens 31. März 2010 460,49 EUR/Monat (397,00 EUR + 63,49 EUR) zu bewilligen.
B. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet, soweit sie vom Sozialgericht verpflichtet worden ist, vorläufig über den Betrag von 397,00 EUR/Monat hinaus auch einen Betrag für Heizkosten i.H.v. 63,49 EUR/Monat zu bewilligen. Im Übrigen ist die Beschwerde aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht eine vorläufige Regelung im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes über die Bewilligung von Leistungen für KdU in Höhe von 397,00 EUR/Monat getroffen. Insoweit ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 30. Oktober 2009. Diese wendet sich dagegen, zu einer Zahlung von höheren KdU als im Bescheid vom 18. August 2009 bewilligt, vorläufig verpflichtet worden zu sein. Soweit das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers zu 2. mit der Begründung, dieser sei zum 1. August 2009 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, abgelehnt hat, haben die Antragsteller keine Beschwerde eingelegt.
2. Zu Recht hat das Sozialgericht das Begehren der Antragsteller auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 30. September 2009 nach den Maßstäben des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG geprüft.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bedeutet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Verwaltungs- oder Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b).
In Fällen, in denen - wie hier - ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt wird, sind allerdings besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds zu stellen. Geltend gemachte Ansprüche in so genannten Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X betreffen nämlich bestandskräftige Bescheide, die bis zu ihrer Aufhebung in einem solchen Verfahren für alle Beteiligten bindend. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, ist es den Antragstellern im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Februar 2006, L 7 AS 384/05 ER, JURIS). Wegen der besonders strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrunds ist es insoweit erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Beschluss des erkennenden Senats vom 17. März 2009, L 5 B 265/07 AS, nicht veröffentlicht).
Ein solches Zugunstenverfahren musste gegen den Bescheid vom 18. August 2009 angestrengt werden. Darin ist zwar eine vorläufige Regelung i.S.v. § 40 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) getroffen worden. Die Vorläufigkeit hat sich aber auf die Regelung hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten sowie die Herausnahme des Antragstellers zu 2. aus der Bedarfsgemeinschaft bezogen. Endgültig entschieden worden ist - aus dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont der Antragsteller - über die Ablehnung weiterer KdU aufgrund des Mietvertrags. Daher ist der Bescheid insoweit bestandskräftig geworden.
3. Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat das Sozialgericht zu Recht das Vorliegen eines Anordnungsgrunds angenommen.
a. Zwar ist der Bescheid vom 18. August 2009 über die vorläufige Leistungsbewilligung vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen und bestandskräftig geworden. Die Antragsteller haben jedoch schon unter dem 30. September 2009, also kurz nach der Bestandskraft des Bescheids und insbesondere zu Beginn des darin geregelten Bewilligungsabschnitts einen Antrag im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X gestellt.
Soweit die Antragsgegnerin dem entgegen hält, die Antragsteller hätten seit Januar 2008 alle Bescheide bestandskräftig werden lassen und alle bisherigen Bescheide akzeptiert, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin zu 1. und auch der Zeuge mehrfach bei der Antragsgegnerin wegen der ausstehenden Mietzahlungen vorgesprochen hatten. Die Antragsgegnerin hat aber diese schriftlichen und auch mündlichen Einlassungen zu keinem Zeitpunkt zum Anlass genommen, diese als Widerspruch oder als Anträge nach § 44 SGB X zu werten. Dafür hätte jedoch erkennbar Anlass bestanden. Denn eindeutig ist in den jeweiligen Anfragen zum Ausdruck gekommen, dass die Antragsteller sich mit der Entscheidung, nur die laufenden Nebenkosten als KdU zu tragen, nicht einverstanden erklärten. Die Antragsgegnerin hat lediglich auf die Einlassung der Antragstellerin zu 1. vom 7. Mai 2009 mit einem Schreiben vom 28. Mai 2009 reagiert. Diesem hat sie aber nicht die äußere Gestalt eines Verwaltungsakts, sondern eines Informationsschreibens gegeben und es dem entsprechend nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ob es sich bei dem Schreiben vom 28. Mai 2009 um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X gehandelt hat, kann hier aus o.g. Gründen offen bleiben. Ein solcher Verwaltungsakt wäre jedenfalls - mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung - bis heute nicht bestandskräftig geworden (§ 66 Abs. 2 SGG).
b. Das Sozialgericht hat auch in nicht zu beanstandender Weise bei der Prüfung eines Anordnungsgrunds darauf abgestellt, dass hier ein massiver Eingriff in die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller vorliegt. Insoweit stimmt der Senat den Überlegungen des Sozialgerichts zu. Den Antragstellern wird ein großer Teil der von ihnen beanspruchten, nach ihrem Vortrag tatsächlich zu erbringenden Aufwendungen für KdU vorenthalten. Durch die seit 2008 ausbleibenden Mietzahlungen ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses, auch wenn es sich bei dem Vermieter um den Bruder der Antragstellerin zu 1. handelt, konkret gefährdet. Denn es darf im Rahmen der Prüfung der Eilbedürftigkeit nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass ein Mietvertragsverhältnis unter Verwandten für die Dauer des Rechtsstreits nicht gekündigt werden kann oder wird. Es ist auch für den Senat nachvollziehbar, dass der Zeuge angesichts der ungesicherten Finanzierung seiner eingegangenen Kreditverpflichtungen Überlegungen zur Kündigung des Mietvertrags oder zum Verkauf des Anwesens angestellt hat.
4. Nach Auffassung des Senats hat das Sozialgericht auch zu Recht einen Anordnungsanspruch für einen monatlichen Zahlbetrag für KdU i.H.v. 397,00 EUR (312,00 EUR/Monat Kaltmiete und 85,00 EUR/Monat Nebenkosten) angenommen. Kein Anordnungsanspruch besteht aber entgegen der Auffassung des Sozialgerichts für Heizkosten i.H.v. 63,49 EUR/Monat zusätzlich zur Kaltmiete und den Betriebskosten.
a. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Leistungen für KdU i.H.v. 312,00 EUR/Monat Kaltmiete und 85,00 EUR/Monat Nebenkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hinreichend glaubhaft gemacht. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass nur die Kosten zu übernehmen sind, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind, und für deren Deckung er einen Bedarf hat. Nicht notwendigerweise muss der Hilfebedürftige die Miete im streitigen Zeitraum bereits bezahlt und nunmehr die Erstattung verlangen. Es reicht vielmehr aus, dass er einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Maßgeblich ist daher, ob ein Mietvertrag vorliegt, in dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, B 14 AS 31/07 R, (16)).
Nach den vorgelegten Unterlagen sowie den Einlassungen der Antragstellerin zu 1. und des Zeugen im Termin zur Beweisaufnahme am 16. Oktober 2009 geht der Senat davon aus, dass hier mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein wirksamer Mietvertrag vorliegt. Bedenken daran könnten zwar bestehen, weil der Vertrag vom 15. November 2007 in zwei verschiedenen Fassungen in die Gerichts- und Verwaltungsakte gelangt ist. Die Kopie des Mietvertrags, die mit der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 vorgelegt wurde, enthält - erkennbar - eine handschriftliche Änderung von Mietbeginn und Miethöhe. Der Senat geht davon aus, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstmals der originäre Mietvertrag vom 15. November 2007 mit einem Mietbeginn ab 1. Januar 2008 und einer Kaltmiete von 312,00 EUR sowie Betriebskosten von 85,00 EUR vorgelegt worden ist. Diese Vertragsvereinbarungen sind von der Antragstellerin zu 1. und von dem Zeugen im Termin zur Beweisaufnahme ausdrücklich bestätigt worden.
Der Änderungsvertrag vom 7. Mai 2009 für die Zeit ab 1. Juni 2009 ist nach der Einlassung der Antragstellerin zu 1. und dem Zeugen nicht wirksam geworden. Zwar haben die Antragsteller auf die Aufforderung des Senats keine Erklärung für die unterschiedlichen Mietverträge abgegeben. Der Senat geht jedoch - wie das Sozialgericht - davon aus, dass der Vertrag vom 7. Mai 2009 deshalb vorgelegt wurde, weil die ursprüngliche Vertragsvereinbarung nicht berücksichtigt worden war. Diese Überlegung erklärt allerdings nicht, warum mit der Änderungsmitteilung vom 28. April 2008 ein - handschriftlich geänderter - Mietvertrag vorgelegt wurde. Insoweit ist der Gedanke nicht fern liegend, dass es sich um den Versuch einer Leistungserschleichung i.H.v. 50,00 EUR/Monat (362,00 EUR - 312,00 EUR) gehandelt hat.
Dennoch hat der Senat keine erheblichen Zweifel, dass der "originale" Vertrag vom 15. November 2007 eine vertragliche Verpflichtung zur Entrichtung eines Mietzinses von 312,00 EUR + 85,00 EUR Betriebskosten beinhaltet hat. Gegen einen "Scheinmietvertrag", der gegenüber dem Zeugen gar keine Mietzahlungsverpflichtung begründen würde, sprechen die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Quittungen und Kontoauszüge des Haus-Girokontos. Danach hat die Antragstellerin zu 1. für die Zeit von Januar 2008 bis März 2009 monatlich "Nebenkosten" an den Zeugen in bar gezahlt. Zwar hat der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, es habe sich bis auf Januar 2009 um gleich bleibende Beträge in Höhe von 80,00 EUR/Monat gehandelt. Gerade diese Unstimmigkeit spricht aber gegen ein nachträgliches Ausstellen von fiktiven Quittungen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Kontoauszügen über das Haus-Girokonto des Zeugen, dass die Antragstellerin zu 1. seit Mai 2009 monatlich 150,00 EUR für "Nebenkosten", zusätzlich in unregelmäßigen Abständen einen "Eigenanteil für Hauskonto" und monatlich 50,00 EUR für "Strom" auf das Haus-Girokonto überweist. Der der Dauerauftrag ist bereits vor dem hier streitbefangenen Bescheid vom 18. August 2009 eingerichtet worden ist. Ferner entspricht auch die Finanzierung der Haussanierung durch den Zeugen sowie die Bedienung des im Jahr 2005 von diesem und dem Erblasser aufgenommenen Kredits durch Mieteinnahmen dem üblichen Vorgehen eines Immobilieneigentümers. Es ist kein Grund erkennbar, weshalb der Zeuge auf eigene Kosten eine Sanierung des Hauses durchgeführt haben sollte, ohne von den anderen Bewohnern eine Gegenleistung in Form von Miete zu verlangen. Das Vorbringen der Antragsteller, bislang nur deshalb nicht den vollen Mietzins entrichtet zu haben, weil die Antragsgegnerin nur Nebenkosten übernommen hat, ist nach alledem nachvollziehbar.
Der Senat hatte hier nicht der Frage nachzugehen, ob die vereinbarten Betriebskosten seit April 2008 auf 150,00 EUR/Monat angehoben worden sind, und welchen Zweck die unregelmäßigen Überweisungen haben. Denn geltend gemacht und beantragt worden ist insoweit nur die Übernahme von 85,00 EUR/Monat. Die Antragstellerin zu 1. hat im Termin am 16. Oktober 2009 auch bekundet, die Kaltmiete betrage 312,00 EUR und die Betriebskosten 85,00 EUR. Der Zeuge hat die Höhe der Kaltmiete bestätigt und konnte über die Höhe der Nebenkosten keine Angaben machen. Insoweit legt der Senat die Äußerung der Antragstellerin zu 1. vom 18. Juni 2009 zugrunde. Auch die Kündigung des Zeugen vom 30. November 2009 bezieht sich auf eine Kaltmiete von 312,00 EUR/Monat.
Gegebenenfalls wird ein Hauptsacheverfahren zu klären haben, welchem Zweck die ab April 2009 vorgenommenen Überweisungen gedient haben. Möglicherweise hat es sich um eine teilweise Begleichung der Mietzinsforderung von 312,00 EUR/Monat gehandelt.
b. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat jedoch weder weitere Aufwendungen der Antragsteller für den Kauf von Heizöl, noch eine mietvertragliche Verpflichtung zur zusätzlichen Erbringung von 63,49 EUR/Monat für Heizkosten für glaubhaft gemacht.
Diese Summe ist von der Antragsgegnerin ermittelt worden, nachdem die Antragstellerin zu 1. die Rechnungen für Heizöl vorgelegt hat. Aus den Rechnungen ergibt sich, dass die Antragsteller selbst nicht Schuldner des Kaufpreises waren. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass die Heizöllieferungen mittels der von den Mietern entrichteten Nebenkosten durch den Zeugen beglichen werden. Denn die in der Verwaltungsakte vorhandenen Rechnungen sind entweder an den verstorbenen Vater oder an den Zeugen adressiert worden.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Antragsteller einer entsprechenden zusätzlichen Kostenverpflichtung gegenüber dem Zeugen aus dem Mietvertrag vom 15. November 2007 ausgesetzt waren. Vielmehr geht der Senat unter Zugrundelegung von dessen Mietbescheinigung vom 25. April 2008 davon aus, dass in den Betriebskosten von 85,00 EUR bereits 45,00 EUR Kostenanteil für die Heizung enthalten sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Antragstellerin zu 1. und dem Zeugen anlässlich der Befragung durch das Sozialgericht.
Dem entsprechend haben die Antragsteller lediglich glaubhaft gemacht, mietvertraglich zu einer Zahlung von Betriebskosten inklusive Heizkosten i.H.v. 85,00 EUR/Monat verpflichtet zu sein. Der von der Antragsgegnerin ermittelten Höhe der monatlichen Heizkosten kommt daher keine Bedeutung zu.
5. Die Einlassungen der Antragsgegnerin zur Frage eines möglichen unentgeltlichen Wohnrechts auf Dauer und eines "Gestaltungsmissbrauchs" anlässlich des Erbfalls sind für die Frage der tatsächlichen Aufwendungen für die KdU i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II irrelevant. Es ist allein auf eine wirksame mietvertragliche Zahlungsverpflichtung abzustellen. Sollte, wie die Antragsgegnerin vermutet, die Übertragung des Miterbenanteils auf den Zeugen zu einer Erhöhung der Bedürftigkeit der Antragsteller geführt haben, könnte sie Ersatzansprüche allenfalls im Rahmen von § 34 Abs. 1 SGB II durchsetzen. Diese wären allein gegenüber der Antragstellerin zu 1. geltend zu machen.
6. Soweit die Antragsgegnerin aus dem Bescheid vom 18. August 2009 bzw. in Ausführung des Beschlusses vom 30. Oktober 2009 für die Zeit ab dem 30. September 2009 bereits Leistungen erbracht hat, sind diese auf den Anspruch von 397,00 EUR/Monat anzurechnen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Der Senat hat eine anteilige Kostenquotelung für angemessen erachtet, da das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in vollem Umfang Erfolg hatte.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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