L 9 R 1956/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 1876/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1956/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2007 hinaus.

Der 1948 geborene Kläger war von Januar 1968 bis September 1979 mit Unterbrechungen in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und nach seiner Rückkehr nach Griechenland bis September 2004 als Selbstständiger tätig.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 3. November 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Mai 2007. Dem lag die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 15. Mai 2005 zugrunde, welcher nach Auswertung der ärztlichen Unterlagen aus Griechenland zu dem Ergebnis gelangt war, dass der Kläger wegen eines im Oktober 2003 operativ entfernten Penis-Karzinoms und im April 2004 aufgetretener Lymphknotenrezidive mit anschließender Chemotherapie derzeit keine Arbeiten verrichten könne. Der weitere Verlauf sei abzuwarten.

In den sodann zu den Akten gelangten Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vom 19. September 2005 und vom 10. Oktober 2006 wurde mitgeteilt, dass der Kläger bis August 2004 7 Chemotherapie-Zyklen erhalten habe, welche zu einer vollen Remission geführt hätten. Auf den in Griechenland am 9. Juni 2006 gestellten Weitergewährungsantrag teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14. März 2007 mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, da über den Wegfallzeitpunkt hinaus keine Erwerbsminderung mehr vorliege.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend und legte 3 ärztliche Atteste vor. Im Rahmen der daraufhin durchgeführten weiteren Ermittlungen gelangten zu den Akten eine Bescheinigung der Ärztin Mouratidou vom 11. April 2007 (durch die Chemotherapie bis August 2004 sei es zu einer Remission der retroperitonealen Lymphknotenerkrankung gekommen; der Kläger stehe unter ständiger Beobachtung) und des Arztes K. vom 17. Juli 2007 (eine Triplex-Untersuchung an den Arterien der unteren Extremitäten habe eine atheromatoide Krankheit mit leichter Stenose der Arterien der unteren Extremitäten ergeben, die Befunde der dynamischen Untersuchung lägen im Normbereich). Der Arzt V. legte die Unterlagen eines am 23. Juli 2007 durchgeführten Belastungs-EKGs vor, wonach nach einer Belastung bis 7,0 METS (= 130 Watt) die Belastung nach 4 Minuten und 51 Sekunden wegen Angina-pectoris-Beschwerden habe abgebrochen werden müssen. Dr. G. vertrat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22. Oktober 2007 die Auffassung, eine Verschlimmerung lasse sich nicht belegen. Bei einer Belastbarkeit bis 7 METS bei dringendem Verdacht auf koronare Herzkrankheit seien leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zumutbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 3. März 2008 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er legte neben dem bereits zu den Akten gelangten Befundbericht des Arztes K. vom 17. Juli 2007 und einer Bescheinigung des onkologischen Krankenhauses "Theageneio" vom 11. April 2007 über die regelmäßige Überwachung seiner Krebserkrankung einen Bericht vom 14. November 2007 über eine Computertomographie der Bauchorgane vor, wonach ein Leistenbruch beidseitig und eine leichte Lymphknotenschwellung im Bereich des kleinen Beckens vor dem Hintergrund einer Penisteilresektion vorlägen.

Die Beklagte legte das Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vom 2. Mai 2008 vor und trat der Klage unter Vorlage beratungsärztlicher Stellungnahmen von Dr. G. vom 10. Juni 2008 und vom 30. Oktober 2008 entgegen. Aus den Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2009 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, denn er sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Es bestehe hinsichtlich der Krebserkrankung weiterhin eine volle Remission. Die zwischenzeitlich eingetretenen Leistenbrüche beidseits, der medikamentös behandelte Bluthochdruck, der medikamentös behandelte Diabetes und die Venenerkrankung der unteren Extremitäten mit leichter Stenose im linken Bein bedingten keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers. Dem Kläger seien wegen der bei einer Belastung mit 130 Watt aufgetretenen Angina-pectoris-Beschwerden und wegen der von ihm angegebenen Ermüdbarkeit keine schweren oder mittelschweren körperlichen Arbeiten abzuverlangen, eine Einschränkung für leichte körperliche Tätigkeiten könne hieraus nicht abgeleitet werden. Berufsschutz stehe dem Kläger nicht zu. Gegen den am 2. Februar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 27. April 2009 beim SG eingegangen ist. Er legt den Bescheid des griechischen Rentenversicherungsträgers vom 11. August 2008 vor, wonach seine Invaliditätsrente wegen eines Grades der Behinderung von 67% und eines Anatomieschadens von 60% für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2010 und ab 1. Juli 2010 auf Lebenszeit weitergewährt werde.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Mai 2007 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In den vorgelegten Akten befindet sich ein weiteres Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vom 11. Dezember 2008 mit weiteren ärztlichen Unterlagen u.a. über - unauffällige - Befunde von Gewebeproben von Penis und Darm.

Der Kläger hat mitgeteilt, dass im Berufungsverfahren keine Verschlimmerung in seinem Gesundheitszustand eingetreten sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und die Senatsakten.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig, sie ist jedoch sachlich nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Mai 2007 hinaus.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2007 hinaus bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht bestehe, weil der Kläger nach dem Auslaufen der vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Mai 2007 gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung infolge der fortdauernden vollen Remission der der Rentengewährung zugrundeliegenden Krebserkrankung wieder wenigstens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig sei. Dies schließe eine volle oder teilweise Erwerbsminderung aus. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch das Vorbringen des Klägers und die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren ärztlichen Unterlagen zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts führen. Aus dem Gutachten der griechischen Gesundheitskommission vom 11. Dezember 2008 lässt sich entnehmen, dass im Februar 2008 wegen einer Verhärtung des Penis an der Stelle, wo im Oktober 2003 das Karzinom operativ entfernt wurde, eine Gewebeprobe entnommen wurde, die bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung jedoch keine Anzeichen von Bösartigkeit zeigte. Dasselbe gilt für eine Gewebeprobe, die bereits im Mai 2008 im Bereich der Dickdarmschleimhaut entnommen wurde. Hinsichtlich der sonstigen Erkrankungen, nämlich der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und des linken Hüftgelenks, der Leistenbrüche beidseits, des medikamentös behandelten Bluthochdrucks mit Verdacht auf koronare Herzkrankheit, des medikamentös behandelten Diabetes und der leichten Arterienstenose der unteren Extremitäten hat der Kläger keine Verschlimmerung geltend gemacht und auch keine weiteren ärztlichen Unterlagen vorgelegt. Weitere Ermittlungen waren somit nicht angezeigt.

Im Übrigen ergibt sich auch daraus, dass der griechische Versicherungsträger dem 1948 geborenen Kläger eine Invalidenrente auf Grund eines Invaliditätsgrades von 67% derzeit bis 30. Juni 2010 und sodann auf Lebenszeit gewährt, kein Nachweis des Vorliegens einer vollen Erwerbsminderung und eines Anspruches auf eine entsprechende Rente nach deutschen Rechtsvorschriften über den 31. Mai 2007 hinaus. Die Feststellungen des griechischen Rentenversicherungsträgers sind für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedsstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedsstaaten im Sinne von Art. 40 Abs. 4 EWG-Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABL. EG 1971 Nr. 11 149/2 ff) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmungserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bislang nicht vor (vgl. u. a. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 9. Juli 2001, B 13 RJ 61/01B und BSG in SozR 3-6050 Art. 40 Nr. 3).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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