L 9 R 5120/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2977/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5120/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1948 in Bosnien geborene Klägerin, die am 1. März 1989 in die Bunderepublik Deutschland zugezogen ist und in keiner Berufsausbildung und in keinem Anlernverhältnis gestanden hat, war ab 14. Februar 1990 rentenversicherungspflichtig als Maschinenbedienerin, Küchenhilfe und Haushälterin sowie zuletzt vom 1. Dezember 2001 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 20. Januar 2005 als Sterilisationshilfe in einem Krankenhaus beschäftigt. Ab 4. März 2005 bezog sie Krankengeld, ab 7. Juli 2006 Arbeitslosengeld. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den in den Verwaltungsakten der Beklagten enthaltenen Versicherungsverlauf vom 19. Januar 2007 verwiesen.

Vom 20. September bis 1. November 2005 erfolgte eine stationäre Behandlung im Klinikzentrum Lindenallee, B. Sch. (Entlassungs-Diagnosen: generalisierte Angststörung, rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig mittelgradige, Zervikalsyndrom mit deutlicher Protrusion C5/6, Lumboischialgie bei Spondylarthrose L5/S1 mit Spinalkanalstenose, chronischer Tinnitus aurium beidseits). Leichte berufliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne regelmäßiges Heben von Lasten über fünf kg wurden - bei Beachtung beschriebener weiterer qualitativer Einschränkungen - gemäß dem Entlassungsbericht vom 2. November 2005 für zumutbar erachtet.

Den Rentenantrag der Klägerin vom 2. August 2006, zu welchem sie "Angstzustände, Tinnitus, Gleichgewichtsstörung, Wirbelsäulenprobleme, Gelenkprobleme an Knie und Hüfte, Ischiasnerv, Depressionen" geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2007 und Widerspruchsbescheid vom 3. August 2007 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie auch ihre bisherige Tätigkeit als Sterilisationshilfe mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung waren u. a. ein Bericht des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 23. Oktober 2006, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. H. vom 18. Dezember 2006 (Diagnosen: Dysthymia, Tinnitus, undiffferenzierte Somatisierungsstörung, cervicocephales Syndrom; keine erheblichen Einschränkungen des allgemeinen Interessenspektrums, der Tagesstrukturierung und der sozialen Interaktionsfähigkeit; Tätigkeiten einer Sterilisationsassistentin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien sechs Stunden und mehr täglich möglich) und eine Stellungnahme des Beratungsarztes Griese vom 8. Januar 2007 (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen ohne permanente Zwangshaltungen seien sechs Stunden und mehr möglich). Ferner waren nach dem Widerspruch der Klägerin Berichte des HNO-Arztes Dr. O. vom 8. März 2007 (Zustand nach mehrmaligen Hörstürzen, Neuronitis vestibularis, chronischer dekompensierter Tinnitus aurium, Depressionen, LWS-und HWS-Syndrom mit chronischen Schmerzen), des Orthopäden Dr. W. vom 13. März 2007 (Cervicolbrachialgie beidseits, chronisches Lumbalsyndrom, zum Teil mit linksbetonter Ischialgie, Trochanterinsertionstendopathie links) und des Dr. P. vom 19. März 2007 (Tinnitus aurium, Dysthymia, Mobbing, Sorge wegen drohendem Arbeitsplatzverlust, HWS Neuralgie; keine Befundänderung in den letzten zwölf Monaten), ein HNO-ärztliches Gutachten des Dr. J. vom 29.Mai 2007 (Neuropathia vestibularis, Tinnitus aurium, einseitiger Hörverlust durch Schallempfindungsstörungen; Tätigkeit als Sterilisationshilfe sechs Stunden und mehr möglich, mittelschwere Tätigkeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen seien bei Vermeidung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz durch Leistungsdruck oder negative Verhaltensweisen durch Mitarbeiter sechs Stunden und mehr möglich) sowie ein orthopädisches Gutachten der Dr. L. vom 26. Mai 2007 (Somatoforme Schmerzstörung, chronisches Wirbelsäulensyndrom bei geringen degenerativen Veränderungen, geringe Hüftdysplasie, Tinnitus, lavierte Depression; Tätigkeiten als Sterilisationshilfe sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Köperhaltung - ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über zehn kg und Arbeiten in Zwangshaltung - seien vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr möglich) eingeholt worden. Die Beratungsärztin Dr. P. nahm am 20. Juni 2007 eine volle Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an.

Deswegen hat die Klägerin am 8. August 2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei wegen Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden, neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, Leiden auf HNO-ärztlichem Gebiet und gynäkologischen Beschwerden zu einer Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage. Hierzu hat sie ein Attest des Allgemeinmediziners L. vom 2. April 2007 sowie von ihr veranlasste Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 15. Oktober 2007 (Auflistung multipler Erkrankungen und Diagnosen; zeitliches Leistungsvermögen unter 3 Stunden), des Anästhesiologen Dr. W. vom 30. Juli 2007 (die Klägerin sei nicht mehr arbeitsfähig, im Vordergrund stehe aus schmerztherapeutischer Sicht eine psychiatrische Grunderkrankung mit Depressionen und Somatisierungstendenzen) und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 24. Juli 2007 (neurologische Behandlung und psychiatrische Behandlung wegen Depression, Leistungsvermögen arbeitstäglich unter 2 Stunden) vorgelegt.

Das SG hat u. a. Berichte der Internistinnen Dr. St. vom 27. Juli 2007 und Dr. R. vom 13. März 2007, des Dr. O. vom 6. Februar und 13. Juni 2007, des Dr. Urologen Dr. P. vom 5. Februar 2007 und des Hautarztes W. vom 26. Januar 2007 beigezogen sowie die behandelnden Ärzte Dr. P. und Dr. W. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. P. hat am 28. September 2007 über die erhobenen Befunde berichtet (letzte Vorstellung am 19. März 2007). Dr. W. hat am 28. September 2007 die von ihm erhobenen Befunde (zuletzt am 26. März 2007, Diagnosen: chronische Cervicocephalgie, linksbetonte Lumbo-ischialgie, Femuropatellarsyndrom links; leichte körperliche Tätigkeiten seien sechs bis acht Stunden täglich bei Beachtung qualitativer Einschränkungen möglich, eine wesentliche Einschränkung bei den Wegen zu Fuß zur Arbeit bestehe nicht) mitgeteilt.

Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 13. Januar 2008 eingeholt. Der Sachverständige hat den ihm von der Klägerin geschilderten Tagesablauf dargelegt und den psychischen Befund beschrieben. Er ist zum Ergebnis gelangt, es bestünden eine Angst- und eine depressive Störung gemischt, zur Zeit der Untersuchung weitestgehend in Remission, ein chronischer Tinnitus, rezidivierende mehrsegmentale WS-Beschwerden ohne erkennbare gravierende Bewegungseinschränkungen und ohne Hinweis auf eine Wurzelkompression oder Wurzelirritation sowie eine Kopfschmerzsymptomatik, am ehesten im Sinne unspezifischer Kopfschmerzen. Hinweise auf eine Fibromyalgie, wie von Dr. K. genannt, ließen sich weder aus der Anamnese, noch aus dem erhebbaren Befund ableiten. Die Beschwerdenschilderung sei ausgesprochen fibromyalgieuntypisch. Im Hinblick auf den geklagten Schwindel sei nach dem Ergebnis der Untersuchungen aus neurologischer Sicht eine Neuropathia vestibularis oder eine Neuronitis vestibularis nicht nachvollziehbar. Das von Dr. P. berichtete Mobbing am letzten Arbeitsplatz sei bei der Untersuchung und Befragung nicht zu ermitteln gewesen. Insgesamt seien aus seiner Sicht die Gutachten von Dr. L., Dr. W. und Dr. K. in sich - aus näher dargelegten Gründen - nicht stimmig. Dr. K. schildere Beschwerden eher auf nervenärztlichem Fachgebiet und erwähne ein Leben mit zunehmender Unfähigkeit, Kontakt zu halten, weshalb sich die Klägerin sozial zurückgezogen habe und Kontakte in der Familie, der Verwandtschaft und dem Freundeskreis vermieden habe bzw. ganz abgebrochen habe. Bei der Untersuchung habe die Klägerin nun angegeben, die Kontakte zur Familie seien intensiv, freudig und gewollt. Sie habe angegeben, regelmäßig ein Antidepressivum in niedriger Dosierung einzunehmen. Auf den Hinweis einer eventuellen Serumspiegelkontrolle habe sie dann angegeben, das Medikament derzeit nicht einzunehmen. Weder für eine Schmerzsymptomatik noch für eine depressive Symptomatik oder Schlafstörung erfolge die Einnahme eines Medikaments. Die im Vordergrund stehende psychische Störung sei derzeit leicht ausgeprägt, gelegentliche beratende Gespräche seien durchaus ausreichend. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ohne Gefährdung ihrer Gesundheit zu arbeiten und könne auch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes acht Stunden täglich verrichten. Zu meiden seien Tätigkeiten in sehr lauten Hallen, Nachtschicht, mit sehr hohem Zeitdruck, wie beispielsweise Akkordarbeit, sowie ständig vornübergeneugte Tätigkeiten und regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg. Die Klägerin könne eine Tätigkeit als Sterilisationsgehilfin, aber auch als Köchin, in der Produktion, im Verkauf oder in der Überwachung ebenso verrichten wie leichte Büroarbeiten entsprechend ihrer Ausbildung. Im Laufe des Verfahrens sei keine wesentliche Änderung des Leistungsvermögens eingetreten. Es bestünden auch keine Leiden, die die Wegefähigkeit einschränkten.

Ferner hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Facharztes für Neurochirurgie Dr. K. vom 12. Mai 2008 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestünden eine beidseitige Hypakusis linksbetont und ein beidseitiger Tinnitus seit Ende der 90er Jahre, Schwankschwindel-Episoden paroxysmal auftretend durch schnelle Kopfbewegungen, Aufrichten aus liegender oder sitzender Position oder aus gebückter Haltung, temporooccipital betonte Kopfschmerzen beidseits, Schulter-Arm-Schmerzen beidseits, rezidivierende Schmerzen und Schwellung der Handgelenke und der kleinen Gelenke an den oberen und unteren Extremitäten, rezidivierende sensible Störung der Hände auch nachts ohne Nachweis eines peripheren Nervenengpasssyndroms und depressive Störungen, auch Angststörungen. Die Klägerin könne, auch nach eigenen Angaben, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sterilisationshilfe in einer großen chirurgischen Klinik acht Stunden täglich verrichten. Sie könne auch ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Heben und Tragen von Lasten über fünf bis sechs kg, Heben und Tragen von Lasten aus gebückter Stellung über vier bis fünf kg, schnelles Aufrichten und schnelle Kopfdrehbewegungen, Tätigkeiten unter Lärm, Kälte und Nässe sowie im Freien und mit besonderen Anforderungen an ein schnelles Reaktionsvermögen und mit erhöhtem Konzentrationsbedarf, besondere geistige Beanspruchung (auf Grund des Bildungsniveaus) sowie vermehrten bzw. regelmäßigen Publikumskontakt mit depressiven Personen - acht Stunden täglich verrichten.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 2008 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie auch Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen könne die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 4. November 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. November 2008 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Sie könne ihre Hausarbeit nicht mehr verrichten und leide auch unter Schwindelattacken. Die therapeutischen Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Dem Gutachten des Nervenarztes M. sei nicht zu folgen. Dieser nehme erfahrungsgemäß Schmerzen nicht ernst. Er habe sich zu Unrecht über andere Gutachten hinweggesetzt. Zu einer Erwerbstätigkeit von drei Stunden sei sie nicht in der Lage, was sich aus dem Gutachten von Dr. K. vom 15. Oktober 2007 sowie den Ausführungen von Dr. P. vom 28. September 2007 und des Dr. L. vom 24. Juli 2007 ergebe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2007 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei den Drs. W., L. und K. handle es sich nicht um im Rentenverfahren oder Klageverfahren beauftragte Gutachter. Es handle sich um Stellungnahmen, die der Bevollmächtigte der Klägerin in Auftrag gegeben habe. Deren Ansicht sei bisher in keinem Gutachten bestätigt worden. Auch unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses und des Vorbringens im Berufungsverfahren sei eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung nicht nachgewiesen. Hierzu hat sie noch eine ärztliche Stellungnahme des beratenden Abteilungsarztes Dr. B. vom 25. Mai 2009 (vollschichtiges Leistungsvermögen) vorgelegt.

Der Senat hat benannte behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben Dr. P. am 20. Februar 2009 (Vorstellung nach März 2007 nur am 1. Oktober 2007), der Allgemeinmediziner L. am 26. Februar 2009 (letzte Vorstellung am 19. November 2007), der Orthopäde Dr. O. am 20. Februar 2009 (mediale Meniskopathie rechts mit Einleitung einer Jonthophoresebehandlung, Lumboischialgie und Epicondylitis humeri radialis rechts mit manueller Deblockierung und milder LWS-Extension sowie Verordnung von Dolobene Gel) und der Dr. O. am 5. März 2009 (Hörverlust beidseits für 30 dB, weiterhin konservative durchblutungsfördernde Maßnahmen) berichtet.

Außerdem hat der Senat eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Nervenarztes M. eingeholt. Er ist am 3. Mai 2009 zum Ergebnis gelangt, aus dem Gutachten des Dr. K. ergäben sich für das Rentenverfahren keinerlei neuen Aspekte. Auch die Ausführungen von Dr. P. in seiner weiteren Zeugenaussage seien in einer Mischung von Befund, Interpretation und therapeutischen Ausführungen schwer verständlich. Die Ausführungen deckten sich im Übrigen weitgehend mit den früheren Äußerungen und ergäben keine neuen Aspekte. Auch aus den weiteren Zeugenaussagen ergäben sich keine wesentlich neuen Aspekte. Er halte deshalb an seiner Diagnose und seiner sozialmedizinischen Beurteilung in dem für das SG erstatteten Gutachten fest. Aus der Aktenlage sei nicht erkennbar, dass seitdem neue Symptome oder Erkrankungen aufgetreten seien oder sich vorhandene Beschwerden wesentlich verschlimmert hätten.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalt und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäßen §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen Berufsunfähigkeit.

Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgerichtsbuch (SGB IV) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie des Ergebnisses der weiteren Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen des Senats eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes der Klägerin dauerhafter Art seit der Begutachtung durch den Nervenarzt M. nicht festzustellen ist und insofern eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens, wie vom SG bereits festgestellt, nicht nachgewiesen ist. Bei der Anhörung durch den Senat hat Dr. P. nichts wesentlich Neues mitgeteilt. Im Übrigen hat sich die Klägerin bei ihm seit 19. März 2007 nach seiner Aussage nur am 1. Oktober 2007 vorgestellt. Auch der Allgemeinmediziner L. hat keine wesentlich neuen objektiven Befunde dauerhafter Art mitgeteilt und angegeben, die Klägerin habe sich letztmals am 19. November 2007 vorgestellt. Die Aussagen dieser Ärzte beziehen sich somit auf Untersuchungen vor der Untersuchung bei dem Nervenarzt M. am 4. Dezember 2007. Dr. O., der die Klägerin letztmals am 22. September 2008 gesehen hat, hat über Untersuchungen vom 14. April 2008, als eine Lumboischalgie und eine Epicondylitis radialis humeri rechts zu diagnostizieren waren und vom 22. September 2008, als bei Schmerzen im rechten Kniegelenk eine mediale Meniskopathie rechts diagnostiziert wurde und eine Jontophoresebehandlung (Reizstrombehandlung) eingeleitet wurde, hinaus keine Befunde mitgeteilt, die die Annahme einer dauerhaften Leistungsminderung, die von Bedeutung wäre für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, belegen würden. Insbesondere ist dadurch auch keine quantitative Leistungsminderung belegt. Im Übrigen hat die Klägerin Dr. O. danach auch nicht mehr aufgesucht, was einen Erfolg der eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen belegt. Auch aus der Aussage Dr. O. ergibt sich kein wesentlicher neuer Sachverhalt, insbesondere kein Anhalt für eine wesentliche qualitative oder gar quantitative Leistungsminderung.

Schließlich hat der Nervenarzt M. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 3. Mai 2009 an seiner früheren Einschätzung des Leistungsvermögens ausdrücklich festgehalten und hat sich dieser auch Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme, die die Beklagte vorgelegt hat und die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertbar war, angeschlossen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einschätzung des Nervenarztes M., wie sie in seinem für das SG erstatteten Sachverständigengutachten zum Ausdruck gekommen ist und er sie in Auswertung der weiteren ärztlichen Äußerungen in seiner für den Senat erstatteten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme bestätigt hat, zutreffend ist. Er hat die Klägerin bei seiner Begutachtung eingehend untersucht und einen umfassenden Befund erhoben. Unter Berücksichtigung des von ihm erhobenen psychischen Befundes und auch der Angaben der Klägerin ihm gegenüber, insbesondere auch zu ihrem Tagesablauf, ist seine Leistungseinschätzung, wonach die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann, schlüssig und überzeugend.

Bei der Erhebung des psychischen Befundes durch den Sachverständigen wirkte die Klägerin zwar betrübt und war auch zweimal affektlabil, doch änderte sich ihr Verhalten während der Untersuchung völlig. Sie war dann in der Lage, den Untersucher anzusehen, ihre Mimik klarte auf und es entstand ein recht offener und freundlicher Gesprächskontakt, bei dem sie dann durchgängig aufgeschlossen und in keiner Weise übertrieben klagsam wirkte.

Ferner steht die Klägerin nach dem bei dem Nervenarzt M. angegebenen Tagesablauf zwischen 7 und 8 Uhr auf. Je nach Schicht kommt ihre Tochter zu ihr zum Frühstück. Danach liest sie die Zeitung. Ferner sieht sie im Fernsehen regelmäßig Nachrichten, aber auch gerne Reportagen über Historisches, Medizin, Reisen und Tiere. Ferner liest sie Bücher, am liebsten mit geschichtlichem Hintergrund. Außerdem fährt sie jedes Jahr nach Bosnien in Urlaub, in der Regel mit dem Bus. Diese Reisen unternimmt sie auch, um Verwandte zu besuchen. Ferner hat sie noch regelmäßig Kontakte zu ehemaligen Kollegen, wobei man sich auch besucht. Zu ihren Nachbarn hat sie ein gutes Verhältnis, jedoch kein so enges. Schließlich geht sie regelmäßig spazieren und fährt auch mit dem Rad. Außerdem erhält sie täglich Besuch von der einen Tochter sowie am Wochenende von ihrer anderen Tochter und den Enkelkindern. Jedes Wochenende besucht sie den serbischen Club in Zuffenhausen, wo auch Volkstanz praktiziert wird.

Damit ergibt sich, dass die Klägerin einen strukturierten Tagesablauf hat und keineswegs ein soziales Rückzugsverhalten zeigt. Angesichts dessen und der von ihr eingeräumten Aktivitäten, ist nicht nachvollziehbar, weswegen die bei ihr noch vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen sollten, eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Soweit in den von der Klägerin dem SG vorgelegten gutachterlichen Äußerungen der Drs. K., W. und L. wie auch den Ausführungen von Dr. P. von einer weitergehenden und insbesondere auch quantitativen Leistungsminderung ausgegangen wird, fehlt es für den Senat hierfür an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung. Insbesondere beruhen diese Leistungseinschätzungen ganz wesentlich auf Angaben der Klägerin und nicht auf hinreichend objektivierbaren Befunden. Ferner werden die Angaben der Klägerin von Dr. P. und Dr. L. sowie Dr. W. in keiner Weise kritisch hinterfragt, was gerade im Hinblick auf die von der Klägerin beim Nervenarzt M. angegebenen Aktivitäten und die tatsächlich erfolgenden bzw. erfolgten therapeutischen Maßnahmen zwingend erforderlich gewesen wäre. Die Gutachten von Dr. L., Dr. W. und Dr. K. sind - wie vom Sachverständigen M. auch für den Senat schlüssig dargelegt - in sich nicht stimmig. Wie die Klägerin bei dem Sachverständigen M. angegeben hat, hat sie sich bei Dr. L. auf Veranlassung ihres Bevollmächtigten dreimal vorgestellt und war bei ihm nicht - wie von ihm angegeben - in Behandlung. Sie hat auch nicht die Absicht gehabt, sich von ihm behandeln zu lassen und es ist auch keine eigentliche Behandlung erfolgt. Dr. W. hat ausgeführt, es bestehe ein Zustand nach Behandlung mit Ibuprofen bei Bedarf und es erfolge keine aktuelle Schmerzmedikation. Soweit er davon ausgeht, dass die medikamentösen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind, ist dies - so der Sachverständige M. - bei einer einmaligen Untersuchung im Auftrag des Bevollmächtigten der Klägerin nicht überzeugend. Ferner geht Dr. W. von einer einmal im Monat erfolgenden nervenärztlichen Betreuung aus sowie von einer laufenden Psychotherapie. Beides ist weder aus der Aktenlage, noch nach der Anamnese in irgend einer Form nachvollziehbar. Nach der Aussage des Dr. P. vom 20. Februar 2009 war die Klägerin nach März 2007 nur am 1. Oktober 2007 bei ihm. Dr. K. schilderte Beschwerden eher auf nervenärztlichem Fachgebiet und erwähnte ein Leben mit zunehmender Unfähigkeit, Kontakt zu halten, weshalb sich die Klägerin sozial zurückgezogen habe und Kontakte in der Familie, der Verwandtschaft und dem Freundeskreis vermieden habe bzw. ganz abgebrochen habe. Dies steht in Widerspruch zu den Angaben bei dem Nervenarzt M ...

Die Klägerin ist damit weiterhin in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit Heben und Tragen von Lasten bis mindestens fünf kg acht Stunden täglich zu verrichten. Zu meiden sind Tätigkeiten in sehr lauten Hallen, Nachtschicht, mit sehr hohem Zeitdruck, wie beispielsweise Akkordarbeit, sowie ständig vornübergeneugte Tätigkeiten.

Es bestehen nach den vorliegenden Gutachten auch keine Leiden, die die Wegefähigkeit dauerhaft einschränken.

Da somit die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten und einen zumutbaren Arbeitsplatz erreichen kann, ist sie weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert und im Übrigen auch nicht berufsunfähig.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Deshalb weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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