Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 532/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 43/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Bedarf an der Teilnahme eines Krankenhausarztes gem. § 116 SGB V für bestimmte Strahlentherapieleistungen ist (weiterhin) zu bejahen, wenn die Übernahme der Versorgungslast des seit Jahren Ermächtigten durch die das Gerät ebenfalls vorhaltende einzige ortsansässige Praxis dort zur Einführung eines Mehrschichtbetriebs von 17 Stunden führen würde und darüber hinaus vorgeschriebende Gerätewartungszeiten bzw. anfallende Reparaturen nur durch planungsbereichsferne Praxen aufgefangen werden könnten.
I. Die Beschwerde des Beigeladenen zu 7. gegen den Beschluss des
Sozialgerichts München vom 30. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beigeladene zu 7.
Gründe:
Gegenstand der Beschwerde ist die durch das Sozialgericht München mit Beschluss vom 30. Juli 2009 angeordnete sofortige Vollziehung einer dem Antragsteller erteilten Chefarztermächtigung.
Der Antragsteller ist Chefarzt der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikum A-Stadt. Er ist seit dem Jahr 2001 ermächtigt zur (überweisungsvorbehaltslosen) Behandlung von im Klinikum A-Stadt zuvor strahlentherapeutisch behandelten Tumorpatienten sowie auch bezüglich aller gesetzlich Versicherten zur strahlentherapeutischen Behandlung mittels Linearbeschleuniger (nach vertragsärztlicher Überweisung). Bereits sein Amtsvorgänger war entsprechend ermächtigt.
Strahlentherapeutische Leistungen mittels Linearbeschleuniger wurden und werden im Planungsbereich nur noch von den Vertragsärzten der "Radiologie M.", dem L. Standort einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis, erbracht. Die Praxis M., dessen Partner u.a. der Beigeladene zu 7. ist, betreibt in A-Stadt einen Linearbeschleuniger.
Mit Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte Niederbayern vom 15.01.2009 wurde der Antragsteller erneut - befristet bis zum 31.03.2011 - zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich hinsichtlich der Versorgungssituation keine Änderung ergebe. Mit Fax vom 23.01.2008 hatte die Praxis des Beigeladenen zu 7. die Ermächtigung befürwortet.
Gleichwohl erhob der Beigeladene zu 7. sodann Drittwiderspruch gegen die Ermächtigung mit der Begründung, dass nunmehr mit Herrn Dr. S. ein weiterer Arzt für die Erbringung von Linearbeschleunigerleistungen zur Verfügung stehe, wodurch das gesamte in der Vergangenheit durch den Antragsteller erbrachte Leistungsvolumen übernommen werden könnte.
Mit am 23. Juni 2009 ausgefertigtem Bescheid (Sitzung 19. Mai 2009) wies der 2. Berufungsausschuss für Ärzte Bayern den Widerspruch gegen den vorgängigen Beschluss mit der Maßgabe zurück, dass die Ermächtigung nur bis zum 31.03.2010 befristet werde. Ausgeführt wird, dass die Praxis des Widerspruchsführers vorgetragen habe, täglich etwa 100 Fälle behandeln zu können und in der Vergangenheit in einzelnen Monaten diese Zahl bereits behandelt zu haben. Nach den vorgelegten Fallzahlaufstellungen für das Jahr 2006 haben sowohl der Antragsteller als auch die Praxis M. jeweils durchschnittlich 61 Patienten je Arbeitstag bestrahlt. Für das Jahr 2005 seien die Zahlen ähnlich (M. 62 Patienten, Klinikum 60 Patienten). Die Zahl von 100 Patienten würde von der Praxis M. nur an wenigen Tagen während jeweils zweier Monate erreicht bzw. überschritten. Im Klinikum stünden zwei Linearbeschleuniger zur Verfügung, in der Praxis M. nur ein Gerät. Engstelle sei immer das Gerät. Deshalb könne durch die Zulassung eines weiteren Arztes die Kapazität nicht wesentlich erhöht werden. Wenn der Beigeladene behaupte, durch den Planungsrechner benötige man nur 6 Minuten je Patient, halte der fachkundig besetzte Berufungsausschuss diese Zeitangabe für sehr optimistisch berechnet. Viele der Patienten benötigten Hilfe aufgrund ihrer schweren Erkrankung. Realistisch erscheine vielmehr eine Frequenz von 6 bis 7 Patienten je Stunde. Aber selbst bei einem vorgetragenen Sechsminutentakt müsse das Gerät täglich 10 Stunden ununterbrochen betrieben werden, um auf die 100 durchzuschleusenden Patienten zu kommen. Insgesamt sei der Berufungsausschuss der Auffassung, dass die Praxis M. keineswegs sämtliche Patienten, die bisher durch das Klinikum versorgt worden seien, übernehmen könne. Man habe aber die Ermächtigungsdauer reduziert. Die Praxis M. könne zur gegebenen Zeit dann neue Zahlen und Konzepte vorlegen, in welcher Weise sie die Patientenzahlen realistischerweise bewältigen könne und wie dies organisatorisch vor allem hinsichtlich der notwendigen Wartungsarbeiten am einzigen Gerät sichergestellt werden könne. Der Antrag auf sofortige Vollziehung sei abzulehnen gewesen. Im Rahmen eines Antragsverfahrens auf Anordnung des Sofortvollzuges des Zulassungsausschussbescheides (S 39 KA 541/09) habe man sich vor dem Sozialgericht München am 14.05.2009 vergleichsweise darauf geeinigt, dass das Klinikum die bereits anbehandelten Patienten zu Ende behandeln dürfe.
Nachdem der Beigeladene zu 7. diese Entscheidung beklagt hatte, beantragte der Antragsteller am 29.06.2009 beim Sozialgericht München, die sofortige Vollziehung des Berufungsausschussbeschlusses nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.
Im Antragsverfahren trug der Beigeladene zu 7. nunmehr vor, dass sogar eine Linearbeschleunigerbehandlung von täglich 120 Patienten machbar sei. Der Antragsteller stellte diese Kapazitätsangabe in Abrede. Die Kammer forderte aktuelle statistische Daten an.
Mit Beschluss vom 30. Juli 2009 ordnete das Sozialgericht München die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Berufungsausschusses Ärzte Bayern vom 19.05.2009, ausgefertigt am 23.06.2009, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG an.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach summarischer Prüfung festzustellen sei, dass ohne Ermächtigung des Antragstellers eine ausreichende Versorgung mit Linearbeschleunigerleistungen in keiner Weise gewährleistet sei. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich eine durchschnittliche Auslastung der Radiologie M. von aktuell ca. 50 Patienten. Es seien allerdings auch Spitzen bis zu 64 Patienten zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum habe der Antragsteller durchschnittlich 57 Patienten bestrahlt. Ziehe man die ca. 5 % zuvor stationär behandelten Patienten ab, so müsste die Radiologie M. zusätzlich ca. 54 Patienten täglich bestrahlen. Damit hätte sie ihre maximale Kapazitätsgrenze, die sie selbst unter Vorlage einer Herstellerbescheinigung mit 120 Patienten täglich angebe, erreicht. Der Beigeladene zu 7. habe zutreffend darauf hingewiesen, dass eine solche Auslastung einen permanenten Mehrschichtbetrieb - unter Ausweitung der Betriebszeiten etwa bis 22.00 Uhr - erfordere. Dies sei aber den Patienten nicht zumutbar, wenn andere Alternativen, wie eine zweite Bestrahlungsmöglichkeit vorhanden sei. Wartungs- und Reparaturzeiten seien dabei nicht berücksichtigt. Im Falle eines Geräteausfalles müssten die Patienten in die Radiologie nach M. (Entfernung ca. 50 km) ausweichen. Gleiches gelte bei Spitzenbelastungen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beigeladenen zu 7. Er hält am bisher geäußerten Standpunkt fest (Schriftsätze vom 31.07., 28.09., 07.10., 09.11. und 26.11.2009).
Der Beigeladene zu 7. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 30.07.2009 aufzuheben und den Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses des 2. Berufungsausschusses vom 19.05.2000, ausgefertigt am 23.06.2009, zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. Er weist aber darauf hin, dass der Ermächtigungszeitraum verkürzt worden ist.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 2. weist aber darauf hin, dass der Antragsteller die befristete Ermächtigung tatsächlich ausüben können müsse. Bereits in der Vorinstanz hatte sie darauf hingewiesen, dass nach ihrer Ansicht aus Sicherstellungsgründen die Teilnahme des Antragstellers an der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten, der Akte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich als nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die sofortige Vollziehbarkeit des ermächtigenden Beschlusses des Antraggegners vom 23.Juni 2009 angeordnet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Diese Ermessensentscheidung des Gerichtes ergeht aufgrund einer Abwägung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und einer darauf aufbauenden Interessenabwägung hinsichtlich des Aussetzungs- bzw. Vollziehungsinteresses. Je geringer die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage erscheinen, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu stellen.
Bei gebotener summarischer Prüfung stellt sich der ermächtigende Beschluss vom 23. Juni 2009 als offensichtlich rechtmäßig dar. Wie bereits in der Vergangenheit ergibt sich ein dringender Bedarf an den Linearbeschleunigerleistungen des Antragstellers, weil die einzigen diese Leistungen im Planungsbereich anbietenden Vertragsärzte - die Praxis des Beigeladenen zu 7. - den seit Jahren konstant vorhandenen Bedarf nicht allein decken können. Selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass die personellen Kapazitäten durch die Mitarbeit des Dr. S. erweitert werden konnten und dieser nicht nur den ausscheidenden Dr. R. ersetzte, stellen sich die Sachkapazitäten als nicht erhöht dar. Richtig erscheint in diesem Zusammenhang die Erwägung des Antragsgegners, dass die einzelne Behandlungsleistung typischerweise nicht in 6 Minuten, sondern nur in ca. 10 Minuten erbracht werden kann. Unter Zugrundelegung dieses Zeitwertes wäre eine Übernahme der seit Jahren gleichbleibenden Fallzahl des Antragstellers kapazitätsmäßig nur verkraftbar, wenn dauerhaft ein pausenloser Mehrschichtbetrieb von ca. 17 Stunden/Tag gefahren würde. Auftretende Spitzenbelastungen oder regelmäßig notwendige Wartungsarbeiten oder Ausfälle des Gerätes können im Mehrschichtbetrieb jedoch nicht mehr abgefangen werden und hätten die Entstehung von Versorgungsdefiziten zur Folge.
Der Senat bezweifelt daher, dass eine Übernahme der Versorgungslast des Antragstellers durch die Praxis M. selbst unter Zugrundelegung günstigster Annahmen im Dauereinsatz möglich ist. Abgesehen davon ist die dafür notwendige extreme Ausdehnung der Praxiszeiten den Patienten wohl nicht zumutbar.
Angesichts der fehlenden Erfolgsaussichten der Drittanfechtungsklage reduzieren sich die zu stellenden Anforderungen an das Sofortvollziehungsinteresse des Antragstellers. Von der im öffentlichen Interesse stehenden Vermeidung einer Bedarfunterdeckung abgesehen, ergeben sich für den Antragsteller ohne Sofortvollzugsanordnung Einnahmeausfälle.
Demgegenüber verändert sich durch den angeordneten Sofortvollzug für den Beigeladenen zu 7. wenig. Bis zur Klärung in der Hauptsache ist er nur insoweit belastet, als seine Fallzahlen in Segment der Linearbeschleunigerleistungen gleichbleiben und er an einer Steigerung nach Konkurrentenverdrängung gehindert ist.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Sozialgerichts München vom 30. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beigeladene zu 7.
Gründe:
Gegenstand der Beschwerde ist die durch das Sozialgericht München mit Beschluss vom 30. Juli 2009 angeordnete sofortige Vollziehung einer dem Antragsteller erteilten Chefarztermächtigung.
Der Antragsteller ist Chefarzt der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikum A-Stadt. Er ist seit dem Jahr 2001 ermächtigt zur (überweisungsvorbehaltslosen) Behandlung von im Klinikum A-Stadt zuvor strahlentherapeutisch behandelten Tumorpatienten sowie auch bezüglich aller gesetzlich Versicherten zur strahlentherapeutischen Behandlung mittels Linearbeschleuniger (nach vertragsärztlicher Überweisung). Bereits sein Amtsvorgänger war entsprechend ermächtigt.
Strahlentherapeutische Leistungen mittels Linearbeschleuniger wurden und werden im Planungsbereich nur noch von den Vertragsärzten der "Radiologie M.", dem L. Standort einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis, erbracht. Die Praxis M., dessen Partner u.a. der Beigeladene zu 7. ist, betreibt in A-Stadt einen Linearbeschleuniger.
Mit Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte Niederbayern vom 15.01.2009 wurde der Antragsteller erneut - befristet bis zum 31.03.2011 - zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich hinsichtlich der Versorgungssituation keine Änderung ergebe. Mit Fax vom 23.01.2008 hatte die Praxis des Beigeladenen zu 7. die Ermächtigung befürwortet.
Gleichwohl erhob der Beigeladene zu 7. sodann Drittwiderspruch gegen die Ermächtigung mit der Begründung, dass nunmehr mit Herrn Dr. S. ein weiterer Arzt für die Erbringung von Linearbeschleunigerleistungen zur Verfügung stehe, wodurch das gesamte in der Vergangenheit durch den Antragsteller erbrachte Leistungsvolumen übernommen werden könnte.
Mit am 23. Juni 2009 ausgefertigtem Bescheid (Sitzung 19. Mai 2009) wies der 2. Berufungsausschuss für Ärzte Bayern den Widerspruch gegen den vorgängigen Beschluss mit der Maßgabe zurück, dass die Ermächtigung nur bis zum 31.03.2010 befristet werde. Ausgeführt wird, dass die Praxis des Widerspruchsführers vorgetragen habe, täglich etwa 100 Fälle behandeln zu können und in der Vergangenheit in einzelnen Monaten diese Zahl bereits behandelt zu haben. Nach den vorgelegten Fallzahlaufstellungen für das Jahr 2006 haben sowohl der Antragsteller als auch die Praxis M. jeweils durchschnittlich 61 Patienten je Arbeitstag bestrahlt. Für das Jahr 2005 seien die Zahlen ähnlich (M. 62 Patienten, Klinikum 60 Patienten). Die Zahl von 100 Patienten würde von der Praxis M. nur an wenigen Tagen während jeweils zweier Monate erreicht bzw. überschritten. Im Klinikum stünden zwei Linearbeschleuniger zur Verfügung, in der Praxis M. nur ein Gerät. Engstelle sei immer das Gerät. Deshalb könne durch die Zulassung eines weiteren Arztes die Kapazität nicht wesentlich erhöht werden. Wenn der Beigeladene behaupte, durch den Planungsrechner benötige man nur 6 Minuten je Patient, halte der fachkundig besetzte Berufungsausschuss diese Zeitangabe für sehr optimistisch berechnet. Viele der Patienten benötigten Hilfe aufgrund ihrer schweren Erkrankung. Realistisch erscheine vielmehr eine Frequenz von 6 bis 7 Patienten je Stunde. Aber selbst bei einem vorgetragenen Sechsminutentakt müsse das Gerät täglich 10 Stunden ununterbrochen betrieben werden, um auf die 100 durchzuschleusenden Patienten zu kommen. Insgesamt sei der Berufungsausschuss der Auffassung, dass die Praxis M. keineswegs sämtliche Patienten, die bisher durch das Klinikum versorgt worden seien, übernehmen könne. Man habe aber die Ermächtigungsdauer reduziert. Die Praxis M. könne zur gegebenen Zeit dann neue Zahlen und Konzepte vorlegen, in welcher Weise sie die Patientenzahlen realistischerweise bewältigen könne und wie dies organisatorisch vor allem hinsichtlich der notwendigen Wartungsarbeiten am einzigen Gerät sichergestellt werden könne. Der Antrag auf sofortige Vollziehung sei abzulehnen gewesen. Im Rahmen eines Antragsverfahrens auf Anordnung des Sofortvollzuges des Zulassungsausschussbescheides (S 39 KA 541/09) habe man sich vor dem Sozialgericht München am 14.05.2009 vergleichsweise darauf geeinigt, dass das Klinikum die bereits anbehandelten Patienten zu Ende behandeln dürfe.
Nachdem der Beigeladene zu 7. diese Entscheidung beklagt hatte, beantragte der Antragsteller am 29.06.2009 beim Sozialgericht München, die sofortige Vollziehung des Berufungsausschussbeschlusses nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.
Im Antragsverfahren trug der Beigeladene zu 7. nunmehr vor, dass sogar eine Linearbeschleunigerbehandlung von täglich 120 Patienten machbar sei. Der Antragsteller stellte diese Kapazitätsangabe in Abrede. Die Kammer forderte aktuelle statistische Daten an.
Mit Beschluss vom 30. Juli 2009 ordnete das Sozialgericht München die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Berufungsausschusses Ärzte Bayern vom 19.05.2009, ausgefertigt am 23.06.2009, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG an.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach summarischer Prüfung festzustellen sei, dass ohne Ermächtigung des Antragstellers eine ausreichende Versorgung mit Linearbeschleunigerleistungen in keiner Weise gewährleistet sei. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich eine durchschnittliche Auslastung der Radiologie M. von aktuell ca. 50 Patienten. Es seien allerdings auch Spitzen bis zu 64 Patienten zu verzeichnen. Im gleichen Zeitraum habe der Antragsteller durchschnittlich 57 Patienten bestrahlt. Ziehe man die ca. 5 % zuvor stationär behandelten Patienten ab, so müsste die Radiologie M. zusätzlich ca. 54 Patienten täglich bestrahlen. Damit hätte sie ihre maximale Kapazitätsgrenze, die sie selbst unter Vorlage einer Herstellerbescheinigung mit 120 Patienten täglich angebe, erreicht. Der Beigeladene zu 7. habe zutreffend darauf hingewiesen, dass eine solche Auslastung einen permanenten Mehrschichtbetrieb - unter Ausweitung der Betriebszeiten etwa bis 22.00 Uhr - erfordere. Dies sei aber den Patienten nicht zumutbar, wenn andere Alternativen, wie eine zweite Bestrahlungsmöglichkeit vorhanden sei. Wartungs- und Reparaturzeiten seien dabei nicht berücksichtigt. Im Falle eines Geräteausfalles müssten die Patienten in die Radiologie nach M. (Entfernung ca. 50 km) ausweichen. Gleiches gelte bei Spitzenbelastungen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beigeladenen zu 7. Er hält am bisher geäußerten Standpunkt fest (Schriftsätze vom 31.07., 28.09., 07.10., 09.11. und 26.11.2009).
Der Beigeladene zu 7. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 30.07.2009 aufzuheben und den Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses des 2. Berufungsausschusses vom 19.05.2000, ausgefertigt am 23.06.2009, zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt. Er weist aber darauf hin, dass der Ermächtigungszeitraum verkürzt worden ist.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 2. weist aber darauf hin, dass der Antragsteller die befristete Ermächtigung tatsächlich ausüben können müsse. Bereits in der Vorinstanz hatte sie darauf hingewiesen, dass nach ihrer Ansicht aus Sicherstellungsgründen die Teilnahme des Antragstellers an der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten, der Akte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich als nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die sofortige Vollziehbarkeit des ermächtigenden Beschlusses des Antraggegners vom 23.Juni 2009 angeordnet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Diese Ermessensentscheidung des Gerichtes ergeht aufgrund einer Abwägung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und einer darauf aufbauenden Interessenabwägung hinsichtlich des Aussetzungs- bzw. Vollziehungsinteresses. Je geringer die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage erscheinen, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu stellen.
Bei gebotener summarischer Prüfung stellt sich der ermächtigende Beschluss vom 23. Juni 2009 als offensichtlich rechtmäßig dar. Wie bereits in der Vergangenheit ergibt sich ein dringender Bedarf an den Linearbeschleunigerleistungen des Antragstellers, weil die einzigen diese Leistungen im Planungsbereich anbietenden Vertragsärzte - die Praxis des Beigeladenen zu 7. - den seit Jahren konstant vorhandenen Bedarf nicht allein decken können. Selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass die personellen Kapazitäten durch die Mitarbeit des Dr. S. erweitert werden konnten und dieser nicht nur den ausscheidenden Dr. R. ersetzte, stellen sich die Sachkapazitäten als nicht erhöht dar. Richtig erscheint in diesem Zusammenhang die Erwägung des Antragsgegners, dass die einzelne Behandlungsleistung typischerweise nicht in 6 Minuten, sondern nur in ca. 10 Minuten erbracht werden kann. Unter Zugrundelegung dieses Zeitwertes wäre eine Übernahme der seit Jahren gleichbleibenden Fallzahl des Antragstellers kapazitätsmäßig nur verkraftbar, wenn dauerhaft ein pausenloser Mehrschichtbetrieb von ca. 17 Stunden/Tag gefahren würde. Auftretende Spitzenbelastungen oder regelmäßig notwendige Wartungsarbeiten oder Ausfälle des Gerätes können im Mehrschichtbetrieb jedoch nicht mehr abgefangen werden und hätten die Entstehung von Versorgungsdefiziten zur Folge.
Der Senat bezweifelt daher, dass eine Übernahme der Versorgungslast des Antragstellers durch die Praxis M. selbst unter Zugrundelegung günstigster Annahmen im Dauereinsatz möglich ist. Abgesehen davon ist die dafür notwendige extreme Ausdehnung der Praxiszeiten den Patienten wohl nicht zumutbar.
Angesichts der fehlenden Erfolgsaussichten der Drittanfechtungsklage reduzieren sich die zu stellenden Anforderungen an das Sofortvollziehungsinteresse des Antragstellers. Von der im öffentlichen Interesse stehenden Vermeidung einer Bedarfunterdeckung abgesehen, ergeben sich für den Antragsteller ohne Sofortvollzugsanordnung Einnahmeausfälle.
Demgegenüber verändert sich durch den angeordneten Sofortvollzug für den Beigeladenen zu 7. wenig. Bis zur Klärung in der Hauptsache ist er nur insoweit belastet, als seine Fallzahlen in Segment der Linearbeschleunigerleistungen gleichbleiben und er an einer Steigerung nach Konkurrentenverdrängung gehindert ist.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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