Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 R 742/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 258/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2009 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 wird für die Zeit ab 22. August 2008 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren – mit Ausnahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens – sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Verfahren vor dem Landessozialgericht. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008, mit dem die Beklagte der Klägerin die ihr gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (EM) bei Berufsunfähigkeit (BU) ab 01. Januar 2008 nach § 66 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) entzogen hatte.
Die Klägerin, geboren 1958, war vom 01. Januar 1995 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 18. November 1999 als Köchin bei der E GmbH versicherungspflichtig beschäftigt; vom 01. Januar 1999 bis 21. Dezember 1999 verrichtete sie gleichzeitig eine geringfügige Beschäftigung. Die Beklagte lehnte den im August 2000 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen EM (Bandscheibenprolaps L5/S1) zunächst ab (Bescheid vom 24. Oktober 2000, Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2002) und bewilligte dann in dem sich anschließenden Klageverfahren – S 31 RJ 242/02 - mit Bescheid vom 14. April 2004 Rente wegen teilweiser EM bei BU ab 1. Dezember 2002. Seit 1. Februar 2006 arbeitet die Klägerin wiederum bei der E GmbH im Rahmen einer geringfügigen, versicherungsfreien Beschäftigung "in der Küche" als "Kassiererin /Brötchen schmieren".
Zwecks Prüfung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) ließ die Beklagte die Klägerin von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. D untersuchen und begutachten; auf das Gutachten dieses Arztes vom 7. Februar 2007 wird Bezug genommen. Der zur ergänzenden Begutachtung herangezogene Facharzt für Chirurgie Dr. H kam in seinem Gutachten vom 24. Februar 2007, auf das ebenfalls Bezug genommen wird, zu dem Ergebnis, die Klägerin sei für mehr als sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten im gelegentlichen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen leistungsfähig. Die Beschwerden hätten sich im Vergleich zu den Vorbegutachtungen nicht verschlechtert. Auf den nach Aufforderung durch die Beklagte gestellten Antrag der Klägerin vom 22. März 2007 wurden der Klägerin mit Bescheid vom 27. März 2007 LTA dem Grunde nach bewilligt. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch nahm die Klägerin "vorsorglich einen etwaigen Antrag auf LTA zurück" und trug vor, sie sei gesundheitlich nicht in der Lage, an LTA teilzunehmen, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert; auf den von der Klägerin zum Nachweis eingereichten Arztbericht des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "H" vom 08. Mai 2007 und das Attest der Fachärztin für Augenheilkunde, Dipl.-Med. A vom 31. Mai 2007 wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 12. September 2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. März 2007 auf. Mit Anhörungsschreiben vom 27. September 2007, auf das Bezug genommen wird, wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie beabsichtige, die Rente mit Ablauf des Monats Dezember 2007 wegen fehlender Mitwirkung an beruflichen LTA gemäß § 66 Abs. 2 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung zu entziehen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2007, auf das Bezug genommen wird, nahm die Klägerin dazu Stellung.
Daraufhin entzog die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12. November 2007 die Rente nach § 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung und stellte die Rentenzahlung zum 31. Dezember 2007 ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs machte die Klägerin geltend, dass es "keine dem Versicherten obliegende rechtliche Verpflichtung zur Antragstellung auf Teilnahme an einer Maßnahme als Leistung zur Teilhabe gebe". Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008).
Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen: Es gebe zwar eine Verpflichtung, unter näher spezifizierten gesetzlichen Voraussetzungen an einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen, aber keine Verpflichtung, einen dahingehenden Antrag zu stellen. Ihren Verpflichtungen sei sie "ansonsten" nachgekommen. So sei sie aufforderungsgemäß zuletzt im Frühjahr 2007 zu von der Beklagten veranlassten ärztlichen Untersuchungen erschienen. Sie sei bereit und schon immer bereit gewesen, an einer berufsfördernden Maßnahme teilzunehmen, wenn bei angemessener Berücksichtigung ihrer beruflichen Neigung und ihrer Leistungsfähigkeit zu erwarten sei, dass diese ihre Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit auf Dauer fördern oder erhalten könne. Mit Urteil vom 26. Januar 2009 hat das Sozialgericht (SG) Berlin den Bescheid vom 12. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für einen Entzug der EM-Rente bis zur Stellung eines Rehabilitationsantrages lägen nicht vor. Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten nach §§ 62 bis 65 SGB I durch Nicht-Stellen eines Antrags auf Gewährung einer beruflichen Rehabilitation nicht verletzt. § 64 SGB I verpflichte nicht zur Stellung eines Antrags auf berufliche Rehabilitation. Der Gesetzgeber habe mit dieser Norm lediglich die Pflicht zur Teilnahme an einer konkreten Teilhabeleistung normiert. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut ("teilnehmen") der Norm sowie der ansonsten überflüssigen bzw. nicht prüfbaren Einschränkung, dass die Verpflichtung zur Teilhabe nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des letzten Teilsatzes des § 64 SGB I bestehe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt sie vor: Die Klägerin habe trotz entsprechender Aufforderung keinen neuen Antrag auf LTA gestellt und damit zu erkennen gegeben, dass sie nicht an der Beseitigung der teilweisen EM interessiert sei. Unter Abwägung der unterbliebenen Mitwirkung einerseits und andererseits dem Interesse der Versichertengemeinschaft, nicht mit - im Wege von Rehabilitationsleistungen – vermeidbaren langjährigen Rentenzahlungen belastet zu werden, sei die Rente bis zur Nachholung der Mitwirkung zu entziehen. Die in § 64 SGB I normierte Pflicht umfasse unter Berücksichtung der vom Gesetzgeber in § 115 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) und § 9 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) getroffenen Regelungen auch die Verpflichtung zur Mitwirkung bei den hierfür erforderlichen Vorbereitungen, wozu zunächst die eindeutige Bekundung der Bereitschaft gehöre, an einer derartigen Maßnahme teilnehmen zu wollen.
Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 29. Juni 2009 erlassen hatte, beantragt sie,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 29. Juni 2009 aufzuheben.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und trägt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor, es sei nichts dafür ersichtlich, dass, wie von § 66 Abs. 2 SGB I gefordert, durch das Unterlassen der Mitwirkungshandlung ihre Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert würden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten der Beklagten (4 Bände) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, soweit damit der Klägerin die bewilligte Rente wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. Januar 2008 wegen fehlender Mitwirkung entzogen worden war; insoweit war die Klage abzuweisen. Für die Zeit ab 22. August 2008 ist die verfügte Rentenentziehung hingegen hinfällig, da die Klägerin die bis dahin fehlende Mitwirkung nachgeholt hatte. Dementsprechend war unter Änderung des angefochtenen Urteils des SG klarstellend auszusprechen, dass der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 nur für die Zeit ab 22. August 2008 aufgehoben wird; insoweit war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008. Der von der Beklagten während des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid vom 29. Juni 2009 ist nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn damit wird nur die Begründung der angefochtenen Bescheide hinsichtlich der darin enthaltenen Ermessensentscheidung ergänzt, aber keine eigenständige bzw. nochmalige Verwaltungsentscheidung getroffen.
Die erforderliche Rechtsgrundlage für den Rentenentziehungsbescheid vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 bildet § 66 Abs. 2 SGB I. Danach kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung u. a. wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 SGB I nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb u. a. die Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Entgegen der vom SG und der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung hatte die Klägerin die ihr nach § 64 SGB I obliegende Mitwirkungspflicht verletzt. Danach soll derjenige, der u. a. wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit Sozialleistungen erhält, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers an LTA teilnehmen, wenn bei angemessener Berücksichtigung seiner beruflichen Neigung und seiner Leistungsfähigkeit zu erwarten ist, dass LTA seine Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit auf Dauer fördern oder erhalten werden. Die Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I werden dabei allein durch § 65 SGB I bestimmt; insoweit regelt § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I, dass eine Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I dann nicht besteht, wenn ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann.
Gemäß § 64 SGB I war die Klägerin, der die Beklagte mit Bescheid vom 14. April 2004 wegen der Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit eine Rente wegen teilweiser EM bei BU bewilligt hatte, gehalten, auf Verlangen der Beklagten an LTA teilzunehmen. Zu der Teilnahme als der der Klägerin obliegenden Mitwirkung gehört dabei sowohl die subjektive Bereitschaft, an einer Maßnahme teilzunehmen, als auch die objektive Fähigkeit, sich der Maßnahme zu unterziehen (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 1). Zur Zeit der Bewilligung von LTA dem Grunde nach mit Bescheid vom 27. März 2007 war auf Grund der zuvor durchgeführten Begutachtungen der Klägerin durch Dr. D und Dr. H eine ausreichende – objektive - Rehabilitationsfähigkeit der Klägerin festgestellt worden. Damit durfte die Beklagte unter Berücksichtigung der von der Klägerin bereits seit 01. Februar 2006 bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin ausgeübten – geringfügigen – Erwerbstätigkeit die erforderliche Erfolgsaussicht iS des § 64 SGB I hinsichtlich einer durch LTA möglichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin zugrunde legen. Denn Teilhabeleistungen haben bereits dann Aussicht auf Erfolg im Sinne einer wesentlichen Besserung der geminderten Erwerbsfähigkeit, wenn die Versicherte nach ihren persönlichen Verhältnissen, insbesondere ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, rehabilitationsfähig ist; die Auswahl einer geeigneten Maßnahme steht dann im Ermessen des Rehabilitationsträgers (vgl. BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2).
Dadurch aber, dass die Klägerin am 12. März 2007 einen – förmlichen – Antrag auf LTA gestellt, diesen Antrag aber nach Bewilligung von LTA dem Grunde nach mit Bescheid vom 27. März 2007 mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch "vorsorglich" zurückgenommen hatte, hatte sie eindeutig bekundet, dass sie subjektiv nicht bereit war, überhaupt an irgendeiner LTA teilzunehmen. Der ihr nach § 64 SGB I obliegenden Mitwirkungspflicht, auf Verlangen der Beklagten an einer LTA teilzunehmen, wenn eine entsprechende positive Prognose begründet ist, war die Klägerin damit nicht nachgekommen. Darauf, ob mit dem "Nicht-Stellen" eines Antrags eine Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I verletzt werden kann, was das SG verneint, kommt es nicht an. Denn die Klägerin hatte bereits mit ihrem Widerspruchsvorbringen gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. März 2007 klar zum Ausdruck gebracht, dass sie jegliche subjektive Rehabilitationsbereitschaft für eine – konkret noch auszuwählende – LTA vermissen ließ. Dieser objektive Erklärungsinhalt des Widerspruchsvorbringens beruht nicht nur auf der "vorsorglichen Rücknahme" des Antrags sondern auch darauf, dass die Klägerin ihre objektive Leistungsfähigkeit für die Teilnahme an LTA in Abrede gestellt und zum Nachweis dafür zwei ärztliche Bescheinigungen eingereicht hatte. Damit stand fest, dass die Klägerin zu dieser Zeit auch aus den von ihr vorgebrachten gesundheitlichen Gründen nicht mehr bereit war, an einer LTA teilzunehmen. Die vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen stellen jedoch keinen wichtigen Grund iS des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar, der die Klägerin dazu berechtigt hätte, nicht an den von der Beklagten in Aussicht genommenen LTA teilzunehmen. Denn die eingereichten ärztlichen Bescheinigungen bieten unter Berücksichtigung der zeitnahen Begutachtungen der Klägerin keinerlei Grundlage für die Annahme, dass sich das damalige Restleistungsvermögen der Klägerin kurzfristig verschlechtert hätte. Nach der übereinstimmenden Leistungsbeurteilung von Dr. D und Dr. H war die Klägerin vielmehr im Februar 2007 jedenfalls noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung mehr als 6 Stunden täglich zu verrichten. Demgegenüber findet sich für die von der Klägerin behauptete Verschlechterung ihres Restleistungsvermögens "seit der Bewilligung der Rente" in dem Bericht des MVZ vom 08. Mai 2007 kein Anhalt. Vielmehr wird darin als Ergebnis die "bekannte Spondyloosteochondrose L5/S1 mit Regredienz der beschriebenen rechtsseitigen narbigen Veränderungen, Abgrenzung einer dezenten dorsomedianen Protrusion ohne wesentliche Pelottierung des Duraschlauches und Spondylarthrosen beidseits mit leichter Einengung der lateralen Recessus" mitgeteilt. Auch aus dem Untersuchungsbefund der Fachärztin für Augenheilkunde A vom 31. Mai 2007 ergibt sich nichts für eine Verschlechterung der objektiven Rehabilitationsfähigkeit der Klägerin auf Grund ihrer Glaukomerkrankung. Dementsprechend war die Beklagte zu Recht nach Einschaltung ihres ärztlichen Dienstes (Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G) gerade auch im Hinblick auf die aktuellen Begutachtungen, im Rahmen derer Dr. D trotz des ihr bekannten Glaukomleidens eine entsprechende fachärztliche Begutachtung nicht für erforderlich gehalten hatte, zu Recht weiterhin von einer ausreichenden Leistungsfähigkeit der Klägerin für LTA ausgegangen. Die Klägerin ist auch zu keiner Zeit trotz ihres Widerspruchsvorbringens, wonach sie in den nächsten 4 bis 6 Wochen weitere Arzttermine habe und die Begründung des Widerspruchs deshalb nur vorläufig erfolgen könne, auf ihren Vortrag zur fehlenden Leistungsfähigkeit für LTA zurückgekommen. Vielmehr hat sie im Klageverfahren jedenfalls mit dem Schriftsatz vom 11. August 2008 ihre uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, "an allen ihr obliegenden Handlungen mitzuwirken und an einer berufsfördernden Maßnahme teilzunehmen ".
Soweit die Klägerin trotz der in ihrem Schriftsatz vom 11. August 2008 von ihr erklärten uneingeschränkten Bereitschaft zur Mitwirkung auch an einer LTA weiterhin den von ihr erhobenen Klageanspruch darauf stützt, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, einen Antrag auf LTA zu stellen, so lässt sich diese Rechtsauffassung im Übrigen mit dem geltenden Rehabilitationsrecht nicht in Einklang bringen. Denn Leistungen zur Teilhabe können überhaupt nur mit der Zustimmung des behinderten Menschen erbracht werden (vgl. § 9 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX). Wenn Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben von Amts wegen erbracht werden, was nach § 115 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zulässig ist, dann müssen die Versicherten ihre Zustimmung erteilen. Die Zustimmung gilt dann als Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 115 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, die mit dem Anhörungsschreiben vom 27. September 2007 unter Fristsetzung bis zum 31. Oktober 2007 wiederholt worden war, erneut einen Antrag auf LTA zu stellen, stellt sich damit nicht als Aufforderung zu einer Antragstellung dar, zu der die Klägerin nach § 64 SGB I nicht verpflichtet war, sondern als gebotener rechtlicher Hinweis, dass ohne eine derartige Antragstellung bzw. ohne eine Zustimmung zu den in Aussicht genommenen LTA eine erfolgreiche Rehabilitation nicht in die Wege geleitet werden konnte. Dass die Beklagte ohne eine entsprechende subjektive Bereitschaft der Klägerin LTA nicht in die Wege leiten konnte, musste der – rechtskundig vertretenen – Klägerin auch unmissverständlich einleuchten.
Da die Beklagte die Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 27. September 2007 auch unter Setzung einer angemessenen Frist bis zum 31. Oktober 2007 über die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung ausdrücklich und umfassend schriftlich belehrt hatte iS des § 66 Abs. 3 SGB I, war die Beklagte nach § 66 Abs. 2 SGB I berechtigt, die Rente in vollem Umfang zu entziehen. Ermessensfehler bei der in dem angefochtenen Bescheid vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 getroffenen Ermessensentscheidung liegen nicht vor. Bereits aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob die Beklagte berechtigt ist, derartige Ermessenserwägungen, die in dem Bescheid vom 29. Juni 2009 enthalten sind, nachzuschieben. Denn eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch sind auszuschließen. Die Beklagte hatte vielmehr die nach § 66 Abs. 2 SGB I gebotene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller wesentlichen sachlichen Gesichtspunkte im Einzelfall getroffen.
Da die Klägerin im Schriftsatz vom 11. August 2008 die von ihr geforderte uneingeschränkte Bereitschaft zur Teilnahme an einer LTA nachträglich bekundet hatte, war die Rechtswirkung des Bescheides vom 12. November 2007 mit dem 21. August 2008 ausweislich des Verfügungssatzes dieses Bescheides entfallen. Der Schriftsatz vom 11. August 2008 war gemäß der Verfügung des SG am 18. August 2008 der Beklagten übersandt worden und ihr damit entsprechend dem § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - am 21. August 2008 bekannt gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008, mit dem die Beklagte der Klägerin die ihr gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (EM) bei Berufsunfähigkeit (BU) ab 01. Januar 2008 nach § 66 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) entzogen hatte.
Die Klägerin, geboren 1958, war vom 01. Januar 1995 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 18. November 1999 als Köchin bei der E GmbH versicherungspflichtig beschäftigt; vom 01. Januar 1999 bis 21. Dezember 1999 verrichtete sie gleichzeitig eine geringfügige Beschäftigung. Die Beklagte lehnte den im August 2000 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen EM (Bandscheibenprolaps L5/S1) zunächst ab (Bescheid vom 24. Oktober 2000, Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2002) und bewilligte dann in dem sich anschließenden Klageverfahren – S 31 RJ 242/02 - mit Bescheid vom 14. April 2004 Rente wegen teilweiser EM bei BU ab 1. Dezember 2002. Seit 1. Februar 2006 arbeitet die Klägerin wiederum bei der E GmbH im Rahmen einer geringfügigen, versicherungsfreien Beschäftigung "in der Küche" als "Kassiererin /Brötchen schmieren".
Zwecks Prüfung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) ließ die Beklagte die Klägerin von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. D untersuchen und begutachten; auf das Gutachten dieses Arztes vom 7. Februar 2007 wird Bezug genommen. Der zur ergänzenden Begutachtung herangezogene Facharzt für Chirurgie Dr. H kam in seinem Gutachten vom 24. Februar 2007, auf das ebenfalls Bezug genommen wird, zu dem Ergebnis, die Klägerin sei für mehr als sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten im gelegentlichen Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen leistungsfähig. Die Beschwerden hätten sich im Vergleich zu den Vorbegutachtungen nicht verschlechtert. Auf den nach Aufforderung durch die Beklagte gestellten Antrag der Klägerin vom 22. März 2007 wurden der Klägerin mit Bescheid vom 27. März 2007 LTA dem Grunde nach bewilligt. Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch nahm die Klägerin "vorsorglich einen etwaigen Antrag auf LTA zurück" und trug vor, sie sei gesundheitlich nicht in der Lage, an LTA teilzunehmen, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert; auf den von der Klägerin zum Nachweis eingereichten Arztbericht des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "H" vom 08. Mai 2007 und das Attest der Fachärztin für Augenheilkunde, Dipl.-Med. A vom 31. Mai 2007 wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 12. September 2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. März 2007 auf. Mit Anhörungsschreiben vom 27. September 2007, auf das Bezug genommen wird, wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie beabsichtige, die Rente mit Ablauf des Monats Dezember 2007 wegen fehlender Mitwirkung an beruflichen LTA gemäß § 66 Abs. 2 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung zu entziehen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2007, auf das Bezug genommen wird, nahm die Klägerin dazu Stellung.
Daraufhin entzog die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12. November 2007 die Rente nach § 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung und stellte die Rentenzahlung zum 31. Dezember 2007 ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs machte die Klägerin geltend, dass es "keine dem Versicherten obliegende rechtliche Verpflichtung zur Antragstellung auf Teilnahme an einer Maßnahme als Leistung zur Teilhabe gebe". Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008).
Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen: Es gebe zwar eine Verpflichtung, unter näher spezifizierten gesetzlichen Voraussetzungen an einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen, aber keine Verpflichtung, einen dahingehenden Antrag zu stellen. Ihren Verpflichtungen sei sie "ansonsten" nachgekommen. So sei sie aufforderungsgemäß zuletzt im Frühjahr 2007 zu von der Beklagten veranlassten ärztlichen Untersuchungen erschienen. Sie sei bereit und schon immer bereit gewesen, an einer berufsfördernden Maßnahme teilzunehmen, wenn bei angemessener Berücksichtigung ihrer beruflichen Neigung und ihrer Leistungsfähigkeit zu erwarten sei, dass diese ihre Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit auf Dauer fördern oder erhalten könne. Mit Urteil vom 26. Januar 2009 hat das Sozialgericht (SG) Berlin den Bescheid vom 12. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für einen Entzug der EM-Rente bis zur Stellung eines Rehabilitationsantrages lägen nicht vor. Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten nach §§ 62 bis 65 SGB I durch Nicht-Stellen eines Antrags auf Gewährung einer beruflichen Rehabilitation nicht verletzt. § 64 SGB I verpflichte nicht zur Stellung eines Antrags auf berufliche Rehabilitation. Der Gesetzgeber habe mit dieser Norm lediglich die Pflicht zur Teilnahme an einer konkreten Teilhabeleistung normiert. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut ("teilnehmen") der Norm sowie der ansonsten überflüssigen bzw. nicht prüfbaren Einschränkung, dass die Verpflichtung zur Teilhabe nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des letzten Teilsatzes des § 64 SGB I bestehe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt sie vor: Die Klägerin habe trotz entsprechender Aufforderung keinen neuen Antrag auf LTA gestellt und damit zu erkennen gegeben, dass sie nicht an der Beseitigung der teilweisen EM interessiert sei. Unter Abwägung der unterbliebenen Mitwirkung einerseits und andererseits dem Interesse der Versichertengemeinschaft, nicht mit - im Wege von Rehabilitationsleistungen – vermeidbaren langjährigen Rentenzahlungen belastet zu werden, sei die Rente bis zur Nachholung der Mitwirkung zu entziehen. Die in § 64 SGB I normierte Pflicht umfasse unter Berücksichtung der vom Gesetzgeber in § 115 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) und § 9 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) getroffenen Regelungen auch die Verpflichtung zur Mitwirkung bei den hierfür erforderlichen Vorbereitungen, wozu zunächst die eindeutige Bekundung der Bereitschaft gehöre, an einer derartigen Maßnahme teilnehmen zu wollen.
Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 29. Juni 2009 erlassen hatte, beantragt sie,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 29. Juni 2009 aufzuheben.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und trägt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor, es sei nichts dafür ersichtlich, dass, wie von § 66 Abs. 2 SGB I gefordert, durch das Unterlassen der Mitwirkungshandlung ihre Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert würden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten der Beklagten (4 Bände) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, soweit damit der Klägerin die bewilligte Rente wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. Januar 2008 wegen fehlender Mitwirkung entzogen worden war; insoweit war die Klage abzuweisen. Für die Zeit ab 22. August 2008 ist die verfügte Rentenentziehung hingegen hinfällig, da die Klägerin die bis dahin fehlende Mitwirkung nachgeholt hatte. Dementsprechend war unter Änderung des angefochtenen Urteils des SG klarstellend auszusprechen, dass der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 nur für die Zeit ab 22. August 2008 aufgehoben wird; insoweit war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008. Der von der Beklagten während des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid vom 29. Juni 2009 ist nicht gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn damit wird nur die Begründung der angefochtenen Bescheide hinsichtlich der darin enthaltenen Ermessensentscheidung ergänzt, aber keine eigenständige bzw. nochmalige Verwaltungsentscheidung getroffen.
Die erforderliche Rechtsgrundlage für den Rentenentziehungsbescheid vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 bildet § 66 Abs. 2 SGB I. Danach kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung u. a. wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 SGB I nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb u. a. die Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Entgegen der vom SG und der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung hatte die Klägerin die ihr nach § 64 SGB I obliegende Mitwirkungspflicht verletzt. Danach soll derjenige, der u. a. wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit Sozialleistungen erhält, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers an LTA teilnehmen, wenn bei angemessener Berücksichtigung seiner beruflichen Neigung und seiner Leistungsfähigkeit zu erwarten ist, dass LTA seine Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit auf Dauer fördern oder erhalten werden. Die Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I werden dabei allein durch § 65 SGB I bestimmt; insoweit regelt § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I, dass eine Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I dann nicht besteht, wenn ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann.
Gemäß § 64 SGB I war die Klägerin, der die Beklagte mit Bescheid vom 14. April 2004 wegen der Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit eine Rente wegen teilweiser EM bei BU bewilligt hatte, gehalten, auf Verlangen der Beklagten an LTA teilzunehmen. Zu der Teilnahme als der der Klägerin obliegenden Mitwirkung gehört dabei sowohl die subjektive Bereitschaft, an einer Maßnahme teilzunehmen, als auch die objektive Fähigkeit, sich der Maßnahme zu unterziehen (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 1). Zur Zeit der Bewilligung von LTA dem Grunde nach mit Bescheid vom 27. März 2007 war auf Grund der zuvor durchgeführten Begutachtungen der Klägerin durch Dr. D und Dr. H eine ausreichende – objektive - Rehabilitationsfähigkeit der Klägerin festgestellt worden. Damit durfte die Beklagte unter Berücksichtigung der von der Klägerin bereits seit 01. Februar 2006 bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin ausgeübten – geringfügigen – Erwerbstätigkeit die erforderliche Erfolgsaussicht iS des § 64 SGB I hinsichtlich einer durch LTA möglichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin zugrunde legen. Denn Teilhabeleistungen haben bereits dann Aussicht auf Erfolg im Sinne einer wesentlichen Besserung der geminderten Erwerbsfähigkeit, wenn die Versicherte nach ihren persönlichen Verhältnissen, insbesondere ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, rehabilitationsfähig ist; die Auswahl einer geeigneten Maßnahme steht dann im Ermessen des Rehabilitationsträgers (vgl. BSG SozR 4-2600 § 10 Nr 2).
Dadurch aber, dass die Klägerin am 12. März 2007 einen – förmlichen – Antrag auf LTA gestellt, diesen Antrag aber nach Bewilligung von LTA dem Grunde nach mit Bescheid vom 27. März 2007 mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch "vorsorglich" zurückgenommen hatte, hatte sie eindeutig bekundet, dass sie subjektiv nicht bereit war, überhaupt an irgendeiner LTA teilzunehmen. Der ihr nach § 64 SGB I obliegenden Mitwirkungspflicht, auf Verlangen der Beklagten an einer LTA teilzunehmen, wenn eine entsprechende positive Prognose begründet ist, war die Klägerin damit nicht nachgekommen. Darauf, ob mit dem "Nicht-Stellen" eines Antrags eine Mitwirkungspflicht nach § 64 SGB I verletzt werden kann, was das SG verneint, kommt es nicht an. Denn die Klägerin hatte bereits mit ihrem Widerspruchsvorbringen gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. März 2007 klar zum Ausdruck gebracht, dass sie jegliche subjektive Rehabilitationsbereitschaft für eine – konkret noch auszuwählende – LTA vermissen ließ. Dieser objektive Erklärungsinhalt des Widerspruchsvorbringens beruht nicht nur auf der "vorsorglichen Rücknahme" des Antrags sondern auch darauf, dass die Klägerin ihre objektive Leistungsfähigkeit für die Teilnahme an LTA in Abrede gestellt und zum Nachweis dafür zwei ärztliche Bescheinigungen eingereicht hatte. Damit stand fest, dass die Klägerin zu dieser Zeit auch aus den von ihr vorgebrachten gesundheitlichen Gründen nicht mehr bereit war, an einer LTA teilzunehmen. Die vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen stellen jedoch keinen wichtigen Grund iS des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar, der die Klägerin dazu berechtigt hätte, nicht an den von der Beklagten in Aussicht genommenen LTA teilzunehmen. Denn die eingereichten ärztlichen Bescheinigungen bieten unter Berücksichtigung der zeitnahen Begutachtungen der Klägerin keinerlei Grundlage für die Annahme, dass sich das damalige Restleistungsvermögen der Klägerin kurzfristig verschlechtert hätte. Nach der übereinstimmenden Leistungsbeurteilung von Dr. D und Dr. H war die Klägerin vielmehr im Februar 2007 jedenfalls noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung mehr als 6 Stunden täglich zu verrichten. Demgegenüber findet sich für die von der Klägerin behauptete Verschlechterung ihres Restleistungsvermögens "seit der Bewilligung der Rente" in dem Bericht des MVZ vom 08. Mai 2007 kein Anhalt. Vielmehr wird darin als Ergebnis die "bekannte Spondyloosteochondrose L5/S1 mit Regredienz der beschriebenen rechtsseitigen narbigen Veränderungen, Abgrenzung einer dezenten dorsomedianen Protrusion ohne wesentliche Pelottierung des Duraschlauches und Spondylarthrosen beidseits mit leichter Einengung der lateralen Recessus" mitgeteilt. Auch aus dem Untersuchungsbefund der Fachärztin für Augenheilkunde A vom 31. Mai 2007 ergibt sich nichts für eine Verschlechterung der objektiven Rehabilitationsfähigkeit der Klägerin auf Grund ihrer Glaukomerkrankung. Dementsprechend war die Beklagte zu Recht nach Einschaltung ihres ärztlichen Dienstes (Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G) gerade auch im Hinblick auf die aktuellen Begutachtungen, im Rahmen derer Dr. D trotz des ihr bekannten Glaukomleidens eine entsprechende fachärztliche Begutachtung nicht für erforderlich gehalten hatte, zu Recht weiterhin von einer ausreichenden Leistungsfähigkeit der Klägerin für LTA ausgegangen. Die Klägerin ist auch zu keiner Zeit trotz ihres Widerspruchsvorbringens, wonach sie in den nächsten 4 bis 6 Wochen weitere Arzttermine habe und die Begründung des Widerspruchs deshalb nur vorläufig erfolgen könne, auf ihren Vortrag zur fehlenden Leistungsfähigkeit für LTA zurückgekommen. Vielmehr hat sie im Klageverfahren jedenfalls mit dem Schriftsatz vom 11. August 2008 ihre uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, "an allen ihr obliegenden Handlungen mitzuwirken und an einer berufsfördernden Maßnahme teilzunehmen ".
Soweit die Klägerin trotz der in ihrem Schriftsatz vom 11. August 2008 von ihr erklärten uneingeschränkten Bereitschaft zur Mitwirkung auch an einer LTA weiterhin den von ihr erhobenen Klageanspruch darauf stützt, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, einen Antrag auf LTA zu stellen, so lässt sich diese Rechtsauffassung im Übrigen mit dem geltenden Rehabilitationsrecht nicht in Einklang bringen. Denn Leistungen zur Teilhabe können überhaupt nur mit der Zustimmung des behinderten Menschen erbracht werden (vgl. § 9 Abs. 4 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX). Wenn Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben von Amts wegen erbracht werden, was nach § 115 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zulässig ist, dann müssen die Versicherten ihre Zustimmung erteilen. Die Zustimmung gilt dann als Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 115 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, die mit dem Anhörungsschreiben vom 27. September 2007 unter Fristsetzung bis zum 31. Oktober 2007 wiederholt worden war, erneut einen Antrag auf LTA zu stellen, stellt sich damit nicht als Aufforderung zu einer Antragstellung dar, zu der die Klägerin nach § 64 SGB I nicht verpflichtet war, sondern als gebotener rechtlicher Hinweis, dass ohne eine derartige Antragstellung bzw. ohne eine Zustimmung zu den in Aussicht genommenen LTA eine erfolgreiche Rehabilitation nicht in die Wege geleitet werden konnte. Dass die Beklagte ohne eine entsprechende subjektive Bereitschaft der Klägerin LTA nicht in die Wege leiten konnte, musste der – rechtskundig vertretenen – Klägerin auch unmissverständlich einleuchten.
Da die Beklagte die Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 27. September 2007 auch unter Setzung einer angemessenen Frist bis zum 31. Oktober 2007 über die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung ausdrücklich und umfassend schriftlich belehrt hatte iS des § 66 Abs. 3 SGB I, war die Beklagte nach § 66 Abs. 2 SGB I berechtigt, die Rente in vollem Umfang zu entziehen. Ermessensfehler bei der in dem angefochtenen Bescheid vom 12. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 getroffenen Ermessensentscheidung liegen nicht vor. Bereits aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob die Beklagte berechtigt ist, derartige Ermessenserwägungen, die in dem Bescheid vom 29. Juni 2009 enthalten sind, nachzuschieben. Denn eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch sind auszuschließen. Die Beklagte hatte vielmehr die nach § 66 Abs. 2 SGB I gebotene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller wesentlichen sachlichen Gesichtspunkte im Einzelfall getroffen.
Da die Klägerin im Schriftsatz vom 11. August 2008 die von ihr geforderte uneingeschränkte Bereitschaft zur Teilnahme an einer LTA nachträglich bekundet hatte, war die Rechtswirkung des Bescheides vom 12. November 2007 mit dem 21. August 2008 ausweislich des Verfügungssatzes dieses Bescheides entfallen. Der Schriftsatz vom 11. August 2008 war gemäß der Verfügung des SG am 18. August 2008 der Beklagten übersandt worden und ihr damit entsprechend dem § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - am 21. August 2008 bekannt gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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