L 11 KR 5939/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2972/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5939/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2009 und 26. November 2009 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. November 2009 sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden sind zulässig. Der Senat geht zu Gunsten des Antragstellers davon aus, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen (SG) vom 26. November 2009 nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen ist. Die Beschwerden sind aber unbegründet. Denn das SG hat die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen nötig erscheint (sog Regelungsanordnung). Die Voraussetzungen sind gemäß § 86b Abs 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen. Mit der Regelungsanordnung kann eine Rechtsposition vorläufig begründet oder erweitert werden. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, also des materiellen Anspruchs, der grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache verlangt, und eines Anordnungsgrundes, der Eilbedürftigkeit, voraus. Der Anordnungsgrund ist gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten. Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Eine solche Notlage ist vor allem bei einer Gefährdung der Existenz, erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen oder wenn existentielle Leistungen der Krankenbehandlung streitig sind, zu bejahen.

Hier kommt nur eine Regelungsanordnung in Frage, da der Antragsteller die vorläufige Einräumung von bislang noch nicht bestehenden Rechtspositionen begehrt, nämlich die (vollständige, also eigenanteilsfreie) Gewährung einer zahnprothetischen Behandlung, die erneute Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Erstattung von Fahrkosten.

Das SG hat zu Recht sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund verneint. Zur Begründung bezieht sich der Senat auf die zutreffenden erstinstanzlichen Gründe. Er schließt sich diesen nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollumfänglich an und sieht gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG insoweit von einer weiteren Begründung ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller insbesondere in keiner Weise dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht hat, dass eine besondere Eilbedürftigkeit besteht, die ein Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbar machen könnte.

Dies gilt bezüglich der zahnprothetischen Versorgung, worauf schon das SG hingewiesen hat, insbesondere im Hinblick darauf, dass sich der Antragsteller wegen der Behandlung von Schmerzen und Entzündungen - unabhängig von einer prothetischen Neuversorgung - ohne weiteres in allgemein- oder zahnmedizinische Behandlung begeben kann. Dass eine Schmerzbehandlung beim Antragsteller abgelehnt wird, ist nicht ersichtlich. Denn Zahnarzt Dr. V. H. hat in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 03. November 2009 im Verfahren vor dem SG (S 11 KR 2973/09) über eine Behandlung von Schmerzen im linken Oberkiefer am 04. Juni 2009 mit entsprechender Therapie berichtet. Somit ist die Behauptung des Antragstellers, eine Behandlung bei ihm als Sachleistung werde abgelehnt, nicht glaubhaft. Dem Antragsteller scheint es vielmehr um die zahnprothetische Versorgung wegen Schmerzen zu gehen. Unzumutbare gesundheitliche Nachteile durch die reine Schmerzbehandlung ohne zahnprothetische Versorgung bis zur Hauptsacheentscheidung liegen nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.

Eine Eilbedürftigkeit ist auch bezüglich der Verpflichtung zur Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht gegeben. Denn durch das Abwarten der Hauptsacheentscheidung entstehen dem Antragsteller keine Nachteile, da nicht erkennbar ist, dass ein eventueller Beweis der geltend gemachten Behandlungsfehler bei Zuwarten vereitelt oder erschwert werden würde.

Schließlich hat der Antragsteller wegen der abgelehnten Erstattung geltend gemachter Fahrkosten eine Gefährdung seiner Existenz oder erhebliche wirtschaftliche Nachteile nicht glaubhaft gemacht. Eine solche Gefährdung oder Notlage drängt sich auch nicht auf. Denn mit der Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von derzeit 668,01 EUR ist es dem Antragsteller trotz Lebenshaltungskosten und einer Warmmiete von monatlich 257 EUR zumutbar, Fahrkosten in dem von ihm geltend gemachten Umfang (20,60 EUR für die Fahrt zur Universitätsklinik T. am 08. Oktober 2009 und 9,80 EUR zur Vorstellung der ursprünglich am 06. November 2009 geplanten Vorstellung bei Dr. U. in V.-S. am 02. Dezember 2009) zunächst selbst aufzubringen.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. November 2009 war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.

Die Gewährung von PKH für das Antrags- und Beschwerdeverfahren scheidet aus, denn insoweit mangelt es aus den oben dargelegten Gründen an der notwendigen Erfolgsaussicht gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO). Deshalb war sowohl die Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. November 2009 zurückzuweisen als auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Die Kosten des gegen die Versagung von PKH gerichteten Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO ebenfalls nicht erstattet.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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