Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 1952/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Grundsicherung für Arbeitssuchende, Kosten der Unterkunft, Erforderlichkeit eines Umzugs, nachträgliche Umstände
Bemerkung
Ein Umzug kann auch durch nachträglich eintretende Umstände wie den Rückbau des früheren Wohnobjektes erforderlich werden.
I. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009, des Bescheides vom 18.04.2008 in Gestalt des Bescheides vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009, des Bescheides vom 23.10.2008 in Gestalt des Bescheides vom 16.12.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27.02. und 20.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 sowie des Bescheides vom 15.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 die ihnen entstandenen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nach bereits erfolgtem Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 516,32 EUR im Zeitraum vom 01.11. bis 31.12.2007, 515,07 EUR im Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2008 sowie 495,07 EUR im Zeitraum vom 01.01. bis 31.10.2009 unter Berücksichtigung bereits erbrachter Leistungen zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten sich um die Höhe der den Klägern (Kl.) im Zeitraum vom 01.11.2007 bis 31.10.2009 zustehende Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die am 1964 geborene Kl. zu 1.) bezieht seit dem 01.01.2005 mit ihren am 2000 (Kl. zu 2.) und 1993 (Kl. zu 3.) geborenen Kindern, mit denen sie eine Bedarfsgemeinschaft bildet, Leistungen nach dem SGB II. Sie lebten zunächst bis zum 30.11.2006 in einer in einem Wohnblock in H gelegenen Wohnung der Wohnungsgesellschaft mbH H zu einer Ge-samtmiete von 448,42 EUR, bei der bereits Kosten der Warmwasserbereitung pauschal herausgerechnet sind. Nachdem die Kl. zu 1.) zunächst inoffiziell erfuhr, dass der von ihr bewohnte Wohnblock abgerissen werden sollte, suchte sie eine neue Wohnung. Diese sollte, um einen erneuten Umzug nach wiederholtem Abriss von ihr bewohnter Wohngebäudes sowie auch aus gesundheitlichen Gründen, eher ländlich gelegen sein. Am 18.10.2006 schloss sie zum 01.12.2006 einen Mietvertrag über die Wohnung K.-Str. in H/K zu einer Miete von 380,00 EUR zzgl. 150,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung ab. Die Wohnung verfügt bei einer Wohnfläche von 78,7 m² über 4 Zimmer. Anlässlich einer Vorsprache der Kl. zu 1.) bei einer Mitarbeiterin der Bekl. am 09.11.2006 bestätigte diese handschriftlich, dass die Miete laut Richtlinie der Stadt H. im angemessenen Bereich liege. Gleichzeitig wurde ihr mitgeteilt, dass ein Umzug derzeit nicht erforderlich sei, da noch keine schriftliche Abrissbestätigung vorliege. Ab dem 01.12.2006 zahlte die Kl. dann nach erfolgtem Umzug die Miete für die neue Wohnung in Höhe von insgesamt 530,00 EUR bis zum 31.12.2008 und 510,00 EUR seit dem 01.01.2009. Am 08.11.2006 traf der Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft mbH H. die Entscheidung über den Rückbau des von den Kl. zuvor bewohnten Objektes, wovon die Mieter am 02.01.2007 informiert wurden. Der Rückbau erfolgte sodann vom 22.10. bis 07.12.2007. Seit dem erfolgten Umzug bewilligte die Bekl. Leistungen auf Basis der KdU für die frühere Wohnung, da der Umzug nicht notwendig gewesen sei. Anlässlich eines abgeschlos-senen Rechtsstreites vor dem SG Dresden (S 34 AS 2544/07) verpflichtete sich die Bekl. vergleichsweise zur Zahlung von 500,00 EUR KdU im Zeitraum 01.05.-31.10.2007. Mit Bescheid vom 25.10.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009 (Zeitraum vom 01.11.2007 bis 30.04.2008, führendes Verfahren), Bescheid vom 18.04.2008 in Gestalt des Bescheides vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009 (Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2008, früheres Verfahren S 23 AS 2606/09), Bescheid vom 23.10.2008 in Gestalt des Bescheides vom 16.12.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27.02. und 20.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 (Zeitraum vom 01.11.2008 bis 30.04.2009, früheres Verfahren S 23 AS 3398/09) sowie Bescheid vom 15.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 (Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2009, früheres Verfahren S 23 AS 3398/09) bewilligte die Bekl. weiterhin lediglich Leistungen unter Berücksichtigung der in der früheren Wohnung angefallenen niedrigeren KdU in Höhe von 448,42 EUR. Der Umzug, dem auch nicht zugestimmt worden sei, sei nicht erforderlich gewesen, weshalb gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II weiterhin nur die bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen seien. Da die Kl. vom geplanten Rückbau noch keine Kenntnis gehabt haben konnten, könne dies auch nicht das Motiv für den Umzug gewesen sein. Die vorherigen Spekulationen seien nicht überzeugend, da es solche schon seit über 10 Jahren gegeben habe.
Mit den gegen die Widerspruchsbescheide am 21.04., 02.06. und 14.07.2009 erhobenen Klagen, die mit Beschluss vom 08.01.2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, wird darauf hingewiesen, dass die frühere Wohnung im ge-genständlichen Zeitraum bereits rückgebaut worden sei. Spätestens dann sei ein Umzug vorzunehmen gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, für den Bewilligungszeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.10.2009 für die Kläger Kosten für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung einer um die Warmwasserpauschale bereinigten Gesamtmiete für den Zeitraum bis 31.12.2007 in Höhe von monatlich 516,32 EUR, ab Januar 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von monatlich 515,07 EUR und ab Januar 2009 in Höhe von 495,07 EUR anzuerkennen und unter Abänderung der Bescheide vom 25.10.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009, des Bescheides vom 18.04.2008 in Gestalt des Bescheides vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009, des Bescheides vom 23.10.2008 in Gestalt des Bescheides vom 16.12.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27.02.2009 und 20.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 sowie des Bescheides vom 15.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 den Klägern Kosten der Unterkunft und Heizung unter Abzug bereits gezahlter Leistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird zunächst wie in den Widerspruchsbescheiden argumentiert. Entgegen der mit gerichtlichem Hinweis vorgetragenen Auffassung könne ein wichtiger Grund für den Auszug auch nicht nachträglich entstehen. Schließlich würden die gegenständlichen KdU der Kl. auch nicht nach der bis zum 31.12.2008 geltenden Verwaltungsvorschrift zur Gewährung von KdU der Stadt H. im angemessenen Bereich liegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die im Tenor näher bezeichneten Bescheide der Beklagten in Gestalt der Widerspruchsbescheide sind hinsichtlich des geltend gemachten Differenzbetrages rechtswidrig und verletzen die Kl. in ihren Rechten. Sie haben einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlich entstandenen KdU unter Berücksichtigung der jeweiligen Pauschale für die Warmwasserbereitung, die bereits in der Regelleistung enthalten ist. Die Kl., die unstreitig erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne von § 7 SGB II sind, haben für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhaltes nach dem SGB II. Dieser umfasst dem Grunde nach gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind.
1. Entgegen der Ansicht der Bekl. sind die zu übernehmenden KdU nicht nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) auf die Höhe der vor dem Umzug zu übernehmenden Aufwendungen begrenzt. Danach werden, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Da der Umzug der Kl. nach dem 31. Juli 2006 erfolgt ist, ist der zeitliche Anwendungsbereich dieser Regelung eröffnet. Mit dem Umzug der Kläger erhöhten sich die monatlichen Unterkunftskosten von 448,42 EUR auf 530,00 bzw. 510,00 EUR. Eine Zusicherung zur Übernahme der höheren Unterkunftskosten liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere erfolgte anlässlich des Gesprächs der Kl. zu 1.) mit der Bekl. am 09.11.2006 gerade keine Zusicherung der Notwendigkeit des Umzugs. Die Einholung der vorherigen Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II ist indes keine Anspruchsvoraussetzung, sondern hat die Bedeutung einer Obliegenheit, deren Verletzung keine Auswirkungen hat, wenn der Umzug gem. § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2007, Az. L 10 B 854/07 AS ER). Daher kommt es nicht darauf an, dass die Zusicherung hier nicht erteilt wurde. Der Umzug der Kläger war jedenfalls wegen des vor Beginn des gegenständlichen Zeitraums durchgeführten Rückbaus der früheren Wohnung erforderlich. Eine Definition, wann ein Umzug "erforderlich" ist, enthält das Gesetz nicht. Derselbe Begriff wird jedoch in § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II im Rahmen der Regelung über die Zusicherung verwendet. Daher ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in beiden Fällen von den gleichen Grundsätzen ausgeht (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rdnr. 47d; Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 45). Maßgeblich ist danach, ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen (Berlit, a.a.O., Rdnr. 76; Gerenkamp in Mergler/Zink, SGB II, Stand August 2007, § 22 Rdnr. 21b; OVG Lüne-burg FEVS 36, 291 zum Bundessozialhilfegesetz). Dafür sprechen auch die in der amtlichen Begründung zur Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (BT-Drucks. 16/1410 S. 23 zu Nummer 21) genannten Beispiele eines erforderlichen Umzugs: Umzug zur Eingliederung in Arbeit, aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen. Mehr oder minder nachvollziehbare Gründe unterhalb der Erforderlichkeitsschwelle rechtfertigen auch geringfügige Mehrkosten nicht (Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 45). Die Voraussetzung der Erforderlichkeit kann nicht dazu dienen, einen Umzug auszuschließen, der gewollt ist, und für den objektive Gründe von Gewicht sprechen. Ob ein solcher Grund vorliegt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Sauer in Jahn, SGB II, § 22 Rdnr 41). Hier ist er gegeben. Nach Überzeugung der Kammer begründet schon die Entscheidung des früheren Vermieters zum Rückbau des Mietobjektes vom 08.11.2006 objektiv die Erforderlichkeit eines Umzugs. Unter Berücksichtigung dessen, dass vorliegend bereits zu Beginn des streitigen Zeitraums der Rückbau vollzogen war, kann die fehlende Kenntnis der Kl. hiervon sowie die Frage, ob und wie lange ggf. bis zu einem Wohnungswechsel gewartet werden muss, dahinstehen. Insofern liegen zwingende Gründe für einen Umzug vor. Hierbei genügt es jedenfalls, wenn sich solche, die Erforderlichkeit des Umzugs begründenden Umstände, erst nachträglich ergeben (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 47e). Zu Unrecht erbrachte die Bekl. im streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt von November 2007 bis einschließlich Oktober 2009 geringere Leistungen für Unterkunft und Heizung, in der Annahme, es handele sich um die bis dahin zu tragenden Aufwendungen.
2. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ist der Beklagte daher verpflichtet, Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Dem Anspruch der Kl. steht auch nicht eine etwaige Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten entgegen, wie dies von der Bekl. vorgetragen wird. Die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten kann hier offenbleiben, da im streitigen Zeitraum die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bereits nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie hiernach als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate (vgl. BSG, Urt. v. 07.05.2009, B 14 AS 14/08 R, Rn. 28). Dies setzt zunächst die Kenntnis der Hilfebedürftigen von einer solchen Obliegenheit zur Senkung seiner KdU bzw. der Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten voraus. Vermittelt wird diese Kenntnis in der Regel durch entsprechende Hinweisschreiben der Grundsiche-rungsträger verbunden mit der Aufforderung, die Kosten zu senken. Vorliegend hat die Bekl. die Kl. jedoch weder in ihren Bescheiden noch auf andere Weise auf eine etwaige Unangemessenheit der KdU aufmerksam gemacht. Die Kürzung wurde jeweils ausschließlich mit Erwägungen zur fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs begründet. Vielmehr durften die Kl. gestützt durch den am 09.11.2006 erteilten Vermerk durch eine Mitarbeiterin der Bekl. sogar positiv von der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten ausgehen. Vor diesem Hintergrund kann auch dahingestellt bleiben, ob die in den Verwaltungsvorschriften der Bekl. zur Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten als angemessen be-zeichneten jeweiligen Mietobergrenzen den Vorgaben des BSG (vgl. Urt. v. 22.09.2009, B 14 AS 18/09 R, Rdnr. 18f.) an ein hierfür erforderliches schlüssiges Konzept genügen, woran die Kammer erhebliche Zweifel hat.
3. Die jeweils tenorierte Höhe der zu berücksichtigenden KdU ergibt sich aus der Differenz zwischen den den Kl. tatsächlich entstandenen und ihnen bewilligten Unterkunftskosten, jeweils bereinigt um die den Vorgaben des BSG (Urt. v. 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R) entsprechende Pauschale für die Kosten der Warmwasserbereitung.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten sich um die Höhe der den Klägern (Kl.) im Zeitraum vom 01.11.2007 bis 31.10.2009 zustehende Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die am 1964 geborene Kl. zu 1.) bezieht seit dem 01.01.2005 mit ihren am 2000 (Kl. zu 2.) und 1993 (Kl. zu 3.) geborenen Kindern, mit denen sie eine Bedarfsgemeinschaft bildet, Leistungen nach dem SGB II. Sie lebten zunächst bis zum 30.11.2006 in einer in einem Wohnblock in H gelegenen Wohnung der Wohnungsgesellschaft mbH H zu einer Ge-samtmiete von 448,42 EUR, bei der bereits Kosten der Warmwasserbereitung pauschal herausgerechnet sind. Nachdem die Kl. zu 1.) zunächst inoffiziell erfuhr, dass der von ihr bewohnte Wohnblock abgerissen werden sollte, suchte sie eine neue Wohnung. Diese sollte, um einen erneuten Umzug nach wiederholtem Abriss von ihr bewohnter Wohngebäudes sowie auch aus gesundheitlichen Gründen, eher ländlich gelegen sein. Am 18.10.2006 schloss sie zum 01.12.2006 einen Mietvertrag über die Wohnung K.-Str. in H/K zu einer Miete von 380,00 EUR zzgl. 150,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung ab. Die Wohnung verfügt bei einer Wohnfläche von 78,7 m² über 4 Zimmer. Anlässlich einer Vorsprache der Kl. zu 1.) bei einer Mitarbeiterin der Bekl. am 09.11.2006 bestätigte diese handschriftlich, dass die Miete laut Richtlinie der Stadt H. im angemessenen Bereich liege. Gleichzeitig wurde ihr mitgeteilt, dass ein Umzug derzeit nicht erforderlich sei, da noch keine schriftliche Abrissbestätigung vorliege. Ab dem 01.12.2006 zahlte die Kl. dann nach erfolgtem Umzug die Miete für die neue Wohnung in Höhe von insgesamt 530,00 EUR bis zum 31.12.2008 und 510,00 EUR seit dem 01.01.2009. Am 08.11.2006 traf der Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft mbH H. die Entscheidung über den Rückbau des von den Kl. zuvor bewohnten Objektes, wovon die Mieter am 02.01.2007 informiert wurden. Der Rückbau erfolgte sodann vom 22.10. bis 07.12.2007. Seit dem erfolgten Umzug bewilligte die Bekl. Leistungen auf Basis der KdU für die frühere Wohnung, da der Umzug nicht notwendig gewesen sei. Anlässlich eines abgeschlos-senen Rechtsstreites vor dem SG Dresden (S 34 AS 2544/07) verpflichtete sich die Bekl. vergleichsweise zur Zahlung von 500,00 EUR KdU im Zeitraum 01.05.-31.10.2007. Mit Bescheid vom 25.10.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009 (Zeitraum vom 01.11.2007 bis 30.04.2008, führendes Verfahren), Bescheid vom 18.04.2008 in Gestalt des Bescheides vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009 (Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2008, früheres Verfahren S 23 AS 2606/09), Bescheid vom 23.10.2008 in Gestalt des Bescheides vom 16.12.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27.02. und 20.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 (Zeitraum vom 01.11.2008 bis 30.04.2009, früheres Verfahren S 23 AS 3398/09) sowie Bescheid vom 15.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 (Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2009, früheres Verfahren S 23 AS 3398/09) bewilligte die Bekl. weiterhin lediglich Leistungen unter Berücksichtigung der in der früheren Wohnung angefallenen niedrigeren KdU in Höhe von 448,42 EUR. Der Umzug, dem auch nicht zugestimmt worden sei, sei nicht erforderlich gewesen, weshalb gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II weiterhin nur die bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen seien. Da die Kl. vom geplanten Rückbau noch keine Kenntnis gehabt haben konnten, könne dies auch nicht das Motiv für den Umzug gewesen sein. Die vorherigen Spekulationen seien nicht überzeugend, da es solche schon seit über 10 Jahren gegeben habe.
Mit den gegen die Widerspruchsbescheide am 21.04., 02.06. und 14.07.2009 erhobenen Klagen, die mit Beschluss vom 08.01.2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, wird darauf hingewiesen, dass die frühere Wohnung im ge-genständlichen Zeitraum bereits rückgebaut worden sei. Spätestens dann sei ein Umzug vorzunehmen gewesen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, für den Bewilligungszeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.10.2009 für die Kläger Kosten für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung einer um die Warmwasserpauschale bereinigten Gesamtmiete für den Zeitraum bis 31.12.2007 in Höhe von monatlich 516,32 EUR, ab Januar 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von monatlich 515,07 EUR und ab Januar 2009 in Höhe von 495,07 EUR anzuerkennen und unter Abänderung der Bescheide vom 25.10.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2009, des Bescheides vom 18.04.2008 in Gestalt des Bescheides vom 29.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009, des Bescheides vom 23.10.2008 in Gestalt des Bescheides vom 16.12.2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 27.02.2009 und 20.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 sowie des Bescheides vom 15.05.2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2009 den Klägern Kosten der Unterkunft und Heizung unter Abzug bereits gezahlter Leistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird zunächst wie in den Widerspruchsbescheiden argumentiert. Entgegen der mit gerichtlichem Hinweis vorgetragenen Auffassung könne ein wichtiger Grund für den Auszug auch nicht nachträglich entstehen. Schließlich würden die gegenständlichen KdU der Kl. auch nicht nach der bis zum 31.12.2008 geltenden Verwaltungsvorschrift zur Gewährung von KdU der Stadt H. im angemessenen Bereich liegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die im Tenor näher bezeichneten Bescheide der Beklagten in Gestalt der Widerspruchsbescheide sind hinsichtlich des geltend gemachten Differenzbetrages rechtswidrig und verletzen die Kl. in ihren Rechten. Sie haben einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlich entstandenen KdU unter Berücksichtigung der jeweiligen Pauschale für die Warmwasserbereitung, die bereits in der Regelleistung enthalten ist. Die Kl., die unstreitig erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne von § 7 SGB II sind, haben für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhaltes nach dem SGB II. Dieser umfasst dem Grunde nach gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind.
1. Entgegen der Ansicht der Bekl. sind die zu übernehmenden KdU nicht nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) auf die Höhe der vor dem Umzug zu übernehmenden Aufwendungen begrenzt. Danach werden, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Da der Umzug der Kl. nach dem 31. Juli 2006 erfolgt ist, ist der zeitliche Anwendungsbereich dieser Regelung eröffnet. Mit dem Umzug der Kläger erhöhten sich die monatlichen Unterkunftskosten von 448,42 EUR auf 530,00 bzw. 510,00 EUR. Eine Zusicherung zur Übernahme der höheren Unterkunftskosten liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere erfolgte anlässlich des Gesprächs der Kl. zu 1.) mit der Bekl. am 09.11.2006 gerade keine Zusicherung der Notwendigkeit des Umzugs. Die Einholung der vorherigen Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II ist indes keine Anspruchsvoraussetzung, sondern hat die Bedeutung einer Obliegenheit, deren Verletzung keine Auswirkungen hat, wenn der Umzug gem. § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2007, Az. L 10 B 854/07 AS ER). Daher kommt es nicht darauf an, dass die Zusicherung hier nicht erteilt wurde. Der Umzug der Kläger war jedenfalls wegen des vor Beginn des gegenständlichen Zeitraums durchgeführten Rückbaus der früheren Wohnung erforderlich. Eine Definition, wann ein Umzug "erforderlich" ist, enthält das Gesetz nicht. Derselbe Begriff wird jedoch in § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II im Rahmen der Regelung über die Zusicherung verwendet. Daher ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in beiden Fällen von den gleichen Grundsätzen ausgeht (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rdnr. 47d; Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 45). Maßgeblich ist danach, ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen (Berlit, a.a.O., Rdnr. 76; Gerenkamp in Mergler/Zink, SGB II, Stand August 2007, § 22 Rdnr. 21b; OVG Lüne-burg FEVS 36, 291 zum Bundessozialhilfegesetz). Dafür sprechen auch die in der amtlichen Begründung zur Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (BT-Drucks. 16/1410 S. 23 zu Nummer 21) genannten Beispiele eines erforderlichen Umzugs: Umzug zur Eingliederung in Arbeit, aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen. Mehr oder minder nachvollziehbare Gründe unterhalb der Erforderlichkeitsschwelle rechtfertigen auch geringfügige Mehrkosten nicht (Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 45). Die Voraussetzung der Erforderlichkeit kann nicht dazu dienen, einen Umzug auszuschließen, der gewollt ist, und für den objektive Gründe von Gewicht sprechen. Ob ein solcher Grund vorliegt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Sauer in Jahn, SGB II, § 22 Rdnr 41). Hier ist er gegeben. Nach Überzeugung der Kammer begründet schon die Entscheidung des früheren Vermieters zum Rückbau des Mietobjektes vom 08.11.2006 objektiv die Erforderlichkeit eines Umzugs. Unter Berücksichtigung dessen, dass vorliegend bereits zu Beginn des streitigen Zeitraums der Rückbau vollzogen war, kann die fehlende Kenntnis der Kl. hiervon sowie die Frage, ob und wie lange ggf. bis zu einem Wohnungswechsel gewartet werden muss, dahinstehen. Insofern liegen zwingende Gründe für einen Umzug vor. Hierbei genügt es jedenfalls, wenn sich solche, die Erforderlichkeit des Umzugs begründenden Umstände, erst nachträglich ergeben (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 47e). Zu Unrecht erbrachte die Bekl. im streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt von November 2007 bis einschließlich Oktober 2009 geringere Leistungen für Unterkunft und Heizung, in der Annahme, es handele sich um die bis dahin zu tragenden Aufwendungen.
2. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ist der Beklagte daher verpflichtet, Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Dem Anspruch der Kl. steht auch nicht eine etwaige Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten entgegen, wie dies von der Bekl. vorgetragen wird. Die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten kann hier offenbleiben, da im streitigen Zeitraum die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bereits nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie hiernach als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate (vgl. BSG, Urt. v. 07.05.2009, B 14 AS 14/08 R, Rn. 28). Dies setzt zunächst die Kenntnis der Hilfebedürftigen von einer solchen Obliegenheit zur Senkung seiner KdU bzw. der Unangemessenheit seiner Unterkunftskosten voraus. Vermittelt wird diese Kenntnis in der Regel durch entsprechende Hinweisschreiben der Grundsiche-rungsträger verbunden mit der Aufforderung, die Kosten zu senken. Vorliegend hat die Bekl. die Kl. jedoch weder in ihren Bescheiden noch auf andere Weise auf eine etwaige Unangemessenheit der KdU aufmerksam gemacht. Die Kürzung wurde jeweils ausschließlich mit Erwägungen zur fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs begründet. Vielmehr durften die Kl. gestützt durch den am 09.11.2006 erteilten Vermerk durch eine Mitarbeiterin der Bekl. sogar positiv von der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten ausgehen. Vor diesem Hintergrund kann auch dahingestellt bleiben, ob die in den Verwaltungsvorschriften der Bekl. zur Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten als angemessen be-zeichneten jeweiligen Mietobergrenzen den Vorgaben des BSG (vgl. Urt. v. 22.09.2009, B 14 AS 18/09 R, Rdnr. 18f.) an ein hierfür erforderliches schlüssiges Konzept genügen, woran die Kammer erhebliche Zweifel hat.
3. Die jeweils tenorierte Höhe der zu berücksichtigenden KdU ergibt sich aus der Differenz zwischen den den Kl. tatsächlich entstandenen und ihnen bewilligten Unterkunftskosten, jeweils bereinigt um die den Vorgaben des BSG (Urt. v. 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R) entsprechende Pauschale für die Kosten der Warmwasserbereitung.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
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