S 3 KR 19/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 19/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die versicherungsrechtliche Beurteilung der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH im Zeitraum vom 01. August 1982 bis zum 31. Januar 1998 streitig. Insbesondere ist streitig, ob die Rechtskraft des Urteils des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2008 (Az.: L 24 KR 497/06) einer erneuten Entscheidung entgegensteht.

Die 1962 geborene Klägerin ist die Tochter der letzten Geschäftsführer und Liquidatoren der Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH. Sie war im Zeitraum vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 bei der Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH tätig.

Die Firma wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 07. März 1973 vom Vater der Klägerin und dessen Bruder als Gesellschafter mit einem Stammkapital von 20.000 DM, wovon die Gesellschafter Stammeinlagen je zur Hälfte übernahmen, gegründet. Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines Schlüsselfunddienstes sowie die Vermittlung von Kundenaufträgen zur Sicherung von Türschlössern in Zentralschließanlagen. Als jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer wurden diese Gesellschafter in das Handelsregister eingetragen. Nachdem diese Gesellschafter und die Mutter der Klägerin im nicht in notarieller Form geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom 28. März 1979 geregelt hatten, dass am 30. März 1979 der Vater der Klägerin als Geschäftsführer und Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und dessen Geschäftsanteile auf die Mutter der Klägerin übergehen, wurde im September 1979 im Handelsregister eingetragen, dass der Vater nicht mehr Geschäftsführer und die Mutter - gemäß der Vereinbarung in diesem Gesellschaftsvertrag - zur weiteren Geschäftsführerin bei gemeinsamer Vertretungsbefugnis mit allen anderen Geschäftsführern bestellt ist. Nach der im April 1995 erfolgten Eintragung ins Handelsregister ist anstelle des Onkels der Klägerin nunmehr ihr Vater Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis. Am 14. Juli 1998 wurde ins Handelsregister eingetragen, dass die Firma infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse auf Grund § 1 des Gesetzes vom 09. Oktober 1934 aufgelöst ist.

Bereits im Februar 2004 stellte die Klägerin Antrag auf sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihrer o. g. Tätigkeit. Sie sei nicht an Zeit, Ort und Art ihrer weisungsfreien Tätigkeit gebunden gewesen. Mit Bescheid vom 24. Februar 2005 hatte die Beklagte festgestellt, dass es bei der Versiche-rungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung verbleibe. Die Klägerin sei als Angestellte mit einem angemessenen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien jahrelang anstandslos entrichtet worden. Weder sei die Klägerin an der GmbH beteiligt, noch deren Geschäftsführerin gewesen oder habe Prokura gehabt.

Den dagegen eingelegten Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005 zurückgewiesen.

Die dagegen am 10. Juni 2005 beim Sozialgericht P. erhobene Klage wurde mit Urteil vom 26. Oktober 2006 abgewiesen (Az.: S 7 KR 118/05). Die Klägerin habe in einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH gestanden. Sie habe eine fremdbestimmte Dienstleistung erbracht und kein Unternehmerrisiko getragen. Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 20. November 2006 zugestellte Urteil richtete sich die am 27. November 2006 eingelegte Berufung der Klägerin (Az.: L 24 KR 497/06).

Sie rügte eine unzureichende Sachverhaltsermittlung und eine einseitige Beweiswürdigung der Einzelfallumstände. Sie sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Sie hat unter anderem vorgetragen, es habe niemanden gegeben, der ihr eine betriebliche Ordnung hätte vorgeben können. Für die Annahme von Weisungsfreiheit komme es nicht darauf an, ob ein Direktivrecht rein rechtlich bestanden habe, denn hiervon sei in der Praxis kein Gebrauch gemacht worden. Während ihrer gesamten Tätigkeit habe sie keinen Urlaub in Anspruch genommen. Eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sei nicht erfolgt. Selbst bei Krankheit habe sie im Betrieb gearbeitet.

Die Klägerin hatte vor dem Landessozialgericht beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Oktober 2006 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 festzustellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Beklagte hatte vor dem Landessozialgericht beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verwies darauf, dass die Klägerin seinerzeit als Arbeitnehmerin angemeldet worden sei. Wenn deren Stellung im Betrieb tatsächlich die der Verantwortlichen gewesen sei, hätte es nahe gelegen, sie zur Geschäftsführerin zu berufen. Da dies jedoch nicht geschehen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie Kopf des Betriebes gewesen sei. Der nunmehr aufgetretene Motivwechsel hinsichtlich der Beurteilung dieser Tätigkeit könne jedenfalls nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin durchgehend bei der Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH beschäftigt gewesen sei.

Der zuständige Senat des Landessozialgerichts hat die Auskunft der Steuerberaterin M. S. vom (Eingang) 22. Mai 2007 eingeholt. Er hat außerdem Beweis erhoben durch uneidliche Verneh-mung des T. S. als Zeugen.

Mit Urteil vom 27. März 2008 hat das Landessozialgericht folgenden Tenor ausgesprochen:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Oktober 2006 geändert. Der Bescheid vom 24. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Landessozialgericht hat in seinem Urteil unter anderem wörtlich dargelegt:

"Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin Feststellung begehrt, dass sie wegen ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4 in der Zeit vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag, denn dies ist nicht bewiesen. Es ist allerdings gleichfalls nicht bewiesen, dass insoweit eine Pflichtversicherung vorlag, so dass der Bescheid vom 24. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 insoweit aufzuheben ist. Ob dieser Bescheid auch deswegen in die-sem Umfang der Aufhebung anheim fällt, weil er über den Antrag der Klägerin hinausgeht, kann offen bleiben."

Weiter hat es dargelegt:

"Diese Klage ist jedoch unbegründet, denn dass im streitigen Zeitraum vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 Versicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der
Sozialversicherung nicht bestand, ist nicht bewiesen."

Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. Juli 2008 erneut an die Beklagte gewandt und darum gebeten, erneut eine Feststellung über den Versicherungsstatus vorzunehmen. Sie hat hierzu wörtlich dargelegt:

"In der obigen Angelegenheit hat das Berufungsgericht nun eine sicherlich für alle Beteiligten etwas überraschende Entscheidung getroffen und zwar die von uns angefochtenen Bescheide aufgehoben, jedoch die von uns ebenfalls begehrte Feststellung des (nicht) versicherten Status verweigert.

Nunmehr stellt sich die Situation so dar, dass es bislang keine Feststellungen über den Versicherungsstatus der Mandanten gibt. Vorbehaltlich ihrer anderweitigen sinnvollen Maßnahmen wäre nunmehr auf den ja noch immer bestehenden, gleichwohl nicht rechtskräftig/bestandskräftig entschiedenen Feststellungsantrag der Mandantin meiner Aktenlage zufolge vom 25. November 2004 neu zu entscheiden."

Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 mitgeteilt, über den Feststellungsantrag habe das Landessozialgericht schon entschieden. Denn es habe den angefochtenen Bescheid nur teilweise aufgehoben. Es bestehe daher kein Rechtsschutzbedürfnis für eine
erneute Entscheidung. Neue Tatsachen seien im Übrigen nicht vorgetragen worden.

Mit Bescheid vom 08. September 2008 lehnte die Beklagte eine neue Entscheidung ab. Zur Begründung legte sie dar, sie sehe keine Gründe und Veranlassung für ein neues Verwaltungsverfahren. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe nicht.

Die Klägerin erhob am 18. November 2008 Widerspruch und trug zur Begründung vor, die Auffassung der Beklagten sei rechtlich nicht haltbar. Sie sei auch willkürlich. Die Beklagte bekunde hier eine Verweigerungshaltung, obwohl die angefochtenen Bescheide aufgehoben worden seien. Sie solle unverzüglich eine neue Sachentscheidung vornehmen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2008 als unbegründet zurück. Sie legte dazu dar, die Klägerin habe keinen Anspruch auf erneute Be-scheidung des Antrags vom 23. Februar 2005. Der Antrag vom 23. Februar 2005 lautete
festzustellen, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht unterlag. Das LSG habe aber den Antrag auf Feststellung zurückgewiesen, sodass kein Rechtsschutzbedürfnis zu einer erneuten Feststellung der "Nichtversicherungspflicht" bestehe.

Mit ihrer beim Sozialgericht P. am 14. Januar 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie stellt erneut einen Antrag auf Feststellung, dass sie nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung im streitigen Zeitraum unterlag (Klageschriftsatz vom 14. Januar 2009). Im Übrigen legt sie nach einem richterlichen Hinweis dar, die Rechtskraft des Landessozialgerichtes stelle kein Zulassungshindernis dar. Die materielle Rechtskraft bei abgewiesener negativer Feststellungsklage betreffe eigentlich die positive Feststellung. Diese habe das Landessozialgericht jedoch mit der Aufhebung des Bescheides ausgeschlossen. Es sei nur die Möglichkeit der Feststellung des Fehlens der Versicherungspflicht verneint worden. Es gebe gerade keine Feststellung, dass Versicherungspflicht bestehe. Im Übrigen stünde § 44 SGB X der Rechtskraft von Urteilen sowieso entgegen. Die Bescheide der Beklagten besagten, es bestehe kein Anspruch auf erneute Bescheidung. Das LSG habe jedoch nur gesagt, dass die Beklagte nicht die Sozialversicherungspflicht feststellen konnte. Die Beklagte müsse daher über die Nichtversicherungspflicht erneut bescheiden. Sie habe über den ursprünglichen Antrag die Feststellung der Nichtversicherungspflicht nicht entschieden, da das Landessozialgericht weder endgültig noch vorbehaltlos gewesen sei. Insbesondere, da im Termin der Hinweis erteilt worden sei, dass man sich nochmals an die Beklagte zu wenden habe, müsse die Beklagte erneut entscheiden. Zu unterstellen, das Landessozialgericht habe das Fehlen der Versicherungspflicht verneint, werde der Entscheidung nicht gerecht. Die Aufhebung eines die Versicherungspflicht feststellenden Bescheides als rechtswidrig unter gleichzeitiger Feststellung der Versicherungspflicht wäre widersprüchlich und schon daher nicht rechtskraftfähig, allzumal nach der Ausgestaltung des Gesetzes entweder die Versiche-rungspflicht vorliege oder nicht. Eine Grauzone sei mithin – auch angesichts der Schutzbedürftigkeit des betroffenen Bürgers insoweit und der weit reichenden Folgen, die mit dem versicherungsrechtlichen Status verbunden seien – ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt,

1. Der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma Ch. Schlüsselfunddienst B. GmbH, in der Zeit vom 1. August 1982 bis zum 31. Januar 1998 nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihren Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte zum Aktenzeichen S 7 KR 118/05 bzw. L 24 KR 497/06, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß erhobene Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 08. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Denn ihrem Klageantrag auf Feststellung, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma Schlüsselfunddienst B. in der Zeit vom 01. August 1982 bis zum 31. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag, steht die Rechtskraft des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg vom 27. März 2008 (Az.: L 24 KR 497/06) gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG entgegen.

Rechtskräftige Urteile binden gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Im Interesse der
Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens - zweier Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips - darf eine sachlich abweichende Entscheidung zwischen denselben Beteiligten nicht mehr ergehen (vgl. BSG SozR 1500 § 78 Nr 16 S 25; BSGE 83, 171, 172 = SozR 3-3100 § 7 Nr 5 S 16; BSG SozR 3-1500 § 141 Nr 6 S 7). Die Rechtskraft schafft hierzu ein in jeder Verfahrenslage - auch im Revisionsverfahren - von Amts wegen zu beachtendes Hindernis für eine erneute ge-richtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits bindend entschieden worden ist. Diese Bindungswirkung gilt nicht nur für die Beteiligten, sondern erfasst auch die Gerichte in einem späteren Prozess dieser Beteiligten über denselben Gegenstand (vgl BSGE 8, 185, 191; BSG, Beschluss vom 3.3.2000 - B 2 U 4/00 B - juris, dort RdNr 7; ebenso BVerwG Buchholz 310 § 121 VwGO Nr 70 S 6 = NJW 1996, 737, 738, mwN).

Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden, denn im Verfahren L 24 KR 497/06 hatte die Klägerin, wie im jetzigen Gerichts –und Verwaltungsverfahren neben der Aufhebung der Bescheide der Beklagten auch die Feststellung, dass sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit bei der Firma Schlüsselfunddienst B. in der Zeit vom 01. August 1982 bis zum 31. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten –und Arbeitslosenversicherung unterlag, begehrt.

Das Landessozialgericht hat daher im Verfahren nicht nur über eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), sondern gleichzeitig über eine Klage auf Feststellung entschieden, ob die begehrte Feststellung, dass die Klägerin im Rahmen Ihrer Tätigkeit bei der Firma Schlüsselfunddienst B. in der Zeit vom 01. August 1982 bis zum 31. Januar 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten –und Arbeitslosenversicherung unterlag, zu treffen war. Das Landessozialgericht hat die begehrte Feststellung im Urteil vom 27. März 2008 gerade verneint, indem es die Bescheide der Beklagten zwar aufhob, jedoch im Übrigen die Berufung zurückwies. Denn das Landessozialgericht konnte gerade unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Rechtsstreits nicht die sichere Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin nicht versicherungspflichtig war (vgl. Seite 23 des Urteils). Das LSG hat daher auch vermerkt, dass die Berufung daher im Wesentlichen erfolglos bleiben musste, so wie auch in der Kostenentscheidung zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Klägerin mit ihren – damaligen – und gleich lautenden jetzigen Begehren, dass sie nicht versicherungspflichtig beschäftigt war, nicht durchgedrungen ist.

Dieses Urteil des Landessozialgerichts ist formell und materiell rechtskräftig. Selbst wenn diese materielle Rechtskraft sich für den Feststellungsantrag nicht aus der Urteilsformel ergeben würde, ergebe sie sich aus den Urteilsgründen, die zur Feststellung des Umfanges der Rechtskraft heranzuziehen sind (Peters/Sautter/ Wolff, aa0 § 141 Anm 3b bb; Meyer-Ladewig, aa0, § 141 Anm 7 und z.B. BSG 2. Senat, Urteil vom 28.06.1984; Az.: 2 RU 64/83).

Dass die Klägerin meint, das Landessozialgericht habe die Bescheide über den Feststellungsantrag der Klägerin im vorhergehenden Verfahren aufgehoben und es lägen daher keine Bescheide zur Beurteilung der Versicherungs- oder Nichtversicherungspflicht vor, so dass eine Rechtskraft nicht entgegenstünde, führt zu keiner anderen Entscheidung im Rechtsstreit.

Denn das Landessozialgericht hat gerade den Feststellungsantrag der Klägerin, festzustellen, dass sie im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht zur Gesamtsozialversicherung unterlag, abgelehnt und insoweit die Klage insgesamt abgewiesen.

Das Landessozialgericht hat hierzu wörtlich dargelegt:

"Diese Klage ist jedoch unbegründet, denn dass im streitigen Zeitraum vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 Versicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der
Sozialversicherung nicht bestand, ist nicht bewiesen."

Das Landessozialgericht hat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, einschließlich des Vortrags der Beteiligten, nicht die Überzeugung erlangen können, dass die Klägerin im Zeitraum vom 01. August 1982 bis 31. Januar 1998 bei der Firma Schlüsselfunddienst B. GmbH nicht beschäftigt war.

Das Landessozialgericht hat hierzu weiter wörtlich dargelegt:

"In Würdigung des Gesamtergebnisses des Rechtsstreits vermag der Senat nicht die sichere Überzeugung zu gewinnen, dass die Klägerin nicht versicherungspflichtig war. Da es an einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage fehlt, ist aber gleichfalls eine sichere Überzeugungsbildung dahingehend, dass die Klägerin versicherungspflichtig war, ebenfalls ausgeschlossen, so dass der angefochtene Bescheid jedenfalls insoweit aufzuheben ist.

"Die Berufung muss somit im Wesentlichen erfolglos bleiben."

Damit hat aber das Landessozialgericht über den streitigen Anspruch der Klägerin und ihren auch immer entsprechend gleichlautenden Antrag, das Nichtvorliegen von Versicherungspflicht festzustellen, rechtskräftig und auch für das erkennende Gericht im Rahmen der Rechtskraft bindend entschieden.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass natürlich das Interesse der Betroffenen an einer gültigen Feststellung der Versicherungs- oder der Nichtversicherungspflicht grundsätzlich sehr stark und ausgeprägt und von wichtiger Bedeutung ist. Die vorliegende Fallgestaltung ist aber hinsichtlich eines auf das konkrete Versicherungsverhältnis bezogene Feststellungsinteresses abweichend zu beurteilen.

Denn die Klägerin hat im Rahmen ihres Antragsverfahrens aus dem Jahre 2005 für einen weit zurückliegenden Zeitraum von 1982 bis 1998 eine rückwirkende Feststellung begehrt.

Unabhängig davon, dass das Landessozialgericht alles zur Aufklärung des tatsächlichen Sach-verhalts Mögliche und Notwendige versucht hat, was insbesondere wegen der fehlenden Unterlagen, die die Klägerin gerade nicht vorlegen konnte, problematisch gewesen ist, konnte das Landessozialgericht gerade eine andere und zwar die von der Klägerin begehrte Feststellung nicht treffen.

Dies bedeutet nach den Grundsätzen der Beweislast, dass die Klägerin, die aus der nachträglichen Beurteilung ihres Versicherungsverhältnisses als nichtversicherungspflichtig rechtliche Vorteile z. B. hinsichtlich einer Beitragserstattung herleiten will, gerade nicht beweisen konnte.

Ausgehend davon trägt die Klägerin auch das Risiko der Nichterweislichkeit des Nichtvorliegens der Versicherungspflicht.

Da aber das Verhältnis der Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit im streitigen Zeitraum von der Klägerin und ihrem Arbeitgeber als versicherungspflichtiges Verhältnis behandelt worden ist, und das Landessozialgericht gerade nicht das Gegenteil feststellen konnte, muss es bei den ursprünglich für das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum der Beschäftigung gelebten Versicherungspflicht bleiben, unabhängig davon, ob die Beklagte dies nachträglich feststellen konnte oder durfte.

Zu diesem Ergebnis kommt es überhaupt nur wegen der nachträglich für lange vergangene Zeiträume begehrten Überprüfung, die regelmäßig mit dem Antrag auf Vorliegen eines Verhältnisses mit einer "Nichtversicherungspflicht" gerichtet ist.

Wenn sich diese "Nichtversicherungspflicht" jedoch nicht beweisen lässt, geht das Risiko der Nichterweislichkeit zu Lasten der Klägerin und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich Versicherungspflicht festgestellt werden kann, die im Übrigen nachträglich, wegen der bereits gelebten und in der Vergangenheit auch so durchgeführten Versicherungspflicht, nur eine Bestätigung des bisherigen Zustandes gewesen wäre.

Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, dass das Landessozialgericht die Bescheide, soweit sie eine Versicherungspflicht festgestellt haben, aufgehoben hat.

Die Kammer geht im Übrigen auch im Einklang mit den Bescheiden der Beklagten davon aus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis an einer erneuten Feststellung der Nichtversicherungspflicht wegen des oben Dargelegten gerade nicht besteht.

Denn die rein losgelöste Betrachtung, ob Versicherungspflicht vorliegt oder nicht, lässt schon erhebliche Zweifel hinsichtlich des Rechtsschutzinteresses entstehen, soweit – wie hier – ein weit zurückliegender Zeitraum, der auch außerhalb der Verjährungsfristen liegt, beurteilt werden soll.

Nur das "Bestehen" von "Nichtversicherungspflicht" könnte überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis bei der Klägerin begründen. Das Nichtvorliegen von Nichtversicherungspflicht konnte das Landessozialgericht gerade nicht feststellen. Insoweit wird ebenfalls nochmals auf das Urteil des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Nach alldem war die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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