Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AL 110/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 6/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 29/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).
Der am 00.00.1945 geborene Kläger war vom 04.03.1987 bis 31.07.2007 bei der Fa. N GmbH als Schlosser beschäftigt. Die Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Monatsende. Am 28.11.2006 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Es wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2007 endet. Für den Verlust des Arbeitsplatzes verpflichtete sich der Arbeitgeber an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 35.000,00 EUR zu zahlen. Gleichzeitig wurde der Kläger in dem Vertrag über die Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit bei Beendigung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen. Der Vertrag wies darauf hin, dass eine Personalreduzierung aufgrund des verringerten Arbeitsaufkommens angezeigt sei. Die Eigenproduktion sei durch Zukäufe aus China ersetzt worden. Ohne Personalreduzierung sei eine Aufrechterhaltung des Betriebes nicht möglich. Nach Abschluss dieses Vertrages meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. Mit Bescheid vom 12.01.2007 stellte die Beklagte vom 01.02.2007 bis 25.04.2007 eine Sperrzeit fest. Durch Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Unerheblich sei, von wem die Initiative zum Abschluss des Vertrages ausgegangen sei. Maßgebend sei, dass der Vertrag ohne die Zustimmung des Klägers nicht zustande gekommen wäre. Einen wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger nicht gehabt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Mit der am 26.03.2007 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und ausgeführt, die Arbeitsmöglichkeit bei der Fa. N GmbH sei ersatzlos weggefallen. Der ehemalige Arbeitgeber habe nicht mehr produziert, sondern einen Handel betrieben. Für den Abschluss eines Vertrages habe es einen wichtigen Grund gegeben. Sein Arbeitsplatz sei weggefallen und er wäre ansonsten fristgemäß betriebsbedingt gekündigt worden. Es habe aus seiner Sicht die Gefahr bestanden, dass die Firma Insolvenz anmelde. In dem Fall hätte er gar keine Zahlung erhalten.
Der Kläger hat mit seiner Klage zwei unterschiedliche Sperrzeitbescheide vom 12.01.2007, jeweils in Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007, angefochten. Das Gericht hat aus diesem Grund das Verfahren getrennt. Auf Anfrage des Gerichts hat Herr Q, Personalsachbearbeiter bei der Fa. N , für den Arbeitgeber ausgeführt, ihm liege kein Arbeitsvertrag mehr vor. Der Kläger habe in der Firma Schlosserarbeiten ausgeübt. Das Beschäftigungsverhältnis habe am 31.01.2007 durch Aufhebungsvertrag geendet. Durch die Einstellung der Produktion hätten sie keine Beschäftigung mehr für den Kläger gehabt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2007 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Q mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 27.11.2008 ersichtlichen Ergebnis. Sodann hat es die Klage mit Urteil vom 27.11.2008 abgewiesen: Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. SGB III lägen vor. Der Kläger habe durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages sein Beschäftigungsverhältnis vorzeitig aufgelöst. Ein wichtiger Grund hierfür habe ihm nicht zur Seite gestanden. Der Kläger habe nicht mit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen müssen. Der Zeuge habe ausgesagt, dem Kläger sei eine fristgerechte ordentliche Kündigung nicht angedroht worden. Vielmehr habe er sich zum Abschluss des Vertrages bereit erklärt, weil er gesehen habe, dass keine Arbeit mehr für ihn bei der Firma gewesen sei. Zwar habe der Zeuge auch ausgesagt, eine Umsetzungsmöglichkeit für den Kläger habe aufgrund der Größe des Betriebes nicht bestanden, so dass er Hilfstätigkeiten hätte übernehmen müssen. Von daher hätte dem Kläger zumindest längerfristig eine Umsetzung auf einen sozial geringer bewerteten Arbeitsplatz gedroht, woraus sich eine Rechtfertigung für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dem Grunde nach ergebe. Allerdings hätten diese Umstände nicht zum Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses bestanden.
Gegen das dem Kläger am 16.01.2009 zugestellte Urteil richtet sich seine am 13.02.2009 eingelegte Berufung. Der Kläger meint, das Sozialgericht habe die Aussage des Zeugen Q falsch ausgelegt. Dieser habe klar mitgeteilt, dass aufgrund der Wettbewerbssituation mit chinesischen Firmen die Kettenproduktion um 80% reduziert worden sei. Der Kläger als Schlosser könne nur Ketten produzieren. Der Zeuge habe dem Kläger gesagt, dass alle übrigen Arbeitnehmer den Abfindungsvertrag unterschrieben haben und deshalb keine fristgemäße ordentliche Kündigung habe ausgesprochen werden müssen. Wenn man den Kläger den Hof hätte fegen lassen, wäre dies "Mobbing" gewesen. Für ihn sei kein Arbeitsplatz mehr vorhanden gewesen. Insofern habe dem Kläger ein wichtiger Grund zur Seite gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2008 zu ändern und den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Landessozialgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch (erneute) Vernehmung des Zeugen Q. Der Kläger hat erklärt, dass vor Abschluss des Aufhebungsvertrages die Firma ihm gegenüber nicht mitgeteilt habe, was passiere, wenn er den Vertrag nicht unterschreiben würde. Er habe gedacht, die Firma ginge den Bach runter und dann würde er nichts bekommen. Insofern sei für ihn wichtig gewesen, den Vertrag, in welchem eine Abfindung festgeschrieben worden sei, abzuschließen. Der Zeuge hat ausgesagt, dass 2006 diverse Aufhebungsverträge mit Abfindungen geschlossen worden seien. Etwa vier bis fünf Wochen zuvor sei der Kläger auf die Situation hingewiesen worden, dass keine Beschäftigung mehr für ihn vorliege, aber eine Abfindung gezahlt werde. Es sei dann über die Höhe verhandelt worden. Es sei nicht darüber gesprochen worden, was passiere, wenn der Kläger den Vertrag nicht unterschreibe. Nach Ansicht des Zeugen sei dem Kläger vermutlich gegebenenfalls gekündigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der beigezogenen Verfahrensakten des Sozialgerichts Dortmund S 28 AL 167/07, S 28 AL 154/07, S 28 AL 256/07 hingewiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Kläger ist nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es ist im Zeitraum 01.02.2007 bis 25.04.2007 eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III eingetreten.
Der Kläger hat grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld ohne Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III nach § 127 Abs. 2 SGB III. Das Sozialgericht hat hier jedoch zu Recht erkannt, dass der Kläger durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich seine Arbeitlosigkeit herbeigeführt hat (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Zutreffend ist auch, dass die Sperrzeit mit dem Tag der Beschäftigungslosigkeit, hier also dem Tag der Freistellung am 01.02.2007 eingetreten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R -).
Der Kläger hatte für sein Verhalten auch keinen wichtigen Grund.
Ein wichtiger Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, dann vor, wenn dem Betroffenen zum gleichen Zeitpunkt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung gedroht hätte und sich der Betroffene nicht arbeitsrechtlich gegen die angedrohte Kündigung hätte wehren können (BSG, Urteil vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R -).
Hiervon geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht unter Würdigung der erst- und zweitinstanzlichen Beweisaufnahme aber nicht aus. Insbesondere unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Q hätte dem Kläger zum Zeitpunkt des Abschluss des Aufhebungsvertrages keine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung gedroht.
Der Senat verkennt nicht, dass aufgrund der Wettbewerbssituation mit chinesischen Firmen die Kettenproduktion um 80% reduziert worden sei und der Kläger als Schlosser nur Ketten produzieren konnte. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fordert jedoch zusätzlich, dass dem Arbeitnehmer das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung nicht zuzumuten war (BSG, Urteile vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R -, vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R - sowie vom 02.09.2004 - B 7 AL 18/04 R -).
Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer nach den genannten Entscheidungen im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, eine Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen. Solche Umstände können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt zumindest droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst und durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben. Derartige Anhaltspunkte, dass die mit einer Kündigung typischerweise eintretenden Nachteile gerade nicht eingetreten sind, sieht der Senat hier nicht als gegeben an.
Allein in der Zahlung einer Abfindung kann auch kein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gesehen werden (LSG NRW, Urteil vom 17.12.2001 - L 1 AL 32/01 -). Sowohl die Beweisaufnahme in der ersten Instanz als auch die Beweisaufnahme in der zweiten Instanz hat ergeben, dass der Kläger hier zum Zeitpunkt der Schließung des Aufhebungsvertrages (noch) nicht mit einer ordentlichem betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen musste.
Der Zeuge Q hat ausgesagt, dass dem Kläger eine fristgerechte ordentliche Kündigung nicht angedroht worden sei. Diese Aussage ist von dem Kläger innerhalb der Anhörung auch so bestätigt worden. Der Kläger habe den Aufhebungsvertrag abgeschlossen, weil er gesehen habe, dass keine Arbeit mehr für ihn bei der Fa. N GmbH vorhanden gewesen sei.
Dem Kläger steht auch kein wichtiger Grund unter Berücksichtigung seines Berufsschutzes zur Seite. Das Bundessozialgericht erkennt dies als wichtigen Grund an, wenn ein Verbleiben bei dem Arbeitgeber mit einem Wechsel auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz und gegebenenfalls mit einer Minderung des Arbeitsentgelts verbunden gewesen wäre (BSG, Urteil vom 13.08.1986 - B 7 Rar 1/86 -).
Der Senat weist darauf hin, dass diese Konstellation unter Umständen dann erfüllt gewesen wäre, wenn man dem Kläger bei Weigerung des Vertragsabschlusses gedroht hätte, er müsse Hilfsarbeiten verrichten wie zum Beispiel den Hof der Firma fegen. Die Beweisaufnahme hat jedoch unzweifelhaft ergeben, dass dieser Umstand gerade nicht bei Vertragsabschluss vorlag. Diese Tatsache ergibt sich sowohl aus der Anhörung des Klägers als auch aus der Aussage des Zeugen Q. Beide bestätigen, dass hierüber nicht gesprochen worden ist und dies auch nicht Anlass des Vertragsabschlusses war. Von daher war es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände auch zuzumuten, das vertraglich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses abzuwarten.
Nach Ansicht des Senats in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht kann ein wichtiger Grund für die vorzeitige Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls nicht in dem Umstand gesehen werden, dass aus Sicht des Klägers die Gefahr einer Insolvenz bestand.
Tatsachen, die für die Gefahr einer Insolvenz hätten sprechen können, konnte der Senat nicht feststellen. Der Zeuge Q hat bekundet, dass die Firma nicht in die Insolvenz gefallen wäre, wenn der Kläger und andere Mitarbeiter die Aufhebungsverträge nicht unterschrieben hätten. Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise Gerüchten im Betrieb Glauben schenkte, ist rechtlich unerheblich. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund dem Kläger für sein Verhalten zur Seite steht, sind die objektiven Gegebenheiten (BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 100/01 R -). Der Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, nämlich die Versichertengemeinschaft vor Risikofälle und Manipulationsversuchen zu schützen, die der Arbeitslose selbst zu vertreten hat, kann nur über eine typisierende Betrachtungsweise erreicht werden. Von daher steht eine subjektive, kaum überprüfbare Betrachtungsweise mit dieser im Widerspruch und ist für die Bewertung unerheblich.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger in Kenntnis der Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit den Auflösungsvertrag mit der Fa. N GmbH abgeschlossen hat. Diese Tatsache ergibt sich aus dem Auflösungsvertrag der Parteien selbst. Dort wird ausdrücklich auf die Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit bei Beendigung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen.
Nach alledem war ein Verbleiben bei dem Arbeitgeber dem Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Somit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).
Der am 00.00.1945 geborene Kläger war vom 04.03.1987 bis 31.07.2007 bei der Fa. N GmbH als Schlosser beschäftigt. Die Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Monatsende. Am 28.11.2006 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Es wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2007 endet. Für den Verlust des Arbeitsplatzes verpflichtete sich der Arbeitgeber an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 35.000,00 EUR zu zahlen. Gleichzeitig wurde der Kläger in dem Vertrag über die Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit bei Beendigung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen. Der Vertrag wies darauf hin, dass eine Personalreduzierung aufgrund des verringerten Arbeitsaufkommens angezeigt sei. Die Eigenproduktion sei durch Zukäufe aus China ersetzt worden. Ohne Personalreduzierung sei eine Aufrechterhaltung des Betriebes nicht möglich. Nach Abschluss dieses Vertrages meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. Mit Bescheid vom 12.01.2007 stellte die Beklagte vom 01.02.2007 bis 25.04.2007 eine Sperrzeit fest. Durch Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Unerheblich sei, von wem die Initiative zum Abschluss des Vertrages ausgegangen sei. Maßgebend sei, dass der Vertrag ohne die Zustimmung des Klägers nicht zustande gekommen wäre. Einen wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe der Kläger nicht gehabt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Mit der am 26.03.2007 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und ausgeführt, die Arbeitsmöglichkeit bei der Fa. N GmbH sei ersatzlos weggefallen. Der ehemalige Arbeitgeber habe nicht mehr produziert, sondern einen Handel betrieben. Für den Abschluss eines Vertrages habe es einen wichtigen Grund gegeben. Sein Arbeitsplatz sei weggefallen und er wäre ansonsten fristgemäß betriebsbedingt gekündigt worden. Es habe aus seiner Sicht die Gefahr bestanden, dass die Firma Insolvenz anmelde. In dem Fall hätte er gar keine Zahlung erhalten.
Der Kläger hat mit seiner Klage zwei unterschiedliche Sperrzeitbescheide vom 12.01.2007, jeweils in Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007, angefochten. Das Gericht hat aus diesem Grund das Verfahren getrennt. Auf Anfrage des Gerichts hat Herr Q, Personalsachbearbeiter bei der Fa. N , für den Arbeitgeber ausgeführt, ihm liege kein Arbeitsvertrag mehr vor. Der Kläger habe in der Firma Schlosserarbeiten ausgeübt. Das Beschäftigungsverhältnis habe am 31.01.2007 durch Aufhebungsvertrag geendet. Durch die Einstellung der Produktion hätten sie keine Beschäftigung mehr für den Kläger gehabt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2007 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Q mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 27.11.2008 ersichtlichen Ergebnis. Sodann hat es die Klage mit Urteil vom 27.11.2008 abgewiesen: Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Sperrzeit im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. SGB III lägen vor. Der Kläger habe durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages sein Beschäftigungsverhältnis vorzeitig aufgelöst. Ein wichtiger Grund hierfür habe ihm nicht zur Seite gestanden. Der Kläger habe nicht mit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen müssen. Der Zeuge habe ausgesagt, dem Kläger sei eine fristgerechte ordentliche Kündigung nicht angedroht worden. Vielmehr habe er sich zum Abschluss des Vertrages bereit erklärt, weil er gesehen habe, dass keine Arbeit mehr für ihn bei der Firma gewesen sei. Zwar habe der Zeuge auch ausgesagt, eine Umsetzungsmöglichkeit für den Kläger habe aufgrund der Größe des Betriebes nicht bestanden, so dass er Hilfstätigkeiten hätte übernehmen müssen. Von daher hätte dem Kläger zumindest längerfristig eine Umsetzung auf einen sozial geringer bewerteten Arbeitsplatz gedroht, woraus sich eine Rechtfertigung für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dem Grunde nach ergebe. Allerdings hätten diese Umstände nicht zum Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses bestanden.
Gegen das dem Kläger am 16.01.2009 zugestellte Urteil richtet sich seine am 13.02.2009 eingelegte Berufung. Der Kläger meint, das Sozialgericht habe die Aussage des Zeugen Q falsch ausgelegt. Dieser habe klar mitgeteilt, dass aufgrund der Wettbewerbssituation mit chinesischen Firmen die Kettenproduktion um 80% reduziert worden sei. Der Kläger als Schlosser könne nur Ketten produzieren. Der Zeuge habe dem Kläger gesagt, dass alle übrigen Arbeitnehmer den Abfindungsvertrag unterschrieben haben und deshalb keine fristgemäße ordentliche Kündigung habe ausgesprochen werden müssen. Wenn man den Kläger den Hof hätte fegen lassen, wäre dies "Mobbing" gewesen. Für ihn sei kein Arbeitsplatz mehr vorhanden gewesen. Insofern habe dem Kläger ein wichtiger Grund zur Seite gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.11.2008 zu ändern und den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Landessozialgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch (erneute) Vernehmung des Zeugen Q. Der Kläger hat erklärt, dass vor Abschluss des Aufhebungsvertrages die Firma ihm gegenüber nicht mitgeteilt habe, was passiere, wenn er den Vertrag nicht unterschreiben würde. Er habe gedacht, die Firma ginge den Bach runter und dann würde er nichts bekommen. Insofern sei für ihn wichtig gewesen, den Vertrag, in welchem eine Abfindung festgeschrieben worden sei, abzuschließen. Der Zeuge hat ausgesagt, dass 2006 diverse Aufhebungsverträge mit Abfindungen geschlossen worden seien. Etwa vier bis fünf Wochen zuvor sei der Kläger auf die Situation hingewiesen worden, dass keine Beschäftigung mehr für ihn vorliege, aber eine Abfindung gezahlt werde. Es sei dann über die Höhe verhandelt worden. Es sei nicht darüber gesprochen worden, was passiere, wenn der Kläger den Vertrag nicht unterschreibe. Nach Ansicht des Zeugen sei dem Kläger vermutlich gegebenenfalls gekündigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der beigezogenen Verfahrensakten des Sozialgerichts Dortmund S 28 AL 167/07, S 28 AL 154/07, S 28 AL 256/07 hingewiesen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Kläger ist nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es ist im Zeitraum 01.02.2007 bis 25.04.2007 eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III eingetreten.
Der Kläger hat grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld ohne Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III nach § 127 Abs. 2 SGB III. Das Sozialgericht hat hier jedoch zu Recht erkannt, dass der Kläger durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich seine Arbeitlosigkeit herbeigeführt hat (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Zutreffend ist auch, dass die Sperrzeit mit dem Tag der Beschäftigungslosigkeit, hier also dem Tag der Freistellung am 01.02.2007 eingetreten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R -).
Der Kläger hatte für sein Verhalten auch keinen wichtigen Grund.
Ein wichtiger Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, dann vor, wenn dem Betroffenen zum gleichen Zeitpunkt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung gedroht hätte und sich der Betroffene nicht arbeitsrechtlich gegen die angedrohte Kündigung hätte wehren können (BSG, Urteil vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R -).
Hiervon geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht unter Würdigung der erst- und zweitinstanzlichen Beweisaufnahme aber nicht aus. Insbesondere unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Q hätte dem Kläger zum Zeitpunkt des Abschluss des Aufhebungsvertrages keine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung gedroht.
Der Senat verkennt nicht, dass aufgrund der Wettbewerbssituation mit chinesischen Firmen die Kettenproduktion um 80% reduziert worden sei und der Kläger als Schlosser nur Ketten produzieren konnte. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fordert jedoch zusätzlich, dass dem Arbeitnehmer das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung nicht zuzumuten war (BSG, Urteile vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R -, vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R - sowie vom 02.09.2004 - B 7 AL 18/04 R -).
Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer nach den genannten Entscheidungen im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, eine Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen. Solche Umstände können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt zumindest droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst und durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben. Derartige Anhaltspunkte, dass die mit einer Kündigung typischerweise eintretenden Nachteile gerade nicht eingetreten sind, sieht der Senat hier nicht als gegeben an.
Allein in der Zahlung einer Abfindung kann auch kein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gesehen werden (LSG NRW, Urteil vom 17.12.2001 - L 1 AL 32/01 -). Sowohl die Beweisaufnahme in der ersten Instanz als auch die Beweisaufnahme in der zweiten Instanz hat ergeben, dass der Kläger hier zum Zeitpunkt der Schließung des Aufhebungsvertrages (noch) nicht mit einer ordentlichem betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen musste.
Der Zeuge Q hat ausgesagt, dass dem Kläger eine fristgerechte ordentliche Kündigung nicht angedroht worden sei. Diese Aussage ist von dem Kläger innerhalb der Anhörung auch so bestätigt worden. Der Kläger habe den Aufhebungsvertrag abgeschlossen, weil er gesehen habe, dass keine Arbeit mehr für ihn bei der Fa. N GmbH vorhanden gewesen sei.
Dem Kläger steht auch kein wichtiger Grund unter Berücksichtigung seines Berufsschutzes zur Seite. Das Bundessozialgericht erkennt dies als wichtigen Grund an, wenn ein Verbleiben bei dem Arbeitgeber mit einem Wechsel auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz und gegebenenfalls mit einer Minderung des Arbeitsentgelts verbunden gewesen wäre (BSG, Urteil vom 13.08.1986 - B 7 Rar 1/86 -).
Der Senat weist darauf hin, dass diese Konstellation unter Umständen dann erfüllt gewesen wäre, wenn man dem Kläger bei Weigerung des Vertragsabschlusses gedroht hätte, er müsse Hilfsarbeiten verrichten wie zum Beispiel den Hof der Firma fegen. Die Beweisaufnahme hat jedoch unzweifelhaft ergeben, dass dieser Umstand gerade nicht bei Vertragsabschluss vorlag. Diese Tatsache ergibt sich sowohl aus der Anhörung des Klägers als auch aus der Aussage des Zeugen Q. Beide bestätigen, dass hierüber nicht gesprochen worden ist und dies auch nicht Anlass des Vertragsabschlusses war. Von daher war es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände auch zuzumuten, das vertraglich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses abzuwarten.
Nach Ansicht des Senats in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht kann ein wichtiger Grund für die vorzeitige Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls nicht in dem Umstand gesehen werden, dass aus Sicht des Klägers die Gefahr einer Insolvenz bestand.
Tatsachen, die für die Gefahr einer Insolvenz hätten sprechen können, konnte der Senat nicht feststellen. Der Zeuge Q hat bekundet, dass die Firma nicht in die Insolvenz gefallen wäre, wenn der Kläger und andere Mitarbeiter die Aufhebungsverträge nicht unterschrieben hätten. Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise Gerüchten im Betrieb Glauben schenkte, ist rechtlich unerheblich. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund dem Kläger für sein Verhalten zur Seite steht, sind die objektiven Gegebenheiten (BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 100/01 R -). Der Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, nämlich die Versichertengemeinschaft vor Risikofälle und Manipulationsversuchen zu schützen, die der Arbeitslose selbst zu vertreten hat, kann nur über eine typisierende Betrachtungsweise erreicht werden. Von daher steht eine subjektive, kaum überprüfbare Betrachtungsweise mit dieser im Widerspruch und ist für die Bewertung unerheblich.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger in Kenntnis der Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit den Auflösungsvertrag mit der Fa. N GmbH abgeschlossen hat. Diese Tatsache ergibt sich aus dem Auflösungsvertrag der Parteien selbst. Dort wird ausdrücklich auf die Möglichkeit des Eintritts einer Sperrzeit bei Beendigung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen.
Nach alledem war ein Verbleiben bei dem Arbeitgeber dem Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Somit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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