L 4 KN 86/04 KR

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 67/04 KR
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KN 86/04 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Zinsanspruch bei mangelnder Mitwirkung an der Sachaufklärung
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.894,23 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist nach Erledigung der Hauptsache noch ein Anspruch auf Verzugszinsen wegen der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung umstritten.

Der Landkreis Saalekreis war Träger des C.-v.-B.-Klinikums M. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Dieser Träger wurde zwischenzeitlich durch die C.-v.-B. Klinikum S. GmbH als Rechtsnachfolger abgelöst.

Die im Februar 1932 geborene bei der Beklagten versicherte B. wurde als Notfall vom 21. November 2001 bis 13. Dezember 2001 aufgrund der Einweisung des Facharztes für Allgemeinmedizin G. vom gleichen Tage wegen einer Blutzuckerentgleisung zur stationären Behandlung im Krankenhaus aufgenommen. Mit Schreiben vom 22. November 2001 (Eingang bei der Beklagten am 28. November 2001) stellte das Krankenhaus einen Kostenübernahmeantrag. Nach den Angaben in der Aufnahmeanzeige gemäß § 301 SGB Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) diagnostizierte der Krankenhausarzt Pielert bei der Versicherten u. a. einen akuten Myocardinfarkt und gab die voraussichtliche Verweildauer bis zum 6. Dezember 2001 an. Das Krankenhaus erstellte über die tatsächlich bis 13. Dezember durchgeführte Behandlung mit Datum vom 22. Januar 2002 (Eingang bei der Beklagten am 24. Januar 2002) eine Rechnung in Höhe von 5.209,60 EUR.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2002 bat die Beklagte das Krankenhaus u. a. um einen Entlassungs- und OP-Bericht zur Vorlage beim Sozialmedizinischen Dienst (SMD). Am 5. März 2002 ging bei der Beklagten ein Arztbrief des Krankenhauses vom 13. Dezember 2001 ein. Dieser enthielt keine Ausführungen zum genauen zeitlichen Ablauf der Behandlung der Versicherten. Nach Weiterleitung dieses Schreiben an den SMD am 6. März 2002 hielt Dipl.-Med. M. (SMD) unter dem 8. März 2002 eine Kostenverlängerung nur bis zum 5. Dezember 2001 für gerechtfertigt. Für die anschließende Zeit bis zum 13. Dezember 2001 sei vom Krankenhaus die konkrete Diagnostik und Therapie zu erläutern.

Zwischen den Beteiligten galt die Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2001 mit folgender Festlegung unter § 9 "Zahlungsregelungen":

"Der Rechnungsbetrag ist spätestens 15 Arbeitstage nach Eingang der Rechnung fällig. Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V zu legen.

Nach Mahnung können bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % p. a. erhoben werden."

Mit Schreiben vom 8. März 2002 erklärte sich die Beklagte bereit, die Kosten bis zum 5. Dezember 2001 zu übernehmen. Bezüglich des darüber hinausgehenden Zeitraums fehle es nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen jedoch an hinreichenden Belegen zur medizinischen Notwendigkeit für die weitere stationäre Krankenhausbehandlung. Sollte das Krankenhaus im Besitz weiterer Unterlagen sein, die eine andere Beurteilung des Sachverhaltes zuließen, werde gebeten, diese zu übersenden. Die Überprüfung und Entscheidung würde dann umgehend erfolgen. Diesem Schreiben war als Anlage ein weiteres Schreiben vom 8. März 2002 beigefügt, in dem u. a. wörtlich ausgeführt war:

"Um über die Verlängerung entscheiden zu können, bittet unser Sozialmedizinischer Dienst um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

1. Welche konkrete Diagnostik und Therapie erfolgte ab 5. Dezember 2001 bis 13. Dezember 2001?"

In einem weiteren Schreiben vom 12. November 2002 bat der SMD das Krankenhaus erfolglos nochmals um Mithilfe und Übersendung der noch fehlenden Unterlagen sowie um eine detaillierte Stellungnahme zu der Frage "Welche konkrete Diagnostik und Therapie erfolgte ab dem 5. Dezember 2001 bis 13. Dezember 2001". Dieses Schreiben enthielt eine Fristsetzung bis zum 11. Dezember 2002. Nach Ablauf der Frist werde der Vorgang an die Beklagte zurückgegeben.

Mit der am 28. April 2003 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 1.894,23 EUR nebst 4 % Zinsen begehrt.

Am 22. August 2003 hat die Beklagte beim Sozialgericht Akteneinsicht beantragt und gebeten, die Krankenakte an den SMD zu übersenden. Mit Schreiben vom 26. August 2003 hat das Gericht bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolglos angefragt, ob diese mit einer Übersendung der Krankenakte an den SMD einverstanden seien.

Nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Halle mit Beschluss vom 6. Mai 2004 hat dieses die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2004 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Der Zahlungsanspruch ergebe sich weder aus der Kostenzusage der Beklagten noch aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung. Die Rechnung sei nicht ordnungsgemäß, da sie nicht die vollständigen Daten im Sinne des § 301 SGB V enthalte. Das Krankenhaus habe es insbesondere versäumt, auf Verlangen der Beklagten die medizinische Begründung für die weitergehende Krankenhausbehandlung nach dem 6. Dezember 2001 anzugeben.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 20. Oktober 2004 zugestellte Urteil am 16. November 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und nach Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der Beklagten ausgeführt: Die Fragestellung der Dipl.-Med. M. vom SMD vom 6. März 2002 sei der Klägerin nicht bekannt. Vielmehr habe sich die Beklagte mit Schreiben vom 8. März 2002 direkt an die Klägerin gewandt und mit dem anliegenden Schreiben vom 8. März 2002 die Herausgabe datengeschützter Patientenunterlagen an sich verlangt. Dies stehe im Widerspruch zur ständigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung und widerspreche dem Unmittelbarkeitserfordernis des § 276 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V. Für das Krankenhaus habe daher keinerlei Rechtspflicht bestanden, der Beklagten Patientenunterlagen auszuhändigen oder detaillierte Fragen zur Diagnostik oder Therapie zu beantworten. Der SMD habe zu keinem Zeitpunkt eine Kopie der Krankenkurve zur Prüfung angefordert. Auch die in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltene Stellungnahme des SMD vom 24. Juli 2003 sei dem Krankenhaus nicht zugestellt worden. Dementsprechend habe keine Veranlassung bestanden, hierauf zu reagieren. Das Schreiben der Beklagten vom 5. August 2003 sei ihr nicht zugegangen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei die Rechnung ordnungsgemäß erstellt worden.

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 1. Juni 2005, 9. September 2005 und 25. November 2005 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolglos zur Übersendung der Krankenunterlagen aufgefordert. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 hat der Berichterstatter den Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25. September 2007 (Az. GS 1/06) nochmals aufgefordert, die Patientenakte zur Gerichtsakte zu reichen. Mit weiterem Schreiben vom 24. April 2008 hat der Berichterstatter diese Aufforderung, verbunden mit einer Belehrung nach § 106 a SGG, wiederholt. Dies wiederholte sich mit Verfügung vom 31. März 2009 ein weiteres Mal. Anschließend wurde die Patientenakte übersandt und gelangte zunächst irrtümlich zum Verfahren 4 L KN 79/04 R. Mit Verfügung vom 9. Juli 2009 hat der Berichterstatter die Patientenunterlagen der Versicherten an den SMD weitergeleitet, wo sie am 15. Juli 2009 eingegangen sind.

Am 13. August 2009 hat die Beklagte ausgeführt: Nach Auswertung der Krankenakte durch den SMD sei die medizinische Notwendigkeit des stationären Aufenthaltes der Versicherten bis zum 13. Dezember 2001 belegt. Der noch offene Betrag sei daher – allerdings ohne Zinsen – an die Klägerin zu zahlen und von einer Erledigung der Hauptsache sei auszugehen.

Die Klägerin hat am 1. September 2009 die von ihr als Anerkenntnis bezeichnete Erklärung der Beklagten angenommen und den Rechtstreit in Bezug auf die Hauptforderung für erledigt erklärt. Allerdings sei die Beklagte zur Zahlung von Zinsen und Tragung der Kosten zu verurteilen, da sie den Anspruch der Klägerin durch Anerkenntnis bestätigt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4 % Zinsen aus 1.894,23 EUR ab dem 19. Februar 2002 bis zum 30. Juli 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält sich zur Zahlung von Zinsen für nicht verpflichtet, da der jahrelange Rechtsstreit hätte vermieden werden können, wenn die Klägerin die zur sozialmedizinischen Überprüfung des Behandlungsfalles notwendigen Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung gestellt hätte. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG) statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.).

Nach den Prozesserklärungen zur Hauptsache beschränkt sich die Berufung nur noch auf die geltend gemachte Zinsforderung.

Für den geltend gemachten Zeitraum vom 19. Februar 2002 bis 30. Juli 2009 steht der Klägerin kein Zinsanspruch zu. Deshalb kann es der Senat offenlassen, ob sich dieser Zinsanspruch direkt aus der Pflegesatzvereinbarung und/oder als Prozesszinsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) herleitet. Das BSG hat in seiner jüngsten Rechtsprechung für die nach §§ 108, 109 SGB V zugelassenen Leistungserbringer einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen aufgrund der durch § 61 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ermöglichten analogen Anwendung von § 291 BGB vom Grundsatz her bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2006 - B 3 KR 6/05 R - SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; anders noch: BSG, Urteil vom 11. März 1987 - 8 RK 43/85 - SozR 1300 § 61 Nr. 1). Soweit die Klägerin 4 % Zinsen schon ab dem 19. Februar 2002 begehrt, fehlt es bereits an einer dafür notwendigen Mahnung. Die Fälligkeit der Forderung ergibt sich aus § 9 Abs. 1 der Pflegesatzvereinbarung. Hiernach war die Beklagte verpflichtet, spätestens 15 Arbeitstage nach Eingang der Rechnung zu zahlen. Diese nach der Rechnung vom 22. Januar 2002 ab dem 19. Februar 2002 bestehende Fälligkeit ist jedoch nicht mit dem vom der Klägerin begehrten Verzugszinsanspruch gleichzusetzen. Der Zinsanspruch bestimmt sich vielmehr nach § 9 Abs. 2 der Pflegesatzvereinbarung. Hiernach setzt der Verzugszinsanspruch von 4 % jeweils eine Mahnung der Klägerin voraus. Eine derartige Mahnung hat die Klägerin zunächst nicht erhoben. Erst mit ihrer Klageerhebung am 28. April 2003, die regelmäßig eine Mahnung ersetzen kann, konnte daher ein Verzugszinsanspruch entstehen.

Die Beklagte war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Zahlung von 1.894,23 EUR in Verzug. Der Beklagten stand gegen die fällige Hauptforderung in dieser Höhe ein Leistungsverweigerungsrecht zu, das die Verzugslage wieder aufgehoben hat (hierzu 1.). Dieses Gegenrecht gründet sich auf eine Verletzung von Mitwirkungspflichten der Klägerin im Prüfverfahren (hierzu 2.), das jedenfalls nicht vor dem 30. Juli 2009 endete (hierzu 3.). Ein solches Leistungsverweigerungsrecht war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen (hierzu 4.).

1. Die Beklagte konnte dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses und auch dem damit verbundenen Zinsanspruch ein Gegenrecht wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten entgegenhalten.

Diese Mitwirkungspflichtverletzung lässt sich dogmatisch aus dem Rechtsgedanken des §§ 66 Abs. 1 Satz 1, § 67 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) (dazu unter a)), einem Zurückbehaltungsrecht der Beklagten analog § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (dazu unter b)) oder auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben herleiten (dazu unter c))

a) Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass eine mangelnde Mitwirkung des Krankenhauses an der Aufklärung der Notwendigkeit der stationären Behandlung, z. B. durch die Weigerung, entsprechende medizinische Unterlagen vorzulegen, zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht im gerichtlichen Verfahren führen kann. Dies hat zur Folge, dass der Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen als nicht erwiesen anzusehen ist (vgl. nur BSG, Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 1/08 KR R; B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Dieser Gedanke lässt sich auch auf das Verwaltungsverfahren übertragen. Bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Klägerin durfte die Beklagte den Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhaltes als nicht erwiesen ansehen und die Zahlung verweigern.

Das BSG hat dieses Leistungsverweigerungsrecht in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, Rz. 30, zitiert nach juris) dogmatisch an den in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I normierten allgemeinen Rechtsgedanken geknüpft, wonach bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten und dadurch bedingter erheblicher Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung die begehrte Leistung ohne weitere Ermittlungen versagt werden kann, soweit ihre Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind. Dieser Rechtsgedanke, der sich auf die Sozialleistungsträger bezieht, ist nach der zutreffenden Ansicht des BSG auf die gerichtliche Amtsermittlung übertragbar und daher auch auf die Angelegenheiten der Krankenkassen in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten anzuwenden. Da das BSG nach seiner inzwischen ständigen Rechtsprechung aus einer (endgültigen) Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein (endgültiges) Leistungsverweigerungsrecht schließt, indem es den Vergütungsanspruch als nicht erwiesen ansieht, kann aus einer vorübergehenden Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht der Krankenkasse geschlossen werden, das erst endet, wenn aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine endgültige Entscheidung über die Zahlungsverpflichtung getroffen werden kann.

b) Das gleiche Ergebnis lässt sich mit dem auch im öffentlichen Recht und im Sozialrecht anwendbaren zivilrechtlichen Rechtsgedanken des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB bzw. dem des Gläubigerverzugs nach §§ 293 ff. BGB rechtfertigen. Hiernach ist ein Schuldnerverzug oder ein Anspruch auf Prozesszinsen bei einem geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen (Heinrichs in Palandt, 65. Aufl., 2006, § 286 Rz. 13, § 291 Rz. 5, § 273 Rz. 20) bzw. jegliche Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. § 301 BGB). Die Anwendung des Rechtsgedankens des zivilrechtlichen Zurückbehaltungsrechts steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG, nach der die Krankenkasse bei einem Mitwirkungsverstoß des Krankenhauses nicht nur berechtigt ist, die Zahlung zu verweigern, sondern – falls sie aufgrund einer besonderen Fälligkeitsabrede unter Vorbehalt bereits bezahlt hat – auch zur Aufrechnung ihres Erstattungsanspruchs gegen spätere Zahlungsansprüche des Krankenhauses berechtigt ist (vgl. BSG, Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R, B 1 KN 2/08 KR R, beide zitiert nach juris).

Bei der Aufrechnung und dem Zurückbehaltungsrecht handelt es sich um einander weitgehend entsprechende Rechtsinstitute. Die Aufrechnung setzt im Unterschied zum Zurückbehaltungsrecht lediglich gleichartige Ansprüche voraus (vgl. Heinrichs in Palandt, a.a.O., § 273 Rz. 3, 6). Es ist deshalb folgerichtig der Krankenkasse nicht nur die Aufrechnung mit einer aus der Mitwirkungspflichtverletzung entstehenden Erstattungsforderung zu erlauben, sondern ihr als "milderes Mittel" bei einem Mitwirkungsverstoß auch die (vorübergehende) Zurückbehaltung der streitigen Zahlung selbst oder der Zahlung einer nachfolgenden Rechnung analog § 273 BGB zu ermöglichen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhafte Verzögerung seitens der Beklagten) getroffen werden kann. Die vorübergehende Zurückbehaltung einer Zahlung als Reaktion auf eine Verletzung einer Mitwirkungspflicht ist gegenüber der endgültigen Zahlungsverweigerung bzw. Aufrechnung wegen Nichterweislichkeit des Anspruchs das vorrangige Mittel, das dem Krankenhaus unter Billigkeitsgesichtspunkten die Nachholung der Mitwirkungshandlung ermöglicht. Diese Verfahrensweise ist in Sozialrechtsverhältnissen auch vorgesehen, wie sich aus §§ 66, 67 SGB I ergibt, wonach die Behörde unter gewissen Voraussetzungen auf die Nachholung der Mitwirkung hinwirken muss und die Leistung ganz oder teilweise nachträglich erbringen kann, wenn die Mitwirkung nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine solche Verfahrensweise auf der Ebene der öffentlich-rechtlichen Gleichordnung nicht ebenso statthaft und zweckmäßig sein soll.

c) Dieses Ergebnis ist auch mit der Anwendung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben zu rechtfertigen. Es bestehen keine Bedenken, diesen Grundsatz auch im Sozialrecht jedenfalls auf die dauerhaften rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse anzuwenden. Die Partner sind nicht nur auf Dauer, sondern vor allem auch in einer Vielzahl von Fällen auf eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit angewiesen, mit der die Erfüllung der besonders wichtigen gesetzlichen Aufgabe der stationären Krankenhausbehandlung für gesetzlich krankenversicherte Menschen sichergestellt werden kann. In Anbetracht der Größe dieser Aufgabe und der notwendigen intensiven Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen bestehen weitgehende gegenseitige Rücksichtnahmepflichten der Beteiligten. Es kann in Anbetracht dieser Vertrags- und Rechtsbeziehungen erwartet werden, dass die Beteiligten jeweils die wechselseitigen Interessenlagen berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, zitiert nach Juris) und es nicht zu einseitigen Bevorzugungen oder Benachteiligungen kommt.

Diese auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bestehenden Rücksichtnahmepflichten hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens mehrfach verletzt. So hat sie auf die Aufforderungen der Beklagten und des SMD erst nach wiederholter Aufforderung durch das Berufungsgericht am 31. März 2009 reagiert und bis dahin eine aktive Mitwirkung am Prüfverfahren vermissen lassen. Auch hat sie ihren Vertragspartner im Prüfverfahren nicht zeitnah auf (angebliche) Verletzungen des Prüfverfahrens hingewiesen und ihm so die Möglichkeit genommen, frühzeitig auf diese Bedenken zu reagieren. Eine solche Verweigerung der Mitwirkung und das Verschweigen der Motive sind treuwidrig und mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme unvereinbar. Selbst wenn, wovon der Senat in diesem Fall nicht ausgeht, die in §§ 275, 276 SGB V geregelte Aufgabenwahrnehmung durch die Beklagte teilweise fehlerhaft gewesen sein sollte, hätte es dem Grundsatz von Treu und Glauben geradezu idealtypisch entsprochen, diese Fehler zu benennen und gemeinsam nach einem Ausweg aus dem mutmaßlichen Interessenkonflikt zu suchen. Stattdessen hat sich die Klägerin hinter ihrer vermeintlich besseren Rechtsposition verschanzt und die Beklagte über einen langen Zeitraum ins Leere laufen lassen. Selbst nach Klageerhebung hat die Klägerin keine medizinische Begründung für ihren Anspruch gegeben, sondern sich zu Unrecht auf einen vermeintlichen Einwendungsausschluss der Beklagten berufen. Auch im späteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens hat sie zunächst nichts getan, was geeignet gewesen wäre, sich mit inhaltlichen Fragen des streitigen Behandlungsfalles auseinanderzusetzen. Diese fortgesetzte Verweigerung der inhaltlichen Auseinandersetzung hat das auch nach Klageerhebung noch mögliche Prüfverfahren entscheidend verzögert. Dadurch hat die Klägerin gegen die besonderen Rücksichtnahmepflichten in einem Dauerschuldverhältnis in schwerwiegender Weise verstoßen. Auch dieser Verstoß schließt den Schuldnerverzug aus.

2. Die Klägerin hat ihre schon im vorgerichtlichen Verfahren bestehende Mitwirkungspflicht verletzt, indem sie es zu Unrecht abgelehnt hat, auf die Bitte der Beklagten die Dauer der stationären Behandlung näher zu begründen, damit eine sachgemäße Prüfung durchgeführt werden kann. Die Beklagte hat die Epikrise (Entlassungsbericht) des Krankenhauses vom 13. Dezember 2001 am 5. März 2002 erhalten. Sie hat diesen Bericht nebst der Entlassungsanzeige des Krankenhauses zur Prüfung an den SMD weitergeleitet, der am 8. März 2002 den stationären Aufenthalt bis 5. Dezember 2001 für notwendig hielt und die Frage aufwarf "Welche konkrete Diagnostik und Therapie erfolgte ab 05.12. bis 13.12.01". Daran anknüpfend hat die Beklagte mit Schreiben vom selben Tag diese für wichtig erachtete Frage des SMD an das Krankenhaus gestellt. Diese Nachfrage war nach Aktenlage nachvollziehbar und plausibel, weil die bis 5. März 2002 vorgelegten Unterlagen keine medizinischen Informationen enthalten, die den stationären Aufenthalt nach dem 5. Dezember 2001 erklären könnten, von dessen Notwendigkeit selbst das Krankenhaus nach der Aufnahmeanzeige nur bis 6. Dezember 2002 ausgegangen war. Weder das Krankenhaus noch die Klägerin hat auf das Schreiben der Beklagten reagiert und auch das Schreiben des SMD vom 12. November 2002, mit dem diese Frage abermals gestellt worden war, nicht beantwortet.

Auch die Klägerin musste wissen, dass aus der Entlassungsanzeige vom 13. Dezember 2001 der Therapieverlauf nach dem 5. Dezember 2001 nicht ersichtlich war und auch die Epikrise keine konkreten Aussagen zum zeitlichen Behandlungsverlauf und der Notwendigkeit seiner Verlängerung über den 6. Dezember hinaus enthält. Vor diesem Hintergrund hätte sie die Nachfragen der Klägerin bzw. des SMD beantworten müssen. Die Nichterfüllung dieser Mitwirkungspflicht innerhalb einer angemessenen Frist stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Das Krankenhaus hat – wie bereits ausgeführt – im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse grundsätzlich diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 S. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X), und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger "im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich" ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12.12.1996, BGBl. I 1859, in Kraft vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und SMD u. a. für die "Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)" und für die "Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)" erforderlich waren. Diese Vorschrift ist auch in der Folgezeit insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben.

Gesetzlich zugelassen im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I 2626). Danach besteht die Pflicht, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In dieser Vorschrift werden die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest-)Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rz. 12).

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, Rz. 18, zitiert nach juris) ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin schon die Angaben nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nicht vollständig übermittelt hat und die Forderung schon aus diesem Grund während des streitigen Zeitraums nicht zur Zahlung fällig gewesen ist. Offen bleiben kann auch, ob die Beklagte ihr Begründungsverlangen nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in einer nach der Datenübermittlungsvereinbarung ggf. einzuhaltenden Form an die Klägerin übermittelt hat. Denn die Beklagte hat bereits nach Übermittlung der medizinischen Unterlagen im März 2002 – wie nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) vorgesehen – das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V unter offenkundiger Einschaltung des SMD eingeleitet und im November 2002 nochmals durch den SMD aufgreifen lassen. Sie hat sich damit bereits auf die zweite Stufe der Sachverhaltserhebung begeben und die Klägerin in diesem Rahmen gebeten, mitzuteilen, welche konkrete Diagnostik und Therapie bei der Versicherten ab dem 5. Dezember 2001 erfolgt ist. Die Beklagte hat diese zweite Stufe der Sachverhaltsermittlung unter Einschaltung des SMD auch auf der Grundlage eines konkreten Anlasses, und damit zu Recht, eingeleitet, da die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ab dem 5. Dezember 2001 anhand der vorliegenden Daten durch ihre eigenen Mitarbeiter nicht nachvollzogen werden konnte. Die Entlassungsanzeige vom 13. Dezember 2001 reicht zur Beantwortung der gestellten Frage keinesfalls aus.

Die Beklagte bzw. der SMD haben ihre Bitte nach Erläuterung des Behandlungsverlaufs auch hinreichend begründet. Der 3. Senat des BSG hat in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) aus dem Rechtsgedanken des § 35 SGB X eine Begründungspflicht des MDK bzw. SMD hergeleitet, wenn das Krankenhaus Behandlungsunterlagen zur Verfügung stellen soll. Denn das Krankenhaus ist im Verhältnis zu seinen Patienten auf der Grundlage des Behandlungsvertrages und zur Meidung strafrechtlicher Sanktionen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verpflichtet, die Rechtmäßigkeit solcher Anforderungen zu prüfen. Mit dem Hinweis auf den nicht nachvollziehbaren stationären Aufenthalt ab 5. Dezember 2001 und der Frage nach dem Therapieverlauf ist dieser Begründungspflicht hinreichend genüge getan. Die Klägerin war zunächst selbst nicht in der Lage, die voraussichtliche Dauer der stationären Behandlung zutreffend einzuschätzen. Auch deshalb musste sich für die Beklagte die Frage stellen, aus welchen medizinischen Gründen, der zunächst nur bis zum 6. Dezember 2001 für erforderlich eingeschätzt stationäre Aufenthalt verlängert werden musste.

Aus diesen Gründen war die Klägerin im Rahmen der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung verpflichtet, dem SMD auch über die Anzeige nach § 301 SGB V hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der Anfrage der Krankenkasse benötigt werden. Rechtsgrundlage hierfür ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.) § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V (i. d. Fassung vom 13.06.1994, BGBl. I S. 1229, in Kraft vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2003). Danach galt: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der MDK bzw. der SMD ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern (so bereits BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach juris = BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3) und das Krankenhaus zu deren Vorlage verpflichtet, soweit auch mit medizinischer Expertise nur durch die Angaben gemäß § 301 SGB V eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit oder anderer Fragen der Abrechnung nicht möglich ist.

Die Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens nach den §§ 301, 275 und § 276 SGB V i. V. mit der Pflegesatzvereinbarung zielt darauf ab, unter den Bedingungen der Massenabrechnung von Krankenhausaufenthalten eine für Krankenhäuser, Krankenkassen und SMD gleichermaßen tragfähige wie nach den Kriterien des § 39 SGB V inhaltlich zutreffende Überprüfung von Krankenhausabrechnungen sicherzustellen. Sie legen den Beteiligten besondere gegenseitige Obhutspflichten auf. Demgemäß hat das Krankenhaus bereits bei der Erklärung nach § 301 SGB V dafür Sorge zu tragen, dass der Krankenkasse nach Möglichkeit ohne Einleitung eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V alle entscheidungserheblichen Angaben zur Verfügung stehen. Andernfalls hat es dem SMD zur Vermeidung weiterer Sanktionen alle für dessen Prüfung erforderlichen Krankenbehandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das enthebt das Krankenhaus zwar nicht von der Prüfung, ob die Weitergabe im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich und damit zulässig ist. Jedoch verstößt es schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten, wenn es die Weitergabe angeforderter Unterlagen ohne substantiierten Hinweis auf bereits vorliegende, eine zuverlässige Beurteilung ermöglichende Unterlagen nur formelhaft ablehnt oder sie grundlos verweigert (vgl. BSG, Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.).

Der Klägerin musste es sich daher aufdrängen, dass sich die Notwendigkeit der weiteren Krankenhausbehandlung nicht aus dem von ihr übersandten Arztbrief/Entlassungsanzeige vom 13. Dezember 2001 erschließen ließ. Diese Unterlage war für die Prüfung des genauen zeitlichen Therapieverlaufs unbrauchbar. Diese Informationen ließen sich auch aus den bei Rechnungslegung vorliegenden Daten nicht erkennen. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Beklagte sowie im November 2001 auch der SMD die Erforderlichkeit des gesamten stationären Aufenthaltes erst aufgrund weiterer Informationen hätten zutreffend beurteilen können.

3. Das Leistungsverweigerungsrecht endete nach Übersendung der Patientenakte an die Beklagte am 15. Juli 2009 nicht vor dem 30. Juli 2009. Das Recht, die geschuldete Leistung zu verweigern, endet in den Fällen der vorliegenden Art nicht zeitgleich mit der Nachholung der Mitwirkungshandlung. Denn die Beklagte hat auch bei diesem Verfahrensstand das normale Prüfungsrecht und die Befugnis zur Auswertung der übersandten medizinischen Unterlagen. Dieses Prüfungsrecht kann sie nur unter Beteiligung des SMD ausüben, wofür ihr eine angemessene Zeitspanne zuzubilligen ist. Bereits aus der analogen Heranziehung von § 67 SGB I folgt, dass der Beklagten bei einer nachgeholten Mitwirkungshandlung eine angemessene Zeit zur Entscheidung über ihre Leistungspflicht einzuräumen ist. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann der Beklagten bei dem festgestellten Verstoß des Krankenhauses gegen seine Mitwirkungspflichten keine sofortige Leistungspflicht auferlegt werden. Dies gilt auch, wenn sich aus der Pflegesatzvereinbarung eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse ergibt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris). Denn die durch die Mitwirkungspflichtverletzung eingetretene Störung der Leistungsbeziehung ist erst beendet, wenn die Beklagte aufgrund der nachgeholten Mitwirkung eine endgültige Entscheidung über ihre Zahlungsverpflichtung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, getroffen hat. Schließlich erschiene es in Anbetracht der durch das Verhalten der Klägerin bedingten mehrjährigen Verfahrensdauer auch unverhältnismäßig, eine Leistungspflicht der Krankenkasse vor Auswertung der Unterlagen festzulegen. Nachdem die Patientenakte spätestens am 15. Juli 2009 bei der Beklagten und nachfolgend beim SMD eingegangen war, hatte dieser bereits am 22. Juli 2009 eine Stellungnahme abgegeben. Die Beklagte hat dann auch umgehend die Zahlung der Hauptforderung an die Klägerin veranlasst. Die Wirkungen des Leistungsverweigerungsrechts der Beklagten endeten damit jedenfalls nicht vor dem 30. Juli 2009. Der Beklagten ist nach Eingang der Patientenakte noch – wie ausgeführt – eine angemessene Prüfungs- und Bearbeitungszeit zuzubilligen, bevor sie in Verzug gerät.

4. Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts durch die Beklagte war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen.

Eine vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse über eine stationäre Aufnahme eines Versicherten führt nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einem eigenen Anspruch aus einem sog. konstitutiven Schuldanerkenntnis. Vielmehr werden damit nur bestimmte, den Vergütungsanspruch begründende Voraussetzungen mit der Folge bestätigt, dass die Krankenkasse mit bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist. Außerdem kann in bestimmten Fällen eine Umkehr der Beweislast eintreten (dazu grundlegend: BSG, Urt. v. 17. März 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R, sowie Urt. v. 20. November 2008, a.a.O., beide zitiert nach juris). Die Beklagte hat hier keine vorbehaltlose Kostenzusage erteilt, sondern die mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 gegebene Zusage, die (hier nicht streitigen) Kosten bis zum 24. November 2001 zu übernehmen, ausdrücklich mit dem Vorbehalt der Prüfung verknüpft, falls über den von der Zusage gedeckten Zeitraum hinaus vollstationären Behandlung für notwendig erklärt wird. Im Hinblick auf die zunächst nicht plausibel erscheinende Behandlungsdauer war sie auch nicht verpflichtet, die Kostenübernahme ohne weitere Prüfung vorbehaltlos zuzusagen (so im Ergebnis auch BSG, Urt. v. 20.11.2008 – B 3 KN 1/08 KR R, RdNr. 12; sowie Urt. v. 16.12.2008 – B 1 KN 2/08 KR R, RdNr. 15, beide zitiert nach juris). Gesetzliche Regelungen zur Erteilung einer Kostenzusage existieren nicht und es gab dafür auch keine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten.

Auch die Zahlungsregelungen des § 9 der Pflegesatzvereinbarung stehen der Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts jedenfalls solange nicht entgegen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhaftes Zögern der Beklagten) getroffen werden kann. Auch wenn nach dieser Vereinbarung die Fälligkeit der Zahlungsforderung unabhängig von der Einleitung und dem Abschluss eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V bezüglich der Erforderlichkeit der stationären Behandlung eintritt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris), kann schon wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") aus einer Zahlungsverzögerung, die allein auf einer Mitwirkungspflichtverletzung des Gläubigers beruht, kein Zinsanspruch entstehen (vgl. z. B. § 301 BGB bzw. Rspr. und Kommentarliteratur zu §§ 273, 286 BGB). Bei einer an dem Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung dieser Regelung steht diese daher nicht der Ausübung dieses (zeitweisen) Leistungsverweigerungsrechts der Beklagten entgegen. Solange der einseitige Verstoß der Klägerin gegen ihre Mitwirkungspflichten angedauert hat und die Beklagte allein aus diesem Grund an der abschließenden Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung gehindert war, kann ihr nicht zugemutet werden, (ggf. erneut) in die Vorleistung zu treten und die Zahlung dann zurückzufordern bzw. aufzurechnen, wenn die abschließende Beurteilung des Leistungsfalls keine Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ergeben hat. Für eine solche Auslegung bietet auch der Wortlaut der Fälligkeitsabrede nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung keinen Anhaltspunkt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 161 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bzw. § 156 VwGO. Der chronologische Ablauf des Verfahrens drängt zu der Annahme, dass die Beklagte bei frühzeitiger Wahrnehmung der Mitwirkungspflichten durch die Klägerin, sei es durch Übersendung der Krankenunterlagen an den SMD oder Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, eine zeitnahe Zahlung veranlasst hätte. Der Beklagten stand aus den oben genannten Gründen zunächst ein Leistungsverweigerungsrecht wegen schwerwiegender Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin zu. Kostenrechtlich ist daher über § 161 Abs. 2 VwGO der Veranlassungsgedanke bzw. direkt auf § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 156 VwGO zurückzugreifen. Danach fallen der Klägerin die Prozesskosten zur Last, wenn die Beklagte durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat. Hier hat die Klägerin durch die festgestellte Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten das Prüfungsverfahren der Beklagten und des Gerichtes über Jahre verhindert und diese Haltung erst mit Übersendung der Krankenunterlage an den Senat im Juli 2009 aufgegeben. Der Beklagte hat nach Erhalt der Krankenunterlagen und deren Auswertung durch den SMD seine Zahlungspflicht alsbald bejaht und die Zahlung dann auch umgehend an die Klägerin vorgenommen. Die eigentliche Veranlassung zur Klage hat damit die Klägerin gesetzt. Hätte sie sich noch im Jahr 2002 am Prüfverfahren aktiv beteiligt, wäre es aller Voraussicht nach nicht zum Rechtsstreit gekommen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 160 Abs. 2 SGG) hierfür fehlt. Das BSG hat die zugrunde liegenden Rechtsfragen spätestens seit den zitierten Entscheidungen des Großen Senats sowie des 3. Senats vom 20. November 2008 und des 1. Senats vom 16. Dezember 2008 und durch die weiteren Folgeentscheidungen vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R sowie vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R umfassend geklärt.
Rechtskraft
Aus
Saved