L 3 SB 5745/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 3034/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5745/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs "1. Kl." (Benutzung der 1. Klasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten) hat.

Der 1922 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 100 seit dem 01.01.1978. Ihm sind die Merkzeichen G, B, H und aG zuerkannt.

Mit Bescheid vom 06.08.2007 wurden folgende Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetzt (BVG) mit einer MdE von 100 v.H. anerkannt:

"Am rechten Oberarm findet sich am Unterrand des M. Deltoideus eine 9 cm lange, schrägverlaufende, tiefe Narbe mit deutlicher Einziehung der Haut. 3 cm distal an der Lateralseite des rechten Oberarmes im lateralen Trizepsbereich eine 4x3 cm große eingedellte Narbe, dann ebenfalls am distalen Oberarm 5 cm oberhalb der Epicondylus humeri radialis eine eingezogene 2,5 cm lange Narbe, medial davon in Längsrichtung eine 3 cm lange Narbe. Am rechten Unterarm dorsolateral im Übergang zum distalen Drittel eine 3,5 cm lange Narbe, proximal des Handgelenkes ulnarseitig breitflächige, 2x3 cm große Narbenbildung. Am Handgelenk mittig streckseitig findet sich eine 3,5 cm flachverlaufende Narbe, desweiteren über Metacarpale I eine schräg zum Daumen hin verlaufende 2,5 cm lange Narbe, am Thenar volar Narbenbildung nach Splitteraustritt. Dann am linken Arm ebenfalls im Schulterbereich ventralseitig am vorderen Deltoideusrand , eine eingezogene 7 cm lange Narbe, im vorderen Axillarbereich 2 kleinere Narben, 1,5 cm. und 2,5 cm. lang, am mittleren Drittel des linken Oberarmes dorsomedial eine eingezogene 3 cm lange Narbe, medial des Epicondylus humeri radialis subcutan tastbare Verhärtung im Sinne eines verbliebenen Splitterrestes, am linken Unterarm distal 3 Querfinger oberhalb des Handgelenkes beugeseitig eine eingezogene, gut 3,5 cm lange Narbe. Dann noch eine kleine 0,5 cm lange Narbe am linken Handrücken zwischen Metacarpale II u. III distal, am rechten Handrücken an gleicher Lokalisation leicht druckdolente, schmerzhafte, knöcherne Resistenz in Folge einer Knochenvereiterung. Am Rücken findet sich noch eine auffällige, ca. 2,5 cm lange Narbe paravertebral rechts in Höhe der oberen LWS. Diese Narben führen zusätzlich zu erheblichen und dauernden Schmerzen. Hornhautnarbe links. Verlust des rechten Auges, Fehlstellung der Unterlidkante rechts mit Auswärtswendung des Tränenpünktchens. Chronische Mittelohrschleimhauteiterung rechts bei großer Trommelfellperforation rechts und narbigen Trommelfellveränderungen links. Hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts, leicht- bis mittelgradige kombinierte Schwerhörigkeit links, Schädigung des Gleichgewichtsorgans. Speichennervenlähmung und distale Mittel- und Ellennervenschädigung rechts. Distale Ellennervenschädigung links. Zahlreiche schmerzhafte kleine Granatsplitterchen in den vorderen rechten oberen und linken unteren Halsweichteilen, in den linksseitigen Schulterweichteilen in den Ober- und Unterarmweichteilen rechts und links und in der rechten Hand. Mittelnervenschädigung links, leichte Mundwinkelschwäche rechts als Zustand nach leichter Facialisparese nach Ohrenoperation."

Einen im Oktober 2000 gestellten Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "1.Kl." lehnte der Beklagte ab. Auch der am 07.02.2001 gestellte Antrag blieb erfolglos (Bescheid vom 08.05.2002, Widerspruchsbescheid vom 28.08.2002). Den zusprechenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz (SG) hob das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 4268/03) auf die Berufung des Beklagten insoweit mit rechtskräftigem Urteil vom 25.11.2005 auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei Bahnfahrten schädigungsbedingt regelmäßig auf besonders günstige Sitzverhältnisse, die die 1. Wagenklasse im Unterschied zur 2. Klasse biete, angewiesen sei, um nennenswerte Beschwerden zu verhindern oder beträchtlich zu mildern. Auch sei nicht ersichtlich, dass die infolge von Splittern und Narben hervorgerufenen Gleichgewichtsstörungen und Schmerzen durch eine Unterbringung in der bequemeren 1. Wagenklasse verhindert oder nennenswert gemildert werden könnten, da die Splitter ausschließlich in den oberen Extremitäten vorhanden seien. Diese Beurteilung erfahre durch Nr. 34 Abs. 2 Satz 2, S. 142 der Anhaltspunkte für die gutachterliche Tätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) 2004 eine zusätzliche Bestätigung. Der Kläger, der nicht zu den dort ausdrücklich genannten Schwerkriegsbeschädigten gehöre, sei aufgrund der bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen nicht in einem ähnlichen Ausmaß wie schwerkriegsbeschädigte Empfänger der drei höchsten Pflegezulagestufen, Kriegsblinde, kriegsbeschädigte Ohnhänder und kriegsbeschädigte Querschnittsgelähmte beeinträchtigt, so dass auch deshalb nicht anzunehmen sei, dass der Kläger gerade auf die regelmäßig allein in der 1. Wagenklasse gebotene Ausstattung angewiesen sei.

Am 17.08.2007 stellte der Kläger erneut den Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "1. Kl". Mit Bescheid vom 27.09.2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007, auf den Bezug genommen wird, zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 07.11.2007 Klage zum SG Konstanz erhoben.

Das SG hat Dr. B. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 24.02.2008 hat dieser ausgeführt, der Kläger leide an schwerwiegenden Beeinträchtigungen aufgrund seiner erheblichen Kriegsverletzung. Führend seien die Beeinträchtigungen durch multiple hoch schmerzhafte Granatsplitterverletzungen, aufgrund derer schmerzhafte Narbenbildungen am Stamm und an den Armen bzw. Händen verblieben seien. Hierdurch sei es zu einer erheblichen Schädigung sämtlicher Armnerven bzw. zweier Armnerven links gekommen, was in der Folge zu einer hochgradigen Funktionsstörung beider Hände geführt habe. Zusätzlich bestünden, wohl vorwiegend sekundär in der Folge der neuropathischen Schädigung, möglicherweise überlagert durch altersbedingte Degeneration, arthrotische Veränderungen im Bereich der Hand- und Fingergelenke. Der Kläger sei zusätzlich durch eine Verschleißerkrankung der Schultergelenke im Gebrauch der Arme behindert. Insgesamt sei der Kläger deshalb nicht mehr in der Lage, feinmotorische Verrichtungen wie z.B. Schließen von Knöpfen an Hemd oder Hose zu bewerkstelligen. Er benötige darüber hinaus fremde Hilfe beim Wasserlassen und bei der Reinigung nach Stuhlentleerung, wobei zusätzlich wegen häufigen abrupten Harndrangs rasch eine Toilette aufgesucht werden müsse. Erschwerend hinzugetreten seien zwischenzeitlich degenerative Veränderungen am gesamten Achsenorgan. Eine Störung der unteren Extremitäten im Sinne einer Stand- und Gangunsicherheit resultiere offenkundig aus einer Gleichgewichtsproblematik, die am ehesten eine Schädigungsfolge nach stattgehabter Traumatisierung des rechten Ohres mit anschließender chronischer Vereiterung im Sinne eines Cholesteatoms darstellen dürfte, wobei in differentialdiagnostischer Hinsicht auch an eine autonome Neuropathie oder eine vertebragene Vertigo zu denken sei. Hinzu kämen die internistischen Erkrankungen, insbesondere eine kardiale Erkrankung mit Rhythmusstörungen und Bluthochdruck sowie ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Wegen diesem sei der Kläger auf wiederholte Eigenmessung des Blutzuckers und entsprechende Adaption der Insulindosis angewiesen, was er aufgrund der massiven Funktionseinschränkung der Hände nicht selbständig durchführen könne. Darüber hinaus bestehe eine periphere arterielle Verschlusskrankheit sowie eine benigne Prostatahyperplasie, die sich bezüglich der Harnentleerung im Sinne einer Dranginkontinenz manifestiere. Schließlich bestehe eine zunehmende Sehminderung des noch erhaltenen linken Auges und eine zunehmende Hörminderung. Der Kläger sei deshalb regelmäßig auf die in der 1. Wagenklasse gebotene Ausstattung angewiesen, weil nur dort ausreichende Sitzgelegenheiten, ein adäquater Tisch für Mahlzeiten und Blutzuckermessung, adäquates Platzangebot zur Unterbringung von Gepäck auf dem Boden, eine rasche Bereitstellung von Hilfe durch Zugbegleiter sowie ein rasches und begleitetes Aufsuchen und Benutzen der Behindertentoilette ohne entsprechende gefährdete Wegstrecken durch mehrere Abteile und Waggons gewährleistet sei.

Dieser Beurteilung ist Dr. Wolf in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2008 entgegen getreten mit der Begründung, der Sachverständige habe auch die Nichtschädigungsleiden (degenerative Wirbelsäulengelenkveränderungen, Diabetes mellitus, autonome Neuropathie mit symptomatischer ortostatischer Dysregulation und Schwindel, Herzschrittmacherimplantation, koronare Gefäßerkrankung, Prostatahyperplasie mit hyperaktiver Blase) in die Beurteilung mit einbezogen. Sowohl die Blutzuckermessung als auch die Probleme bei der Toilettenbenutzung beruhten nicht auf den anerkannten Schädigungsfolgen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 13.06.2008, auf die Bezug genommen wird, hat der Sachverständige hierzu Stellung genommen und an seiner Einschätzung festgehalten.

Der Beklagte hat eine Auskunft der Deutschen Bahn vorgelegt, wonach sich die geräumigeren Behindertentoiletten zwischen der 1. und 2. Klasse befinden. Hierzu hat der Klägervertreter unter Vorlage einer Wagenskizze, wonach sich die Behindertentoiletten in den Wagen mit Bordbistro kombiniert mit der 1. Klasse befinden, vorgetragen, zwischen der 1. und 2. Wagenklasse befänden sich gar keine Toiletten. Der Beklagte hat daraufhin Wagenskizzen vorgelegt, wonach sich auch in Großraumwagen der 2. Klasse behindertengerechte Toiletten befinden.

Mit Urteil vom 18.09.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweisen für die 2. Klasse. Das Gericht folge nicht der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B., sondern orientiere sich an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28.03.1983 - 9 a RVS 9/83). Danach müsse die Ausstattung der 1. Klasse im Unterschied zu derjenigen der 2. Klasse funktionsgerecht gerade im Hinblick auf die Schädigungsfolgen ansehnliche gesundheitliche Vorteile bieten. Diese Voraussetzung sei beim Kläger nicht erfüllt. So könne das Erfordernis eines adäquaten Tisches für Mahlzeiten und die Blutzuckermessung keine Berücksichtigung finden, da es sich beim Diabetes um ein Nichtschädigungsleiden handele. Auch ein adäquates Platzangebot für die Unterbringung von Gepäck auf dem Boden sei für die Zuerkennung nicht ausreichend, da das Vorhandensein von Ablagen und Abstellmöglichkeiten stark abhängig vom konkreten Waggontyp, nicht jedoch von der 1. oder 2. Klasse sei. Auch die rasche Bereitstellung von Hilfe durch Zugbegleiter begründe kein Erfordernis für die Benutzung der 1. Klasse, da sich diese über den ganzen Zug verteilt aufhielten. Behindertentoiletten schließlich fänden sich sowohl im Bereich der 1. als auch der 2. Wagenklasse, so dass dies kein geeignetes Differenzierungskriterium sei. Die in Abteilen der 1. Klasse günstigeren Sitzverhältnisse und der größere Beinraum biete im Hinblick auf die Schädigungsfolgen des Klägers keine relevanten gesundheitlichen Vorteile. Denn der Kläger habe keine anerkannten Schädigungsfolgen, die - beispielsweise wegen der Versteifung eines Beines - einen besonders großen Sitzraum erforderten.

Gegen das am 19.11.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.12.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei ihm bestünden seit seiner Kriegsverletzung 1943 Schädigungsfolgen, die unstreitig und anerkannt seien. Seither habe er erhebliche und dauernde Schmerzen. Darüber hinaus hätten sich bei ihm zwischenzeitlich Altersbeschwerden eingestellt. Diese, nämlich der Diabetes, die Herzkrankheit und die Wirbelsäulenschädigung, bereiteten ihm jedoch keine Beschwerden, im Gegensatz zu den Splittern und Narben im Rücken.

Die Sitze in der 1. Klasse seien besser gepolstert als die Sitze in der 2. Klasse. Dies sei für die Granatsplitter und Narben im Rücken von großem Vorteil. In der 1. Klasse seien auch die Abteile größer. Schließlich befänden sich dort die Behindertentoiletten, auf die er angewiesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. September 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 zu verurteilen, ihm den Nachteilsausgleich "1. Klasse" (Notwendigkeit der Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse) zuzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des beantragten Nachteilsausgleichs.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Abs. 1 (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Hierzu gehört auch der Nachteilsausgleich 1. Klasse, dessen Voraussetzungen in Ziffer 2.2 der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG geregelt sind. Danach werden Schwerkriegsbeschädigte, deren Erwerbsfähigkeit durch die Leiden um mindestens 70 v.H. gemindert ist und deren körperlicher Zustand eine ständige Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert, in Zügen der Produktklasse C unentgeltlich in der 1. Wagenklasse auf den im Streckenverzeichnis zum Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragenen Strecken und in allen übrigen Zügen mit einer Fahrkarte zum Normalpreis für die 2. Wagenklasse in der 1. Wagenklasse befördert.

Gemäß Nr. 34 Abs. 2, S. 142 der AHP 2004 bzw. der inhaltsgleichen AHP 2008 sind die Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Klasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten in der Regel als gegeben anzusehen, wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabes festzustellen ist, dass der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert. Bei schwerkriegsbeschädigten Empfängern der drei höchsten Pflegezulagestufen sowie bei Kriegsblinden, kriegsbeschädigten Ohnhändern und kriegsbeschädigten Querschnittsgelähmten wird das Vorliegen der Voraussetzungen unterstellt.

Die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 enthält insoweit keine Regelung.

Das Bundessozialgericht hat zu dem geltend gemachten Nachteilsausgleich ausgeführt, der kriegsbedingte Funktionsausfall müsse es notwendig machen, Abteile der 1. Klasse deshalb zu benutzen, weil deren technische Vorzüge, die allgemein die 2. Klasse nicht biete, geeignet seien, nennenswerte Beschwerden zu verhindern oder beträchtlich zu mildern. Die Ausstattung der 1. Klasse müsse deshalb im Unterschied zu derjenigen der 2. Klasse funktionsgerecht gerade im Hinblick auf die Schädigungsfolgen ansehnliche gesundheitliche Vorteile bieten (BSG Urteil vom 28.03.1984 - 9a RVs 9/83 - in BSGE 56, 238 ff.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze steht dem Kläger der Nachteilsausgleich "1.Kl." nicht zu. Zutreffend ist zwar, dass die Abteile der 1. Klasse gegenüber den Abteilen der 2. Klasse geräumiger sind und insbesondere mehr Fußraum bieten. Insoweit liegen beim Kläger jedoch keine kriegsbedingten Schädigungen an den unteren Extremitäten vor, die das großzügigere Platzangebot erforderlich machten. Gleiches gilt für das Vorhandensein geräumiger Tischplätze wegen des Erfordernisses der Zuckermessung und der danach ggf. erforderlichen Nahrungseinnahme, da der Diabetes mellitus gleichfalls keine kriegsbedingte Schädigung darstellt.

Nicht zutreffend ist der klägerische Vortrag, es befänden sich lediglich in den Abteilen der 1. Klasse Behindertentoiletten, auf deren Benutzung er angewiesen sei. Zutreffend ist vielmehr, dass sich sowohl in Abteilen der 1. als auch der 2. Klasse Behindertentoiletten befinden. Der Senat stützt sich hierbei zum einen auf die Auskunft der Leiterin Kundendialog der Deutschen Bahn vom 21.06.2008, wonach sich die geräumigeren Behindertentoiletten zwischen der 1. und 2. Klasse befinden. Soweit der Kläger hierzu vorgetragen hat, zwischen der 1. und 2. Wagenklasse befänden sich gar keine Toiletten ist dies zwar insoweit zutreffend, als sich zwischen zwei Wagen keine Toiletten befinden, da sich diese immer innerhalb der Wagen befinden. Die Auskunft der Deutschen Bahn ist jedoch so auszulegen - was sich auch zwanglos aus den vom Kläger und dem Beklagten vorgelegten Wagenskizzen der 1. bzw. 2. Klasse ergibt - dass sich die Behindertentoiletten am Ende des jeweiligen Wagens und damit beim Übergang in einen anderen Wagen bzw. in eine andere Wagenklasse befinden.

Auch das Erfordernis, wegen des beengten Raumes Gepäckstücke in der Gepäckablage unterzubringen, rechtfertigt nicht die Feststellung des beantragten Nachteilsausgleichs. Denn zum einen sind auch in der 1. Wagenklasse Gepäckstücke in den dafür vorgesehenen Bereichen unterzubringen, zum anderen kann die Gepäckunterbringung durch die Wagenbegleiter bzw. die Begleitperson, die dem Kläger nach seiner Aussage ständig zur Seite stehen muss, erfolgen, auf deren Hilfe er auch aufgrund seiner sonstigen Behinderungen angewiesen ist.

Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob die 1. Wagenklasse über eine bessere Polsterung verfügt. Denn zur Überzeugung des Senats ist die zwischenzeitlich auch in der 2. Klasse vorhandene Polsterung ausreichend. Auch hat der Sachverständige Dr. B. seine Befürwortung einer Notwendigkeit der Benutzung der 1. Wagenklasse gerade nicht auf das Erfordernis einer besseren Polsterung gestützt, sondern auf ausreichende Sitzgelegenheiten, adäquate Tische für Mahlzeiten und Blutzuckermessung, adäquates Platzangebot für das Gepäck, rasche Hilfe durch Zugbegleiter sowie kurze Entfernung zur Behindertentoilette. Diese Gründe hat der Kläger auch gegenüber dem Gutachter angegeben (vgl. Bl. 41 der SG-Akte). Auf diese kann, wie oben ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch nicht gestützt werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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