L 10 KN 2/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 217/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KN 2/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
:


:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ab August 2001 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren ist.

Der am 21.Oktober 19. geborene Kläger erlernte den Beruf eines Bergbaumaschinisten und war danach als E-Lok-Fahrer, Anlagenfahrer, Ratrobauer und Schlosser tätig. Seit August 1990 übte er eine selbständige Tätigkeit zunächst in einer Einzelfirma aus, die er Anfang 1995 in eine GmbH einbrachte. Bis Juli 2002 war er deren Geschäftsführer. Seit 11. Juni 1993 war er von der Versicherungspflicht nach § 229 a Abs. 1 SGB VI befreit und zahlte ab 1. Juli 1993 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung. Aufgrund eines am 30. November 1998 erlittenen Unfalls bezieht er Verletztenrente.

Am 16. Juli 2001 beantragte er bei der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Zur Begründung bezog er sich auf die Folgen eines Unfalls aus dem Jahre 1996. Die Beklagte zog die Unterlagen aus der Unfallversicherung bei und veranlasste ein Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes mit Datum vom 27. September 2001 von Frau Dipl.-Med. Ö. – Fachärztin für Innere Medizin. Diese gab einen Zustand nach traumatischer Schulterluxation rechts im November 1998 mit Ruptur der vorderen und hinteren Anteile der Gelenkkapsel, einen Zustand nach arthroskopischer Schulterstabilisierung mit deutlicher Funktionseinschränkung und Schmerzsymptomatik des rechten Armes und der rechten Schulter sowie einen Zustand nach multiplen Frakturen seit 1960 (Schlüsselbeinbruch links, Fraktur große Zehe, Handwurzelfraktur links, Mittelfußfraktur links, Verletzung linker Fuß) mit deutlicher Funktionseinschränkung und Beschwerdesymptomatik im Bereich des linken Fußes an. Bei der klinischen Untersuchung sei eine deutliche Bewegungseinschränkung der rechten Schulter aufgefallen. Die Funktionsfähigkeit habe wegen starker Schmerzangaben des Versicherten nicht geprüft werden können. Zudem sei das linke Sprunggelenk bzw. der linke äußere Knöchel stark geschwollen gewesen. Auffällig seien auch ein hinkendes Gangbild und eine hängende Schulter rechts gewesen. Es wurde eine medizinische Rehabilitation empfohlen.

An einer solchen nahm der Kläger in der Zeit vom 24. Januar 2002 bis 12. Februar 2002 teil. Die behandelnden Ärzte gaben im Reha-Entlassungsbericht ein rezidivierendes Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Schultergelenkes sowie im linken Fuß und Unterschenkel mit Belastungsinsuffizienz nach Schultergelenkluxation rechts und einen Zustand nach Fraktur und Distorsion des linken Fußes, ein rezidivierendes Lumbalsyndrom, eine rezidivierende Augenreizung unklarer Genese und eine Stoffwechselstörung an. Für eine Tätigkeit als Reinigungstechniker für Autowaschanlagen liege die Erwerbsfähigkeit des Klägers bei unter drei Stunden. Eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit zeitweise im Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen, ohne über Kopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere Beanspruchung an Gehen, Treppen- und Leitersteigen könne er drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. In Bezug auf seinen bisherigen Arbeitplatz halte der Kläger sich nicht mehr für leistungsfähig. Er habe diesen als eine vollschichtige Tätigkeit in ganz Deutschland mit durchschnittlich 10 – 12 Arbeitsstunden täglich beschrieben. Die unterschiedlichen Arbeitswege bewältige er mit dem PKW. Die Tätigkeit sei u.a. mit Heben und Tragen von Lasten, über Kopfarbeiten und Stehen auf Leitern verbunden.

In einer abschließenden sozialmedizinischen Stellungnahme vom 17. April 2002 nach Aktenlage gab Frau Dipl.-Med. Ö ...an, der Kläger sei in seinem Hauptberuf als Anlagenfahrer bzw. als Schlosser sowie in seiner letzten beruflichen Tätigkeit als Reinigungstechniker für Autowaschanlagen nicht mehr in der Lage einer gewinnbringenden Tätigkeit nachzugehen. In einer seinem Leistungsbild entsprechenden Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er drei bis unter sechs Stunden täglich regelmäßig einsetzbar. Der Kläger könne auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, bei denen zum Beispiel das Aufnehmen von Daten mittels eines Kodelesers, die einfache Dateneingabe ohne gerätetechnische Kenntnisse, einfache Schreib- oder Rechenarbeiten nach vorbereiteten Unterlagen, das Auszeichnen und Kontrollieren von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen oder die Tätigkeiten eines Telefonisten gefordert werden.

Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Juli 2002 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. August 2001. Unter Berücksichtigung der individuellen Hinzuverdienstgrenze werde die Rente jedoch ab Rentenbeginn nicht gezahlt. Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte die Beklagte den Antrag auf Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbminderung mit den Ausführungen des sozialmedizinischen Dienstes ab.

Ab 1. August 2002 wurde der Kläger als Geschäftsführer der GmbH abberufen und in der Firma mit einer leichten körperlichen Tätigkeit für 10 Stunden wöchentlich bei einer Entlohnung von 325,00 EUR im Monat beschäftigt. Gegen den Bescheid der Beklagten legte er am 13. August 2002 Widerspruch ein. Sein Gesundheitszustand habe sich laufend verschlechtert. Er sei nicht in der Lage, täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Außerdem gelte der Arbeitsmarkt für Versicherte, die zwar noch wenigstens drei aber weniger als sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein könnten, als verschlossen, wenn sie keinen entsprechenden Arbeitsplatz inne hätten. Schon deshalb habe er einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach den ärztlichen Befunden könne er seinen bisherigen qualifizierten Beruf keinesfalls mehr ausüben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2002 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Unter Bezugnahme auf das abschließende sozialmedizinische Rentengutachten, in welchem alle erhobenen Befunde berücksichtigt worden seien, werde der Kläger für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Da der Kläger seit dem 1. Januar 2001 fortlaufend eine Tätigkeit als selbständiger Geschäftsführer ausübe, sei der Teilzeit-Arbeitsmarkt nicht als verschlossen anzusehen. Bei diesem Sachverhalt bleibe für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung kein Raum.

Gegen den dem Kläger am 25. September 2002 zugestellten Widerspruchsbescheid hat er am 11. Oktober 2002 Klage erhoben. Er hat ausgeführt, sein Gesundheitszustand habe sich erheblich verschlechtert, insbesondere bezüglich der Beweglichkeit des rechten Armes und des linkes Fußes. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er noch verrichten, allerdings nur für einen Zeitraum von täglich zwei Stunden. Schon dies bereite ihm Probleme, wenn er versuche, die Zeit durchgängig tätig zu sein. Die Schmerzen könne er meist nur durch eine Unterbrechung in vollkommener Ruhestellung ertragen. Der linke Fuß schmerze und sei fast ständig geschwollen. Der Rücken bereite insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule und im Bereich der Hüften Beschwerden, sowohl im Sitzen, als auch im Gehen und Stehen. Die rechte Schulter schmerze auch in liegender Stellung. Auf der rechten Seite könne er gar nicht liegen. Daher komme es auch zu Schlafstörungen. Er habe oft kein Gefühl in der rechten Schulter/Hand, so dass ihm plötzlich Gegenstände aus der Hand fielen. Auch ein sechsstündiges "Nichtstun", ohne sich zwischendurch hinzulegen und vollkommen zu entspannen, müsse er mit erheblichen Schmerzen ertragen. Die Beschwerden am rechten Auge träten in letzter Zeit immer häufiger auf. Die Sehfähigkeit werde zunehmend vermindert, zurzeit könne er nicht einmal mehr die Zeitung lesen. In der Augenklinik Jena sei ihm nur eine vorübergehende Linderung verschafft worden. Er könne weder seinen bisherigen qualifizierten Beruf ausüben, noch sei er in der Lage überhaupt täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Den Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung habe er auch deshalb, weil der Teilzeitarbeitsmarkt derzeit verschlossen sei. Er habe in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Januar 2002 ein Arbeitseinkommen in Höhe von 2.129,10 EUR und in der Zeit von 13. Februar bis 21. Februar 2002 ein Arbeitseinkommen in Höhe von 707,13 EUR gehabt. Ansonsten habe er als Geschäftsführer mit erheblichen Einschränkungen der Leistungsmöglichkeiten bis zum 31. Juli 2002 kein Arbeitseinkommen erzielt. In der Zeit vom 24. Januar bis 12. Februar 2002 habe er Übergangsgeld erhalten. Seit 1. August 2002 übe er eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einem monatlichen Einkommen von 325,00 EUR aus. Auf die laufenden Geschäfte der Firma habe er keinen Einfluss mehr. Seine Tätigkeit richte sich nach dem Bedarf des Betriebes und seinen gesundheitlichen Möglichkeiten. Zu seinem Aufgabenbereich gehöre z.B. die Überprüfung und Bestellung benötigter Werkzeuge und Hilfsmittel, die Kontrolle der Lagerbestände, die Bestellung und Eingangskontrolle des Materials, evtl. Reparaturannahmen, Botengänge und die Postverteilung. Inzwischen sei ihm auch diese Aushilfstätigkeit auf Grund einer weiteren Verschlechterung seines Augenleidens nicht mehr möglich. Deshalb sei das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2004 gekündigt worden. Er habe sich zum 1. Dezember 2004 arbeitslos gemeldet.

Die Beklagte hat ausgeführt, der zeitliche Umfang der Tätigkeit von zwei Stunden sei auf den subjektiv empfundenen Gesundheitszustand des Klägers zugeschnitten. Von den behandelnden und begutachtenden Ärzten werde sein Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden für leichte körperliche Tätigkeiten eingeschätzt, teilweise werde sogar ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestätigt. Im Hinblick auf das umfangreiche Aufgabengebiet des Klägers sollte es seinem Arbeitgeber ohne weiteres möglich sein, ihm einen Arbeitsplatz in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden anzubieten. Insoweit sei der Kläger auf Grund seiner Stellung als Gesellschafter in der Lage, auf die Gestaltung seines Arbeitsvertrages Einfluss zu nehmen. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2002 bewilligte sie dem Kläger für Mai und Juli 2002 und ab August 2002 laufend aufgrund des geringeren Verdienstes einen Zahlbetrag aus der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. R. Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin, hat am 17. Januar 2003 ausgeführt, der Kläger leide an einem pseudoradikulären Lendenwirbelsäulensyndrom links bei segmentaler Gelenkfunktionsstörung der Lendenwirbelsäule, Bandscheiben-Degene-ration L 5/S 1, Bandscheiben-Protrusion L 4/5 mit zentraler Verkalkung und knöcherner Einengung der Foramina Initiale Coxarthrose beidseits. Der Kläger sei zum ersten Mal im Juli 2002 und zum letzten Mal am 4. Dezember 2002 von ihr behandelt worden, wobei es sich hier eher um akute Beschwerden gehandelt habe, so dass im Moment von keiner vollschichtigen Einsatzfähigkeit auszugehen sei. Dr. F. Facharzt für Allgemeinmedizin, hat mitgeteilt, die in den letzten Jahren stärker gewordenen Rückenschmerzen seien durch degenerative Veränderungen zu erklären. Der Kläger habe angegeben, seine Tätigkeit als Monteur nicht mehr ausüben zu können. Er habe außerdem eine Verschlechterung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes sowie Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich und im linken Bein geäußert. Dr. W. Fachärztin für Chirurgie, hat am 24. Februar 2003 über einen Zustand nach traumatischer Schulterluxation rechts mit arthroskopischer Schulterstabilisierung und posttraumatischem Impingementsyndrom rechts berichtet. Der Kläger leide an starker Wetterfühligkeit, an einer Kraftminderung und starken Bewegungseinschränkungen im rechten Arm, so dass ihm Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm sowie das Heben und Tragen von Lasten mit dem rechten Arm nicht möglich seien. Aus chirurgischer Sicht könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten verrichten. Sie gab die Messdaten der oberen Gliedmaßen an. Schließlich hat das Gericht einen Befundbericht der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. J. vom 25. September 2003 eingeholt, die angeben hat, der Kläger werde seit August 1999 wegen rezidivierender Entzündungen des rechten Auges behandelt. Diese träten mit gleich bleibender Intensität auf. Diagnostisch handele es sich um ein Hornhautinfiltrat des rechten Auges.

Das Gericht hat außerdem die medizinischen Unterlagen der Bau-BG H. beigezogen. In diesem Rahmen ist der Kläger am 13. März 2000 von Dipl.-Med. B. untersucht worden, der hinsichtlich des linken oberen und unteren Sprunggelenkes eine geringe, endgradige Bewegungseinschränkung und im Bereich der rechten Schulter eine deutliche Bewegungseinschränkung mit Belastungs- und Kraftminderung festgestellt hat. Die Erwerbsfähigkeit sei um 20 v. H. gemindert; der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten und ohne schweres Heben und Tragen ausüben.

Zudem ist ein Gutachten von Prof. Dr. G.und Dr. St. Zentrum für Traumatologie vom 15. Januar 2002 übersandt worden. Darin ist eine Einschränkung der Gang- und Standfestigkeit des linken Beines, eine Minderung der Kraft des linken Beines infolge Muskelminderung, eine Einschränkung der Beweglichkeit des linken oberen und unteren Sprunggelenks, ein Schmerzsyndrom im linken Sprunggelenk, linken Fuß und im linken Fußwurzelbereich, eine posttraumatische Arthrose des linken unteren Sprunggelenkes mit einer Kontraktur des oberen und unteren Sprunggelenkes, die Bildung von Osteophyten am Sprungbein sowie im Außenknöchelbereich, Sensibilitätsstörungen und röntgenologische Veränderungen mit glaubhaften subjektiven Beschwerden angegeben. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit wird ab Rentennachprüfung auf 20% eingeschätzt.

In den des Weiteren von der Bau-BG übersandten Schreiben der Fachärztin für Chirurgie Dr. W. vom 21. März und 13. Mai 2002 hat diese ausgeführt, der Kläger habe sich am 2. Februar 2002 mit einem akuten Schmerzsyndrom im rechten Schultergelenk vorgestellt. Es habe eine diffuse Schwellung vorgelegen, die sich bis zum Hals gezogen habe. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe am 10. April 2002 geendet.

Schließlich hat die Bau-BG Hannover ein fachärztlich-chirurgisches Gutachten von Prof. Dr. J. vom Universitätsklinikum Leipzig vom 15. März 2003 übersandt, der ausgeführt hat, die oberen Gliedmaßen erschienen im wesentlich seitengleich geformt und regelrecht entwickelt. Insbesondere falle keine Oberarmmuskulaturverschmächtigung rechts im Vergleich zu links auf. Die Fingernägel sähen gesund aus, zeigten eine deutliche Arbeitsverschmutzung. Ganz wesentlich auffällig sei die starke seitengleiche Beschwielung beider Hände, obwohl der Kläger auf näheres Befragen angegeben habe, dass er seit mehr als drei Monaten nicht mehr arbeite. Hier bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen den objektiv erhobenen Befunden und den Angaben des Klägers. Weiterhin sei eine Verdickung des zweiten Fingers der rechten Hand mit eingeschränkter Beweglichkeit auffällig. Das aktive Anheben der Oberarme werde nur bis 80 Grad seitwärtig und 90 Grad vorwärts durchgeführt. Die passive Beweglichkeit sei jedoch völlig uneingeschränkt. Auch hier bestehe eine deutliche Diskrepanz zwischen den objektivierbar zu erhebenden Befunden und den aktiv vorgeführten Bewegungsausmaßen. Auch der Überkopfgriff, Nackengriff und der Schürzenbindegriff werde aktiv nur sehr eingeschränkt vorgeführt, passiv sei das Schultergelenk jedoch soweit beweglich, dass sich letztendlich in Abduktion und Anteversion eine freie Beweglichkeit ergebe. Es sei daher davon auszugehen, dass die rechte obere Gliedmaße bei Arbeiten eingesetzt werden könne. Die Verschmutzung und Beschwielung der Hände sei seitengleich, die Muskulatur nicht vermindert. Eine gewisse Einschränkung, gerade bei Überkopfarbeiten sei jedoch glaubhaft. Der Gutachter hat zudem die Bewegungsmaße angegeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit liege bei 10 %.

Der Kläger hat hierzu ausgeführt, am Tag der Untersuchung habe er mit einem Defekt am Fahrzeug bei der Hinfahrt nach Leipzig zu tun gehabt und habe sich die Hände nur notdürftig säubern können. Danach sei er aber nicht gefragt worden. Als Rechtshänder versuche er auch unter Schmerzen stets die rechte Hand mit einzusetzen. Die Beschwielung der Hände sei erklärbar, weil er sein Leben lang mit den Händen gearbeitet habe und die Schwielen wohl bleiben werden. Die Oberarmmuskulatur sei durch intensives Training mit Hilfe einer Physiotherapeutin und durch eigene Initiative verbessert worden. Dies habe eine Stärkung der Muskulatur im Oberarmbereich und eine Verbesserung der Beweglichkeit bewirkt.

Schließlich hat das Sozialgericht ein Gutachten von Prof. Dr. R. Facharzt für Orthopädie, vom 24. Mai 2004 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, in der rechten Schulter komme es zu einer endgradigen Bewegungseinschränkung mit Schmerzangabe. Muskel-arthrophien seien nicht messbar. Röntgenologisch habe sich ein sehr gutes Operationsergebnis gezeigt. Im rechten Schultergelenk zeige sich keine erkennbare Arthrose und kein Anhalt für periartikuläre Verkalkungen und keine akuten Reizerscheinungen. Am linken oberen Sprunggelenk seien bis auf den knochendichten Fleckschatten keine Knochenverletzungsfolgen erkennbar. Es ergäbe sich kein Anhalt für eine Arthrose, keine Reizerscheinungen und keine Bewegungseinschränkungen. Im Vergleich zu rechts sei es zu einer Umfangzunahme am linken oberen Sprunggelenk von 1 cm gekommen. An den unteren Sprunggelenken ergebe sich klinisch kein Unterschied zwischen der rechten und der linken Seite. Es lägen keine akuten Reizerscheinungen vor und röntgenologisch habe sich kein Anhalt für die angegebenen Mittelfußfakturen drei und vier links ergeben. Die verordneten orthopädischen Schuhe seien am Begutachtungstag nicht getragen worden. Das hinkende Gangbild könne durch die klinischen und röntgenologischen Diagnosen und Funktionsstörungen nicht erklärt werden. Zudem leide der Kläger an einem lokalen lumbalen vertebragenen Schmerzsyndrom bei lumbosakralem Übergangswirbel und schwach ausgebildeter lumbaler Rückenstreckmuskulatur. Beim Aufrichten habe sich kein painful arc gezeigt. Röntgenologisch seien oberhalb von L5 keine wesentlichen degenerativen Veränderungen aber hohe Zwischenwirbelräume festzustellen. Die Verschmälerung L 5/S 1 sei auf den lumbosakralen Übergangswirbel zurückzuführen. Darüber hinaus hat der Gutachter eine beginnende retropatellare Arthrose, links stärker als rechts, mit leichter retropatellarer Krepitation und ohne akute Reizerscheinungen diagnostiziert. Im Vordergrund der Symtomatik habe am Begutachtungstag aber eine Konversionsneurose und eine somatoforme Schmerzstörung gestanden. Bei den vorliegenden Diagnosen und Funktionsstörungen sowohl im Bereich der Schulter als auch im Bereich der Füße sei durch eine zunehmende Belastung keine Verschlechterung, sondern im Gegenteil eine Stabilisierung zu erwarten. Die Belastbarkeit des Klägers sei bei reiner Begutachtung der Diagnosen und Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates nicht wesentlich beeinträchtigt. Der Kläger könne körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen oder im Sitzen vollschichtig verrichten. Eine Arbeit ausschließlich im Sitzen solle ebenso wenig wie Gerüst- und Leiterarbeiten durchgeführt werden. Bei den bestehenden Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk seien Überkopfarbeiten durchaus möglich und könnten zu einer Verbesserung der Funktion beitragen. In Bezug auf Arbeiten im Schichtsystem oder unter Zeitdruck und Publikumsverkehr hätten sich keine Beeinträchtigungen gezeigt. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Die festgestellte Beurteilung der Leistungsfähigkeit bestehe seit dem Tag der Begutachtung, dem 17. Mai 2004. Sie sei mit dieser Einschätzung auch für den 26. Februar 2002 (Entlassungsbericht der stationären Rehabilitationsmaßnahme) und damit wahrscheinlich auch für den 16. Juli 2001 anzunehmen. Eine ganzheitliche Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers enthalte ansonsten nur die sozialmedizinische Beurteilung der Ärzte der stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 24. Januar 2002 bis 12. Februar 2002 in W ... Die dort getroffene Einschätzung einer Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden sei den in diesem Bericht zu findenden klinischen und röntgenologischen Befunden nicht zu entnehmen. Es werde lediglich beschrieben, dass der Kläger sich auf Grund der eingeschränkten Schulter- und Sprunggelenksfunktionen selbst nicht mehr als leistungsfähig ansehe. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre bereits die Einschätzung möglich gewesen, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten für sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne.

Das Sozialgericht Halle hat die Klage mit Urteil vom 9. Dezember 2004 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne die ihm zur Vermeidung von Erwerbsunfähigkeit zumutbaren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Hierbei ist das Sozialgericht im Wesentlichen dem Gutachten von Prof. Dr. R. gefolgt. Bezüglich des Augenleidens hat es auf die Ausführungen der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. J.sowie darauf verwiesen, dass die meisten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sogar noch bei Einäugigkeit durchgeführt werden könnten. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur Beschwerden an einem Auge angegeben.

Gegen das dem Kläger am 15. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat er am Montag, den 17. Januar 2005 Berufung eingelegt. Durch die Arbeitsunfälle im Jahre 1996 sei das Fußgelenk dick geschwollen und das Abrollen des Fußes kaum möglich. Ihm sei ärzt-licherseits geraten worden, als Arbeitsschutzschuhe hohe Schnürschuhe zu tragen. Dies habe er bei der Arbeit seither ständig getan. Orthopädische Schuhe seien ihm nicht verordnet worden, so dass er solche zur Begutachtung auch nicht habe tragen können. Seit dem Arbeitsunfall im November 1998 sei die Bewegung von Arm und rechter Hand in unregelmäßigen, zum Teil kurzen Abständen plötzlich solange blockiert, bis physiotherapeutische Maßnahmen ergriffen würden. In dieser Zeit sei er absolut arbeitsunfähig. Da diese Blockierung nicht ständig vorliege und sich bei den diversen Untersuchungen des Klägers nicht ereignet habe, habe sie von den untersuchenden Medizinern auch nicht festgestellt werden können. Noch wesentlicher als die Beeinträchtigung seines Armes sei die Sehbehinderung, unter der er etwa seit dem Jahre 2000 leide. Nach mehrjähriger Behandlung durch verschiedene Fachärzte für Augenheilkunde sei die eigentliche Ursache für das Augenleiden immer noch nicht geklärt. Vor diesem Hintergrund erscheine die Darstellung von Frau Dr. J. der Kläger sei arbeitsfähig und gesund, in keiner Weise verständlich. Er hat ein Schreiben von Prof. Dr. D. Direktor der Universitäts- und Poliklinik für Augenheilkunde an der M -L -U.H.vom 13. Dezember 2004 beigefügt. Schließlich hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, dass sein linkes Ohr nahezu taub sei. Weiterhin hat er auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, weder in schmerztherapeutischer noch in psychotherapeutischer Behandlung zu sein. Sein Gesundheitszustand habe sich eher verschlechtert als verbessert, ohne dass dies prozentual irgendwie beschrieben werden könne.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 9. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 16. Juli 2002 in der Fassung der Widerspruchsbescheides vom 20. September 2002 zu verurteilen, ihm ab Juli 2001 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat mitgeteilt, dass der Kläger seit 1. November 2004 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht. Durch die unverändert gebliebene Innenohrschwerhörigkeit ergäben sich nach dem Rentengutachten vom 27. September 2001 beim umgangssprachlichen Verstehen keine Probleme. Sie sei zudem durch ein Hörgerät größtenteils kompensierbar. Die vom Hausarzt festgestellte Verschlechterung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes resultiere lediglich aus den Angaben des Klägers. Objektive Untersuchungsunterlagen seien hierzu nicht vorhanden. Nach den Ausführungen von Dr. O. begründe die Augenerkrankung nur bei akuten Entzündungen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit. Eine rentenrelevante Leistungseinschränkung auf Dauer sei daraus nicht erkennbar.

Das Landessozialgericht hat einen Befundbericht von dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. J.vom 27. September 2005 eingeholt. Dieser hat eine beidseitige symmetrische Innenohrschwerhörigkeit diagnostiziert, die seit März 2000 unverändert sei und im Lärmbereich zur Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führe. Bei normaler Zimmerlautstärke sei es für den Kläger schwer, sich zu verständigen. Die Schwerhörigkeit sei durch ein Hörgerät größtenteils kompensierbar. In einem darüber hinaus eingeholten Befundbericht der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. O. vom 27. Oktober 2005 hat diese eine Sehschwäche rechts bei Hornhautnarben nach Entzündungen angegeben. Während der Dauer der Entzündungen sei die Arbeitsfähigkeit des Klägers eingeschränkt. Sie hat ein Schreiben von Prof. Dr. D.vom 21. Juni 2005 beigefügt, wonach sich im Moment an beiden Augen ein sehr guter und stabiler Hornhautbefund zeige. Prof. Dr. D. hat auf Nachfrage des Landessozialgerichts mit Schreiben vom 3. Juli 2007 mitgeteilt, im Zusammenhang mit der rezidivierenden Hornhautentzündung sei es zu einer zunehmenden Vernarbung des Hornhautgewebes mit Reduktion der Sehschärfe durch Trübungen bzw. durch die unruhige Hornhautoberfläche gekommen. Im Verlauf der Behandlung sei es zu einer beidseitigen Befundverschlechterung mit Verschlechterung der Sehschärfe am rechten Auge gekommen. Die Sehschärfe sei am rechten Auge sehr schwankend gewesen, während sie am linken Auge noch stabil sei. Zwischenzeitlich habe unter Behandlung eine Sehschärfe von 0,8 bis 1,0 p rechts und 1,0 links jeweils mit Korrektur erreicht werden können, welche sich im Laufe der Zeit jedoch allmählich wieder verschlechtert habe. Zur letzten Vorstellung am 18. Juni 2007 sei rechts ein Visus von + 3,0 s - 7,5 c A 70° = 0,2 bis 0,25 p und links von + 3,0 s – 0,5 c A 90° = 0,8 gemessen worden.

Des Weiteren hat das Landessozialgericht Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens von MR Dozent Dr. M. Facharzt für Chirurgie/Notfallmedizin vom 9. Juli 2008. Dieser hat ein Impingementsyndrom an der rechten Schulter mit konzentrischer Bewegungseinschränkung, eine Funktionsbeeinträchtigung des linken oberen und unteren Sprunggelenkes, ein Streckdefizit am zweiten Finger rechts, ein Zervikalsyndrom und ein Lumbalsyndrom diagnostiziert. Als fachfremde Diagnosen hat er Hornhautnarben beider Augen, rechts mehr als links mit begleitender Linsentrübung und geringer Sehminderung, eine Hörminderung links mehr als rechts und eine Somatisierungsstörung angegeben. Die konzentrische Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes sei voll umfänglich nachvollziehbar, da sie durch eine räumliche Enge (Impingementsyndrom) zwischen Oberarmkopf und Schulterdach nach vorausgegangener Schulterluxation bedingt werde. Die Funktionsbeeinträchtigung des linken oberen und unteren Sprunggelenkes resultiere aus einem vorausgegangenen Distor-sionstrauma. Die endgradigen funktionellen Einschränkungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sei nicht altersuntypisch. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei trotz des Funktionsdefizits des zweiten Fingers rechts gegeben. Bei der Somatisierungsstörung handele es sich um eine krankheitswertige, aber behandelbare Gesundheitsstörung. Der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen oder Gehen zu etwa gleichen zeitlichen Anteilen vorzugsweise in der Tagesschicht noch täglich sechs Stunden verrichten. Dabei seien Zwangshaltungen, wie häufiges Bücken oder Knien sowie das Heben, Tragen oder Bewegung von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel ebenso zu vermeiden wie Überkopfarbeiten, hohe Temperaturschwankungen, Einwirkungen von Staub, Gas, Dampf oder Rauch, Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Gerüsten oder Leitern, Zeitdruck sowie Akkord und Fließbandarbeiten. Bei Witterungsschutz könne der Kläger auch im Freien tätig werden. Das Hörvermögen sei etwa hälftig gemindert, der Kläger könne die Umgangssprache noch ausreichend verstehen. Spezielle Anforderungen an das Hörvermögen, z. B. bei Publikumsverkehr, seien daher nicht zu beachten. Lärmeinwirkungen spielten eine untergeordnete Rolle, da diese vom Kläger nicht voll umfänglich wahrgenommen werden könnten. Das Sehvermögen sei nur geringfügig vermindert, so dass besondere Anforderungen nicht zu beachten seien. Der Kläger könne beispielsweise leichte Sortierarbeiten oder Büroarbeiten verrichten. Dem Kläger sei eine längere Gehstrecke zumutbar, eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Im Hinblick auf bisher vorliegende Gutachten und Befundberichte ergäben sich keine grundsätzlichen Abweichungen. Hinsichtlich der augen- und hals-nasen-ohrenärztlichen Ausführungen hat sich der Gutachter auf von ihm selbst hinzu gezogene Befundberichte von Dr. D.vom 3. Juni 2008 sowie von Dr. S. vom 22. Juni 2008 bezogen.

Der Kläger hat hierzu ausgeführt, trotz des orthopädischen Schuhwerks ziehe er das linke Bein bereits nach wenigen Minuten nach und beginne zu hinken. Der linke Fuß sei ständig geschwollen. Das von Dr. M.beschriebene normale Gangbild sei fehlerhaft. Der Gutachter habe richtig ausgeführt, was der Kläger alles nicht leisten könne. Seine Einschätzung, daraus folge die Fähigkeit zu sechsstündiger täglicher Arbeit, sei jedoch unrealistisch. Er könne längstens zehn Minuten Zeitung lesen, Bildschirme könne er nicht ablesen. Hierzu solle der Augenarzt nochmals gehört werden. Nur wenn es keinerlei Nebengeräusche gebe, habe der Kläger bei der Verständigung keine Hörprobleme. Der Kläger hat noch ein Schreiben der Fa. F.Reinigungs- und Maschinentechnik GmbH vom 26. Mai 2004 sowie seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2005 und 2006 beigefügt.

Die Beteiligten haben sich in der nicht öffentlichen Sitzung am 24. Oktober 2008 übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten beschweren den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Hierüber konnte das Gericht mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 SGG durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), denn er ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen noch in der Lage, eine Erwerbstätigkeit für mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger noch in der Lage ist, für mindestens sechs Stunden arbeitstäglich eine körperlich leichte Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Stehen oder Gehen zu etwa gleichen zeitlichen Anteilen zu verrichten, wobei Zwangshaltungen, wie häufiges Bücken oder Knien und häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel ebenso zu vermeiden sind wie Überkopfarbeiten, hohe Temperaturschwankungen, Zeitdruck, Einwirkungen von Staub, Gas, Dampf oder Rauch. Des Weiteren scheiden für den Kläger Arbeiten an laufenden Maschinen, auf Gerüsten oder Leitern sowie Akkord- und Fließbandarbeiten und Tätigkeiten mit hohen Anforderungen an das Hör- oder Sehvermögen aus. Dabei sollte der Kläger vorzugsweise in der Tagesschicht tätig sein. Dies folgert der Senat aus dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. R. dem fachchirurgischen Gutachten von MR Dr. M. den eingeholten Befundberichten sowie den beigezogenen medizinischen Unterlagen. Dem gegenüber konnte die zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit auch für körperlich leichte Arbeiten im Rehabilitationsentlassungsbericht sowie in der sich darauf stützenden abschließenden sozialmedizinischen Stellungnahme nicht überzeugen.

Bei dem Kläger liegen Erkrankungen auf verschiedenen Fachgebieten vor. Diese können jedoch weder für sich genommen noch zusammen gesehen eine volle Erwerbsminderung begründen. Im Bereich der rechten Schulter handelt es sich nach traumatischer Schulterluxation um ein Impingementsyndrom, d. h. um eine durch die Schulterluxation hervorgerufene räumliche Enge zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach. Nachvollziehbar haben die Gutachter übereinstimmend daraus eine deutliche Funktionseinschränkung und eine Schmerzsymptomatik im Bereich der rechten Schulter bis in den rechten Arm hinein mit konzentrischer Bewegungseinschränkung dieses Gelenkes gefolgert. Der orthopädische Gutachter Prof. Dr. R. hat hierzu ausgeführt, bei einer zunehmenden Belastung in diesem Bereich sei nicht mit einer Verschlechterung, sondern im Gegenteil mit einer Stabilisierung des Zustandes zu rechnen. Er hielt daher sogar Überkopfarbeiten des Klägers durchaus für möglich und führte aus, diese könnten zu einer Verbesserung der Funktionen beitragen. Jedenfalls ist der Senat aber davon überzeugt, dass der Kläger auf Grund seiner Beschwerden in der rechten Schulter nicht an leichten körperlichen Tätigkeiten mit den beschriebenen Einschränkungen, insbesondere ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegung von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und ohne Überkopfarbeiten für täglich mindestens sechs Stunden gehindert ist. Nach den übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter erreicht die Funktionseinschränkung und Beschwerdesymptomatik im Bereich der rechten Schulter jedenfalls nicht ein solche leichten Tätigkeiten in dem angegebenen zeitlichen Rahmen ausschließendes Ausmaß. Prof. Dr. R.hat auf ein röntgenologisch sehr gutes Operationsergebnis hingewiesen. Er konnte im rechten Schultergelenk weder Anhaltspunkte für eine Arthrose noch für periartikuläre Verkalkungen oder akute Reizerscheinungen erkennen. Übereinstimmend ist sowohl in dem fachärztlich chirurgischen Gutachten von Prof. Dr. J.als auch in dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. R. und in dem fachchirurgischen Gutachten von MR Dr. M.ausgeführt, dass keine Oberarmmuskulaturverschmächtigung rechts im Vergleich zu links messbar sei. MR Dr. M.hat hierzu ausgeführt, sowohl im Ober- und Unterarm als auch im Ellenbogengelenk und im Bereich der Hände seien die Umfangmaße jeweils seitengleich. Wenn der Gebrauch des rechten Armes dem Kläger auch für leichte Tätigkeiten nicht möglich wäre, wäre seine Muskulatur in diesem Bereich deutlich zurückgegangen und könnte auch im Training nicht vollständig eingesetzt und so wieder aufgebaut werden. Daneben zeigen auch die Arbeitsverschmutzung und seitengleiche Beschwielung beider Hände, dass der Kläger im täglichen Leben auch seinen rechten Arm noch soweit einsetzen kann, dass jedenfalls leichte Tätigkeiten mit den angegebenen qualitativen Einschränkungen nicht ausgeschlossen sind. Das von der Fachärztin für Chirurgie Dr. W. für den 2. Februar 2002 angegebene akute Schmerzsyndrom im rechten Schultergelenk mit diffuser Schwellung, die sich bis zum Hals gezogen habe, steht dem nicht entgegen, da es als akute Symptomatik von vorübergehender Natur gewesen ist. Dementsprechend ist dieser Befund in den nachfolgenden Gutachten auch nicht mehr erhoben worden. Für einen Rentenanspruch ist eine kurzfristige akute Erkrankung unbeachtlich.

Zudem besteht nach einem Distorsionstrauma am linken Fuß eine Bewegungseinschränkung und Funktionsbeeinträchtigung im linken oberen und unteren Sprunggelenk. Auch diesbezüglich sind die gutachterlichen Schlussfolgerungen überzeugend, daraus keine weiteren qualitativen oder quantitativen Einschränkungen in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzuleiten. Der Gutachter Prof. Dr. R.vermochte am linken oberen Sprunggelenk bis auf einen knochendichten Fleckschatten keine Knochenverletzungsfolgen zu erkennen. Ebenso wenig fand er einen Anhalt für eine Arthrose, für Reizerscheinungen oder für Bewegungseinschränkungen. Er hat lediglich eine Umfangzunahme am linken oberen Sprunggelenk von einem Zentimeter gemessen. Am unteren Sprunggelenk konnte er klinisch keinen Unterschied zwischen der rechten und linken Seite feststellen. Röntgenologisch hat er keinen Anhaltspunkt für die angegebenen Mittelfußfrakturen 3 und 4 gefunden. Er erwartet auch im Bereich der Füße durch eine zunehmende Belastung eher eine Stabilisierung als eine Verschlechterung. Weder für das hinkende Gangbild noch für Funktionsstörungen in diesem Bereich konnte der Gutachter klinische oder röntgenologische Diagnosen anführen. Wenn der Sachverständige MR Dr. M. ein nicht gestörtes Gangbild und ein raumgreifendes Schrittmaß des Klägers festgestellt hat, steht dies mit den klinischen und röntgenologischen Diagnosen in Übereinstimmung und vermag seine Einschätzung, dem Kläger sei auch eine längere Gehstrecke zumutbar, überzeugend zu begründen. Bei der im September 2001 durch den Gutachter des Sozialmedizinischen Dienstes festgestellten Schwellung des linken Sprunggelenkes ist von einer kurzfristigen akuten Symptomatik auszugehen. Dies zeigt auch der Befundbericht der Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. R.vom 17. Januar 2003, nach welchem der Kläger im Jahr 2002 auf Grund akuter Beschwerden behandelt wurde. Die vom Kläger angegebene Bewegungseinschränkung beim Abrollen des Fußes steht einer leichten Tätigkeit mit den angegebenen Einschränkungen auch in einem Umfang von sechs Stunden täglich nicht entgegen.

Darüber hinaus überzeugt es den Senat, dass die Gutachter aus dem Funktionsdefizit in Form eines Streckdefizites am zweiten Finger der rechten Hand keine weiterreichende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ableiten. Es handelt sich hierbei um eine Verdickung des zweiten Fingers mit eingeschränkter Beweglichkeit. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommt es auf vereinzelt vorkommende, spezielle Tätigkeiten, die eine volle Beweglichkeit auch des zweiten Fingers der rechten Hand erfordern, nicht an.

Die Gutachter haben des weiteren hinreichend begründet, dass auch die Bewegungseinschränkungen des Klägers im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diesem weiterhin leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen unter Einhaltung der weiteren angegebenen qualitativen Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich erlauben. Diese Beeinträchtigungen beruhen auf einem Cervikal- und Lumbalsyndrom bei schwach ausgebildeter lumbaler Rückenstreckmuskulatur. Röntgenologisch hat Prof. Dr. R.eine Verschmälerung L 5/S 1 festgestellt. Oberhalb von L 5 seien jedoch keine degenerativen Veränderungen feststellbar und beim Aufrichten habe sich kein painful arc gezeigt. Der Sachverständige MR M. hielt die endgradigen funktionellen Bewegungseinschränkungen in diesem Bereich für nicht altersuntypisch. Schließlich kann der Senat nachvollziehen, dass die weiterhin diagnostizierte retropatellare Arthrose mit leichter Krepitation und ohne akute Reizerscheinungen (vgl. Gutachten Prof. Dr. R. nicht zu weiteren Funktions- oder Bewegungseinschränkungen führt und daher ebenfalls der Erwerbstätigkeit des Klägers in dem beschriebenen Umfang nicht entgegensteht.

Insgesamt ist der Senat davon überzeugt, dass die Belastbarkeit des Klägers durch seine Einschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates nicht über das beschriebene Maß hinaus beeinträchtigt ist. Die von Prof. Dr. J. beschriebene Diskrepanz zwischen den objektivierbar zu erhebenden Befunden und den aktiv vorgeführten Bewegungsausmaßen kann durch die auch von MR Dr. M. und Prof. Dr. R. beschriebene Somatisierungsstörung erklärt werden, die zwar krankheitswertig, aber behandelbar ist und als solche eine Erwerbstätigkeit in dem beschriebenen Umfang nicht weiter einschränkt.

Schließlich leidet der Kläger noch an einer beidseitigen symmetrischen Innenohrschwerhörigkeit und an einer Sehschwäche rechts bei Hornhautnarben nach Entzündungen. Die Innenohrschwerhörigkeit ist jedoch durch ein Hörgerät größtenteils kompensierbar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M.versteht der Kläger die Umgangssprache noch ausreichend. Leichte Tätigkeiten, bei denen keine speziellen Anforderungen an das Hörvermögen gestellt werden, sind dem Kläger daher weiterhin möglich. Auch die Sehminderung erreicht nur ein geringes Maß und kann weitgehend korrigiert werden. Lediglich während der Dauer von Entzündungen in diesem Bereich ist die Arbeitsfähigkeit des Klägers eingeschränkt. Tätigkeiten mit speziellen Anforderungen an das Sehvermögen sollten aufgrund der leichten Sehminderung aber generell vermieden werden. Wenn die Gutachter hieraus keine über das beschriebene Maß hinausgehenden Einschränkungen für die Erwerbsfähigkeit des Klägers ableiten, steht diese Einschätzung in überzeugender Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Fachliteratur, nach der bei einem Visus von 0,8 und höher auf einem Auge und einem Visus zwischen 0,2 und 0,6 auf dem anderen Auge von kaum merklichen Einschränkungen im Alltagsleben auszugehen ist (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Auflage 1995, S. 523). Der Kläger erreicht unter Korrektur einen Visus von 0,8 bis 1,0 rechts und links von 1,0 und am 18. Juni 2007 ist rechts ein Visus von 0,2 bis 0,25 und links ein Visus von 0,8 gemessen worden. Eignungseinschränkungen ergeben sich daraus lediglich in Berufssparten, die hohe Anforderungen an das Sehvermögens stellen und beidäugiges Zusammensehen voraussetzen, wie der öffentliche Personenverkehr, spezielle technische Dienste, Präzisionsarbeiten und Arbeiten an hohen Regalsystemen (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Auflage 1995, S. 523).

Beim Kläger liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die zu der Verpflichtung der Beklagten führen würde, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 SGB IV Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Von solchen Einschränkungen kann zunächst nur gesprochen werden, wenn sie über das hinausgehen, was bereits vom Begriff leichte Tätigkeiten mit umfasst ist. Zwar liegen beim Kläger eine Reihe von krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen vor, doch sind diese in der Mehrzahl mit der Umschreibung leichter Tätigkeiten vereinbar. Die Minderung der Leistungsfähigkeit ist daher bezogen auf die Bedingungen der Arbeitswelt, insbesondere was leichte körperliche Arbeiten betrifft, nicht als außergewöhnlich zu bezeichnen. Der Kläger kann z. B. noch leichte Bürohilfstätigkeiten für zumindest sechs Stunden arbeitstäglich verrichten, indem er gelegentliche Telefonanrufe entgegennimmt, einfache Schreibarbeiten und Kopieraufträge erledigt, eingehende Briefe öffnet und abzusendende Brief kuvertiert.

Die im Reha-Entlassungsbericht und in der abschließenden sozialmedizinischen Stellungnahme vom 17. April 2002 aufgeführte Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf drei bis unter sechs Stunden ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Dem steht schon entgegen, dass der Kläger bis einschließlich Juli 2002 tatsächlich eine vollschichtige Tätigkeit ausgeübt hat, auch wenn diese unterbrochen war durch die Teilnahme an der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 24. Januar bis 12. Februar 2002. Schließlich ist die zeitliche Eingrenzung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf unter sechs Stunden nach den obigen Ausführungen auch mit seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erklärbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht, da es sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage handelt.
Rechtskraft
Aus
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