Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 3 RJ 413/98
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 104/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Anerkennung eines Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges als Beitragszeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).
Der am 1954 geborene Kläger war vom 1. Oktober 1974 bis 28. September 1989 inhaftiert, zuletzt in der Strafvollzugseinrichtung (StVE) B ... Während der Haft war er zur Arbeit eingesetzt vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989. Die Haftanstalt bestätigte am 1. September 1989, dass 12 Jahre und 5 Monate als versicherungspflichtige Tätigkeit gemäß § 6 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes vom 7. April 1977 anzurechnen seien. Der Sozialversicherungsausweis enthält für die Haftzeit keine Eintragungen.
Am 4. Dezember 1997 beantragte der Kläger die Kontenklärung und gab an, es habe sich nicht um eine politische Inhaftierung gehandelt. Mit Bescheid vom 15. Januar 1998 erteilte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI einen Versicherungsverlauf. Die Zeit vom 1. Oktober 1974 bis 28. September 1989 anerkannte sie weder als Beitrags- noch als Ersatzzeit.
In seinem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe während der Haftzeit regelmäßig unter extremen Arbeitsbedingungen gearbeitet und ständig Beiträge zur Sozialpflichtversicherung entrichtet. Er legte eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Verdienstbescheinigung der Justizvollzugsanstalt (JVA) B. vom 18. März 1998 vor. Danach sei der Kläger während der Arbeitseinsätze beitragspflichtig gewesen, von den erarbeiteten Bruttolöhnen seien Beiträge zur Sozialversicherung bis zur Höhe von 60 Mark monatlich einbehalten worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1998 zurück und führte aus, für Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges seien nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich keine Beiträge zu zahlen gewesen. Diese Zeiten könnten nicht als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI berücksichtigt werden. Die Gleichstellung des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nach dem Recht der früheren Deutschen Demokratischen Republik sei unbeachtlich, da nach § 248 Abs. 3 SGB VI nur Zeiten angerechnet werden könnten, für die tatsächlich Beiträge gezahlt wurden. Nur den Personen, die während der Haft mit Anspruch auf den Arbeitsverdienst beschäftigt gewesen und für die Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien, sei bei der Entlassung eine Verdienstbescheinigung zum Zwecke der Eintragung in den Sozialversicherungsausweis ausgestellt worden. Nur bei Vorliegen des ergänzten Ausweises oder der Arbeitsverdienstbescheinigungen – nicht Arbeitsbescheinigungen – könnten Beitragszeiten angerechnet werden. Diese Unterlagen habe der Kläger nicht vorgelegt. Auch eine Anerkennung als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 5 a SGB VI komme nicht in Betracht, da hinsichtlich dieser Zeit keine Rehabilitierung oder Kassation erfolgt sei.
In seiner am 5. August 1998 vor dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger zunächst auf die Bescheinigungen der JVA B. vom 18. März 1998 verwiesen. Aus diesen gehe hervor, dass Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien.
Das Gericht hat zunächst Auskünfte des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger vom 6. Oktober 2000 und der JVA B. vom 6. Oktober 2000 eingeholt und ferner eine Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Februar 1997 beigezogen.
Daraufhin hat der Kläger ausgeführt, dass auch nach seinen Kenntnissen die Beiträge zur Sozialversicherung von den Arbeitseinsatzbetrieben abgeführt, diese jedoch nicht an die Verwaltung der Sozialversicherung weitergeleitet worden seien. Die gegenwärtige Gesetzeslage sei grob ungerecht gegenüber dem Kläger und verletze das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.
Das Gericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2001 abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes während der Haftzeit als Beitragszeit. Zwar sei er unstreitig im Arbeitseinsatz tätig gewesen, eine Beitragsabführung an die Sozialpflichtversicherung sei nach dem Strafvollzugsgesetz der DDR aber nicht erfolgt. Der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen habe auch kein Arbeitsverhältnis begründet. Vielmehr seien Beiträge in Höhe des Sozialversicherungsbeitrages der Werktätigen an die Einrichtungen des Strafvollzuges abgeführt worden. Daher komme die Anerkennung einer Beitragszeit nach § 248 SGB VI nicht in Betracht. Unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes sei die Nichtberücksichtigung der Arbeitseinsatzzeiten bei der Rentenberechnung nicht verfassungswidrig. Die Behandlung der Arbeit der Strafgefangenen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik widerspreche insoweit nicht der früheren Bewertung der Arbeit von Strafgefangenen in den alten Bundesländern. Auch könne die streitige Zeit weder als Anrechnungs- noch als Ersatzzeit anerkannt werden.
Gegen das am 21. Juni 2001 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 29. Juni 2001 eingegangene Berufung. Der Kläger führt aus, das angegriffene Urteil sei formell rechtmäßig. Die erfolgte Einordnung in Beschäftigtenkategorien stelle aber eine solche Ungleichbehandlung dar, dass diese dem Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes widerspreche. Es liege eine Sondersituation vor, die den Spielraum des Gesetzgebers aufhebe. Ein Vergleich mit Strafgefangenen der früheren Bundesrepublik Deutschland sei nicht zulässig, da es dort das System der Strafarbeit unter erschwerten Bedingungen nicht gegeben habe. Die Strafgefangenen seien durch die Arbeitseinsatzbetriebe in Entlohnung und Beitragszahlung behandelt worden, als wären Zivilisten tätig. So seien der Beitragsanteil zur Sozialversicherung, eine Unfallumlage und weitere Kosten von diesen Betrieben abgeführt, jedoch nicht an den Sozialversicherungshaushalt weitergeleitet worden. Bei der Überführung der Sozialversicherungssysteme der DDR in das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung seien einige Beschäftigtenkategorien vergessen, andere besonders privilegiert worden. So kämen wissenschaftliche Mitarbeiter, für die der Betrieb keine Zusatzbeiträge gezahlt habe, in den Genuss der zusätzlichen Altersversorgung. Staatsnahe Mitarbeiter wie die Aufseher der Strafgefangenen seien in die Sonderversorgungssysteme integriert gewesen, deren Beiträge seien aber nicht in den Sozialversicherungshaushalt geflossen. Strafgefangene hingegen erhielten für die Zeit der Tätigkeit keine Anwartschaft, obwohl sie Schwerstarbeit geleistet und Beiträge abgeführt hätten. Nach dem Recht der ehemaligen DDR sei keine Benachteiligung bei der Rentenberechnung eingetreten. Nunmehr werde die spätere Altersrente um 500,00 DM/Monat verringert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Mai 2001 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1998 abzuändern, und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989 als Beitragszeit, hilfsweise als An- rechnungs- oder Ersatzzeit vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Verwaltungsentscheidungen und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Vormerkung der streitigen Zeiträume im Vormerkungsbescheid besteht nach § 149 Abs. 5 SGB VI. Danach ist der Versicherungsträger verpflichtet und befugt, durch einen feststellenden Verwaltungsakt in Schriftform die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich festzustellen. Soweit diese Daten rentenrechtliche Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 1 SGB VI sein können, hat der Vormerkungsbescheid eine beweissichernde Funktion für den späteren Rentenfall. Aus dieser Bindungswirkung folgt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis auch bei Ablehnung geltend gemachter Versicherungszeiten im Vormerkungsbescheid vorliegt (vgl. KassKomm-Forster § 149 SGB VI RdNr 17).
Die Berufung ist aber unbegründet, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts rechtlich nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit des Arbeitseinsatzes während der Inhaftierung vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989 als Beitragszeit (1.) oder als Anrechnungs- oder Ersatzzeit (2.). Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften des Grundgesetzes (3.).
1.a. Eine Beitragszeit nach § 55 Abs. 1 SGB VI liegt nicht vor. Danach sind Beitragszeiten die Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keine Beiträge nach dem Recht der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland gezahlt.
b. Es handelt sich auch nicht um eine gleichgestellte Beitragszeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Danach stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht die Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind.
Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften während des Arbeitseinsatzes des Klägers keine Beitragspflicht bestanden hatte. Danach übten Strafgefangene während des Arbeitseinsatzes im Strafvollzug keine beitragspflichtige Beschäftigung aus, für die Beiträge zur Sozialpflichtversicherung entrichtet wurden. Nach § 6 des Gesetzes über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (Strafvollzugsgesetz) vom 7. April 1977 (GBl. I, Seite 109) fanden für den Arbeitseinsatz Strafgefangener die Grundsätze der arbeitsrechtlichen Vorschriften nach den in diesem Gesetz getroffenen Regelungen entsprechende Anwendung. Die Dauer des Arbeitseinsatzes wurde nach der Entlassung aus dem Strafvollzug der Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gleichgestellt. Nach § 22 Abs. 2 der Vorschrift erfolgte der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen in volkseigenen Betrieben und ihnen gleichgestellten Einrichtungen, so genannten Arbeitseinsatzbetrieben. Der Arbeitseinsatz begründete – ausdrücklich – kein Arbeitsrechtsverhältnis. § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) vom 17. November 1977 (GBl. I, Seite 373) sah eine Pflichtversicherung für alle Werktätigen während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses vor. Da ein Arbeitsrechtsverhältnis beim Arbeitseinsatz Strafgefangener nicht begründet wurde, lag folglich ein beitragspflichtiges Versicherungsverhältnis nicht vor.
Entsprechend der gesetzlichen Regelungen ist daher eine Eintragung von sozialversicherungspflichtigem Gesamtarbeitsverdienst in den Sozialversicherungsausweis nicht erfolgt. Die Entlassungsbescheinigung der StVE B. vom 1. September 1989 bestätigt lediglich die Gleichstellung mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne von Arbeitsjahren. Aus der rentenrechtlichen Behandlung der Zeit ergibt sich, dass auch nach dem Recht der DDR eine Beitragszeit nicht vorlag: Fiel der Arbeitseinsatz in den 20-Jahreszeitraum für die Berechnung des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes, war er zugunsten des Versicherten abzusetzen. Da kein beitragspflichtiger Verdienst vorlag, konnte ein solcher nämlich nicht dem Gesamteinkommen zugerechnet werden (vgl. Handbuch der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten über Grundsätze der Rentenversorgung einschließlich Erläuterungen, Herausgeber FDGB Bundesvorstand, 1. Oktober 1981, S. 5).
2.a. Die Zeit des Arbeitseinsatzes kann auch nicht als Anrechnungszeit nach den §§ 58, 252 oder 252 a SGB VI vorgemerkt werden. Die Zeit einer Strafhaft bzw. des Arbeitseinsatzes während der Haft wird von dem Katalog der Tatbestände, für die eine Anrechnungszeit vorgesehen ist, nicht erfasst. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, unter welchem Gesichtspunkt der streitige Zeitraum eine Anrechnungszeit darstellen soll.
b. Auch die Vormerkung einer Ersatzzeit nach § 250 SGB VI kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist kein Fall des § 250 Abs. 1 Ziff. 5 a SGB VI ersichtlich. Danach liegt eine Ersatzzeit vor, wenn der Versicherte im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 30. Juni 1990 einen Freiheitsentzug erlitten hat, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist. Bereits in seinem Antrag auf Kontenklärung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er nicht aus politischen Gründen inhaftiert war. Er hat auch weder eine Entscheidung über eine Rehabilitierung oder Kassation des zugrundeliegenden Urteiles vorgelegt, noch eine solche geltend gemacht.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen wegen der gesetzlich nicht vorgesehenen rentenrechtlichen Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes während der Strafhaft in der ehemaligen DDR nicht.
a. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Zeiten verletzt nicht den Eigentumsschutz nach Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die in der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Wiedervereinigung erworbenen Rentenanwartschaften und -ansprüche genießen nicht den Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Zwar gelangten die Ansprüche und Anwartschaften wie andere vermögenswerte Rechtspositionen mit der Wiedervereinigung in den Schutzbereich des Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz dieser in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rechtspositionen besteht allerdings nur in der durch den Einigungsvertrag erhaltenen Form (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95 -, BverfGE 100, S. 1, 33, 37). Kein Eigentumsschutz im Sinne des Artikel 14 GG lässt sich daher für in der Deutschen Demokratischen Republik erworbene Ansprüche und Anwartschaften herleiten, die vom Einigungsvertrag nicht übernommen worden sind. Außerhalb der Regelung des Artikel 2 RÜG, der für einen vorübergehenden Zeitraum bis zum 31. Dezember 1996 die rentenrechtlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik fortführte, haben die Zeiten des Arbeitseinsatzes keine Berücksichtigung im Einigungsvertrag gefunden.
b. Die in Artikel 2 RÜG enthaltene Stichtagsregelung, in der die Anwendung des Gesetzes auf einen Rentenbeginn bis spätestens zum 31. Dezember 1996 begrenzt wird, ist unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Stichtagsregelungen sind notwendig und zulässig, der Zeitpunkt muss sich aber an dem zugrunde liegenden Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen muss angemessen berücksichtigt sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. Mai 1999 - B 8 KN 10/98 R - , SozR 3 - 8575 Art. 2 § 44 RÜG Nr. 1, S. 7 ff.). Die befristete Fortgeltung des Rechtes der Deutschen Demokratischen Republik zielt auf einen Bestandsschutz der bei der Wiedervereinigung rentennahen Jahrgänge. Die Befristung resultiert aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine möglichst schnelle Angleichung des Rentenversicherungsrechtes angestrebt hat. Daher liegt auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den Versicherten vor, deren Rente bis zum 31. Dezember 1996 beginnt. Abgesehen davon lässt sich aus Art. 2 RÜG die geltend gemachte Vormerkung als rentenrechtliche Zeit nach dem SGB VI nicht begründen. Das Gesetz führt allein die früheren rentenrechtlichen Bestimmungen fort, begründet aber keine Ansprüche nach dem SGB VI.
c. Auch unter sonstigen Gesichtspunkten ist ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG nicht erkennbar. Danach ist es mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, gleiche Sachverhalte ohne hinreichenden Grund ungleich zu behandeln.
1) Die vom Kläger zitierten wissenschaftlichen sowie staatsnahen Mitarbeiter mit Anspruch auf Leistungen der Sonder- oder Zusatzversorgungssysteme sind mit dem Kläger nicht soweit vergleichbar, dass daraus eine Pflicht zur Gleichbehandlung seines Arbeitseinsatzes mit den Beschäftigungsverhältnissen jener Versicherten abzuleiten wäre. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal, das eine andere rentenrechtliche Bewertung rechtfertigt, ist der Umstand, dass jene Versicherten für ihre Arbeitstätigkeit Beiträge zur Sozialverpflichtversicherung geleistet haben. Insoweit sind die Ausführungen des Klägers, dass die in Sonderversorgungssystemen Versicherten keine Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hätten, irre führend. Zwar sahen einige der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme Beitragsfreiheit vor, die Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung für die spätere sogenannte "SV-Rente" bestand jedoch unverändert fort.
2) Auch aus einem Vergleich mit Strafgefangenen in der früheren Bundesrepublik Deutschland lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers waren die Strafgefangenen auch in der Bundesrepublik Deutschland nach § 41 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zur Arbeit verpflichtet. Von einer nach § 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz vorgesehenen Ermächtigung des Bundesgesetzgebers zur Einbeziehung der Strafgefangenen in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung hat dieser bis heute keinen Gebrauch gemacht, so dass auch der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen in der Bundesrepublik Deutschland nicht versicherungspflichtig war und ist (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 1. Juli 1998, - 2 BvR 441, 493/90, 618/92, 212/93 und 2 BvL 17/94 - , BverfGE 98, Seite 169, 212). Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist die Vorschrift des § 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Regelung über die Einbeziehung des während der Haftzeit erzielten Arbeitsentgeltes in die sozialen Versicherungssysteme stellt ein Element des dem Gesetzgeber freigestellten Resozialisierungskonzeptes dar. Eine solche Regelung ist weder vom verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot noch vom Gleichheitsgrundsatz gefordert.
3) Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz auch nicht aus einem Vergleich mit den Arbeitnehmern herleiten, die in den Arbeitseinsatzbetrieben die gleiche Arbeit, allerdings sozialversicherungspflichtig ausgeübt haben. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, jede in Betracht kommende Beschäftigung am Schutz der Sozialversicherung teilnehmen zu lassen. Dies folgt aus dem weiten Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber bei der Umsetzung des verfassungsrechtlich normierten Resozialisierungsgebotes hat. Der dem Gesetzgeber gestattete erhebliche Bewertungsspielraum gebietet daher nicht, die Pflichtarbeit während der Strafhaft einer freien Erwerbstätigkeit gleichzustellen (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 1. Juli 1998, S. 204).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges als Beitragszeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).
Der am 1954 geborene Kläger war vom 1. Oktober 1974 bis 28. September 1989 inhaftiert, zuletzt in der Strafvollzugseinrichtung (StVE) B ... Während der Haft war er zur Arbeit eingesetzt vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989. Die Haftanstalt bestätigte am 1. September 1989, dass 12 Jahre und 5 Monate als versicherungspflichtige Tätigkeit gemäß § 6 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes vom 7. April 1977 anzurechnen seien. Der Sozialversicherungsausweis enthält für die Haftzeit keine Eintragungen.
Am 4. Dezember 1997 beantragte der Kläger die Kontenklärung und gab an, es habe sich nicht um eine politische Inhaftierung gehandelt. Mit Bescheid vom 15. Januar 1998 erteilte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI einen Versicherungsverlauf. Die Zeit vom 1. Oktober 1974 bis 28. September 1989 anerkannte sie weder als Beitrags- noch als Ersatzzeit.
In seinem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe während der Haftzeit regelmäßig unter extremen Arbeitsbedingungen gearbeitet und ständig Beiträge zur Sozialpflichtversicherung entrichtet. Er legte eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Verdienstbescheinigung der Justizvollzugsanstalt (JVA) B. vom 18. März 1998 vor. Danach sei der Kläger während der Arbeitseinsätze beitragspflichtig gewesen, von den erarbeiteten Bruttolöhnen seien Beiträge zur Sozialversicherung bis zur Höhe von 60 Mark monatlich einbehalten worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1998 zurück und führte aus, für Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges seien nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich keine Beiträge zu zahlen gewesen. Diese Zeiten könnten nicht als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI berücksichtigt werden. Die Gleichstellung des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nach dem Recht der früheren Deutschen Demokratischen Republik sei unbeachtlich, da nach § 248 Abs. 3 SGB VI nur Zeiten angerechnet werden könnten, für die tatsächlich Beiträge gezahlt wurden. Nur den Personen, die während der Haft mit Anspruch auf den Arbeitsverdienst beschäftigt gewesen und für die Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden seien, sei bei der Entlassung eine Verdienstbescheinigung zum Zwecke der Eintragung in den Sozialversicherungsausweis ausgestellt worden. Nur bei Vorliegen des ergänzten Ausweises oder der Arbeitsverdienstbescheinigungen – nicht Arbeitsbescheinigungen – könnten Beitragszeiten angerechnet werden. Diese Unterlagen habe der Kläger nicht vorgelegt. Auch eine Anerkennung als Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 5 a SGB VI komme nicht in Betracht, da hinsichtlich dieser Zeit keine Rehabilitierung oder Kassation erfolgt sei.
In seiner am 5. August 1998 vor dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger zunächst auf die Bescheinigungen der JVA B. vom 18. März 1998 verwiesen. Aus diesen gehe hervor, dass Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien.
Das Gericht hat zunächst Auskünfte des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger vom 6. Oktober 2000 und der JVA B. vom 6. Oktober 2000 eingeholt und ferner eine Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Februar 1997 beigezogen.
Daraufhin hat der Kläger ausgeführt, dass auch nach seinen Kenntnissen die Beiträge zur Sozialversicherung von den Arbeitseinsatzbetrieben abgeführt, diese jedoch nicht an die Verwaltung der Sozialversicherung weitergeleitet worden seien. Die gegenwärtige Gesetzeslage sei grob ungerecht gegenüber dem Kläger und verletze das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.
Das Gericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2001 abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes während der Haftzeit als Beitragszeit. Zwar sei er unstreitig im Arbeitseinsatz tätig gewesen, eine Beitragsabführung an die Sozialpflichtversicherung sei nach dem Strafvollzugsgesetz der DDR aber nicht erfolgt. Der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen habe auch kein Arbeitsverhältnis begründet. Vielmehr seien Beiträge in Höhe des Sozialversicherungsbeitrages der Werktätigen an die Einrichtungen des Strafvollzuges abgeführt worden. Daher komme die Anerkennung einer Beitragszeit nach § 248 SGB VI nicht in Betracht. Unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes sei die Nichtberücksichtigung der Arbeitseinsatzzeiten bei der Rentenberechnung nicht verfassungswidrig. Die Behandlung der Arbeit der Strafgefangenen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik widerspreche insoweit nicht der früheren Bewertung der Arbeit von Strafgefangenen in den alten Bundesländern. Auch könne die streitige Zeit weder als Anrechnungs- noch als Ersatzzeit anerkannt werden.
Gegen das am 21. Juni 2001 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 29. Juni 2001 eingegangene Berufung. Der Kläger führt aus, das angegriffene Urteil sei formell rechtmäßig. Die erfolgte Einordnung in Beschäftigtenkategorien stelle aber eine solche Ungleichbehandlung dar, dass diese dem Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes widerspreche. Es liege eine Sondersituation vor, die den Spielraum des Gesetzgebers aufhebe. Ein Vergleich mit Strafgefangenen der früheren Bundesrepublik Deutschland sei nicht zulässig, da es dort das System der Strafarbeit unter erschwerten Bedingungen nicht gegeben habe. Die Strafgefangenen seien durch die Arbeitseinsatzbetriebe in Entlohnung und Beitragszahlung behandelt worden, als wären Zivilisten tätig. So seien der Beitragsanteil zur Sozialversicherung, eine Unfallumlage und weitere Kosten von diesen Betrieben abgeführt, jedoch nicht an den Sozialversicherungshaushalt weitergeleitet worden. Bei der Überführung der Sozialversicherungssysteme der DDR in das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung seien einige Beschäftigtenkategorien vergessen, andere besonders privilegiert worden. So kämen wissenschaftliche Mitarbeiter, für die der Betrieb keine Zusatzbeiträge gezahlt habe, in den Genuss der zusätzlichen Altersversorgung. Staatsnahe Mitarbeiter wie die Aufseher der Strafgefangenen seien in die Sonderversorgungssysteme integriert gewesen, deren Beiträge seien aber nicht in den Sozialversicherungshaushalt geflossen. Strafgefangene hingegen erhielten für die Zeit der Tätigkeit keine Anwartschaft, obwohl sie Schwerstarbeit geleistet und Beiträge abgeführt hätten. Nach dem Recht der ehemaligen DDR sei keine Benachteiligung bei der Rentenberechnung eingetreten. Nunmehr werde die spätere Altersrente um 500,00 DM/Monat verringert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Mai 2001 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1998 abzuändern, und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989 als Beitragszeit, hilfsweise als An- rechnungs- oder Ersatzzeit vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Verwaltungsentscheidungen und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Vormerkung der streitigen Zeiträume im Vormerkungsbescheid besteht nach § 149 Abs. 5 SGB VI. Danach ist der Versicherungsträger verpflichtet und befugt, durch einen feststellenden Verwaltungsakt in Schriftform die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, verbindlich festzustellen. Soweit diese Daten rentenrechtliche Zeiten im Sinne von § 54 Abs. 1 SGB VI sein können, hat der Vormerkungsbescheid eine beweissichernde Funktion für den späteren Rentenfall. Aus dieser Bindungswirkung folgt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis auch bei Ablehnung geltend gemachter Versicherungszeiten im Vormerkungsbescheid vorliegt (vgl. KassKomm-Forster § 149 SGB VI RdNr 17).
Die Berufung ist aber unbegründet, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts rechtlich nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit des Arbeitseinsatzes während der Inhaftierung vom 3. Dezember 1975 bis 26. September 1989 als Beitragszeit (1.) oder als Anrechnungs- oder Ersatzzeit (2.). Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften des Grundgesetzes (3.).
1.a. Eine Beitragszeit nach § 55 Abs. 1 SGB VI liegt nicht vor. Danach sind Beitragszeiten die Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keine Beiträge nach dem Recht der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland gezahlt.
b. Es handelt sich auch nicht um eine gleichgestellte Beitragszeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Danach stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht die Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind.
Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften während des Arbeitseinsatzes des Klägers keine Beitragspflicht bestanden hatte. Danach übten Strafgefangene während des Arbeitseinsatzes im Strafvollzug keine beitragspflichtige Beschäftigung aus, für die Beiträge zur Sozialpflichtversicherung entrichtet wurden. Nach § 6 des Gesetzes über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (Strafvollzugsgesetz) vom 7. April 1977 (GBl. I, Seite 109) fanden für den Arbeitseinsatz Strafgefangener die Grundsätze der arbeitsrechtlichen Vorschriften nach den in diesem Gesetz getroffenen Regelungen entsprechende Anwendung. Die Dauer des Arbeitseinsatzes wurde nach der Entlassung aus dem Strafvollzug der Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gleichgestellt. Nach § 22 Abs. 2 der Vorschrift erfolgte der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen in volkseigenen Betrieben und ihnen gleichgestellten Einrichtungen, so genannten Arbeitseinsatzbetrieben. Der Arbeitseinsatz begründete – ausdrücklich – kein Arbeitsrechtsverhältnis. § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) vom 17. November 1977 (GBl. I, Seite 373) sah eine Pflichtversicherung für alle Werktätigen während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses vor. Da ein Arbeitsrechtsverhältnis beim Arbeitseinsatz Strafgefangener nicht begründet wurde, lag folglich ein beitragspflichtiges Versicherungsverhältnis nicht vor.
Entsprechend der gesetzlichen Regelungen ist daher eine Eintragung von sozialversicherungspflichtigem Gesamtarbeitsverdienst in den Sozialversicherungsausweis nicht erfolgt. Die Entlassungsbescheinigung der StVE B. vom 1. September 1989 bestätigt lediglich die Gleichstellung mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne von Arbeitsjahren. Aus der rentenrechtlichen Behandlung der Zeit ergibt sich, dass auch nach dem Recht der DDR eine Beitragszeit nicht vorlag: Fiel der Arbeitseinsatz in den 20-Jahreszeitraum für die Berechnung des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes, war er zugunsten des Versicherten abzusetzen. Da kein beitragspflichtiger Verdienst vorlag, konnte ein solcher nämlich nicht dem Gesamteinkommen zugerechnet werden (vgl. Handbuch der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten über Grundsätze der Rentenversorgung einschließlich Erläuterungen, Herausgeber FDGB Bundesvorstand, 1. Oktober 1981, S. 5).
2.a. Die Zeit des Arbeitseinsatzes kann auch nicht als Anrechnungszeit nach den §§ 58, 252 oder 252 a SGB VI vorgemerkt werden. Die Zeit einer Strafhaft bzw. des Arbeitseinsatzes während der Haft wird von dem Katalog der Tatbestände, für die eine Anrechnungszeit vorgesehen ist, nicht erfasst. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, unter welchem Gesichtspunkt der streitige Zeitraum eine Anrechnungszeit darstellen soll.
b. Auch die Vormerkung einer Ersatzzeit nach § 250 SGB VI kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist kein Fall des § 250 Abs. 1 Ziff. 5 a SGB VI ersichtlich. Danach liegt eine Ersatzzeit vor, wenn der Versicherte im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 30. Juni 1990 einen Freiheitsentzug erlitten hat, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist. Bereits in seinem Antrag auf Kontenklärung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er nicht aus politischen Gründen inhaftiert war. Er hat auch weder eine Entscheidung über eine Rehabilitierung oder Kassation des zugrundeliegenden Urteiles vorgelegt, noch eine solche geltend gemacht.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen wegen der gesetzlich nicht vorgesehenen rentenrechtlichen Berücksichtigung des Arbeitseinsatzes während der Strafhaft in der ehemaligen DDR nicht.
a. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Zeiten verletzt nicht den Eigentumsschutz nach Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die in der Deutschen Demokratischen Republik bis zur Wiedervereinigung erworbenen Rentenanwartschaften und -ansprüche genießen nicht den Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Zwar gelangten die Ansprüche und Anwartschaften wie andere vermögenswerte Rechtspositionen mit der Wiedervereinigung in den Schutzbereich des Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz dieser in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rechtspositionen besteht allerdings nur in der durch den Einigungsvertrag erhaltenen Form (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95 -, BverfGE 100, S. 1, 33, 37). Kein Eigentumsschutz im Sinne des Artikel 14 GG lässt sich daher für in der Deutschen Demokratischen Republik erworbene Ansprüche und Anwartschaften herleiten, die vom Einigungsvertrag nicht übernommen worden sind. Außerhalb der Regelung des Artikel 2 RÜG, der für einen vorübergehenden Zeitraum bis zum 31. Dezember 1996 die rentenrechtlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik fortführte, haben die Zeiten des Arbeitseinsatzes keine Berücksichtigung im Einigungsvertrag gefunden.
b. Die in Artikel 2 RÜG enthaltene Stichtagsregelung, in der die Anwendung des Gesetzes auf einen Rentenbeginn bis spätestens zum 31. Dezember 1996 begrenzt wird, ist unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Stichtagsregelungen sind notwendig und zulässig, der Zeitpunkt muss sich aber an dem zugrunde liegenden Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen muss angemessen berücksichtigt sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. Mai 1999 - B 8 KN 10/98 R - , SozR 3 - 8575 Art. 2 § 44 RÜG Nr. 1, S. 7 ff.). Die befristete Fortgeltung des Rechtes der Deutschen Demokratischen Republik zielt auf einen Bestandsschutz der bei der Wiedervereinigung rentennahen Jahrgänge. Die Befristung resultiert aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine möglichst schnelle Angleichung des Rentenversicherungsrechtes angestrebt hat. Daher liegt auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den Versicherten vor, deren Rente bis zum 31. Dezember 1996 beginnt. Abgesehen davon lässt sich aus Art. 2 RÜG die geltend gemachte Vormerkung als rentenrechtliche Zeit nach dem SGB VI nicht begründen. Das Gesetz führt allein die früheren rentenrechtlichen Bestimmungen fort, begründet aber keine Ansprüche nach dem SGB VI.
c. Auch unter sonstigen Gesichtspunkten ist ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG nicht erkennbar. Danach ist es mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, gleiche Sachverhalte ohne hinreichenden Grund ungleich zu behandeln.
1) Die vom Kläger zitierten wissenschaftlichen sowie staatsnahen Mitarbeiter mit Anspruch auf Leistungen der Sonder- oder Zusatzversorgungssysteme sind mit dem Kläger nicht soweit vergleichbar, dass daraus eine Pflicht zur Gleichbehandlung seines Arbeitseinsatzes mit den Beschäftigungsverhältnissen jener Versicherten abzuleiten wäre. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal, das eine andere rentenrechtliche Bewertung rechtfertigt, ist der Umstand, dass jene Versicherten für ihre Arbeitstätigkeit Beiträge zur Sozialverpflichtversicherung geleistet haben. Insoweit sind die Ausführungen des Klägers, dass die in Sonderversorgungssystemen Versicherten keine Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hätten, irre führend. Zwar sahen einige der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme Beitragsfreiheit vor, die Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung für die spätere sogenannte "SV-Rente" bestand jedoch unverändert fort.
2) Auch aus einem Vergleich mit Strafgefangenen in der früheren Bundesrepublik Deutschland lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers waren die Strafgefangenen auch in der Bundesrepublik Deutschland nach § 41 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zur Arbeit verpflichtet. Von einer nach § 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz vorgesehenen Ermächtigung des Bundesgesetzgebers zur Einbeziehung der Strafgefangenen in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung hat dieser bis heute keinen Gebrauch gemacht, so dass auch der Arbeitseinsatz der Strafgefangenen in der Bundesrepublik Deutschland nicht versicherungspflichtig war und ist (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 1. Juli 1998, - 2 BvR 441, 493/90, 618/92, 212/93 und 2 BvL 17/94 - , BverfGE 98, Seite 169, 212). Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist die Vorschrift des § 198 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Regelung über die Einbeziehung des während der Haftzeit erzielten Arbeitsentgeltes in die sozialen Versicherungssysteme stellt ein Element des dem Gesetzgeber freigestellten Resozialisierungskonzeptes dar. Eine solche Regelung ist weder vom verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot noch vom Gleichheitsgrundsatz gefordert.
3) Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz auch nicht aus einem Vergleich mit den Arbeitnehmern herleiten, die in den Arbeitseinsatzbetrieben die gleiche Arbeit, allerdings sozialversicherungspflichtig ausgeübt haben. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, jede in Betracht kommende Beschäftigung am Schutz der Sozialversicherung teilnehmen zu lassen. Dies folgt aus dem weiten Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber bei der Umsetzung des verfassungsrechtlich normierten Resozialisierungsgebotes hat. Der dem Gesetzgeber gestattete erhebliche Bewertungsspielraum gebietet daher nicht, die Pflichtarbeit während der Strafhaft einer freien Erwerbstätigkeit gleichzustellen (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 1. Juli 1998, S. 204).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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