L 17 U 115/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 144/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 115/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u. a. nur anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfall und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dies setzt voraus, dass das Unfallereignis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens bewirkt hat.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.02.2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und die Bewilligung einer Verletztenrente.

Der 1946 geborene Kläger erlitt anlässlich einer Bahnfahrt vom 22.08.1997 einen Unfall. Gemäß H-Arzt-Bericht des Chirurgen Dr. E. vom 27.08.1997 hat der Kläger erklärt, während der Zugfahrt habe der Wagen "ausgeschlagen", dabei sei er gegen eine Wand gefallen und habe sich die Halswirbelsäule und den Kopf verletzt. Es wurden eine erhebliche Fehlstellung der Halswirbelsäule (HWS) links, erhebliche schmerzhafte Bewegungseinschränkung, Druckschmerz paravertebral rechts und links im Bereich der mittleren und unteren HWS festgestellt. Neurologische Ausfälle waren keine vorhanden. Radiologisch war eine Vorderkantenkompression am 6. Halswirbelkörper (HWK) nicht sicher auszuschließen. Es wurde eine deutliche Steilstellung der HWK und eine rechtskonvexe Skoliose festgestellt. Die Diagnosen lauteten auf commotio cerebri, HWS-Schleudertrauma, Verdacht auf Vorderkantenkompression 6. HWK.

In der Unfallanzeige vom 02.09.1997 führte der Kläger aus, auf dem Rückweg von der Toilette zum Tisch im Speisewagen sei er bei Betreten des Speisewagens durch einen heftigen Ruck an die Wand geschleudert worden und dort mit dem Kopf aufgeschlagen.

Mit Schreiben vom 28.10.1997 erklärte der Kläger, er habe eine Gehirnerschütterung sowie ein Halswirbeltrauma erlitten, was eine vorübergehende stationäre Behandlung in der Klinik F. notwendig gemacht habe. Seit dem Unfall leide er unter Schmerzen der HWS sowie unter ständig starken Kopfschmerzen, welche sich oft derart steigerten, dass er sich übergeben müsse. Nur durch die ständige Einnahme von Medikamenten hätten die Schmerzen einigermaßen erträglich gehalten werden können. Am Sonntag den 07.09.1997 habe er den Heißwasserboiler im Keller auf eine niedrigere Stufe eingestellt. Als er sich wieder aufgerichtet habe, habe er das Bewusstsein verloren. Nach Beschreibung seiner Ehefrau habe die Bewusstlosigkeit nur kurz angedauert, sodass er rasch wieder ansprechbar gewesen sei. Er habe diesem Zwischenfall keine große Bedeutung zugemessen, da er ihn mit einer Kreislaufschwäche infolge der ständigen Kopfschmerzen und der dadurch bedingten Medikamenteneinnahme in Verbindung gebracht habe. Am 08.10.1997 sei er während des gesamten Tages nach einer durch Kopfschmerzen bedingten schlaflosen Nacht im Bett seines abgedunkelten Schlafzimmers gelegen, da die Schmerzen trotz Medikation nicht nachgelassen hätten. Irgendwann gegen 13:00 Uhr habe er das Gefühl bekommen, sich übergeben zu müssen, und sei zur Toilette gegangen. Dort habe er jedoch das Bewusstsein verloren. Dabei müsse er so unglücklich gestützt sein, dass er einen Oberschenkelhalsbruch erlitten habe. Dies habe zu einer stationären Aufnahme im Klinikum E-Stadt und zu einer Operation am 14.10.1997 geführt. Am 03.11.1997 werde er zur anschließenden Heilbehandlung in die Reha-Klinik F-Stadt aufgenommen. Nach Abheilung einer Unfallverletzung im Jahre 1986 habe er bis zu dem Unfall am 22.08.1997 nicht mehr an Kopfschmerzen gelitten. Er sehe daher die geschilderten Vorfälle vom 07.09.1997 und vom 08.10.1997 als Folgen des Unfallgeschehens vom 22.08.1997.

Die Beklagte holte eine Krankheitsauskunft des Allgemeinmediziners Dr. W. S. ein. Danach wurden 1967 und 1972 Operationen eines rechts-temporalen Cholesteatoms vorgenommen. Am 16.10.1986 habe ein Autounfall mit Commotio und HWS-Schleudertrauma stattgefunden. Der Kläger hatte diesen Unfall und einen weiteren Unfall vom 19.06.1986 (Treppensturz) der Beklagten angezeigt.

Der Durchgangsarzt Dr.K. bescheinigte hinsichtlich des Unfalls vom 08.10.1997, der Kläger sei vermutlich im Rahmen eines Krampfanfalles zu Hause auf die rechte Hüfte gefallen (Bericht vom 16.12.1997). Der Allgemeinarzt Dr.S. sah einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 22.08.1997 und dem Unfall vom 08.10.1997 (Bericht vom 23.01.1998).

Die Beklagte holte einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. U. L. vom 26.02.1998 ein. In der Anamnese ist aufgeführt, der Kläger habe berichtet, dass er am 22.8.1997 in einem Eisenbahnzug gestürzt sei; er sei auf dem Rückweg von der Toilette gewesen. Plötzlich habe es ihm "die Füße weggezogen" und er sei kollabiert. Der Patient habe einen "Blackout" geschildert. Es bestehe eine kurzzeitige Amnesie. Der Patient habe offenbar eine Synkope erlitten, in deren Folge er kollabiert sei und sich eine Commotio cerebri sowie eine HWS-Distorsion zugezogen habe.

Die Beklagte holte Zusammenhangsgutachten des Chirurgen Dr.W. und des Neurologen Prof. Dr.G. ein. Gleichzeitig bat sie die Bevollmächtigte des Klägers um Mitteilung, ob eine Synkope oder eine Bewegung des Zuges für den Unfall ursächlich gewesen seien. Daraufhin wurden Zeugen dafür benannt, das eine plötzliche Seitbewegung des Speisewagens zu dem Sturz geführt habe. Der Zeuge H.- S. (Fahrgast) teilte mit Schreiben vom 28.05.1998 mit, der Zug habe sich stark aufgeschaukelt, wodurch der Kläger das Gleichgewicht verloren habe.

Der Neurologe Prof. Dr. G. führte in seinem Gutachten vom 08.05.1998 aus, nach Angaben des Klägers habe dieser vor der Operation des Cholesteatoms in den Jahren 1965 bis 1967 unter Jackson-Anfällen gelitten, die immer in gleicher Weise abgelaufen seien. Sie hätten mit einem Angstgefühl, Zittern der Finger mit Ausbreitung über den linken Arm auf den Körper begonnen. Er sei daraufhin immer bewusstlos geworden, er könne deshalb nicht sagen, ob dann der gesamte Körper gezittert habe. Nach der Operation habe er ab 1971 erneut die gleichen Anfälle wie von 1965 bis 1967 gehabt. Wegen eines Rezidivs des Cholesteatoms sei er 1972 erneut operiert worden und anschließend völlig beschwerdefrei gewesen. Der Bewusstlosigkeitszustand, der im September 1997 aufgetreten sei, hätte sich von den Jackson-Anfällen früherer Zeit gänzlich unterschieden. Bei dem Unfall vom 08.10.1997 habe die Ehefrau des Klägers keinerlei Zuckungen der Arme oder Beine des Klägers bemerkt. Der Kläger klage weiterhin über Kopfschmerzen im Schulter- und Nackenbereich, wobei es teilweise auch zu einem Pelzigkeitsgefühl beider Ring- und Mittelfinger komme, links stärker als rechts. Er habe wechselhaft Kopfschmerzen, die vom Nacken ausgingen und über den Kopf bis über beide Augen ziehen würden. Teilweise bestehe noch eine Übelkeit, zu einem Erbrechen komme es nicht. Insgesamt hätten sich die Kopfschmerzen auch schon deutlich gebessert. Er bekomme ein Schwindelgefühl bei maximaler Kopfdrehung, links mehr als rechts. Auch müsse er morgens nach dem Aufwachen langsamer aufstehen. Er schlafe wegen seiner Schmerzen nicht mehr durch, deswegen würde er auch morgens nicht erholt aufwachen. Er habe auch Schmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule beim Liegen und Sitzen, teilweise komme es zu einer Ausstrahlung über das Gesäß bis in beide Knie. Ein Taubheitsgefühl habe er dabei nicht. Er verspüre inzwischen eine Lustlosigkeit, auch sei er insgesamt reizbarer und ungeduldiger geworden, auch aggressiver.

Prof. Dr.G. kam zu dem Ergebnis, hinsichtlich des Unfalls vom 22.08.1997 könne ein Schleudertrauma der HWS vom Unfallablauf her nicht unterstellt werden. Im Hinblick auf eine nur als leichtgradig einzustufende Gehirnerschütterung erscheine ein ursächlicher Zusammenhang zu einem Zustand mit Schwindelgefühlen und synkopalem Zustand am 07.09.1997 wenig wahrscheinlich. Auch lasse sich ein synkopaler Zustand am 08.10.1997 durch postcommotionelle Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erklären, selbst unter Annahme einer regelmäßigen Schmerzmitteleinnahme nicht. Aus neurologischer Sicht sei die für einen kreislaufbedingten synkopalen Zustand ungewöhnliche Schwere des Sturzes zu beachten. Differenzialdiagnostisch sei hier doch sehr an einen zerebralen Krampfanfall bei vorbestehender zerebraler Anfallsneigung zu denken, selbst wenn vom Kläger eine langjährige Anfallsfreiheit angegeben werde. Als Folge des Unfalls vom 22.08.1997 lasse sich eine Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von vier Wochen begründen. Eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht gegeben.

Der Dipl.-Med. W. übersandte sein vom 08.04.1998 datiertes Gutachten am 14.10.1998. Er kam zu dem Ergebnis, dass am 22.08.1997 eine schwache bis mäßige Zerrung der HWS ohne knöcherne Verletzungen stattgefunden habe, wobei unfallfremde, vorbestehende degenerative Veränderungen der HWS radiologisch nachgewiesen seien. Ein ursächlicher Zusammenhang des zweiten Unfallereignisses vom 08.10.1997 mit der Zerrung der HWS sei chirurgischerseits nicht anzunehmen. Eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit sei für ca. ein Vierteljahr anzunehmen. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit auf Grund von Unfallfolgen würde er für ca. acht Wochen ab Unfalldatum, d. h. vom 22.08.1997 an, einschätzen. Eine unfallbedingte Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens sei nicht zu erkennen. Es habe keine messbare MdE stattgefunden.

Mit Bescheid vom 12.11.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente auf Grund des Versicherungsfalles vom 22.08.1997 ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 17.10.1997 bestanden. Gleichzeitig erkannte die Beklagte als Folge des Versicherungsfalles vom 22.08.1997 eine ohne wesentliche Folgen verheilte Gehirnerschütterung und Zerrung der HWS an. Nicht als Folgen des Versicherungsfalles wurden degenerative Veränderungen an der HWS, Zustand nach Cholesteatom-Operation rechts temporal 1967 und 1972 mit einer nachfolgend erhöhten zerebralen Krampfbereitschaft, Bewusstlosigkeitszustände unklarer Ursache am 07.09.1997 sowie am 08.10.1997 mit Schenkelhalsbruch rechts anerkannt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er begehrte Verletztengeld über den 17.10.1997 hinaus sowie eine Verletztenrente. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.1999 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die eingeholten Gutachten zurück.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 17.05.1999 hat der Kläger am 18.05.1999 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Zwischen dem Unfall vom 22.08.1997 und dem Sturz vom 08.10.1997 bestehe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein ursächlicher Zusammenhang. Der Unfall vom 08.10.1997 sei durch Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente verursacht worden.

Das SG hat ein Gutachten nach Aktenlage des Arztes für öffentliches Gesundheitswesen, Umweltmedizin und Sportmedizin Dr. F. O. vom 10.12.1999 eingeholt. Er hat darauf hingewiesen, nach dem Befundbericht des Klinikums am E. vom 15.05.1998 werde das Ereignis vom 08.10.1997 unzweifelhaft als epileptischer Anfall mit Bewusstlosigkeit und Harnabgang bei Prodromalerscheinungen in der linken Hand angegeben. Er kam zu dem Ergebnis, die Folgen des Unfalles vom 22.08.1997 könnten nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich für den synkopalen Anfall vom 08.10.1997 verantwortlich gemacht werden. Die mit Bescheid vom 12.11.1998 anerkannten Unfallfolgen seien vollständig erfasst. Eine MdE über die 26. Woche hinaus bestehe nicht. Soweit geltendgemacht werde, der häusliche Unfall vom 08.10.1997 sei durch übermäßige Schmerzmedikation verursacht worden, sei dies nicht dem Unfall vom 22.08.1997 zuzurechnen, da bereits zuvor degenerative Veränderungen der HWS bestanden hätten und dem Ereignis Beschwerden des Klägers wie Kopfschmerz, Übelkeit und Schwindel vorausgegangen seien, die mit gleicher Wahrscheinlichkeit einem krisenartig erhöhten Blutdruck zugerechnet werden könnten.

Auf Antrag des Klägers hat das SG ein Gutachten des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr.M. vom 30.10.2000 eingeholt. Er kam zu dem Ergebnis, da die geklagten Gleichgewichtsstörungen, Nacken- und Kopfschmerzen vor dem Unfallereignis vom 22.08.1997 nicht bestanden hätten und sich auch heute noch im Bereich des linken Labyrinthes eine Unterfunktion zeige, die die bestehenden Drehschwindelattacken unmittelbar nach dem Unfallereignis erkläre, beim Kläger ein schweres cerviko-enzephales Syndrom vorliege. Eine Äußerung im Zusammenhang zu dem häuslichen Unfall vom 08.10.1997 könne heute nicht mehr gegeben werden, da HNO-ärztliche/neurootologische Untersuchungen nicht durchgeführt worden seien. Erfahrungsgemäß werde bei vielen Patienten beobachtet, dass sie nach Halswirbelsäulenbeschleunigungsverletzungen zu Black outs mit Stürzen neigten. Degenerative Veränderungen der HWS als Ursache des Beschwerdebildes oder auch Auslöser des Unfalles seien eher unwahrscheinlich. Nach den durchgeführten Untersuchungen sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zusammenhang des häuslichen Unfalls vom 08.10.1997 zum Kopf-Hals-Trauma bestehe, höher einzuschätzen. Als Unfallfolgen seien ein Zustand nach Kontakttrauma, d. h. Schädelhirntrauma und Halswirbelsäulenweichteilverletzung mit Kopfgelenkstörung und HNO-ärztlich/neurootologisch objektivierbarer kombinierter zentral-peripherer Gleichgewichtsfunktionsstörung festzustellen. Die MdE werde mit 40 vH angesetzt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestehe auf Dauer.

Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr.K. vom 07.02.2001 vorgelegt. Die im Gutachten genannten Folgen des Sturzes vom 22.08.1997 seien nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit belegt.

Der Kläger hat daraufhin auf ein Attest des Internisten Dr.L. vom 07.12.2000, der als Notarzt am 08.10.1997 zum Kläger gerufen worden war, verwiesen, wonach der Zustand des Klägers am 08.10.1997 aus seiner Sicht durchaus mit der erst im nachhinein auf dem Transport berichteten Einnahme von Medikamenten (starke Schmerzmittel) und Alkoholgenuss am Vorabend zu erklären sei. Die im Notarztprotokoll vermerkte Diagnose "zerebraler Krampfanfall" sei eine reine Verdachtsdiagnose.

Dr.O. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 09.05.2001 an seiner bisherigen Beurteilung festgehalten. Insbesondere sei das Gutachten von Dr. M. insoweit nicht schlüssig, als er sich nicht ausreichend mit bekannten Vorschädigungen auseinander setzte und dem Unfallereignis vom 22.08.1997 ein unzutreffendes Gewicht zumesse.

Das SG hat weiter ein Gutachten des Radiologen Dr. F. eingeholt. In seinem Gutachten vom 21.05.2002 kam er zu dem Ergebnis, im Bereich des Schädels zeigten die Aufnahmen hinsichtlich der Unfallfolgen der vom 22.08.1997 bzw. 08.10.1997 keinerlei traumatische Veränderungen, insbesondere keine Einblutung/Kontusion, die auf die angegebenen Unfallfolgen zurückzuführen wären. Der beurteilbare Bereich der HWS vom HWK 3 bis 6 in der Computertomografie zeige vor allen Dingen eine mäßiggradige Chondrose bei HWK 5/6 mit geringgradiger Retrospondylose und rechtsbetonter Uncarthrose, hier mit Einengung des rechtsseitigen Neuroforamens. Eine traumatische Vorderkantenabsprengung sei nicht nachweisbar. Es bestehe eine geringgradige Spondylosis deformans anterior und eine leichte Spinalkanalstenose bei HWK 3/4 durch eine flachbogige Bandscheibenprotrusion. Auch hier bestünden Uncarthrosen mit mäßiggradigen Einengungen der beiden Neuroforamina. Die konventionellen Aufnahmen der HWS vom 07.11.1997 zeigten eine Fehlstreckstellung mit leicht rechtskonvexer Skoliose. Die Fehlstreckstellung könnte reflektorisch bedingt sein. Ansonsten bestehe kein Nachweis einer Wirbelkörperkompression. Die geringgradigen knöchernen Ausziehungen im Bereich HWK 5/6 würde er im Sinne degenerativer Veränderungen mit Spondylosis deformans anterior einstufen. Dies umso mehr, als auch die Computertomografie vom 15.09.1997 keine traumatischen Veränderungen in diesem Bereich abbilde, sondern ebenfalls bereits geringgradige Spondylosis zeige. Die erneut durchgeführten Aufnahmen vom 06.04.1998 ergäben insoweit keine Änderung. Die Aufnahmen der Lendenwirbelsäule vom 19.11.1997 zeigten ebenfalls keine traumatischen Veränderungen.

Dr.O. hat mit Stellungnahme vom 30.05.2002 an seiner bisherigen Beurteilung festgehalten. Dr.M. hat mit ergänzender Stellungnahme vom 05.02.2003 erklärt, auf Grund der von ihm durchgeführten Untersuchungen als auch der Begutachtung zugrundegelegten wissenschaftlichen Literatur und seiner eigenen beruflichen Erfahrungen habe er nachvollziehbar dargelegt, dass auch leichtere HWS-Verletzungen geeignet seien, chronifizierte Folgeerkrankungen hervorzurufen. Er bleibe dabei, dass das Unfallereignis vom 08.10.1997 aus jetziger Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Erstunfall zurückzuführen sei.

Dr.O. hat eine weitere ergänzende Stellungnahme vom 24.02.2003 abgegeben. Die Ausführungen des Dr.M. berücksichtigten nicht die Vorschäden und belegten nicht den ursächlichen Zusammenhang der Ereignisse vom 22.08.1997 und 08.10.1997.

Mit Urteil vom 05.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist den Ausführungen des Prof. Dr.G., des Dr.W. sowie Dr.O. gefolgt. Außer den vorübergehenden Folgen der commotio cerebri und der HWS-Distorsion habe der Unfall vom 22.08.1997 zu keinen bleibenden Gesundheitsstörungen mit messbarer MdE geführt. Auch der Unfall vom 08.10.1997 könne nicht auf das Ereignis vom 22.08.1997 bzw. dessen Behandlungsfolgen zurückgeführt werden. Dr.M. habe nur die Möglichkeit genannt, dass es infolge des Unfalls vom 22.08.1997 zu einer Lockerung der Kopfgelenksbänder gekommen sei, die zu Schwindelerscheinungen geführt hätten.

Gegen das am 10.03.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23.03.2004 am 25.03.2004 Berufung eingelegt. Zu einer zügigen Ausheilung der Folgen des Unfalls vom 22.08.1997 sei es nicht gekommen. Wie insbesondere aus der Stellungnahme des behandelnden Allgemeinarztes des Klägers Dr.S. vom 11.10.2001 hervorgehe, habe er nach dem Unfallereignis unter andauernden Beschwerden in Form von starken Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindel und Übelkeit bis zum Erbrechen gelitten. Aus den Röntgenaufnahmen der HWS vom 07.11.1997, also noch drei Monate nach dem Erstunfall, gehe eine anhaltende Fehlstreckstellung der HWS hervor, ebenso aus den Röntgenaufnahmen vom 06.04.1998. Es bestehe ein Ursachenzusammenhang zwischen diesen Beschwerden und dem Unfall, die zu dem weiteren Unfall am 08.10.1997 geführt hätten.

Aus den vom Senat beigezogenen Befundberichten geht unter anderem hervor, dass der Dr. K., der den Oberschenkelbruch vom 08.10.1997 operiert hat, in dem Arztbrief vom 24.10.1997 an Dr. E. ausführt, anamnestisch habe der Kläger sich die Verletzungen bei einem Sturz auf die rechte Hüfte im Rahmen eines Krampfanfalles zugezogen. Der Orthopäde Dr. E. führt in seinem Schreiben vom 13.07.1998 aus, die Oberschenkelfraktur sei komplikationslos verheilt, allerdings sei auf Grund der desolaten Situation im Bereich der operierten Hüfte eine Endoprothese anzuraten, die primär schon nach dem Schenkelhalsbruch hätte eingebracht werden sollen.

Der Senat hat ein Gutachten des Neurologen und Radiologen Dr.N. vom 05.01.2006 eingeholt. Er kam zu dem Ergebnis, dass bei dem Unfall vom 22.08.1997 ein Schädel-Hirn-Trauma Grad I im Sinne einer commotio cerebri entstanden sei. Des Weiteren sei von einem lateralen Prelltrauma der HWS durch das seitliche Anschlagen der HWS an die Waggonwand anzunehmen. Eine schwere Distorsion im Sinne eines HWS-Schleudertraumas mit sogenanntem Peitschenschlageffekt sei auf Grund der Beschreibung des Unfallereignisses sicherlich nicht erfolgt. Für die Diagnose einer allenfalls leichten commotio cerebri spreche die kurze Dauer der Bewusstseinsstörung, die retrograde Amnesie sowie die erhobenen Befunde im primär versorgenden Krankenhaus. Hinweise auf eine darüber hinausgehende Hirnschädigung ergäben sich dezidiert nicht. Hier sei insbesondere auf den normalen neurologischen Untersuchungsbefund hinzuweisen, auf den normalen EEG-Befund und das zeitnahe durchgeführte Computertomogramm des Schädels, welches ebenfalls lediglich die Folgen der durchgeführten Cholesteatom-OP beschreibe, jedoch keinen Hinweis auf zusätzliche Verletzungsfolgen des Gehirns wie Kontusionsblutungen oder sonstige Schädigungen wie zum Beispiel sub- oder epidurales Hämatom ergeben habe. Kein Zweifel bestehe auch, dass bereits zum Unfallereignis deutliche degenerative Veränderungen bestanden hätten, wie im CT-Befund der Praxis Dr. S. vom 15.09.1997 beschrieben und dem Gutachten Dr. F. gutachterlich gewürdigt. Zusätzliche Traumafolgen seien nicht wahrnehmbar. Bezüglich der Bewusstseinsstörung vom 07.09.1997 handle es sich um ein Ereignis mit kurzem Schwarzwerden vor den Augen und nachfolgender Bewusstseinsstörung. Auf Grund der Beschreibung sei am ehesten eine Synkope im Rahmen einer orthostatischen Dysregulation anzunehmen. Die Genese des Unfallereignisses vom 08.10.1997 sei letztendlich offen. Eine Fremdanamnese hierfür bestehe nicht. Die Tatsache, dass Übelkeit mit Brechreiz bestanden habe und der Kläger sich deshalb zur Toilette begeben habe, bevor die Bewusstseinsstörung aufgetreten sei, lege die Vermutung nahe, dass es sich dabei um eine sogenannte vagale Synkope gehandelt haben dürfte. Die Wahrscheinlichkeit eines zerebralen Krampfanfalles als Ursache werde als nicht sehr wahrscheinlich angesehen. Es sei sicherlich richtig, dass bei einer entsprechenden Anfallsbereitschaft Anfälle auch nach Jahren auftreten könnten. Bei den Anfallsäquivalenten, die bei dem Kläger aufgetreten seien, handle es sich jedoch Partialanfälle vom Jackson-Typ, die in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vorbestehenden Cholesteatom-Raumforderung aufgetreten seien.

In der bisherigen Begutachtung grob abweichend sei das Gutachten von Dr. M. zu sehen. Dieser stelle eine sowohl zentrale als auch peripher vestibuläre Störung in seiner Begutachtung fest und sehe sie als Folge des Trauma-ereignisses. Für Dr.N. bestehe der härteste Befund in der relativen Untererregbarkeit des linksseitigen Gleichgewichtsorgans bei kalt-warm Spülungen. Dies entspreche einer wohl okkulten peripher vestibulären Läsion. Würde man diese Störung als Traumafolge sehen, kämen differentialdiagnostisch erstens eine einseitige Labyrinthläsion im Sinne eines sogenannten commotio labyrinthi in Frage, zweitens ein traumatisch bedingter benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel. Eine einseitige akute Labyrinthläsion sei ein hochdramatisches Krankheitsbild, welches mit akutem Spontannystagmus, Übelkeit und Erbrechen sowie massiver Gang- und Standataxie einhergehe. Dies wäre im Aufnahmebefund des Krankenhauses F. nicht zu übersehen gewesen, selbst wenn man annehmen würde, dass im primär versorgenden Krankenhaus neurologische Symptome nicht genügend gewichtet oder überprüft worden wären. Der primäre klinisch-neurologische Untersuchungsbefund werde als normal beschrieben.

Zusammenfassend kann der Gutachter zu dem Ergebnis, als Folge des Arbeitsunfalles vom 22.08.1997 sei es zu einem Schädel-Hirn-Trauma Grad I im Sinne einer commotio cerebri sowie zu einem lateralen HWS-Prelltrauma gekommen. Für den Zeitraum von vier Wochen nach dem Unfallereignis sei eine Arbeitsunfähigkeit als Folge der commotio cerebri anzuerkennen. In diesem Zeitraum sei davon auszugehen, dass auch die Folgen des lateralen Prelltraumas der HWS im Sinne einer Verschlimmerung der vorbestehenden degenerativen HWS-Veränderungen abgeklungen seien. Es bestehe keine Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Ereignis vom 08.10.1997 und den Folgen des Arbeits-
unfalles vom 22.08.1997. Die Schmerzmitteleinnahme sei nicht ursächlich auf den Unfall zu beziehen. Eine bleibende MdE des Klägers sei weder durch die Folgen des Arbeitsunfalls vom 22.08.1997 noch aus neurologischer Sicht nach dem Unfall vom 08.10.1997 aufgetreten. Die Wertung der Beeinträchtigungen durch die Oberschenkelfraktur sei aus chirurgisch-orthopädischer Sicht zu beurteilen.

Auf Antrag des Klägers der Senat ein Gutachten des Neurootologen Privatdozent Dr. C. vom 12.02.2008 eingeholt. Der Gutachter hat pathologische Veränderungen bei der kalorischen Vestibularisprüfung im Sinne einer deutlichen rechtsseitigen Untererregbarkeit festgestellt. An Diagnosen seien zu stellen: messbare, kombinierte periphere (rechts) und zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung, mit teilweise dysrhythmischen Nystagmusreaktionen, mit kalorischer Seitenhemmung rechts (57% Differenz in der SPV), mit vestibulärem Recruitment rechts, mit Hemmung des postrotatorischen Nystagmus nach Linksdrehung. Ein Zusammenhang zwischen diesen heutigen neurootologischen Funktionsstörungen und dem 1997 erlittenen Trauma lasse sich nach zehn Jahren allerdings nicht mehr mit Sicherheit herstellen. Unter Bezugnahme auf die Veröffentlichungen von C.-F. Claussen, R. Dehler, A. Montazem und E.Volle kam er zu dem Ergebnis, durch den Arbeitsunfall vom 22.08.1997 sei es zu einem Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades im Sinne einer commotio cerebri, einem lateralen HWS-Trauma, Konzentrationsstörungen, gelegentlichem Schwankschwindel und mittelbar zu einem Zustand nach Schenkelhalsfraktur mit massiver Gangstörung gekommen. Es bestehe ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.08.1997 und dem Sturz vom 08.10.1997. Inwieweit die Schmerzmittelmedikation mit dazu beigetragen habe, sei nicht mehr mit Sicherheit festzustellen, aber auch nicht auszuschließen. Die MdE könne aus dem Fachgebiet der Neurootologie heraus nicht vollständig und abschließend beurteilt werden, da die Hauptstörungen des Klägers heute in der Gangstörung auf Grund erlittenen Schenkelhalsfraktur bestünden. Die noch bestehenden Gleichgewichtsstörungen mit gelegentlichem Schwankschwindel bedingten eine MdE von weniger als 10 vH.

Der Senat hat ein fachorthopädisches Gutachten des Prof. Dr.D. vom 26.8.2008 veranlasst. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, durch den Arbeitsunfall vom 22.08.1997 sei es zu einer leichtgradigen HWS-Zerrung und einer commotio cerebri Grad I gekommen. Der Unfallmechanismus spreche per definitionem gegen ein HWS-Distorsionstrauma (Schleudertrauma). Die HWS-Zerrung sei folgenlos ausgeheilt. Unfallunabhängig bestünden multisegmentale degenerative Veränderungen der HWS im Sinne eines cerebralen Syndroms mit Betonung des Segmentes HWK 5/6. Normalerweise heile eine leichtgradige HWS-Zerrung innerhalb von sechs Wochen aus. Im vorliegenden Falles sei diese Verletzung jedoch auf eine degenerativ vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen; dennoch könne davon ausgegangen werden, dass die Unfallfolgen spätestens nach zwei bis drei Monaten nach dem Unfallereignis in den Spontanverlauf übergegangen seien und dass die dann fortbestehenden Beschwerden im Sinne eines unfallunabhängigen, nicht posttraumatischen cervical- bzw. cervicocephalen Syndroms bei multisegmentalen degenerativen Veränderungen der HWS gedeutet werden könnten. Die Ursache des Sturzereignisses vom 08.10.1997 sei letztendlich weiterhin unklar. Letztlich gebe es keinen Hinweis dafür, dass das Unfallereignis am 22.08.1997 auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet ursächlich für den Unfall am 08.10.1997 gewesen sei. Die Befunde des Orthopäden Dr. E. sprächen dafür, dass das rechte Hüftgelenk bereits 1986 und dann auch 1987 und im April 1997 auf Grund fortgeschrittener degenerativer Veränderungen klinisch symptomatisch im Sinne von Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung gewesen sei. Bezüglich des Unfallereignisses vom 08.10.1997 müsse allerdings festgehalten werden, dass die jetzige Situation einer schweren einsteifenden Coxarthrose rechts nach seiner Einschätzung in überwiegender Majorität nicht im Zusammenhang mit der erlittenen pertrochantären Oberschenkelfraktur rechts zu sehen sei.

Aufgrund der Einwendungen der Klägerseite hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr.D. vom 4.12.2008 eingeholt. Er hat ausgeführt, soweit von Klägerseite angegeben werde, die rechte Hüfte sei nach der Umstellungsosteotomie bis zum Unfallereignis vom Oktober 1997 beschwerdefrei gewesen, bestehe eine eindeutige Diskrepanz zwischen den Angaben des zu Begutachtenden und den in der Akte vorliegenden Befundberichten insbesondere des Orthopäden Dr. E ... Zusammenfassend müsse festgehalten werden, dass sich auf den von Prof. Dr.D. im August 2008 angefertigten Röntgenbildern der rechten Hüfte kein Hinweis auf persistierende Pathologien im Zusammenhang mit der im Oktober 1997 erlittenen pertrochantären Femurfraktur ergäben. Weder Implantatfehllagen noch Implantatbrüche oder aber ein Fehlverheilen der Fraktur (Pseudarthrose) hätten nachgewiesen werden können. Neben der weiterhin korrekt inneliegenden dynamischen Hüftschraube imponierten einzig hochgradige degenerative Veränderungen im Sinne einer Coxarthrose rechts. Diese stehe jedoch nach Einschätzung des Gutachters in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der im Oktober 1997 erlittenen pertrochantären Oberschenkelfraktur.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.02.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 12.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.1999 und aufzuheben und festzustellen, dass ein Zustand nach Kontakttrauma, d. h. Schädelhirntrauma und Halswirbelsäulenweichteilverletzung mit Kopfgelenkstörung und kombinierter zentral peripherer Gleichgewichtsfunktionsstörung sowie Bewusstlosigkeitszustand am 8.10.1997 mit Oberschenkelhalsbruch rechts, Folge des Arbeitsunfalls vom 22.08.1997 ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 17.10.1997 hinaus Verletztengeld und ab Ablauf der 26. Woche nach dem Unfall vom 22.08.1997 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 vH zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.02.2004 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber in der Sache nicht begründet. Das urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Denn der Kläger kann die Gewährung von Verletztengeld über den 17.10.1997 hinaus und eine Verletztenrente für die Folgen des Unfalls vom 22.08.1997 nicht verlangen.

Zwar hat der Kläger am 22.08.1997 während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten, der zu einer commotio cerebri und einer Zerrung der HWS geführt hat. Diese sind jedoch folgenlos verheilt und auch nicht wesentlich mitursächlich für die Ereignisse vom 07.09.1997 und vom 08.10.1997 gewesen. Darüber hinaus hat auch das Ereignis vom 08.10.1997 nicht zu Gesundheitsstörungen mit einer MdE im rentenberechtigenden Grade geführt, so dass dem Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf Verletztengeld oder Verletztenrente zusteht.

Nach § 56 Abs 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, Anspruch auf Rente. Es ist festzustellen, ob und inwieweit durch die Folgend es Versicherungsfalls (hier: Arbeitsunfalls) die Erwerbsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigt ist. Allerdings ist eine Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls u.a. nur anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfall und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dies setzt nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsbegriff voraus, dass das Unfallereignis mit (hinreichender) Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens bewirkt hat. Diese Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17).

Auch die im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen konnten nicht bestätigen, dass ein Schädelhirntrauma und eine Halswirbelsäulenweichteilverletzung mit Kopfgelenksstörung und Gleichgewichtsfunktionsstörung sowie Bewusstlosigkeit und der Oberschenkelhalsbruch mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 22.08.1997 zurückzuführen sind. Aufgrund der im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass der Unfall vom 22.08.1997 ausschließlich zu den mit Bescheid vom 12.11.1998 anerkannten Unfallfolgen geführt hat. Wie Prof. Dr.D. in seinem Gutachten vom 26.08.2008 überzeugend ausführt, ist das seitliche Anschlagen des Kopfes als Unfallmechanismus ungeeignet, ein HWS-Schleudertrauma auszulösen. Die durch die seitliche Beschleunigung verursachte Zerrung ist unter Berücksichtigung der vorbestehenden unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen spätestens nach zwei bis drei Monaten nach dem Unfallereignis in den Spontanverlauf übergegangen. Ebenso überzeugend kommt der Neurologe und Radiologe Dr.N. in seinem Gutachten vom 05.01.2006 zu dem Ergebnis, dass auf seinem Fachgebiet keine weiteren Unfallfolgen festzustellen sind. Die Gutachten des Dr.M. und des Neurootologen Privatdozent Dr.C. können demgegenüber nicht überzeugen. Dr.M. beschränkt sich auf die nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen fundiert belegte Aussage, erfahrungsgemäß werde bei vielen Patienten beobachtet, dass sie nach Halswirbelsäulenbeschleunigungsverletzungen zu Black outs mit Stürzen neigten. Dabei vernachlässigt er, dass beim Kläger ein laterales Trauma stattgefunden hat, das mit einem klassischen HWS-Trauma, wie es z.B. bei einem Auffahrunfall entsteht, in keiner Weise vergleichbar ist. Privatdozent Dr. C. kommt zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang zwischen den heutigen neurootologischen Funktionsstörungen und dem 1997 erlittenen Trauma lasse sich nach zehn Jahren nicht mehr mit Sicherheit herstellen. Damit besteht nicht einmal die zu fordernde hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs. Gleiches gilt für den vom Kläger geltend gemachten Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Einnahme von Schmerzmedikamenten, die Prof. Dr. D. überzeugend auf die bestehenden degenerativen Veränderungen zurückführt, sowie für den Zusammenhang zwischen Medikamenteneinnahme und Sturz, die Privatdozent Dr. C. lediglich für möglich hält.

Darüber hinaus begründen die Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 22.08.1997 und des Unfalls vom 08.10.1997 weder aus neurologischer noch aus orthopädischer Sicht nicht eine MdE im rentenberechtigenden Grade, so dass schon deshalb die Gewährung einer Verletztenrente nicht in Betracht kommt. Nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr.D. ist die pertrochantäre Femurfraktur des Klägers komplikationslos verheilt. Es überzeugt, dass die massiven fortbestehenden Beschwerden den vorbestehenden degenerativen Schädigungen und der ungünstig verlaufenen Umstellungsosteotomie zuzurechnen sind, zumal letztere zu einer unterschiedlichen Länge der Beine geführt hat, die der Kläger nicht durch Einlagen ausgleicht.

Selbst wenn die von Privatdozent Dr. C. auf seinem Fachgebiet festgestellten Beeinträchtigungen dem Unfallereignis zuzurechnen wären, was sie nicht sind, bestünde nach seiner insoweit nachvollziehbaren Wertung lediglich eine MdE von weniger als 10 vH.

Der Kläger hat aufgrund des Arbeitsunfalls vom 22.08.1997 keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld über den 17.10.1997 hinaus. Nach § 45 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VII wird Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr.N. und Prof. Dr.D. bestand nach dem Unfallereignis vom 22.08.1997 aufgrund der erlittenen commotio cerebri und der HWS-Zerrung unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht über diesen Zeitpunkt hinaus.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved