L 15 VG 22/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 VG 16/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 22/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VG 3/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch in Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) trägt der/die Kläger/in die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Gewalttat im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG. Wenn das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung nach § 103 SGG den Sachverhalt nicht weiter aufklären kann, ist im Einzelfall zu prüfen, ob in Berücksichtigung von § 6 Abs. 3 OEG i.V.m. § 15 KOV-Vfg und der dort vorgesehenen Beweiserleichterung das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. den Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Sinne von §§ 174 ff. StGB bzw. einer Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs. 1 StGB allein aufgrund der Angaben des/der Klägers/in als ausreichend gesichert anzusehen ist.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. September 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1963 geborene Klägerin begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wegen Misshandlungen und vor allem sexueller Traumatisierung in der Kindheit, begangen durch die Mutter, den Halbbruder sowie unbekannte andere Personen.

Mit zuletzt maßgeblichem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 27.08.2002 hat der Beklagte nach dem Schwerbehindertenrecht (nunmehr: SGB IX) einen Grad der Behinderung (GdB) mit Wirkung ab 04.07.2002 von 80 festgestellt sowie die Merkzeichen "B" und "G" zuerkannt. Berücksichtigt worden ist unabhängig von der Ursache eine "seelische Störung". Dr. W. und Dr. S. haben mit versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 29.12.2001 und 22.08.2002 hierbei auch das mögliche Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach sexuellem Missbrauch in der Kindheit diskutiert, ebenso einen phasenweisen auftretenden Alkoholmissbrauch ohne dauernden Kontrollverlust sowie einen Nikotin- und Medikamentenmissbrauch. Im Wesentlichen ist jedoch das bestehende Borderline-Syndrom, längere depressive Reaktionen sowie eine schwere dissoziative Identitätsstörung festgestellt worden.

Der Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG vom 29.05.2001 ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 18.07.2003 abgelehnt worden. Es gehe zu Lasten der Klägerin, dass eine sexuelle Traumatisierung in der Kindheit durch die Mutter, den Halbbruder und andere Personen nicht habe nachgewiesen werden können. Nach den gemachten Angaben dürfte am ehesten die Zeit ab 11.11.1970 als Beginn der Gewalttaten in Frage kommen. Vorher sei die Klägerin in verschiedenen Kinderheimen und in der Zeit von Sommer 1965 bis 1968 bei der Familie D. untergebracht gewesen. Man habe Frau und Herrn D. im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung befragt. Hinweise auf massive Gewalttaten hätten sich jedoch nicht ergeben. Lediglich nach einem Besuch der leiblichen Mutter im Juli 1968 habe die Klägerin gegenüber Frau D. geäußert, sie wäre geschlagen und getreten worden. Äußere Verletzungen seien damals jedoch nicht festgestellt worden. Kurz darauf sei die Klägerin aus der Pflegefamilie genommen worden und sei nach verschiedenen Kinderheimaufenthalten am 11.11.1970 wieder zu ihrer leiblichen Mutter gekommen. Auch aus der beigezogenen Schülerakte hätten sich keinerlei Hinweise auf gegen die Klägerin gerichtete Gewalttaten durch die Mutter bzw. Familienangehörige ergeben. Nach den im Schreiben vom 12.01.2003 geschilderten Misshandlungen wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin zur Vertuschung von Verletzungen nicht zur Schule geschickt worden wäre. Tatsächlich habe die Klägerin nie auffällig viele Fehlzeiten gehabt. Auch gute Noten im Fach Sport würden dagegen sprechen, dass die Klägerin wegen der Folgen von Misshandlungen häufig nicht am Sportunterricht habe teilnehmen können. In einem Vermerk für das Schuljahr 1972/1973 sei festgehalten worden, dass sich die Mutter mit der Klägerin viel Mühe gegeben habe und sich das Verhalten gebessert habe, wobei die schulischen Leistungen im allgemeinen Durchschnitt gelegen hätten. Andererseits ergebe sich aus den Zeugnissen, dass das Verhalten der Klägerin sprunghaft gewesen sei und diese auch Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwankungen unterlegen sei. Dies könnte man zwar als Hinweis werten, dass es im häuslichen Bereich zu Schwierigkeiten gekommen sei. Ein geschützter Tatbestand lasse sich daraus aber nicht ableiten, da das soziale Verhalten der Klägerin nie Grund zu einer schwerwiegenden Beanstandung gegeben habe und auch andere Faktoren (z.B. Streitigkeiten der Eltern, später auch Pubertät) derartige Verhaltensweisen rechtfertigen könnten. Die angegebene Zeugin F. habe trotz Erinnerung keine Angaben gemacht. Allerdings sei Frau F. lange Jahre die Lehrerin der Klägerin gewesen und habe in den Zeugnissen das damalige Verhalten beschrieben. Hinweise auf Gewalttaten würden sich darin nicht erkennen lassen und es sei auch nicht damit zu rechnen, dass sie 30 Jahre später Angaben machen könne, die eine andere Sicht der Dinge rechtfertigen könnten. Die Zeugin S., eine ehemalige Schulkameradin, sei telefonisch nicht zu erreichen gewesen. Auf eine schriftliche Anfrage sei keine Antwort eingegangen.

Mit Widerspruch vom 25.08.2003 haben die Bevollmächtigten der Klägerin hervorgehoben, dass diese in ihrer Kindheit und Jugend von ihrer leiblichen Mutter I. D. (nunmehr: C.) und ihrem Halbbruder H. D. misshandelt worden sei. Auch wenn ein entsprechender Nachweis schwierig zu führen sei, so erinnere sich die Zeugin S. in ihrer schriftlichen, nachträglich eingegangenen Aussage vom 23.07.2003 daran, dass die Klägerin aus ihrer Sicht eine panische Angst vor ihrer Mutter und ihrem älteren Halbbruder gehabt habe. Die Klägerin erinnere sich daran, dass sie in den Jahren 1974 bis 1978 mehrmals von zu Hause weggelaufen sei und auch längere Zeit in der Schule gefehlt habe. Ein Selbstmordversuch sei der Zeugin S. erinnerlich. Die damalige Hauptschullehrerin Frau F. habe sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 04.07.2003 daran erinnert, dass die Klägerin durch tiefe Augenränder aufgefallen sei, welche auf massive Schlafstörungen hinwiesen, und ihr Sozialverhalten durch eine krasse Außenseiterposition und starke Introvertiertheit geprägt gewesen sei.

Der Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 06.11.2003 zurückgewiesen. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast gehe die Nichterweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen zu Lasten der Klägerin. Die bloße Möglichkeit, dass sie ein Opfer von häuslichen Misshandlungen geworden sei, begründe keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung.

Mit Klageschrift und -begründung vom 10.12.2003 haben die Bevollmächtigten der Klägerin vor allem auf das Schreiben von Dr. G. vom 24.06.2002 hingewiesen. Die Leiterin der Psychotherapie-Weiterbildung der Medizinischen Hochschule B-Stadt habe das Vorliegen einer dissoziativen Indentitätsstörung bestätigt. Allein die Erkrankung der Klägerin an einer dissoziativen Identitätsstörung sei Beleg dafür, dass die Klägerin im Kindheitsalter durch sexuelle Gewalt lebensbedrohend und chronisch traumatisiert worden sei. Die Klägerin erinnere sich an sexuelle Übergriffe durch ihren Halbbruder. Diese sexuellen Übergriffe hätten solange angedauert, bis dieser eine eigene Freundin (Frau B.) gehabt habe. Außerdem sei die Klägerin während ihrer gesamten Jugend häufig von zu Hause weggelaufen. Letztendlich sei sie jedoch immer wieder in den Haushalt ihrer Mutter zurückgekommen. Diese habe ihr auch immer wieder zu verstehen gegeben, dass sie nichts wert sei. Ein häufig gebrauchter Spruch der Mutter der Klägerin sei gewesen "Dich hätte man schon im ersten Badewasser ersäufen sollen".

Das Sozialgericht Nürnberg hat Dr. O. zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Dieser ist mit Gutachten vom 10.01.2006 zu dem Ergebnis gekommen, dass die bestehende "seelische Störung" einen GdB von 80 bis 100 bedingen würde. Bei der derzeitigen Befundlage lasse sich jedoch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs nicht angeben. Ein psychiatrisches Zusammenhangsgutachten wurde für erforderlich erachtet. Das Sozialgericht Nürnberg hat Dr. Dr. N. gutachtlich gehört. Dieser ist mit psychiatrischem Fachgutachten vom 04.02.2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin an einer dissoziativen Identitätsstörung auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung mit entsprechender chronifizierter Persönlichkeitsveränderung leide. Aus medizinischer Sicht liege eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlich dafür vor, dass die Klägerin in ihrer Kindheit Opfer von Missbrauchshandlungen geworden sei. Ob dies auf die Mutter und den Halbbruder beschränkt sei, könne aus gutachterlicher Sicht nicht gesagt und nicht entschieden werden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei derzeit mit 80 v.H. zu bemessen. Aufgrund allgemeiner klinischer Erfahrungen und auch aufgrund recht guter Ergebnisse von entsprechenden psychotherapeutischen Verfahren, die der Klägerin anempfohlen würden und über deren Gewährung nachgedacht werden sollte, sollte die Anerkennung der MdE zunächst für einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren erfolgen. Danach sollte eine Nachuntersuchung durchgeführt werden, um eine möglicherweise eintretende Besserung nicht zu übersehen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.02.2007 darauf hingewiesen, dass unverändert nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin in ihrer Kindheit bzw. Jugend das Opfer von Gewalttaten im Sinne des OEG geworden sei. Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt sein müssten, gehöre als entscheidendes Kriterium der schädigende Vorgang (hier: die behaupteten Misshandlungen durch Mutter und Halbbruder). Eine Zeugeneinvernahme der Mutter und des Halbbruders werde anheimgestellt. Hierzu hat sich die Klägerin nicht bereit erklärt. Im Folgenden hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage mit Urteil vom 27.09.2007 abgewiesen. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Dr. N., dass in der weit überwiegenden Zahl der untersuchten Personen mit dissoziativer Identitätsstörung eine in der Kindheit erfolgte Traumatisierung stattgefunden habe, genüge nicht, um mit der juristisch erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen von Gewalttaten in der Kindheit der Klägerin zu schließen. Soweit der Beweis hierfür fehle, gehe dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin. Diese habe im Übrigen weder die Befragung der Mutter noch des Halbbruders durch das Gericht gewünscht. Auch eine Beweiserleichterung nach § 6 Abs.3 OEG i.V.m. § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) stütze das Begehren der Klägerin nicht, da die Angaben der Klägerin, welche sie aufgrund sog. "Flashbacks" schildere, viel zu ungenau und nur wenig konkret seien.

Die hiergegen gerichtete Berufung vom 10.12.2007 ging am selben Tag beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) ein.

Der Beklagte hat mit Nachricht vom 12.02.2008 nochmals den Bericht des Klinikums Tagesklinik A-Stadt vom 19.02.1988 vorgelegt. Danach ist die Klägerin erstmals im Oktober 1986 an einer drogeninduzierten akuten Psychose erkrankt. Sie ist in der Universitäts-Nervenklinik E. behandelt worden. Im Rahmen der teilstationären Weiterbehandlung in der Tagesklinik hat sie auch den Wunsch geäußert, ihre berufliche Perspektiven hinsichtlich einer Umschulung zur MTA zu überdenken.

Mit Schriftsatz vom 23.05.2008 wies die Bevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass diese gegenüber Dr. Dr. N. drei Vorfälle geschildert habe (die Klägerin erinnere sich z.B. daran, dass irgend jemand im Wohnzimmer der Eltern sie zwischen "den Füßen" angefasst habe; ihre Mutter hätte einmal ihren Kopf nach unten in einen Eimer mit Putzwasser hineingedrückt; ein anderes Mal habe die Mutter ihr auch heißen Kaffee über den Kopf geschüttet und zu ihr gesagt, er sei ihr zu kalt). Im Übrigen habe sich die Klägerin trotz erheblicher Bedenken bezüglich ihrer eigenen Sicherheit nunmehr dazu entschieden, einer Befragung der Mutter und des Halbbruders zuzustimmen. Es werde allerdings dringend darum gebeten, weder die Adresse noch den geänderten Namen der Klägerin bekanntzugeben, die Befragung vielmehr ausschließlich unter dem Namen Claudia D. durchzuführen. Für die Klägerin bestehe beim Einwohnermeldeamt der Stadt A-Stadt eine Auskunftssperre.

In Berücksichtigung der jetzt gegebenen Bereitschaft Zeugen einvernehmen zu lassen, beschloss das BayLSG am 09.06.2008, der Klägerin für das Verfahren vor dem BayLSG PKH zu bewilligen und Frau Rechtsanwältin B. beizuordnen. Vorsorglich wurde auf § 10a OEG aufmerksam gemacht und gebeten, ab Antragstellung im Mai 2001 entsprechende Nachweise einer Bedürftigkeit beizubringen.

In dem vorgelegten handschriftlichen Bericht aus dem Jahre 1992 sprach die Klägerin von einer langjährigen Therapie, die sie selbst finanziert und erfolgreich abgeschlossen habe. Diesbezüglich erklärte die Witwe des damals behandelnden Dipl.-Psychologen N., dass alle älteren Patientenunterlagen inzwischen vernichtet worden seien. Die Klägerin sei ihr aber persönlich bekannt. Sie sei von Frühjahr 1988 bis November 1991 Patientin bei ihrem Mann gewesen. Sie könne sich daran erinnern, dass sie regelmäßig mindestens einmal in der Woche zur Therapie gekommen sei. Aufgrund der Tatsache, dass sie nach einiger Zeit an einer therapeutischen Gruppe zusätzlich teilnehmen sollte und dies auch getan habe, wisse sie die Diagnose für die Therapie "Schwere Borderline-Symptomatik".

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurde entsprechend dem Ersuchen der Klägerbevollmächtigten der für Dritte erkennbare Datenbestand geändert (Aufnahme des Mädchennamens Claudia D. und Unterdrückung der Anschrift).

In der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2009 werden als Zeugen I. C. und D. einvernommen. Beide Zeugen sind nach Belehrung aussagebereit. Die Mutter der Klägerin äußert sich im Wesentlichen dahingehend, sie könne mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, dass sie nichts zwischen ihren Kindern beobachtet habe, was mit sexuellem Missbrauch in Verbindung stehen könnte. Auch gegen ihren Ehemann habe sie keinen Verdacht. Sie könne definitiv sagen, dass sie nichts wisse und dass ihr nichts aufgefallen sei. Außer über Ohrfeigen bei Ungezogenheiten könne sie über keine gravierenderen Probleme mit ihrer Tochter oder in der Familie berichten. Befragt nach Vorfällen mit heißem Kaffee oder Badewasser könne sie sich das gar nicht vorstellen und erinnere sich in keinster Weise an solche Vorfälle. Von dem Vorwurf eines sexuellen Missbrauchs habe sie von ihrer Tochter gehört, als diese sich circa vor 15 oder 16 Jahren habe mit ihr treffen wollen und sie damals beschuldigt habe, sie bzw. alle hätten sie vergewaltigt. Dies habe bei ihr selbst behandlungsbedürftige Gesundheitsstörungen ausgelöst.

Der Zeuge D. berichtet, dass er das Zimmer mit seiner Schwester geteilt habe. Natürlich habe es dabei Reibereien gegeben und es seien auch mal die "Fetzen geflogen", meist verbal, wobei er ihr auch schon mal eine gescheuert habe. An einen schlimmen Vorfall könne er sich allerdings erinnern. Da habe er sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen und sie habe sich dabei mit dem Zahn im Mund verletzt. Anlass sei nach seiner Erinnerung gewesen, dass sie das Essen in die Toilette gespült und gegenüber der Mutter gesagt habe, er sei es gewesen. Er könne sich aber an keinen Vorfall erinnern, dass er seine Schwester mit einem Kissen auf das Bett gedrückt habe. Im Übrigen wisse er nicht, um welche Streitigkeiten seiner Schwester es hier gehe.

Zur Aufklärung eines Widerspruchs in den Zeugenaussagen wurde die Zeugin C. zu den näheren Umständen des Gespräches vor circa 15 bis 16 Jahren nochmals befragt, vor allem zu ihrer Aussage, sei sie allein hingegangen und habe vorher ihren Sohn darüber auch nicht informiert und mit ihm nicht gesprochen. Sie habe ihn nach dem Gespräch angerufen und von diesem Gespräch berichtet. Sie glaube nicht, dass sie vor dem Gespräch ihren Sohn informiert habe, dass sie ihre Tochter treffen werde. Keinesfalls habe sie ihn mitgenommen. Sie habe auch keine Bedenken gehabt, zu diesem Gespräch zu gehen; es habe vorher keinen Hinweis auf Probleme gegeben. - Der Zeuge D. sagt aus, er habe es abgelehnt, zu diesem Gespräch mitzukommen, weil seine Schwester ja ausdrücklich nur seine Mutter habe sehen wollen. Das Gespräch habe nach seiner Erinnerung etwa eine halbe Stunde gedauert. Als seine Mutter aus dem Lokal gekommen sei, sei er zusammen mit ihr weggegangen und sie habe ihm dann von den Vorwürfen erzählt, sowohl, dass sie als Mutter versagt hätte, als auch dass die Schwester von uns sexuell missbraucht worden sei. - Wegen der näheren Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift vom 27.08.2009 Bezug genommen.

Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.09.2007 und den Bescheid des Beklagten vom 18.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2003 aufzuheben und der Klägerin dem Grunde nach Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) zu bewilligen.

Die Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 ff. und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet.

Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes in Folge eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält gemäß § 1 Abs.1 OEG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Die Klägerin stützt ihr Begehren auf Bewilligung von Leistungen nach § 1 Abs.1 OEG auf die Straftaten "sexuelle Traumatisierung in der Jugend" im Sinne von §§ 174 ff. Strafgesetzbuches (StGB) sowie "Misshandlungen als Kind durch nächste Angehörige" gemäß § 225 StGB.

Das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne von § 1 Abs.1 OEG i.V.m. den Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Sinne von
§§ 174 ff. StGB ist nicht nachgewiesen. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin gegenüber dem erstinstanzlich beauftragten Gutachter Dr. Dr. N. diesbezüglich drei Vorfälle geschildert hat, die den Straftatbestand erfüllen würden:
- Sie erinnere beispielsweise eine Szene, wo sie sich im Wohnzimmer der Eltern befinde und zwischen "den Füßen" angefasst werde. Im Zimmer stünden orangefarbene Sessel, ihre Unterhose sei weg. Irgendwer fummle an ihren Genitalien herum. Sie habe mit den Füßen ausgeschlagen und dann höre sie immer wieder die Stimme, die ihr sage, "Du verstehst keinen Spaß", dann komme es zu dem Filmriss, die Erinnerung setze dort aus.
- Der Halbbruder habe sie einmal im elterlichen Schlafzimmer mit dem Kopf auf ein Kissen gedrückt und sich lange auf sie darauf gelegt. Sie sei heute der Meinung, dass es dabei zu einer Inzestsituation gekommen sei.
- Sie habe auch manchmal in Erinnerung, dass es immer nachts zu genitalen Berührungen durch den Bruder und auch die Mutter gekommen sei. Später sei es dann in seinem Bett zur "Missionarsstellung" gekommen.

Diese Flashbacks sind für sich allein betrachtet jedoch zu vage und zu ungenau, um das Vorliegen einer "posttraumatischen Belastungsstörung" als Unterform der bestehenden "seelischen Störung" annehmen zu können. Dies gilt auch in Berücksichtigung von § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG). Die Witwe des Dipl.-Psychologen N. hat zwar mit Erklärung vom 25.08.2008 bestätigt, dass die Klägerin von Frühjahr 1988 bis November 1991 wegen einer "schweren Borderline-Symptomatik" therapiert worden ist. Hinweise darauf, dass bereits damals sexueller Missbrauch und Misshandlungen in der Kindheit als Ursache therapiert wurden, waren nicht zu erkennen.

Bei einem Borderline-Syndrom handelt es sich um eine psychische Störung, die sich zum Teil alternierend in Richtung auf eine Neurose oder eine Psychose manifestieren kann. In Abgrenzung zur Psychose fehlen bei der neurotischen Variante echte paranoid-halluzina-torische Episoden, katatone Symptome und schizophrene Denk- und tiefgreifende Ich-Störungen. Die Symptome werden kontrolliert und in der Regel selbst als krankhaft empfunden. Auch bei längerem Bestehen eines Borderline-Syndroms erfolgt fast nie ein Übergang zur Schizophrenie, jedoch kann die psychotische Variante mitunter den Eindruck einer milden, unvollständig und atypisch verlaufenden Schizophrenie hervorrufen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage). - Für das Vorliegen eines Borderline-Syndroms sprechen nicht nur die zahlreichen ärztlichen Unterlagen, wie sie sich vor allem in den beigezogenen Schwerbehinderten-Akten des Beklagten befinden (vgl. vor allem versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 29.12.2001) und die zuletzt vorgelegte Erklärung der Witwe des Diplom-Psychologen N. vom 25.08.2008, sondern auch der Umstand, dass die Klägerin entsprechen ihrem handschriftlichen Bericht aus dem Jahre 1992 selbst von einer langjährigen Therapie gesprochen hat, die sie selbst finanziert und erfolgreich abgeschlossen habe.

Dies schließt es aus, allein aufgrund der wenig konkreten Angaben der Klägerin gemäß § 15 KOV-VfG einen anspruchsbegründenden Sachverhalt im Sinne von § 1 Abs.1 OEG i.V.m. §§ 174 ff. StGB als nachgewiesen zu Grunde zu legen. Vielmehr hat die Zeugeneinvernahme des Halbbruders D. ergeben, dass dieser sich nach seinen Angaben der Klägerin nicht sexuell genähert hat. Der Senat sah keine Anhaltspunkte, die Zweifel an den Aussagen begründen. Der Zeuge hat unbefangen und offen über seine ersten sexuellen Erfahrungen mit Mitschülerinnen berichtet. Eine Aufklärung zu Hause habe nicht stattgefunden. Seine Freundin B. habe er mit 17 Jahren kennengelernt, als er bereits von zu Hause ausgezogen gewesen sei.

Die in sich schlüssigen Aussagen des Zeugen D. werden von dem Senat unter anderem auch deswegen nicht angezweifelt, weil er nicht wusste, "um welche Streitigkeiten seiner Schwester es hier geht". Dies stellt einen gewichtigen Gesichtspunkt dafür dar, dass die unbefangenen und offenen Antworten des Zeugen D. der Wahrheit entsprechen. Außerdem hat der Zeuge zu eigenen Lasten einen "schlimmen Vorfall" eingeräumt, da er der Klägerin einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat und diese dabei mit dem Zahn im Mund verletzt worden ist (hierauf wird noch näher eingegangen werden).

Die Aussagen des Zeugen D. stehen auch in keinem Widerspruch zu den bekannten Lebensumständen der Familie in der maßgeblichen Zeit. Besonders aus den Unterlagen der Schulbehörde und der aktenkundigen Aussage der Lehrerin ergeben sich keine Hinweise auf Gewalttaten mit Verletzungen und ungewöhnlichen Verhaltensweisen. Soweit dort Stimmungsschwankungen nach einer fehlenden ausreichenden Leistungsbereitschaft der Klägerin beschrieben worden sind, ist dies kein Indiz für das Vorliegen einer Gewalttat im Sinne von § 1 Abs.1 OEG. Auch andere Gründe können Leistungsschwankungen in der Schule auslösen. Fehlende freundschaftliche Kontakte in der Schule, wie sie der Zeuge betreffend seine Schwester, aber auch bei sich selbst geschildert hat, sprechen zwar für ein strenges Elternhaus, stellen aber in dieser abstrakt geschilderten Erscheinungsform noch keinen Beweis strafrechtlich relevanter Gewalt in der Familie dar.

Die Mutter der Klägerin hat ebenfalls keine Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Klägerin weder durch den Zeugen D. noch durch Dritte schildern können. Sie könne mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, dass sie nichts zwischen ihren Kindern beobachtet habe, was mit einem sexuellen Missbrauch in Verbindung stehen könnte. Auch gegen ihren Ehemann habe sie keinen Verdacht. Auch wenn der Senat den Ausführungen der Zeugin C. kritisch gegenübersteht, nicht zuletzt weil hinsichtlich der Begleitumstände des Gespräches mit der Klägerin vor circa 15 bis 16 Jahren in A-Stadt ihre Aussage von denen des Zeugen D. abweicht, lässt es sich aus den Ausführungen der Mutter der Klägerin jedoch nicht entnehmen, dass die Klägerin in ihrer Jugend nachweislich sexuell traumatisiert worden ist. Allein die gesicherte Farbe der Sessel im Wohnzimmer (orange oder vergleichbarer Farbton) genügt als Nachweis nicht. Dies gilt auch in Berücksichtigung des Umstandes, dass ausweislich des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens von Dr. Dr. N. vom 04.02.2007 die weit überwiegende Zahl von Probandinnen, die an ähnlichen Symptomen leiden, in ihrer Jugend tatsächlich sexuell missbraucht worden sind. Hieraus folgt jedoch nicht der Nachweis eines anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne von § 1 Abs.1 OEG.

Für den Senat ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung gewesen, dass entsprechend dem Bericht der Tagesklinik A-Stadt vom 19.02.1988 die Klägerin im Rahmen ihrer dortigen teilstationären Behandlung die hier angeschuldigten Vorfälle nicht angesprochen hat. Diskutiert worden sind vielmehr eine drogeninduzierte akute Psychose, die berufliche Perspektive Umschulung zur MTA, eine gescheiterte lesbische Beziehung sowie ein Suizidversuch mit der Notwendigkeit einer vorübergehenden vollstationären Aufnahme. Aus der Sicht des Senats wäre zu erwarten gewesen, dass etwaige sexuelle Traumatisierungen in der Familie zumindest angesprochen worden wären, was jedoch nicht geschehen ist. Die Umstände dieser Behandlung sind daher nicht geeignet, Indizien für die angeschuldigten Straftaten zu liefern, sind aber geeignet, Hinweise auf andere Ursachen der Erkrankung der Klägerin zu geben.

Wenn die Klägerin des Weiteren Misshandlungen in ihrer Jugend vor allem durch die Mutter vorgetragen hat, ist ein Vorfall begangen von Seiten des Halbbruders D. aufgrund dessen Zeugenaussage nachgewiesen: Dieser hat (wie bereits erwähnt) eingeräumt, dass er sich an einen "schlimmen Vorfall" erinnern könne; da habe er sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen und sie habe sich dabei mit dem Zahn im Mund verletzt. Anlass sei nach seiner Erinnerung, dass die Klägerin das Essen in die Toilette gespült und gegenüber der Mutter gesagt habe, er sei es gewesen. Unabhängig davon, dass die Klägerin den Vorfall durch ihr Verhalten ursächlich mit ausgelöst hat (vgl. § 2 Abs.1 OEG), scheitert eine Leistungsbewilligung bereits an der Härteregelung § 10a Abs.1 Nr.1 OEG. Dieser Vorfall hat sich spätestens Anfang des Jahres 1976 ereignet, weil der Zeuge D. mit 15 Jahren eine Lehre als Koch begonnen hat und ab diesem Zeitpunkt nur alle paar Wochen zu Hause gewesen ist. Wenn zwischen der Klägerin und ihrem Halbbruder "die Fetzen geflogen sind", muss dies folglich vor dem Stichtag 15.05.1976 geschehen sein. Allein infolge dieser Schädigung ist die Klägerin zweifelsfrei nicht schwerbeschädigt im Sinne von § 10a Abs.1 Nr.1 OEG.

Ausweislich des Gutachtens von Dr. Dr. N. vom 14.02.2007 hat die Klägerin auch Flashbacks daran, dass sie von ihrer Mutter in einem Eimer mit Putzwasser mit dem Kopf nach unten hineingedrückt worden ist. An der Badewanne sei dies passiert. Sie sei bei dieser Situation in der Badewanne etwa sieben Jahre alt gewesen. Außerdem habe die Mutter ihr auch eines Tages heißen Kaffee über den Kopf geschüttet und zu ihr gesagt, "er ist mir zu kalt". Im Übrigen habe die Mutter häufig den Spruch gebraucht "Dich hätte man schon im ersten Badewasser ersäufen sollen". Wenngleich die Zeugin C. entsprechendes in der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2009 weit von sich gewiesen hat, hat sie dennoch eine "strenge Erziehung" dergestalt eingeräumt, dass es schon mal Ohrfeigen bei Ungezogenheiten gegeben habe.

Die Würdigung der Flashbacks der Klägerin einerseits und die Aussage der Zeugin C. andererseits ergibt in der Zusammenschau, dass nicht von einer Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB nachweislich auszugehen ist. Es fehlt sowohl an einem "Quälen" als auch einem "rohen Misshandeln" oder auch an einer "böswilligen Vernachlässigung der Fürsorgepflicht" im Sinne von § 225 Abs.1 StGB. Quälen ist das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden. Ein rohes Misshandeln setzt eine gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung voraus. Eine böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht ist nur dann gegeben, wenn aus verwerflichen, insbesondere eigensüchtigen Beweggründen gehandelt wird (Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 52. Auflage, Rz.8 ff. m.w.N.). Keine der drei alternativ genannten Voraussetzungen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB liegen hier nachweislich vor. Vielmehr beruht die eingeräumte "strenge Erziehung" durch die Mutter mit Austeilen von "Ohrfeigen bei Ungezogenheiten" vor allem auf dem Umstand, dass die Mutter der Klägerin über lange Jahre hinweg alleinerziehend gewesen ist und für ihre insgesamt drei Kinder von den jeweiligen Vätern keine Unterstützung erhalten hat. Sie hat nach ihrer glaubhaften Darstellung weder von H. D. noch vom Vater der Klägerin Unterhalt für sich oder die Kinder bekommen und ist deshalb immer berufstätig gewesen. Auch nach der Heirat mit Herrn C. 1974 ist die familiäre Situation nicht stabiler geworden. Weder haben sich die finanziellen Probleme noch die Probleme mit den Kindern gelöst. Beispielhaft hat die Mutter der Klägerin einen handgreiflichen Streit zwischen ihrem Sohn und ihrem Mann geschildert, bei dem letztendlich die Glasscheibe der verschlossenen Wohnungszimmertür eingeschlagen worden ist.

Der Senat verhehlt zwar nicht, dass der Eindruck sich nicht erinnern zu wollen oder eventuell sogar die Erinnerung verdrängt zu haben von der Zeugin C. nicht entkräftet werden konnte, so dass der Senat es nicht ausschließt, dass über Ohrfeigen hinaus mehr Gewalt in der Familie vorkam. Allerdings waren die Schilderungen der Klägerin, die möglicherweise aus Krankheitsgründen nicht präziser zu erhalten sind, nicht ausreichend, um den in Rahmen des OEG erforderlichen Nachweis zu führen. Denn wenn das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht weiter aufklären kann, gilt der Grundsatz, dass derjenige die objektive Beweislast für die Umstände trägt, zu dessen Gunsten das Tatbestandsmerkmal (hier: vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne von § 1 Abs.1 OEG) im Prozess wirkt (Meyer-Ladewig, Rz.6 zu § 118 SGG m.w.N.). Auch in Berücksichtigung von § 6 Abs.3 OEG i.V.m. § 15 KOV-VfG und der dort vorgesehenen Beweiserleichterung ist hier das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne von § 1 Abs.1 OEG i.V.m. § 225 StGB allein aufgrund der vagen Angaben der Klägerin nicht ausreichend gesichert.

Aus der Sicht des Senats sprechen die oben aufgezeigten Umstände vielmehr dafür, dass die Mutter der Klägerin mit der Gesamtsituation damals überfordert gewesen ist. Eine strafrechtlich relevante Misshandlung der Klägerin als Schutzbefohlene im Sinne von § 225 Abs.1 StGB lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass sich das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne von § 1 Abs.1 OEG nicht hat nachweisen lassen.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.09.2007 zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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