L 8 AL 204/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1643/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 204/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 37 b S. 2 SGB III idF des Art. 1 Nr. 6 Gv 23.12.2002, BGBl. I 4607, ist nicht so widersprüchlich bzw. unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügt (BSG, Urteile vom 20.10.2005, B 7 a AL 28/05 R und B 7 a AL 50/05 R).
2. Auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen gilt die Meldeobliegenheit des § 37 b SGB III, und zwar mit dem Inhalt, dass "spätestens" drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat.
3. Die Minderung setzt eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung im Sinne eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs voraus. Beruft sich der Kläger auf den widersprüchlichen Gesetzeswortlaut, folgt daraus, dass er grundsätzlich von der Meldeobliegenheit wusste. Im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Meldung liegt keine unverschuldete Unkenntnis vor, wenn der Kläger anlässlich einer vorangegangenen Arbeitslosmeldung in verständlicher Form belehrt worden war. Damit wird dem Kläger kein unzumutbares Verhalten abverlangt, da es sich bei der Arbeitsuchendmeldung um eine einfache Tatsachenerklärung handelt. Auf das Vorliegen einer Belehrung durch den Arbeitgeber (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) kommt es dann nicht mehr an.
4. Hat der Kläger von den erfolgten Belehrungen entgegen seiner unterschriftlichen Bestätigung keine Kenntnis genommen, stellt dies für sich genommen einen Sorgfaltsverstoß dar, der ein Verschulden in Bezug auf die Verletzung der Meldeobliegenheit begründet.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes - Alg - streitig.

Die 1970 geborene Klägerin arbeitete vom 01.05.2002 bis 31.12.2003 als Augenoptikergehilfin. Am 19.11.2003 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Mit ihrer Unterschrift vom 01.01.2004 bestätigte sie den Erhalt und die inhaltliche Kenntnisnahme des Merkblattes 1 für Arbeitslose, das eine Belehrung über die Meldepflicht bei befristeten Arbeitsverhältnissen enthielt. Die Beklagte bewilligte der Klägerin Alg vom 01.01.2004 bis 06.01.2004. Der befristete Bewilligungsbescheid vom 16.01.2004 wurde ihr mit dem Leistungsnachweis gleichen Datums übersandt, der unter dem Punkt "Wichtige Hinweise" ebenfalls über die Meldepflicht bei einem befristeten Arbeitsverhältnis belehrte. Ab dem 07.01.2004 nahm die Klägerin eine Beschäftigung als Arzthelferin auf. Der Arbeitsvertrag war von vorneherein bis zum 06.07.2004 befristet und wurde mit Schreiben vom 03.07.2004 um weitere sechs Monate verlängert.

Am 05.01.2005 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Die Beklagte teilte ihr mit einem Schreiben vom 01.02.2005 mit, dass sie ihrer Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitsuchend zu melden, 89 Tage zu spät nachgekommen sei. Der Leistungsanspruch mindere sich daher um 1.050 EUR (täglich 35 EUR für längstens 30 Tage). Die Anrechnung beginne am 07.01.2005 und ende voraussichtlich am 20.03.2005. Die Beklagte bewilligte sodann mit Bescheid vom 03.02.2005 Alg ab dem 07.01.2005 für 360 Tage. Gleichzeitig setzte sie unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 01.02.2005 einen Minderungsbetrag von täglich 14,61 EUR fest.

Dagegen erhob die Klägerin am 01.03.2005 Widerspruch. Sie habe auf eine Weiterbeschäftigung gehofft und sich deshalb erst am 04.01.2005 bei der Agentur für Arbeit gemeldet, weil ihr befristeter Arbeitsvertrag bereits einmal kurzfristig verlängert worden sei. Ferner machte die Klägerin Ausführungen zum Gesetzeswortlaut des § 37 b SGB III.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2005 unter Hinweis auf die Belehrungen im Bewilligungsbescheid und im Merkblatt zurück.

Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München - SG -. Sie habe erstmals am 05.01.2005 erfahren, dass das Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde. Bis dahin habe sie keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass das Arbeitsverhältnis nicht verlängert werden würde. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11.07.2008 abgewiesen und ausgeführt, die Minderung des Anspruchs auf Alg sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe ihre Meldeobliegenheit schuldhaft verletzt. Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht - LSG - eingelegt und im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.07.2008 und den Bescheid vom 01.02.2005 aufzuheben sowie den Bescheid vom 03.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Alg ab dem 07.01.2005 ohne Minderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil vom 11.07.2008 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 S. 2 SGG).

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, da das klageabweisende Urteil des SG nicht zu beanstanden ist.

Verfahrensgegenstand ist die Höhe des Alg-Anspruchs der Klägerin. Insbesondere geht es um die Frage, ob die von der Beklagten auf der Grundlage des § 140 SGB III vorgenommene Minderung rechtmäßig ist. Verfahrensgegenstand sind somit die Bescheide vom 01.02.2005 und vom 03.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2005 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte Alg für den Zeitraum ab 07.01.2005 für 360 Tage, jedoch um 1050,00 EUR gemindert, bewilligt hat. Bei den genannten Bescheiden handelt es sich um eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides über die Minderung des Alg-Anspruchs (vgl. hierzu BSG Urteil vom 18.08.2005, B 7a AL 4/05 R; Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R). Die Minderung wurde durch Einbehaltung von täglich 14,61 EUR bis 20.03.2005 vollzogen. Die Klägerin macht die fraglichen Leistungen mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 4 SGG).

Die gegen das klageabweisende Urteil des SG gerichtete Berufung ist unbegründet, da die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig sind. Zu Recht hat die Beklagte das der Klägerin zustehende Alg gemindert. Denn die Klägerin hat die sich aus § 37 b SGB III ergebende Obliegenheit verletzt und dabei auch schuldhaft gehandelt.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf die §§ 37 b, 140 SGB III (in der Fassung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 23.12.2002
- BGBl. I 4607, Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom
23.12.2002, BGBl I 4607), mit denen vom Gesetzgeber weitere Obliegenheiten im Versicherungsverhältnis der Arbeitslosenversicherung mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten eingeführt worden sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Nach der hier geltenden Fassung der §§ 37 b, 140 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Nach dem damaligen Gesetzeswortlaut hatte die Meldung im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen, § 37 b S. 2
SGB III. Die durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005 erfolgten Änderungen des § 37 b Abs. 1 SGB III gelten bei der Klägerin noch nicht. Die Folgen einer Pflichtverletzung waren im Rahmen der hier geltenden Fassung des SGB III in § 140 SGB III geregelt. Danach minderte sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist, wenn sich der Arbeitslose nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hatte, und zwar bei einem Bemessungsentgelt bis zu 700 EUR um 35,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung (§ 140 SGB III Satz 2 Nr. 3), höchstens um einen Betrag, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet.

Dieses Gesamtkonzept der §§ 37 b, 140 SGB III ist mit der Verfassung vereinbar. Zwar ist der von der Klägerin erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld wie Eigentum geschützt. Mit den angesprochenen Regelungen erfolgten aber zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Der Eingriff geschah etwa in einer Größenordnung wie bei der Feststellung einer Sperrzeit über vier Wochen, wie es bei diversen Tatbeständen des § 144 SGB III in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auch der Fall ist. Die Minderung des Anspruchs war auch von einem legitimen Zweck getragen, nämlich der Begrenzung des Risikofalles, soweit er eine Mitwirkung des Versicherten erfordert. Insoweit handelt sich auch um ein geeignetes Mittel zur Risikosteuerung (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 37 b, 140 SGB III BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn. 14 ff).

§ 37 b S. 2 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung war auch nicht so widersprüchlich bzw. unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügt (BSG, Urteile vom 20.10.2005, B 7 a AL 28/05 R und B 7 a AL 50/05 R). Auch im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz war die für befristete Arbeitsverhältnissen geregelte Meldeobliegenheit des § 37 b SGB III mit der Verfassung vereinbar. Nach dieser Vorschrift hat sich der Arbeitnehmer auch bei solchen Arbeitsverhältnissen an sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden. Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 37b Satz 2 SGB III, der als unselbständige Begrenzung des Satzes 1 anzusehen ist, war die Norm bei befristeten Arbeitsverhältnissen - wie hier mit einer Dauer von mehr als drei Monaten - so auszulegen, dass "spätestens" drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat (vgl. BSG vom 20.10.2005, B 7a AL 50/05 R juris Rn 15 m.w.N.).

Dieser in § 37 b SGB III normierten Obliegenheit ist die Klägerin nicht nachgekommen, indem sie sich nicht (spätestens) bereits am 06.10.2004, also drei Monate vor Beendigung des bis zum 06.01.2005 befristeten Arbeitsverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat, sondern erst am 05.01.2005.

Die Klägerin hat diese Obliegenheit auch schuldhaft verletzt.

Bei der Prüfung des Verschuldens im Rahmen des § 37 b SGB III ist ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzuwenden (vgl. BSG a.a.O.). Rechtlicher Ansatzpunkt hierzu ist
§ 121 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der eine Legaldefinition der Unverzüglichkeit enthält. Danach ist ein Verstoß gegen die Obliegenheit, sich arbeitsuchend zu melden, nur dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne schuldhaftes Zögern gehandelt hat. Dabei ist auch die Kenntnis des Arbeitslosen über das Bestehen der Obliegenheit von Bedeutung, so dass im Rahmen des Kriteriums "ohne schuldhaftes Zögern"" auch zu prüfen ist, ob der Leistungsempfänger zumindest fahrlässig in Unkenntnis war, wobei wiederum ein subjektiver Maßstab anzuwenden ist.

Die Klägerin beruft sich mit ihrer Argumentation sinngemäß darauf, bezüglich der Obliegenheit, sich spätestens am 06.10.2004 melden zu müssen, unverschuldet in Unkenntnis gewesen zu sein. Dies ist ihren ersten Einlassungen in ihrem Widerspruchsschreiben vom 25.02.2005 zu entnehmen. Sie beruft sich dort auf den nach ihrer Auffassung widersprüchlichen Gesetzeswortlaut der Vorschrift und behauptet damit unter Inbezugnahme der gesetzlichen Formulierung "frühestens" sinngemäß, nicht gewusst zu haben, dass sie sich bereits drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe melden müssen.

Insofern gelten nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, die folgenden Grundsätze. Der Arbeitnehmer verletzt seine "Verpflichtung" zur unverzüglichen Meldung nicht, wenn er sich auf Grund unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht innerhalb der gebotenen Handlungsfrist bei der Agentur für Arbeit meldet, da es trotz der Publizitätswirkung der frühzeitig erfolgten Veröffentlichung der Rechtsänderungen zur Meldeobliegenheit im Bundesgesetzblatt auf die subjektive Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des Arbeitsuchenden ankommt (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 25.05.2005, B 11a/11 AL 81/04 R juris Rn. 20 f). Für einen Rechtsirrtum über die Meldeobliegenheit hat der Betroffene nur einzustehen, wenn er zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB) gehandelt hat. Die unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung führt dazu, die Rechtsfolgen des § 140 SGB III auszuschließen (BSG, a.a.O.,
Rn. 19, 28 m.w.N.).

Die Klägerin trifft vorliegend ein subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf. Sie ist von der Beklagten anlässlich einer vorangehenden Arbeitslosigkeit über das Erfordernis einer frühzeitigen Meldung rechtzeitig informiert und in leicht verständlicher Weise belehrt worden. Sie hat in dem von ihr am 01.01.2004 unterschriebenen Alg-Antrag bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Auf Seite 16 dieses Merkblattes wurde sie von der Beklagten auf ihre Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuche ausdrücklich hingewiesen. Dort heißt es unter der Überschrift "Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuche" wie folgt: "Ab dem 01.07.2003 sind sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnisses unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden". Weiter ist in diesem Merkblatt in Fettdruck der Hinweis enthalten, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Alg führe. Insofern hat die Beklagte sehr frühzeitig und nach der Rechtsprechung des BSG auch zutreffend auf den Bedeutungsgehalt der Regelungen der §§ 37 b und 140 SGB III hingewiesen. Ferner hat die Klägerin wegen der Aufnahme des befristeten Arbeitsverhältnisses einen befristeten Bewilligungsbescheid und einen Leistungsnachweis vom 16.01.2004 erhalten. Dieser enthielt ausweislich des von der Beklagten übermittelten gleichlautenden Vordrucks unter der Überschrift "Wichtige Hinweise" ebenfalls eine Belehrung über die Pflicht zur frühzeitigen Meldung nach § 37 b SGB III und eine mögliche Minderung eines zukünftigen Leistungsanspruchs nach § 140 SGB III bei einer verspäteten Meldung. Diese Belehrung, zu deren Lektüre die Klägerin verpflichtet war, war im Wesentlichen wortgleich mit der im Merkblatt.

Aufgrund der erfolgten Belehrungen, insbesondere derjenigen im Merkblatt, dessen Kenntnisnahme die Klägerin anlässlich ihrer Arbeitslosmeldung vom 19.11.2003 am 01.01.2004 unterschriftlich bestätigt hat, und aufgrund der Ausführungen der Klägerin in ihrem Widerspruchsschreiben vom 25.02.2005 steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass sie von der gesetzlich geregelten Meldeobliegenheit grundsätzlich Kenntnis hatte. Denn die Klägerin beruft sich in ihrem Widerspruchsschreiben vom 25.02.2005 auf den nach ihrer Auffassung widersprüchlichen Gesetzeswortlaut des § 37 b SGB III. Von dem Gesetzeswortlaut konnte sie aber nur dann irritiert sein, wenn sie grundsätzlich um die dort geregelte Obliegenheit wusste. Die behauptete Rechtsunkenntnis im Hinblick auf den
maßgeblichen Zeitpunkt des 06.10.2004 war nicht unverschuldet. Hatte sie nämlich Kenntnis vom Gesetzwortlaut des § 37 b SGB III und wurde sie dadurch - etwa wegen der anders formulierten Belehrungen in dem Merkblatt und dem Bewilligungsbescheid - in Bezug auf den Inhalt der Meldeobliegenheit irritiert, hätte sie bei der Beklagten schon aufgrund der erfolgten Belehrungen Erkundigungen einholen müssen. Bei Verständnisschwierigkeiten hätte sie die Rechtsauffassung zum Regelungsgehalt des § 37 b SGB III erfragen müssen und sich nicht auf ihre eigene (fehlerhafte) Gesetzesinterpretation verlassen dürfen. Dies gilt um so mehr, als die Belehrungen leicht verständlich abgefasst und weder widersprüchlich noch unklar waren. Das Unterlassen der Einholung von Erkundigungen stellt unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin zumindest ein leicht fahrlässiges Verhalten dar. Von diesen intellektuellen Fähigkeiten konnte sich der Senat aufgrund der schriftlichen Ausführungen der Klägerin insbesondere in ihrem Widerspruchsschreiben, in dem sie mit dem Gesetzeswortlaut des § 37 b SGB III argumentiert, ein Bild machen. Das Unterlassen entsprechender Erkundigungen stellt mithin zumindest einen leichten Sorgfaltsverstoß dar; ein solcher reicht im Rahmen des § 37 b SGB III aus. Der Umstand, dass die Belehrungen bereits im Januar 2004 erfolgten, steht der Bejahung eines Sorgfaltsverstoßes nicht entgegen. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte die Klägerin ihre entsprechende Meldeobliegenheit auch noch im Oktober 2004 wahrnehmen müssen.

Höchst vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass sich an dem gefundenen Ergebnis auch dann nichts ändern würde, wenn - wogegen allerdings der Inhalt des Widerspruchsschreibens vom 01.03.2005 spricht - die Argumentation der Klägerin darauf abzielen sollte, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt des 06.10.2004, also drei Monate vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses überhaupt keine Kenntnis von der Meldeobliegenheit (und damit auch nicht vom Gesetzwortlaut des § 37 b SGB III) gehabt habe. Hiervon ausgehend läge schon deshalb eine verschuldete Rechtsunkenntnis vor, weil die Klägerin ihre Meldeobliegenheit nicht den in Merkblatt (dessen Kenntnisnahme sie unterschriftlich bestätigt hat) und Bewilligungsbescheid erfolgten Belehrungen entnommen hat. Diese Belehrungen sind - wie ausgeführt - weder widersprüchlich noch unklar, sondern geben die vom BSG bestätigte Rechtslage bezüglich der Meldeobliegenheit bei befristeten Arbeitsverhältnissen zutreffend und einfach verständlich wieder, da in den entsprechenden Hinweisen nicht lediglich der Gesetzestext formelhaft wiederholt wird. Die fehlende Kenntnisnahme der erfolgten Belehrungen stellt für sich genommen einen Sorgfaltsverstoß dar, der ein Verschulden in Bezug auf die Verletzung der Meldeobliegenheit begründet.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin gehegten Hoffnung auf eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses über den 06.01.2005 hinaus. Denn die Klägerin musste aufgrund der eindeutigen Befristung in ihrem Arbeitsvertrag davon ausgehen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis zu dem konkreten Zeitpunkt des 06.01.2005 enden werde. Die Klägerin wusste auf Grund dieses Vertrages bereits zum Zeitpunkt der Verlängerung des ursprünglich bis 06.07.2004 befristeten Beschäftigungsverhältnisses, dass sie ab 07.01.2005 nicht mehr in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen bzw. arbeitslos sein werde. Konkrete Anhaltspunkte für eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses über den 06.01.2005 hinaus sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Sie trägt lediglich vor, keine Anhaltspunkte dafür gehabt zu haben, dass das Arbeitsverhältnis nicht verlängert werde. Die lediglich auf die einmal erfolgte Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses gegründete Hoffnung auf eine nochmalige Verlängerung lässt die Verletzung der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung schon deshalb nicht als unverschuldet erscheinen, weil vorliegend keine objektivierbaren Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, die diese Hoffnung stützen könnten. Solche Hinweise ergeben sich insbesondere nicht aus einer Befragung des ehemaligen Arbeitgebers durch den Senat. Vielmehr teilte jener mit Schreiben vom 08.09.2009 mit, dass es sich um eine von vorneherein befristete Verlängerung gehandelt habe.

Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte sich die Klägerin nach alledem trotz der Hoffnung auf eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses spätestens am 06.10.2004 melden müssen. Damit wird der Klägerin auch kein unzumutbares Verhalten abverlangt. Denn bei der Arbeitsuchendmeldung handelt es sich wie bei der Arbeitslosmeldung (s dazu BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 2 Rn. 11 ff) um eine einfache Tatsachenerklärung, mit der der künftige Arbeitslose lediglich angibt, dass er ab dem Tag nach dem Ende des Versicherungspflichtverhältnisses eine Beschäftigung sucht, ohne dass damit irgendwelche komplizierten Überlegungen verbunden wären (BSG, Urteil vom 08.08.2005, B 7a/7 AL 94/04 R juris Rn. 20). Im Hinblick auf die durch die Beklagte erfolgten Belehrungen kann dahinstehen, ob - wofür die Stellungnahme vom 08.09.2009 spricht - die Klägerin vom Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III belehrt worden ist. Ferner ist festzustellen, dass die Beklagte den Beendigungszeitpunkt des befristeten Arbeitsverhältnisses schon wegen dessen Fortsetzung im Juli 2004 nicht auf Grund der Abmeldung der Klägerin aus dem Alg-Bezug im Januar 2004 erkennen konnte, so dass es für die frühzeitigen Vermittlungsaktivitäten der Beklagten auf die Beachtung der Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37b SGB III und der Anzeige des Datums der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin spätestens am 06.10.2004 ankam.

Da nach alledem eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung zu bejahen war, erfolgte die Minderung des Alg zu Recht. Die Höhe der Minderung entspricht den gesetzlichen Maßgaben in der hier anzuwendenden Fassung (siehe dazu oben); sie beträgt im Hinblick auf das von der Beklagten zutreffend festgestellte Bemessungsentgelt von 540 EUR und die um 89 Tage zu spät erfolgte Meldung 1.050 EUR (30 x 35 EUR). Die Berechnung des Alg, die von der Klägerin im Übrigen nicht in Zweifel gezogen wird, erfolgte in zutreffender Weise. Insofern wird auf den Inhalt der Beklagtenakten Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos blieben.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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