Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 1/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 198/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 86/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 61 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 RVO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG i.V.m. § 31 Abs. 1 BVG ist, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge gehörte.
2. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Beamte entweder entlassen, in den Ruhestand versetzt oder beurlaubt wurde. Die Dienstunfähigkeit genügt nicht.
3. Eine wirksame Beurlaubung, derzufolge gem. § 31 Abs. 5 BeamtVG der Unfallfürsorgeanspruch nur noch im Ermessen des Dienstherrn steht, setzt die konstitutive Erklärung der Befreiung der Dienstpflicht durch den Dienstherrn voraus.
4. Eine Anwendung der dargestellten Grundsätze auf Fälle der Dienstunfähigkeit ist nicht geboten, weil auch der (nur) dienstunfähige Beamte dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge hat und somit die Gefahr von Doppelleistungen besteht, die durch § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO vermieden werden sollen.
2. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Beamte entweder entlassen, in den Ruhestand versetzt oder beurlaubt wurde. Die Dienstunfähigkeit genügt nicht.
3. Eine wirksame Beurlaubung, derzufolge gem. § 31 Abs. 5 BeamtVG der Unfallfürsorgeanspruch nur noch im Ermessen des Dienstherrn steht, setzt die konstitutive Erklärung der Befreiung der Dienstpflicht durch den Dienstherrn voraus.
4. Eine Anwendung der dargestellten Grundsätze auf Fälle der Dienstunfähigkeit ist nicht geboten, weil auch der (nur) dienstunfähige Beamte dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge hat und somit die Gefahr von Doppelleistungen besteht, die durch § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO vermieden werden sollen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. August 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zum einen um die Höhe der nach einem erlittenen Arbeitsunfallereignis verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und andererseits um die Rechtmäßigkeit einer Entziehungsentscheidung einer gewährten Verletztenrente.
Der Kläger ist 1939 geboren und war seit 1. Dezember 1961 im Rahmen eines Beamtenverhältnisses bei der XY. tätig.
Am 17. März 1987 erlitt der Kläger einen Unfall im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Kanalreiniger, die er inzwischen aufgenommen hatte, als er beim Aussteigen aus dem LKW am Trittbrett hängen blieb und auf die rechte Seite fiel. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Kläger hierbei eine Hüftpfannenfraktur rechts und eine Sitzbeinfraktur rechts erlitt.
Des Weiteren ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Kläger einen weiteren versicherten Arbeitsunfall am 18. Mai 1994 erlitt, der aufgrund eines Bescheids vom 10. Mai 2002 nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. seit dem 1. Januar 1997 entschädigt wird.
Erstmals am 26. März 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rentenleistungen wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987. Die Beklagte veranlasste ein unfallchirurgisches Gutachten bei Dr. X. vom 24. September 2001, der darin ausführte, dass die Beweglichkeit des rechten Hüftgelenkes leicht bis endgradig behindert sei, wobei auch links eine leichte Beeinträchtigung festzustellen sei. Röntgenologisch zeige sich, dass die Knochenbrüche sowohl der Hüftpfanne als auch des Sitzbeines zwischenzeitlich vollständig konsolidiert seien. Eine Fehlstellung sei nicht erkennbar. Es würden sich diskret vermehrte Abnutzungserscheinungen des rechten Hüftgelenkes zeigen. Unfallunabhängig bestünden aber geringe Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke. Die MdE sei auf unfallchirurgischem Fachgebiet auf unter 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte veranlasste ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten bei Dr. AU. vom 15. November 2001, der feststellte, dass das Unfallereignis vom 17. März 1987 eine leichte Schwäche der Hüftabduktion und ein angedeutet gestörtes Gangbild beim Kläger verursacht habe. Es sei davon auszugehen, dass unfallbedingt eine geringfügige neurogene Schädigung, wie sie im Rahmen eines Periformis-Syndroms bei massivem Gesäßanprall vorkomme, eingetreten sei. Daraus resultiere eindeutig eine leichte Schwäche der Hüftabduktion und auch des glutius maximus bei entsprechend angedeutet gestörtem Gangbild mit angedeutetem Trendellburgischem Phänomen und Absinken des Beckens in Einbeinstand. Hierdurch sei auch auf neuro-psychiatrischem Gebiet eine messbare MdE in Höhe 10 v.H. zu bewerten. Darüber hinaus bewertete Dr. AU. auch die verbliebenen Folgen des weiteren Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1994 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet und führte hierzu aus, dass aufgrund einer erlittenen pilontibialer Fraktur eine perinäus Profundusschädigung mit glaubhaft subjektiver Beschwerdesymptomatik verblieben sei und eine MdE von ebenfalls 10 v.H. deshalb zu verzeichnen sei.
Die Beklagte holte eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. X. vom 30. November 2001 ein, der die Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 unter Einbeziehung der unfallchirurgischen Folgen mit einer MdE von unter 10 v.H. und der neurologischen Folgen mit einer MdE von 10 v.H. sowie die Gesamt-MdE auf 15 v.H. ab dem 1. Januar 1997 einschätzte.
Durch Bescheid vom 12. Mai 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v.H., beginnend ab 1. Januar 1997 und berücksichtigte hierbei eine leichte Schwäche der Hüftabspreizung sowie Gefühlsstörung der Gesäßaußenseite rechts. Die Rentenansprüche vor dem 1. Januar 1997 seien gemäß § 45 SGB I verjährt. Die Rente werde gezahlt, weil und solange gleichzeitig infolge des Unfalles vom 18. Mai 1994 mindestens eine MdE in Höhe von 10 v.H. bestehe.
Auf den hiergegen am 27. Mai 2002 mit der Begründung erhobenen Widerspruch, dass eine MdE von mindestens 15 v.H. gegeben sei, veranlasste die Beklagte eine weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. X. vom 10. September 2002. Er korrigierte die Gesamt-MdE auf 10 v.H. mit der Begründung, seine erste Stellungnahme habe einen Schreibfehler enthalten, weil unfallchirurgisch keine messbare MdE vorliege. Eine Stellungnahme des Beratungsarztes der Beklagten vom 15. Oktober 2002 ergab, dass entsprechend den Ausführungen von Dr. X. die Gesamt-MdE infolge des Unfalles vom 17. März 1987 nur 10 v.H. betrage.
Eine Arbeitgeberauskunft der XY. AG vom 19. November 2002 ergab, dass dem Kläger vom 17. März 1986 bis zum 16. März 1987 Entgelt in Höhe von 33.880,19 DM gezahlt worden seien. Eine Nebentätigkeit während der Zugehörigkeit zu dem Unternehmen sei nicht bekannt gewesen. Ein entsprechender Nebentätigkeitsantrag bzw. Genehmigung sei nicht in der Personalakte enthalten. Weiterhin teilte die XY. AG mit, dass der Kläger mit Ablauf des 31. Juli 1987 zur Ruhe gesetzt worden sei und ab 1. August 1987 Versorgungsbezüge nach allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften erhalten habe. Der Kläger selbst reichte am 21. Februar 2003 die Kopie einer zur Einsichtnahme vorgelegten Originalurkunde mit Datum vom 27. April 1987 zu den Akten, wonach er als Postbetriebsassistent in den Ruhestand versetzt werde. Nach schriftlicher Mitteilung der XY. AG vom 23. März 2003 wurde der Kläger mit Bescheid vom 27. April 1987 in den Ruhestand gemäß § 44 Abs. 2 BBG versetzt, weil dauerhafte Dienstunfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG vorgelegen habe. Der Kläger habe seine Tätigkeit bei der XY. bis zum 1. Oktober 1986 ausgeführt, er sei ab 2. Oktober 1986 bis zur Versetzung in den Ruhestand krank gewesen. Bis 31. Juli 1987 habe er aktive Dienstbezüge und ab 1. August 1987 Versorgungsbezüge nach allgemein beamtenrechtlichen Vorschriften bezogen.
Am 18. Februar 2003 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 gewährten Rente an. Durch Bescheid vom 26. März 2004 nahm die Beklagte den Bescheid vom 10. Mai 2002 zurück und entzog dem Kläger die Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 17. März 1987 zum 31. März 2004 mit der Begründung, dass aufgrund des durch die Ermittlungen festgestellten Sachverhalts, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Beamter gewesen sei, die Regelung des § 61 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB VII) einschlägig sei, weil der formelle Beamtenstatus unabhängig von der Dienstunfähigkeit über den 17. März 1987 hinaus bestanden hätte. Danach werde eine Versichertenrente mindestens in Höhe des Unfallausgleichs bei Dienstunfällen gezahlt, die in Höhe der Grundrente nach § 31 BVG gewährt werde. Die entsprechende MdE müsse mindestens 25 v.H. betragen, die jedoch auch unter Berücksichtigung des weiteren Arbeitsunfalles vom 18. Mai 1994 im Falle des Klägers nicht gegeben sein. Daher sei die Gewährung der Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. März 1987 rechtswidrig gewesen, weshalb der Bescheid vom 10. Mai 2002 mit Wirkung zum 1. April 2004 aufzuheben sei. Das öffentliche Interesse an einer Korrektur des Bescheides im Sinne einer materiellen Entscheidung das Vertrauen des Klägers auf die Bestandskraft der Entscheidung seien abzuwägen, weshalb eine rückwirkende Änderung des günstigen Bescheides ausscheide, jedoch mit Wirkung für die Zukunft diese aufzuheben sei, weil das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten für Leistungen aufzukommen, die der geltenden Rechtslage nicht entsprechend höher einzuschätzen sei, als das Interesse des Klägers auf Dauerrentenleistungen ohne Rechtsgrundlage zu erhalten. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch den der Kläger damit begründete, dass sein Arbeitsplatz bei der XY. zum Unfallzeitpunkt bereits weggefallen gewesen sei, sowie, dass die Folgen des Arbeitsunfalles vom 17. März 1987 eine MdE von 15 v.H. ergäben, weshalb unter Beachtung des Stützrententatbestandes insgesamt die MdE 25 v.H. erreicht werde, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 zurück. Es sei für dieses Unfallereignis weder eine höhere MdE anzunehmen noch komme es für den Beamtenstatus darauf an, ob der Kläger bereits vorher nicht mehr aktiv gewesen sei.
Die hiergegen erhobene Klage vom 2. Januar 2007 hat das Sozialgericht Wiesbaden durch Urteil vom 3. August 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die MdE-Einschätzung der Beklagten unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Gutachten und Befunde nicht zu beanstanden sei und jedenfalls die Summe der MdE aus beiden Unfällen 25 v.H. nicht erreiche. Des Weiteren komme es auf den formalen Beamtenstatus an und in diesem Sinne sei der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles vom 17. März 1987 aktiver Beamter im Sinne der vorgenannten beamtenrechtlichen Vorschriften gewesen, weil die Ruhestandsurkunde vom 27. April 1987 und damit nach dem Unfallzeitpunkt datiere.
Gegen das am 15. August 2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 14. September 2007, die er im Wesentlichen mit der Klagebegründung begründet. Vor allem vertritt er die Auffassung, dass er aufgrund der bestehenden Dienstunfähigkeit kein aktiver Beamter gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. August 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2002 abzuändern sowie den Bescheid vom 26. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2006 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 17. März 1987 eine Verletztenrente nach eine MdE von mindestens 15 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides sowie die Begründung des erstinstanzlichen Urteils.
Im Anschluss an den Erörterungstermin haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten auch im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- und auf die Beklagtenakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Der vorliegende Rechtsstreit konnte gemäß § 155 Abs. 3 und 4 sowie § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom Berichterstatter als Einzelrichter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts sowie die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand ist einerseits die Rücknahme des Verletztenrentenbewilligungsbescheides vom 12. Mai 2002 für die Zukunft zum 31. März 1994 (Bescheid vom 26. März 1994), sowie andererseits die im Bescheid vom 12. Mai 2002 getroffene MdE-Festsetzung i.H.v. 10 v.H.
Grundlage für die Aufhebungsentscheidung der Rentengewährung ist § 45 SGB X, demzufolge ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter weiteren Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf. Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 12. Mai 2002 rechtswidrig war und zumindest bezüglich einer Aufhebung für die Zukunft der Kläger keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen kann. Anhaltspunkte für Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Ferner haben die Beklagte sowie das Sozialgericht zu Recht angenommen, dass die verbliebene MdE des streitgegenständlichen Unfallereignisses vom 17. März 1987 nicht mehr als 10 v.H. beträgt.
Letztlich kann dahinstehen, ob - wie das Sozialgericht meint - maßgebliche Rechtsgrundlage für die im Streit stehenden Rechtsansprüche des Klägers gemäß der Übergangsvorschrift des § 214 Abs. 3 SGB VII die Regelungen der §§ 56 ff. SGB VII sind, obwohl der Versicherungsfall vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB VII gelegen hat, da die im Streit stehenden Leistungen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erstmals festzusetzen wären. Zutreffend ist insoweit, dass der Antrag hinsichtlich der Anerkennung und Gewährung von Rentenleistungen wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 erst am 27. März 2001 gestellt wurde, so dass unter Beachtung der Verjährungsvorschriften eine Leistungspflicht vor dem 1. Januar 1997 nicht in Betracht kommt. Andererseits stellt § 214 Abs. 3 SGB VII maßgeblich auf den Zeitpunkt ab, wann die Leistungen erstmals festzusetzen sind; hierbei kommt es auf das Entstehen des Anspruchs bzw. das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen an (Harks in jurisPK-SGB VII, § 214 Rdnr. 17). Da es in der gesetzlichen Unfallversicherung keines Antrags zur Leistungsgewährung bedarf und die Berufung auf Verjährung dem pflichtgemäßen Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht, spricht vieles dafür, dass dieser Zeitpunkt bereits vor dem 1. Januar 1997 lag, was für die Anwendung der RVO-Normen spricht. Nach beiden Regelungsregimen ist die Berufung jedoch als unbegründet zurückzuweisen.
Grundsätzlich haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. bzw. 13. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII bzw. § 580 RVO a.F. Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die v.H. selbst zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalles sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Eine Ausnahmevorschrift hierzu ist § 61 Abs. 1 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 a.F., wonach Renten von Beamten nur insoweit gezahlt werden, als sie die Dienst- oder Versorgungsbezüge übersteigen; den Beamten verbleibt die Rente jedoch mindestens in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalles als Unfallausgleich zu gewähren wäre. Gemäß § 82 Abs. 4 SGB VII bzw. § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. gilt als Jahresarbeitsverdienst der Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären, wenn jemand einen Versicherungsfall erleidet, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, aber der grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach den beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen die Unfallfürsorge betreffend gehört. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass die Gewährung von Rentenansprüchen abweichend von § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 580 RVO a.F. gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) i.V.m. § 31 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) (in der bis zum 20. Dezember 2007 gültigen Fassung) mindestens 25 v.H. betragen muss. Sinn und Zweck des § 61 Abs. 1 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. ist die Vorstellung des Gesetzgebers, bei einem Versicherten doppelte Leistungen im Sinne mehrerer Renten zu verhindern. Dies folgt aus einer systematischen Auslegung des § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. im Zusammenhang mit § 59 SGB VII bzw. § 584 RVO a.F., die ähnliche Anrechnungsvorschriften beim Bezug mehrer Renten vorsehen (vgl. Padé in juris PK SGB VII, § 61 Rdnr. 17). § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 Satz 3 RVO a.F. soll verhindern, dass Versorgungsbezüge neben einer Verletztenrente gezahlt werden, wenn das Dienstverhältnis wegen der Dienstunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls endet. Eine damit unter Umständen gegenüber sonstigen Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung verbundene Schlechterstellung hat das Bundessozialgericht verfassungsrechtlich nicht beanstandet (siehe BSG, Urteil vom 30. Oktober 1964 2 RU 114/62 - BSGE 22, 54).
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der oben genannten Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 RVO a.F. i.V.m. § 35 Abs 1 Satz 2 BeamtVG i.V.m. § 31 Abs. 1 BVG ist somit, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge gehörte. Dies setzt gem. § 1 BeamtVG i.V.m. §§ 30 ff. BeamtVG voraus, dass er zu diesem Zeitpunkt Beamter i.S.d. BeamtVG war. Gemäß § 31 BeamtVG besteht Anspruch auf Unfallfürsorge bei Dienstunfällen, die als ein auf äußere Einwirkung beruhendes plötzliches, örtliche und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignisses, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, definiert werden, wobei auch Dienstreisen und dienstliche Tätigkeiten am Bestimmungsort, die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichzusetzenden Dienst einbezogen werden. Die Grundsätze des Beamtenstatus richten sich nach dem Bundesbeamtengesetz (BBG); dieser beginnt mit der Ernennung gem. § 10 BBG, mit der die Begründung des Beamtenverhältnisses erfolgt. Das Beamtenverhältnis endet gemäß § 30 BBG durch Entlassung, Verlust der Beamtenrechte, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach dem Bundesdisziplinargesetz oder den Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand. Konstitutiv ist regelmäßig für die Ernennung die Aushändigung der Ernennungsurkunde ebenso wie konstitutiv für das Ende der aktiven Beamteneigenschaft und der Übergang in den Ruhestand die Aushändigung der Ruhestandsurkunde ist. Aus der vom Kläger selbst zu den Akten gereichten Originalurkunde mit Datum vom 27. April 1987 sowie aus der schriftlicher Mitteilung der XY. AG vom 23. März 2003 folgt für den Senat zweifellos, dass der Kläger erst mit Erlass vom 27. April 1987 zum 1. August 1987 in den Ruhestand versetzt und somit zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses noch Beamter i.S. des BBG war.
Das Bundessozialgericht hat allerdings einschränkend auch bei Vorliegen des Beamtenstatus die Anwendbarkeit des § 576 RVO a.F. nur bei Beamten im "aktiven Dienst" bejaht. Dies hat es damit begründet, dass Sinn und Zweck der Norm gerade die Verhinderung von Doppelleistungen ist, die aber nur dann entstehen können, wenn der Betroffene gleichzeitig auch einen Anspruch gegen das Land auf Unfallfürsorge hat (grundlegend BSGE 73, 165, Urteil vom 13. Oktober 1993, 2 RU 36/92). Besteht kein Anspruch auf Unfallfürsorge, ist die Regelung nicht anzuwenden, weil kein Dienstunfall erlitten werden kann und deshalb auch kein Anspruch auf Unfallfürsorge oder entsprechende Leistungen entstehen kann. Entscheidendes Kriterium ist hierbei, ob der Beamte einen Rechtsanspruch auf Beamtenrechtliche Unfallfürsorge hat, was z.B. dann nicht der Fall ist, wenn der Beamte in den Ruhestand versetzt wurde (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1979, 2 RU 47/77; Urteil vom 27. März 199, 2 RU 43/89 - juris). Eine andere Ausnahme ist die Beurlaubung des Beamten, weil § 31 Abs. 5 BeamtVG bestimmt, dass Unfallfürsorge bei einem Dienstunfall im Falle seiner Beurlaubung gewährt werden "kann" und damit der ansonsten beim Beamten bestehende grundsätzliche Unfallfürsorgeanspruch nur im Ermessen des Dienstherrn steht. Besteht aber kein Rechtsanspruch mehr, ist nach der einschlägigen BSG-Rechtsprechung somit auch die Anwendbarkeit des § 61 SGB VII (§ 576 RVO a.F.) nicht mehr gegeben. Auf die Zahlung der Dienstbezüge kommt es hingegen nicht an (BSG, Urteil vom 27. März 1990, 2 RU 43/89 – juris).
Wie sich aus dem dokumentierten Verlauf ergibt und letztlich zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, ist im vorliegenden Fall kein Umstand gegeben, der den grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge des Klägers im Rahmen seines zum Unfallzeitpunkt noch bestehenden Beamtenstatus aufgehoben oder in einen Ermessensanspruch umgewandelt hat. Als einzige den Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge beendende Umstände kennt das BBG die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, den Eintritt in den Ruhestand sowie die Beurlaubung im Sinne von § 89 ff. Der Eintritt in den Ruhestand erfolgte erst am 27. April 1987 zum 1. August 1987. Bei einer Beurlaubung, egal ob als Erholungsurlaub oder aber aus besonderen Gründen, handelt es sich um eine vom Dienstherrn gewährte Freistellung von der Dienstpflicht des Beamten. Eine solche konstitutive Erklärung der Befreiung der Dienstpflicht ist im vorliegenden Fall auch vom Kläger nicht einmal substantiiert vorgetragen worden. Vielmehr folgt aus den Angaben des ehemaligen Dienstherrn, dass der Kläger ab 2. Oktober 1986 krank gewesen und nicht mehr zur Arbeit erschienen ist. Während der Krankheit ist jedoch der Rechtsanspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge dem Grunde nach nicht aufgehoben. Für den Fall der Dienstunfähigkeit sieht § 44 BBG lediglich vor, dass der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn er wegen des körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Diese Verpflichtung des Dienstherrn ersetzt aber nicht den konstitutiven Akt der Versetzung in den Ruhestand in Form der Aushändigung der Urkunde.
Eine Anwendung der dargestellten Grundsätze auf Fälle wie diesen, in denen der Kläger zwar einerseits noch nicht in den Ruhestand versetzt war, volle Dienstbezüge erhielt und vor allem noch grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf beamtenrechtliche Unfallfürsorge hatte, und lediglich aufgrund einer vom Dienstherrn angenommen Dienstunfähigkeit seinen Dienstpflichten nicht aktiv nachkommen konnte, ist nicht geboten. Das BSG hat bereits zu § 576 RVO dargelegt, dass auch solche Vorschriften als Sonder- bzw. Ausnahmevorschriften auslegungs- und analogiefähig sind (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., S 339), jedoch dabei besonders streng auf die Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und die Einhaltung allgemeiner Grundsätze, wie sie sich beispielsweise aus den Grundrechten und auch aus § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) ergeben, zu achten ist. Danach ist es nicht gerechtfertigt, Beamte, die zum Zweck ihrer Beschäftigung bei einem privaten Arbeitgeber unter Belassung ihrer Dienstbezüge und mit dem Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, aber ohne Gewährleistung der Unfallfürsorge, beurlaubt sind, schlechter zu stellen als andere Versicherte, die einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf volle Lohnfortzahlung haben oder die trotz der Unfallfolgen noch in der Lage sind, eine volle Arbeitsleistung zu erbringen, weil hierfür kein sachlicher Grund besteht. So lange aber ein Anspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge dem Grunde nach besteht, ist auch die Gefahr von Doppelleistungen gegeben, die § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. gerade verhindern sollen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Kläger tatsächlich dienstunfähig war oder aber nicht zuletzt wegen absehbaren Wegfalls der Dienststelle stillschweigend die fehlende Dienstleistung des Klägers und sogar die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit duldete, weil mangels konstitutiver Gewährung von Urlaub bzw. der Versetzung in den Ruhestand nach wie vor ein Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge bestand. Dieser hätte sich auch realisieren können, weil z.B. jedes Aufsuchen des Dienstherrn in diesem Zeitraum eine Ansprüche auslösende Diensthandlung bzw. ein damit verbundener versicherter Weg gewesen wäre.
Des Weiteren ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte, dass die durch das streitgegenständliche Unfallereignis verursachte Gesamt-MdE des Klägers die maßgebende Höhe von 25 v.H. erreicht. Die MdE richtet sich nach dem Umfang, der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bzw. § 580 f. RVO a.F.). Die Bewertung der durch die Frakturschäden an Hüftpfanne und Steißbein bedingten MdE des Klägers stellt eine tatsächliche Feststellung gemäß § 128 Abs. 2 SGG dar, die das Berufungsgericht nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung zu treffen und zu begründen hatte (BSGE 37, 177, 179; 41, 99, 100; ständige Rechtsprechung des Senats – beispielsweise Urteile vom 15. November 2000, L 3 U 104/99 sowie vom 28. September 2005, L 3 U 165/04). Sie erfolgt in Anlehnung an § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) im Wege einer annäherungsweisen Schätzung. Ärztliche Sachverständigengutachten sind bei Beantwortung dieser Frage meist unverzichtbar. Bei der Bemessung der MdE sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungswerte zu beachten, die für die Entscheidung im Einzelfall zwar nicht verbindlich, aber als Maßstab für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in den zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis heranzuziehen sind (BSG in SozR 2200 § 581 RVO Nrn. 23 und 28 sowie Urteile des Senats, a.a.O.). Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses vom 17. März 1987 eine höhere MdE als 10 v.H. verblieben ist, und dementsprechend auch keine Gesamt-MdE unter Berücksichtigung der Folgen des weiteren Unfallereignisses vom 18. Mai 1994, die in Höhe von 10 v.H. bindend anerkannt wurden, in Betracht kommt. Nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens war, ob der Kläger überhaupt einen Rechtsanspruch auf Auszahlung einer Verletztenrente nach einer MdE i.H.v. 10 v.H. wegen des letzteren Arbeitsunfallereignisses, wie sie nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten erfolgt, hat.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war im Ergebnis zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zum einen um die Höhe der nach einem erlittenen Arbeitsunfallereignis verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und andererseits um die Rechtmäßigkeit einer Entziehungsentscheidung einer gewährten Verletztenrente.
Der Kläger ist 1939 geboren und war seit 1. Dezember 1961 im Rahmen eines Beamtenverhältnisses bei der XY. tätig.
Am 17. März 1987 erlitt der Kläger einen Unfall im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Kanalreiniger, die er inzwischen aufgenommen hatte, als er beim Aussteigen aus dem LKW am Trittbrett hängen blieb und auf die rechte Seite fiel. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Kläger hierbei eine Hüftpfannenfraktur rechts und eine Sitzbeinfraktur rechts erlitt.
Des Weiteren ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Kläger einen weiteren versicherten Arbeitsunfall am 18. Mai 1994 erlitt, der aufgrund eines Bescheids vom 10. Mai 2002 nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. seit dem 1. Januar 1997 entschädigt wird.
Erstmals am 26. März 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rentenleistungen wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987. Die Beklagte veranlasste ein unfallchirurgisches Gutachten bei Dr. X. vom 24. September 2001, der darin ausführte, dass die Beweglichkeit des rechten Hüftgelenkes leicht bis endgradig behindert sei, wobei auch links eine leichte Beeinträchtigung festzustellen sei. Röntgenologisch zeige sich, dass die Knochenbrüche sowohl der Hüftpfanne als auch des Sitzbeines zwischenzeitlich vollständig konsolidiert seien. Eine Fehlstellung sei nicht erkennbar. Es würden sich diskret vermehrte Abnutzungserscheinungen des rechten Hüftgelenkes zeigen. Unfallunabhängig bestünden aber geringe Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke. Die MdE sei auf unfallchirurgischem Fachgebiet auf unter 10 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte veranlasste ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten bei Dr. AU. vom 15. November 2001, der feststellte, dass das Unfallereignis vom 17. März 1987 eine leichte Schwäche der Hüftabduktion und ein angedeutet gestörtes Gangbild beim Kläger verursacht habe. Es sei davon auszugehen, dass unfallbedingt eine geringfügige neurogene Schädigung, wie sie im Rahmen eines Periformis-Syndroms bei massivem Gesäßanprall vorkomme, eingetreten sei. Daraus resultiere eindeutig eine leichte Schwäche der Hüftabduktion und auch des glutius maximus bei entsprechend angedeutet gestörtem Gangbild mit angedeutetem Trendellburgischem Phänomen und Absinken des Beckens in Einbeinstand. Hierdurch sei auch auf neuro-psychiatrischem Gebiet eine messbare MdE in Höhe 10 v.H. zu bewerten. Darüber hinaus bewertete Dr. AU. auch die verbliebenen Folgen des weiteren Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1994 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet und führte hierzu aus, dass aufgrund einer erlittenen pilontibialer Fraktur eine perinäus Profundusschädigung mit glaubhaft subjektiver Beschwerdesymptomatik verblieben sei und eine MdE von ebenfalls 10 v.H. deshalb zu verzeichnen sei.
Die Beklagte holte eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. X. vom 30. November 2001 ein, der die Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 unter Einbeziehung der unfallchirurgischen Folgen mit einer MdE von unter 10 v.H. und der neurologischen Folgen mit einer MdE von 10 v.H. sowie die Gesamt-MdE auf 15 v.H. ab dem 1. Januar 1997 einschätzte.
Durch Bescheid vom 12. Mai 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v.H., beginnend ab 1. Januar 1997 und berücksichtigte hierbei eine leichte Schwäche der Hüftabspreizung sowie Gefühlsstörung der Gesäßaußenseite rechts. Die Rentenansprüche vor dem 1. Januar 1997 seien gemäß § 45 SGB I verjährt. Die Rente werde gezahlt, weil und solange gleichzeitig infolge des Unfalles vom 18. Mai 1994 mindestens eine MdE in Höhe von 10 v.H. bestehe.
Auf den hiergegen am 27. Mai 2002 mit der Begründung erhobenen Widerspruch, dass eine MdE von mindestens 15 v.H. gegeben sei, veranlasste die Beklagte eine weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. X. vom 10. September 2002. Er korrigierte die Gesamt-MdE auf 10 v.H. mit der Begründung, seine erste Stellungnahme habe einen Schreibfehler enthalten, weil unfallchirurgisch keine messbare MdE vorliege. Eine Stellungnahme des Beratungsarztes der Beklagten vom 15. Oktober 2002 ergab, dass entsprechend den Ausführungen von Dr. X. die Gesamt-MdE infolge des Unfalles vom 17. März 1987 nur 10 v.H. betrage.
Eine Arbeitgeberauskunft der XY. AG vom 19. November 2002 ergab, dass dem Kläger vom 17. März 1986 bis zum 16. März 1987 Entgelt in Höhe von 33.880,19 DM gezahlt worden seien. Eine Nebentätigkeit während der Zugehörigkeit zu dem Unternehmen sei nicht bekannt gewesen. Ein entsprechender Nebentätigkeitsantrag bzw. Genehmigung sei nicht in der Personalakte enthalten. Weiterhin teilte die XY. AG mit, dass der Kläger mit Ablauf des 31. Juli 1987 zur Ruhe gesetzt worden sei und ab 1. August 1987 Versorgungsbezüge nach allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften erhalten habe. Der Kläger selbst reichte am 21. Februar 2003 die Kopie einer zur Einsichtnahme vorgelegten Originalurkunde mit Datum vom 27. April 1987 zu den Akten, wonach er als Postbetriebsassistent in den Ruhestand versetzt werde. Nach schriftlicher Mitteilung der XY. AG vom 23. März 2003 wurde der Kläger mit Bescheid vom 27. April 1987 in den Ruhestand gemäß § 44 Abs. 2 BBG versetzt, weil dauerhafte Dienstunfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG vorgelegen habe. Der Kläger habe seine Tätigkeit bei der XY. bis zum 1. Oktober 1986 ausgeführt, er sei ab 2. Oktober 1986 bis zur Versetzung in den Ruhestand krank gewesen. Bis 31. Juli 1987 habe er aktive Dienstbezüge und ab 1. August 1987 Versorgungsbezüge nach allgemein beamtenrechtlichen Vorschriften bezogen.
Am 18. Februar 2003 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 gewährten Rente an. Durch Bescheid vom 26. März 2004 nahm die Beklagte den Bescheid vom 10. Mai 2002 zurück und entzog dem Kläger die Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 17. März 1987 zum 31. März 2004 mit der Begründung, dass aufgrund des durch die Ermittlungen festgestellten Sachverhalts, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Beamter gewesen sei, die Regelung des § 61 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB VII) einschlägig sei, weil der formelle Beamtenstatus unabhängig von der Dienstunfähigkeit über den 17. März 1987 hinaus bestanden hätte. Danach werde eine Versichertenrente mindestens in Höhe des Unfallausgleichs bei Dienstunfällen gezahlt, die in Höhe der Grundrente nach § 31 BVG gewährt werde. Die entsprechende MdE müsse mindestens 25 v.H. betragen, die jedoch auch unter Berücksichtigung des weiteren Arbeitsunfalles vom 18. Mai 1994 im Falle des Klägers nicht gegeben sein. Daher sei die Gewährung der Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. März 1987 rechtswidrig gewesen, weshalb der Bescheid vom 10. Mai 2002 mit Wirkung zum 1. April 2004 aufzuheben sei. Das öffentliche Interesse an einer Korrektur des Bescheides im Sinne einer materiellen Entscheidung das Vertrauen des Klägers auf die Bestandskraft der Entscheidung seien abzuwägen, weshalb eine rückwirkende Änderung des günstigen Bescheides ausscheide, jedoch mit Wirkung für die Zukunft diese aufzuheben sei, weil das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten für Leistungen aufzukommen, die der geltenden Rechtslage nicht entsprechend höher einzuschätzen sei, als das Interesse des Klägers auf Dauerrentenleistungen ohne Rechtsgrundlage zu erhalten. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch den der Kläger damit begründete, dass sein Arbeitsplatz bei der XY. zum Unfallzeitpunkt bereits weggefallen gewesen sei, sowie, dass die Folgen des Arbeitsunfalles vom 17. März 1987 eine MdE von 15 v.H. ergäben, weshalb unter Beachtung des Stützrententatbestandes insgesamt die MdE 25 v.H. erreicht werde, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2006 zurück. Es sei für dieses Unfallereignis weder eine höhere MdE anzunehmen noch komme es für den Beamtenstatus darauf an, ob der Kläger bereits vorher nicht mehr aktiv gewesen sei.
Die hiergegen erhobene Klage vom 2. Januar 2007 hat das Sozialgericht Wiesbaden durch Urteil vom 3. August 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die MdE-Einschätzung der Beklagten unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Gutachten und Befunde nicht zu beanstanden sei und jedenfalls die Summe der MdE aus beiden Unfällen 25 v.H. nicht erreiche. Des Weiteren komme es auf den formalen Beamtenstatus an und in diesem Sinne sei der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles vom 17. März 1987 aktiver Beamter im Sinne der vorgenannten beamtenrechtlichen Vorschriften gewesen, weil die Ruhestandsurkunde vom 27. April 1987 und damit nach dem Unfallzeitpunkt datiere.
Gegen das am 15. August 2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 14. September 2007, die er im Wesentlichen mit der Klagebegründung begründet. Vor allem vertritt er die Auffassung, dass er aufgrund der bestehenden Dienstunfähigkeit kein aktiver Beamter gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 3. August 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2002 abzuändern sowie den Bescheid vom 26. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2006 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 17. März 1987 eine Verletztenrente nach eine MdE von mindestens 15 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides sowie die Begründung des erstinstanzlichen Urteils.
Im Anschluss an den Erörterungstermin haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten auch im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- und auf die Beklagtenakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Der vorliegende Rechtsstreit konnte gemäß § 155 Abs. 3 und 4 sowie § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom Berichterstatter als Einzelrichter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts sowie die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand ist einerseits die Rücknahme des Verletztenrentenbewilligungsbescheides vom 12. Mai 2002 für die Zukunft zum 31. März 1994 (Bescheid vom 26. März 1994), sowie andererseits die im Bescheid vom 12. Mai 2002 getroffene MdE-Festsetzung i.H.v. 10 v.H.
Grundlage für die Aufhebungsentscheidung der Rentengewährung ist § 45 SGB X, demzufolge ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter weiteren Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf. Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 12. Mai 2002 rechtswidrig war und zumindest bezüglich einer Aufhebung für die Zukunft der Kläger keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen kann. Anhaltspunkte für Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Ferner haben die Beklagte sowie das Sozialgericht zu Recht angenommen, dass die verbliebene MdE des streitgegenständlichen Unfallereignisses vom 17. März 1987 nicht mehr als 10 v.H. beträgt.
Letztlich kann dahinstehen, ob - wie das Sozialgericht meint - maßgebliche Rechtsgrundlage für die im Streit stehenden Rechtsansprüche des Klägers gemäß der Übergangsvorschrift des § 214 Abs. 3 SGB VII die Regelungen der §§ 56 ff. SGB VII sind, obwohl der Versicherungsfall vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB VII gelegen hat, da die im Streit stehenden Leistungen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erstmals festzusetzen wären. Zutreffend ist insoweit, dass der Antrag hinsichtlich der Anerkennung und Gewährung von Rentenleistungen wegen der Folgen des Unfalles vom 17. März 1987 erst am 27. März 2001 gestellt wurde, so dass unter Beachtung der Verjährungsvorschriften eine Leistungspflicht vor dem 1. Januar 1997 nicht in Betracht kommt. Andererseits stellt § 214 Abs. 3 SGB VII maßgeblich auf den Zeitpunkt ab, wann die Leistungen erstmals festzusetzen sind; hierbei kommt es auf das Entstehen des Anspruchs bzw. das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen an (Harks in jurisPK-SGB VII, § 214 Rdnr. 17). Da es in der gesetzlichen Unfallversicherung keines Antrags zur Leistungsgewährung bedarf und die Berufung auf Verjährung dem pflichtgemäßen Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht, spricht vieles dafür, dass dieser Zeitpunkt bereits vor dem 1. Januar 1997 lag, was für die Anwendung der RVO-Normen spricht. Nach beiden Regelungsregimen ist die Berufung jedoch als unbegründet zurückzuweisen.
Grundsätzlich haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. bzw. 13. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII bzw. § 580 RVO a.F. Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die v.H. selbst zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalles sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Eine Ausnahmevorschrift hierzu ist § 61 Abs. 1 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 a.F., wonach Renten von Beamten nur insoweit gezahlt werden, als sie die Dienst- oder Versorgungsbezüge übersteigen; den Beamten verbleibt die Rente jedoch mindestens in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalles als Unfallausgleich zu gewähren wäre. Gemäß § 82 Abs. 4 SGB VII bzw. § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO a.F. gilt als Jahresarbeitsverdienst der Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären, wenn jemand einen Versicherungsfall erleidet, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, aber der grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach den beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen die Unfallfürsorge betreffend gehört. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass die Gewährung von Rentenansprüchen abweichend von § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 580 RVO a.F. gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) i.V.m. § 31 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) (in der bis zum 20. Dezember 2007 gültigen Fassung) mindestens 25 v.H. betragen muss. Sinn und Zweck des § 61 Abs. 1 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. ist die Vorstellung des Gesetzgebers, bei einem Versicherten doppelte Leistungen im Sinne mehrerer Renten zu verhindern. Dies folgt aus einer systematischen Auslegung des § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. im Zusammenhang mit § 59 SGB VII bzw. § 584 RVO a.F., die ähnliche Anrechnungsvorschriften beim Bezug mehrer Renten vorsehen (vgl. Padé in juris PK SGB VII, § 61 Rdnr. 17). § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 Satz 3 RVO a.F. soll verhindern, dass Versorgungsbezüge neben einer Verletztenrente gezahlt werden, wenn das Dienstverhältnis wegen der Dienstunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls endet. Eine damit unter Umständen gegenüber sonstigen Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung verbundene Schlechterstellung hat das Bundessozialgericht verfassungsrechtlich nicht beanstandet (siehe BSG, Urteil vom 30. Oktober 1964 2 RU 114/62 - BSGE 22, 54).
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der oben genannten Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 82 Abs. 4 SGB VII bzw. § 576 Abs. 1 RVO a.F. i.V.m. § 35 Abs 1 Satz 2 BeamtVG i.V.m. § 31 Abs. 1 BVG ist somit, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge gehörte. Dies setzt gem. § 1 BeamtVG i.V.m. §§ 30 ff. BeamtVG voraus, dass er zu diesem Zeitpunkt Beamter i.S.d. BeamtVG war. Gemäß § 31 BeamtVG besteht Anspruch auf Unfallfürsorge bei Dienstunfällen, die als ein auf äußere Einwirkung beruhendes plötzliches, örtliche und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignisses, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, definiert werden, wobei auch Dienstreisen und dienstliche Tätigkeiten am Bestimmungsort, die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichzusetzenden Dienst einbezogen werden. Die Grundsätze des Beamtenstatus richten sich nach dem Bundesbeamtengesetz (BBG); dieser beginnt mit der Ernennung gem. § 10 BBG, mit der die Begründung des Beamtenverhältnisses erfolgt. Das Beamtenverhältnis endet gemäß § 30 BBG durch Entlassung, Verlust der Beamtenrechte, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach dem Bundesdisziplinargesetz oder den Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand. Konstitutiv ist regelmäßig für die Ernennung die Aushändigung der Ernennungsurkunde ebenso wie konstitutiv für das Ende der aktiven Beamteneigenschaft und der Übergang in den Ruhestand die Aushändigung der Ruhestandsurkunde ist. Aus der vom Kläger selbst zu den Akten gereichten Originalurkunde mit Datum vom 27. April 1987 sowie aus der schriftlicher Mitteilung der XY. AG vom 23. März 2003 folgt für den Senat zweifellos, dass der Kläger erst mit Erlass vom 27. April 1987 zum 1. August 1987 in den Ruhestand versetzt und somit zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses noch Beamter i.S. des BBG war.
Das Bundessozialgericht hat allerdings einschränkend auch bei Vorliegen des Beamtenstatus die Anwendbarkeit des § 576 RVO a.F. nur bei Beamten im "aktiven Dienst" bejaht. Dies hat es damit begründet, dass Sinn und Zweck der Norm gerade die Verhinderung von Doppelleistungen ist, die aber nur dann entstehen können, wenn der Betroffene gleichzeitig auch einen Anspruch gegen das Land auf Unfallfürsorge hat (grundlegend BSGE 73, 165, Urteil vom 13. Oktober 1993, 2 RU 36/92). Besteht kein Anspruch auf Unfallfürsorge, ist die Regelung nicht anzuwenden, weil kein Dienstunfall erlitten werden kann und deshalb auch kein Anspruch auf Unfallfürsorge oder entsprechende Leistungen entstehen kann. Entscheidendes Kriterium ist hierbei, ob der Beamte einen Rechtsanspruch auf Beamtenrechtliche Unfallfürsorge hat, was z.B. dann nicht der Fall ist, wenn der Beamte in den Ruhestand versetzt wurde (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1979, 2 RU 47/77; Urteil vom 27. März 199, 2 RU 43/89 - juris). Eine andere Ausnahme ist die Beurlaubung des Beamten, weil § 31 Abs. 5 BeamtVG bestimmt, dass Unfallfürsorge bei einem Dienstunfall im Falle seiner Beurlaubung gewährt werden "kann" und damit der ansonsten beim Beamten bestehende grundsätzliche Unfallfürsorgeanspruch nur im Ermessen des Dienstherrn steht. Besteht aber kein Rechtsanspruch mehr, ist nach der einschlägigen BSG-Rechtsprechung somit auch die Anwendbarkeit des § 61 SGB VII (§ 576 RVO a.F.) nicht mehr gegeben. Auf die Zahlung der Dienstbezüge kommt es hingegen nicht an (BSG, Urteil vom 27. März 1990, 2 RU 43/89 – juris).
Wie sich aus dem dokumentierten Verlauf ergibt und letztlich zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, ist im vorliegenden Fall kein Umstand gegeben, der den grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge des Klägers im Rahmen seines zum Unfallzeitpunkt noch bestehenden Beamtenstatus aufgehoben oder in einen Ermessensanspruch umgewandelt hat. Als einzige den Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge beendende Umstände kennt das BBG die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, den Eintritt in den Ruhestand sowie die Beurlaubung im Sinne von § 89 ff. Der Eintritt in den Ruhestand erfolgte erst am 27. April 1987 zum 1. August 1987. Bei einer Beurlaubung, egal ob als Erholungsurlaub oder aber aus besonderen Gründen, handelt es sich um eine vom Dienstherrn gewährte Freistellung von der Dienstpflicht des Beamten. Eine solche konstitutive Erklärung der Befreiung der Dienstpflicht ist im vorliegenden Fall auch vom Kläger nicht einmal substantiiert vorgetragen worden. Vielmehr folgt aus den Angaben des ehemaligen Dienstherrn, dass der Kläger ab 2. Oktober 1986 krank gewesen und nicht mehr zur Arbeit erschienen ist. Während der Krankheit ist jedoch der Rechtsanspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge dem Grunde nach nicht aufgehoben. Für den Fall der Dienstunfähigkeit sieht § 44 BBG lediglich vor, dass der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn er wegen des körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Diese Verpflichtung des Dienstherrn ersetzt aber nicht den konstitutiven Akt der Versetzung in den Ruhestand in Form der Aushändigung der Urkunde.
Eine Anwendung der dargestellten Grundsätze auf Fälle wie diesen, in denen der Kläger zwar einerseits noch nicht in den Ruhestand versetzt war, volle Dienstbezüge erhielt und vor allem noch grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf beamtenrechtliche Unfallfürsorge hatte, und lediglich aufgrund einer vom Dienstherrn angenommen Dienstunfähigkeit seinen Dienstpflichten nicht aktiv nachkommen konnte, ist nicht geboten. Das BSG hat bereits zu § 576 RVO dargelegt, dass auch solche Vorschriften als Sonder- bzw. Ausnahmevorschriften auslegungs- und analogiefähig sind (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., S 339), jedoch dabei besonders streng auf die Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und die Einhaltung allgemeiner Grundsätze, wie sie sich beispielsweise aus den Grundrechten und auch aus § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) ergeben, zu achten ist. Danach ist es nicht gerechtfertigt, Beamte, die zum Zweck ihrer Beschäftigung bei einem privaten Arbeitgeber unter Belassung ihrer Dienstbezüge und mit dem Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, aber ohne Gewährleistung der Unfallfürsorge, beurlaubt sind, schlechter zu stellen als andere Versicherte, die einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf volle Lohnfortzahlung haben oder die trotz der Unfallfolgen noch in der Lage sind, eine volle Arbeitsleistung zu erbringen, weil hierfür kein sachlicher Grund besteht. So lange aber ein Anspruch auf Gewährung von Unfallfürsorge dem Grunde nach besteht, ist auch die Gefahr von Doppelleistungen gegeben, die § 61 SGB VII bzw. § 576 RVO a.F. gerade verhindern sollen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Kläger tatsächlich dienstunfähig war oder aber nicht zuletzt wegen absehbaren Wegfalls der Dienststelle stillschweigend die fehlende Dienstleistung des Klägers und sogar die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit duldete, weil mangels konstitutiver Gewährung von Urlaub bzw. der Versetzung in den Ruhestand nach wie vor ein Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge bestand. Dieser hätte sich auch realisieren können, weil z.B. jedes Aufsuchen des Dienstherrn in diesem Zeitraum eine Ansprüche auslösende Diensthandlung bzw. ein damit verbundener versicherter Weg gewesen wäre.
Des Weiteren ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte, dass die durch das streitgegenständliche Unfallereignis verursachte Gesamt-MdE des Klägers die maßgebende Höhe von 25 v.H. erreicht. Die MdE richtet sich nach dem Umfang, der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bzw. § 580 f. RVO a.F.). Die Bewertung der durch die Frakturschäden an Hüftpfanne und Steißbein bedingten MdE des Klägers stellt eine tatsächliche Feststellung gemäß § 128 Abs. 2 SGG dar, die das Berufungsgericht nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung zu treffen und zu begründen hatte (BSGE 37, 177, 179; 41, 99, 100; ständige Rechtsprechung des Senats – beispielsweise Urteile vom 15. November 2000, L 3 U 104/99 sowie vom 28. September 2005, L 3 U 165/04). Sie erfolgt in Anlehnung an § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) im Wege einer annäherungsweisen Schätzung. Ärztliche Sachverständigengutachten sind bei Beantwortung dieser Frage meist unverzichtbar. Bei der Bemessung der MdE sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungswerte zu beachten, die für die Entscheidung im Einzelfall zwar nicht verbindlich, aber als Maßstab für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in den zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis heranzuziehen sind (BSG in SozR 2200 § 581 RVO Nrn. 23 und 28 sowie Urteile des Senats, a.a.O.). Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses vom 17. März 1987 eine höhere MdE als 10 v.H. verblieben ist, und dementsprechend auch keine Gesamt-MdE unter Berücksichtigung der Folgen des weiteren Unfallereignisses vom 18. Mai 1994, die in Höhe von 10 v.H. bindend anerkannt wurden, in Betracht kommt. Nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens war, ob der Kläger überhaupt einen Rechtsanspruch auf Auszahlung einer Verletztenrente nach einer MdE i.H.v. 10 v.H. wegen des letzteren Arbeitsunfallereignisses, wie sie nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten erfolgt, hat.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war im Ergebnis zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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