Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 71/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1300/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.02.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung, ob das bei dem Kläger vorliegende Bronchialkarzinom eine Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ist.
Der 1947 geborene Kläger war nach seinen Angaben im früheren J. von 1963 bis Juni 1972 als Landarbeiter, Lagerarbeiter und Auslieferungsfahrer beschäftigt. Von Juni 1972 bis 15.06.1973 war er bei der F. V. Stiftung und Co. KG (VOKO) im Metallbereich als Stanzer beschäftigt. Vom 16.06.1973 bis 30.09.1985 war er bei den Motorenwerken M. als Dreher, Fräser, Schlosser und Härter eingesetzt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.10.1985 bis 06.07.1987 war er vom 07.07.1987 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 16.02.2004 bei der SGL A. GmbH als Monteur im Säureschutzbereich beschäftigt.
Im Juli 2004 wurde bei dem Kläger ein gering differenziertes nicht-verhornendes Plattenepithelkarzinom im linken Lungenoberlappen mit Infiltration der Pleura visceralis und vorhandenen zentral-lobären Lymphknotenmetastasen diagnostiziert. Am 02.08.2004 erfolgte deshalb eine Thorakotomie links, Oberlappen-Ektomie und Lymphknotendissektion (Bericht des Internisten Dr. Burger vom 01.10.2004, Arztbrief der Thorax-Klinik H. vom 17.08.2004).
Bei der Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie ging am 30.07.2004 die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs der AOK Rheinland-Pfalz und am 14.09.2004 die Anzeige der SGL A. GmbH vom 10.09.2004 bei Anhaltspunkten für eine BK ein. Die BG der k. und G.-I. trat daraufhin in Ermittlungen ein.
Insbesondere holte sie Befundberichte von den behandelnden Ärzten ein, zog von der AOK einen Vorerkrankungsbericht und von der damaligen LVA, die dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.2008 ab 01.03.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hatte, die Rentenakten bei und hörte den Kläger am 30.08.2004 persönlich an (Dienstreisebericht Feser vom 01.09.2004). Im September 2004 gab die BG der k. und G.-I. das Verfahren zuständigkeitshalber an die Beklagte ab.
Im Auftrag der Beklagten führte der TAB J. ein Gespräch mit dem Kläger und zwei Mitarbeitern der SGL A. GmbH. In seinem daraufhin erstellten ersten Bericht vom 20.10.2004 kam TAB J. zu dem Ergebnis, während des gesamten Beschäftigungszeitraums ab 1987 bis 2004 sei der Kläger durch das kurzzeitige Anrühren der Kittmörtel und die anfallenden Reparaturarbeiten etwa zwei Stunden pro Arbeitstag gegenüber Quarz-Feinstaub exponiert gewesen. Auf Grund von Vergleichsmessungen könne jedoch davon ausgegangen werden, dass der MAK-Wert für Quarz-Feinstaub eingehalten worden sei. Der Grenzwert für Quarz-Feinstaub sei als Langzeitwert (über einen Zeitraum von zwei Jahren) festgelegt. Im zweiten Bericht vom 20.10.2004 führte TAB J. aus, der Kläger sei beim Verarbeiten der Kittmörtel nicht mehr durch Asbeststaub exponiert gewesen. Nur bei Belägen, die vor 1982 eingebaut worden seien, sei in den Kittmischungen das asbesthaltige Stellmittel "Sylodex" eingearbeitet gewesen. Beim Entfernen von vorhandenen Boden- bzw. Wandbelägen aus dieser Zeit könne eine geringe Asbeststaubexposition entstanden sein. Das Stellmittel sei in erster Linie an den Wandbelägen mit eingebaut worden. In der Regel seien 95% Bodenbeläge und 5% Wandbeläge anteilig repariert worden. Bei den Bodenbelägen könne im Bereich der Sockelleisten auch dieses Stellmittel eingebaut worden sein. Durch die genannten Reparaturarbeiten im Bereich der asbesthaltigen Kittmörtel sei der Kläger 60 Stunden pro Jahr gegenüber Asbeststaub exponiert gewesen. Weitere Asbeststaub- oder Fremdstaubexpositionen durch asbesthaltigen Staub habe der Kläger nicht angegeben. Unter Zugrundelegung einer Faserkonzentration von 4,0 pro cm3 gelangte TAB J. zu dem Ergebnis, nach den Grundsätzen des BIA-Reports 1/97 ergebe sich für den Kläger eine Faserjahrbelastung von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahren. Die Beklagte zog ferner vom Pathologischen Institut der Universität H. Untersuchungsberichte vom 09. und 10.07.2004 sowie vom 04. und 26.08.2004 bei. Die damalige S. M.-BG teilte der Beklagten in Stellungnahmen vom 20. und 28.12.2004 sowie vom 22.02.2005 - letztere auf Grund einer Besichtigung des Arbeitsplatzes in der Härterei der Firma M. Motorenwerke am 18.02.2005 unter Beteiligung der Fachkraft für Arbeitssicherheit W. - mit, bei der Firma VOKO sei der Metallbereich, in welchem der Kläger als Stanzer gearbeitet habe, von den übrigen Bereichen getrennt gewesen. Da der Betrieb erloschen sei und auch kein Nachfolgebetrieb registriert sei, hätten keine Ermittlungen vor Ort durchgeführt werden können. Auf Grund ihrer Betriebsbegehungen bis 2003 und der Kenntnis vergleichbarer Arbeitsplätze im Metallgewerbe sehe man aber keine "Anhaltswerte" für eine Exposition gegenüber kristallinem Siliziumdioxid. Bei der Tätigkeit des Klägers in der Härterei der M. Motorenwerke sei aber mit einer Exposition gegenüber Zersetzungsprodukten des Härteöls (PAH`s) und gegenüber Asbest aus Platten und Decken zu rechnen. Die Härterei, in welcher der Kläger nach seinen Angaben nicht häufiger als einen Tag pro Monat eingesetzt gewesen sei, werde zur Zeit abgebaut, habe aber noch besichtigt werden können. Als persönliche Schutzausrüstung würden ständig Schürze und Handschuhe aus Asbesttextilien getragen. Nicht zu härtende Bereiche der Nockenwellen würden mit Asbestmaterial bedeckt, ca. zwei Stunden pro Schicht. Die Tabellen 7.3 und 7.4 des BK-Reportes 1/2005 "Faserjahre" gäben dafür drei Fasern/cm3 an. Für die auf eine Dauer von vier Stunden/Schicht geschätzte Benzo (a) pyren (B[a]p) Exposition gebe die Tabelle 23 des BK-Reportes 2/99 "B(a)P-Jahre" 0,5 µg B(a)P an. Die durchgeführten Dosisberechnungen ergäben 2,3 Faserjahre und 0,2 B(a)P-Jahre.
In seiner von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 19.01.2005 führte der Arzt für Arbeitsmedizin H. aus, nach den vorliegenden Befunden liege ein Krankheitsbild im Sinne der BK 4104 vor. Eine Anerkennung könne jedoch nicht empfohlen werden, da radiologisch keine Brückensymptome bestünden und sich histologisch keine Asbestkörper gefunden hätten, was bei einer Gesamtexposition von 2,06 Faserjahren auch nicht verwundere. Daher könne auch die vorgefundene, geringe interstitielle Fibrose nicht der Asbestexposition zugerechnet werden, sondern müsse als Folge der chronischen Peribronchitis bei Nikotinabusus angesehen werden.
In ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom April 2005 empfahl Dr. P. vom Landesamt die Durchführung weiterer Ermittlungen, insbesondere eine pathologische Untersuchung im Hinblick auf Asbestkörperchen.
Die Beklagte beauftragte daraufhin den Leitenden Arzt des Pathologischen Instituts der Universitätsklinik des S., Prof. Dr. R., mit der Durchführung einer Asbeststaubfaseranalyse zur Frage des Vorliegens einer Minimalasbestose. Gleichzeitig bat sie das Pathologische Institut im Universitätsklinikum H., die dort vorhandenen Gewebeproben an Prof. Dr. R. zu übersenden. Nach wiederholten Erinnerungen übersandte PD Dr. Sch. vom Pathologischen Institut der Universität H. in Kopie sein Übersendungsschreiben vom 09.06.2005, in dessen Anlagenvermerk Paraffinblöcke aufgeführt sind. Ausweislich der Gesprächsnotiz vom 27.06.2006 erklärte Prof. Dr. Sch. vom Pathologischen Institut in H., bereits am 09.06.2005 sei das vorhandene Gewebematerial definitiv an das Pathologische Institut in H./S. übersandt worden. Ein Nachforschungsantrag bei der Post sei ohne Erfolg geblieben. Leider sei der Zeitpunkt der Versendung in die Zeit gefallen, als am Pathologischen Institut in Bad H. eine Umstrukturierung stattgefunden habe.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, wegen seiner Lungenkrebserkrankung bestehe kein Anspruch auf Entschädigung, weil keine BK nach § 9 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) in Verbindung mit der Nr. 4104 der Anlage zur BKV vorliege. Sogenannte Brückensymptome seien nicht gegeben, weil weder eine röntgenologisch nachgewiesene Asbestose der Lungen noch eine histologisch nachgewiesene Minimalasbestose der Lungen, durch Asbeststaub verursachte Veränderungen der Pleura oder der Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [Fasern/m3] x Jahre) vorliege. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen des TAD habe bei dem Kläger eine Asbestbelastung von rund 4,4 Faserjahren bestanden. Anhand der vorliegenden medizinischen Befunde, insbesondere der radiologischen sowie computertomographischen Aufnahmen hätten asbestbedingte Pleura- und/oder Lungenveränderungen nicht festgestellt werden können. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2006).
Hiergegen erhob der Kläger am 08.01.2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG). Er hielt an seiner Auffassung fest, seine Erkrankung sei auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte von dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G. das auf Grund ambulanter Untersuchung des Klägers erstattete Gutachten vom 27.03.2007 ein. Dieser diagnostizierte eine Pleuraverschwielung links nach operativer Entfernung des linken Lungenoberlappens und der regionalen Lymphknoten wegen Bronchialkarzinoms. In seiner Beurteilung führte er aus, bei dem Kläger fänden sich weder in der konventionellen Röntgentechnik noch in der wesentlich besser auflösenden Computertomographie irgendwelche Hinweise auf eine Asbestose. Auch eine sogenannte Minimalasbestose liege nicht vor. Zwar habe die übliche histologische Aufarbeitung des entnommenen Lungengewebes Hinweise für eine "fokale peribronchiale und perivaskuläre Fibrose" ergeben. Diese sei aber am ehesten einer chronischen Bronchitis zuzuordnen, welche wiederum unschwer mit dem langjährigen, in der Länge nicht unerheblichen Inhalationsrauchen des Klägers in Verbindung zu bringen sei. Asbestkörperchen seien nicht gefunden oder beschrieben worden. Leider sei eine quantitative Asbestfaseranalyse nachträglich nicht mehr möglich gewesen, weil das in Paraffinblöcken konservierte Gewebe von der Pathologie H. nie beim Adressaten angekommen sei. Damit müsse man sich diagnostisch auf die vorliegenden Befunde beschränken und diese ließen die Diagnose einer Asbestose eindeutig nicht zu. Schließlich sei auch die ermittelte quantitative beruflich erfahrene Asbestfaserbelastung nicht hoch genug für die Annahme einer hierdurch bedingten Lungenkrebserkrankung. Die an den zwei in Frage kommenden Arbeitsplätzen ermittelten 4,4 Faserjahre lägen weit unter den geforderten 25 Faserjahren. Als wichtigster Risikofaktor für das Auftreten eines Bronchialkarzinoms sei bei dem Kläger das früher betriebene Zigarettenrauchen anzusehen. Ansonsten habe keine signifikante Exposition am Arbeitsplatz gegenüber lungenkrebserzeugenden Arbeitsstoffen bestanden. Auch die Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sei vergleichsweise gering gewesen (laut TAD-Ermittlung 0,2 sogenannte B(a)P-Jahre), während für eine BK nach der Nr. 4110 der Anlage zur BKV mindestens 100 B(a)P-Jahre vorausgesetzt würden.
Der Kläger legte hierzu das Attest Dr. B. vom 26.07.2007 vor (langjährige Asbeststaubbelastung und ausreichende sogenannte Brückensymptome, so dass doch durchaus eine BK nach der Nr. "4103 [Lungenkrebs in Verbindung mit Asbestose]" vorliegen dürfte). Im selben Sinne äußerte sich der Lungenarzt Dr. B. in seinem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 05.07.2007.
Auf die Rückfrage des SG teilte Dr. B. mit Schreiben vom 17.01.2008 mit, entgegen seiner bisherigen Annahme, es seien ausreichend Brückensymptome vorhanden, müsse er diese Aussage jetzt zurücknehmen. Entscheidend sei allerdings die Tatsache, dass konserviertes Lungengewebe, welches zur Nachbegutachtung in die Pathologie H. versandt worden sei, dort nicht eingetroffen sei. Die vorgesehene quantitative Asbestfaseranalyse hätte letztendlich zu einer eindeutigen Diagnose geführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.02.2009 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, zwar gehöre das Bronchialkarzinom des Klägers zu den Erkrankungen, wie sie die BK nach der Nr. 4104 grundsätzlich erfordere. Es sei jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass der Kläger an einer Asbeststaublungenerkrankung oder einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura gelitten habe. Ebenso wenig sei bewiesen, dass der Kläger an seinen Arbeitsplätzen einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von mindestens 25 Faserjahren ausgesetzt gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 10.03.2009 zur Niederschrift des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, obwohl er am 12.05.2004 im Auftrag der BG untersucht worden sei, sei er damals nicht geröntgt worden. Es könne ferner nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Unterlagen der Thoraxklinik in H., die als Beweismaterial dienen sollten, unterwegs verschwunden seien. Nicht richtig sei ferner, dass er laut Gutachten Dr. G. nur 4,6 Jahre mit giftigen Chemikalien gearbeitet haben solle. Richtig sei, dass er ca. 17 Jahre mit giftigen Materialien gearbeitet habe, die zum Teil Dioxin enthalten hätten. An seinem Arbeitsplatz habe es viele Leute gegeben, die bereits beim Vorbeilaufen Reaktionen wie Augenbrennen auf die giftigen Substanzen gezeigt hätten. Er selbst habe häufig nach der Arbeit Augenbrennen und Kopfschmerzen gehabt. Der Kläger hat eine Auflistung von Epoxidharzen, Phenolharzen, Furan-/Furfurolharzen, Vinylester-Harzen, Polyester-Harzen und Lösungsmitteln vorgelegt, denen er ausgesetzt gewesen sei, außerdem eine Reihe von Arztbriefen des Radiologen Dr. W. und der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H ...
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.02.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass seine Lungenkrebserkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur BKV ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die vorgelegten medizinischen Befundunterlagen hätten Dr. G. bereits vorgelegen und seien von ihm berücksichtigt worden. Die Asbestbelastung habe nicht nur 4,4 Jahre, sondern Jahrzehnte lang bestanden. Relevant sei jedoch die Faserjahrzahl, die sich aus den Faktoren Zeit und Expositionshöhe zusammensetze. Danach habe eine Belastung von 4,4 Faserjahren bestanden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG und auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hierbei spielt im Ergebnis keine Rolle, dass das SG die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG angesehen hat, während nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, richtigerweise von einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) auszugehen ist (vgl. statt aller BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R, zitiert nach Juris, mit weiteren Nachweisen).
Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist § 9 Abs. 1 SGB VII. Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK (vgl. BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff.).
Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Dabei ist "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine Entscheidung darüber getroffen, ob bei dem Kläger eine BK nach der Nr. 4104 der Anlage zur BKV vorliegt. Hierdurch wird der Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens begrenzt. Der Senat hatte deshalb nicht darüber zu entscheiden, ob bei dem Kläger etwa eine Erkrankung nach der Nr. 1310 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide) oder nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) vorliegt.
Der Verordnungsgeber hat die BK 4104 wie folgt bezeichnet: "Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs &61485; in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), &61485; in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura oder &61485; bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106[(Fasern/m3) x Jahre])". Keine der genannten drei Alternativen ist im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar liegt bei dem Kläger ein der BK-Nr. 4104 entsprechendes Krankheitsbild vor, wobei "Lungenkrebs" ein Synonym von "Bronchialkarzinom" darstellt (vgl. Merkblatt zur BK 4104 vom 01.12.1997, Bundesarbeitsblatt 1997 Heft 12, Seite 32).
Eine Asbestose ist radiologisch nachzuweisen. Eine verbindliche Definition der radiologischen Mindestmerkmale ist vom Verordnungsgeber nicht festgelegt worden. Nach dem "BK-Report 1/2007 Faserjahre" erfolgt die Orientierung an den Eingangskriterien über die BK-Verdachtsmeldung der Asbestose: &61485; Dichte der Schatten 1/0, Form s, t bzw. u, mit Knisterrasseln und/oder inspiratorischer Vitalkapazität ( 90 % des alten EGKS-Mindest-Soll-Wertes oder &61485; Dichte der Schatten 1,1 und mehr, Form s, t bzw. u, auch wenn klinischer und funktionsanalytischer Normalbefund vorliegt. In Zweifelsfällen ist ein hochauflösendes Computertomogramm mit Nachweis von für die Asbestose charakteristischen Befunden zu fordern (Mehrtens-Brandenburg, BKV, M 4104, Rdz. 4 Stand IV/08). Wie Dr. G. in seinem den Senat überzeugenden Gutachten ausgeführt hat, finden sich bei dem Kläger jedoch weder in der konventionellen Röntgentechnik noch in der hochauflösenden Computertomographie irgendwelche Hinweise auf eine Asbestose.
Auch eine Minimalasbestose ist nicht nachgewiesen. Eine allgemeinverbindliche Definition hierfür gibt es nicht. Nach dem Merkblatt setzt der Nachweis einer Minimalasbestose eine gezielte lichtmikroskopisch-feingewebliche Untersuchung voraus. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.04.1989, zitiert nach Mehrtens/Brandenburg, a. a. O., M 4104, Rdz. 5) ist die Diagnose Minimalasbestose an den staubanalytischen Nachweis von ca. 1000 eiweißumhüllten Asbestkörperchen pro cm3 fibrösen Lungengewebes - bei unauffälligem Lungenbefund - gebunden. Zwar hat im Falle des Klägers die übliche histologische Aufarbeitung des entnommenen Lungengewebes Hinweise auf eine "fokale peribronchiale und perivaskuläre Fibrose" ergeben, wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat. Dieser Befund lässt sich jedoch zwanglos einer chronischen Bronchitis zuordnen, die wiederum unschwer auf das langjährige, in der Menge nicht unerhebliche Inhalationsrauchen des Klägers zurückzuführen ist. Asbestkörperchen sind in keinen der vorliegenden Behandlungsunterlagen beschrieben worden. Allerdings wurde keine quantitative Asbestfaseranalyse durchgeführt. Aus diesem Grund hat die Beklagte Prof. Dr. R. mit der Durchführung einer Asbeststaubfaseranalyse beauftragt und zugleich das Pathologische Institut im Universitätsklinikum H. gebeten, die dort noch vorhandenen Gewebeproben an den Gutachter zu übersenden. Nach der im Tatbestand wiedergegebenen Auskunft von Prof. Dr. Sch. wurde das in H. vorhandene Gewebematerial am 09.06.2005 an das Pathologische Institut in H./S. abgesandt, traf dort jedoch nicht ein oder gelangte jedenfalls nicht in den Besitz des Gutachters. Hierdurch wurde die Durchführung der vorgesehenen Asbestfaseranalyse für immer verhindert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Untersuchung zur gesicherten Diagnose einer Minimalasbestose geführt hätte, wie dies Dr. B. in seinem Schreiben vom 17.01.2008 für den Senat überzeugend dargelegt hat. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht geht diese Unsicherheit aber zu seinen Lasten. Nach dem Grundsatz der sogenannten objektiven Beweis- und Feststellungslast hat nämlich derjenige Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (BSGE 6, 70, 72). Für die nicht bewiesenen anspruchsbegründenden Tatsachen trägt deshalb der die Leistung begehrende Anspruchssteller die Beweislast. Im vorliegenden Fall liegen auch keine Umstände vor, welche eine sogenannte Umkehr der Beweislast rechtfertigen könnten. Nach der Entscheidung des BSG vom 27.05.1997 - 2 R U 38/96, HV-Info 26/1997, 2461 soll sogar dann keine Beweislastumkehr eintreten, wenn der Beweisnotstand auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder auf einer Beweisvereitelung des Unfallversicherungsträgers beruht. Hier hat die Beklagte das ihr Mögliche zur Durchführung der beabsichtigten Asbestfaseranalyse veranlasst. Dass Prof. Dr. R. nicht in den Besitz der H. Präparate gelangt ist, hat sie nicht zu vertreten.
Der Senat folgt Dr. G. auch darin, dass bei dem Kläger weder Pleuraplaques, noch Pleuraverkalkungen oder eine diffuse Pleurafibrose nachgewiesen werden konnten. Die vorgefundene Pleurasaumverbreiterung links ist erst durch die postoperative Schwielenbildung entstanden und kann deshalb nicht im Sinne einer asbestinduzierten Fibrose verstanden werden. Außerdem waren entsprechende Pleuraverdickungen links präoperativ im Computertomogramm nicht nachweisbar. Mithin ist auch die zweite Alternative der BK Nr. 4104 nicht erfüllt.
Schließlich hat der Kläger auch die in der dritten Alternative der BK 4104 geforderte kumulative Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren bei Weitem nicht erreicht. Zwar ist mit TAB J. anzunehmen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit in der Härterei der M. Motorenwerke in der Zeit vom 16.06.1973 bis 30.09.1985 gegenüber Asbest aus Platten und Decken exponiert war. Zugunsten des Klägers ist ferner zu unterstellen, dass er dabei als persönliche Schutzausrüstung auch ständig Schürze und Handschuhe aus Asbesttextilien getragen hat, wie dies TAB J. bei seiner Besichtigung der Härterei bei anderen Arbeitnehmern beobachtet hat. Er hat ferner berücksichtigt, dass nicht zu härtende Bereiche der Nockenwellen pro Schicht ca. zwei Stunden mit Asbestmaterial bedeckt wurden. Andererseits hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben in der Härterei nicht häufiger als einen Tag pro Monat gearbeitet. Die Ermittlung der Asbestbelastung mit 2,3 Faserjahren für den Zeitraum von Juni 1973 bis September 1985 ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Insbesondere hat TAB J. die Vorgaben des BK-Reports Faserjahre nach dem Stand von Januar 2005 zutreffend berücksichtigt, die auch dem Stand des Reports von Januar 2007 entsprechen.
Auch hinsichtlich der Beschäftigungszeit bei der SGL A. GmbH ab 07.07.1987 hat TAB J. die Asbestbelastung des Klägers zutreffend ermittelt und nach den Grundsätzen des BK-Reports Faserjahre einen Wert von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahre errechnet. Hierbei hat er sich auf ein Gespräch gestützt, das er mit den Herren L. und K. von der SGL A. GmbH sowie mit dem Kläger geführt hat. Hierbei hat sich ergeben, dass der Kläger beim Neuverlegen von Böden und Wandbelägen nicht gegenüber Asbest exponiert war, weil das asbesthaltige Stellmittel Sylodex nur bis 1982 verwendet worden ist. Der Kläger war deshalb nur beim Entfernen von vorhandenen Boden- bzw. Wandbelägen in geringem Umfang gegenüber Asbeststaub exponiert. Weil das Stellmittel in erster Linie an den Wandbelägen eingebaut wurde und in der Regel anteilig 95 % Bodenbeläge und nur 5 % Wandbeläge repariert wurden, hält es der Senat für schlüssig, dass TAB J. in seinem Bericht vom 20.10.2004 zu dem Zwischenergebnis gekommen ist, der Kläger sei jährlich 60 Stunden mit Reparaturarbeiten an asbesthaltigen Kittmischungen beschäftigt gewesen. Ausgehend von einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden und insgesamt pro Jahr geleisteten 1.917 Arbeitsstunden ist TAB J. zu einem Expositionsanteil von 3,13 % gelangt. Unter Zugrundelegung einer Beschäftigungszeit vom 07.07.1987 bis 31.12.2003 (16,490 Jahre) ergibt sich eine Expositionsdauer von 0,516 Jahren und unter weiterer Zugrundelegung einer Expositionshöhe von vier Fasern pro cm3 der Wert von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahren. Zusammen mit den 2,3 Faserjahren auf Grund der Beschäftigung bei den Motorenwerken M. ergibt sich mithin eine Asbeststaubgesamtbelastung von 4,4 Faserjahren. Der in der dritten Alternative der BK-Nr. 4104 geforderte Wert von 25 Faserjahren wird damit bei Weitem nicht erreicht.
In Ermangelung einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung war der Senat nicht zu einer Entscheidung befugt, ob die Erkrankung des Klägers an Lungenkrebs nach den Grundsätzen der sogenannten Synkanzerogenese als BK gem. § 9 Abs. 1 SGB VII oder wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen ist. Insoweit ist auf die mit Wirkung vom 01.07.2009 durch die Verordnung vom 11.06.2009 (BGBl. I, S. 1273) neu in die Liste der BKen aufgenommenen Nrn. 1412 (Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung [Silikose oder Siliko-Tuberkulose]), 1413 (Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo [a] pyren-Jahren [(&61549;g/m3) x Jahre]) und 4114 (Lungenkrebs durch Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis, die einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 Prozent nach der Anlage 2 entspricht), hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung, ob das bei dem Kläger vorliegende Bronchialkarzinom eine Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ist.
Der 1947 geborene Kläger war nach seinen Angaben im früheren J. von 1963 bis Juni 1972 als Landarbeiter, Lagerarbeiter und Auslieferungsfahrer beschäftigt. Von Juni 1972 bis 15.06.1973 war er bei der F. V. Stiftung und Co. KG (VOKO) im Metallbereich als Stanzer beschäftigt. Vom 16.06.1973 bis 30.09.1985 war er bei den Motorenwerken M. als Dreher, Fräser, Schlosser und Härter eingesetzt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.10.1985 bis 06.07.1987 war er vom 07.07.1987 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 16.02.2004 bei der SGL A. GmbH als Monteur im Säureschutzbereich beschäftigt.
Im Juli 2004 wurde bei dem Kläger ein gering differenziertes nicht-verhornendes Plattenepithelkarzinom im linken Lungenoberlappen mit Infiltration der Pleura visceralis und vorhandenen zentral-lobären Lymphknotenmetastasen diagnostiziert. Am 02.08.2004 erfolgte deshalb eine Thorakotomie links, Oberlappen-Ektomie und Lymphknotendissektion (Bericht des Internisten Dr. Burger vom 01.10.2004, Arztbrief der Thorax-Klinik H. vom 17.08.2004).
Bei der Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glas-Industrie ging am 30.07.2004 die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs der AOK Rheinland-Pfalz und am 14.09.2004 die Anzeige der SGL A. GmbH vom 10.09.2004 bei Anhaltspunkten für eine BK ein. Die BG der k. und G.-I. trat daraufhin in Ermittlungen ein.
Insbesondere holte sie Befundberichte von den behandelnden Ärzten ein, zog von der AOK einen Vorerkrankungsbericht und von der damaligen LVA, die dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.2008 ab 01.03.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hatte, die Rentenakten bei und hörte den Kläger am 30.08.2004 persönlich an (Dienstreisebericht Feser vom 01.09.2004). Im September 2004 gab die BG der k. und G.-I. das Verfahren zuständigkeitshalber an die Beklagte ab.
Im Auftrag der Beklagten führte der TAB J. ein Gespräch mit dem Kläger und zwei Mitarbeitern der SGL A. GmbH. In seinem daraufhin erstellten ersten Bericht vom 20.10.2004 kam TAB J. zu dem Ergebnis, während des gesamten Beschäftigungszeitraums ab 1987 bis 2004 sei der Kläger durch das kurzzeitige Anrühren der Kittmörtel und die anfallenden Reparaturarbeiten etwa zwei Stunden pro Arbeitstag gegenüber Quarz-Feinstaub exponiert gewesen. Auf Grund von Vergleichsmessungen könne jedoch davon ausgegangen werden, dass der MAK-Wert für Quarz-Feinstaub eingehalten worden sei. Der Grenzwert für Quarz-Feinstaub sei als Langzeitwert (über einen Zeitraum von zwei Jahren) festgelegt. Im zweiten Bericht vom 20.10.2004 führte TAB J. aus, der Kläger sei beim Verarbeiten der Kittmörtel nicht mehr durch Asbeststaub exponiert gewesen. Nur bei Belägen, die vor 1982 eingebaut worden seien, sei in den Kittmischungen das asbesthaltige Stellmittel "Sylodex" eingearbeitet gewesen. Beim Entfernen von vorhandenen Boden- bzw. Wandbelägen aus dieser Zeit könne eine geringe Asbeststaubexposition entstanden sein. Das Stellmittel sei in erster Linie an den Wandbelägen mit eingebaut worden. In der Regel seien 95% Bodenbeläge und 5% Wandbeläge anteilig repariert worden. Bei den Bodenbelägen könne im Bereich der Sockelleisten auch dieses Stellmittel eingebaut worden sein. Durch die genannten Reparaturarbeiten im Bereich der asbesthaltigen Kittmörtel sei der Kläger 60 Stunden pro Jahr gegenüber Asbeststaub exponiert gewesen. Weitere Asbeststaub- oder Fremdstaubexpositionen durch asbesthaltigen Staub habe der Kläger nicht angegeben. Unter Zugrundelegung einer Faserkonzentration von 4,0 pro cm3 gelangte TAB J. zu dem Ergebnis, nach den Grundsätzen des BIA-Reports 1/97 ergebe sich für den Kläger eine Faserjahrbelastung von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahren. Die Beklagte zog ferner vom Pathologischen Institut der Universität H. Untersuchungsberichte vom 09. und 10.07.2004 sowie vom 04. und 26.08.2004 bei. Die damalige S. M.-BG teilte der Beklagten in Stellungnahmen vom 20. und 28.12.2004 sowie vom 22.02.2005 - letztere auf Grund einer Besichtigung des Arbeitsplatzes in der Härterei der Firma M. Motorenwerke am 18.02.2005 unter Beteiligung der Fachkraft für Arbeitssicherheit W. - mit, bei der Firma VOKO sei der Metallbereich, in welchem der Kläger als Stanzer gearbeitet habe, von den übrigen Bereichen getrennt gewesen. Da der Betrieb erloschen sei und auch kein Nachfolgebetrieb registriert sei, hätten keine Ermittlungen vor Ort durchgeführt werden können. Auf Grund ihrer Betriebsbegehungen bis 2003 und der Kenntnis vergleichbarer Arbeitsplätze im Metallgewerbe sehe man aber keine "Anhaltswerte" für eine Exposition gegenüber kristallinem Siliziumdioxid. Bei der Tätigkeit des Klägers in der Härterei der M. Motorenwerke sei aber mit einer Exposition gegenüber Zersetzungsprodukten des Härteöls (PAH`s) und gegenüber Asbest aus Platten und Decken zu rechnen. Die Härterei, in welcher der Kläger nach seinen Angaben nicht häufiger als einen Tag pro Monat eingesetzt gewesen sei, werde zur Zeit abgebaut, habe aber noch besichtigt werden können. Als persönliche Schutzausrüstung würden ständig Schürze und Handschuhe aus Asbesttextilien getragen. Nicht zu härtende Bereiche der Nockenwellen würden mit Asbestmaterial bedeckt, ca. zwei Stunden pro Schicht. Die Tabellen 7.3 und 7.4 des BK-Reportes 1/2005 "Faserjahre" gäben dafür drei Fasern/cm3 an. Für die auf eine Dauer von vier Stunden/Schicht geschätzte Benzo (a) pyren (B[a]p) Exposition gebe die Tabelle 23 des BK-Reportes 2/99 "B(a)P-Jahre" 0,5 µg B(a)P an. Die durchgeführten Dosisberechnungen ergäben 2,3 Faserjahre und 0,2 B(a)P-Jahre.
In seiner von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 19.01.2005 führte der Arzt für Arbeitsmedizin H. aus, nach den vorliegenden Befunden liege ein Krankheitsbild im Sinne der BK 4104 vor. Eine Anerkennung könne jedoch nicht empfohlen werden, da radiologisch keine Brückensymptome bestünden und sich histologisch keine Asbestkörper gefunden hätten, was bei einer Gesamtexposition von 2,06 Faserjahren auch nicht verwundere. Daher könne auch die vorgefundene, geringe interstitielle Fibrose nicht der Asbestexposition zugerechnet werden, sondern müsse als Folge der chronischen Peribronchitis bei Nikotinabusus angesehen werden.
In ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom April 2005 empfahl Dr. P. vom Landesamt die Durchführung weiterer Ermittlungen, insbesondere eine pathologische Untersuchung im Hinblick auf Asbestkörperchen.
Die Beklagte beauftragte daraufhin den Leitenden Arzt des Pathologischen Instituts der Universitätsklinik des S., Prof. Dr. R., mit der Durchführung einer Asbeststaubfaseranalyse zur Frage des Vorliegens einer Minimalasbestose. Gleichzeitig bat sie das Pathologische Institut im Universitätsklinikum H., die dort vorhandenen Gewebeproben an Prof. Dr. R. zu übersenden. Nach wiederholten Erinnerungen übersandte PD Dr. Sch. vom Pathologischen Institut der Universität H. in Kopie sein Übersendungsschreiben vom 09.06.2005, in dessen Anlagenvermerk Paraffinblöcke aufgeführt sind. Ausweislich der Gesprächsnotiz vom 27.06.2006 erklärte Prof. Dr. Sch. vom Pathologischen Institut in H., bereits am 09.06.2005 sei das vorhandene Gewebematerial definitiv an das Pathologische Institut in H./S. übersandt worden. Ein Nachforschungsantrag bei der Post sei ohne Erfolg geblieben. Leider sei der Zeitpunkt der Versendung in die Zeit gefallen, als am Pathologischen Institut in Bad H. eine Umstrukturierung stattgefunden habe.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, wegen seiner Lungenkrebserkrankung bestehe kein Anspruch auf Entschädigung, weil keine BK nach § 9 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) in Verbindung mit der Nr. 4104 der Anlage zur BKV vorliege. Sogenannte Brückensymptome seien nicht gegeben, weil weder eine röntgenologisch nachgewiesene Asbestose der Lungen noch eine histologisch nachgewiesene Minimalasbestose der Lungen, durch Asbeststaub verursachte Veränderungen der Pleura oder der Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [Fasern/m3] x Jahre) vorliege. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen des TAD habe bei dem Kläger eine Asbestbelastung von rund 4,4 Faserjahren bestanden. Anhand der vorliegenden medizinischen Befunde, insbesondere der radiologischen sowie computertomographischen Aufnahmen hätten asbestbedingte Pleura- und/oder Lungenveränderungen nicht festgestellt werden können. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2006).
Hiergegen erhob der Kläger am 08.01.2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG). Er hielt an seiner Auffassung fest, seine Erkrankung sei auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte von dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G. das auf Grund ambulanter Untersuchung des Klägers erstattete Gutachten vom 27.03.2007 ein. Dieser diagnostizierte eine Pleuraverschwielung links nach operativer Entfernung des linken Lungenoberlappens und der regionalen Lymphknoten wegen Bronchialkarzinoms. In seiner Beurteilung führte er aus, bei dem Kläger fänden sich weder in der konventionellen Röntgentechnik noch in der wesentlich besser auflösenden Computertomographie irgendwelche Hinweise auf eine Asbestose. Auch eine sogenannte Minimalasbestose liege nicht vor. Zwar habe die übliche histologische Aufarbeitung des entnommenen Lungengewebes Hinweise für eine "fokale peribronchiale und perivaskuläre Fibrose" ergeben. Diese sei aber am ehesten einer chronischen Bronchitis zuzuordnen, welche wiederum unschwer mit dem langjährigen, in der Länge nicht unerheblichen Inhalationsrauchen des Klägers in Verbindung zu bringen sei. Asbestkörperchen seien nicht gefunden oder beschrieben worden. Leider sei eine quantitative Asbestfaseranalyse nachträglich nicht mehr möglich gewesen, weil das in Paraffinblöcken konservierte Gewebe von der Pathologie H. nie beim Adressaten angekommen sei. Damit müsse man sich diagnostisch auf die vorliegenden Befunde beschränken und diese ließen die Diagnose einer Asbestose eindeutig nicht zu. Schließlich sei auch die ermittelte quantitative beruflich erfahrene Asbestfaserbelastung nicht hoch genug für die Annahme einer hierdurch bedingten Lungenkrebserkrankung. Die an den zwei in Frage kommenden Arbeitsplätzen ermittelten 4,4 Faserjahre lägen weit unter den geforderten 25 Faserjahren. Als wichtigster Risikofaktor für das Auftreten eines Bronchialkarzinoms sei bei dem Kläger das früher betriebene Zigarettenrauchen anzusehen. Ansonsten habe keine signifikante Exposition am Arbeitsplatz gegenüber lungenkrebserzeugenden Arbeitsstoffen bestanden. Auch die Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sei vergleichsweise gering gewesen (laut TAD-Ermittlung 0,2 sogenannte B(a)P-Jahre), während für eine BK nach der Nr. 4110 der Anlage zur BKV mindestens 100 B(a)P-Jahre vorausgesetzt würden.
Der Kläger legte hierzu das Attest Dr. B. vom 26.07.2007 vor (langjährige Asbeststaubbelastung und ausreichende sogenannte Brückensymptome, so dass doch durchaus eine BK nach der Nr. "4103 [Lungenkrebs in Verbindung mit Asbestose]" vorliegen dürfte). Im selben Sinne äußerte sich der Lungenarzt Dr. B. in seinem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 05.07.2007.
Auf die Rückfrage des SG teilte Dr. B. mit Schreiben vom 17.01.2008 mit, entgegen seiner bisherigen Annahme, es seien ausreichend Brückensymptome vorhanden, müsse er diese Aussage jetzt zurücknehmen. Entscheidend sei allerdings die Tatsache, dass konserviertes Lungengewebe, welches zur Nachbegutachtung in die Pathologie H. versandt worden sei, dort nicht eingetroffen sei. Die vorgesehene quantitative Asbestfaseranalyse hätte letztendlich zu einer eindeutigen Diagnose geführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.02.2009 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, zwar gehöre das Bronchialkarzinom des Klägers zu den Erkrankungen, wie sie die BK nach der Nr. 4104 grundsätzlich erfordere. Es sei jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass der Kläger an einer Asbeststaublungenerkrankung oder einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura gelitten habe. Ebenso wenig sei bewiesen, dass der Kläger an seinen Arbeitsplätzen einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von mindestens 25 Faserjahren ausgesetzt gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 10.03.2009 zur Niederschrift des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, obwohl er am 12.05.2004 im Auftrag der BG untersucht worden sei, sei er damals nicht geröntgt worden. Es könne ferner nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Unterlagen der Thoraxklinik in H., die als Beweismaterial dienen sollten, unterwegs verschwunden seien. Nicht richtig sei ferner, dass er laut Gutachten Dr. G. nur 4,6 Jahre mit giftigen Chemikalien gearbeitet haben solle. Richtig sei, dass er ca. 17 Jahre mit giftigen Materialien gearbeitet habe, die zum Teil Dioxin enthalten hätten. An seinem Arbeitsplatz habe es viele Leute gegeben, die bereits beim Vorbeilaufen Reaktionen wie Augenbrennen auf die giftigen Substanzen gezeigt hätten. Er selbst habe häufig nach der Arbeit Augenbrennen und Kopfschmerzen gehabt. Der Kläger hat eine Auflistung von Epoxidharzen, Phenolharzen, Furan-/Furfurolharzen, Vinylester-Harzen, Polyester-Harzen und Lösungsmitteln vorgelegt, denen er ausgesetzt gewesen sei, außerdem eine Reihe von Arztbriefen des Radiologen Dr. W. und der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H ...
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.02.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass seine Lungenkrebserkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur BKV ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die vorgelegten medizinischen Befundunterlagen hätten Dr. G. bereits vorgelegen und seien von ihm berücksichtigt worden. Die Asbestbelastung habe nicht nur 4,4 Jahre, sondern Jahrzehnte lang bestanden. Relevant sei jedoch die Faserjahrzahl, die sich aus den Faktoren Zeit und Expositionshöhe zusammensetze. Danach habe eine Belastung von 4,4 Faserjahren bestanden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG und auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hierbei spielt im Ergebnis keine Rolle, dass das SG die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG angesehen hat, während nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, richtigerweise von einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) auszugehen ist (vgl. statt aller BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R, zitiert nach Juris, mit weiteren Nachweisen).
Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist § 9 Abs. 1 SGB VII. Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK (vgl. BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff.).
Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Dabei ist "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine Entscheidung darüber getroffen, ob bei dem Kläger eine BK nach der Nr. 4104 der Anlage zur BKV vorliegt. Hierdurch wird der Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens begrenzt. Der Senat hatte deshalb nicht darüber zu entscheiden, ob bei dem Kläger etwa eine Erkrankung nach der Nr. 1310 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide) oder nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) vorliegt.
Der Verordnungsgeber hat die BK 4104 wie folgt bezeichnet: "Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs &61485; in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), &61485; in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura oder &61485; bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106[(Fasern/m3) x Jahre])". Keine der genannten drei Alternativen ist im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar liegt bei dem Kläger ein der BK-Nr. 4104 entsprechendes Krankheitsbild vor, wobei "Lungenkrebs" ein Synonym von "Bronchialkarzinom" darstellt (vgl. Merkblatt zur BK 4104 vom 01.12.1997, Bundesarbeitsblatt 1997 Heft 12, Seite 32).
Eine Asbestose ist radiologisch nachzuweisen. Eine verbindliche Definition der radiologischen Mindestmerkmale ist vom Verordnungsgeber nicht festgelegt worden. Nach dem "BK-Report 1/2007 Faserjahre" erfolgt die Orientierung an den Eingangskriterien über die BK-Verdachtsmeldung der Asbestose: &61485; Dichte der Schatten 1/0, Form s, t bzw. u, mit Knisterrasseln und/oder inspiratorischer Vitalkapazität ( 90 % des alten EGKS-Mindest-Soll-Wertes oder &61485; Dichte der Schatten 1,1 und mehr, Form s, t bzw. u, auch wenn klinischer und funktionsanalytischer Normalbefund vorliegt. In Zweifelsfällen ist ein hochauflösendes Computertomogramm mit Nachweis von für die Asbestose charakteristischen Befunden zu fordern (Mehrtens-Brandenburg, BKV, M 4104, Rdz. 4 Stand IV/08). Wie Dr. G. in seinem den Senat überzeugenden Gutachten ausgeführt hat, finden sich bei dem Kläger jedoch weder in der konventionellen Röntgentechnik noch in der hochauflösenden Computertomographie irgendwelche Hinweise auf eine Asbestose.
Auch eine Minimalasbestose ist nicht nachgewiesen. Eine allgemeinverbindliche Definition hierfür gibt es nicht. Nach dem Merkblatt setzt der Nachweis einer Minimalasbestose eine gezielte lichtmikroskopisch-feingewebliche Untersuchung voraus. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.04.1989, zitiert nach Mehrtens/Brandenburg, a. a. O., M 4104, Rdz. 5) ist die Diagnose Minimalasbestose an den staubanalytischen Nachweis von ca. 1000 eiweißumhüllten Asbestkörperchen pro cm3 fibrösen Lungengewebes - bei unauffälligem Lungenbefund - gebunden. Zwar hat im Falle des Klägers die übliche histologische Aufarbeitung des entnommenen Lungengewebes Hinweise auf eine "fokale peribronchiale und perivaskuläre Fibrose" ergeben, wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat. Dieser Befund lässt sich jedoch zwanglos einer chronischen Bronchitis zuordnen, die wiederum unschwer auf das langjährige, in der Menge nicht unerhebliche Inhalationsrauchen des Klägers zurückzuführen ist. Asbestkörperchen sind in keinen der vorliegenden Behandlungsunterlagen beschrieben worden. Allerdings wurde keine quantitative Asbestfaseranalyse durchgeführt. Aus diesem Grund hat die Beklagte Prof. Dr. R. mit der Durchführung einer Asbeststaubfaseranalyse beauftragt und zugleich das Pathologische Institut im Universitätsklinikum H. gebeten, die dort noch vorhandenen Gewebeproben an den Gutachter zu übersenden. Nach der im Tatbestand wiedergegebenen Auskunft von Prof. Dr. Sch. wurde das in H. vorhandene Gewebematerial am 09.06.2005 an das Pathologische Institut in H./S. abgesandt, traf dort jedoch nicht ein oder gelangte jedenfalls nicht in den Besitz des Gutachters. Hierdurch wurde die Durchführung der vorgesehenen Asbestfaseranalyse für immer verhindert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Untersuchung zur gesicherten Diagnose einer Minimalasbestose geführt hätte, wie dies Dr. B. in seinem Schreiben vom 17.01.2008 für den Senat überzeugend dargelegt hat. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht geht diese Unsicherheit aber zu seinen Lasten. Nach dem Grundsatz der sogenannten objektiven Beweis- und Feststellungslast hat nämlich derjenige Beteiligte die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (BSGE 6, 70, 72). Für die nicht bewiesenen anspruchsbegründenden Tatsachen trägt deshalb der die Leistung begehrende Anspruchssteller die Beweislast. Im vorliegenden Fall liegen auch keine Umstände vor, welche eine sogenannte Umkehr der Beweislast rechtfertigen könnten. Nach der Entscheidung des BSG vom 27.05.1997 - 2 R U 38/96, HV-Info 26/1997, 2461 soll sogar dann keine Beweislastumkehr eintreten, wenn der Beweisnotstand auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder auf einer Beweisvereitelung des Unfallversicherungsträgers beruht. Hier hat die Beklagte das ihr Mögliche zur Durchführung der beabsichtigten Asbestfaseranalyse veranlasst. Dass Prof. Dr. R. nicht in den Besitz der H. Präparate gelangt ist, hat sie nicht zu vertreten.
Der Senat folgt Dr. G. auch darin, dass bei dem Kläger weder Pleuraplaques, noch Pleuraverkalkungen oder eine diffuse Pleurafibrose nachgewiesen werden konnten. Die vorgefundene Pleurasaumverbreiterung links ist erst durch die postoperative Schwielenbildung entstanden und kann deshalb nicht im Sinne einer asbestinduzierten Fibrose verstanden werden. Außerdem waren entsprechende Pleuraverdickungen links präoperativ im Computertomogramm nicht nachweisbar. Mithin ist auch die zweite Alternative der BK Nr. 4104 nicht erfüllt.
Schließlich hat der Kläger auch die in der dritten Alternative der BK 4104 geforderte kumulative Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren bei Weitem nicht erreicht. Zwar ist mit TAB J. anzunehmen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit in der Härterei der M. Motorenwerke in der Zeit vom 16.06.1973 bis 30.09.1985 gegenüber Asbest aus Platten und Decken exponiert war. Zugunsten des Klägers ist ferner zu unterstellen, dass er dabei als persönliche Schutzausrüstung auch ständig Schürze und Handschuhe aus Asbesttextilien getragen hat, wie dies TAB J. bei seiner Besichtigung der Härterei bei anderen Arbeitnehmern beobachtet hat. Er hat ferner berücksichtigt, dass nicht zu härtende Bereiche der Nockenwellen pro Schicht ca. zwei Stunden mit Asbestmaterial bedeckt wurden. Andererseits hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben in der Härterei nicht häufiger als einen Tag pro Monat gearbeitet. Die Ermittlung der Asbestbelastung mit 2,3 Faserjahren für den Zeitraum von Juni 1973 bis September 1985 ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Insbesondere hat TAB J. die Vorgaben des BK-Reports Faserjahre nach dem Stand von Januar 2005 zutreffend berücksichtigt, die auch dem Stand des Reports von Januar 2007 entsprechen.
Auch hinsichtlich der Beschäftigungszeit bei der SGL A. GmbH ab 07.07.1987 hat TAB J. die Asbestbelastung des Klägers zutreffend ermittelt und nach den Grundsätzen des BK-Reports Faserjahre einen Wert von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahre errechnet. Hierbei hat er sich auf ein Gespräch gestützt, das er mit den Herren L. und K. von der SGL A. GmbH sowie mit dem Kläger geführt hat. Hierbei hat sich ergeben, dass der Kläger beim Neuverlegen von Böden und Wandbelägen nicht gegenüber Asbest exponiert war, weil das asbesthaltige Stellmittel Sylodex nur bis 1982 verwendet worden ist. Der Kläger war deshalb nur beim Entfernen von vorhandenen Boden- bzw. Wandbelägen in geringem Umfang gegenüber Asbeststaub exponiert. Weil das Stellmittel in erster Linie an den Wandbelägen eingebaut wurde und in der Regel anteilig 95 % Bodenbeläge und nur 5 % Wandbeläge repariert wurden, hält es der Senat für schlüssig, dass TAB J. in seinem Bericht vom 20.10.2004 zu dem Zwischenergebnis gekommen ist, der Kläger sei jährlich 60 Stunden mit Reparaturarbeiten an asbesthaltigen Kittmischungen beschäftigt gewesen. Ausgehend von einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden und insgesamt pro Jahr geleisteten 1.917 Arbeitsstunden ist TAB J. zu einem Expositionsanteil von 3,13 % gelangt. Unter Zugrundelegung einer Beschäftigungszeit vom 07.07.1987 bis 31.12.2003 (16,490 Jahre) ergibt sich eine Expositionsdauer von 0,516 Jahren und unter weiterer Zugrundelegung einer Expositionshöhe von vier Fasern pro cm3 der Wert von 2,06, gerundet 2,1 Faserjahren. Zusammen mit den 2,3 Faserjahren auf Grund der Beschäftigung bei den Motorenwerken M. ergibt sich mithin eine Asbeststaubgesamtbelastung von 4,4 Faserjahren. Der in der dritten Alternative der BK-Nr. 4104 geforderte Wert von 25 Faserjahren wird damit bei Weitem nicht erreicht.
In Ermangelung einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung war der Senat nicht zu einer Entscheidung befugt, ob die Erkrankung des Klägers an Lungenkrebs nach den Grundsätzen der sogenannten Synkanzerogenese als BK gem. § 9 Abs. 1 SGB VII oder wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen ist. Insoweit ist auf die mit Wirkung vom 01.07.2009 durch die Verordnung vom 11.06.2009 (BGBl. I, S. 1273) neu in die Liste der BKen aufgenommenen Nrn. 1412 (Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung [Silikose oder Siliko-Tuberkulose]), 1413 (Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo [a] pyren-Jahren [(&61549;g/m3) x Jahre]) und 4114 (Lungenkrebs durch Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis, die einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 Prozent nach der Anlage 2 entspricht), hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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