L 3 U 207/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 105/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 207/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Weitergewährung einer Verletztenrente.

Der 1963 geborene Kläger war als Vertriebsleiter bei der Firma T, Niederlassung B tätig. Am 10. Oktober 2003 veranstaltete die Firma ein Direktvertriebsevent in W, zu dem auch ein abendliches Kart-Rennen mit anschließender Siegerehrung gehörte. Der Kläger, der an dem Kart-Rennen teilnahm, verunglückte, als er mit seinem Go-Kart auf einen anderen, querstehenden Go-Kart ungebremst auffuhr. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten zunächst nach einem röntgenologischen Ausschluss knöcherner Traumafolgen eine HWS-Distorsion mit Schwindelattacken. Der Kläger wurde ab dem 20. Oktober 2003 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wegen weiter bestehender Beschwerden, insbesondere Schwindelattacken und einem Spontannystagmus rechts, suchte der Kläger schließlich das V Klinikum F auf, wo am 24. November 2003 ein Kleinhirninfarkt im Versorgungsgebiet der Arteria cerebelli festgestellt wurde. Der Verdacht auf eine Vertebralis-Dissektion rechts bestätigte sich bei späteren Untersuchungen im November 2003. Ab dem 01. März 2004 war der Kläger wieder arbeitsfähig, seit Mai 2009 ist er arbeitslos.

Mit Bescheid vom 22. März 2004 lehnte die Beklagte zunächst die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da keine unter Versicherungsschutz stehende betriebliche Gemein-schaftsveranstaltung stattgefunden habe. Auf den Widerspruch des Klägers änderte sie nach Einholung weiterer Auskünfte des Arbeitgebers ihre Auffassung. Dann zog sie ein Vorerkrankungsverzeichnis der DBV Winterthur bei, aus dem sich Behandlungen und Arbeitsunfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung in den Jahren 2001 bis 2003, zuletzt vom 28. Mai bis zum 05. Juni 2003 wegen neurotischer Störung, F48.9-7, ergaben. Nach dem Unfall folgten weitere psychotherapeutische Behandlungen vom 29. Januar bis zum 22. April 2004 wegen einer Reaktion auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, F43.2-9. Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. A am 01. November 2004 ein gefäßchirurgi-sches/angiologisches Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme vom 23. Dezem-ber 2004, in dem er eine Arteria vertebralis-Dissektion rechts und einen Kleinhirnin-farkt rechts diagnostizierte, der wahrscheinlich auf dem Unfall vom 11. Oktober 2003 beruhe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit 20 v. H. eingeschätzt. Er stellte außerdem bei dem Kläger eine generelle Phobie bei der Krankheitsbewältigung fest, die trotz psychologischer Betreuung nicht zu beseitigen sei. Der Empfehlung des Gutachters folgend veranlasste die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten, das am 18. April 2005 von Dr. H/Dr. K erstattet wurde. Die Gutachter fanden keine auf den Unfall vom 11. Oktober 2003 zu beziehenden neurologische Defizite. Bei leicht zwanghaft akzentuierter Persönlichkeitsstruktur hätten sich bei dem Kläger jedoch deutliche Hinweise darauf gefunden, dass durch den als Folge des Unfallereignisses am 11. Oktober 2003 aufgetretenen Schlaganfall eine Anpassungsstörung in Form einer phobischen Angststörung ausgelöst worden sei. Im Vor-dergrund der Symptomatik stünden Panikattacken, zukunftsgerichtete soziale und gesundheitliche Ängste, Erwartungs- und Versagensängste sowie Schlafstörungen. Die Chronifizierung der Angststörung sei jedoch nicht mehr dem Unfallereignis zuzuord-nen, da bei einem prämorbid stabil psychisch strukturierten Menschen nach einigen Monaten die Kompensation durch entsprechende Adaptionsleistungen gelungen sein müsse. Das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine andauernde psychische Störung hervorzurufen. Ab dem Beginn der Arbeitsfähigkeit am 01. März 2004 bis zum 31. Oktober 2004 sei die unfallreaktive Anpassungsstörung mit phobischer Angstsymptomatik mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme von Dr. A vom 28. Juni 2005, in der dieser in Anlehnung an das neurologisch-psychiatrische Gutachten und die angio-pathomorphologische Befunderhebung eine Gesamt-MdE von nur 10 v. H. für gerechtfertigt hielt, sowie des Beratungsarztes Dr. T erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2005 das Vorliegen eines Arbeitsunfalls an und gewährte dem Kläger eine Verletztenrente für die Zeit vom 01. März 2004 bis zum 31. März 2005 nach einer MdE von 20 v. H. Als Arbeitsunfallfolge erkannte sie eine vorübergehende Schwindelsymptomatik mit Gleichgewichtsstörungen, eine vorübergehende unfallreaktive Anpassungsstörung mit Angstreaktion nach Aufspaltung (Dissektion) der Arteria vertebralis und daraus folgendem Kleinhirninfarkt an. Unfallunabhängig bestünden eine chronifizierte Angststörung, Verschleißerscheinungen der HWS im Bereich der Halswirbel 5 und 6, eine Fehlhaltung der HWS im Bereich der Halswirbel 3 bis 5 und Verschleißerscheinungen der kleinen Wirbelgelenke der Halswirbel 3 bis 7. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Feststel-lungen des Gutachters zur MdE seien ohne zeitliche Beschränkungen gewesen. Eine Nachuntersuchung habe dieser frühestens in einem Jahr, also im November 2005 für notwendig erachtet. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien deshalb als Dauerzustand zu betrachten. Weitere Unfallfolge sei die durch das Unfallereignis ausgelöste protrahierte Anpassungsstörung mit der Symptomatik einer phobischen Angststörung. Diese Angststörung habe sich mittlerweile chronifiziert. Entgegen der Ansicht des Gutachters sei die Chronifizierung der Angststörung dem Unfallereignis zuzuordnen, denn die Chronifizierung stelle keine neue Erkrankung dar, die sich erneut kausal auf das Unfallereignis zurückführen lassen müsse. Sie sei vielmehr eine der möglichen Verlaufsformen der unfallverursachten Angststörung. Dies werde von dem Gut-achter insoweit verkannt, als dass gerade die fehlende Kompensation durch Adaptionsleistung zur Chronifizierung führe. Ohne eine nachgewiesene Vorerkrankung oder Schadensanlage sei die Chronifizierung der psychischen Störung auch auf das Unfallereignis zurückzuführen. Er habe daher Anspruch auf Weitergewährung der Verletzterente auch über den 31. März 2005 hinaus. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Soweit der Kläger vortrage, es bestünden keine Vorschäden oder Schadensanlagen im psychologischen Bereich, sei dies nicht zutreffend.

Zur Begründung seiner dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Behauptung der Gutachter Dr. H Dr. K, bei einem psychisch stabil strukturierten Menschen gelinge die Kompensation durch entsprechende Adaptionsleistungen, könne nicht überzeugen. Zum einen sei bei ihm festge-stellt worden, dass eine entsprechende Krankheitsanlage bzw. Erkrankung bereits vorgelegen habe. Weiterhin sprächen frühere psychischen Reaktionen auf besondere Situationen dafür, dass seine psychische Reaktion auf den Arbeitsunfall besonders plausibel sei. Er sei mit einer solch besonderen, jedoch keinen Krankheitswert errei-chenden Veranlagung versichert. Es sei auf seine individuelle Situation vor dem Unfallereignis abzustellen. Bei ihm liege allenfalls eine leicht ansprechbare Bereitschaft vor, auf Belastungen psychisch zu reagieren, aber keine psychische Erkrankung. Es reiche aus, dass durch den Arbeitsunfall eine dauerhafte Verschlechterung des Ge-sundheitsbilds ausgelöst werde. Dies gelte auch dann, wenn bei dem Unfallopfer bereits eine Veranlagung zu somatoformen Beschwerden vorliege. Es sei nicht vorstellbar, dass die psychischen Gesundheitsstörungen ohne den Unfall in diesem Umfang aufgetreten wären.

Durch Gerichtsbescheid vom 21. Juni 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2003 Anspruch auf eine Verletztenrente nur für den Zeitraum vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2005. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass seine Erwerbsfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus durch die Folgen des Arbeitsunfalls in rentenberechtigendem Ausmaß von mindestens 20 v. H. gemindert sei. Auf neurologischem Fachgebiet seien zumindest über den 31. März 2005 hinaus keine relevanten funktionellen Einschränkungen infolge des Unfalls vom 11. Oktober 2003 bzw. der durch diesen Unfall verursachten Dissektion der Arteria vertebralis und des darauf beruhenden Kleinhirninfarkts verblieben. Dies ergebe sich aus dem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten von Dr. H/Dr. K vom 18. April 2005, die keine organmedizinisch objektivierbaren Unfallfolgen mehr hätten feststellen können, insbesondere auch keine in relevantem Umfang auftretenden Schwindelerscheinungen au-ßerhalb psychisch bedingter Panikattacken. Seitens des gefäßchirurgisch-angiologischen Fachgebiets habe das Klinikum F bereits unter dem 17. Mai und 19. Mai 2004 zu den durchgeführten Kontrolluntersuchungen ausgeführt, dass eine voll-kommene Konsolidierung festzustellen und eine weitere Behandlung bei zu erwartender Symptomfreiheit nicht mehr erforderlich seien. Soweit Dr. A in seinem Gutachten vom 01. November 2004 die unfallbedingte MdE gleichwohl zunächst mit 20 v. H. bewertet habe, habe er sie später auf 10 v. H. korrigiert und dies überzeugend mit dem Hinweis begründet, bei der Bewertung mit 20 v. H. von fortbestehenden funktionellen Auswirkungen der Unfallverletzungen auf neurologischem Fachgebiet ausgegangen zu sein, was sich aber auf der Grundlage des hierzu eingeholten Fachgutachtens von Dr. H/Dr. K nicht habe aufrecht erhalten lassen. Die Schwindelbeschwerden seien praktisch ausschließlich im Zusammenhang mit Panikattacken als Ausfluss einer chronifizierten Angststörung aufgetreten, die als psychische Erkrankungen nach den von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 11. Oktober 2003 zurückgeführt werden könnten. Erhebliche Zweifel an einem wesentlichen Verursachungsanteil des Arbeitsunfalls an dieser Angststörung ergäben sich allerdings entgegen dem Gutachten von Dr. H/Dr. K nicht nur hinsichtlich der langfristigen Chronifizierung der Angststörung, sondern auch hinsichtlich der von ihnen als Unfallfolge bis März 2005 bewerteten vorübergehenden Anpassungsstörung mit phobischer Reaktion. Die Annahme einer durch den Unfall bzw. die nachfolgende Diagnose eines Kleinhirninfarkts zumindest wesentlich mitverursachten vorübergehenden Anpassungsstörungen mit Symptomatik einer phobischen Angststörung beruhe auf der Prämisse, dass der Kläger zwar insoweit eine leicht zwanghafte Persönlichkeitsdisposition habe, vor dem streitgegenständlichen Unfall aber im Wesentlichen psychisch gesund gewesen sei. Diese Prämisse der Gutachter stimme mit den Angaben des Klägers bei der gutachterlichen Untersuchung und Befragung zwar überein, sei jedoch unzutreffend. Tatsächlich sei er ausweislich der von der DBV W zur Verfügung gestellten Unterlagen in den dort dokumentierten Jahren vor dem Unfall immer wieder in psychotherapeutischer Behandlung gewesen, nämlich vom 18. Oktober bis zum 04. Dezember 2001, vom 08. Januar bis zum 21. Februar 2002 und vom 25. April bis zum 28. Mai 2002 sowie vom 28. Mai bis zum 05. Juni 2003. Diese Krankheitsgeschichte hätten die Gutachter außer Acht gelassen. Dass dem Unfall vom 11. Oktober 2003 im Verhältnis zu den eindeutig dokumentierten vorbestehenden psychischen Beeinträchtigungen für die nachfolgend aufgetretenen Symptome einer Angsterkrankung die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache zukäme, eventuell auch im Sinn einer teilur-sächlich auf den Unfall zurückzuführenden Verschlimmerung eines gesundheitlichen Vorschadens, sei zwar nicht auszuschließen, bedürfe jedoch einer genaueren fachärztlich gutachterlichen Überprüfung auf dem Boden einer umfassenden und vollständigen Anamneseerhebung, insbesondere umfassenden Berichte der den Kläger in der Vergangenheit wegen seiner Angsterkrankung behandelnden Ärzte und Therapeuten. Diesbezügliche Ermittlungen zur weiteren Sachaufklärung seien dem Gericht nicht möglich gewesen, weil der Kläger auf die ihm vom Gericht übersandten Fragebogen zunächst nur die ihn ab Oktober 2003 behandelnden Ärzte angegeben habe und sich hieran auch auf ausdrückliche Anforderung, alle Ärzte/Therapeuten und Kliniken zu benennen, die ihn auch vor dem 11. Oktober 2003 wegen seelischer/psychischer Be-einträchtigungen und Leiden behandelt hätten, nichts Wesentliches geändert habe. Lediglich eine Behandlung im Jahr 2002 bei einer Psychologin sei von dem Kläger mitgeteilt worden, allerdings nicht wegen einer Angsterkrankung, sondern wegen Bluthochdrucks. Ohne die erforderlichen Auskünfte des Klägers seien von Amts wegen durchzuführende Ermittlungen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der Ursachen seiner psychischen Erkrankung weder möglich noch angezeigt. Die oben skizzierten Zweifel an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Angst-erkrankung und dem streitgegenständlichen Unfall hätten also nicht ausgeräumt werden können und der erforderliche Ursachenzusammenhang sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Dies gehe zu Lasten des Klägers, der die objektive Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, insbesondere die Voraussetzungen für die Anerkennung von Unfallfolgen, trage.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat behauptet, wegen seelischer bzw. psychischer Beeinträchtigungen erst nach dem Schlaganfall infolge des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2003 behandelt worden zu sein. Die von der Krankenkasse angegebenen psychotherapeutischen Behandlungen seien nicht wegen einer Angst- oder depressiven Störung, sondern zur Abklärung, ob der erhöhte Blutdruck auf Stress oder Ähnliches zurückzuführen sei, erfolgt. Vor dem Schlaganfall habe bei ihm keine Angststörung vorgelegen. Im Weiteren bezieht er sich auf ein undatiertes Attest der Internistin M.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2006 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Oktober 2003 über den 31. März 2005 hinaus Verletztenrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat Befundberichte der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. J vom 19. Januar 2008 (Behandlung vom 18. Oktober 2001 bis zum 28. Mai 2002 wegen Angst und depressiver Störung gemischt, F41.2), dem Allgemeinmediziner Dr. W vom 19. Januar 2008 (Behandlung vom 22. Januar 2003 bis zum 07. Mai 2004), der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. R vom 20. Januar 2008 (Behandlung vom 27. Februar bis zum 18. Juli 2007 wegen Panikstörung F41.0, nach wenigen Therapiestunden deutliche Verbesserung der Panik-anfälle, Abbruch der Behandlung ohne Angabe von Gründen), von dem V Klinikum im F vom 28. Januar 2008, der Fachärztin für Innere Medizin M vom 26. Februar 2008 sowie des praktischen Arztes Dipl.-Med. Z vom 07. Mai 2008 (Behandlung vom 11. bis zum 13. Dezember 2000) eingeholt. Außerdem hat der Senat ein Vorerkrankungsverzeichnis der Kaufmännischen Krankenkasse beigezogen, aus dem sich Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einem (akuten) depressiven Syndrom vom 26. April bis zum 31. Mai 1999 und 09. September bis zum 30. September 1998 ergeben.

Anschließend ist Dr. A, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit einer weiteren Begutachtung des Klägers beauftragt worden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 15. September 2009 ausgeführt, auf dem Boden der Tatsache, dass neben überzeugenden Indikatoren für eine ängstliche Persönlichkeitsdisposition auch schon vor dem Unfallereignis wegen zeitweilig manifester Symptomatik therapeutische Hilfe in Anspruch habe genommen werden müssen, komme dem unfallbedingten Schlaganfall die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache zu. Die schwere Erkrankung habe ein Aufflammen von psychischen und somatischen Angstsymptomen, ins-besondere im Zusammenhang mit der Furcht vor einem erneuten, möglicherweise fatalen Ereignis, verursacht. Genauso überzeugend sei jedoch anhand des Verlaufs festzustellen, dass spätestens im April 2005 die protrahierte Angstsymptomatik weitestgehend auf das vor dem Unfall bestehende Niveau reduziert und die neurologische Defizitsymptomatik gänzlich abgeklungen sei. Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, es bestehe weder eine manifeste psychiatrische noch eine neurologische Erkrankung. Durch den unfallverursachten Schlaganfall sei es zur Intensivierung vorbestehender Angstsymptome gekommen. Dem Unfallereignis komme die Funktion einer wesentlichen Teilursache zu. Anhand der Stellungnahmen von Behandlern und dem Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse könne eine vorbestehende Angstsymptomatik als bewiesen gelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf eine Verletztenrente über den 31. März 2005 hinaus.

Versicherte haben Anspruch auf eine Verletztenrente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist (§ 56 Abs. 1 Satz1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VII-). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Die erste Voraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente - das Vorliegen eines Versicherungsfalles, hier: eines Arbeitsunfalls - ist erfüllt und von der Beklagten auch anerkannt. Die ebenfalls anerkannten Arbeitsunfallfolgen, also eine vorübergehende Schwindel-symptomatik mit Gleichgewichtsstörungen, eine vorübergehende unfallreaktive Anpassungsstörung mit Angstreaktion nach Aufspaltung (Dissektion) der Arteria vertebralis und daraus folgendem Kleinhirninfarkt, bedingen nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen zur Überzeugung des Senats jedoch keine MdE in rentenberechtigendem Grad über den 31. März 2005 hinaus. Das Sozialgericht ist nach sorgfältiger Auswertung der vorliegenden Berichte und Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger über den genannten Zeitpunkt hinaus auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet keine funktionellen Einschränkungen mehr bestehen, die wahrscheinlich auf dem Arbeitsunfall vom 10. Oktober 2003 beruhen. Der Senat hat keine Bedenken, den wohl begründeten Ausführungen zu folgen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Der Senat hält es außerdem nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass bei dem Kläger eine chronifizierte Angststörung durch den Arbeitsunfall verursacht worden ist. Diese vom Kläger vertretene Auffassung ist von den im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachtern Dr. H/Dr. K in dem Gutachten vom 18. April 2005 nicht bestätigt wor-den. Die Gutachter haben bei dem Kläger eine vorübergehende unfallbedingte Anpassungsstörung in Form einer phobischen Angststörung diagnostiziert und ausgeführt, das Unfallereignis sei nicht geeignet, eine andauernde psychische Störung herbeizuführen. Dabei sind die Gutachter davon ausgegangen, dass der Kläger zwar eine leicht zwanghafte Persönlichkeitsdisposition habe, vor dem Arbeitsunfall aber im Wesentlichen psychisch gesund gewesen sei. Der Kläger, der selber behauptet, nicht an einer psychischen Vorerkrankung zu leiden, kann sich also nicht mit Erfolg auf dieses Gutachten stützen, das auch bei fehlendem Vorschaden einen Ursachenzusammenhang nicht für wahrscheinlich hält.

Im Hinblick auf die zahlreichen Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund psychiatrischer Diagnosen, die sich aus den Vorerkrankungsverzeichnissen der DBV W und der K Krankenkasse (Arbeitsunfähigkeit wegen eines (akuten) depressiven Syndrom vom 26. April bis zum 31. Mai 1999 und 09. September bis zum 30. September 1998, Behandlung vom 18. Oktober bis zum 04. Dezember 2001 wegen Angststörung, F41.2-9, Psychotherapie; Behandlung vom 08. Januar bis zum 21. Feb-ruar 2002 wegen Angst und depressiver Störung gemischt, F41.2-9, Psychotherapie; Behandlung vom 25. April bis zum 28. Mai 2002 wegen Angststörung, F41.2-9, Psychotherapie; Behandlung vom 28. Mai bis zum 05. Juni 2003 wegen neurotischer Störung, F48.9-7) sowie dem beigezogenen Befundbericht der behandelnden Psychologin Dipl.-Psych. J vom 19. Januar 2008 (Behandlung vom 18. Oktober 2001 bis zum 28. Mai 2002 wegen Angst und depressiver Störung gemischt, F41.2) ergeben, ist die Einschätzung des im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. A in seinem Gutachten vom 15. September 2009, bei dem Kläger habe bereits vor dem Unfall eine manifeste Angstsymptomatik bestanden, nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hat bei seiner Untersuchung am 14. September 2009 ebenfalls keinen pathologischen neurologischen Befund erheben können. Auch der psychopathologische Befund ist gänzlich unauffällig gewesen. Dem widerspreche auch nicht die Tatsache, dass sich bei dem Kläger bei Betrachtung seiner Primärpersönlichkeit und bisherigen Biographie eine Neigung zu ängstlichen Reaktionen im Sinne begrenzter Stresstoleranz mit Neigung zu psychosomatischen Reaktionen (Hypertonie) feststellen lasse. Der Sachverständige hat zutreffend darauf verwiesen, dass eine relevante, nicht nur dispositionelle und behandlungsbedürftige Angstsyndromatik bereits vor dem unfallbedingten Schlaganfallereignis aufgetreten sei. Vor diesem Hintergrund sei es verständlich, dass der Kläger im Anschluss an den Schlaganfall und den von ihm zumindest zeitweilig antizipierten Konsequenzen einschließlich drohender Wiedererkrankungen eine Verstärkung seiner Angst in Form einer Neigung zu paroxysmaler Panik und vegetativen/psychosomatischen Reaktionen erfahren habe. Nachdem eine vollständige Restitution der schlaganfallbedingten neurologischen Ausfälle erreicht worden und nach Inanspruchnahme ärztlicher/therapeutischer Hilfe die zeitweilig verstärkte Angst bis auf einige subliminale Restsymptome abgeklungen sei, sei seit dem 31. März 2005 auch eine hinsichtlich der psychischen Symptomatik weitestgehende Remission erreicht. Dem arbeitsunfallbedingten Schlaganfall komme zwar die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache für das Aufflammen von psychischen und somatischen Angstsymptomen zu. Anhand des Verlaufs sei jedoch festzustellen, dass spätestens im April 2005 die protrahierte Angstsymptomatik weitestgehend auf das vor dem Unfall bestehende Niveau reduziert und die neurologische Defizitsymptomatik gänzlich abgeklungen sei.

Der Senat hat keine Bedenken, dem Ergebnis der Begutachtung zu folgen. Der Kläger selbst hat keine fundierten medizinischen Einwände gegen das Ergebnis der medizinischen Ermittlungen erhoben.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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