Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 4266/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 696/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wenn das Sozialgericht die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig verworfen hat anstatt den Rechtsstreit zu veweisen, besteht keine Bindung für das Rechtsmittelgericht. Auf die Berufung ist das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit im Urteil an das zuständige Sozialgericht zu verweisen.
I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 wird aufgehoben.
II. Das Sozialgericht München war örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Sozialgericht Regensburg verwiesen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verwaltungsentscheidungen der Beklagten über sein Versicherungsverhältnis.
Der 1967 geborene Kläger hatte sich am 8. November 1999 an die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund; im Folgenden: Beklagte) mit der Anfrage gewandt, ob der Überweisungsbetrag in Höhe von 60.337,90 DM (entspricht 30.850,28 EUR) bei der Beklagten eingegangen sei. Die Zahlung dieses Betrages durch die Bezirksfinanzdirektion München sowie eine Nachversicherung für den Zeitraum vom 4. September 1991 bis 30. Juni 1999 hatte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Januar 2000 bestätigt.
Am 11. September 2000 hatte der Kläger beim Sozialgericht München (Az.: S 12 RA 1031/00) eine Untätigkeitsklage erhoben, da er über die Nachversicherung noch keinen Bescheid erhalten habe. Die Beklagte hatte mitgeteilt, dass eine abschließende Klärung des Zeitraumes vom 1. Juli 1999 bis 2. Januar 2000 noch nicht möglich gewesen sei. Mit Bescheid vom 15. Juni 2001 hatte die Beklagte die Auskunft über die zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sowie über die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung erteilt. Da der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, hatte das Sozialgericht die Verfahren bezüglich der Untätigkeitsklage sowie bezüglich des Bescheides vom 15. Juni 2001 mit Beschluss vom
21. Dezember 2001 getrennt und die Untätigkeitsklage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2002 abgewiesen. Das abgetrennte Verfahren (Az.: S 12 RA 1511/01) hatte das Gericht mit Beschluss vom 19. März 2002 ausgesetzt.
Einen Antrag des Klägers auf Beitragserstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 ab. Die Erstattungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren mit Beitrags- und Ersatzzeiten erfüllt sei und der Kläger an der Beitragszahlung nicht beteiligt gewesen sei. Ferner wandte sich der Kläger gegen einen Versicherungsverlauf vom 18. April 2002. Er machte weitere Versicherungszeiten geltend.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 17. Mai 2002 darauf hin, dass ein Versicherungsverlauf kein Verwaltungsakt sei, gegen den ein Widerspruchsverfahren zulässig sei. Auch gegen dieses Schreiben sowie ein weiteres formloses Schreiben der Beklagten vom 12. Juli 2002 erhob der Kläger am 17. Juli 2002 Widerspruch.
Am 11. März 2003 hat der Kläger, der eine Wohnanschrift in A-Stadt angab, beim Sozialgericht München eine Untätigkeitsklage erhoben. Die Beklagte habe seit über sechs Monaten keine Entscheidung getroffen. Es seien noch verschiedene Widersprüche gegen "Schreiben/Bescheide der BfA", gegen ein Mitteilungsblatt (Rente mit 56) sowie gegen den Versicherungsverlauf offen.
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass sämtliche vom Kläger begehrten Sachverhalte bearbeitet worden seien. Eine Bescheiderteilung für Daten, die noch nicht länger als sechs Jahre zurückliegen, sei nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vorgesehen. Ferner müsse und könne nicht jedes Verwaltungshandeln mit einem Verwaltungsakt mit Bindungswirkung abgeschlossen werden.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 6. Februar 2009 mitgeteilt, dass die Verweisung an das örtlich zuständige Sozialgericht Regensburg beabsichtigt sei. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2009 hat das Sozialgericht auf die Einwendungen des Klägers mitgeteilt, dass eine örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts München gegeben sei. Es hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 30. April 2009 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Mit Beschluss vom 9. April 2009 hat das Sozialgericht die Anordnung des persönlichen Erscheinens aufgehoben. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat es dieser am 27. April 2009 abgeholfen und das persönliche Erscheinen wieder angeordnet. Das Bayer. Landessozialgericht hat die erneute Beschwerde mit Beschluss vom 4. Juni 2009 als unzulässig verworfen (Az.: L 6 R 321/09 B). Ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden der 30. Kammer des Sozialgerichts München hat das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2009 zurückgewiesen (Az.: L 5 SF 149/09 AB).
Das Sozialgericht hat die Untätigkeitsklage mit Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2009 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Anders als mit Schreiben vom 19. Februar 2009 zum Ausdruck gebracht fehle es an der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger habe die Klage zu einer Zeit erhoben, als er bereits in A-Stadt wohnte. Da sich der Kläger vehement gegen eine Verweisung gewehrt habe, habe keine Verweisung stattfinden können, so dass eine Klageabweisung wegen Unzuständigkeit erforderlich gewesen sei. Aber auch bei Annahme der Zuständigkeit sei die Klage unzulässig, da das Versicherungskonto in dem Umfang, der für einen erst 41-jährigen Versicherten ohne Rentenantrag notwendig ist, geklärt sei. Die routinemäßige Dokumentation des Versicherungsverlaufs sei kein Verwaltungsakt. Die Voraussetzung des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei damit nicht gegeben.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger ausgeführt, es bestehe der "Verdacht der 95prozentigen Befangenheit" des Vorsitzenden der 30. Kammer des Sozialgerichts. Durch den Gerichtsbescheid sei ihm das rechtliche Gehör in einer mündlichen Verhandlung verweigert worden. Im Übrigen sei die Klage verschleppt worden. Das Sozialgericht München sei für die Klage zuständig gewesen.
Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 25. September 2009 dem Berichtserstatter übertragen (§ 153 Abs. 5 SGG). Der Kläger hat mit E-Mail vom
7. Oktober 2009 hiergegen Einwendungen erhoben und die Ansicht vertreten, dass der Rechtsstand aus dem Jahre 2003 zur Anwendung kommen müsse.
Mit Schreiben vom 10. November 2009 hat der Senat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten Verweisung an das Sozialgericht Regensburg zu äußern. Die Beklagte hat sich mit einer Verweisung einverstanden erklärt; eine Äußerung des Klägers ist nicht eingegangen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zum Erlass weiterer Bescheide über sein Versicherungsverhältnis zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Regensburg zu verweisen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG). Sie führt zur Aufhebung des Gerichtsbescheides und zur Verweisung an das örtliche zuständige Sozialgericht Regensburg.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 5 SGG in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Die Vorschrift ist durch Gesetz vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 eingefügt worden und findet deshalb für das erst am 4. August 2009 eingegangene Berufungsverfahren ohne Weiteres Anwendung (zur Anwendung auch für vor dem
1. April 2008 eingegangene Berufungen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
9. Aufl. 2008, § 153 Rdnr. 24).
Der Kläger begründete die Erhebung der Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) beim Sozialgericht München zum einen mit dem Bezug zu seiner Arbeitsstelle in München, zum anderen, dass sich die Zeugen alle im Großraum München befänden. Die Beschäftigung im Raum München endete jedoch nach eigenen Angaben im Januar 2001. Der Versicherungsverlauf weist Pflichtbeiträge letztmalig im Oktober 2001 auf.
Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 SGG ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat. Steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Zur Zeit der Klageerhebung hatte der Kläger seinen Wohnsitz in A-Stadt. Eine Wahlmöglichkeit für das Sozialgericht des Beschäftigungsortes gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 HS 2 SGG besteht nicht, da der Kläger zur Zeit der Klageerhebung am 11. März 2003 in keinem Beschäftigungsverhältnis im Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts München stand. § 9 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) definiert den Beschäftigungsort nämlich als den Ort, an dem Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 57 Rdnr. 7 a). Allein nachwirkende Beziehungen zu einer früheren Beschäftigung oder Praktikabilitätsgesichtspunkte wie die Wohnortnähe von Zeugen spielen dabei keine Rolle.
Wie das Sozialgericht zutreffend feststellte, ist damit das Sozialgericht Regensburg zuständig. Ergibt die Prüfung, dass das angerufene Gericht nicht zuständig ist, ist dies von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 98 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG). Unzutreffend ist, dass das Sozialgericht - auch bei Einwendungen des Klägers - die Klage als unzulässig verworfen hat. Die Beteiligten sind zu einer beabsichtigten Verweisung lediglich vorher zu hören; eine Zustimmung ist nicht erforderlich. Zwar prüft das Rechtsmittelgericht grundsätzlich die Zuständigkeit nicht mehr (§ 98 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 5 GVG). Ausnahmsweise besteht eine Bindung für das Rechtsmittelgericht jedoch u.a. dann nicht, wenn das Sozialgericht die Klage wegen fehlender Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen hat, wie dies vorliegend geschehen ist, statt den Rechtsstreit zu verweisen. Auf die Berufung ist in diesem Fall das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit im Urteil an das zuständige Gericht zu verweisen (BSG, SozR 3-1720 § 17 a Nr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, NZS 1997, 197; Meyer-Ladewig, a.a.O., § 98 Rdnr. 7).
Das Sozialgericht wird auch über die Erstattung der bisher im Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu entscheiden haben (§ 202 SGG, § 17 b Abs. 2 GVG).
Nr. II. des Tenors ist unanfechtbar; dies ergibt sich aus § 98 S. 2 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Das Sozialgericht München war örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Sozialgericht Regensburg verwiesen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Verwaltungsentscheidungen der Beklagten über sein Versicherungsverhältnis.
Der 1967 geborene Kläger hatte sich am 8. November 1999 an die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund; im Folgenden: Beklagte) mit der Anfrage gewandt, ob der Überweisungsbetrag in Höhe von 60.337,90 DM (entspricht 30.850,28 EUR) bei der Beklagten eingegangen sei. Die Zahlung dieses Betrages durch die Bezirksfinanzdirektion München sowie eine Nachversicherung für den Zeitraum vom 4. September 1991 bis 30. Juni 1999 hatte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Januar 2000 bestätigt.
Am 11. September 2000 hatte der Kläger beim Sozialgericht München (Az.: S 12 RA 1031/00) eine Untätigkeitsklage erhoben, da er über die Nachversicherung noch keinen Bescheid erhalten habe. Die Beklagte hatte mitgeteilt, dass eine abschließende Klärung des Zeitraumes vom 1. Juli 1999 bis 2. Januar 2000 noch nicht möglich gewesen sei. Mit Bescheid vom 15. Juni 2001 hatte die Beklagte die Auskunft über die zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sowie über die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung erteilt. Da der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, hatte das Sozialgericht die Verfahren bezüglich der Untätigkeitsklage sowie bezüglich des Bescheides vom 15. Juni 2001 mit Beschluss vom
21. Dezember 2001 getrennt und die Untätigkeitsklage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2002 abgewiesen. Das abgetrennte Verfahren (Az.: S 12 RA 1511/01) hatte das Gericht mit Beschluss vom 19. März 2002 ausgesetzt.
Einen Antrag des Klägers auf Beitragserstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 ab. Die Erstattungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren mit Beitrags- und Ersatzzeiten erfüllt sei und der Kläger an der Beitragszahlung nicht beteiligt gewesen sei. Ferner wandte sich der Kläger gegen einen Versicherungsverlauf vom 18. April 2002. Er machte weitere Versicherungszeiten geltend.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 17. Mai 2002 darauf hin, dass ein Versicherungsverlauf kein Verwaltungsakt sei, gegen den ein Widerspruchsverfahren zulässig sei. Auch gegen dieses Schreiben sowie ein weiteres formloses Schreiben der Beklagten vom 12. Juli 2002 erhob der Kläger am 17. Juli 2002 Widerspruch.
Am 11. März 2003 hat der Kläger, der eine Wohnanschrift in A-Stadt angab, beim Sozialgericht München eine Untätigkeitsklage erhoben. Die Beklagte habe seit über sechs Monaten keine Entscheidung getroffen. Es seien noch verschiedene Widersprüche gegen "Schreiben/Bescheide der BfA", gegen ein Mitteilungsblatt (Rente mit 56) sowie gegen den Versicherungsverlauf offen.
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass sämtliche vom Kläger begehrten Sachverhalte bearbeitet worden seien. Eine Bescheiderteilung für Daten, die noch nicht länger als sechs Jahre zurückliegen, sei nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vorgesehen. Ferner müsse und könne nicht jedes Verwaltungshandeln mit einem Verwaltungsakt mit Bindungswirkung abgeschlossen werden.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 6. Februar 2009 mitgeteilt, dass die Verweisung an das örtlich zuständige Sozialgericht Regensburg beabsichtigt sei. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2009 hat das Sozialgericht auf die Einwendungen des Klägers mitgeteilt, dass eine örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts München gegeben sei. Es hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 30. April 2009 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Mit Beschluss vom 9. April 2009 hat das Sozialgericht die Anordnung des persönlichen Erscheinens aufgehoben. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat es dieser am 27. April 2009 abgeholfen und das persönliche Erscheinen wieder angeordnet. Das Bayer. Landessozialgericht hat die erneute Beschwerde mit Beschluss vom 4. Juni 2009 als unzulässig verworfen (Az.: L 6 R 321/09 B). Ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden der 30. Kammer des Sozialgerichts München hat das Bayer. Landessozialgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2009 zurückgewiesen (Az.: L 5 SF 149/09 AB).
Das Sozialgericht hat die Untätigkeitsklage mit Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2009 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Anders als mit Schreiben vom 19. Februar 2009 zum Ausdruck gebracht fehle es an der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger habe die Klage zu einer Zeit erhoben, als er bereits in A-Stadt wohnte. Da sich der Kläger vehement gegen eine Verweisung gewehrt habe, habe keine Verweisung stattfinden können, so dass eine Klageabweisung wegen Unzuständigkeit erforderlich gewesen sei. Aber auch bei Annahme der Zuständigkeit sei die Klage unzulässig, da das Versicherungskonto in dem Umfang, der für einen erst 41-jährigen Versicherten ohne Rentenantrag notwendig ist, geklärt sei. Die routinemäßige Dokumentation des Versicherungsverlaufs sei kein Verwaltungsakt. Die Voraussetzung des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei damit nicht gegeben.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger ausgeführt, es bestehe der "Verdacht der 95prozentigen Befangenheit" des Vorsitzenden der 30. Kammer des Sozialgerichts. Durch den Gerichtsbescheid sei ihm das rechtliche Gehör in einer mündlichen Verhandlung verweigert worden. Im Übrigen sei die Klage verschleppt worden. Das Sozialgericht München sei für die Klage zuständig gewesen.
Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 25. September 2009 dem Berichtserstatter übertragen (§ 153 Abs. 5 SGG). Der Kläger hat mit E-Mail vom
7. Oktober 2009 hiergegen Einwendungen erhoben und die Ansicht vertreten, dass der Rechtsstand aus dem Jahre 2003 zur Anwendung kommen müsse.
Mit Schreiben vom 10. November 2009 hat der Senat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten Verweisung an das Sozialgericht Regensburg zu äußern. Die Beklagte hat sich mit einer Verweisung einverstanden erklärt; eine Äußerung des Klägers ist nicht eingegangen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zum Erlass weiterer Bescheide über sein Versicherungsverhältnis zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2009 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Regensburg zu verweisen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG). Sie führt zur Aufhebung des Gerichtsbescheides und zur Verweisung an das örtliche zuständige Sozialgericht Regensburg.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 5 SGG in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden. Die Vorschrift ist durch Gesetz vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 eingefügt worden und findet deshalb für das erst am 4. August 2009 eingegangene Berufungsverfahren ohne Weiteres Anwendung (zur Anwendung auch für vor dem
1. April 2008 eingegangene Berufungen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
9. Aufl. 2008, § 153 Rdnr. 24).
Der Kläger begründete die Erhebung der Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) beim Sozialgericht München zum einen mit dem Bezug zu seiner Arbeitsstelle in München, zum anderen, dass sich die Zeugen alle im Großraum München befänden. Die Beschäftigung im Raum München endete jedoch nach eigenen Angaben im Januar 2001. Der Versicherungsverlauf weist Pflichtbeiträge letztmalig im Oktober 2001 auf.
Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 SGG ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat. Steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Zur Zeit der Klageerhebung hatte der Kläger seinen Wohnsitz in A-Stadt. Eine Wahlmöglichkeit für das Sozialgericht des Beschäftigungsortes gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 HS 2 SGG besteht nicht, da der Kläger zur Zeit der Klageerhebung am 11. März 2003 in keinem Beschäftigungsverhältnis im Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts München stand. § 9 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) definiert den Beschäftigungsort nämlich als den Ort, an dem Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 57 Rdnr. 7 a). Allein nachwirkende Beziehungen zu einer früheren Beschäftigung oder Praktikabilitätsgesichtspunkte wie die Wohnortnähe von Zeugen spielen dabei keine Rolle.
Wie das Sozialgericht zutreffend feststellte, ist damit das Sozialgericht Regensburg zuständig. Ergibt die Prüfung, dass das angerufene Gericht nicht zuständig ist, ist dies von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 98 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG). Unzutreffend ist, dass das Sozialgericht - auch bei Einwendungen des Klägers - die Klage als unzulässig verworfen hat. Die Beteiligten sind zu einer beabsichtigten Verweisung lediglich vorher zu hören; eine Zustimmung ist nicht erforderlich. Zwar prüft das Rechtsmittelgericht grundsätzlich die Zuständigkeit nicht mehr (§ 98 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 5 GVG). Ausnahmsweise besteht eine Bindung für das Rechtsmittelgericht jedoch u.a. dann nicht, wenn das Sozialgericht die Klage wegen fehlender Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen hat, wie dies vorliegend geschehen ist, statt den Rechtsstreit zu verweisen. Auf die Berufung ist in diesem Fall das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit im Urteil an das zuständige Gericht zu verweisen (BSG, SozR 3-1720 § 17 a Nr. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, NZS 1997, 197; Meyer-Ladewig, a.a.O., § 98 Rdnr. 7).
Das Sozialgericht wird auch über die Erstattung der bisher im Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu entscheiden haben (§ 202 SGG, § 17 b Abs. 2 GVG).
Nr. II. des Tenors ist unanfechtbar; dies ergibt sich aus § 98 S. 2 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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