L 4 KR 2062/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 8808/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2062/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden auch im Berufungsrechtszug nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 16. März bis zum 01. Mai 2005.

Der am 1949 geborene Kläger, der bei einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) als versicherungspflichtiger Beschäftigter krankenversichert war, war als Fahrer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden bei der Firma R. U. beschäftigt. Mit der Erstbescheinigung vom 20. Oktober 2004 bescheinigte die Gemeinschaftspraxis Dres. W. u. a. Arbeitsunfähigkeit für den 20. und 21. Oktober 2004 und nannte als Diagnosen "I 35.0 G" (Aortenklappenstenose gesichert) und "E 11.90 G" (nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-II-Diabetes] ohne Komplikationen, nicht als entgleist bezeichnet). Allgemeinarzt Dr. B. (Folgebescheinigung vom 22. Oktober 2004, Arbeitsunfähigkeit bis 29. Oktober 2004) und Chirurg Dr. E. (Erstbescheinigung vom 29. Oktober 2004, Folgebescheinigungen vom 05., 19. und 26. November 2004, Arbeitsunfähigkeit bis 07. Dezember 2004) nannten als Diagnosen "M 20.1 G R" bzw. "M 20.4 G R" (Hallux valgus [Schiefzehe], erworben, bzw. sonstige Hammerzehen, erworben, jeweils rechts, gesichert). Am 26. Oktober 2004 wurde der Kläger wegen des Hallux valgus operiert. Die Metallentfernung erfolgte am 22. November 2004. Im weiteren Verlauf trat eine Lymphangitis (bakteriell bedingte Entzündung der Lymphbahnen) auf. Vom 10. bis 20. Dezember 2004 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung. Da der Kläger wegen dieser Krankheit bereits zuvor für drei Tage arbeitsunfähig gewesen war, zahlte sein Arbeitgeber den Lohn bis 27. November 2004 fort. Die Beklagte gewährte ab dem 28. November 2004 Krankengeld mit einem täglichen Zahlbetrag von EUR 42,45, ab dem 01. Januar 2005 EUR 42,28.

Unter dem 30. November 2004 unterrichtete Dr. E. die Beklagte, der Kläger sei wegen der Operation voraussichtlich bis Ende Dezember 2004 arbeitsunfähig. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger nach Beratung durch Dr. H., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 20. Dezember 2004 unter dem 22. Dezember 2004 mit, sie werde die Krankengeldzahlung ab dem 03. Januar 2005 einstellen. Nachdem Dr. B. im Auszahlschein vom 11. Januar 2005 weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigte und Dr. M., MDK, dies in seinem Gutachten vom 19. Januar 2005 für plausibel hielt, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2005 mit, sie zahle weiterhin Krankengeld aus. Dr. E. gab im Auszahlschein vom 21. Februar 2005 an, Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich noch für zwei Wochen, sowie in der Auskunft vom 28. Februar 2005, der Kläger werde voraussichtlich ab Mitte März 2005 wieder arbeitsfähig sein. Eine stufenweise Wiedereingliederung schlug er nicht vor. Dr. H. vom MDK nahm in seinem Gutachten vom 02. März 2005 ein Ende der Arbeitsunfähigkeit binnen 14 Tagen an. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 03. März 2005, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, mit, er (der Kläger) sei ab 16. März 2005 wieder "einsatzfähig" und sie (die Beklagte) werde bis dahin Krankengeld gewähren. Mit Auszahlschein vom 16. März 2005 teilte Dr. E. mit, die Arbeitsunfähigkeit sei mit diesem Tag beendet. Die Beklagte stellte die Krankengeldzahlung mit dem 15. März 2005 ein.

Unter dem 14. März 2005 teilte die Beklagte dem MDK mit, die Lebensgefährtin des Klägers habe dem Gutachten vom 02. März 2005 widersprochen und bitte darum, dass der Fuß des Klägers begutachtet werde. Der MDK, Dr. M., teilte der Beklagten unter dem 18. März 2005 mit, es gelte weiterhin die sozialmedizinische Beurteilung im (verbindlichen) Gutachten vom 02. März 2005. Für eine Begutachtung des Klägers seien möglichst noch aktuelle Befunde bzw. Facharztberichte einzuholen. Entsprechend forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22. März 2005 auf, vor einer eventuellen Begutachtung ein Attest des behandelnden Arztes über die weitere Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Der Kläger teilte der Beklagten mit Telefax vom 31. März 2005 mit, er sei mit der Entscheidung (zur Einstellung der Krankengeldzahlung) nicht einverstanden und werde sich auf jeden Fall ein Attest ausstellen lassen.

Am 04. April 2005 stellte Dr. E. einen weiteren Auszahlschein aus, wonach der Kläger "bis auf weiteres" arbeitsunfähig erkrankt sei. Die Diagnose sei "bekannt". Unter dem selben Datum stellte Dr. E. einen auch vom Kläger unterschriebenen Wiedereingliederungsplan aus, nach dem der Kläger in der Zeit vom 11. bis 24. April vier und vom 25. April bis 01. Mai 2005 sechs Stunden arbeiten solle. Die Beklagte schrieb Dr. E. daraufhin an und fragte nach einer Begründung für seine Annahme einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit. Ausweislich eines Aktenvermerks des Mitarbeiters Wieland der Beklagten rief Dr. E. daraufhin am 20. April 2005 bei der Beklagten an und teilte mit, der Kläger sei zu ihm gekommen und habe mitgeteilt, er (der Kläger) habe mit der Beklagten abgesprochen, dass eine stufenweise Wiedereingliederung vereinbart sei. Nachdem der Mitarbeiter Wieland Dr. E. mitgeteilt hatte, dass eine solche Absprache nicht bestehe, wurde vereinbart, dass der Kläger ab dem 16. März 2005 arbeitsfähig sei und Dr. E. dies auch dem Kläger gegenüber vertreten werde. Mit Schreiben vom 20. April 2005, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, informierte die Beklagte den Kläger über das Telefonat mit Dr. E. und teilte - erneut - mit, dass der Anspruch auf Krankengeld am 15. März 2005 ende.

Durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28. April 2005 bat der Kläger u. a. um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids. Die Beklagte teilte am 03. Mai 2005 mit, sie habe bereits einen widerspruchsfähigen Bescheid erlassen. Unter dem 13. Mai 2005 erhob der Kläger daraufhin Widerspruch gegen den "Bescheid vom 20. April 2005". Er trug vor, er sei nach wie vor gesundheitlich nicht in der Lage, einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Es sei lediglich ein Arbeitsversuch durchgeführt worden. Dr. E. habe am 04. April 2005 ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres bescheinigt. Auch habe das Gutachten des Dr. M. vom 18. März 2005 das Ende der Arbeitsfähigkeit binnen 14 Tagen, also - erst - ab Anfang April 2005, angenommen. Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. E. mit Schreiben vom 27. März 2006 mit, er sei mit dem Kläger übereingekommen, dass ab 16. März 2005 Arbeitsfähigkeit bestehe, eine Wiedereingliederungsmaßnahme sei fälschlicherweise durch eine Fehlinformation des Klägers ausgestellt worden. Der Kläger erwiderte hierzu, zu einem Hinweis seiner (des Klägers) Lebenspartnerin, dass sie etwas von einer Wiedereingliederung gehört habe, habe Dr. E. die stufenweise Wiedereingliederung vorgeschlagen und den hierfür notwendigen Vordruck selbstständig ausgefüllt, ihm (dem Kläger) übergeben und gesagt, er (der Kläger) solle diesen Vordruck bei der Beklagten einreichen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers "vom 28. April 2005" mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2006, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. Oktober 2006 zugestellt wurde, zurück.

Am Montag, dem 20. November 2006, erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er begehrte die Gewährung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe vom 16. März bis 01. Mai 2005. Er sei arbeitsunfähig gewesen. Dr. E. habe eine Wiedereingliederungsversuch befürwortet und Arbeitsunfähigkeit "diagnostiziert".

Die Beklagte trat der Kläger entgegen.

Das SG vernahm Dr. E. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser gab in seiner Aussage vom 23. Mai 2007 u. a. an, der Kläger habe ihm mitgeteilt, er sei mit der Beklagten übereingekommen, dass eine stufenweise Wiedereingliederung vereinbart sei, dies sei aber nicht der Fall gewesen, die Wiedereingliederung sei deshalb missverständlicherweise ausgestellt worden, aus medizinischen Gründen sei sie nicht geboten gewesen. Mit dem Kläger sei in der Sprechstunde übereingekommen worden, dass Arbeitsfähigkeit ab dem 16. März 2005 bestehe. Der Kläger erwiderte hierzu, Dr. E. habe zunächst die Auffassung vertreten, er (der Kläger) sei wieder vollschichtig arbeitsfähig. Auf die Erklärung seiner (des Klägers) beim Untersuchungstermin anwesenden Lebenspartnerin, ein Einsatz von acht Stunden sei nach einer solchen langdauernden Erkrankung zu viel, habe Dr. E. dies eingesehen und die Bescheinigung für die Wiedereingliederung ausgestellt.

Mit Urteil vom 25. März 2009 wies das SG die Klage ab. Es sei davon überzeugt, dass der Kläger vom 16. März bis 01. Mai 2005 nicht arbeitsunfähig erkrankt, sondern in der Lage gewesen sei, seien letzte Tätigkeit als Lkw-Fahrer zu verrichten. Dr. E. sei am 28. Februar 2005 davon ausgegangen, dass die Arbeitsunfähigkeit Mitte März enden werde. Dem habe sich der MDK angeschlossen. Folgerichtig habe Dr. E. die Arbeitsunfähigkeit zum 16. März 2005 beendet, nachdem die Entzündung am Fuß abgeheilt gewesen sei. Anschließend sei dem Kläger keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. Der Kläger habe für die Zeit ab dem 16. März 2005 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und keinen Auszahlschein vorgelegt, sodass es für diesen Zeitraum an der ärztlichen Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit fehle. Erst ab dem 04. April 2005 habe Dr. E. den Wiedereingliederungsplan ausgestellt, den er später wieder "zurückgenommen" habe. Unabhängig davon, wie es hierzu gekommen sei, sei eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen. Eine gesundheitliche Veränderung seit dem 16. März 2005 sei nicht ersichtlich. Die von Dr. E. mitgeteilten Befunde ließen keine Arbeitsunfähigkeit für den Beruf eines Lkw-Fahrers erkennen.

Gegen dieses am 01. April 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 04. Mai 2009, Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt ergänzend vor, die Annahme, Dr. E. habe nur deswegen eine ärztliche Bescheinigung ausgestellt, weil er (der Kläger) fälschlicherweise behauptet habe, er habe eine stufenweise Wiedereingliederung mit der Beklagten abgesprochen, sei schlechterdings nicht nachvollziehbar. Ein Arzt sei auch rechtlich nicht befugt, einen Wiedereingliederungsplan "zurückzunehmen" und dadurch negativ in eine rechtliche Position des Kranken einzugreifen. Er (der Kläger) habe auch an sich selbst beobachtet, noch nicht wieder einsatzfähig zu sein. Bei dieser Sachlage werde die bereits erstinstanzlich beantragte Begutachtung "jedenfalls nicht zu der Feststellung führen", er sei nicht arbeitsunfähig gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 20. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 12. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16. März bis zum 01. Mai 2005 Krankengeld in Höhe von EUR 42,28 kalendertäglich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Nicht Dr. E. allein, sondern auch der MDK habe mit Gutachten vom 02. März 2005 festgestellt, dass die Arbeitsunfähigkeit zum 15. März 2005 enden werde. Eine medizinische Begründung für eine über diesen Tag hinausgehende Arbeitsunfähigkeit liege nicht vor.

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten unter dem 30. Oktober 2009 darüber unterrichtet, dass der Senat durch Beschluss entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. November 2009 gegeben. Der Kläger ist der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss entgegengetreten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Dass ihr der Kläger entgegengetreten ist, hindert eine Entscheidung durch Beschluss nicht.

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden und daher hier schon anwendbaren Fassung zulassungsbedürftig. Der Kläger ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert. Der hier maßgebliche Nettobetrag (Auszahlbetrag) des begehrten Krankengeldes beträgt EUR 42,28 kalendertäglich. Bei insgesamt 47 streitigen Tagen (16. März bis einschließlich 01. Mai 2005) liegt die Beschwer daher bei EUR 1.987,16. Die Berufung ist auch nicht nach § 151 Abs. 1 SGG verfristet. Die einmonatige Berufungsfrist begann mit Zustellung des Urteils am 01. April 2009 und endete - da der 01. Mai ein Feiertag ist und der 02. und 03. Mai 2009 auf ein Wochenende fielen - am 04. Mai 2009, dem Tag der Berufungseinlegung.

2. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten über die Ablehnung der Zahlung des Krankengeldes ab dem 16. März 2005 war rechtmäßig. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum keinen Anspruch auf Krankengeld.

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 20. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 12. Oktober 2006. Zwar hat es die Beklagte bereits zuvor unter dem 03. März 2005 abgelehnt, Krankengeld für die Zeit ab 16. März 2005 zu zahlen. Auch insoweit handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Der Bescheid vom 03. März 2005 ist aber nicht mehr wirksam, weil er auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Denn mit dem Bescheid vom 20. April 2005 hat die Beklagte nach den vorgebrachten Einwänden des Klägers und der Befragung des Dr. E. erneut die Zahlung von Krankengeld für die Zeit ab 16. März 2005 abgelehnt und damit eine neue sachliche Entscheidung im Sinne eines sogenannten Zweitbescheids erteilt, der den Klageweg (neu) eröffnet (Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-8100 Art 19 Nr. 5; SozR 3-4100 § 94 Nr. 1).

b) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn u. a. Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im Hinblick auf das konkret bestehende Versicherungsverhältnis (BSG SozR 3-2500 § 44 Nr. 10; SozR 4-2500 § 44 Nr. 6). Dies ist bei Personen, die - wie der Kläger - als Beschäftigte versichert sind, ihr Beschäftigungsverhältnis, solange dieses besteht.

Das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld setzt - abgesehen von in der hier streitigen Zeit nicht gegebenen stationären Behandlungen - voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch (erst) von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Ohne diese Feststellung kann kein Anspruch entstehen. Damit sollen Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen nachträgliche Behauptungen und rückwirkende Bescheinigungen beitragen könnten. Die Vorschrift ist nicht als bloße Zahlungsvorschrift zu verstehen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 44 Nr. 10; SozR 4-2500 § 44 Nr. 12). Der Versicherte muss auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinwirken und die entsprechende Bescheinigung der Krankenkasse vorlegen. Kommt er dieser Meldeobliegenheit nicht innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach, ruht der nach §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Hiernach ruht der Anspruch, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG SozR 3-2500 § 49 Nr. 4). Das gleiche gilt auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung des Krankengeldes zu befinden ist (BSG a.a.O.). Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und der Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden (BSG SozR 4-2500 § 46 Nr. 1). Von dieser gesetzlich angeordneten Feststellungs- und Meldepflicht kann auch während eines laufenden Rechtsbehelfsverfahrens nicht abgesehen werden, da §§ 46 Abs. 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine solche Ausnahme nicht vorsehen. Dies ist auch folgerichtig, da die Krankenkasse die Befunde, die nach ärztlicher Einschätzung zur Arbeitsunfähigkeit führen, zeitnah überprüfen können muss. Es handelt sich mithin nicht um einen bloßen Formalismus. Ausnahmen hiervon hat die Rechtsprechung nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen anerkannt, zu welchen die Betreibung eines Rechtsbehelfsverfahrens allein nicht zählt (vgl. hierzu und zur Zulässigkeit nachträglicher Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeit ausführlich nochmals BSG SozR 4-2500 § 46 Nr. 1).

c) Der Kläger hat schon deshalb keinen Anspruch auf Krankengeld, weil für die streitige Zeit vom 16. März bis 01. Mai 2005 Arbeitsunfähigkeit nicht ärztlich festgestellt war. Dr. E. hatte die Arbeitsunfähigkeit mit Auszahlschein vom 16. März 2005 mit diesem Tage beendet. Zwar hat er dann mit dem weiteren Auszahlschein vom 04. April 2005 aufgrund der Vorstellung des Klägers am selben Tag Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres angenommen. Dies reicht für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 05. April 2005 nicht aus. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V erlassenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) ist nach Ablauf der Entgeltfortzahlung bzw. der Fortzahlung von Entgeltersatzleistungen ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit vom Vertragsarzt auf der Bescheinigung für die Krankengeldzahlung (Muster Nr. 17) zu attestieren. Die Bescheinigung für die Krankengeldzahlung (sogenannter Auszahlschein) kommt daher nur dann in Betracht, wenn das Fortbestehen einer zuvor bereits bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden soll. Im vorliegenden Fall war die Arbeitsunfähigkeit aber mit dem 15. März 2005 beendet, so dass kein Fortbestehen einer zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit erfolgen konnte.

d) Unabhängig von der fehlenden ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit scheitert ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld daran, dass er ab 16. März 2005 für die insoweit maßgebliche zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lkw-Fahrer arbeitsfähig war. Dies ergibt sich für den Senat wie für das SG - aus den Angaben des Dr. E ... Dr. E. hat sowohl gegenüber der Beklagten als auch bei seiner schriftlichen Vernehmung als Zeuge durch das SG angegeben, er habe - in Übereinstimmung mit dem Kläger - die Arbeitsunfähigkeit mit dem 16. März 2005 beendet. Auf die Beweisfrage des SG, ob der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit acht Stunden täglich verrichten könne, hat Dr. E. ausdrücklich mit Ja geantwortet. Er hat auch an dem am 04. April 2005 ausgestellten erneuten Auszahlschein nicht festgehalten. Dies ergibt sich daraus, dass Dr. E. gegenüber dem SG bekundet hat, aus medizinischen Gründen sei die attestierte stufenweise Wiedereingliederung nicht geboten gewesen. Die Ausstellung des Auszahlscheins erklärt sich nur mit dem zugleich erstellten Plan zur nicht erforderlichen stufenweisen Wiedereingliederung. Dies bedeutet, dass - erst recht - keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen hat. Der Senat hat keinen Anlass, an Dr. E.s Angaben zu zweifeln. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass er mit seiner Aussage einräumt, er habe den Auszahlschein und den Wiedereingliederungsplan vom 04. April 2005 allein auf die - nicht zutreffende - Auskunft des Klägers erteilt, die Wiedereingliederung sei mit der Beklagten abgesprochen. Bestätigt wird dies durch den Vortrag des Klägers, dass erst auf Intervention der Lebensgefährtin des Klägers die Wiedereingliederung zur Sprache gekommen sei.

Dr. E.s Aussage wird auch bestätigt durch die vorliegenden Gutachten des MDK. Bereits unter dem 02. März 2005 hatte Dr. H. ausgeführt, die Arbeitsunfähigkeit des Klägers werde voraussichtlich binnen 14 Tagen - also Mitte März 2005 - enden. Nichts anderes in zeitlicher Hinsicht ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. M. vom 18. März 2005. Dieser hatte zwar erneut - ausgeführt, die Arbeitsunfähigkeit werde innerhalb von 14 Tagen enden. Anders als der Kläger meint, hat er sich dabei jedoch nicht auf Anfang April 2005 bezogen. Vielmehr hat er auch ausgeführt, es bleibe bei der sozialmedizinischen Einschätzung aus dem Gutachten vom 02. März 2005. Daraus folgt, dass er auch denselben Zeitrahmen - also Mitte März 2005 - annahm wie Dr. H ...

Der Kläger hat keinerlei medizinische Einwände gegen diese Angaben seines behandelnden Arztes und der beiden Gutachter des MDK vorgebracht. Das Krankheitsbild, das Dr. E. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vor dem SG für Anfang April 2005 beschrieben hat - röntgenologisch beschriebene beginnende Gonarthrose, unter konservativer Therapie bereits folgenlos abgeheilte Paronychie (Nagelbettentzündung) sowie vorbekannter Diabetes mellitus, hindert eine Berufstätigkeit wie jene des Klägers nicht.

Im Übrigen ist das Gutachten des Dr. H. verbindlich. Nach § 7 Abs. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist das Gutachten des MDK grundsätzlich verbindlich. Bestehen zwischen dem Vertragsarzt und dem MDK Meinungsverschiedenheiten, kann der Vertragsarzt unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse eine erneute Entscheidung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen. Sofern der Vertragsarzt von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, hat er diesen Antrag unverzüglich nach Kenntnis der abweichenden Beurteilung des MDK zu stellen. Ein solcher Widerspruch des behandelnden Vertragsarztes Dr. E. liegt nicht vor. Er war vielmehr - wie dargelegt - ebenfalls der Auffassung, der Kläger sei ab 16. März 2005 wieder arbeitsfähig.

e) Keinen Erfolg hat der Kläger mit seinem Vorbringen, Dr. E. habe - aus rechtlichen Gründen - den Wiedereingliederungsplan vom 04. April 2005 und damit auch die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit nicht "zurücknehmen" können. Ein Wiedereingliederungsplan und auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, mit dem eine Rechtsposition des Adressaten begründet werden kann. Der Vertragsarzt kann nicht an Stelle der Krankenkasse über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen Verwaltungsakte erlassen (BSG SozR 4-2500 § 46 Nr. 1). Denn das SGB V enthält keine Bestimmung, die es dem Vertragsarzt erlaubt, eine Rechtsentscheidung über die Leistungspflicht der Krankenkasse zu treffen. Die Krankenkasse muss lediglich im Rahmen der Therapiefreiheit liegende Behandlungsentscheidungen des Vertragsarztes gegen sich gelten lassen; das bedeutet aber nicht, dass der Vertragsarzt als Vertreter über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen zu befinden hat (BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 5). Das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nur eine von mehreren Voraussetzungen eines (aktiven, nicht ruhenden) Anspruchs auf Krankengeld. Die Arbeitsunfähigkeit selbst ist eine daneben nötige weitere Voraussetzung. Wird - wie hier - festgestellt, dass trotz Erteilung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, dann besteht auch kein Anspruch auf Krankengeld, unabhängig davon, ob der Arzt an seiner Einschätzung aus der Bescheinigung festhält oder nicht.

f) Der Senat war nicht gehalten, von Amts wegen ein Gutachten über die Arbeitsfähigkeit des Klägers im fraglichen Zeitraum einzuholen, nachdem Dres H. und M. in ihren Gutachten sowie der behandelnde Arzt Dr. E. in seiner Zeugenaussage übereinstimmend Arbeitsunfähigkeit verneint haben. Ebenso musste Dr. E. nicht mündlich vernommen werden, wie es der Kläger für sinnvoll hielt. Auch bei seiner schriftlichen Zeugenaussage vor dem SG stand er unter Wahrheitspflicht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Dr. E. falsch ausgesagt hat.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved