Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 P 1899/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2246/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hebt die Pflegekasse wegen tatsächlicher Änderung der Verhältnisse die früher erfolgte Bewilligung von Pflegegeld auf und nicht die danach erfolgte Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege, weil sie bei Erlass des Aufhebungsbescheids von der Bewilligung vollstationärer Pflege keine Kenntnis hatte, kann die Pflegekasse sich nicht darauf berufen, sie habe jedenfalls konkludent (auch) den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege aufgehoben.
Gegenstand eines Bewilligungsbescheids der Pflegekasse, der ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, ist nicht die Feststellung einer Pflegestufe, sondern die Bewilligung einer konkreten Leistung nach dem SGB XI.
Gegenstand eines Bewilligungsbescheids der Pflegekasse, der ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, ist nicht die Feststellung einer Pflegestufe, sondern die Bewilligung einer konkreten Leistung nach dem SGB XI.
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. April 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 aufgehoben.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I beanspruchen kann.
Die am 1924 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Rentnerin pflegepflichtversichert. Anfang 2006 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung beantragt, wobei sie auch (Sach-)Leistungen der Evangelischen Sozialstation M.-Süd in Anspruch genommen hatte. Die Beklagte erhob das am 06. März 2006 (Untersuchung am 10. Februar 2006) erstattete Gutachten der Pflegefachkraft B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), in dem als pflegebegründende Diagnose Bewegungseinschränkung des linken Armes bei Zustand nach in Fehlstellung verheilter Fraktur des Schlüsselbeins bei Linkshändigkeit mit Feinmotorikstörung der linken Hand genannt wurde. In dem Gutachten wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege mit 46 Minuten angenommen, nämlich 25 Minuten für die Körperpflege, zehn Minuten für die Ernährung und elf Minuten für die Mobilität. Eine Wiederholungsbegutachtung wurde für Februar 2007 empfohlen. Mit Bescheid vom 09. März 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin ab 01. Januar 2006 häusliche Pflegehilfe durch Vertragspartner nach Pflegestufe I im Umfang von monatlich EUR 384,00 oder entsprechendes Pflegegeld in Höhe von monatlich EUR 205,00. Die Beklagte unterrichtete auch die genannte Evangelische Sozialstation M.-Süd über die Bewilligung der entsprechenden häuslichen Pflegehilfe durch Vertragspartner.
Im Februar 2007 veranlasste die Beklagte eine Nachbegutachtung der Klägerin, woraufhin die Pflegefachkraft R. vom MDK das Gutachten vom 14. März 2007 (Untersuchung am 06. März 2007) erstattete. Darin wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege auf 24 Minuten (Körperpflege zehn Minuten, Ernährung zwei Minuten und Mobilität zwölf Minuten) geschätzt. Es wurde ausgeführt, im Vergleich zum Vorgutachten sei eine Stabilisierung des Zustands durch regelmäßige Krankengymnastik eingetreten. Die Zahnpflege und das Kämmen der Haare könne ohne Fremdhilfen bewältigt werden. Im Zusammenhang mit den Toilettengängen sei das Richten der Bekleidung wieder möglich. Die Klägerin ziehe sich derzeit mit großen Mühen am Abend selbst aus, besonders beim Entkleiden des Unterkörpers habe sie Schwierigkeiten, weshalb dabei Hilfen berücksichtigt würden. Weil sie beim Treppensteigen schon mehrmals gestürzt sei, seien hierfür begleitende Hilfen am Morgen und am Abend berücksichtigt worden, obwohl die Klägerin in der Regel ohne Begleitung die Treppen im häuslichen Umfeld überwinde. Unter Beifügung dieses Gutachtens teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 26. März 2007 dann mit, dass nach der am 06. März 2007 durchgeführten erneuten Untersuchung die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht mehr gegeben seien. Vor Einstellung der Pflegeleistung erhielt die Klägerin Gelegenheit, sich zu äußern. Falls bis zum 19. April 2007 keine Nachricht eingehe, werde die Pflegegeldleistung zum 30. April 2007 eingestellt. Im Rahmen dieser Anhörung äußerte sich die Klägerin. Sie reichte auch ein Pflegetagebuch ein. Sie machte geltend, aufgrund eines Sturzes auf der Treppe am 19. Juli 2007 stationär behandelt worden zu sein. Derzeit befinde sie sich im Psychiatrischen Zentrum N. und werde danach direkt in einem Pflegeheim untergebracht. Insoweit wurde die Klägerin ab 20. Juli 2007 im Psychiatrischen Zentrum N. stationär behandelt (vgl. Arztbrief der Chefärztin Dr. A.-P. vom 14. August 2007). Von dort aus wurde die Klägerin dann zur Heimaufnahme angemeldet (Schreiben vom 08. August 2007). Ab 15. August 2007 war die Klägerin dann bei vollstationärer Pflege im Haus St. der Senioren-Betreuung S. GmbH in S.-A. untergebracht. Mit Bescheid vom 24. September 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I seit 15. August 2007. Darüber wurde auch das Haus St. unterrichtet, wobei die Beklagte von den Heimkosten jeweils EUR 1.023,00 übernahm.
Im August 2007 hatte die Beklagte die erneute Untersuchung der Klägerin veranlasst. Daraufhin erstattete Pflegefachkraft E. am 23. November 2007 (Untersuchung am 23. Oktober 2007) ein weiteres Gutachten. Darin wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege mit 25 Minuten (Körperpflege 13 Minuten, Ernährung drei Minuten und Mobilität neun Minuten) eingeschätzt und ausgeführt, auch zum heutigen Zeitpunkt und nach nochmaliger Überprüfung seien die Kriterien einer Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) nicht mehr erfüllt. Mit Schreiben vom 26. November 2007 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, die Unterlagen seien im Rahmen des Anhörungsverfahrens erneut dem MDK zur Beurteilung vorgelegt worden. Nach dem beigefügten Gutachten sei erneut bestätigt worden, dass erhebliche Pflegebedürftigkeit nicht mehr vorliege. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Aussagen zum Hilfebedarf sei es nicht möglich, dem "Widerspruch abzuhelfen". Die Klägerin wurde um Mitteilung gebeten, ob sie ihren Widerspruch aufrecht erhalte und gegebenenfalls den weiteren Rechtsweg beschreiten wolle. Die Klägerin widersprach diesem Schreiben. Bei der Beklagten ging dazu auch ein Schreiben der Pflegedienstleitung des Hauses St. vom 21. Dezember 2007 ein, dem Pflegedokumentationen beigefügt waren. In diesem Schreiben wurde ausgeführt, die Ablehnung einer Leistung werde dem Bedarf an pflegerischer Versorgung nicht gerecht. Der Aufenthalt im Altenheim bedeute, dass die Klägerin sich nicht mehr selbst versorgen könne. Aus der Pflegeplanung für Dezember 2007 ergebe sich, dass mindestens 110 Minuten täglich erforderlich seien, um die Pflege sicherzustellen. Dazu äußerte sich ergänzend Pflegefachkraft E. unter dem 17. Januar 2008 dahin, ein Aufenthalt im Altenpflegeheim bedeute nicht, dass insoweit auch Pflegebedürftigkeit nach dem Gesetz vorliege. Die Dokumentation des Pflegeheims bestätige die notwendigen Teilhilfen im Gutachten vom 23. November 2007. Gesprächsführung gehöre zur allgemeinen Betreuung und könne im Pflegegutachten nicht geltend gemacht werden. In der Pflegedokumentation würden hierfür täglich 60 Minuten veranschlagt. Die Fingernägel würden nicht täglich geschnitten und diese Tätigkeit falle in den Rahmen des Duschens. Inkontinenz bestehe nicht, weswegen eine Teilwäsche am Abend nicht erforderlich sei. Das Richten der Medikamente mit Überwachung falle in den Rahmen der Behandlungspflege. Mit Bescheid vom 05. Februar 2008, der den Betreff "Aufhebung des Bescheides der DAK-Pflegekasse vom 09.03.2006 über Leistungen der Pflegestufe I zum 29.02.2008" aufwies, teilte die Beklagte der Schwiegertochter der Klägerin mit, der Bescheid vom 09. März 2006, mit welchem Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe der Pflegestufe I bewilligt worden seien, werde zum 29. Februar 2008 aufgehoben. Der Klägerin könne ab 01. März 2008 kein Pflegegeld mehr gezahlt werden. Grundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 09. März 2006 sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Im Gutachten vom 14. März 2007 sei festgestellt worden, dass damals ein wesentlich geringerer Hilfebedarf bestanden habe. Dies sei auch durch die weiteren MDK-Stellungnahmen vom 23. November 2007 und 17. Januar 2008 bestätigt worden. Die Abnahme des Hilfebedarfs führe dazu, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht mehr vorlägen. Dagegen legte die Klägerin am 08. April 2008 Widerspruch ein. Sie reichte folgende Unterlagen ein: Attest der Internistin G. vom 27. Februar 2008 sowie deren Schreiben an die Schwiegertochter der Klägerin vom 01. April 2008, Arztbrief des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 02. Oktober 2007 und Arztbrief der Dr. A.-P. vom 14. August 2007. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 14. Mai 2008 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Sie (die Beklagte) habe der Klägerin mit Bescheid vom 09. März 2006 Pflegeleistungen im Umfang der Pflegestufe I ab 01. Januar 2006 bewilligt, wobei Grundlage das Gutachten vom 08. (richtig 06.) März 2006 gewesen sei. Die Begutachtung am 06. März 2007 habe dann ergeben, dass sich der Hilfebedarf bei der Grundpflege wesentlich verringert habe und deshalb die Voraussetzungen für Pflegeleistungen nach Pflegestufe I nicht mehr vorlägen. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (hier: der Bewilligungsbescheid über die laufenden Pflegeleistungen) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Eine solche wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Vergleich zum Bewilligungszeitpunkt sei hier eingetreten. Eine erhebliche Pflegebedürftigkeit liege nicht mehr vor. Die Gutachten des MDK seien schlüssig. Danach habe sie (die Beklagte) am 05. Februar 2008 den maßgeblichen Bescheid vom 09. März 2006 zu Recht aufgehoben und zum 29. Februar 2008 die Leistungsgewährung im Umfang der Pflegestufe I beendet.
Deswegen erhob die Klägerin am 06. Juni 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Sie benannte die behandelnden Ärzte und machte geltend, ihr stünden ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen der Pflegestufe I zu. Von einer Besserung ihres Gesundheitszustands könne nicht die Rede sein. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sie (die Klägerin) nach einem schweren Sturz auf einer Treppe stationär behandelt worden und ab 15. August 2007 im Heim untergebracht sei, um dort die erforderliche Pflege zu gewährleisten. Das Gutachten vom 23. November 2007, das im Übrigen eine demenzbedingte Fähigkeitsstörung bestätige, spiegele ihren tatsächlichen Gesundheitszustand nicht wider. Sie (die Klägerin) sei verwirrt. Auch ergebe die Pflegeplanung im Heim, dass ein täglicher Pflegebedarf von 110 Minuten erforderlich sei. Die MDK-Pflegegutachten entsprächen auch nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, da sie nur von einer Pflegefachkraft erstellt worden seien. Auch die behandelnden Hausärzte seien nicht mit einbezogen worden, ebenso nicht der Pflegedienst sowie ihre sie pflegende Schwiegertochter.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG erhob die schriftliche Auskunft als sachverständige Zeugin der Internistin G. vom 07. Oktober 2007, auf die Bezug genommen wird. Ferner erstattete im Auftrag des SG Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Mu. am 11. November 2008 (Untersuchung am 06. November 2008) ein Sachverständigengutachten, in dem er als pflegebegründende Diagnosen eine leichte senile Demenz, Harndranginkontinenz und Gangstörungen nannte sowie einen täglichen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 24 Minuten annahm, nämlich 14 Minuten bei der Körperpflege und zehn Minuten bei der Mobilität. Gegen das Sachverständigengutachten des Dr. Mu. wandte die Klägerin ein, aufgrund ihrer Demenzerkrankung hätte sich die Beurteilung des Sachverständigen nicht allein auf ihre Angaben stützen dürfen. Es hätten im Hinblick auf die Demenzerkrankung vielmehr auch der Wohnbereichsleiter sowie die Pflegekräfte befragt werden müssen. Deren Angaben hätten bei der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit mit berücksichtigt werden müssen. Dazu äußerte sich der Sachverständige ergänzend unter dem 30. Dezember 2008 und verblieb bei seiner Beurteilung.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2009, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 29. April 2009 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es sei eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, mit der Folge, dass die ursprünglich mit Bescheid vom 09. März 2006 der Klägerin gewährten Leistungen der Pflegestufe I von der Beklagten zu Recht mit Wirkung zum 29. Februar 2008 aufgehoben seien. Das SG stützte sich auf das Sachverständigengutachten des Dr. Mu ... Auf die Gründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. Mai 2009 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin trägt erneut vor, der Sachverständige habe seiner Beurteilung lediglich die Pflegedokumentation zu Grunde gelegt. Das SG hätte sich jedoch veranlasst fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen, insbesondere durch Vernehmung der sie (die Klägerin) betreuenden Pflegekräfte. Dies müsse im Hinblick auf die durch die Demenzerkrankung verursachten Pflegeerschwernisse jetzt im Berufungsverfahren nachgeholt werden. Bis Februar 2008 habe die Beklagte von den Heimkosten monatlich EUR 1.023,00 getragen. Seit März 2008 sei sie (die Klägerin) nun mit den vollen Pflegeheimkosten belastet. Im Übrigen habe die Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 28. September 2009 ihren erneuten Leistungsantrag vom 26. August 2009 abgelehnt. Hiergegen habe sie Widerspruch erhoben.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. April 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, mit dem vorgelegten Bescheid vom 24. September 2007 habe sie der Klägerin ab 15. August 2007 Leistungen wegen vollstationärer Pflege bewilligt und diese auch bis zum 29. Februar 2008 bezahlt. Sie habe im Bescheid vom 05. Februar 2008 verfügt, dass der Bescheid vom 09. März 2006 zum 29. Februar 2008 aufgehoben worden sei. Dass sie in einem die Grundverfügung ergänzenden Satz dieses Bescheids als einzustellende Leistung "Pflegegeld" erwähnt habe, könne nicht dazu führen, dass dieser Bescheid nicht wirksam die Pflegestufe I aufgehoben habe. Sie habe unmissverständlich verfügt, dass keine Pflegeleistungen mehr gezahlt werden könnten, weil infolge der wesentlich geänderten tatsächlichen Verhältnisse im Pflegebedarf der Verwaltungsakt vom 09. März 2006 aufgehoben werde. Der Bescheid lasse durchaus erkennen, was sie (die Beklagte) habe verfügen wollen. Der Aufhebungsbescheid sei bestimmt und leide auch nicht an einem schwerwiegenden Fehler. Die Aufhebung beziehe sich auch auf den Anspruch auf vollstationäre Pflege nach § 43 SGB XI. Es komme unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07. Juli 2005 (B 3 P 8/04 R = SozR 4-1300 § 48 Nr. 6) auch nicht darauf an, dass sie im Bescheid vom 05. Februar 2008 sowie im Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2008 nicht den maßgebenden Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 aufgehoben habe. Es sei unschädlich, wenn der - formal - falsche Bescheid aufgehoben werde, sofern der mit der Aufhebung verfolgte Zweck für alle Beteiligten unmissverständlich erkennbar gewesen sei. Es könne keinen ernsthaften Zweifeln begegnen, dass im Hinblick auf den Regelungsgehalt des angefochtenen Widerspruchsbescheids für alle Beteiligten unmissverständlich klar gewesen sei, dass der Klägerin die Pflegestufe I insgesamt habe aberkannt werden sollen, unabhängig von ambulanten oder stationären Pflegeleistungen. Auch die Klägerin habe ihren Klageantrag und zunächst auch ihren Berufungsantrag lediglich allgemein auf Weitergewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I gerichtet. Die Unterscheidung zwischen den Leistungsarten (Pflegesachleistung oder vollstationäre Pflegeleistung) sei dagegen nicht in den Antrag aufgenommen worden. Dies belege, dass auch für die Klägerin eindeutig erkennbar gewesen sei, dass sie überhaupt keine Pflegeleistungen von der Beklagten mehr habe begehren können, sofern ihr die Pflegestufe I aberkannt werde. Die Beklagte hat auch die weiteren Unterlagen, den Neuantrag der Klägerin vom 26. August 2009 betreffend, eingereicht.
Der Berichterstatter des Senats hat die Pflegedokumentation des Hauses St. beigezogen sowie die Auskunft dorther vom 31. August 2009 eingeholt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Denn der Klägerin stehen ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI, bewilligt mit Bescheid vom 24. September 2007 (ab 15. August 2007), zu. Dieser Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 hat weiterhin Bestand. Er ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - mit dem angefochtenen Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 nicht wirksam (nach § 48 SGB X) aufgehoben worden. Mithin waren der Gerichtsbescheid sowie die angegriffenen Bescheide aufzuheben.
1. Streitgegenstand ist allein, ob der Klägerin ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI zustehen. Diese Leistungen der vollstationären Pflege, wobei die Beklagte bis zum 29. Februar 2008 den sich nach § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI ergebenden Betrag von EUR 1.023,00 übernommen hat, hat die Klägerin auch ab 01. März 2008 weiterhin in Anspruch genommen und die Pflegeheimkosten nun voll selbst bezahlt, was sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Hauses St. vom 26. Januar 2009 ergibt.
Dieser Anspruch auf Weitergewährung ist im Wege der (zuletzt aufrechterhaltenen) Anfechtungsklage durchzusetzen. Eine (zusätzlich) erhobene Leistungsklage wäre unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzinteresse fehlte (vgl. z.B. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 11). Denn mit der Aufhebung des Bescheids vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008, mit dem sich die Beklagte des Rechts der Einstellung der Leistungsgewährung berühmt, wären die Leistungen wegen vollstationärer Pflege ab 01. März 2008 weiterzugewähren, was auch einen entsprechenden Nachzahlungsanspruch der Klägerin für die Zeit ab 01. März 2008 begründen würde. Mithin ist hier zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht die Leistungsgewährung zum 29. Februar 2008 eingestellt hat.
Nicht Streitgegenstand ist der Bescheid vom 29. September 2009, mit dem die Beklagte den (erneuten) Antrag auf Leistungen wegen vollstationärer Pflege vom 26. August 2009 abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsbescheid war im Verhältnis zu den hier streitigen Aufhebungsbescheiden kein Bescheid nach § 96 SGG, wonach (Abs. 1 in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung) ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens wird, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Ablehnungsbescheid ersetzte nicht den Aufhebungsbescheid und änderte ihn auch nicht ab. Dieser Ablehnungsbescheid war daher nicht kraft Klage im Berufungsverfahren zu überprüfen.
2. Die (streitigen) Aufhebungsbescheide der Beklagten beruhen auf § 48 SGB X i.V. mit § 15 SGB XI. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Insoweit hat die Beklagte im Bescheid vom 05. Februar 2008 als verwaltungsverfahrensrechtliche Grundlage § 48 SGB X genannt, der auch im Widerspruchsbescheid aufgeführt wird. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI muss dabei der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.
Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach einer bestimmten Pflegestufe ist insoweit als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zu qualifizieren. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (vgl. z.B. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 6; SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich des Bescheids vom 24. September 2007 über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI erfüllt. Es ging darin um die Bewilligung einer Dauerleistung (vollstationäre Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI), die sich auf einen voraussichtlich mindestens sechs Monate andauernden, die Pflegebedürftigkeit auslösenden Gesundheitszustand bezog (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Diesen Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 über vollstationäre Pflege, nachdem zuvor aufgrund des Bescheids vom 09. März 2006 Geldleistung bzw. kombinierte Sach- und Geldleistung bei häuslicher Pflege gewährt worden war, hat die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 nicht wirksam aufgehoben. Die Beklagte hat, wie schon der Betreff des Bescheids vom 05. Februar 2008 eindeutig ergibt ("Aufhebung des Bescheides der DAK-Pflegekasse vom 09.03.2006 ..."), den Bescheid vom 09. März 2006 über die Bewilligung von Leistungen bei häuslicher Pflege (Pflegegeld oder kombinierte Geld- und Sachleistung) aufgehoben. Dies wird auch durch den Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2008 bestätigt, in dem sich ein Hinweis auf den Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 nicht findet. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 05. Februar 2008 und auch des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 war der Beklagten der Bescheid vom 24. September 2007, der sich im Übrigen auch nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befindet, überhaupt nicht bekannt, ebenso wenig dass sie der Klägerin Leistungen wegen stationärer Pflege bewilligt hatte. Denn die Beklagte hat noch zu Beginn des Berufungsverfahrens auf die Anfrage des Berichterstatters des Senats behauptet, es seien keine Bescheide über die Bewilligung stationärer Pflegeleistungen ab 15. August 2007 auffindbar (Schriftsatz vom 24. August 2009, Bl. 43 der LSG-Akte). Erst als das Haus St. auf Anfrage des Berichterstatters die entsprechende Mitteilung der Beklagten über die Bewilligung von vollstationärer Pflege vom 24. September 2007 vorgelegt hatte, hat die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 17. September 2009 (Bl. 53 der LSG-Akte) "nach nochmaliger Überprüfung und Recherche" eingeräumt, dass sie den Bescheid vom 24. September 2007 erlassen hat und hat diesen vorgelegt. Der Leistungsbescheid vom 09. März 2006 war schon aufgrund des neuen Leistungsbescheids vom 24. September 2007 über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege gegenstandslos geworden (§ 39 Abs. 2 SGB X), zumal seit 15. August 2007 auch keine häusliche Pflege mehr stattgefunden hat und demgemäß ab 15. August 2007 auch kein Pflegegeld mehr gezahlt worden war.
Die Beklagte kann sich auch nicht unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 07. Juli 2005 (B 3 P 8/04 R= SozR 4-1300 § 48 Nr. 6) darauf berufen, dass sie jedenfalls konkludent den Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 (auch) aufgehoben hat und lediglich den aufzuhebenden Bescheid falsch bezeichnet hat. Denn die angegriffenen Bescheide können nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch die Anordnung enthalten, die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe I wegen Unterschreitung der zeitlichen Untergrenze des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI ab 01. März 2008 aufzuheben und die Gewährung der Leistungen der vollstationären Pflege mit dem 29. Februar 2008 einzustellen. Dieser Wille, Leistungen der vollstationären Pflege nicht mehr gewähren zu wollen, war nicht erkennbar, weil - wie dargelegt - der Beklagten die entsprechende Bewilligung überhaupt nicht bekannt war und sie in dem Bescheid vom 05. Februar 2008 auch ausdrücklich ausführte, Pflegegeld könne nicht mehr gezahlt werden, obwohl Pflegegeld bereits seit 15. August 2007 nicht mehr gezahlt worden war. Insoweit kann Gegenstand eines Aufhebungsbescheids nach § 48 SGB X nur die Entziehung einer Leistung, nicht aber die "Aberkennung einer Pflegestufe" sein, zumal die unterschiedlichen Leistungen der Pflegeversicherung, abgesehen vom Vorliegen einer Pflegestufe, jeweils unterschiedliche weitere Leistungsvoraussetzungen haben. Gegenstand eines Bewilligungsbescheids der Pflegekassen ist nicht die Feststellung einer Pflegestufe, sondern die Bewilligung einer konkreten Leistung, wie dies auch mit dem Bescheid vom 24. September 2007 hinsichtlich der Leistungen der vollstationären Pflege erfolgte. Dass die Voraussetzungen einer bestimmten Pflegestufe vorliegen, ist nur Element der Begründung. Eine bloße Feststellung wäre als Elementenfeststellung unzulässig.
3. Im Übrigen würde sich der Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008, abgesehen von der fehlenden Aufhebung des maßgebenden Bewilligungsbescheids, auch nicht im Ergebnis als rechtmäßig erweisen.
Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 24. September 2007 vorgelegen haben, als die Beklagte über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe I ab 15. August 2007 entschieden hat und damit die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft hatte. Denn dies setzte die Prüfung voraus, ob die Voraussetzungen des § 43 SGB XI, also u.a. auch, ob die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorgelegen haben. Dagegen war nicht, was die Beklagte ersichtlich getan hat, auf die tatsächlichen Verhältnisse als Vergleichsgrundlage zurückzugreifen, die bei der Bewilligung von Leistungen bei häuslicher Pflege ab 01. Januar 2006 (Bescheid vom 09. März 2006) vorgelegen haben. Im Vergleich zu den im August und September 2007 vorliegenden hier maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen vermag der Senat nicht festzustellen, dass danach eine wesentliche Verminderung des täglichen Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege eingetreten ist. Denn im Hinblick auf die MDK-Gutachten der Pflegefachkraft R. vom 14. März 2007 (Untersuchung am 06. März 2007) mit einem täglichen Grundpflegebedarf von 24 Minuten und der Pflegefachkraft E. vom 23. November 2007 (Untersuchung am 23. Oktober 2007, also nach Aufnahme im Pflegeheim und Beginn der vollstationären Pflege) mit einem täglichen Grundpflegebedarf von 25 Minuten, der durch die Stellungnahme vom 17. Januar 2008 bestätigt wurde, geht der Senat davon aus, dass bereits im August/September 2007 der tägliche Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei weitem nicht mehr erfüllt war. Der Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten war danach nicht etwa nur um wenige Minuten unterschritten. Im Vergleich zu den im August und September 2007 vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen vermag der Senat daher keine wesentliche Verminderung des Hilfebedarfs festzustellen. Auf diesen Standpunkt hatte sich die Beklagte im Übrigen auch schon im Rahmen des früheren Anhörungsverfahrens (Schreiben vom 26. März 2007) gestellt. Darauf, dass schon bei der Erstbegutachtung durch Pflegefachkraft B. (Gutachten vom 06. März 2006) der tatsächliche Hilfebedarf bei der Grundpflege nur gerade bei 46 Minuten festgestellt worden war, kommt es nicht an, denn dieses Gutachten war hier, wie dargelegt, nicht als Vergleichsmaßstab bei der Prüfung einer wesentlichen Verminderung des Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege heranzuziehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I beanspruchen kann.
Die am 1924 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als Rentnerin pflegepflichtversichert. Anfang 2006 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung beantragt, wobei sie auch (Sach-)Leistungen der Evangelischen Sozialstation M.-Süd in Anspruch genommen hatte. Die Beklagte erhob das am 06. März 2006 (Untersuchung am 10. Februar 2006) erstattete Gutachten der Pflegefachkraft B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), in dem als pflegebegründende Diagnose Bewegungseinschränkung des linken Armes bei Zustand nach in Fehlstellung verheilter Fraktur des Schlüsselbeins bei Linkshändigkeit mit Feinmotorikstörung der linken Hand genannt wurde. In dem Gutachten wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege mit 46 Minuten angenommen, nämlich 25 Minuten für die Körperpflege, zehn Minuten für die Ernährung und elf Minuten für die Mobilität. Eine Wiederholungsbegutachtung wurde für Februar 2007 empfohlen. Mit Bescheid vom 09. März 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin ab 01. Januar 2006 häusliche Pflegehilfe durch Vertragspartner nach Pflegestufe I im Umfang von monatlich EUR 384,00 oder entsprechendes Pflegegeld in Höhe von monatlich EUR 205,00. Die Beklagte unterrichtete auch die genannte Evangelische Sozialstation M.-Süd über die Bewilligung der entsprechenden häuslichen Pflegehilfe durch Vertragspartner.
Im Februar 2007 veranlasste die Beklagte eine Nachbegutachtung der Klägerin, woraufhin die Pflegefachkraft R. vom MDK das Gutachten vom 14. März 2007 (Untersuchung am 06. März 2007) erstattete. Darin wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege auf 24 Minuten (Körperpflege zehn Minuten, Ernährung zwei Minuten und Mobilität zwölf Minuten) geschätzt. Es wurde ausgeführt, im Vergleich zum Vorgutachten sei eine Stabilisierung des Zustands durch regelmäßige Krankengymnastik eingetreten. Die Zahnpflege und das Kämmen der Haare könne ohne Fremdhilfen bewältigt werden. Im Zusammenhang mit den Toilettengängen sei das Richten der Bekleidung wieder möglich. Die Klägerin ziehe sich derzeit mit großen Mühen am Abend selbst aus, besonders beim Entkleiden des Unterkörpers habe sie Schwierigkeiten, weshalb dabei Hilfen berücksichtigt würden. Weil sie beim Treppensteigen schon mehrmals gestürzt sei, seien hierfür begleitende Hilfen am Morgen und am Abend berücksichtigt worden, obwohl die Klägerin in der Regel ohne Begleitung die Treppen im häuslichen Umfeld überwinde. Unter Beifügung dieses Gutachtens teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 26. März 2007 dann mit, dass nach der am 06. März 2007 durchgeführten erneuten Untersuchung die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht mehr gegeben seien. Vor Einstellung der Pflegeleistung erhielt die Klägerin Gelegenheit, sich zu äußern. Falls bis zum 19. April 2007 keine Nachricht eingehe, werde die Pflegegeldleistung zum 30. April 2007 eingestellt. Im Rahmen dieser Anhörung äußerte sich die Klägerin. Sie reichte auch ein Pflegetagebuch ein. Sie machte geltend, aufgrund eines Sturzes auf der Treppe am 19. Juli 2007 stationär behandelt worden zu sein. Derzeit befinde sie sich im Psychiatrischen Zentrum N. und werde danach direkt in einem Pflegeheim untergebracht. Insoweit wurde die Klägerin ab 20. Juli 2007 im Psychiatrischen Zentrum N. stationär behandelt (vgl. Arztbrief der Chefärztin Dr. A.-P. vom 14. August 2007). Von dort aus wurde die Klägerin dann zur Heimaufnahme angemeldet (Schreiben vom 08. August 2007). Ab 15. August 2007 war die Klägerin dann bei vollstationärer Pflege im Haus St. der Senioren-Betreuung S. GmbH in S.-A. untergebracht. Mit Bescheid vom 24. September 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I seit 15. August 2007. Darüber wurde auch das Haus St. unterrichtet, wobei die Beklagte von den Heimkosten jeweils EUR 1.023,00 übernahm.
Im August 2007 hatte die Beklagte die erneute Untersuchung der Klägerin veranlasst. Daraufhin erstattete Pflegefachkraft E. am 23. November 2007 (Untersuchung am 23. Oktober 2007) ein weiteres Gutachten. Darin wurde der tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege mit 25 Minuten (Körperpflege 13 Minuten, Ernährung drei Minuten und Mobilität neun Minuten) eingeschätzt und ausgeführt, auch zum heutigen Zeitpunkt und nach nochmaliger Überprüfung seien die Kriterien einer Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) nicht mehr erfüllt. Mit Schreiben vom 26. November 2007 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, die Unterlagen seien im Rahmen des Anhörungsverfahrens erneut dem MDK zur Beurteilung vorgelegt worden. Nach dem beigefügten Gutachten sei erneut bestätigt worden, dass erhebliche Pflegebedürftigkeit nicht mehr vorliege. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Aussagen zum Hilfebedarf sei es nicht möglich, dem "Widerspruch abzuhelfen". Die Klägerin wurde um Mitteilung gebeten, ob sie ihren Widerspruch aufrecht erhalte und gegebenenfalls den weiteren Rechtsweg beschreiten wolle. Die Klägerin widersprach diesem Schreiben. Bei der Beklagten ging dazu auch ein Schreiben der Pflegedienstleitung des Hauses St. vom 21. Dezember 2007 ein, dem Pflegedokumentationen beigefügt waren. In diesem Schreiben wurde ausgeführt, die Ablehnung einer Leistung werde dem Bedarf an pflegerischer Versorgung nicht gerecht. Der Aufenthalt im Altenheim bedeute, dass die Klägerin sich nicht mehr selbst versorgen könne. Aus der Pflegeplanung für Dezember 2007 ergebe sich, dass mindestens 110 Minuten täglich erforderlich seien, um die Pflege sicherzustellen. Dazu äußerte sich ergänzend Pflegefachkraft E. unter dem 17. Januar 2008 dahin, ein Aufenthalt im Altenpflegeheim bedeute nicht, dass insoweit auch Pflegebedürftigkeit nach dem Gesetz vorliege. Die Dokumentation des Pflegeheims bestätige die notwendigen Teilhilfen im Gutachten vom 23. November 2007. Gesprächsführung gehöre zur allgemeinen Betreuung und könne im Pflegegutachten nicht geltend gemacht werden. In der Pflegedokumentation würden hierfür täglich 60 Minuten veranschlagt. Die Fingernägel würden nicht täglich geschnitten und diese Tätigkeit falle in den Rahmen des Duschens. Inkontinenz bestehe nicht, weswegen eine Teilwäsche am Abend nicht erforderlich sei. Das Richten der Medikamente mit Überwachung falle in den Rahmen der Behandlungspflege. Mit Bescheid vom 05. Februar 2008, der den Betreff "Aufhebung des Bescheides der DAK-Pflegekasse vom 09.03.2006 über Leistungen der Pflegestufe I zum 29.02.2008" aufwies, teilte die Beklagte der Schwiegertochter der Klägerin mit, der Bescheid vom 09. März 2006, mit welchem Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe der Pflegestufe I bewilligt worden seien, werde zum 29. Februar 2008 aufgehoben. Der Klägerin könne ab 01. März 2008 kein Pflegegeld mehr gezahlt werden. Grundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 09. März 2006 sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Im Gutachten vom 14. März 2007 sei festgestellt worden, dass damals ein wesentlich geringerer Hilfebedarf bestanden habe. Dies sei auch durch die weiteren MDK-Stellungnahmen vom 23. November 2007 und 17. Januar 2008 bestätigt worden. Die Abnahme des Hilfebedarfs führe dazu, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht mehr vorlägen. Dagegen legte die Klägerin am 08. April 2008 Widerspruch ein. Sie reichte folgende Unterlagen ein: Attest der Internistin G. vom 27. Februar 2008 sowie deren Schreiben an die Schwiegertochter der Klägerin vom 01. April 2008, Arztbrief des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 02. Oktober 2007 und Arztbrief der Dr. A.-P. vom 14. August 2007. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 14. Mai 2008 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Sie (die Beklagte) habe der Klägerin mit Bescheid vom 09. März 2006 Pflegeleistungen im Umfang der Pflegestufe I ab 01. Januar 2006 bewilligt, wobei Grundlage das Gutachten vom 08. (richtig 06.) März 2006 gewesen sei. Die Begutachtung am 06. März 2007 habe dann ergeben, dass sich der Hilfebedarf bei der Grundpflege wesentlich verringert habe und deshalb die Voraussetzungen für Pflegeleistungen nach Pflegestufe I nicht mehr vorlägen. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (hier: der Bewilligungsbescheid über die laufenden Pflegeleistungen) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Eine solche wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Vergleich zum Bewilligungszeitpunkt sei hier eingetreten. Eine erhebliche Pflegebedürftigkeit liege nicht mehr vor. Die Gutachten des MDK seien schlüssig. Danach habe sie (die Beklagte) am 05. Februar 2008 den maßgeblichen Bescheid vom 09. März 2006 zu Recht aufgehoben und zum 29. Februar 2008 die Leistungsgewährung im Umfang der Pflegestufe I beendet.
Deswegen erhob die Klägerin am 06. Juni 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Sie benannte die behandelnden Ärzte und machte geltend, ihr stünden ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen der Pflegestufe I zu. Von einer Besserung ihres Gesundheitszustands könne nicht die Rede sein. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sie (die Klägerin) nach einem schweren Sturz auf einer Treppe stationär behandelt worden und ab 15. August 2007 im Heim untergebracht sei, um dort die erforderliche Pflege zu gewährleisten. Das Gutachten vom 23. November 2007, das im Übrigen eine demenzbedingte Fähigkeitsstörung bestätige, spiegele ihren tatsächlichen Gesundheitszustand nicht wider. Sie (die Klägerin) sei verwirrt. Auch ergebe die Pflegeplanung im Heim, dass ein täglicher Pflegebedarf von 110 Minuten erforderlich sei. Die MDK-Pflegegutachten entsprächen auch nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, da sie nur von einer Pflegefachkraft erstellt worden seien. Auch die behandelnden Hausärzte seien nicht mit einbezogen worden, ebenso nicht der Pflegedienst sowie ihre sie pflegende Schwiegertochter.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG erhob die schriftliche Auskunft als sachverständige Zeugin der Internistin G. vom 07. Oktober 2007, auf die Bezug genommen wird. Ferner erstattete im Auftrag des SG Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Mu. am 11. November 2008 (Untersuchung am 06. November 2008) ein Sachverständigengutachten, in dem er als pflegebegründende Diagnosen eine leichte senile Demenz, Harndranginkontinenz und Gangstörungen nannte sowie einen täglichen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 24 Minuten annahm, nämlich 14 Minuten bei der Körperpflege und zehn Minuten bei der Mobilität. Gegen das Sachverständigengutachten des Dr. Mu. wandte die Klägerin ein, aufgrund ihrer Demenzerkrankung hätte sich die Beurteilung des Sachverständigen nicht allein auf ihre Angaben stützen dürfen. Es hätten im Hinblick auf die Demenzerkrankung vielmehr auch der Wohnbereichsleiter sowie die Pflegekräfte befragt werden müssen. Deren Angaben hätten bei der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit mit berücksichtigt werden müssen. Dazu äußerte sich der Sachverständige ergänzend unter dem 30. Dezember 2008 und verblieb bei seiner Beurteilung.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2009, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 29. April 2009 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es sei eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, mit der Folge, dass die ursprünglich mit Bescheid vom 09. März 2006 der Klägerin gewährten Leistungen der Pflegestufe I von der Beklagten zu Recht mit Wirkung zum 29. Februar 2008 aufgehoben seien. Das SG stützte sich auf das Sachverständigengutachten des Dr. Mu ... Auf die Gründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. Mai 2009 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin trägt erneut vor, der Sachverständige habe seiner Beurteilung lediglich die Pflegedokumentation zu Grunde gelegt. Das SG hätte sich jedoch veranlasst fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen, insbesondere durch Vernehmung der sie (die Klägerin) betreuenden Pflegekräfte. Dies müsse im Hinblick auf die durch die Demenzerkrankung verursachten Pflegeerschwernisse jetzt im Berufungsverfahren nachgeholt werden. Bis Februar 2008 habe die Beklagte von den Heimkosten monatlich EUR 1.023,00 getragen. Seit März 2008 sei sie (die Klägerin) nun mit den vollen Pflegeheimkosten belastet. Im Übrigen habe die Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 28. September 2009 ihren erneuten Leistungsantrag vom 26. August 2009 abgelehnt. Hiergegen habe sie Widerspruch erhoben.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. April 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, mit dem vorgelegten Bescheid vom 24. September 2007 habe sie der Klägerin ab 15. August 2007 Leistungen wegen vollstationärer Pflege bewilligt und diese auch bis zum 29. Februar 2008 bezahlt. Sie habe im Bescheid vom 05. Februar 2008 verfügt, dass der Bescheid vom 09. März 2006 zum 29. Februar 2008 aufgehoben worden sei. Dass sie in einem die Grundverfügung ergänzenden Satz dieses Bescheids als einzustellende Leistung "Pflegegeld" erwähnt habe, könne nicht dazu führen, dass dieser Bescheid nicht wirksam die Pflegestufe I aufgehoben habe. Sie habe unmissverständlich verfügt, dass keine Pflegeleistungen mehr gezahlt werden könnten, weil infolge der wesentlich geänderten tatsächlichen Verhältnisse im Pflegebedarf der Verwaltungsakt vom 09. März 2006 aufgehoben werde. Der Bescheid lasse durchaus erkennen, was sie (die Beklagte) habe verfügen wollen. Der Aufhebungsbescheid sei bestimmt und leide auch nicht an einem schwerwiegenden Fehler. Die Aufhebung beziehe sich auch auf den Anspruch auf vollstationäre Pflege nach § 43 SGB XI. Es komme unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07. Juli 2005 (B 3 P 8/04 R = SozR 4-1300 § 48 Nr. 6) auch nicht darauf an, dass sie im Bescheid vom 05. Februar 2008 sowie im Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2008 nicht den maßgebenden Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 aufgehoben habe. Es sei unschädlich, wenn der - formal - falsche Bescheid aufgehoben werde, sofern der mit der Aufhebung verfolgte Zweck für alle Beteiligten unmissverständlich erkennbar gewesen sei. Es könne keinen ernsthaften Zweifeln begegnen, dass im Hinblick auf den Regelungsgehalt des angefochtenen Widerspruchsbescheids für alle Beteiligten unmissverständlich klar gewesen sei, dass der Klägerin die Pflegestufe I insgesamt habe aberkannt werden sollen, unabhängig von ambulanten oder stationären Pflegeleistungen. Auch die Klägerin habe ihren Klageantrag und zunächst auch ihren Berufungsantrag lediglich allgemein auf Weitergewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I gerichtet. Die Unterscheidung zwischen den Leistungsarten (Pflegesachleistung oder vollstationäre Pflegeleistung) sei dagegen nicht in den Antrag aufgenommen worden. Dies belege, dass auch für die Klägerin eindeutig erkennbar gewesen sei, dass sie überhaupt keine Pflegeleistungen von der Beklagten mehr habe begehren können, sofern ihr die Pflegestufe I aberkannt werde. Die Beklagte hat auch die weiteren Unterlagen, den Neuantrag der Klägerin vom 26. August 2009 betreffend, eingereicht.
Der Berichterstatter des Senats hat die Pflegedokumentation des Hauses St. beigezogen sowie die Auskunft dorther vom 31. August 2009 eingeholt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Denn der Klägerin stehen ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI, bewilligt mit Bescheid vom 24. September 2007 (ab 15. August 2007), zu. Dieser Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 hat weiterhin Bestand. Er ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - mit dem angefochtenen Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 nicht wirksam (nach § 48 SGB X) aufgehoben worden. Mithin waren der Gerichtsbescheid sowie die angegriffenen Bescheide aufzuheben.
1. Streitgegenstand ist allein, ob der Klägerin ab 01. März 2008 weiterhin Leistungen wegen vollstationärer Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI zustehen. Diese Leistungen der vollstationären Pflege, wobei die Beklagte bis zum 29. Februar 2008 den sich nach § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI ergebenden Betrag von EUR 1.023,00 übernommen hat, hat die Klägerin auch ab 01. März 2008 weiterhin in Anspruch genommen und die Pflegeheimkosten nun voll selbst bezahlt, was sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Hauses St. vom 26. Januar 2009 ergibt.
Dieser Anspruch auf Weitergewährung ist im Wege der (zuletzt aufrechterhaltenen) Anfechtungsklage durchzusetzen. Eine (zusätzlich) erhobene Leistungsklage wäre unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzinteresse fehlte (vgl. z.B. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 11). Denn mit der Aufhebung des Bescheids vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008, mit dem sich die Beklagte des Rechts der Einstellung der Leistungsgewährung berühmt, wären die Leistungen wegen vollstationärer Pflege ab 01. März 2008 weiterzugewähren, was auch einen entsprechenden Nachzahlungsanspruch der Klägerin für die Zeit ab 01. März 2008 begründen würde. Mithin ist hier zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht die Leistungsgewährung zum 29. Februar 2008 eingestellt hat.
Nicht Streitgegenstand ist der Bescheid vom 29. September 2009, mit dem die Beklagte den (erneuten) Antrag auf Leistungen wegen vollstationärer Pflege vom 26. August 2009 abgelehnt hat. Dieser Ablehnungsbescheid war im Verhältnis zu den hier streitigen Aufhebungsbescheiden kein Bescheid nach § 96 SGG, wonach (Abs. 1 in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung) ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens wird, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Ablehnungsbescheid ersetzte nicht den Aufhebungsbescheid und änderte ihn auch nicht ab. Dieser Ablehnungsbescheid war daher nicht kraft Klage im Berufungsverfahren zu überprüfen.
2. Die (streitigen) Aufhebungsbescheide der Beklagten beruhen auf § 48 SGB X i.V. mit § 15 SGB XI. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Insoweit hat die Beklagte im Bescheid vom 05. Februar 2008 als verwaltungsverfahrensrechtliche Grundlage § 48 SGB X genannt, der auch im Widerspruchsbescheid aufgeführt wird. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI muss dabei der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.
Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach einer bestimmten Pflegestufe ist insoweit als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zu qualifizieren. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (vgl. z.B. BSG SozR 1300 § 45 Nr. 6; SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich des Bescheids vom 24. September 2007 über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI erfüllt. Es ging darin um die Bewilligung einer Dauerleistung (vollstationäre Pflege nach Pflegestufe I nach § 43 SGB XI), die sich auf einen voraussichtlich mindestens sechs Monate andauernden, die Pflegebedürftigkeit auslösenden Gesundheitszustand bezog (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Diesen Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 über vollstationäre Pflege, nachdem zuvor aufgrund des Bescheids vom 09. März 2006 Geldleistung bzw. kombinierte Sach- und Geldleistung bei häuslicher Pflege gewährt worden war, hat die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 nicht wirksam aufgehoben. Die Beklagte hat, wie schon der Betreff des Bescheids vom 05. Februar 2008 eindeutig ergibt ("Aufhebung des Bescheides der DAK-Pflegekasse vom 09.03.2006 ..."), den Bescheid vom 09. März 2006 über die Bewilligung von Leistungen bei häuslicher Pflege (Pflegegeld oder kombinierte Geld- und Sachleistung) aufgehoben. Dies wird auch durch den Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2008 bestätigt, in dem sich ein Hinweis auf den Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 nicht findet. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 05. Februar 2008 und auch des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008 war der Beklagten der Bescheid vom 24. September 2007, der sich im Übrigen auch nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befindet, überhaupt nicht bekannt, ebenso wenig dass sie der Klägerin Leistungen wegen stationärer Pflege bewilligt hatte. Denn die Beklagte hat noch zu Beginn des Berufungsverfahrens auf die Anfrage des Berichterstatters des Senats behauptet, es seien keine Bescheide über die Bewilligung stationärer Pflegeleistungen ab 15. August 2007 auffindbar (Schriftsatz vom 24. August 2009, Bl. 43 der LSG-Akte). Erst als das Haus St. auf Anfrage des Berichterstatters die entsprechende Mitteilung der Beklagten über die Bewilligung von vollstationärer Pflege vom 24. September 2007 vorgelegt hatte, hat die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 17. September 2009 (Bl. 53 der LSG-Akte) "nach nochmaliger Überprüfung und Recherche" eingeräumt, dass sie den Bescheid vom 24. September 2007 erlassen hat und hat diesen vorgelegt. Der Leistungsbescheid vom 09. März 2006 war schon aufgrund des neuen Leistungsbescheids vom 24. September 2007 über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege gegenstandslos geworden (§ 39 Abs. 2 SGB X), zumal seit 15. August 2007 auch keine häusliche Pflege mehr stattgefunden hat und demgemäß ab 15. August 2007 auch kein Pflegegeld mehr gezahlt worden war.
Die Beklagte kann sich auch nicht unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 07. Juli 2005 (B 3 P 8/04 R= SozR 4-1300 § 48 Nr. 6) darauf berufen, dass sie jedenfalls konkludent den Bewilligungsbescheid vom 24. September 2007 (auch) aufgehoben hat und lediglich den aufzuhebenden Bescheid falsch bezeichnet hat. Denn die angegriffenen Bescheide können nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch die Anordnung enthalten, die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe I wegen Unterschreitung der zeitlichen Untergrenze des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI ab 01. März 2008 aufzuheben und die Gewährung der Leistungen der vollstationären Pflege mit dem 29. Februar 2008 einzustellen. Dieser Wille, Leistungen der vollstationären Pflege nicht mehr gewähren zu wollen, war nicht erkennbar, weil - wie dargelegt - der Beklagten die entsprechende Bewilligung überhaupt nicht bekannt war und sie in dem Bescheid vom 05. Februar 2008 auch ausdrücklich ausführte, Pflegegeld könne nicht mehr gezahlt werden, obwohl Pflegegeld bereits seit 15. August 2007 nicht mehr gezahlt worden war. Insoweit kann Gegenstand eines Aufhebungsbescheids nach § 48 SGB X nur die Entziehung einer Leistung, nicht aber die "Aberkennung einer Pflegestufe" sein, zumal die unterschiedlichen Leistungen der Pflegeversicherung, abgesehen vom Vorliegen einer Pflegestufe, jeweils unterschiedliche weitere Leistungsvoraussetzungen haben. Gegenstand eines Bewilligungsbescheids der Pflegekassen ist nicht die Feststellung einer Pflegestufe, sondern die Bewilligung einer konkreten Leistung, wie dies auch mit dem Bescheid vom 24. September 2007 hinsichtlich der Leistungen der vollstationären Pflege erfolgte. Dass die Voraussetzungen einer bestimmten Pflegestufe vorliegen, ist nur Element der Begründung. Eine bloße Feststellung wäre als Elementenfeststellung unzulässig.
3. Im Übrigen würde sich der Bescheid vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2008, abgesehen von der fehlenden Aufhebung des maßgebenden Bewilligungsbescheids, auch nicht im Ergebnis als rechtmäßig erweisen.
Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 24. September 2007 vorgelegen haben, als die Beklagte über die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe I ab 15. August 2007 entschieden hat und damit die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft hatte. Denn dies setzte die Prüfung voraus, ob die Voraussetzungen des § 43 SGB XI, also u.a. auch, ob die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorgelegen haben. Dagegen war nicht, was die Beklagte ersichtlich getan hat, auf die tatsächlichen Verhältnisse als Vergleichsgrundlage zurückzugreifen, die bei der Bewilligung von Leistungen bei häuslicher Pflege ab 01. Januar 2006 (Bescheid vom 09. März 2006) vorgelegen haben. Im Vergleich zu den im August und September 2007 vorliegenden hier maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen vermag der Senat nicht festzustellen, dass danach eine wesentliche Verminderung des täglichen Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege eingetreten ist. Denn im Hinblick auf die MDK-Gutachten der Pflegefachkraft R. vom 14. März 2007 (Untersuchung am 06. März 2007) mit einem täglichen Grundpflegebedarf von 24 Minuten und der Pflegefachkraft E. vom 23. November 2007 (Untersuchung am 23. Oktober 2007, also nach Aufnahme im Pflegeheim und Beginn der vollstationären Pflege) mit einem täglichen Grundpflegebedarf von 25 Minuten, der durch die Stellungnahme vom 17. Januar 2008 bestätigt wurde, geht der Senat davon aus, dass bereits im August/September 2007 der tägliche Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei weitem nicht mehr erfüllt war. Der Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten war danach nicht etwa nur um wenige Minuten unterschritten. Im Vergleich zu den im August und September 2007 vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen vermag der Senat daher keine wesentliche Verminderung des Hilfebedarfs festzustellen. Auf diesen Standpunkt hatte sich die Beklagte im Übrigen auch schon im Rahmen des früheren Anhörungsverfahrens (Schreiben vom 26. März 2007) gestellt. Darauf, dass schon bei der Erstbegutachtung durch Pflegefachkraft B. (Gutachten vom 06. März 2006) der tatsächliche Hilfebedarf bei der Grundpflege nur gerade bei 46 Minuten festgestellt worden war, kommt es nicht an, denn dieses Gutachten war hier, wie dargelegt, nicht als Vergleichsmaßstab bei der Prüfung einer wesentlichen Verminderung des Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege heranzuziehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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