Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 3408/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Arbeitnehmer, der mit Erlaubnis seines Arbeitgebers in einer Arbeitspause seine Ehefrau von der 5 km entfernten Wohnung abholt, um sie zur Arbeit bei demselben Arbeitgeber zu bringen, steht nicht unter Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Feststellung eines Unfalls des Klägers als versicherter Arbeitsunfall.
Der als Lkw-Fahrer bei einer Gesellschaft für Abfallwirtschaft beschäftigte Kläger erlitt am 04.05.2006 um 4.50 Uhr auf dem Weg vom Arbeitsplatz nach Hause einen Autounfall mit erheblichen Verletzungen, als er vor Schichtende (Schicht von 22.00 Uhr des Vortages bis 6.00 Uhr des Unfalltages) mit Erlaubnis des Arbeitgebers nach Hause fuhr, um seine Ehefrau, die bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war, zur Arbeit abzuholen. Gegenüber der Beklagten gab er an, er habe die Arbeitsstätte um 4.45 Uhr verlassen. Für die Wegstrecke, die er auch gewöhnlich nehme, von 5 km Länge benötige er mit dem Auto zehn Minuten. Die Arbeitgeberin bestätigte gegenüber der Beklagten, dass der Kläger die Erlaubnis habe, in der Nachtschicht die Arbeitsstätte während der Arbeitszeit zu verlassen, um seine Frau zur Frühschicht (ab 5.30 Uhr) von zu Hause abzuholen.
Mit Bescheid vom 02.11.2006 und Widerspruchsbescheid vom 27.06.2008 lehnte die Beklagte die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfall-versicherung aus Anlass des Ereignisses vom 04.05.2006 ab, weil ein versicherter Wegeunfall nicht vorliege. Der Kläger habe seine versicherte Tätigkeit im Unternehmen unterbrochen, um seine Frau von zu Hause abzuholen. Erst nach geplanter Rückkehr zur Firma habe er seine Tätigkeit wieder aufnehmen sollen. Das Abholen der Ehefrau habe nicht im direkten Zusammenhang mit seiner Beschäftigung gestanden, sondern sei allein privat motiviert gewesen. Er habe daher für die Dauer des Weges nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Der Weg habe nicht im Zusammenhang mit einer Arbeitspause zu Hause zur Erholung oder Nahrungsaufnahme zur Erhaltung der Arbeitskraft gestanden. Die Notwendigkeit des Weges habe sich ebenfalls nicht aus Rechten und Pflichten im Rahmen der Einordnung des Klägers in den Betrieb ergeben. Auch sonstige betriebsbedingte Gründe für den Antritt des Weges seien nicht angegeben worden. Die Unterbrechung der versicherten Tätigkeit am Arbeitsplatz sei nicht als geringfügig zu werten, da die Fahrt (Hin- und Rückweg) insgesamt mindestens 15 bis 20 Minuten in Anspruch genommen hätte und die einfache räumliche Entfernung 5 km betrage.
Der Kläger hat am 31.07.2008 Klage erhoben. Er trägt vor, aufgrund der Genehmigung des Arbeitgebers müsse man von einer betrieblich angeordneten Fahrt sprechen. Da er seine Ehefrau zur Arbeit habe abholen wollen, habe er nicht aus eigenwirtschaftlichen Gründen gehandelt, sondern auch für seinen Arbeitgeber. Sein Fall sei entsprechend einer Entscheidung des LSG Hessen vom 06.03.1985 zu behandeln, wonach ein Versicherter, der während einer eigenmächtig in Anspruch genommenen Arbeitspause, die betrieblich nicht vorgesehen sei, aber vom Arbeitgeber stillschweigend geduldet werde, außerhalb des Betriebsgeländes Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz besorge, auf diesem Wege unter Versicherungsschutz stehe. Eine Unterbrechung von zehn Minuten sei auch als lediglich kurzfristig zu bezeichnen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 02.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund des als Arbeitsunfall zu qualifi-zierenden Unfalls vom 04.05.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ein-verstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogene Verwaltungsakte sowie das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage auf Vorliegen eines Arbeitsunfalls gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Eine Leistungsklage liegt nicht vor. Der Kläger hat zwar die Entschädigung des erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall beantragt. Eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG wollte er damit aber ersichtlich nicht erheben; denn er hat keine konkreten Leis-tungsansprüche geltend gemacht und für den Erlass eines allgemein auf "Entschädi-gung" gerichteten Grundurteils bietet das Gesetz keine Handhabe (vgl. Urteil des BSG vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R).
Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt.
Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Um eine solche versicherte Tätigkeit des Klägers hat es sich bei der zum Unfall führenden Fahrt vom 04.05.2006 nicht gehandelt.
Die Zurücklegung eines betrieblichen Weges, also ein Weg während der Ausübung der versicherten Tätigkeit, ist bereits deswegen nicht für die Fahrt des Klägers anzu-nehmen, weil er - auch nach eigener Darstellung - seine Arbeit unterbrochen hat, um seine Ehefrau abzuholen. Die Fahrt ist auch nicht, wie von der Beklagten zutreffend im Widerspruchsbescheid ausgeführt, Teil der vom Kläger gegenüber dem Arbeitgeber zu erbringenden Pflichten gewesen oder vom Arbeitgeber angeordnet worden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber die Fahrt genehmigt hat, führt nicht dazu, dass der Kläger die Fahrt für ihn erbracht hat.
Ein nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherter Wegeunfall liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit ver-sichert, wobei Bezugspunkt in der Regel die Wohnung des Versicherten ist. Grund-sätzlich nicht versichert sind nicht geringfügige Wegeunterbrechungen, Umwege oder Abwege (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.2.2007 - L 2 U 366/05). Für einen Versicherungsschutz ist die sachliche Verbindung des zum Unfall führenden Verhaltens mit der Betriebstätigkeit erforderlich, die es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang der zum Unfall führenden Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Maßgebend ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17). Dient der Weg rein eigenwirtschaftlichen oder persönlichen Zwecken, so fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, so dass ein Versicherungsschutz ausscheidet. Die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens einer versicherten Tätigkeit bedürfen des vollen Beweises, d.h., das Vorhandensein einer versicherten Tätigkeit muss sicher feststehen (vgl. BSGE 61, 127, 128). Bei Verrichtungen, in denen sich Zwecke der versicherten Tätigkeit mit privaten Zwecken untrennbar verbinden(gemischte Tätigkeit), besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall den Interessen der versicherten Tätigkeit wesentlich dient; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend zu dienen (vgl. Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, 1997, Anm. 69 Zu § 8 SGB VII).
Ein ausreichender sachlicher Zusammenhang der Fahrt mit der versicherten betrieb-lichen Tätigkeit ist nach diesen Grundsätzen nicht gegeben. Nicht ausreichend ist allein der Umstand, dass der Kläger auf dem Weg vom Arbeitsplatz zu seiner Wohnung verunglückte. Es ist bereits fraglich, ob es sich überhaupt um eine gemischte Tätigkeit gehandelt hat. Jedenfalls diente die Fahrt nach Überzeugung der Kammer weit überwiegend eigenwirtschaftlichen Zwecken und nicht der betrieblichen Tätigkeit. Durch die Fahrt sollte zwar die Ehefrau des Klägers als weitere Arbeitnehmerin pünktlich zum Schichtbeginn zu ihrem Arbeitsplatz gelangen. Diese ist jedoch, über das allgemeine Interesse des Arbeitgebers am pünktlichen Erscheinen der Arbeitnehmer hinaus - Abweichendes, etwa ein vom Arbeitgeber organisiertes Abholen von der Wohnung, ist für den zu entscheidenden Fall nicht vorgetragen - nicht Sache des Arbeitgebers, sondern des Arbeitnehmers, wie er zur Arbeit kommt. Ein besonderes Interesse der Arbeitgeberin daran, dass die Ehefrau des Klägers gerade von ihrem Ehemann zu Hause abgeholt und zum Arbeitsplatz gebracht wird, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Abweichend von der Auffassung des Klägers kann auch nicht aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin die Fahrt ausdrücklich genehmigt hatte, ein Interesse des Arbeitgebers an der Fahrt hergeleitet werden.
Soweit der Kläger sich zur Begründung eines Versicherungsschutzes auf eine Ent-scheidung des LSG Hessen vom 06.03.1985 (NZA 1985, 472) beruft, hat dies keinen Erfolg, weil sie zu einem anderem Sachverhalt erging. Im entschiedenen Fall hat das LSG Hessen einen betrieblichen Zusammenhang deswegen bejaht, weil die Klägerin ihren Arbeitsplatz zum Einkauf von Lebensmittel zum alsbaldigen Verzehr verlassen hatte, um ihre Leistungskraft für den Rest der Arbeitsschicht nach der Mittagspause zu erhalten. Hiervon kann für die Fahrt des Klägers keine Rede sein. Darüber hinaus ging das LSG Hessen auch von einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang des Einkaufs aus, weil der Einkauf in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes erfolgen sollte. Dies ist aber beim Kläger ebenfalls nicht gegeben. Zutreffend hat die Beklagte eine geringfügige Unterbrechung der versicherten Tätigkeit verneint, weil weder die räumlichen noch zeitlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Der Kläger beabsichtigte, sich 5 km vom Arbeitsplatz zu entfernen. Er hat selbst angegeben, für die einfache Strecke zehn Minuten mit dem Auto zu benötigen. Damit war die Unterbrechung der versicherten Tätigkeit von Anfang an auf mindestens 20 Minuten angelegt, was eine Geringfügigkeit ausschließt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht die Feststellung eines Unfalls des Klägers als versicherter Arbeitsunfall.
Der als Lkw-Fahrer bei einer Gesellschaft für Abfallwirtschaft beschäftigte Kläger erlitt am 04.05.2006 um 4.50 Uhr auf dem Weg vom Arbeitsplatz nach Hause einen Autounfall mit erheblichen Verletzungen, als er vor Schichtende (Schicht von 22.00 Uhr des Vortages bis 6.00 Uhr des Unfalltages) mit Erlaubnis des Arbeitgebers nach Hause fuhr, um seine Ehefrau, die bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war, zur Arbeit abzuholen. Gegenüber der Beklagten gab er an, er habe die Arbeitsstätte um 4.45 Uhr verlassen. Für die Wegstrecke, die er auch gewöhnlich nehme, von 5 km Länge benötige er mit dem Auto zehn Minuten. Die Arbeitgeberin bestätigte gegenüber der Beklagten, dass der Kläger die Erlaubnis habe, in der Nachtschicht die Arbeitsstätte während der Arbeitszeit zu verlassen, um seine Frau zur Frühschicht (ab 5.30 Uhr) von zu Hause abzuholen.
Mit Bescheid vom 02.11.2006 und Widerspruchsbescheid vom 27.06.2008 lehnte die Beklagte die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfall-versicherung aus Anlass des Ereignisses vom 04.05.2006 ab, weil ein versicherter Wegeunfall nicht vorliege. Der Kläger habe seine versicherte Tätigkeit im Unternehmen unterbrochen, um seine Frau von zu Hause abzuholen. Erst nach geplanter Rückkehr zur Firma habe er seine Tätigkeit wieder aufnehmen sollen. Das Abholen der Ehefrau habe nicht im direkten Zusammenhang mit seiner Beschäftigung gestanden, sondern sei allein privat motiviert gewesen. Er habe daher für die Dauer des Weges nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Der Weg habe nicht im Zusammenhang mit einer Arbeitspause zu Hause zur Erholung oder Nahrungsaufnahme zur Erhaltung der Arbeitskraft gestanden. Die Notwendigkeit des Weges habe sich ebenfalls nicht aus Rechten und Pflichten im Rahmen der Einordnung des Klägers in den Betrieb ergeben. Auch sonstige betriebsbedingte Gründe für den Antritt des Weges seien nicht angegeben worden. Die Unterbrechung der versicherten Tätigkeit am Arbeitsplatz sei nicht als geringfügig zu werten, da die Fahrt (Hin- und Rückweg) insgesamt mindestens 15 bis 20 Minuten in Anspruch genommen hätte und die einfache räumliche Entfernung 5 km betrage.
Der Kläger hat am 31.07.2008 Klage erhoben. Er trägt vor, aufgrund der Genehmigung des Arbeitgebers müsse man von einer betrieblich angeordneten Fahrt sprechen. Da er seine Ehefrau zur Arbeit habe abholen wollen, habe er nicht aus eigenwirtschaftlichen Gründen gehandelt, sondern auch für seinen Arbeitgeber. Sein Fall sei entsprechend einer Entscheidung des LSG Hessen vom 06.03.1985 zu behandeln, wonach ein Versicherter, der während einer eigenmächtig in Anspruch genommenen Arbeitspause, die betrieblich nicht vorgesehen sei, aber vom Arbeitgeber stillschweigend geduldet werde, außerhalb des Betriebsgeländes Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz besorge, auf diesem Wege unter Versicherungsschutz stehe. Eine Unterbrechung von zehn Minuten sei auch als lediglich kurzfristig zu bezeichnen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 02.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund des als Arbeitsunfall zu qualifi-zierenden Unfalls vom 04.05.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ein-verstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogene Verwaltungsakte sowie das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage auf Vorliegen eines Arbeitsunfalls gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Eine Leistungsklage liegt nicht vor. Der Kläger hat zwar die Entschädigung des erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall beantragt. Eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG wollte er damit aber ersichtlich nicht erheben; denn er hat keine konkreten Leis-tungsansprüche geltend gemacht und für den Erlass eines allgemein auf "Entschädi-gung" gerichteten Grundurteils bietet das Gesetz keine Handhabe (vgl. Urteil des BSG vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R).
Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt.
Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Um eine solche versicherte Tätigkeit des Klägers hat es sich bei der zum Unfall führenden Fahrt vom 04.05.2006 nicht gehandelt.
Die Zurücklegung eines betrieblichen Weges, also ein Weg während der Ausübung der versicherten Tätigkeit, ist bereits deswegen nicht für die Fahrt des Klägers anzu-nehmen, weil er - auch nach eigener Darstellung - seine Arbeit unterbrochen hat, um seine Ehefrau abzuholen. Die Fahrt ist auch nicht, wie von der Beklagten zutreffend im Widerspruchsbescheid ausgeführt, Teil der vom Kläger gegenüber dem Arbeitgeber zu erbringenden Pflichten gewesen oder vom Arbeitgeber angeordnet worden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber die Fahrt genehmigt hat, führt nicht dazu, dass der Kläger die Fahrt für ihn erbracht hat.
Ein nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherter Wegeunfall liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit ver-sichert, wobei Bezugspunkt in der Regel die Wohnung des Versicherten ist. Grund-sätzlich nicht versichert sind nicht geringfügige Wegeunterbrechungen, Umwege oder Abwege (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.2.2007 - L 2 U 366/05). Für einen Versicherungsschutz ist die sachliche Verbindung des zum Unfall führenden Verhaltens mit der Betriebstätigkeit erforderlich, die es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang der zum Unfall führenden Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Maßgebend ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17). Dient der Weg rein eigenwirtschaftlichen oder persönlichen Zwecken, so fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, so dass ein Versicherungsschutz ausscheidet. Die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens einer versicherten Tätigkeit bedürfen des vollen Beweises, d.h., das Vorhandensein einer versicherten Tätigkeit muss sicher feststehen (vgl. BSGE 61, 127, 128). Bei Verrichtungen, in denen sich Zwecke der versicherten Tätigkeit mit privaten Zwecken untrennbar verbinden(gemischte Tätigkeit), besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall den Interessen der versicherten Tätigkeit wesentlich dient; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend zu dienen (vgl. Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, 1997, Anm. 69 Zu § 8 SGB VII).
Ein ausreichender sachlicher Zusammenhang der Fahrt mit der versicherten betrieb-lichen Tätigkeit ist nach diesen Grundsätzen nicht gegeben. Nicht ausreichend ist allein der Umstand, dass der Kläger auf dem Weg vom Arbeitsplatz zu seiner Wohnung verunglückte. Es ist bereits fraglich, ob es sich überhaupt um eine gemischte Tätigkeit gehandelt hat. Jedenfalls diente die Fahrt nach Überzeugung der Kammer weit überwiegend eigenwirtschaftlichen Zwecken und nicht der betrieblichen Tätigkeit. Durch die Fahrt sollte zwar die Ehefrau des Klägers als weitere Arbeitnehmerin pünktlich zum Schichtbeginn zu ihrem Arbeitsplatz gelangen. Diese ist jedoch, über das allgemeine Interesse des Arbeitgebers am pünktlichen Erscheinen der Arbeitnehmer hinaus - Abweichendes, etwa ein vom Arbeitgeber organisiertes Abholen von der Wohnung, ist für den zu entscheidenden Fall nicht vorgetragen - nicht Sache des Arbeitgebers, sondern des Arbeitnehmers, wie er zur Arbeit kommt. Ein besonderes Interesse der Arbeitgeberin daran, dass die Ehefrau des Klägers gerade von ihrem Ehemann zu Hause abgeholt und zum Arbeitsplatz gebracht wird, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Abweichend von der Auffassung des Klägers kann auch nicht aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin die Fahrt ausdrücklich genehmigt hatte, ein Interesse des Arbeitgebers an der Fahrt hergeleitet werden.
Soweit der Kläger sich zur Begründung eines Versicherungsschutzes auf eine Ent-scheidung des LSG Hessen vom 06.03.1985 (NZA 1985, 472) beruft, hat dies keinen Erfolg, weil sie zu einem anderem Sachverhalt erging. Im entschiedenen Fall hat das LSG Hessen einen betrieblichen Zusammenhang deswegen bejaht, weil die Klägerin ihren Arbeitsplatz zum Einkauf von Lebensmittel zum alsbaldigen Verzehr verlassen hatte, um ihre Leistungskraft für den Rest der Arbeitsschicht nach der Mittagspause zu erhalten. Hiervon kann für die Fahrt des Klägers keine Rede sein. Darüber hinaus ging das LSG Hessen auch von einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang des Einkaufs aus, weil der Einkauf in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes erfolgen sollte. Dies ist aber beim Kläger ebenfalls nicht gegeben. Zutreffend hat die Beklagte eine geringfügige Unterbrechung der versicherten Tätigkeit verneint, weil weder die räumlichen noch zeitlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Der Kläger beabsichtigte, sich 5 km vom Arbeitsplatz zu entfernen. Er hat selbst angegeben, für die einfache Strecke zehn Minuten mit dem Auto zu benötigen. Damit war die Unterbrechung der versicherten Tätigkeit von Anfang an auf mindestens 20 Minuten angelegt, was eine Geringfügigkeit ausschließt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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