Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3565/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4391/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung einer großen Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten der Klägerin streitig.
Die 1945 geborene Klägerin heiratete 1967 K. J. (im Folgenden: K. J.) und bezog nach dessen Tod am 05.02.1974 eine erhöhte Witwenrente nach § 1268 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bis 31.5.1978 (Bescheid vom 18.6.1974).
Am 12.5.1978 heiratete sie H. J. Sch. (im Folgenden: H. S.), welcher am 17.09.2007 verstarb. Mit Bescheid vom 26.11.2007 wurde ihr auf ihren Antrag vom 26.09.2007 eine große Witwenrente nach dem letzten Ehegatten ab 17.09.2007 bewilligt (Bescheid vom 26.11.2007, ab dem 01.01.2008 in Höhe von 655,16 EUR monatlich). Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Am 13.02.2008 beantragte die Klägerin, die seit dem 01.09.1992 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, eine Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten. Mit Bescheid vom 07.03.2008 stellte die Beklagte das Vorliegen eines Anspruches auf eine große Witwenrente i.H.v. 461,53 EUR monatlich ab 1.10.2007 nach dem vorletzten Ehegatten fest. Wegen der Höhe der zu berücksichtigenden Versorgungsansprüche (Witwenrente nach dem letzten Ehegatten ab 01.01.2008 in Höhe von 726,74 EUR) sei diese Rente jedoch nicht zu zahlen.
Die Klägerin machte bei einem Sprechtag in Salem am 09.04.2008 geltend, noch Anspruch auf eine Rente nach ihrem ersten Mann zu haben, weil die Ehe nach altem Recht geschieden worden sei und somit keine Einkommensanrechnung stattfinden dürfe. Diese Auskunft habe sie telefonisch von Herrn Böhringer von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Stuttgart erhalten. Sie selbst habe bereits vier Jahre Witwenrente erhalten, bevor sie erneut geheiratet habe. Sie habe sich dann fünf Jahre auszahlen lassen, der Rest würde stehen bleiben. Diese Auskunft habe sie im September 2007 telefonisch erhalten.
Mit Schreiben vom 02.05.2008 teilte die Beklagte bezugnehmend auf die Vorsprache beim Sprechtag in Salem am 09.04.2008 mit, dass nach § 90 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten bestehende Ansprüche auf Witwenrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten anzurechnen seien. Die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf die Renten wegen Todes würden hingegen nicht berücksichtigt. Die Höhe der Rente nach dem letzten Ehegatten in Höhe von derzeit 761,72 EUR übersteige den Anspruch der Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten in Höhe 461,53 EUR. Mit dem dann anwaltlich begründeten Widerspruch wurde geltend gemacht, dass ihr bei der Wiederheirat im Jahre 1978 ein Rentenauszahlungsanspruch bis zu ihrem 45. Lebensjahr zugestanden habe. Gleichwohl habe sie sich lediglich fünf Kalenderjahre der Rente auszahlen lassen. Zum damaligen Zeitpunkt habe daher noch ein Rentenanspruch von acht Jahren offen gestanden, den sie sich bereits im Jahre 1978 hätte auszahlen lassen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass die Witwenrente aus der Versicherung des letzten Ehegatten entsprechend der gesetzlichen Vorschriften auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet worden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.12.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben.
Unter Verweis auf den bisherigen Vortrag hat die Klägerin an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht auf die Problematik eingehe, ihr habe bei ihrer Wiederheirat im Jahre 1978 noch ein Rentenauszahlungsanspruch bis zu ihrem 45. Lebensjahr zugestanden.
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 19.08.2009 hat das SG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch auf Zahlung der Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten zu Recht abgelehnt worden sei, weil die Witwenrente nach dem letzten Ehegatten jene nach dem vorletzten Ehegatten übersteige. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der erste Ehemann der Klägerin bereits am 05.02.1974 verstorben sei. Die Übergangsvorschrift des § 314 Abs. 2 SGB VI schließe lediglich die Einkommensanrechnung auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten aus, wenn der vorletzte Ehegatte vor dem 01.01.1986 verstorben sei. Eine solche Einkommensanrechnung, wie beispielsweise vorliegend die Anrechnung der von der Klägerin bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, habe die Beklagte gerade nicht vorgenommen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich gerade nicht, dass auch die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten nicht erfolgen dürfe. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sowohl die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) als auch des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten vorgeschrieben hätten.
Gegen das der Klägerin am 31.08.2009 zugestellte Urteil hat diese am 25.09.2009 Berufung eingelegt.
Ergänzend zum bisherigen Vortrag macht sie geltend, dass die streitige Anrechnung der Witwenrente nach den Vorschriften der RVO in alter Fassung bzw. des AVG zu beurteilen sei. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es zum damaligen Zeitpunkt noch keinen familienrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben habe und durch die Regelung der Witwenrente, auch mit der Möglichkeit der Abfindungszahlung, das Einkommen und die Altersversorgung der Witwe sichergestellt werden sollte. Dieser Rechtsgedanke spiegele sich in § 1291 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz RVO wieder. Eine Anrechnung der weiteren Witwenrente könne daher nicht erfolgen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. August 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 07. März 2008 und 02. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2008 zu verurteilen, ihr Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten ohne Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Mit Verfügung vom 08.12.2009 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 8.12.2009 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Anrechnung der Rente nach dem letzten Ehegatten auf die Rente nach dem vorletzten Ehegatten und die Ablehnung der Zahlung einer Rente nach dem vorletzten Ehegatten wegen des diesen Anspruch übersteigenden Betrages der Rente nach dem letzten Ehegatten ist nicht zu beanstanden. Der Senat legt dieser Feststellung zugunsten der Klägerin den im Bescheid vom 26.11.2007 genannten Rentenzahlbetrag von 655,16 EUR zugrunde, nachdem die Beklagte den anzurechnenden Betrag - abweichend hiervon - im Bescheid vom 07.03.2008 mit 726,74 EUR und im Schreiben vom 02.05.2008 mit 761,72 EUR bezifferte. Auch der im Bescheid vom 26.11.2007 genannte Betrag von 655,16 EUR übersteigt den Betrag von 461,53 EUR bei weitem.
Diese Anrechnung beruht auf § 90 Abs. 1 SGB VI, der vorschreibt, dass auf eine Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten für den selben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente wie auch auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten anzurechnen sind.
Dabei ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf eine große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI dem Grunde nach besteht. Denn die Ehe mit H. S. ist durch dessen Tod am 17.09.2007 "aufgelöst". Dieser hatte die allgemeine Wartezeit erfüllt, wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat, und die Klägerin war neben der Vollendung des 45. Lebensjahres auch erwerbsgemindert im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB VI. Die Ausschlusstatbestände des Abs. 2a) und 2b) liegen dabei offensichtlich nicht vor.
Gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI grundsätzlich von dem Zeitpunkt ihres In-Krafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Hiervon abweichende Vorschriften sind nicht ersichtlich, so dass die Entscheidung zu Recht auf § 90 SGB VI gestützt wurde.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 314 Abs. 2 SGB VI. Zwar ist K. J. vor dem 01. Januar 1986 verstorben und die erneute Ehe der Klägerin ist durch den Tod des H. S. aufgelöst. Diese Vorschrift bestimmt aber (nur), dass im Falle des Bestehens eines Anspruchs auf Rente wegen Todes nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI und wenn - wie hier - der Versicherte vor dem 01.01.1986 gestorben ist, eine Einkommensanrechnung abweichend von § 97 SGB VI auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten nicht stattfindet. Die Regelung betrifft daher lediglich die Frage der Berücksichtigung von Einkommen der Witwe oder des Witwers. § 97 SGB VI verweist bei der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes auf die §§ 18a bis 18e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Einkommen, welches mit einer Witwenrente zusammentrifft, sind neben dem Erwerbseinkommen (§ 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV) auch Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen, vgl. § 18a Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV). Gemäß § 18a Abs. 3 SGB IV zählen zu den Erwerbsersatzeinkommen insbesondere die Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit, die Erziehungsrente, die Knappschaftsausgleichsleistung, das Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaues und Leistungen nach den §§ 27 und 28 des Sozialversicherungs-Angleichungsgesetzes Saar (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV). Witwenrenten selbst werden hiervon nicht erfasst, weshalb es bei den besonderen Anrechnungsregelungen des SGB VI verbleibt. Daher wird weder durch § 314 SGB VI noch durch § 97 SGB VI die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten ausgeschlossen. Eine Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin auf die Rente nach dem vorletzten Ehegatten erfolgte - wie sich dem Bescheid vom 07.03.2008 entnehmen lässt - auch nicht.
§ 314 Abs. 2 Satz 2 SGB VI regelt darüber hinaus nur, dass die Witwenrente nach dem letzten Ehegatten erst nach Anwendung des § 97 SGB VI auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet wird. Die Einkommensanrechnung, etwa aus der eigenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 18a Abs. 3 Nr. 2 SGB IV), ist bei der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten vorzunehmen. Erst diese gegebenenfalls geminderte Rente wird auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet. Ist daher die Rente nach dem letzten Ehegatten nach Anrechnung von bestehendem Einkommen, etwa aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente, höher als die Rente nach dem vorletzten Ehegatten, kommt diese Rente nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI nicht zur Auszahlung. Damit ist auch die Witwenrente aus der Versicherung des K.J. nicht auszuzahlen, weil die Witwenrente nach H.S. - wie bereits dargelegt - den Zahlbetrag übersteigt.
Für die von der Klägerin angeführten Bestimmungen der RVO gilt nichts anderes, da diese keine abweichenden Regelungen enthalten haben. Einen der Anrechnung entgegenstehenden Rechtsgedanken lässt sich der Regelung des § 1291 RVO ebenso wenig entnehmen. Denn der wiederaufgelebte Witwenrentenanspruch aus der Versicherung des ersten (vorletzten) Ehemannes ist gegenüber dem Rentenanspruch nach dem zweiten (letzten) Ehemann nachrangig (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Urteil vom 20.02.1986, Az: 4a RJ 35/85 - in juris - m. w. N.). Dem wiederaufgelebten Rentenanspruch kommt nach dieser Rechtsprechung nur die beschränkte Funktion zu, eine nach dem Tod des zweiten Ehemannes offene Versorgungslücke zu schließen. Der Rentenanspruch nach dem ersten Ehegatten kann dann nicht mehr aufleben, wenn der Witwenrentenanspruch nach dem ersten Ehegatten nicht höher ist als der aus der Versicherung des zweiten Ehegatten (vgl. BSG a.a.O.).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der damaligen Rechtslage die Witwenrente mit Ablauf des Monats weggefallen ist, in dem die Berechtigte wieder geheiratet hat (§ 1291 Abs. 1 RVO). Einer Witwe stand bei Wiederheirat gemäß § 1302 Abs. 1 RVO eine Abfindung des Fünffachen des Jahresbeitrages der bisher bezogenen Rente zu. Ein Anspruch auf den Bezug bis zur Vollendung des 45. Lebensjahrs unabhängig von einer Wiederheirat ist nicht ersichtlich. Dies kann jedoch auch deshalb dahinstehen, weil selbst eine damals nicht in Anspruch genommene Rentenzahlung einer Anrechnung bei der Prüfung einer wiederaufgelebten Rente nicht entgegenstünde.
Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin behaupteten mündlichen Auskünften, da insoweit mangels Schriftform keine Zusicherungen im Sinne des § 34 Abs.1 S.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch vorliegen. Eine am Sprechtag erteilte Auskunft bezog sich wohl auf Ansprüche nach einer geschiedenen Ehe. Ein solcher Sachverhalt liegt hier ohnehin nicht vor.
Die Entscheidung des SG ist daher nicht zu beanstanden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung einer großen Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten der Klägerin streitig.
Die 1945 geborene Klägerin heiratete 1967 K. J. (im Folgenden: K. J.) und bezog nach dessen Tod am 05.02.1974 eine erhöhte Witwenrente nach § 1268 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bis 31.5.1978 (Bescheid vom 18.6.1974).
Am 12.5.1978 heiratete sie H. J. Sch. (im Folgenden: H. S.), welcher am 17.09.2007 verstarb. Mit Bescheid vom 26.11.2007 wurde ihr auf ihren Antrag vom 26.09.2007 eine große Witwenrente nach dem letzten Ehegatten ab 17.09.2007 bewilligt (Bescheid vom 26.11.2007, ab dem 01.01.2008 in Höhe von 655,16 EUR monatlich). Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Am 13.02.2008 beantragte die Klägerin, die seit dem 01.09.1992 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, eine Witwenrente aus der Versicherung des vorletzten Ehegatten. Mit Bescheid vom 07.03.2008 stellte die Beklagte das Vorliegen eines Anspruches auf eine große Witwenrente i.H.v. 461,53 EUR monatlich ab 1.10.2007 nach dem vorletzten Ehegatten fest. Wegen der Höhe der zu berücksichtigenden Versorgungsansprüche (Witwenrente nach dem letzten Ehegatten ab 01.01.2008 in Höhe von 726,74 EUR) sei diese Rente jedoch nicht zu zahlen.
Die Klägerin machte bei einem Sprechtag in Salem am 09.04.2008 geltend, noch Anspruch auf eine Rente nach ihrem ersten Mann zu haben, weil die Ehe nach altem Recht geschieden worden sei und somit keine Einkommensanrechnung stattfinden dürfe. Diese Auskunft habe sie telefonisch von Herrn Böhringer von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Stuttgart erhalten. Sie selbst habe bereits vier Jahre Witwenrente erhalten, bevor sie erneut geheiratet habe. Sie habe sich dann fünf Jahre auszahlen lassen, der Rest würde stehen bleiben. Diese Auskunft habe sie im September 2007 telefonisch erhalten.
Mit Schreiben vom 02.05.2008 teilte die Beklagte bezugnehmend auf die Vorsprache beim Sprechtag in Salem am 09.04.2008 mit, dass nach § 90 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten bestehende Ansprüche auf Witwenrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten anzurechnen seien. Die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf die Renten wegen Todes würden hingegen nicht berücksichtigt. Die Höhe der Rente nach dem letzten Ehegatten in Höhe von derzeit 761,72 EUR übersteige den Anspruch der Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten in Höhe 461,53 EUR. Mit dem dann anwaltlich begründeten Widerspruch wurde geltend gemacht, dass ihr bei der Wiederheirat im Jahre 1978 ein Rentenauszahlungsanspruch bis zu ihrem 45. Lebensjahr zugestanden habe. Gleichwohl habe sie sich lediglich fünf Kalenderjahre der Rente auszahlen lassen. Zum damaligen Zeitpunkt habe daher noch ein Rentenanspruch von acht Jahren offen gestanden, den sie sich bereits im Jahre 1978 hätte auszahlen lassen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass die Witwenrente aus der Versicherung des letzten Ehegatten entsprechend der gesetzlichen Vorschriften auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet worden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.12.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben.
Unter Verweis auf den bisherigen Vortrag hat die Klägerin an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht auf die Problematik eingehe, ihr habe bei ihrer Wiederheirat im Jahre 1978 noch ein Rentenauszahlungsanspruch bis zu ihrem 45. Lebensjahr zugestanden.
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 19.08.2009 hat das SG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch auf Zahlung der Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten zu Recht abgelehnt worden sei, weil die Witwenrente nach dem letzten Ehegatten jene nach dem vorletzten Ehegatten übersteige. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der erste Ehemann der Klägerin bereits am 05.02.1974 verstorben sei. Die Übergangsvorschrift des § 314 Abs. 2 SGB VI schließe lediglich die Einkommensanrechnung auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten aus, wenn der vorletzte Ehegatte vor dem 01.01.1986 verstorben sei. Eine solche Einkommensanrechnung, wie beispielsweise vorliegend die Anrechnung der von der Klägerin bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, habe die Beklagte gerade nicht vorgenommen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich gerade nicht, dass auch die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten nicht erfolgen dürfe. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sowohl die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) als auch des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten vorgeschrieben hätten.
Gegen das der Klägerin am 31.08.2009 zugestellte Urteil hat diese am 25.09.2009 Berufung eingelegt.
Ergänzend zum bisherigen Vortrag macht sie geltend, dass die streitige Anrechnung der Witwenrente nach den Vorschriften der RVO in alter Fassung bzw. des AVG zu beurteilen sei. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es zum damaligen Zeitpunkt noch keinen familienrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben habe und durch die Regelung der Witwenrente, auch mit der Möglichkeit der Abfindungszahlung, das Einkommen und die Altersversorgung der Witwe sichergestellt werden sollte. Dieser Rechtsgedanke spiegele sich in § 1291 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz RVO wieder. Eine Anrechnung der weiteren Witwenrente könne daher nicht erfolgen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. August 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 07. März 2008 und 02. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2008 zu verurteilen, ihr Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten ohne Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Mit Verfügung vom 08.12.2009 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 8.12.2009 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Anrechnung der Rente nach dem letzten Ehegatten auf die Rente nach dem vorletzten Ehegatten und die Ablehnung der Zahlung einer Rente nach dem vorletzten Ehegatten wegen des diesen Anspruch übersteigenden Betrages der Rente nach dem letzten Ehegatten ist nicht zu beanstanden. Der Senat legt dieser Feststellung zugunsten der Klägerin den im Bescheid vom 26.11.2007 genannten Rentenzahlbetrag von 655,16 EUR zugrunde, nachdem die Beklagte den anzurechnenden Betrag - abweichend hiervon - im Bescheid vom 07.03.2008 mit 726,74 EUR und im Schreiben vom 02.05.2008 mit 761,72 EUR bezifferte. Auch der im Bescheid vom 26.11.2007 genannte Betrag von 655,16 EUR übersteigt den Betrag von 461,53 EUR bei weitem.
Diese Anrechnung beruht auf § 90 Abs. 1 SGB VI, der vorschreibt, dass auf eine Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten für den selben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente wie auch auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Renten nach dem letzten Ehegatten anzurechnen sind.
Dabei ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf eine große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI dem Grunde nach besteht. Denn die Ehe mit H. S. ist durch dessen Tod am 17.09.2007 "aufgelöst". Dieser hatte die allgemeine Wartezeit erfüllt, wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat, und die Klägerin war neben der Vollendung des 45. Lebensjahres auch erwerbsgemindert im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB VI. Die Ausschlusstatbestände des Abs. 2a) und 2b) liegen dabei offensichtlich nicht vor.
Gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI grundsätzlich von dem Zeitpunkt ihres In-Krafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Hiervon abweichende Vorschriften sind nicht ersichtlich, so dass die Entscheidung zu Recht auf § 90 SGB VI gestützt wurde.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 314 Abs. 2 SGB VI. Zwar ist K. J. vor dem 01. Januar 1986 verstorben und die erneute Ehe der Klägerin ist durch den Tod des H. S. aufgelöst. Diese Vorschrift bestimmt aber (nur), dass im Falle des Bestehens eines Anspruchs auf Rente wegen Todes nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI und wenn - wie hier - der Versicherte vor dem 01.01.1986 gestorben ist, eine Einkommensanrechnung abweichend von § 97 SGB VI auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten nicht stattfindet. Die Regelung betrifft daher lediglich die Frage der Berücksichtigung von Einkommen der Witwe oder des Witwers. § 97 SGB VI verweist bei der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes auf die §§ 18a bis 18e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Einkommen, welches mit einer Witwenrente zusammentrifft, sind neben dem Erwerbseinkommen (§ 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV) auch Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen, vgl. § 18a Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV). Gemäß § 18a Abs. 3 SGB IV zählen zu den Erwerbsersatzeinkommen insbesondere die Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit, die Erziehungsrente, die Knappschaftsausgleichsleistung, das Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaues und Leistungen nach den §§ 27 und 28 des Sozialversicherungs-Angleichungsgesetzes Saar (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV). Witwenrenten selbst werden hiervon nicht erfasst, weshalb es bei den besonderen Anrechnungsregelungen des SGB VI verbleibt. Daher wird weder durch § 314 SGB VI noch durch § 97 SGB VI die Anrechnung der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten ausgeschlossen. Eine Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin auf die Rente nach dem vorletzten Ehegatten erfolgte - wie sich dem Bescheid vom 07.03.2008 entnehmen lässt - auch nicht.
§ 314 Abs. 2 Satz 2 SGB VI regelt darüber hinaus nur, dass die Witwenrente nach dem letzten Ehegatten erst nach Anwendung des § 97 SGB VI auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet wird. Die Einkommensanrechnung, etwa aus der eigenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 18a Abs. 3 Nr. 2 SGB IV), ist bei der Witwenrente nach dem letzten Ehegatten vorzunehmen. Erst diese gegebenenfalls geminderte Rente wird auf die Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten angerechnet. Ist daher die Rente nach dem letzten Ehegatten nach Anrechnung von bestehendem Einkommen, etwa aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente, höher als die Rente nach dem vorletzten Ehegatten, kommt diese Rente nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 SGB VI nicht zur Auszahlung. Damit ist auch die Witwenrente aus der Versicherung des K.J. nicht auszuzahlen, weil die Witwenrente nach H.S. - wie bereits dargelegt - den Zahlbetrag übersteigt.
Für die von der Klägerin angeführten Bestimmungen der RVO gilt nichts anderes, da diese keine abweichenden Regelungen enthalten haben. Einen der Anrechnung entgegenstehenden Rechtsgedanken lässt sich der Regelung des § 1291 RVO ebenso wenig entnehmen. Denn der wiederaufgelebte Witwenrentenanspruch aus der Versicherung des ersten (vorletzten) Ehemannes ist gegenüber dem Rentenanspruch nach dem zweiten (letzten) Ehemann nachrangig (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Urteil vom 20.02.1986, Az: 4a RJ 35/85 - in juris - m. w. N.). Dem wiederaufgelebten Rentenanspruch kommt nach dieser Rechtsprechung nur die beschränkte Funktion zu, eine nach dem Tod des zweiten Ehemannes offene Versorgungslücke zu schließen. Der Rentenanspruch nach dem ersten Ehegatten kann dann nicht mehr aufleben, wenn der Witwenrentenanspruch nach dem ersten Ehegatten nicht höher ist als der aus der Versicherung des zweiten Ehegatten (vgl. BSG a.a.O.).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der damaligen Rechtslage die Witwenrente mit Ablauf des Monats weggefallen ist, in dem die Berechtigte wieder geheiratet hat (§ 1291 Abs. 1 RVO). Einer Witwe stand bei Wiederheirat gemäß § 1302 Abs. 1 RVO eine Abfindung des Fünffachen des Jahresbeitrages der bisher bezogenen Rente zu. Ein Anspruch auf den Bezug bis zur Vollendung des 45. Lebensjahrs unabhängig von einer Wiederheirat ist nicht ersichtlich. Dies kann jedoch auch deshalb dahinstehen, weil selbst eine damals nicht in Anspruch genommene Rentenzahlung einer Anrechnung bei der Prüfung einer wiederaufgelebten Rente nicht entgegenstünde.
Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin behaupteten mündlichen Auskünften, da insoweit mangels Schriftform keine Zusicherungen im Sinne des § 34 Abs.1 S.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch vorliegen. Eine am Sprechtag erteilte Auskunft bezog sich wohl auf Ansprüche nach einer geschiedenen Ehe. Ein solcher Sachverhalt liegt hier ohnehin nicht vor.
Die Entscheidung des SG ist daher nicht zu beanstanden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Rechtskraft
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