L 3 R 181/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 RJ 352/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 181/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
bisheriger Beruf, Kraftfahrer
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind zwischen den Beteiligten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) – insbeson-dere wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit – streitig.

Der am ... 1960 geborene Kläger absolvierte nach dem 10. Klasse-Schulabschluss der POS vom 1. September 1977 bis zum 15. Juli 1979 eine Ausbildung zum Elektromonteur (Fach-arbeiterbrief vom 15. Juli 1979) und war bei der Deutschen Reichsbahn (DR) zunächst als Elektromonteur mit dem Aus- bzw. Einbau und der Instandhaltung an Elektroloks, entlohnt nach der Lohngruppe 6 des Rahmenkollektivvertrages der DR, befasst. Ab dem 1. August 1986 wurde er als Elektroschlosser eingesetzt und nach der Lohngruppe 7 entlohnt. Zum 1. Juli 1991 wurde er in die Lohngruppe III und ab dem 1. Dezember 1991 aufgrund eines Bewährungsaufstiegs in die Lohngruppe B II 2.2 eingestuft. Unter dem 10. Januar 1992 bewarb sich der Kläger erfolglos auf den Dienstposten eines Gruppenführers für E-Schlosserarbeiten. Zum 16. Oktober 1992 wurde der Arbeitsvertrag mit der DR im beidersei-tigen Einvernehmen aufgelöst. Vom 1. November 1992 bis zum 31. Januar 1993, vom 1. Mai bis zum 30. November 1993, vom 5. April bis zum 31. Oktober 1994 und vom 2. Mai bis zum 15. Oktober 1995 war der Kläger jeweils als Verkäufer/Monteur bei der Motorrad "L." GbR in R. beschäftigt. Vom 22. September 1996 bis zum 20. Januar 1997 war er als Kurierfahrer für die Schreyer Transporte tätig. Er transportierte mit einem Kleintransporter u.a. Zeitungen. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen des Wegfalls seiner Tour und seiner Wohnortbindung arbeitgeberseitig aufgelöst. Vom 1. April 1998 bis zum 31. März 1999 war der Kläger schließlich ausweislich des Arbeitsvertrages vom 1. April 1998 als "Kfz-Elektriker" bei dem Fahrzeughandel S. beschäftigt. Der Arbeitgeber hatte hierzu beim damaligen Arbeitsamt D. eine Förderung im Rahmen der Strukturanpassungsmaßnahme Ost für Wirtschaftsunter-nehmen nach §§ 415 Abs. 3, 272 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung – SGB III) beantragt. Im Antragsformular hatte er angegeben, der Kläger solle im Verkauf und im Service arbeiten und in der Reparatur Schlosser- und Kfz-Elektrikerarbeiten ausführen sowie eine berufliche Qualifizierung für Kfz-Reparaturen, -Pflege und -Elektrik, Karosseriearbeiten und das Erwerben von PC-Kenntnissen erhalten. Es wurde ein monatliches Bruttoarbeits-entgelt in Höhe von 2.000,00 DM vereinbart. Der Arbeitgeber erhielt vom Arbeitsamt D. für die Zeit vom 1. April 1998 bis zum 31. März 1999 eine Förderung in Höhe von monatlich 2000,00 DM und insgesamt 24.000,00 DM. Mit Schreiben vom 28. Februar 1999 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Seitdem ist der Kläger keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen und bezieht Leistungen der Arbeitsverwaltung.

Ausweislich der Personalakte der DR hatten die betriebsmedizinischen Untersuchungen jeweils eine Tauglichkeit für die verrichtete Tätigkeit als Elektroschlosser, zuletzt unter dem 3. Juli 1991, ergeben. Vom 17. August bis zum 4. September 1992 war der Kläger wegen eines S 1-Syndroms links von dem Facharzt für Orthopädie Dr. L. konservativ behandelt worden. Der röntgenologische Befund der Lendenwirbelsäule (LWS) hatte eine normale Lendenlordose und einen geringfügig erniedrigten Zwischenwirbelraum L 5/S 1 ergeben. In der Folgezeit hatte bis April 2001 keine orthopädische Therapie stattgefunden. Am 10. April 2001 hatte sich der Kläger dann wegen Schmerzen zwischen den Schulterblättern, ausstrah-lend bis in die vordere Thoraxpartie, erneut bei Dr. L. vorgestellt, wobei die klinische Unter-suchung an der Halswirbelsäule (HWS), der Brustwirbelsäule (BWS) und der LWS keine auffälligen Befunde ergeben hatte. Nach Auskunft der AOK, bei der der Kläger nach Beendi-gung des Arbeitsverhältnisses mit der DR vom 1. November 1992 bis zum 21. September 1996 krankenversichert war, waren für diesen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeitszeiten gespeichert (Auskunft vom 2. Oktober 2008). Auch während der Zeit der Krankenversiche-rung bei der DAK vom 22. September 1996 bis zum 31. März 1999 lagen keine Arbeitsunfä-higkeitszeiten vor (Auskunft vom 1. Juli 2008).

Am 19. Dezember 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei ab dem 1. April 1999 für eine Ganztagsbeschäftigung arbeitsuchend gemeldet, jedoch wegen Rückenschmerzen nicht lange im Sitzen und Stehen und nur mit Unterbrechungen einsetzbar. Die Beklagte holte daraufhin einen Behandlungs- und Befundbericht von der praktischen Ärztin Dipl.-Med. B. vom 23. Januar 2002 ein. Dipl.-Med. B. gab an, der Kläger leide unter Rückenschmerzen im Bereich der unteren LWS; es bestünden Bewegungseinschränkungen und Probleme beim Heben und Tragen. Als Diag-nosen seien ein lumbales Schmerzsyndrom sowie eine Hypertonie zu berücksichtigen. Sie fügte die Beurteilung der Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS vom 14. November 2001 durch den Facharzt für Nuklearmedizin Dr. H. bei, wonach sich kein Hinweis auf einen lumbalen Discusprolaps ergeben habe. Sichtbar seien deutlich degenerative Veränderungen im Sinne einer Osteochondrose und Spondylose in Höhe L 5/S 1 mit Ausbildung eines breitbasigen Retrospondylophyten, wodurch eine engere Foramina intervertebralia erkenn-bar sei. Der Facharzt für Orthopädie Dr. B. hatte ihr mit Arztbrief vom 10. Januar 2002 über die Untersuchung des Klägers am 6. November 2001 berichtet, die im Bereich der LWS eine Einschränkung der Beweglichkeit, im Übrigen ein negatives Lasègue’sches Zeichen sowie frei bewegliche untere Extremitäten ergeben habe. Die veranlasste Röntgenuntersuchung habe einen ausreichend weiten Spinalkanal bei Zwischenwirbelraumverschmälerung beginnend L 5/S 1 gezeigt. Dr. B. hat ein lumbales Schmerzsyndrom diagnostiziert.

Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. unter dem 14. März 2002 begutachten. Der Kläger habe über wetterabhängige Beschwerden der LWS mit dermatombezogener Dysästhesieausstrahlung entsprechend S 1 links geklagt. Der klinische Befund habe eine eingeschränkte Rotationsfähigkeit des thorakolumbalen Über-gangs sowie eine eingeschränkte Reklination der ansonsten schmerzfreien LWS ohne neurologische Defizite der unteren Extremitäten gezeigt. Es sei lediglich ein Achillessehnen-reflex (ASR)- Ausfall beidseits aufgefallen. Im MRT-Befund der LWS sei eine teils knöchern, teils bandscheibenbedingte Einengung des lumbalen Spinalkanals bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen zur Darstellung gekommen. Es sei von einer allmählich progredienten lumbalen Spinalkanalstenose mit zurzeit radikulärer Ausprägung links auszu-gehen. Daraus ergäben sich Einschränkungen für Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in Zwangshaltungen mit Beugung und Überstreckung der LWS sowie für längere Geh- und Stehbeanspruchung. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Autoverkäufer mit Überführung von Fahrzeugen und fahrzeugelektrischen Kleinreparaturen sei das Leis-tungsvermögen zeitlich eingeschränkt, da eine längere Sitzhaltung im PKW und Arbeiten in Zwangshaltungen nicht toleriert würden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten bei ergonomischer Arbeitsablaufgestaltung noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschich-tig verrichtet werden.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin vom 18. September bis zum 16. Oktober 2002 eine Rehabilitationsmaßnahme in der T. Fachklinik B ... Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 16. Oktober 2002 wurden dort ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom S 1 links mit beginnender Claudicatio spinalis bei Spinalkanalenge und eine Adipositas (109 bzw. 105 kg/193 cm Körpergröße) berücksichtigt. Es wurden körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei wechselnden Körperhaltungen ohne Zwangshaltungen für den Lumbalbe-reich, häufiges Bücken sowie schweres Heben oder Tragen über 10 kg und ohne Kälte, Zugluft und Nässe für sechs Stunden und mehr täglich für zumutbar erachtet; auch die Tätigkeit als Autoverkäufer und Fahrzeugelektriker könne der Kläger sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Während der Rehabilitationsmaßnahme hatte der Kläger seine antihypertensive Therapie abgesetzt, worunter es zu keiner Verschlechterung der Blutdruck-werte gekommen war. Der Kläger wurde mit seinem Einverständnis als arbeitsfähig entlas-sen.

Die Beklagte holte ferner eine Arbeitgeberauskunft und eine hierzu ergänzende Auskunft vom 18. Februar 2003 des Fahrzeughandels S. ein. Darin gab der Arbeitgeber an, der Kläger habe zu 75 Prozent fahrzeugelektrische Kleinreparaturen, zu 15 Prozent Schlosserarbeiten und zu 10 Prozent Arbeiten im Zusammenhang mit der Überführung von Fahrzeugen und dem Verkauf verrichtet.

Mit Bescheid vom 6. März 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Die Erwerbsfähigkeit werde durch ein Wirbelsäulenleiden und einen Bluthochdruck beeinträchtigt und der Kläger sei auch nicht mehr in der Lage, den erlernten Beruf als Kfz-Elektriker auszuüben. Er könne jedoch unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Fähigkeiten als zumutbare Verweisungstätigkeiten als Reparaturelektriker von Kleinaggregaten, Wickler/Monteur von Kleinsttransformatoren oder als Telefonist im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Es liege deshalb weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor. Hiergegen erhob der Kläger am 18. März 2003 Widerspruch. Die aufgeführten Verweisungstätigkeiten könne er nicht durchführen. Er habe ursprünglich den Beruf des Elektromonteurs für Schienenfahrzeuge und nicht den eines Kfz-Elektrikers gelernt. Zudem sei seine Wegefähigkeit eingeschränkt; er könne keine langen Strecken laufen. Ferner könne er nicht lange sitzen und deshalb nicht als Telefonist arbeiten. Schließlich seien die in einem normalen Betriebsablauf genehmigten Pausenzeiten für ihn nicht ausreichend, da er des Öfteren die Wirbelsäule entlasten und die Beine hochle-gen müsse.

Nach Beiziehung weiterer Unterlagen des Orthopäden Dr. B. wies die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 21. Oktober 2003 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie halte daran fest, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechseln-der Körperhaltung bzw. überwiegend im Sitzen, unter Witterungsschutz, ohne schweres Heben und Tragen sowie ohne häufiges Bücken, Hocken und Knien sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne. Zwar könne er die bisherige Tätigkeit als Kfz-Elektriker nicht mehr ausüben. Er sei jedoch auf die Tätigkeiten als Reparaturelektriker von Kleinaggrega-ten, Wickler/Montierer von Kleintransformatoren und als Telefonist gesundheitlich und sozial zumutbar verweisbar. Sie hat das Anforderungsprofil dieser Tätigkeiten im Einzelnen dargelegt.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Oktober 2003 beim Sozialgericht Dessau Klage erhoben. Er sei zumindest berufsunfähig. Denn die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkei-ten könne er weder gesundheitlich noch beruflich zumutbar verrichten. Insbesondere sei er nicht in der Lage, innerhalb von drei Monaten diese Tätigkeiten vollwertig zu verrichten. Zudem müsse er betriebsunübliche Pausen einlegen, da er an einer Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose) leide, aufgrund derer er nicht sechs Stunden täglich arbeiten könne, ohne längere Pausen einzulegen, da er sich des Öfteren hinlegen müsse.

Das Sozialgericht hat zunächst Behandlungs- und Befundberichte von Dr. B. vom 2. April 2004 und von Dipl.-Med. B. vom 8. April 2004 eingeholt. Dr. B. hat den Kläger zuletzt am 10. April 2003 behandelt, Dipl.-Med. B. am 11. Juni 2002. Ferner hat das Sozialgericht die Berichte über die ambulanten Behandlungen des Klägers am 12. April 2002 und am 28. April 2003 bei dem Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums D. Dr. S. beigezogen. Im Bericht vom 9. Mai 2003 wird ausgeführt, dass sich aus der Kernspintomo-grafie der LWS vom 12. Februar 2003 keine eindeutige Bedrängung nervaler Strukturen, sondern lediglich eine Bandscheibenzermürbung lumbosacral mit einer medialen Protrusion ergeben habe. Ein radikuläres Reiz- und Ausfallsyndrom sei nicht festgestellt worden. Der ausgefallene beidseitige ASR stütze den Verdacht eines Bandscheibenvorfalls.

Auf Antrag des Klägers ist schließlich ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. S. vom 1. November 2005 eingeholt worden. Die klinische Untersuchung habe keinen pathologischen Befund im Gesamtverlauf der Wirbelsäule, der oberen und unteren Extremitäten sowie keine objektivierte Einschränkung der Beweglichkeit der LWS in der Standardfunktion ergeben. Ein neurologisches Defizit habe nicht nachgewiesen werden können. Ihm habe die MRT-Aufnahme vom 13. September 2005 der Praxis Dres. S. aus D. vorgelegen, wonach keine knöcherne Enge des Spinalkanals und keine Myelopathie fest-stellbar gewesen seien. Beim Kläger bestehe ein rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom mit gelegentlich auftretenden Beschwerden im LWS-bereich. Ein objektives Belastungs- und Funktionsdefizit sei nicht vorhanden; die seltene Einnahme von Medikamenten bewirke ein Abklingen der Beschwerden. Die Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben sei nur hinsichtlich eines schweren Hebens und Tragens eingeschränkt, um ein Wiederaufflackern der rezidivierenden lumbalen Beschwerden zu verhindern. Der Kläger könne mittelschwere Tätigkeiten mit Stehen oder Umhergehen sowie im Sitzen vollschichtig verrichten. Weitere Einschränkungen bestünden nicht. Das Erfordernis zusätzlicher Arbeitspausen sei nicht gegeben. Es bestehe keine Einschränkung der Wegstrecke und der Benutzung von öffentli-chen Verkehrsmitteln.

Der Kläger hat demgegenüber eingewandt, er habe ständig Rückenschmerzen, versuche die Schmerzen zu ertragen und nehme Tabletten nur, wenn die Schmerzen so stark seien, dass er sich überhaupt nicht bewegen könne. Er halte die Leistungseinschränkung des Gutachters für falsch.

Im Verhandlungstermin beim Sozialgericht Dessau am 3. März 2006 hat der Kläger seinen Tagesablauf geschildert. U.a. hat er angegeben, allein in einem Haus zu leben, dass sich auf einem ca. 1.000 m² großen Grundstück befindet. Gleichfalls auf diesem Grundstück stehe das Haus seiner Eltern. Die Gartenarbeit verrichteten im Wesentlichen die Eltern. Er kümme-re sich um kleine Reparaturen. Er lese gern geschichtliche Dinge oder Waffenliteratur, da er in einem Schützenverein in D. sei. Dort gehe er einmal pro Woche zum Schießen. Zur Bekämpfung der Rückenschmerzen halte er den Rücken in Bewegung, mache Krankengym-nastik oder gehe Inlineskaten. Er betätige sich ca. zwei- bis dreimal pro Woche sportlich. Früher habe er ein- bis zweimal pro Jahr Schmerzmittel genommen, jetzt benötige er ca. alle zwei bis drei Monate Schmerzmittel. Ferner benutze er an schlechten Tagen ein Reizstrom-gerät.

Mit Urteil vom 3. März 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Bisheriger Beruf sei der des Kfz-Elektrikers, den er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne. Denn mit dieser Tätigkeit seien Zwangshaltungen wie Bücken und Überkopfarbeiten verbun-den und er sei Einflüssen ausgesetzt, die mit seinem Leistungsvermögen unvereinbar seien. Er sei jedoch gesundheitlich und sozial zumutbar verweisbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Telefonist. Diese Tätigkeit sei dem Kläger als Facharbeiter sozial zumutbar; insoweit hat die Kammer auf Urteile des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Niedersachsen vom 21. März 2002 – L 1 RA 177/98 –, des Hessischen LSG vom 25. Juli 2003 – L13 RJ 1212/99 – und des Senats vom 24. Oktober 2002 – L 3 RJ 173/00 – verwie-sen. Sie sei auch medizinisch zumutbar. Es handele sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werde, wobei ein Haltungswechsel jedoch möglich sei. Der Kläger verfüge über die geistigen Fähigkeiten und das nötige Sprachvermögen. Ausrei-chende Arbeitsplätze im Bundesgebiet seien vorhanden.

Gegen das ihm am 5. April 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. April 2006 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Tätigkeit des Telefonisten sei ihm weder gesund-heitlich noch sozial zumutbar. Sie könne in zwei bis drei Monaten erlernt werden. Zum Nachweis überreiche er den Auszug einer Tätigkeitsbeschreibung für das Telefonmarketing aus dem Internet. Wegen der ständigen Rückenschmerzen könne er auf keinen Fall eine Tätigkeit verrichten, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werde. Wegen der Schmerzen könne er sich auch nicht hinreichend auf die Tätigkeit konzentrieren. Zudem fehle es an der nötigen Umstellungsfähigkeit und an den erforderlichen kommunikativen Fähigkeiten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 3. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminde-rung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Januar 2002 zu bewilligen, hilfsweise ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen zu der Frage, ob er die Tätigkeit als Kurierfahrer wie bei seiner Tätigkeit 1996 bis 1997 noch ausüben kann, sowie zu der Frage, ob nach aktuellem Gesundheitszustand ein vollschichtiges Leistungsvermögen noch vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie stützt sich zum einen auf die Ausführun-gen von Prof. Dr. S., wonach dem Kläger körperlich mittelschwere Arbeiten sowohl im Stehen als auch im Umhergehen sowie im Sitzen für zumutbar erachtet worden seien. Vorsorglich würden als weitere zumutbare Verweisungstätigkeiten die des Verdrahtungs-elektrikers und des Poststellenmitarbeiters in der Vergütungsgruppe VIII BAT benannt; insoweit werde auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17. Juli 2006 in dem Rechtsstreit L 10 R 953/05 verwiesen.

Der Senat hat zunächst den früheren Arbeitgeber des Klägers, den Zeugen E. S., in einem Erörterungstermin am 28. März 2008 vernommen. Dieser hat angegeben, eine Anleitung oder Einarbeitung für die berufliche Qualifikation sei für den Kläger nicht erforderlich gewe-sen. Den schriftlichen Facharbeiterbrief habe er sich wohl nicht vorlegen lassen; ihm sei mündlich zugesichert worden, der Kläger sei gelernter Fahrzeugelektriker. Er habe in vollem Umfang über die notwendigen Kenntnisse für Kfz-Schlosser- und Kfz-Elektrikerarbeiten verfügt. Lediglich bei Kfz-Schlosserarbeiten habe er gelegentlich nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt und dann zunächst seinen Kollegen befragt, bevor er diese Reparatur dann auch selbst habe ausführen können. Bei Kfz-Reparaturen hätten höchstens 10 bis 15 kg gehoben werden müssen; für schwere Teile habe es Mechanik gegeben. Bei den Kfz-Elektrikerarbeiten habe es sich aber oft um so genannte "Fummelarbeiten" unterhalb des Armaturenbrettes gehandelt, bei denen man sich mit dem Kopf in den Fußraum begeben musste.

Sodann hat der Senat Behandlungs- und Befundberichte von Dr. B. vom 20. Juni 2008 und von Dipl.-Med. B. vom 10. Juli 2008 und Auskünfte der DAK vom 1. Juli 2008 und von der AOK vom 2. Oktober 2008 eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakte der Beklagten, der Personalakte der DR und der von der Bundesagentur für Arbeit übersand-ten Verwaltungsakte des ehemaligen Arbeitsamtes D. über die im Rahmen der Strukturan-passungsmaßnahmen Ost für Wirtschaftsunternehmen bewilligten Zuschüsse an den Fahrzeughandel S., die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (dazu unter 1.) noch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (dazu unter 2.) zusteht. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).

1. Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemei-ne Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger ist seit Rentenantragstellung weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingun-gen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krank-heit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstä-tig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Der Senat geht von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger kann noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich in Früh-, Tages, Spät- und Nachtschicht verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit schwe-rem Heben und Tragen, Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft, häufigem Bücken sowie mit längeren Zwangshaltungen für den Lumbalbereich. Es bestehen eine volle Gebrauchsfähig-keit der Hände, ein normales Seh- und Hörvermögen und keine wesentlichen Einschränkun-gen des geistigen Leistungsvermögens und der mnestischen Fähigkeiten. Arbeiten mit Publikumsverkehr sind möglich.

Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. K. vom 14. März 2002, dem Rehabilitationsentlassungsbericht der T. Fachklinik B. vom 16. Oktober 2002 sowie aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Prof. Dr. S. vom 1. November 2005 und aus den Befundberichten der ihn behandelnden Ärzte. Als zu berücksichtigende Gesund-heitsstörungen bestehen beim Kläger ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom S1 links und eine Adipositas. Während Dr. K. von einer allmählich progredienten lumbalen Spinalka-nalstenose ebenso ausgegangen ist wie nachfolgend die Ärzte in der T. Fachklinik B., haben der behandelnde Orthopäde Dr. B. und Prof. Dr. S. keinen pathologischen Befund im Gesamtverlauf der Wirbelsäule, der oberen und unteren Extremitäten sowie kein neurologi-sches Defizit feststellen können. Die MRT-Aufnahmen vom 12. Februar 2003 und vom 13. September 2005 haben jeweils keine knöcherne Enge des Spinalkanals und keine Myelo-pathie gezeigt; insoweit ist aus Sicht von Dr. B. und Prof. Dr. S. lediglich ein rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom mit gelegentlich auftretenden Beschwerden im LWS-bereich ohne objektives Belastungs- und Funktionsdefizit festzustellen gewesen. Der Senat geht deshalb ebenfalls nicht von einer dauerhaften Spinalkanalenge, sondern von gelegentlich auftretenden pseudoradikulären Beschwerden aus, da auch weder Dr. K. noch die Ärzte in der Rehabilitationsklinik bei ihren Untersuchungen neuromotorische Ausfälle festgestellt haben. Der Senat legt aber zugunsten des Klägers gleichwohl ein Restleistungsvermögen für nur noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangshaltungen für den Lumbalbereich und ohne häufiges Bücken sowie schweres Heben oder Tragen von Lasten über 10 kg sowie ohne Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft zugrunde. Aufgrund des in der Rehabilitationsmaßnahme festgestellten Übergewichts ergeben sich keine weiteren Einschränkungen. Mit dem vorgenannten Leistungsbild kann der Kläger nach übereinstimmender Auffassung aller gehörten Ärzte noch mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung der vorgenannten qualitativen Einschränkungen arbeiten.

Insoweit ist der medizinische Sachverhalt vollständig aufgeklärt. Dem Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob nach aktuellem Gesundheitszustand noch ein vollschichtiges Leis-tungsvermögen bestehe, war nicht zu folgen. Denn ob ein vollschichtiges Leistungsvermö-gen vorliegt, ist nicht maßgebend; der gesetzliche Maßstab ist – wie oben dargelegt – lediglich ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Ferner hat der Kläger nicht dargelegt, inwieweit sein Restleistungsvermögen medizinisch nicht vollständig aufgeklärt worden ist und es deshalb einer weiteren Ermittlung bedarf.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Anspruch auf eine solche Rente bei Erfüllung der sonstigen (versicherungsrechtlichen) Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelalters-grenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Der Kläger ist vor dem 2. Januar 1961, nämlich am 11. Dezember 1960, geboren. Er ist aber nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleich-wertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutba-re Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeits-marktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist sein "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn er diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbar-keit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI RdN. 9, 10 mit weiteren Nachweisen).

Bisheriger Beruf des Klägers ist der des Kurierfahrers, den er vom 22. September 1996 bis zum 20. Januar 1997 ausgeübt hat.

Die erlernte Tätigkeit des Elektromonteurs, die der Kläger im Rahmen einer Beschäftigung im Aus-, Einbau und in der Instandhaltung von Elektroloks bei der DR bis zum 15. Oktober 1992 verrichtet hat, ist nicht als bisheriger Beruf im o. g. Sinne anzusehen. Denn der Kläger hat nicht nachgewiesen, sich von diesem Beruf aus gesundheitlichen Gründen gelöst zu haben. Aus der beigezogenen Personalakte der DR ist nicht ersichtlich, dass der Kläger über gesundheitliche Probleme bei der Verrichtung seiner Tätigkeit als Elektromonteur geklagt hat. Die betriebsmedizinischen Untersuchungen haben jeweils eine Tauglichkeit für die verrichtete Tätigkeit als Elektroschlosser, zuletzt unter dem 3. Juli 1991, ergeben. Darüber hinaus hat sich der Kläger auf den Dienstposten eines Gruppenführers für E-Schlosserarbeiten noch im Januar 1992 beworben; auch dies spricht dafür, dass er den geforderten Tätigkeiten vollwertig gewachsen war und darüber hinaus eine berufliche Aufstiegsmöglichkeit nutzen wollte. Schließlich ist der Kläger nur vom 17. August bis zum 4. September 1992 konservativ wegen eines S 1-Syndroms links von dem Facharzt für Ortho-pädie Dr. L. behandelt und ein wesentlicher pathologischer Befund nicht erhoben worden. In der Folgezeit fand dann bis April 2001, d. h. fast neun Jahre, keine orthopädische Therapie statt. Darüber hinaus hatte noch im April 2001 die klinische Untersuchung der HWS und LWS keinen auffälligen Befund ergeben. Schließlich hatte der Kläger die zuletzt vom 1. April 1998 bis zum 31. März 1999 verrichtete Kfz-Elektriker-Tätigkeit, die nach der Zeugenaussa-ge des ehemaligen Arbeitgebers mit so genannten "Fummelarbeiten" im Motorraum sowie mit längeren Autofahrten und damit mit Zwangshaltungen verbunden war, verrichten können, ohne eine orthopädische Behandlung in Anspruch nehmen zu müssen und ohne arbeitsun-fähig gewesen zu sein.

Ebenfalls nicht als bisheriger Beruf ist die Tätigkeit des "Kfz-Elektrikers" anzusehen, die der Kläger vom 1. April 1998 bis zum 31. März 1999 ausgeübt hat. Denn diese einjährige Beschäftigung hat er im Rahmen einer vom Arbeitsamt D. geförderten Strukturanpassungs-maßnahme ausgeübt. Der Arbeitgeber hatte diese Förderung für ein Jahr beantragt und erhalten sowie sich verpflichtet, eine berufliche Qualifizierung des Klägers für Kfz-Reparaturen, -Pflege und -Elektrik, Karosseriearbeiten, Kfz-Elektrik und das Erwerben von PC-Kenntnissen durchzuführen. Wegen der förderungssystematischen Verwandtschaft mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (vgl. Henkes-Baur-Kopp-Polduwe, Handbuch der Arbeits-förderung, SGB III, 1999, S. 63) ist auch hier davon auszugehen, dass es sich bei der einjährigen Beschäftigung des Klägers im Fahrzeughandel S. nicht um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit gehandelt hat, die als Anknüpfungspunkt für den bisherigen Beruf in Betracht kommt. Zwar war der nicht vom Kläger, sondern vom Arbeitgeber bei seiner Vernehmung beim Senat vorgelegte Arbeitsvertrag am 1. April 1998 ohne Befristung abgeschlossen worden; im Antrag auf Förderung war aber bereits als voraussichtliches Ende der 31. März 1999 angegeben worden und die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgte dann auch zu dem Zeitpunkt, zu dem die Förderung durch das Arbeitsamt D., das den gesamten an den Kläger gezahlten Lohn übernommen hatte, endete. Für ein nur für die Dauer der Förderung angelegtes Beschäftigungsverhältnis spricht auch der monatliche Verdienst in Höhe von 2000,00 DM, der weit unter dem Tariflohn eines Kfz-Elektrikers liegt. Schließlich ist von Bedeutung, dass als eine wesentliche Voraussetzung für die Förderung als Strukturanpassungsmaßnahme gemäß § 415 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-ÄndG vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) eine berufliche Qualifizierung stattzufinden hatte (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 66/04R –, recherchiert über juris; Niesel-Düe, SGB III Kommentar, 1998, § 415 Rdnr. 11) und insoweit ein Status quo der geschuldeten Arbeitsleistung zur Ermittlung des Wertes der verrichteten Arbeit nicht möglich ist.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger den bisherigen Beruf des Kurierfahrers seit Rentenantragstellung gesundheitlich zumutbar nicht mehr verrichten kann. Die längere Sitzhaltung bei der Kraftfahrertätigkeit stellt eine Zwangshaltung für die Wirbelsäule dar, die der Kläger aufgrund des rezidivierenden lumbalen Schmerzsyndroms nicht mehr verrichten soll. Zudem soll er das Heben und Tragen schwerer Lasten unterlassen. Nach den Angaben des Klägers, die der Senat zugrunde legt, musste er große Zeitungsgebinde be- und entla-den, die teilweise bis zu 50 kg wogen. Auch dies ist ihm gesundheitlich zumindest seit Rentenantragstellung nicht mehr zumutbar. Der Senat legt insoweit die Einschätzungen des im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Dr. K. vom 14. März 2002, der behandelnden Ärzte in der T. Fachklinik B. vom 16. Oktober 2002 und des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 1. November 2005 zugrunde, wonach keine schweren körperlichen Arbeiten mehr zumutbar seien. Dem Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, ein ärztli-ches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob er die Tätigkeit des Kurierfah-rers noch verrichten kann, war nicht zu folgen, da der Senat auch ohne weiteren Ermittlun-gen von der gesundheitlichen Unzumutbarkeit dieser Arbeit ausgeht.

Damit ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten ein Versi-cherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufen-schema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten vollschichtig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor.

Der bisherige Beruf des Klägers als Kurierfahrer ist der Gruppe der Ungelernten zuzuordnen. Denn als Kurierfahrer hatte der Kläger keine Ausbildung absolviert und ohne eine längere Einweisung Waren transportiert. Auch der Erwerb eines LKW-Führerscheins war nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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