L 3 R 132/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 196/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 132/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erwerbsminderung
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

Der am ... 1953 geborene Kläger absolvierte nach dem Abschluss der 8. Klasse in der Zeit von 1967 bis 1970 eine Ausbildung zum Ofenbauer. Im Anschluss daran war bis 1971 in diesem Beruf, dann von 1972 bis 1976 als Chemiefacharbeiter, von 1976 bis 1987 als Rinderzüchter, von 1987 bis 1993 als Müller und zuletzt von 1993 bis 1997 als ungelernter Eisenflechter versicherungspflichtig tätig. Seit 1997 ist der Kläger arbeitslos und bezog zunächst Leistungen der Arbeitsverwaltung; seit dem 1. Januar 2005 erhält er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

Beim Kläger besteht ein Grad der Behinderung (GdB) von 30.

Den ersten Rentenantrag des Klägers vom 15. Januar 1998 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 1999 abgelehnt. Das entsprechende Klageverfahren S 1 RJ 5/00 vor dem Sozialgericht Dessau hatte mit Rücknahme der Klage am 23. November 2000 geendet. Den zweiten Rentenantrag vom 11. Februar 2004 hatte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. August 2004 abgelehnt. Den dem Streitverfahren zu Grunde liegenden dritten Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung stellte der Kläger am 21. Februar 2007 mit der Begründung, wegen Diabetes, Asthma sowie Gelenk- und Magenproblemen keine Arbeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte zog zunächst die im Rahmen der früheren Rentenanträge eingeholten medizinischen Unterlagen, u.a. die Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Z. vom 14. Mai 2004 und der Fachärztin für Orthopädie/Rheumatologie Dr. S., Oberärztin der Orthopädischen Klinik des C.-T.-Klinikums C., vom 14. Juli 2004 bei.

Dr. Z. hatte als Diagnosen angegeben:

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Arterielle Hypertonie. Chronisch obstruktive Bronchitis. Steatosis hepatis. Chronisches Halswirbelsäulen (HWS)-, Brustwirbelsäulen (BWS)- und Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen.

Aus internistischer Sicht sei der Kläger für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ohne schweres Heben und Tragen, Zwangshaltungen, Exposition von Nässe, inhalative Belastungen, erhöhte Unfallgefahr und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich einsetzbar. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie solche, die mit einer Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge oder der Verantwortung für Menschen verbunden seien, könne er nicht mehr bewältigen.

Dr. S. hatte in ihrem Gutachten folgende Diagnosen angeführt:

Chronisches Cervikal- und Lumbalsyndrom auf der Basis degenerativer Veränderungen. Deutliche degenerativ bedingte Funktionsminderung beider Schultergelenke. Posttraumatische Arthrose des linken Ellenbogens.

Der Kläger sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen vollschichtig auszuüben. Vermieden werden müssten das Heben und Tragen von Lasten über 20 kg, Überkopfarbeiten, alle Zwangshaltungen sowie Arbeiten unter Einwirkung von Nässe und Kälte.

Im Rentenverfahren holte die Beklagte zunächst einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin W. vom 27. März 2007 ein, der eine Verschlechterung seit dem 1. Januar 2007 angab. Der Hausarzt übersandte u.a. einen Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. A. vom 18. Januar 2007 mit der Diagnose einer Tendinitis calcarea rechts. Aufgrund der guten Besserung und des Diabetes mellitus seien derzeit keine Injektionen erforderlich. In dem ebenfalls beigefügten Arztbrief vom 26. Januar 2007 gab die Fachärztin für Innere Medizin/Pneumologie/Allergologie Dr. R. als Diagnosen ein nichtallergisches Asthma bronchiale, eine essentielle Hypertonie und einen nicht primär insulinabhängigen Diabetes mellitus Typ 2 an. Die Lungenfunktionsdiagnostik habe normale statische und dynamische Lungenvolumina und einen normalen Atemwegswiderstand erbracht. Eine Überblähung sei nicht festzustellen gewesen. Nach der Computertomographie des Abdomens bestehe der Verdacht auf beginnende zirrhotische Leberveränderungen.

Die Beklagte veranlasste sodann eine Begutachtung durch den Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H., Chefarzt der Medizinischen Klinik des Diakoniekrankenhauses. Dieser teilte in dem Gutachten vom 26. Juni 2007 anlässlich der Untersuchung vom 11. Juni 2007 mit, der Kläger habe über Luftnot geklagt. Als Belastungsgrenze habe der Kläger eine maximale Gehstrecke von 100 Metern in normalem Schritttempo sowie das Tragen bereits kleinerer Lasten angegeben. Es bestehe ein langjähriger Nikotinabusus mit einem aktuellen Konsum von zehn Zigaretten täglich. In der Lungenfunktionsprüfung könne aktuell kein Nachweis einer obstruktiven oder restriktiven Ventilationsstörung erbracht werden. Jedoch zeige sich im Histaminprovokationstest ein deutlich hyperreagibles Bronchialsystem. Bei der Fahrradergometrie sei eine Maximal-Belastung des Klägers bis 170 Watt bei einer Steigerung um 20 Watt pro Minute (89 Prozent des Referenzwertes) möglich gewesen. Der Abbruch sei bei muskulärer Erschöpfung und zunehmender Dyspnoe erfolgt. Der Frequenzanstieg erscheine nicht belastungsadäquat. Die Herzfrequenzreserve werde nicht ausgeschöpft. Die Atemarbeit gemessen an den Atemäquivalenten sei unauffällig. Es liege eine altersgemäße Maximal- sowie Dauerbelastung vor, sodass die vom Kläger angegebene Einschränkung der Belastungsfähigkeit hinsichtlich der Luftnotsymptomatik durch die erhobenen Befunde nicht habe objektiviert werden können. In der Echokardiographie ergebe sich, bei Hinweisen für eine auf dem Boden eines langjährigen Hypertonus bestehende Linksherzbelastung, kein Nachweis einer akuten oder chronischen Rechtsherzbelastung. Die Röntgenaufnahmen des Thorax zeigten aktuell keine entzündlichen Veränderungen. In der Sonographie des Abdomens seien im Bereich der Leber Veränderungen im Sinne einer Steatosis hepatis mit beginnendem zirrhotischen Umbau nachweisbar. Dies sei mit einem chronischen Alkoholabusus zu erklären. Dr. H. benannte als Gesundheitsstörungen ein Asthma bronchiale im Schweregrad I-II, degenerative Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen sowie eine Adipositas per magna. Aus internistisch-pneumologischer Sicht bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten. Arbeiten im Nachtdienst, mit Zwangshaltungen, einseitigen, überwiegend die linke Körperhälfte betreffenden Tätigkeiten sowie einer Exposition gegenüber Nässe, Kälte, Zugluft, Hitze, Temperaturschwankungen, Staub, Rauch, Gas und Dampf sollten vermieden werden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Eisenflechter könne der Kläger nicht mehr ausführen. Der Kläger könne 500 Meter innerhalb 20 Minuten zu Fuß zurücklegen, aber nicht viermal täglich.

Die Beklagte ließ sodann den Privatdozent (PD) Dr. W., Orthopädische Rehabilitationsklinik Bad S., das orthopädische Gutachten vom 1. August 2007 erstatten. Vorrangig habe der Kläger eine Bewegungseinschränkung im Bereich der HWS und ein Taubheits- und Einschlafgefühl in den Fingern der rechten Hand sowie dem vierten und fünften Finger der linken Hand geschildert. Gelegentlich fielen auch Gegenstände aus der rechten Hand. Das Gehen sei nicht eingeschränkt, aber er könne nur langsam laufen und fahre lieber mit dem Fahrrad. Wegen eines Impingement-Syndroms sei am 10. Juli 2007 die Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit subacromialer Dekompression und Bursektomie erfolgt. Nach den eigenen Angaben des Klägers sei die Beweglichkeit jetzt verbessert und er sei schmerzfrei. PD Dr. W. verwies anhand der Röntgenaufnahme der HWS auf eine Verknöcherung des vorderen Längsbandes von C 4 bis 6 und ausgeprägte degenerative Veränderungen mit Deformierung der Foramina intervertebralia. Das rechte Schultergelenk sei in seiner Funktion eingeschränkt. Der Schürzen- und Hinterkopfgriff seien links vollständig, der Hinterkopfgriff rechts gerade ausführbar. Die Außenrotation sei rechts schmerzhaft. Angezeigt sei eine intensive physikalische Behandlung zur Verbesserung der Funktion des rechten Schultergelenkes und zur Beseitigung der Rumpfmuskeldysbalancen. Eine Verbesserung der Beweglichkeit der HWS sei jedoch nicht zu erreichen. PD Dr. W. stellte ferner eine normale Verschwielung beider Hohlhände mit vermehrter Schweißbildung sowie eine ausgesprochene kräftige Hohlhandmuskulatur fest. Die grobe Kraft beider Hände sei seitengleich. Ein vollständiger Faustschluss sowie eine regelrechte Oppositionsfähigkeit des Daumens seien möglich, die Fingergelenke seien frei beweglich. Er führte als Diagnosen an:

Bewegungseinschränkungen und Wurzelreizsyndrom der HWS. Funktionseinschränkung rechtes Schultergelenk. Rumpfmuskeldysbalance. Adipositas (108 kg, 171 cm).

Aus orthopädischer Sicht sei der Kläger für eine Tätigkeit als Eisenflechter nicht geeignet. Eine leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit unter Vermeidung von Überkopfarbeiten, ohne Ansprüche an die Feinmotorik beider Hände, nicht unter vollständiger Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes sei vollschichtig möglich. Die Wegefähigkeit sei gegeben.

Mit Bescheid vom 17. September 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit durch ein Asthma bronchiale, ein Wirbelsäulenleiden, Übergewicht, eine insulinpflichtige Zuckerkrankheit sowie einen Bluthochdruck beeinträchtigt. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2008 als unbegründet zurück. Beim Kläger liege ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht, häufiges Bücken, Heben und Tragen, häufige Zwangshaltungen, eine Gefährdung durch inhalative Belastungen und Allergene, Eigen- und Fremdgefährdung sowie ohne häufige Überkopfarbeiten vor.

Dagegen hat sich der Kläger mit der beim Sozialgericht Dessau-Roßlau am 29. April 2008 erhobenen Klage gewandt. Er hat vorgetragen, zu den bereits seit Rentenantragstellung bestehenden Erkrankungen seien eine gelegentliche Taubheit in beiden Händen sowie ständige Schmerzen in beiden Schultern und Füßen hinzugekommen.

Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. R. hat unter dem 5. Juni 2008 keine Progredienz der Atemwegserkrankung und des Leberschadens angegeben. Dr. A. hat unter dem 6. Juni 2008 über Schmerzen des Klägers im Nacken mit zeitweisem Einschlafen beider Hände berichtet. Er hat ein Nacken-Schulter-Armsyndrom, Myalgien, einen Zustand nach Schulterarthroskopie rechts, einen Rundrücken und eine Tendinitis calcarea diagnostiziert. Die Befunde seien gleichbleibend; auch bei der letzten Vorstellung am 11. März 2008 sei eine Schulterabduktion rechts nur bis 90 Grad möglich gewesen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin W. hat in seinem Bericht vom 4. Juli 2008 auf eine ständige Verschlechterung der Befunde seit 2004 verwiesen.

Das Sozialgericht hat sodann den Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie/Sportmedizin Dr. P. das fachorthopädische Gutachten vom 26. November 2008 erstatten lassen. Dieser hat angegeben, der Kläger habe bei der Untersuchung am 25. November 2008 deutlich aggravierend seine Beschwerden im Bereich der HWS und sein Gehvermögen dargestellt. Wegen der zunehmenden Bewegungseinschränkung der HWS habe er in letzter Zeit Probleme, mit dem Auto zu fahren, da ihm beidseits der Schulterblick nicht mehr recht möglich sei. Zeitweise träten auch Missempfindungen (Kribbelgefühl) in beiden Händen auf, dies insbesondere nach längerem Sitzen sowie auch nachts, welche der Kläger auf die HWS zurückführe. Seitens des rechten Schultergelenks fühle sich der Kläger, der Rechtshänder sei, bei der Verrichtung schon einfacher Arbeiten im Haus und Garten beeinträchtigt. Manchmal habe er Probleme mit den Händen, sodass er nicht richtig fest zugreifen könne. Manchmal sei es ihm nicht möglich, sich selbst die Insulinspritze zu geben. Die Finger seien dann einfach zu steif. Eine Kraftminderung im Bereich der Hände habe er aber nicht beschrieben. Schnelles Gehen sei ihm nicht mehr möglich. Er könne eineinhalb bis zwei Kilometer mit Pausen zu Fuß zurücklegen bzw. 30 Minuten lang schmerzarm gehen. Dr. P. hat als Diagnosen berücksichtigt:

Blandes Zervicalsyndrom mit Mobilitätseinschränkung der unteren HWS und des zervicothorakalen Überganges. Bewegungseinschränkung der BWS bei Rundrücken. Lumbalgie bei Chondrosis intervertrebralis L 5/S 1, massiver Insuffizienz der ventralen Rumpfmuskulatur, massiver Adipositas (110 kg/171 cm). Zustand nach Arthroskopie des rechten Schultergelenkes (2007). Schulterteilsteife rechts mit Bursitis subacromialis und Tendinitis der langen Bicepssehne. Tendinosis calcarea links. Varusfehlstellung, leichte Bewegungseinschränkung und beginnende Arthrose des linken Ellenbogengelenkes bei Zustand nach Fraktur im Kindesalter. Beginnende Koxarthrose rechts. Retropatellare Chondropathie beidseits (links mehr als rechts) bei Genu varum beidseits. Massive Rumpfadipositas (Übergewicht von 39 kg).

Die körperliche Untersuchung belege eine Einschränkung der Mobilität der HWS vom Segment C 4/5 an abwärts. Schwere degenerative Veränderungen im Sinne von Chondrosis intervertrebralis oder einer Spondylose fänden sich nicht. Das Ausmaß der vom Kläger angegebenen durch die HWS bedingten Beschwerden und die im Bereich der Hände auftretenden Kribbelparästhesien und Bewegungseinschränkungen der Fingergelenke könnten durch die Befunde weder erklärt noch gedeckt werden. Im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) fänden sich bis auf einen Verschleiß der Bandscheibe im Segment L 5/S 1 keine weiteren Zeichen degenerativer Veränderungen. Hauptsächliche Ursache für die geklagten Beschwerden sei die massive Übergewichtigkeit des Klägers von fast 40 kg bei gleichzeitiger deutlicher Insuffizienz der ventralen Rumpfmuskulatur. Die Untersuchung des rechten Schultergelenks zeige eine noch leichte Einschränkung der Beweglichkeit (aktiv und passiv) für das Vorheben des Armes und eine etwas stärkere Einschränkung für die Innenrotation (also für das Bewegen der Hand hinter dem Rücken). Gleichzeitig bestünden noch klinische Zeichen einer Entzündung im Bereich der langen Bizepssehne und der subacromialen Strukturen. Eine Kraftminderung im Bereich der rechten Schulter bestehe im Vergleich zu links nicht. Ferner liege eine geringgradig eingeschränkte Beugefähigkeit des linken Ellenbogengelenks vor, welches in leichter O-Stellung verheilt sei. Bei der funktionellen Untersuchung der Hände habe er weder hinsichtlich der Beweglichkeit der Gelenke noch der groben Kraft beim Öffnen und Schließen der Faust oder der Feinmotorik ein Defizit feststellen können. Des Weiteren bestehe eine beidseitige Knorpelerkrankung an der Kniescheibenrückfläche, links stärker ausgeprägt als rechts, ohne nennenswerte Beeinträchtigung der Gehfähigkeit. Die Innenrotationsfähigkeit des rechten Hüftgelenks sei bei einem gleichzeitig bestehenden endgradigen Innenrotationsschmerz aufgehoben. Röntgenologisch seien degenerative Veränderungen im Sinne einer beginnenden Arthrose des Gelenks nachweisbar gewesen. Der Kläger habe eine beidseitige Hörminderung angegeben; eine Hörhilfe werde aber nicht getragen. Die Umgangssprache bei Zimmerlautstärke sei vom Kläger problemlos verstanden worden, die Kommunikation sei nicht beeinträchtigt gewesen.

Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen überwiegend in geschlossenen Räumen vollschichtig zu verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord bzw. Fließbandarbeit, Arbeiten in Nachtschicht, mit Zwangshaltungen, häufigem Bücken oder Knien sowie mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten mehr als zehn kg ohne mechanische Hilfsmittel solle der Kläger nicht mehr bewältigen. Ungünstig sei die Einwirkung von laufenden Temperaturschwankungen sowie von Zugluft und Nässe. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz seien zeitweilig jedoch möglich. Weder aus orthopädisch-neurologischer Sicht (seitens der HWS) noch im Hinblick auf die Mobilität der Fingergelenke und die Kraft beider Hände sei eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände feststellbar gewesen. Dem Kläger sei es zumutbar, mehrere Kilometer hintereinander ohne nennenswerte Probleme zu Fuß zu laufen. Die von ihm subjektiv empfundene Beeinträchtigung seines Gehvermögens resultiere eher aus dem Problem der Übergewichtigkeit.

Der Kläger hat unter dem 22. Dezember 2008 mitgeteilt, inhaltliche Einwände gegen das vorliegende Gutachten bestünden nicht. Er wünsche jedoch eine gerichtliche Entscheidung im Streitverfahren.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. März 2009 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen und zur Begründung angegeben, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Berücksichtigung von zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen in einem zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden und mehr ausüben. Dieses Leistungsbild ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. P. in dem Gutachten vom 26. November 2008, dessen Leistungsbeurteilung von PD Dr. W. aus orthopädischer Sicht in den wesentlichen Punkten bestätigt worden sei. Eine quantitative Leistungsminderung bestehe auch nicht aus internistischer Sicht. Insoweit stütze sich die Kammer auf das Gutachten von Dr. H. vom 26. Juni 2007. Eine nähere Prüfung eines Anspruchs auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei entbehrlich, da der Kläger seinen Klageantrag auf Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beschränkt habe.

Gegen den ihm am 23. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. April 2009 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und den Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung weiterverfolgt. An dem vor dem Sozialgericht gestellten Antrag halte er vollumfänglich fest. Er habe permanent Schmerzen in der HWS und in den Schultern. Die Behandlung erfolge mit Medikamenten und Spritzen. Ferner leide er an Schmerzen in der Hüfte und in den Händen, Taubheitsgefühle bestünden permanent. Asthmaanfälle träten immer häufiger auf; der Bluthochdruck bestehe trotz der Einnahme von Medikamenten. Die Kribbelparästhesien seien von Dr. P. in seinem Gutachten nicht genügend gewürdigt worden. Insoweit müsse ein neurologisches Gutachten eingeholt werden. Er selbst befinde sich nicht in neurologischer Behandlung, weil ihm von Seiten der Ärzte gesagt worden sei, dass es sich um einen Dauerzustand handele und man nichts machen könne. Ferner habe sich sein Hörvermögen verschlechtert, in HNO-ärztlicher Behandlung sei er aber schon länger nicht mehr gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. März 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und ihre angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den § 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da dem Kläger kein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).

Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 21. Februar 2007 die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monate) erfüllt. Ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Wartezeitaufstellung lagen bis zu diesem Zeitpunkt 467 Monate mit Beitragszeiten vor. Im maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor diesem Zeitpunkt sind 54 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt, sodass auch die so genannte 3/5-Belegung erfüllt ist.

Der Kläger ist aber weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Beding- ungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Er kann noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen überwiegend in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Vermieden werden müssen Arbeiten mit Zwangshaltungen, häufigem Bücken, Knien, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten mehr als zehn kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie Expositionen von laufenden Temperaturschwankungen, Kälte, Zugluft und Nässe sowie von Rauch, Staub, Gas und Dampf. Nicht mehr bewältigen kann der Kläger Arbeiten in Nachtschicht, unter Zeitdruck, im Akkord bzw. Fließbandarbeit sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Er ist Arbeiten mit normalen Anforderungen an die Seh- und Hörfähigkeit gewachsen. Ferner ist er in der Lage, Arbeiten mit voller Gebrauchsfähigkeit beider Hände zu verrichten.

Dieses Leistungsbild ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen von Dr. P. in dem Gutachten vom 26. November 2008, PD Dr. W. in dem Gutachten vom 1. August 2007 und von Dr. H. in dem Gutachten vom 26. Juni 2007 sowie aus den Mitteilungen in den Befundberichten von Dr. R. und Dr. A ...

Vordergründig wird das Leistungsvermögen des Klägers auf orthopädischem Gebiet durch ein chronisches BWS-, LWS- und HWS-Syndrom, eine Schultergelenkserkrankung beidseits, eine Arthrose des linken Ellenbogens, eine Hüftgelenksarthrose sowie Knorpelveränderungen der Kniescheiben beidseits eingeschränkt. Im Bereich der BWS besteht lediglich eine geringfügige Bewegungseinschränkung bei einem Rundrücken, ferner liegen leichte bis mäßiggradige degenerative Veränderungen der LWS im Segment L 5/S 1 und der HWS in Form einer eingeschränkten Mobilität vom Segment C 4/5 an abwärts vor. Nervenwurzelreizerscheinungen oder neurologische Ausfälle sind nicht nachweisbar gewesen. Die vom Kläger geklagten Beschwerden sind vordergründig auf die Insuffizienz der ventralen Rumpfmuskulatur zurückzuführen, die wiederum aus dem massiven Übergewicht resultiert. Gleichwohl ist dem Kläger eine mindestens sechsstündige körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit möglich, allerdings ohne Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Knien, schweres Heben, Tragen und Bewegen und nicht auf Leitern und Gerüsten.

Ferner besteht auch nach der Arthroskopie am 10. Juli 2007, die zu einer erheblichen Besserung der Mobilität und Schmerzsymptomatik geführt hat, noch eine Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks beim Vorheben des Armes und beim Führen des Armes hinter den Rücken. Auch waren klinische Zeichen einer Entzündung im Bereich der langen Bizepssehne und der subacromialen Strukturen bei der Begutachtung durch Dr. P. noch nachweisbar. Eine wesentliche Beeinträchtigung des linken Schultergelenks besteht aber nicht. Darüber hinaus ist die Beweglichkeit des linken Ellenbogengelenks beim Beugen leicht eingeschränkt. Durch die eingeschränkte Belastbarkeit der Schultergelenke und des rechten Ellebogengelenks sind Überkopfarbeiten und Arbeiten mit Heben und Tragen über zehn kg ausgeschlossen.

Aufgrund der beidseitigen Kniegelenks- und der Hüftgelenkserkrankung rechts besteht keine nennenswerte Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Klägers und seiner Gehfähigkeit.

Eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände liegt nicht vor. Die vom Kläger geklagten Kribbelparästhesien und Bewegungseinschränkungen konnten durch die mitgeteilten Untersuchungsbefunde nicht objektiviert werden. Die Handgelenke waren bei der Begutachtung durch Dr. P. frei beweglich, die grobe Kraft und die Feinmotorik der Hände erhalten. Die vom Kläger geäußerten Beschwerden sind durch PD Dr. W. in seinem Gutachten vom 1. August 2008 und von Dr. A. in seinem Befundbericht vom 6. Juni 2008 durch entsprechende Befunde nicht bestätigt worden. Vielmehr hat PD Dr. W. auf eine normale Verschwielung beider Hohlhände sowie eine ausgesprochen kräftige Hohlhandmuskulatur verwiesen, was nicht für eine krankheitsbedingte Schonung der Hände spricht. Ferner zeigte auch er eine seitengleich vorhandene grobe Kraft beider Hände, einen vollständigen Faustschluss, eine regelrechte Oppositionsfähigkeit des Daumens sowie eine freie Beweglichkeit der Fingergelenke auf. Der Kläger ist damit nicht krankheitsbedingt, sondern allein wegen seiner kräftig ausgebildeten Hände nur noch in der Lage, Arbeiten ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände zu bewältigen.

Auf internistischem Gebiet leidet der Kläger an einem Asthma bronchiale, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 2, einer Steatosis hepatis mit beginnendem zirrhotischen Umbau und einer Hypertonie. Nach der bei Dr. H. und Dr. R. durchgeführten Diagnostik bestand eine altersgemäße Maximal- sowie Dauerbelastung des Klägers. Eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit aufgrund der vom ihm angegeben Luftnot konnte durch die Untersuchungsbefunde nicht belegt werden. Im Rahmen der Lungenfunktionsprüfung war eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung nicht nachweisbar. Lediglich eine leichtgradige bronchiale Hyperreagibilität konnte festgestellt werden. Bei der Fahrradergometrie war der Kläger bis 170 Watt ohne Erreichen der kardial-pulmonalen Ausbelastungsgrenze belastbar, was einer Belastbarkeit für zumindest körperlich mittelschwere Arbeiten entspricht. Die Zucker- und die Bluthochdruckerkrankung sind medikamentös ausreichend therapiert. Als qualitative Einschränkungen ist eine Exposition gegenüber Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen, Hitze, Staub, Rauch, Gas und Dampf zu vermeiden.

Aufgrund des Übergewichts ergeben sich keine weiteren Einschränkungen. Mit dem vorgenannten Leistungsbild kann der Kläger nach übereinstimmender Auffassung aller gehörten Ärzte noch mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung der vorgenannten qualitativen Einschränkungen arbeiten.

Insoweit ist der medizinische Sachverhalt vollständig aufgeklärt. Der Senat sieht schließlich keine Veranlassung für die Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen, insbesondere nicht für die Einholung eines neurologischen Gutachtens. Die vom Kläger angegebenen Missempfindungen in den Händen fanden, wie bereits dargelegt, ausreichend Berücksichtigung bei den Begutachtungen bei PD Dr. W. und Dr. P., die keine pathologischen Befunde erheben und keine funktionellen Defizite feststellen konnten. Schließlich haben die behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. A. diesbezüglich keine Befunde mitgeteilt und - ebenso wie die gehörten gerichtlichen Sachverständigen - auch keine Notwendigkeit für eine neurologische Behandlung des Klägers gesehen.

Bei dem Kläger bestehen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht vielmehr noch für leichte bis mittelschwere körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Zur Überzeugung des Senats besteht eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände des Klägers. Dr. P. und PD Dr. W. haben nach einer ausführlichen Untersuchung der Hände keine funktionellen Einschränkungen feststellen können. Zudem kann der Kläger aufgrund der Schultergelenkserkrankung rechts keine Überkopfarbeiten bewältigen, auch sind ihm Bewegungen mit dem rechten Arm hinter dem Rücken nicht mehr möglich. Gleichwohl kann er die oben angeführten Verrichtungen noch durchführen.

Auch liegt im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Die Gehfähigkeit des Klägers ist nach übereinstimmender Auffassung von Dr. P. und PD Dr. W. aus orthopädischer Sicht nicht wesentlich beeinträchtigt. Dr. H. hat zwar den Kläger als in der Lage erachtet, zu Fuß 500 Meter innerhalb 20 Minuten zurückzulegen, allerdings nicht viermal am Tag. Für diese Einschränkung hat er jedoch aus internistischer Sicht keine Erklärung aufzeigen können, zumal er die vom Kläger geschilderte Luftnotsymptomatik gerade nicht mit den objektiven Untersuchungsbefunden nicht erklären konnte. Schließlich hat der Kläger bei der Untersuchung bei PD Dr. W. am 1. August 2007, eineinhalb Monate später, selbst angegeben, zwar nur langsam gehen zu können, aber sonst in der Mobilität nicht eingeschränkt zu sein. Auch bei Dr. P. hat er selbst das langsame Zurücklegen einer Gehstrecke von eineinhalb bis zwei Kilometern mit Pausen für möglich erachtet und eingeschätzt, 30 Minuten "schmerzarm" laufen zu können. Für den Senat ist nachvollziehbar, dass die Übergewichtigkeit zwar seine Gehfähigkeit erschwert, der Kläger aber gleichwohl eine Wegstrecke von knapp mehr als 500 Meter viermal am Tag innerhalb von 20 Minuten bewältigen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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