Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 RJ 111/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 526/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erwerbsminderung, chronischer Alkoholismus
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Der am ... 1955 geborene Kläger durchlief nach dem zehnjährigen Schulbesuch vom 1. September 1971 bis zum 31. August 1973 erfolgreich eine Lehre zum Landmaschinenschlosser (Spezialisierung Getreide- und Hackfruchtproduktion) und war bis März 1992 im erlernten Beruf tätig. Unter dem 23. Mai 1980 erwarb er die Qualifikation als Meister für landtechnische Instandhaltung. Von März 1992 bis November 1995 war der Kläger selbständig (als Eisverkäufer und Imbissbudenbesitzer) tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit absolvierte er nach seinen Angaben eine Umschulung zum Kfz-Mechaniker und war bis 1999 als Schlosser im Rohrleitungsbau beschäftigt, bevor er diese Tätigkeit wegen der Insolvenz des Arbeitgebers aufgeben musste. Danach war er erneut arbeitslos. Von Dezember 2000 bis November 2001 war er als Fahrer bei der AWO Q. im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt, von Dezember 2001 bis Juli 2002 erneut arbeitslos und arbeitete zuletzt vom 15. Juli 2002 bis zum 28. Februar 2006 bei der Gesellschaft für Brief- und Paketdienst – Q. mbH. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft von März 2008 hat der Kläger als Postzusteller mit einem Pkw Zustellarbeiten als normale ungelernte Arbeiten ausgeführt. Als Vorkenntnisse habe der Kläger für die verrichtete Tätigkeit eine Fahrerlaubnis verwerten können. Bereits ab dem 16. September 2002 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt bis zum 12. Januar 2004 Krankengeld. Bis zum 31. Dezember 2004 bezog er dann Sozialhilfe und seit dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Am 17. Februar 2003 beantragte der Kläger die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Wegen eines Bandscheibenschadens, eines Nervenschadens an beiden Beinen, einer Diabeteserkrankung, Knie- und Hüftgelenksproblemen und häufigen Kopfschmerzen könne er allenfalls eine dreistündige sitzende Tätigkeit verrichten. Er fügte seinem Antrag mehrere ärztliche Unterlagen aus dem Verfahren auf Feststellung einer Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz bei sowie die Epikrise der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses B. vom 13. Februar 2003. Dort hatte sich der Kläger vom 30. Januar bis zum 12. Februar 2003 zum dritten Mal zur Entgiftung bei bekannter Alkoholkrankheit befunden. Er habe unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er sich mit dem Auto überschlagen habe und zur Beobachtung wegen eines Schädel-Hirn-Traumas stationär aufgenommen worden sei. Bei der Aufnahme sei ein Blutalkoholspiegel von 1,56 Promille festgestellt worden. Zum psychopathologischen Befund ist ausgeführt, dass der Kläger ein gutes Sprachverständnis mit durchschnittlichem Ausdrucksvermögen, keine Auffassungs- und Konzentrationsstörungen und keine mnestischen Defizite sowie ein ungestörtes formales und inhaltliches Denken gezeigt habe und wach, bewusstseinsklar und voll orientiert aufgetreten sei. Auffällig seien angedeutete Insuffizienzgefühle, eine leicht depressive und zeitweise dysphorisch gereizte Verhaltensweise ohne Anhalt für Aggressivität oder Suizidalität gewesen. Die Entgiftungsbehandlung habe sich komplikationslos gestaltet. In seinen körperlichen Aktivitäten sei der Kläger durch anhaltende Rücken-/Beinbeschwerden, am ehesten im Rahmen des bereits im letzten Jahr diagnostizierten Wurzelreizsyndroms bei Bandscheibenvorfall, eingeschränkt gewesen. Er Kläger sei in einem deutlich psychisch und körperlich stabilisierten Allgemeinzustand entlassen worden.
Vom 4. bis zum 8. März 2003 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Krankenhaus B. zur Durchführung einer ventralen Spondylodese L 5/S 1 am 5. März 2003 und einer Neuplatzierung der Schraube am 25. März 2003. Danach bewilligte die Beklagte dem Kläger vom 16. April bis zum 21. Mai 2003 eine stationäre Anschlussheilbehandlung im Saale Reha-Klinikum B. K ... Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 23. Mai 2003 seien als Diagnosen eine Osteochondrose mit Retrolisthesis L 5/S 1, eine ventrale Spondylodese 5. März 2003, eine dorsale Spondylodese 13. März 2003, ein Diabetes mellitus Typ IIa, sekundär insulinpflichtig, sowie eine arterielle Hypertonie zu berücksichtigen. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung werden für den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und/oder Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr täglich für zumutbar erachtet. Ausgeschlossen seien Zwangshaltungen in gebückter oder gehockter Stellung sowie – wegen des Diabetes mellitus – Arbeiten in Nachtschicht. Die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Kraftfahrer mit Be- und Entladetätigkeiten könne aus dortiger Sicht nicht ausgeübt werden; ein Einsatz als Kraftfahrer sei möglich, wenn das Anforderungsprofil dem positiven Leistungsbild entspreche. Bei der Entlassungsuntersuchung wurde die Kraft aller Kennmuskeln mit Janda 5 und ein negatives Lasègue’sches Zeichen gemessen; nach wie vor vorhanden war die Hypästhesie des rechten Fußrückens.
Sodann holte die Beklagte einen Behandlungs- und Befundbericht von dem Hausarzt des Klägers, dem Facharzt für Allgemeinmedizin K., vom 6. April 2003 ein. Dieser fügte u.a. die Entlassungsberichte des Kreiskrankenhauses B. vom 25. Mai und 16. August 2001 über die erstmals vom 11. bis zum 24. Mai 2001 durchgeführte Entgiftung und die vom 31. Mai bis zum 28. Juni 2001 durchgeführte teilstationäre Anschlussbehandlung bei.
Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger von dem Chefarzt der Klinik für Innere Medizin B. Dipl.-Med. T. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 11. Juli 2003 aus, dass der Kläger seit der Entgiftung im Februar 2003 "trocken" sei; dementsprechend seien die laborchemischen Parameter ausnahmslos normal ausgefallen. Eine Störung der Syntheseleistung oder der Entgiftungsfunktion der Leber sei nicht feststellbar und sonographisch lediglich eine Pankreasfibrose sowie eine Fettleber mit einem beginnenden zirrhotischem Umbau nachzuweisen gewesen. Daneben bestünden ein primär insulinpflichtiger Diabetes mellitus und eine essentielle Hypertonie ohne kardiopulmunale Leistungseinschränkung. Aus internistischer Sicht könne der Kläger sowohl seine letzte Tätigkeit als Kraftfahrer als auch leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht vollschichtig verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 18. August 2003 ab. Zwar sei dessen Erwerbsfähigkeit durch ein degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Operation, eine insulinpflichtige Zuckerkrankheit, ein Bluthochdruck und eine Nervenschädigung der Beine beeinträchtigt. Er könne auch nicht mehr den erlernten Beruf eines Schlossers ausüben. Unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten könne er jedoch auf die zumutbare Verweisungstätigkeit des Monteurs kleiner Aggregate verwiesen werden. Diese Tätigkeit könne er im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Damit liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Hiergegen legte der Kläger am 3. September 2003 Widerspruch ein mit der Begründung, er fühle sich nicht in der Lage, auf dem Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden tätig zu sein. Er sei ein schwerbehinderter Bürger und könne auf die Tätigkeit, Aggregate zu montieren, nicht verwiesen werden. Daraufhin holte die Beklagte nochmals einen Behandlungs- und Befundbericht von Dr. N. vom 25. November 2003 ein. Danach befinde sich der Kläger seit der Bandscheibenoperation im März 2003 in regelmäßiger Physio- und Schmerztherapie. Bei der letzten Vorstellung am 18. November 2003 seien die Kreuzschmerzen deutlich reduziert gewesen; die Fußheberschwäche rechts habe sich noch nicht gebessert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Als Ergebnis der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung sei festzustellen, dass der Kläger sechs Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, häufiges Bücken, Hocken, Knien, Eigen- und Fremdgefährdung sowie häufiges Klettern und Steigen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne.
Hiergegen hat der Kläger am 2. April 2004 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. Er leide unter Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule und der Hüft- und Kniegelenke, unter einem Diabetes mellitus, einer diabetischen Polyneuropathie, einem Bluthochdruck und einer chronischen Suchterkrankung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei er nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das Sozialgericht hat zunächst Behandlungs- und Befundberichte von dem Hausarzt K. vom 8. Mai 2005, von Dr. N. vom 30. Mai 2005 und von dem Praktischen Arzt Dipl.-Med. G. vom 22. September 2005 eingeholt. Dr. N. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger chronischer Schmerzpatient sei, und der Hausarzt K. sowie Dipl.-Med. G. haben die Einschätzung abgegeben, dass eine Erwerbsfähigkeit auf Dauer nicht möglich sei. Der Hausarzt K. hat zudem die Epikrise der N. Anstalten vom 24. Februar 2005 übersandt, wonach der Kläger am 19. Januar 2005 erneut mit einem Alkoholspiegel von 1,0 Promille zur Aufnahme erschienen sei und sich bis zum 29. Januar 2005 dort wiederholt zur Alkoholentgiftung aufgehalten habe. Es bestehe eine chronische Alkoholabhängigkeit sowie ein chronisches Schmerzsyndrom bei ausgeprägter Wirbelsäulendegeneration und Zustand nach einem Bandscheibenvorfall mit mehreren Operationen.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein nervenfachärztliches Gutachten von Prof. Dr. med. habil. W. vom 26. April 2006 eingeholt. Gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger über seit Anfang 2000 bestehende Kreuzschmerzen, seit vielen Jahren bestehende gelegentliche Nackenschmerzen mit erheblicher Zunahme seit ca. zwei Jahren, über erhebliche Bewegungseinschränkungen des Kopfes bei Drehbewegungen und eine Schmerzausstrahlung vom Nacken bis in den Hinterkopf geklagt. Die neurologische Untersuchung habe Dysästhesien C 8 links, eine inkomplette Fibularisparese rechts, einen leichten Steppergang rechts sowie Dysästhesien S 1 links und L 5 rechts und ein vermindertes Vibrationsempfinden beider Füße gezeigt. Darüber hinaus sei eine erhebliche Rückenmuskeldysbalance mit Rundrückenbildung, eine erhebliche Blockierung der unteren Halswirbelsäule (HWS), eine erhebliche Bewegungseinschränkung in der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine deutliche Blockierung der ersten Rippe links bei freibeweglichen Kopf- und Schultergelenken feststellbar gewesen. Ferner hätten der Befund einer mäßiggradigen sensomotorischen Polyneuropathie vom axonalen Schädigungstyp sowie einer mäßiggradigenFibularisparese rechts erhoben werden können. Folgende Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen:
1. Alkoholabhängigkeit vom Delta-Typ mit Zustand nach mehreren deliranten Episoden im Rahmen von stationären Entgiftungen und Abstinenzverhalten seit einem Jahr ohne Hinweise auf ein hirnorganisches Psychosyndrom. 2. Mäßiggradige sensomotorische Polyneuropathie vom axonalen Schädigungstyp alkoholtoxischer und diabetogener Genese. 3. Zustand nach Spondylodese-Operation L 5/S 1 mit fortbestehendem Wurzelreizsyndrom S 1 links ohne neurologische Ausfälle und einer Wurzelläsion L 5 rechts mit mäßiggradiger Fibularisparese rechts. 4. Zervikales Kopfschmerzsyndrom, zervikaler Schwindel sowie C 8-Syndrom links ohne neurologische oder neurophysiologische Ausfälle bei Blockierung der unteren HWS. 5. Blockierung der ersten Rippe links. 6. Diabetes mellitus. 7. Essentielle Hypertonie. 8. Fettleber mit beginnendem zirrhotischem Umbau äthyltoxischer Genese.
Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung oder eine psychiatrische Erkrankung seien nicht feststellbar gewesen. Die Untersuchung habe keine Hinweise auf hirnorganische Leistungsstörungen und weder vom klinischen Eindruck noch durch Zusatzuntersuchungen Hinweise auf hirnorganische Schäden ergeben. Es bestehe keine Beeinträchtigung in der geistigen Belastbarkeit im Rahmen eines durchschnittlichen intellektuellen Leistungsvermögens bei gut erhaltener Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger könne noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen oder bei einem "Sitzberuf" mit zusätzlichen über das normale Maß hinausgehenden Pausen zwecks Haltungsänderung ausführen. Ausgeschlossen seien Arbeiten im Freien unter Witterungseinflüssen und Zugluft. Einschränkungen hinsichtlich der geistigen Belastbarkeit bestünden entsprechend dem Anforderungsprofil des Klägers nicht. Zumutbare Arbeiten könnten sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden.
Im Verhandlungstermin beim Sozialgericht hat die Beklagte als weitere Verweisungstätigkeiten u.a. die der Bürohilfskraft und des Pförtners an der Nebenpforte benannt.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder teilweise oder voll erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Er sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage, sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu arbeiten.
Gegen das ihm am 16. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er sei voll erwerbsgemindert. Insbesondere sei ihm wegen seiner Alkoholabhängigkeit und seines chronisch alkoholisierten Zustands der Arbeitsmarkt wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verschlossen. Im Arbeitsrecht sei das Vorliegen von Alkoholismus als Kündigungsgrund anerkannt. Das müsse auch im Rentenrecht berücksichtigt werden. Schließlich leide er unter erheblichen Schmerzzuständen wegen des chronischen Schmerzsyndroms der HWS und LWS sowie der Kopfschmerzsymptomatik, so dass er auch insoweit keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Den Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verfolge er nicht mehr.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat zunächst die oben genannte Arbeitgeberauskunft der Gesellschaft für Brief- und Paketdienst – Q. mbH von März 2008 eingeholt.
Ferner ist das Gutachten der Dr. H. vom 13. März 2008 nach Aktenlage für die Bundesagentur für Arbeit beigezogen worden. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für bis zu gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne Verrichtungen auf Leitern und Gerüsten, häufiges Heben und Tragen von Lasten, kniende und hockende Arbeiten, Überkopfarbeit, Einnahme von Wirbelsäulenzwangshaltungen, Nachtarbeit, häufig wechselnde Arbeitszeiten oder beruflichen Kontakt zu Alkohol. Dauernde gesundheitliche Bedenken bestünden bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Berufskraftfahrer.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 24. Juni 2006 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zugesagt.
Im Berufungsverfahren ist zunächst noch ein Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. W. vom 2. Juli 2008 eingeholt worden. Als Diagnosen seien ein Diabetes mellitus Typ I, ein Alkoholismus und ein chronisches LWS-Syndrom zu berücksichtigen. Dipl.-Med. W. hat Arztbriefe des Dipl.-Med. G. vom 5. Oktober 2006 und vom 18. Januar 2007 beigefügt. Ferner hat sie die Entlassungsmitteilung der N. Anstalten vom 30. Januar 2008 über die siebte Entgiftung des Klägers vom 9. bis zum 18. Januar 2008 beigefügt. Der Kläger sei im Juli 2007 ein paar Wochen "trocken" gewesen, dann wieder rückfällig geworden, zumeist um die Schmerzen bei bekanntem chronischen LWS-Schmerzsyndrom zu betäuben und nachts besser schlafen zu können. Aus dem ebenfalls beigefügten Arztbericht von dem Facharzt für Neurochirurgie Dr. W. vom 29. Juni 2006 ergibt sich, dass die klinisch neurologische Untersuchung ein minimales Residuum der nahezu komplett regredienten Fußheberlähmung rechts bei bestehender Hyposensibilität im distalen Anteil des Dermatoms L 5 rechts gezeigt habe. Auf den Röntgenaufnahmen sei ein regulär positionierter Fixateur intern LW5/SW1 erkennbar gewesen. Aus der Gesamtkonstellation ergebe sich keine Notwendigkeit einer etwaigen operativen Revision.
Schließlich hat der Senat ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. F., Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie und Forensische Psychiatrie, Chefärztin und Ärztliche Direktorin des Fachklinikums B. vom 11. Juni 2009 eingeholt. Auch dort hat der Kläger beklagt, am schlimmsten seien die Schmerzen im Rücken. Die Kraft im linken Bein sei wieder da, die Fußheberschwäche habe sich nach monatelanger Reizstrombehandlung zurückgebildet. Er habe noch ein Taubheitsgefühl an der Außenseite des rechten Unterschenkels nach der Operation. Mitunter habe er Krämpfe in den Waden, aber kein Kribbeln. Er fahre noch Auto, wenn er nichts getrunken habe, und sei noch im Besitz einer Fahrerlaubnis. Die Beweglichkeit in der HWS sei eingeschränkt, drei- bis viermal im Jahr habe er einen steifen Hals. Er bewohne mit seiner Ehefrau eine Mietwohnung. Darüber hinaus besäßen sie eine Gartenanlage, ca. 560 qm, wo sie im Wesentlichen Gemüse anbauten. Er habe eine Voliere mit etwa 22 Vögeln, Kaninchen im Garten und einen Fischteich. Er stehe gegen halb acht auf, die Frau gehe um 9:00 Uhr zur Arbeit. Vormittags würde er sich um die Hausarbeit kümmern, sauber machen, Staub saugen, abwaschen. Gegen 12:00 Uhr hole er sein fünfjähriges Enkelkind aus dem Kindergarten und betreue es. Gegen 15:30 Uhr hole er seine Frau mit dem Auto ab. Sie würden dann zusammen in den Garten fahren und die Tiere füttern, anschließend nach Hause fahren und Abendbrot essen.
Hinsichtlich des allgemein-klinischen Status hat die Sachverständige einen guten Allgemein- und Körperzustand festgestellt, der Atemalkoholtest habe 1,01 Promille ergeben. Die Wirbelsäule sei eingeschränkt beweglich und ohne Klopfschmerz gewesen. An den Extremitäten hätten sich eine leichte Fibularisschwäche links, an den Armen und Händen keine Auffälligkeiten ergeben; die Hände seien derb verschwielt gewesen. Im neurologischen Befund ist mitgeteilt, dass an den Extremitäten keine Lähmungserscheinungen, keine sicheren Atrophien und eine diskrete Fußheberschwäche rechts aufgefallen seien. Der PSR sei sehr schwach, der ASR nicht auslösbar gewesen. Das Gangbild habe sich zügig und flüssig ohne Steppergang dargestellt. Hinsichtlich der Sensibilität seien eine Hypaesthesie und eine Hypalgesie an der Außenseite beider Unterschenkel sowie ein abgeschwächtes Vibrationsempfinden in beiden Füßen feststellbar gewesen. Ferner sei ein diskreter vegetativer Tremor aufgefallen. Die intellektuellen Voraussetzungen seien als im Normbereich liegend einzuordnen. Bei der psychiatrischen Exploration hätten sich keine Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom ergeben. Bei der detaillierten testpsychologischen Untersuchung durch Dipl. Psych. Rummel seien keine Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Merkfähigkeit, der Aufmerksamkeit und des kognitiven Tempos feststellbar gewesen. Erst gegen Ende der Begutachtung, die nach einer mehrstündigen psychiatrischen Exploration und anschließenden körperlichen und elektrophysiologischen Untersuchungen erfolgt sei, hätten sich leichte Ermüdungserscheinungen sowie eine leichte psychomotorische Unruhe (sehr wahrscheinlich beginnender Alkoholentzug) gezeigt.
Beim Kläger sei ein Alkoholabhängigkeitssyndrom vom Delta-Trinktyp nach JELLINEK in der chronischen Phase festzustellen. Nach der letzten Entgiftung im Januar 2009 trinke der Kläger seit Mitte April erneut täglich Alkohol. Als Folgen des beschriebenen Alkoholkonsums seien ein beginnendes diskretes vegetatives Entzugssyndrom, eine bekannte Leberschädigung bei aktuell noch im Normbereich befindlichen Laborwerten ohne klinische Dekompensationszeichen, eine sehr leichte Polyneuropathie ohne motorische Ausfälle mit Reflexabschwächung der unteren Extremitäten, Sensibilitätsstörungen, zur Zeit ohne nachweisbare Polyneuropathie, zu berücksichtigen. Ein organisches Psychosyndrom sowie kognitive Defizite bestünden nicht. Ferner seien als Gesundheitsstörungen ein Schmerzmittelabusus, eine Nikotinabhängigkeit, ein Zustand nach Spondylodese-Operation L 5/S 1 bei Wirbelsäulendegeneration und Nucleus pulposus Prolaps mit sensibler radikulärer Symptomatik L 5/S 1 beidseits ohne motorische Ausfälle, mit allenfalls noch diskreter Fibularisparese rechts (deutlich rückläufig) und vertebragenem Schmerzsyndrom der LWS, ein intermittierendes vertebragenes Schmerzsyndrom der HWS, zur Zeit ohne Beschwerden, eine Gonarthrose, ein Diabetes mellitus, insulinpflichtig, gut eingestellt, sowie eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, in die Beurteilung mit einzubeziehen.
Der Kläger könne noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen oder überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. Denn die detaillierte testpsychologische Untersuchung habe eine unauffällige Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung, ein gutes Auffassungsvermögen und Aufgabenverständnis, eine unauffällige kognitive Leistungsfähigkeit, eine unbeeinträchtigte Gedächtnisleistung für bildhaftes Material, ein unauffälliges Gedächtnis für Zahlen und Arbeitsgedächtnis, noch mit Leistungszuwachs, gute Voraussetzungen für Leistungen komplexer Aufgaben, ein unbeeinträchtigtes kognitives Tempo und ein gutes bis sehr gutes Arbeitsverhalten unter Daueraufmerksamkeitsbedingungen gezeigt. Der Kläger klage zwar nach längerem Laufen über zunehmende Schmerzen in der LWS und eine Ermüdung insbesondere des rechten Beines. Er könne aber noch viermal arbeitstäglich einen Fußweg von mehr als 500 Meter zurücklegen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen und bei Alkoholabstinenz einen Pkw führen. Die Einholung weiterer Fachgutachten hat Dr. F. nicht für erforderlich gehalten.
Der Kläger hat sich mit dem Gutachten von Dr. F. nicht einverstanden erklärt. Insbesondere sei unzutreffend, dass seine Hände derb verschwielt seien. Er habe schon seit Jahren keine Schwielen mehr an den Händen. Er sei nicht in der Lage gewesen, zwei Stunden ohne Pausen und Schwierigkeiten die Untersuchung durchzuhalten. Er habe nach einiger Zeit ständig seine Sitzposition ändern müssen. Während der Pausen habe er noch eine Schmerztablette genommen. Außerdem habe er keine Vogel- und Fischzucht, sondern lediglich einen Gartenteich mit ein paar Goldfischen und eine Vogelvoliere mit einigen Vögeln, die einen Arbeitsaufwand von maximal einer Stunde in der Woche benötigten. Er sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; nach einer Untersuchung des Amtsarztes sei er aus der Meldepflicht genommen worden. Er halte die Einholung eines speziellen Schmerzgutachtens und die Durchführung einer orthopädischen Begutachtung für erforderlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Dem Kläger steht weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit Zwangshaltungen, überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Knien und Hocken, Überkopfarbeiten und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft sowie häufigen Temperaturschwankungen. Es besteht eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände. Es können normale Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen gestellt werden. Der Kläger ist durchschnittlichen Anforderungen an die geistigen und mnestischen Fähigkeiten gewachsen. Er kann nicht mit Publikumsverkehr und Kontakt mit leberschädigenden Substanzen arbeiten sowie keine Arbeiten verrichten, die mit dem Führen von Fahrzeugen und Maschinen verbunden sind. Er ist nur in Tages-, Früh- und Spätschicht einsetzbar; Nacht- und Wechselschicht sind ausgeschlossen.
Dies ergibt sich für den Senat aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aus den Gutachten von Dr. F. vom 11. Juni 2009 und von Prof. Dr. med. habil. W. vom 26. April 2006. Ebenfalls berücksichtigt worden sind das Gutachten von Dipl. med. T. vom 11. Juli 2003 sowie der Rehabilitationsentlassungsbericht vom 23. Mai 2003 und die Befundberichte der behandelnden Ärzte.
Danach leidet der Kläger an einer chronischen Alkoholkrankheit. Seit 2001 musste er sich jährlich ca. einmal für zwei bis drei Wochen in stationäre Behandlung zur Entgiftung begeben, blieb dann einige Wochen abstinent, bevor er wieder rückfällig wurde. Diese Krankheit hat jedoch nicht zu einem mehr als sechs Monate aufgehobenen Leistungsvermögen geführt. Nach übereinstimmender Einschätzung aller behandelnden Ärzte und Gutachter sind beim Kläger bislang kein hirnorganisches Psychosyndrom und keine kognitiven Defizite als Folge der Alkoholkrankheit entstanden. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses B. vom 13. Februar 2003 und übereinstimmend aus den Gutachten von Prof. Dr. med. habil. W. und Dr. F ... Insoweit besteht neben vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in Folge kurzzeitig massiv erhöhten Alkoholkonsums mit notwendiger Entgiftung lediglich die Einschränkung, dass der Kläger ohne Kontakt mit Alkohol und ohne Publikumsverkehr arbeiten kann. Außerdem bestehen Einschränkungen bei der Notwendigkeit, ein Kraftfahrzeug oder Maschinen zu führen.
Darüber hinaus leidet der Kläger an einem chronischen Schmerzsyndrom der LWS. Die als Folge der Spondylodese zunächst aufgetretene Fußheberschwäche hat sich fast komplett zurückgebildet. Dies ergibt sich zum einen aus dem Gutachten von Dr. F. und zum anderen aus dem Befundbericht von Dr. W. vom 29. Juni 2006. Radikuläre Ausfallerscheinungen, anhaltende Lähmungen oder trophische Störungen sind nicht aufgetreten. Insoweit führt das LWS-Schmerzsyndrom zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens dahingehend, dass nur noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten möglich sind. Schweres Heben und Tragen, Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Knien und Bücken, Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen müssen unterbleiben.
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus führt zum Ausschluss von Nacht- und Wechselschichtarbeiten. Die übrigen Gesundheitsstörungen führen zu keiner weitergehenden Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens. Insbesondere das HWS-Syndrom, der Schmerzmittelabusus, die Nikotinabhängigkeit und die arterielle Hypertonie schränken das Leistungsvermögen nicht noch weitergehend ein.
Bei dem Kläger liegen deshalb auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte, die u.a. die Verweisungstätigkeiten des Pförtners an der Nebenpforte und der Bürohilfskraft benannt hat, war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht vielmehr noch für zumindest leichte bis mittelschwere körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Insbesondere ist in der beim Kläger vorliegenden Alkoholkrankheit keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu sehen. Denn auch bei einer Alkoholerkrankung ist allein maßgebend, wie sie sich auf die Leistungsfähigkeit im Einzelnen auswirkt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 – recherchiert über juris). Beim Kläger hat die Alkoholkrankheit bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Senat noch nicht zu einer relevanten Einschränkung der geistigen oder mnestischen Fähigkeiten, wie sie bei solchen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gefordert sind, geführt. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmend mitgeteilten Befunden der behandelnden Ärzte und den Befunderhebungen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. med. habil. W. und Dr. F ...
Auch liegt im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Die Gehfähigkeit des Klägers ist nach übereinstimmender Beurteilung aller gehörten Ärzte nicht so wesentlich eingeschränkt, dass er die oben genannten Wegstrecken nicht zurücklegen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Der am ... 1955 geborene Kläger durchlief nach dem zehnjährigen Schulbesuch vom 1. September 1971 bis zum 31. August 1973 erfolgreich eine Lehre zum Landmaschinenschlosser (Spezialisierung Getreide- und Hackfruchtproduktion) und war bis März 1992 im erlernten Beruf tätig. Unter dem 23. Mai 1980 erwarb er die Qualifikation als Meister für landtechnische Instandhaltung. Von März 1992 bis November 1995 war der Kläger selbständig (als Eisverkäufer und Imbissbudenbesitzer) tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit absolvierte er nach seinen Angaben eine Umschulung zum Kfz-Mechaniker und war bis 1999 als Schlosser im Rohrleitungsbau beschäftigt, bevor er diese Tätigkeit wegen der Insolvenz des Arbeitgebers aufgeben musste. Danach war er erneut arbeitslos. Von Dezember 2000 bis November 2001 war er als Fahrer bei der AWO Q. im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt, von Dezember 2001 bis Juli 2002 erneut arbeitslos und arbeitete zuletzt vom 15. Juli 2002 bis zum 28. Februar 2006 bei der Gesellschaft für Brief- und Paketdienst – Q. mbH. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft von März 2008 hat der Kläger als Postzusteller mit einem Pkw Zustellarbeiten als normale ungelernte Arbeiten ausgeführt. Als Vorkenntnisse habe der Kläger für die verrichtete Tätigkeit eine Fahrerlaubnis verwerten können. Bereits ab dem 16. September 2002 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt bis zum 12. Januar 2004 Krankengeld. Bis zum 31. Dezember 2004 bezog er dann Sozialhilfe und seit dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Am 17. Februar 2003 beantragte der Kläger die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Wegen eines Bandscheibenschadens, eines Nervenschadens an beiden Beinen, einer Diabeteserkrankung, Knie- und Hüftgelenksproblemen und häufigen Kopfschmerzen könne er allenfalls eine dreistündige sitzende Tätigkeit verrichten. Er fügte seinem Antrag mehrere ärztliche Unterlagen aus dem Verfahren auf Feststellung einer Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz bei sowie die Epikrise der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses B. vom 13. Februar 2003. Dort hatte sich der Kläger vom 30. Januar bis zum 12. Februar 2003 zum dritten Mal zur Entgiftung bei bekannter Alkoholkrankheit befunden. Er habe unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er sich mit dem Auto überschlagen habe und zur Beobachtung wegen eines Schädel-Hirn-Traumas stationär aufgenommen worden sei. Bei der Aufnahme sei ein Blutalkoholspiegel von 1,56 Promille festgestellt worden. Zum psychopathologischen Befund ist ausgeführt, dass der Kläger ein gutes Sprachverständnis mit durchschnittlichem Ausdrucksvermögen, keine Auffassungs- und Konzentrationsstörungen und keine mnestischen Defizite sowie ein ungestörtes formales und inhaltliches Denken gezeigt habe und wach, bewusstseinsklar und voll orientiert aufgetreten sei. Auffällig seien angedeutete Insuffizienzgefühle, eine leicht depressive und zeitweise dysphorisch gereizte Verhaltensweise ohne Anhalt für Aggressivität oder Suizidalität gewesen. Die Entgiftungsbehandlung habe sich komplikationslos gestaltet. In seinen körperlichen Aktivitäten sei der Kläger durch anhaltende Rücken-/Beinbeschwerden, am ehesten im Rahmen des bereits im letzten Jahr diagnostizierten Wurzelreizsyndroms bei Bandscheibenvorfall, eingeschränkt gewesen. Er Kläger sei in einem deutlich psychisch und körperlich stabilisierten Allgemeinzustand entlassen worden.
Vom 4. bis zum 8. März 2003 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Krankenhaus B. zur Durchführung einer ventralen Spondylodese L 5/S 1 am 5. März 2003 und einer Neuplatzierung der Schraube am 25. März 2003. Danach bewilligte die Beklagte dem Kläger vom 16. April bis zum 21. Mai 2003 eine stationäre Anschlussheilbehandlung im Saale Reha-Klinikum B. K ... Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 23. Mai 2003 seien als Diagnosen eine Osteochondrose mit Retrolisthesis L 5/S 1, eine ventrale Spondylodese 5. März 2003, eine dorsale Spondylodese 13. März 2003, ein Diabetes mellitus Typ IIa, sekundär insulinpflichtig, sowie eine arterielle Hypertonie zu berücksichtigen. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung werden für den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und/oder Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr täglich für zumutbar erachtet. Ausgeschlossen seien Zwangshaltungen in gebückter oder gehockter Stellung sowie – wegen des Diabetes mellitus – Arbeiten in Nachtschicht. Die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Kraftfahrer mit Be- und Entladetätigkeiten könne aus dortiger Sicht nicht ausgeübt werden; ein Einsatz als Kraftfahrer sei möglich, wenn das Anforderungsprofil dem positiven Leistungsbild entspreche. Bei der Entlassungsuntersuchung wurde die Kraft aller Kennmuskeln mit Janda 5 und ein negatives Lasègue’sches Zeichen gemessen; nach wie vor vorhanden war die Hypästhesie des rechten Fußrückens.
Sodann holte die Beklagte einen Behandlungs- und Befundbericht von dem Hausarzt des Klägers, dem Facharzt für Allgemeinmedizin K., vom 6. April 2003 ein. Dieser fügte u.a. die Entlassungsberichte des Kreiskrankenhauses B. vom 25. Mai und 16. August 2001 über die erstmals vom 11. bis zum 24. Mai 2001 durchgeführte Entgiftung und die vom 31. Mai bis zum 28. Juni 2001 durchgeführte teilstationäre Anschlussbehandlung bei.
Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger von dem Chefarzt der Klinik für Innere Medizin B. Dipl.-Med. T. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 11. Juli 2003 aus, dass der Kläger seit der Entgiftung im Februar 2003 "trocken" sei; dementsprechend seien die laborchemischen Parameter ausnahmslos normal ausgefallen. Eine Störung der Syntheseleistung oder der Entgiftungsfunktion der Leber sei nicht feststellbar und sonographisch lediglich eine Pankreasfibrose sowie eine Fettleber mit einem beginnenden zirrhotischem Umbau nachzuweisen gewesen. Daneben bestünden ein primär insulinpflichtiger Diabetes mellitus und eine essentielle Hypertonie ohne kardiopulmunale Leistungseinschränkung. Aus internistischer Sicht könne der Kläger sowohl seine letzte Tätigkeit als Kraftfahrer als auch leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht vollschichtig verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 18. August 2003 ab. Zwar sei dessen Erwerbsfähigkeit durch ein degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Operation, eine insulinpflichtige Zuckerkrankheit, ein Bluthochdruck und eine Nervenschädigung der Beine beeinträchtigt. Er könne auch nicht mehr den erlernten Beruf eines Schlossers ausüben. Unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten könne er jedoch auf die zumutbare Verweisungstätigkeit des Monteurs kleiner Aggregate verwiesen werden. Diese Tätigkeit könne er im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Damit liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Hiergegen legte der Kläger am 3. September 2003 Widerspruch ein mit der Begründung, er fühle sich nicht in der Lage, auf dem Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden tätig zu sein. Er sei ein schwerbehinderter Bürger und könne auf die Tätigkeit, Aggregate zu montieren, nicht verwiesen werden. Daraufhin holte die Beklagte nochmals einen Behandlungs- und Befundbericht von Dr. N. vom 25. November 2003 ein. Danach befinde sich der Kläger seit der Bandscheibenoperation im März 2003 in regelmäßiger Physio- und Schmerztherapie. Bei der letzten Vorstellung am 18. November 2003 seien die Kreuzschmerzen deutlich reduziert gewesen; die Fußheberschwäche rechts habe sich noch nicht gebessert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Als Ergebnis der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung sei festzustellen, dass der Kläger sechs Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, häufiges Bücken, Hocken, Knien, Eigen- und Fremdgefährdung sowie häufiges Klettern und Steigen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne.
Hiergegen hat der Kläger am 2. April 2004 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. Er leide unter Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule und der Hüft- und Kniegelenke, unter einem Diabetes mellitus, einer diabetischen Polyneuropathie, einem Bluthochdruck und einer chronischen Suchterkrankung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen sei er nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Das Sozialgericht hat zunächst Behandlungs- und Befundberichte von dem Hausarzt K. vom 8. Mai 2005, von Dr. N. vom 30. Mai 2005 und von dem Praktischen Arzt Dipl.-Med. G. vom 22. September 2005 eingeholt. Dr. N. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger chronischer Schmerzpatient sei, und der Hausarzt K. sowie Dipl.-Med. G. haben die Einschätzung abgegeben, dass eine Erwerbsfähigkeit auf Dauer nicht möglich sei. Der Hausarzt K. hat zudem die Epikrise der N. Anstalten vom 24. Februar 2005 übersandt, wonach der Kläger am 19. Januar 2005 erneut mit einem Alkoholspiegel von 1,0 Promille zur Aufnahme erschienen sei und sich bis zum 29. Januar 2005 dort wiederholt zur Alkoholentgiftung aufgehalten habe. Es bestehe eine chronische Alkoholabhängigkeit sowie ein chronisches Schmerzsyndrom bei ausgeprägter Wirbelsäulendegeneration und Zustand nach einem Bandscheibenvorfall mit mehreren Operationen.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein nervenfachärztliches Gutachten von Prof. Dr. med. habil. W. vom 26. April 2006 eingeholt. Gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger über seit Anfang 2000 bestehende Kreuzschmerzen, seit vielen Jahren bestehende gelegentliche Nackenschmerzen mit erheblicher Zunahme seit ca. zwei Jahren, über erhebliche Bewegungseinschränkungen des Kopfes bei Drehbewegungen und eine Schmerzausstrahlung vom Nacken bis in den Hinterkopf geklagt. Die neurologische Untersuchung habe Dysästhesien C 8 links, eine inkomplette Fibularisparese rechts, einen leichten Steppergang rechts sowie Dysästhesien S 1 links und L 5 rechts und ein vermindertes Vibrationsempfinden beider Füße gezeigt. Darüber hinaus sei eine erhebliche Rückenmuskeldysbalance mit Rundrückenbildung, eine erhebliche Blockierung der unteren Halswirbelsäule (HWS), eine erhebliche Bewegungseinschränkung in der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine deutliche Blockierung der ersten Rippe links bei freibeweglichen Kopf- und Schultergelenken feststellbar gewesen. Ferner hätten der Befund einer mäßiggradigen sensomotorischen Polyneuropathie vom axonalen Schädigungstyp sowie einer mäßiggradigenFibularisparese rechts erhoben werden können. Folgende Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen:
1. Alkoholabhängigkeit vom Delta-Typ mit Zustand nach mehreren deliranten Episoden im Rahmen von stationären Entgiftungen und Abstinenzverhalten seit einem Jahr ohne Hinweise auf ein hirnorganisches Psychosyndrom. 2. Mäßiggradige sensomotorische Polyneuropathie vom axonalen Schädigungstyp alkoholtoxischer und diabetogener Genese. 3. Zustand nach Spondylodese-Operation L 5/S 1 mit fortbestehendem Wurzelreizsyndrom S 1 links ohne neurologische Ausfälle und einer Wurzelläsion L 5 rechts mit mäßiggradiger Fibularisparese rechts. 4. Zervikales Kopfschmerzsyndrom, zervikaler Schwindel sowie C 8-Syndrom links ohne neurologische oder neurophysiologische Ausfälle bei Blockierung der unteren HWS. 5. Blockierung der ersten Rippe links. 6. Diabetes mellitus. 7. Essentielle Hypertonie. 8. Fettleber mit beginnendem zirrhotischem Umbau äthyltoxischer Genese.
Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung oder eine psychiatrische Erkrankung seien nicht feststellbar gewesen. Die Untersuchung habe keine Hinweise auf hirnorganische Leistungsstörungen und weder vom klinischen Eindruck noch durch Zusatzuntersuchungen Hinweise auf hirnorganische Schäden ergeben. Es bestehe keine Beeinträchtigung in der geistigen Belastbarkeit im Rahmen eines durchschnittlichen intellektuellen Leistungsvermögens bei gut erhaltener Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger könne noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen oder bei einem "Sitzberuf" mit zusätzlichen über das normale Maß hinausgehenden Pausen zwecks Haltungsänderung ausführen. Ausgeschlossen seien Arbeiten im Freien unter Witterungseinflüssen und Zugluft. Einschränkungen hinsichtlich der geistigen Belastbarkeit bestünden entsprechend dem Anforderungsprofil des Klägers nicht. Zumutbare Arbeiten könnten sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden.
Im Verhandlungstermin beim Sozialgericht hat die Beklagte als weitere Verweisungstätigkeiten u.a. die der Bürohilfskraft und des Pförtners an der Nebenpforte benannt.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder teilweise oder voll erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Er sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage, sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu arbeiten.
Gegen das ihm am 16. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er sei voll erwerbsgemindert. Insbesondere sei ihm wegen seiner Alkoholabhängigkeit und seines chronisch alkoholisierten Zustands der Arbeitsmarkt wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verschlossen. Im Arbeitsrecht sei das Vorliegen von Alkoholismus als Kündigungsgrund anerkannt. Das müsse auch im Rentenrecht berücksichtigt werden. Schließlich leide er unter erheblichen Schmerzzuständen wegen des chronischen Schmerzsyndroms der HWS und LWS sowie der Kopfschmerzsymptomatik, so dass er auch insoweit keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Den Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verfolge er nicht mehr.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat zunächst die oben genannte Arbeitgeberauskunft der Gesellschaft für Brief- und Paketdienst – Q. mbH von März 2008 eingeholt.
Ferner ist das Gutachten der Dr. H. vom 13. März 2008 nach Aktenlage für die Bundesagentur für Arbeit beigezogen worden. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für bis zu gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne Verrichtungen auf Leitern und Gerüsten, häufiges Heben und Tragen von Lasten, kniende und hockende Arbeiten, Überkopfarbeit, Einnahme von Wirbelsäulenzwangshaltungen, Nachtarbeit, häufig wechselnde Arbeitszeiten oder beruflichen Kontakt zu Alkohol. Dauernde gesundheitliche Bedenken bestünden bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Berufskraftfahrer.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 24. Juni 2006 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zugesagt.
Im Berufungsverfahren ist zunächst noch ein Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. W. vom 2. Juli 2008 eingeholt worden. Als Diagnosen seien ein Diabetes mellitus Typ I, ein Alkoholismus und ein chronisches LWS-Syndrom zu berücksichtigen. Dipl.-Med. W. hat Arztbriefe des Dipl.-Med. G. vom 5. Oktober 2006 und vom 18. Januar 2007 beigefügt. Ferner hat sie die Entlassungsmitteilung der N. Anstalten vom 30. Januar 2008 über die siebte Entgiftung des Klägers vom 9. bis zum 18. Januar 2008 beigefügt. Der Kläger sei im Juli 2007 ein paar Wochen "trocken" gewesen, dann wieder rückfällig geworden, zumeist um die Schmerzen bei bekanntem chronischen LWS-Schmerzsyndrom zu betäuben und nachts besser schlafen zu können. Aus dem ebenfalls beigefügten Arztbericht von dem Facharzt für Neurochirurgie Dr. W. vom 29. Juni 2006 ergibt sich, dass die klinisch neurologische Untersuchung ein minimales Residuum der nahezu komplett regredienten Fußheberlähmung rechts bei bestehender Hyposensibilität im distalen Anteil des Dermatoms L 5 rechts gezeigt habe. Auf den Röntgenaufnahmen sei ein regulär positionierter Fixateur intern LW5/SW1 erkennbar gewesen. Aus der Gesamtkonstellation ergebe sich keine Notwendigkeit einer etwaigen operativen Revision.
Schließlich hat der Senat ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. F., Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie und Forensische Psychiatrie, Chefärztin und Ärztliche Direktorin des Fachklinikums B. vom 11. Juni 2009 eingeholt. Auch dort hat der Kläger beklagt, am schlimmsten seien die Schmerzen im Rücken. Die Kraft im linken Bein sei wieder da, die Fußheberschwäche habe sich nach monatelanger Reizstrombehandlung zurückgebildet. Er habe noch ein Taubheitsgefühl an der Außenseite des rechten Unterschenkels nach der Operation. Mitunter habe er Krämpfe in den Waden, aber kein Kribbeln. Er fahre noch Auto, wenn er nichts getrunken habe, und sei noch im Besitz einer Fahrerlaubnis. Die Beweglichkeit in der HWS sei eingeschränkt, drei- bis viermal im Jahr habe er einen steifen Hals. Er bewohne mit seiner Ehefrau eine Mietwohnung. Darüber hinaus besäßen sie eine Gartenanlage, ca. 560 qm, wo sie im Wesentlichen Gemüse anbauten. Er habe eine Voliere mit etwa 22 Vögeln, Kaninchen im Garten und einen Fischteich. Er stehe gegen halb acht auf, die Frau gehe um 9:00 Uhr zur Arbeit. Vormittags würde er sich um die Hausarbeit kümmern, sauber machen, Staub saugen, abwaschen. Gegen 12:00 Uhr hole er sein fünfjähriges Enkelkind aus dem Kindergarten und betreue es. Gegen 15:30 Uhr hole er seine Frau mit dem Auto ab. Sie würden dann zusammen in den Garten fahren und die Tiere füttern, anschließend nach Hause fahren und Abendbrot essen.
Hinsichtlich des allgemein-klinischen Status hat die Sachverständige einen guten Allgemein- und Körperzustand festgestellt, der Atemalkoholtest habe 1,01 Promille ergeben. Die Wirbelsäule sei eingeschränkt beweglich und ohne Klopfschmerz gewesen. An den Extremitäten hätten sich eine leichte Fibularisschwäche links, an den Armen und Händen keine Auffälligkeiten ergeben; die Hände seien derb verschwielt gewesen. Im neurologischen Befund ist mitgeteilt, dass an den Extremitäten keine Lähmungserscheinungen, keine sicheren Atrophien und eine diskrete Fußheberschwäche rechts aufgefallen seien. Der PSR sei sehr schwach, der ASR nicht auslösbar gewesen. Das Gangbild habe sich zügig und flüssig ohne Steppergang dargestellt. Hinsichtlich der Sensibilität seien eine Hypaesthesie und eine Hypalgesie an der Außenseite beider Unterschenkel sowie ein abgeschwächtes Vibrationsempfinden in beiden Füßen feststellbar gewesen. Ferner sei ein diskreter vegetativer Tremor aufgefallen. Die intellektuellen Voraussetzungen seien als im Normbereich liegend einzuordnen. Bei der psychiatrischen Exploration hätten sich keine Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom ergeben. Bei der detaillierten testpsychologischen Untersuchung durch Dipl. Psych. Rummel seien keine Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Merkfähigkeit, der Aufmerksamkeit und des kognitiven Tempos feststellbar gewesen. Erst gegen Ende der Begutachtung, die nach einer mehrstündigen psychiatrischen Exploration und anschließenden körperlichen und elektrophysiologischen Untersuchungen erfolgt sei, hätten sich leichte Ermüdungserscheinungen sowie eine leichte psychomotorische Unruhe (sehr wahrscheinlich beginnender Alkoholentzug) gezeigt.
Beim Kläger sei ein Alkoholabhängigkeitssyndrom vom Delta-Trinktyp nach JELLINEK in der chronischen Phase festzustellen. Nach der letzten Entgiftung im Januar 2009 trinke der Kläger seit Mitte April erneut täglich Alkohol. Als Folgen des beschriebenen Alkoholkonsums seien ein beginnendes diskretes vegetatives Entzugssyndrom, eine bekannte Leberschädigung bei aktuell noch im Normbereich befindlichen Laborwerten ohne klinische Dekompensationszeichen, eine sehr leichte Polyneuropathie ohne motorische Ausfälle mit Reflexabschwächung der unteren Extremitäten, Sensibilitätsstörungen, zur Zeit ohne nachweisbare Polyneuropathie, zu berücksichtigen. Ein organisches Psychosyndrom sowie kognitive Defizite bestünden nicht. Ferner seien als Gesundheitsstörungen ein Schmerzmittelabusus, eine Nikotinabhängigkeit, ein Zustand nach Spondylodese-Operation L 5/S 1 bei Wirbelsäulendegeneration und Nucleus pulposus Prolaps mit sensibler radikulärer Symptomatik L 5/S 1 beidseits ohne motorische Ausfälle, mit allenfalls noch diskreter Fibularisparese rechts (deutlich rückläufig) und vertebragenem Schmerzsyndrom der LWS, ein intermittierendes vertebragenes Schmerzsyndrom der HWS, zur Zeit ohne Beschwerden, eine Gonarthrose, ein Diabetes mellitus, insulinpflichtig, gut eingestellt, sowie eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, in die Beurteilung mit einzubeziehen.
Der Kläger könne noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen oder überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. Denn die detaillierte testpsychologische Untersuchung habe eine unauffällige Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung, ein gutes Auffassungsvermögen und Aufgabenverständnis, eine unauffällige kognitive Leistungsfähigkeit, eine unbeeinträchtigte Gedächtnisleistung für bildhaftes Material, ein unauffälliges Gedächtnis für Zahlen und Arbeitsgedächtnis, noch mit Leistungszuwachs, gute Voraussetzungen für Leistungen komplexer Aufgaben, ein unbeeinträchtigtes kognitives Tempo und ein gutes bis sehr gutes Arbeitsverhalten unter Daueraufmerksamkeitsbedingungen gezeigt. Der Kläger klage zwar nach längerem Laufen über zunehmende Schmerzen in der LWS und eine Ermüdung insbesondere des rechten Beines. Er könne aber noch viermal arbeitstäglich einen Fußweg von mehr als 500 Meter zurücklegen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen und bei Alkoholabstinenz einen Pkw führen. Die Einholung weiterer Fachgutachten hat Dr. F. nicht für erforderlich gehalten.
Der Kläger hat sich mit dem Gutachten von Dr. F. nicht einverstanden erklärt. Insbesondere sei unzutreffend, dass seine Hände derb verschwielt seien. Er habe schon seit Jahren keine Schwielen mehr an den Händen. Er sei nicht in der Lage gewesen, zwei Stunden ohne Pausen und Schwierigkeiten die Untersuchung durchzuhalten. Er habe nach einiger Zeit ständig seine Sitzposition ändern müssen. Während der Pausen habe er noch eine Schmerztablette genommen. Außerdem habe er keine Vogel- und Fischzucht, sondern lediglich einen Gartenteich mit ein paar Goldfischen und eine Vogelvoliere mit einigen Vögeln, die einen Arbeitsaufwand von maximal einer Stunde in der Woche benötigten. Er sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; nach einer Untersuchung des Amtsarztes sei er aus der Meldepflicht genommen worden. Er halte die Einholung eines speziellen Schmerzgutachtens und die Durchführung einer orthopädischen Begutachtung für erforderlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Dem Kläger steht weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit Zwangshaltungen, überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Knien und Hocken, Überkopfarbeiten und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft sowie häufigen Temperaturschwankungen. Es besteht eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände. Es können normale Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen gestellt werden. Der Kläger ist durchschnittlichen Anforderungen an die geistigen und mnestischen Fähigkeiten gewachsen. Er kann nicht mit Publikumsverkehr und Kontakt mit leberschädigenden Substanzen arbeiten sowie keine Arbeiten verrichten, die mit dem Führen von Fahrzeugen und Maschinen verbunden sind. Er ist nur in Tages-, Früh- und Spätschicht einsetzbar; Nacht- und Wechselschicht sind ausgeschlossen.
Dies ergibt sich für den Senat aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aus den Gutachten von Dr. F. vom 11. Juni 2009 und von Prof. Dr. med. habil. W. vom 26. April 2006. Ebenfalls berücksichtigt worden sind das Gutachten von Dipl. med. T. vom 11. Juli 2003 sowie der Rehabilitationsentlassungsbericht vom 23. Mai 2003 und die Befundberichte der behandelnden Ärzte.
Danach leidet der Kläger an einer chronischen Alkoholkrankheit. Seit 2001 musste er sich jährlich ca. einmal für zwei bis drei Wochen in stationäre Behandlung zur Entgiftung begeben, blieb dann einige Wochen abstinent, bevor er wieder rückfällig wurde. Diese Krankheit hat jedoch nicht zu einem mehr als sechs Monate aufgehobenen Leistungsvermögen geführt. Nach übereinstimmender Einschätzung aller behandelnden Ärzte und Gutachter sind beim Kläger bislang kein hirnorganisches Psychosyndrom und keine kognitiven Defizite als Folge der Alkoholkrankheit entstanden. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses B. vom 13. Februar 2003 und übereinstimmend aus den Gutachten von Prof. Dr. med. habil. W. und Dr. F ... Insoweit besteht neben vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in Folge kurzzeitig massiv erhöhten Alkoholkonsums mit notwendiger Entgiftung lediglich die Einschränkung, dass der Kläger ohne Kontakt mit Alkohol und ohne Publikumsverkehr arbeiten kann. Außerdem bestehen Einschränkungen bei der Notwendigkeit, ein Kraftfahrzeug oder Maschinen zu führen.
Darüber hinaus leidet der Kläger an einem chronischen Schmerzsyndrom der LWS. Die als Folge der Spondylodese zunächst aufgetretene Fußheberschwäche hat sich fast komplett zurückgebildet. Dies ergibt sich zum einen aus dem Gutachten von Dr. F. und zum anderen aus dem Befundbericht von Dr. W. vom 29. Juni 2006. Radikuläre Ausfallerscheinungen, anhaltende Lähmungen oder trophische Störungen sind nicht aufgetreten. Insoweit führt das LWS-Schmerzsyndrom zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens dahingehend, dass nur noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten möglich sind. Schweres Heben und Tragen, Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Knien und Bücken, Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen müssen unterbleiben.
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus führt zum Ausschluss von Nacht- und Wechselschichtarbeiten. Die übrigen Gesundheitsstörungen führen zu keiner weitergehenden Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens. Insbesondere das HWS-Syndrom, der Schmerzmittelabusus, die Nikotinabhängigkeit und die arterielle Hypertonie schränken das Leistungsvermögen nicht noch weitergehend ein.
Bei dem Kläger liegen deshalb auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte, die u.a. die Verweisungstätigkeiten des Pförtners an der Nebenpforte und der Bürohilfskraft benannt hat, war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht vielmehr noch für zumindest leichte bis mittelschwere körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Insbesondere ist in der beim Kläger vorliegenden Alkoholkrankheit keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu sehen. Denn auch bei einer Alkoholerkrankung ist allein maßgebend, wie sie sich auf die Leistungsfähigkeit im Einzelnen auswirkt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 – recherchiert über juris). Beim Kläger hat die Alkoholkrankheit bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Senat noch nicht zu einer relevanten Einschränkung der geistigen oder mnestischen Fähigkeiten, wie sie bei solchen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gefordert sind, geführt. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmend mitgeteilten Befunden der behandelnden Ärzte und den Befunderhebungen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. med. habil. W. und Dr. F ...
Auch liegt im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Die Gehfähigkeit des Klägers ist nach übereinstimmender Beurteilung aller gehörten Ärzte nicht so wesentlich eingeschränkt, dass er die oben genannten Wegstrecken nicht zurücklegen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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