S 6 (20) R 1/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 (20) R 1/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kläger Kosten für Zahnersatz im Wege der medizinischen Rehabilitation gegenüber der Beklagten bzw. der Beigeladenen geltend machen kann.

Der Kläger begehrte mit Antrag vom 09.07.2007 eine Kostenbeteiligung bei Zahnersatz von der Beklagten. Der noch zu zahlende Rechnungsbetrag belief sich dabei auf eine Summe von 8.452,61 EUR, nachdem zum einen der ursprünglich in Rechnung gestellte Betrag von dem Zahnarzt Dr. I nach Einschaltung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe auf einen Betrag von 10.816,36 EUR korrigiert worden war und zudem die Beigeladene bereits einen Betrag in Höhe von 863,75 EUR und die I1 als Zahnzusatzversicherung einen Betrag in Höhe von 1.560,00 EUR übernommen hatte. Dem Antrag an die Beklagte war eine Bestätigung des behandelnden Zahnarztes Dr. I beigefügt, derzufolge die medizinische Notwendigkeit für die Implantate darin besteht, die eigenen Zähne vor Mehr - und Zusatzbelastung zu schützen. Der Kläger sei zur Ausübung seines Berufes als Trompetensolist auf das Sitzen des Zahnersatzes angewiesen. Dem Antrag war zudem ein Heil- und Kostenplan vom 20.03.2006 beigefügt, der von der Beigeladenen am 05.04.2006 mit dem Hinweis auf eine Zuschussfestsetzung in Höhe von 863,75 EUR abgestempelt worden war. Des weiteren war der Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem behandelnden Zahnarzt Herrn Dr. I unter Einschaltung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe beigefügt, der zum Ergebnis hatte, dass der Rechnungsendbetrag von Dr. I auf 10.816,36 EUR herabgesetzt worden war. Zudem war ein weiteres Schreiben von Dr. I beigefügt, wonach der endgültige Zahnersatz im Unterkiefer am 28.09.2006, im Oberkiefer am 21.12.2006 eingegliedert worden war.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.07.2007 die Übernahme der entstandenen Kosten ab. Zur Begründung wies sie darauf hin, der Antrag auf Übernahme derartiger Kosten sei so rechtzeitig zu stellen, dass dem Rentenversicherungsträger eine angemessene Frist zur Entscheidung verbleibe. Ein Zuschuss könne auch noch bewilligt werden, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach Eingliederung des Zahnersatzes bei dem Rentenversicherungsträger eingehe. Nach dem Heil- und Kostenplan beziehungsweise der Rechnung des Zahnarztes vom 21.12.2006 sei der festsitzende Zahnersatz bereits am 21.12.2006 eingegliedert, der Antrag bei dem Rentenversicherungsträger jedoch erst am 16.07.2007 gestellt worden. Damit sei die Antragsfrist versäumt worden.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem am 03.08.2007 erhobenen "Einspruch". Zur Begründung wies er darauf hin, der Zahnarzt habe ursprünglich 12.412,29 EUR in Rechnung gestellt. Die I1 Krankenversicherung habe dann gebührenrechtliche Unstimmigkeiten festgestellt. Die Verzögerung bei der Antragstellung sei durch den Schriftwechsel mit dem behandelnden Zahnarzt entstanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dem Begehren auf medizinische Leistung zur Teilhabe in Form eines Zuschusses zum Zahnersatz könne nicht entsprochen werden. Gemäß Ziff. 4.6 der Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund zu den persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rehabilitationsleistungen und zur Mitwirkung der Versicherten würden Kosten für Leistungen, die ohne vorherige Zustimmung der Deutschen Rentenversicherung Bund begonnen oder durchgeführt worden seien, nicht übernommen. Der Antrag sei zumindest so rechtzeitig zu stellen, dass der Deutschen Rentenversicherung Bund eine angemessene Frist zur Entscheidung verbleibe. Eine Beihilfe könne sogar noch gezahlt werden, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach Eingliederung des Zahnersatzes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einginge. Diese Frist sei hier jedoch nicht gewahrt worden. Für den Lauf der Frist sei nicht das Vorliegen einer vollständigen und korrekten Rechnung maßgebend, sondern das Datum der Eingliederung des Zahnersatzes.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der am 03.01.2008 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage, zu deren Begründung er ausführte, gemäß § 16 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) sei die Frist zur Antragstellung eingehalten worden. Der Kläger habe bei seiner Krankenversicherung einen Antrag auf medizinische Leistungen gestellt und diese Antragstellung wahre auch die Frist gegenüber der Beklagten. Die Krankenversicherung habe den auf sie entfallenden Anteil bereits im Juli 2007 gezahlt. Die Richtlinien der Beklagten würden zudem keine bindende Wirkung entfalten; sie hätten nur verwaltungsinterne Bedeutung ohne normative Wirkung und würden allenfalls eine Selbstbindung der Verwaltung begründen. In begründeten Ausnahmefällen müsse davon abgewichen werden. Es werde zudem bestritten, dass die Beklagte alle Anträge auf Aufwendungsersatz ablehne, wenn die 6-Monatsfrist überschritten sei. Die verspätete Antragstellung sei zudem auf den Streit mit dem behandelnden Zahnarzt zurückzuführen und vom Kläger nicht zu vertreten. Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 23.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007, über seinen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zum Zahnersatz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.

Die Beklagte führt zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages aus, Leistungen zur Teilhabe gemäß § 115 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) könnten grundsätzlich nur auf Antrag erbracht werden. Dieser sei vor Ausführung der entsprechen Arbeiten zu stellen. Es handele sich gemäß § 13 SGB VI um Ermessensleistungen, sodass der Beklagten eine angemessene Frist zur Entscheidungsfindung verbleiben müsse. Selbst beschaffter Bedarf sei nur noch dann zu übernehmen, wenn es sich um unvorhersehbare und unaufschiebbare Leistungen handele. Die 6-Monatsfrist gebe dem Kläger ausreichend Zeit, sich über die Finanzierung klar zu werden; es sei eine Obliegenheit des Versicherten, sich über gesetzliche Leistungsvoraussetzungen gegebenenfalls zu informieren.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hierauf erwidert, der Kläger hätte keine Möglichkeit gehabt, sich zu informieren. Weder auf der Homepage der Beklagten noch in veröffentlichten Informationsschreiben sei ein Hinweis auf derartige Obliegenheiten enthalten. Da die Beklagte über diese Frist nicht informiere, könne sie sich auch nicht auf das Fristversäumnis berufen.

Auf Hinweis durch die Vorsitzende im Erörterungstermin vom 06.01.2009 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 21.08.2008, Az. B 13 R 33/07 R, dass möglicherweise ein höherer Beitragszuschuss bei der Krankenversicherung in Betracht käme oder eventuell die Krankenversicherung aus § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) infolge der Nichtweiterleitung des Antrags an die hiesige Beklagte verpflichtet sein könnte, die Leistungen selbst zu gewähren, hat der Kläger bei der hiesigen Beigeladenen einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt. Gegen die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen im Ausgangs- und Widerspruchsverfahren ist zwischenzeitlich zum Az. S 5 KR 230/09 ein weiteres Klageverfahren bei dem Sozialgericht Detmold anhängig. Die Beigeladene lehnt die Kostenübernahme insbesondere mit der Begründung ab, es sei mit Vorlage des vertraglichen Heil- und Kostenplans lediglich ein Antrag auf Bewilligung von Festzuschüssen gemäß §§ 55 ff. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gestellt worden. Es hätten bei der Krankenversicherung keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger Leistungen nach dem SGB IX hätte beziehen wollen. Das Bewilligungsverfahren für Zahnersatz stelle ein Massengeschäft auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Ohne einen konkreten Hinweis auf den Antragsunterlagen beziehungsweise durch den Antragsteller oder andere offensichtlich zu Tage tretende Umstände, sei es der Kasse gar nicht möglich, bei jedem einzelnen Leistungsantrag auf Bewilligung von Festzuschüssen von sich aus Nachforschungen zu betreiben, ob gegebenenfalls (auch) ein anderer Sozialversicherungsträger leistungspflichtig sei. Vorliegend sei die Krankenkasse gerade nicht erstangegangener Sozialversicherungs- bzw. Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX, sodass § 14 SGB IX nicht weiterhelfe. Soweit der Kläger vorgebracht habe, es sei zudem ein Härtefall gegeben, sei dies nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Entsprechende Einkommensnachweise bzw. die erforderliche Einkommensteuererklärung seien nicht vorgelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Prozessakte des SG Detmold zum Az. S 5 KR 230/09 und der dort beigezogenen Verwaltungsakte der Beigeladenen Bezug genommen, der vorgelegen hat und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 23.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007, mit dem die beantragte Kostenbeteiligung bei Zahnersatz abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme des noch offenen Rechnungsbetrages durch die Beklagte. Dabei kann vorliegend dahin stehen, ob dieser Anspruch als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 16 SGB VI in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Nr. 1 oder § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX oder als Leistung zur medizinischen Rehabilitation geltend zu machen ist. Denn der Kläger kann unabhängig von dieser Fragestellung mit dem von ihm geltend gemachten Anspruch keinen Erfolg haben. Der Antrag auf Übernahme der Leistungen wurde bei der Beklagten verspätet gestellt. Die Regelungen über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben finden sich grundlegend in § 16 SGB VI wieder, der seinerseits auf die §§ 33 ff. SGB IX verweist, die Regelungen über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation finden sich in § 15 SGB VI in Verbindung mit den §§ 26 bis 31 SGB IX. Grundlegend sind für beide Leistungsarten die §§ 9 ff. SGB VI, somit die Regelungen im ersten Abschnitt des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch anwendbar. Neben den persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen finden sich dort auch insbesondere auch Regelungen über den Leistungsumfang, vgl. § 13 SGB VI. Nach dieser Norm bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Leistungen können auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets erbracht werden, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Bei der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe handelt es sich somit ebenso wie bei der Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um Ermessensleistungen im Sinne des § 39 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I). Die Überprüfung, ob derartige Leistungen zu bewilligen sind, bedingt demzufolge, dass die Beklagte die Möglichkeit hat, sich mit dem von dem potenziell Leistungsberechtigten gestellten Antrag auseinander zu setzen. Die Vorschrift des § 13 SGB VI über den Leistungsumfang konkretisiert dabei die Ermessensvorschrift des § 39 SGB I, in dem sie der Rentenversicherung als Teilhabeträger bestimmte Kriterien, so unter anderem die Berücksichtigung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch im Interesse der Versichertengemeinschaft, vorgibt. Die ordnungsgemäße Entscheidungsfindung durch die Beklagte setzt somit voraus, dass der Antrag gestellt wird, ehe die entsprechenden Leistungen von dem Versicherten angeschafft werden. Es entspricht übereinstimmend mit den vorigen Ausführungen ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, dass Ermessensleistungen - abgesehen von atypischen (Eil-) Fällen - den Antragstellern von vornherein nicht zustehen, wenn die Anschaffung dieser Leistungen bereits vor Entscheidung des Rehabilitationsträgers abgeschlossen wird (vgl. hierzu beispielsweise Urteil des 4. Senates des Bundessozialgerichtes vom 05.12.1994, Az.: 4 RA 44/93). Der Mitteilung des behandelnden Zahnarztes Dr. I zufolge war der endgültige Zahnersatz im Unterkiefer bereits am 28.09.2006, im Oberkiefer dann am 21.12.2006 eingegliedert worden. Der Antrag bei der Beklagten war vom Kläger erst am 09.07.2007 gestellt worden. Ohne dass es auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, beispielsweise der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß §§10, 11 SGB VI ankäme, konnte die Klage wegen verspäteter Antragstellung bei der Beklagten keinen Erfolg haben.

Auch die Argumentation des Klägers im Widerspruchs- und Klageverfahren vermochte an dem zuvor gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Soweit der Kläger darauf hinweist, die Richtlinien der Beklagten hätten allenfalls verwaltungsinterne Bedeutung ohne normative Wirkung, kommt es hierauf nicht an. Die in Ziff. 4.6 der Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund zu den persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rehabilitationsleistungen und zur Mitwirkung der Versicherten vorgesehene Regelung, derzufolge eine Kostenerstattung für Leistungen, die ohne vorherige Zustimmung der Deutschen Rentenversicherung Bund begonnen oder durchgeführt wurden, nicht übernommen wird, geht mit der gesetzlichen Regelung des § 13 SGB VI unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Rechtsprechung konform und ist nicht zu beanstanden. Die von der Beklagten beschriebene Verfahrensweise, der zufolge eine Kostenübernahme sogar noch bis zu sechs Monate später in Betracht kommt, geht über die gesetzliche Regelung sogar hinaus. Ob und in wieweit hieraus über die Selbstbindung der Verwaltung in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ein Anspruch des Klägers herzuleiten ist, kann vorliegend ebenfalls dahin stehen, da auch diese 6-Monatsfrist nicht gewahrt wurde. Insoweit spielt es auch keine Rolle, ob die Beklagte tatsächlich sämtliche Anträge auf Aufwendungsersatz ablehnt, wenn die 6-Monatsfrist überschritten ist. Soweit der Kläger behauptet, die verspätete Antragstellung sei lediglich auf den umfangreichen Schriftwechsel mit seinem Zahnarzt über die Gebührenhöhe zurückzuführen, führt auch diese Argumentation zu keiner Änderung des zuvor festgestellten Ergebnisses. Das Gericht vermochte nicht zu erkennen, inwieweit der Schriftwechsel den Kläger daran gehindert hätte, den Antrag bei der Beklagten rechtzeitig einzureichen, zumal er den Heil- und Kostenplan bei der Beigeladenen sogar weit vor der Behandlung eingereicht hat. Berücksichtigt man, dass die Antragstellung bei der Beklagten so frühzeitig erfolgen sollte, dass diese eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit treffen kann, sollte die Antragstellung grundsätzlich bereits vor Durchführung der Behandlung erfolgen. Hieran wird bereits deutlich, dass es auf einen späteren Streit über die Höhe der Rechnungen in zeitlicher Hinsicht nicht mehr ankommen kann. Es wäre dem Kläger zudem durchaus möglich gewesen, den Antrag bei der Beklagten bereits zu stellen und in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die endgültige Kostenhöhe derzeit noch streitig ist. Erwägungen hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen einer zahnärztlichen Behandlung hat im Übrigen neben der Beklagten auch der Kläger selbst, der die Leistungen in Anspruch nimmt, anzustellen. Nimmt er die Beratung und mögliche Leistungsübernahme eines Sozialleistungsträgers erst zeitlich weit nach der erfolgten Behandlung in Anspruch, ist dies zudem ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich über die Art und Weise der Finanzierung bereits vorher klar geworden ist und auf die Übernahme der Kosten durch einen Sozialleistungsträger nicht zwingend angewiesen war. Eine Ausnahme ist lediglich dann vorgesehen, wenn es sich dabei um unvorhersehbare und unaufschiebbare Leistungen handelt (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar § 115 SGB VI Rdnr. 13). Da der Heil- und Kostenplan bei der Beigeladenen bereits mehrere Monate vor der Behandlung eingereicht wurde, ist davon vorliegend ebenfalls nicht auszugehen.

Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, er hätte keine Möglichkeit gehabt, sich bei der Beklagten über die Notwendigkeit einer entsprechenden rechtzeitigen Antragstellung zu informieren, insbesondere sei weder auf der Homepage der Beklagten noch in veröffentlichten Informationsschreiben ein Hinweis auf derartige Obliegenheiten enthalten gewesen, konnte das Gericht dieser Argumentation ebenfalls nicht folgen. Benötigt ein Versicherter im Einzelfall bestimmte Leistungen, so obliegt es in erster Linie ihm selbst, sich über die Art, Höhe und Modalitäten der Leistungsgewährung bei dem entsprechenden Versicherungsträger zu erkundigen.

Das Gericht vermochte sich zudem auch nicht der Argumentation des Klägers anzuschließen, die Frist zur Antragstellung gemäß § 16 SGB I sei eingehalten worden, da der Kläger bei seiner Krankenversicherung einen Antrag auf medizinische Leistungen gestellt habe und diese Antragstellung auch die Frist gegenüber der Beklagten wahre. Maßgebliche Norm für die Klärung der Zuständigkeit und eventuelle Weiterleitung von Anträgen ist vorliegend § 14 SGB IX. Die Beigeladene hat in diesem Kontext darauf hingewiesen, dass die Übernahme von Kostenersatz für Zahnimplantate bei ihr ein Massengeschäft darstellt und im Rahmen der Antragstellung nicht ersichtlich geworden sei, dass derartige Leistungen hier auch als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw. zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch genommen werden könnten. Die Frage der Beratungspflicht durch die Beigeladene kann jedoch vorliegend dahinstehen: Eine Verurteilung der Beigeladenen käme allenfalls in dem parallel anhängigen Verfahren bei dem Sozialgericht Detmold zum AZ S 5 KR 230/09 in Betracht (Vgl. zum Ganzen Urteil des Bundessozialgerichtes vom 21.08.2008, AZ B 13 R 33/07 R, Rdn. 29). Die Frage, ob die Beigeladene eine entsprechende Beratungspflicht traf und sie daher als erstangegangener Träger im Sinne von § 14 SGB IX anzusehen ist oder ob die hiesige Beklagte erstangegangener Träger im zuvor genannten Sinne ist, kann jedenfalls dann dahinstehen, wenn – wie hier – der Antrag gegenüber der hiesigen Beklagten, wie oben ausgeführt, verspätet gestellt wurde.

Das Gericht hat aus diesem Grund von einer Entscheidung über den bei der Krankenversicherung gestellten Antrag im hiesigen Verfahren abgesehen. Zwar wurde zur Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen die Krankenversicherung des Klägers auch im hiesigen Verfahren beigeladen, eine Entscheidung über den bei der Krankenversicherung gestellten Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X im hiesigen Verfahren erschien jedoch prozessökonomisch nicht sinnvoll. Aus diesem Grund wurde auch von einer Verbindung der Verfahren gemäß § 113 SGG abgesehen. In dem Verfahren gegen die Krankenversicherung wären - unter dem Vorbehalt, dass dort überhaupt davon ausgegangen wird, dass durch den Heil- und Kostenplan ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe bzw. Reha-Leistungen gestellt wurde, - noch weitere spezifisch krankenversicherungsrechtliche Fragen zu klären. Eine Einbeziehung weiterer Beteiligter zudem in einer fachfremden Kammer erscheint in diesem Verfahren zum einen nicht sinnvoll und zum anderen auch der Beklagten gegenüber nicht angemessen, zumal gegenüber dieser ein Anspruch bereits infolge der verspäteten Antragstellung nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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