L 4 KR 50/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 330/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 50/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kapitalleistungen aus einer betriebsbezogenen Direktversicherung, in der eine ursprünglich private Lebensversicherung aufgegangen ist, ist für die Beitragsbemessung in der GKV ebenso wie in der Pflegeversicherung heranzuziehen.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung, die auf einer ursprünglich privaten Kapitallebensversicherung aufbaut, bei der Beitragsberechnung zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden kann.

Am 01.11.2007 zahlte die A. Lebensversicherungs-AG an die bei der Beklagten in der KVdR versicherte Klägerin einen Betrag, den jene als Versorgungsbezüge bezeichnete, in Höhe von 38.559,17 EUR aus. Dabei wies die Versicherungsgesellschaft darauf hin, dass in dieser Summe Leistungen aus privaten Einzahlungen in Höhe von 15.269,43 EUR und aus der anschließenden Direktversicherung von 23.289,74 EUR enthalten seien.

Ursprünglich hatte die Klägerin nämlich eine private Lebensversicherung abgeschlossen, auf die zwischen November 1982 und Oktober 2007 Beiträge eingezahlt werden sollten. Zum 01.12.1994 wurde diese Versicherung umgestellt und unter der gleichen Versicherungsnummer als Direktversicherung mit gleichem Fälligkeitsdatum weitergeführt. Die Beklagte hat den Gesamtauszahlungsbetrag herangezogen und legt ihn ihrer Beitragsbemessung zu Grunde, indem sie für zehn Jahre von einem monatlich zufließenden Rentenbetrag in Höhe von 321,33 EUR ausgeht. Ihren darüber ergangenen Bescheid vom 22.10.2007, worin 49,16 EUR für die Krankenversicherung und 5,46 EUR für die Pflegeversicherung festgesetzt sind, bestätigte die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 13.08.2008 unter Zitierung etlicher der bis dahin ergangenen Urteile des Bundessozialgerichts, wonach die gesamte Kapitalauszahlung auf zehn Jahre zu verteilen und entsprechend ein monatlicher Beitrag zu erheben sei.

Mit der dagegen gerichteten Klage unterstreicht die Klägerin ihre Ansicht, wonach die Auszahlung, die auf ihre eigenen Beiträge entfalle, nicht berücksichtigt werden dürfe und beruft sich dabei auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.09.2007. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.01.2009 die Klage abgewiesen und die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt. Entscheidend sei, dass es hier um eine Direktversicherung gehe, unerheblich dagegen, worauf die Finanzierung zurückzuführen sei. Die Rechtsprechung hebe hervor, dass die Leistungen einer Direktversicherung ihren Charakter als Versorgungsbezüge nicht deshalb verlören, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers oder Bezugsberechtigten beruhen. Dieser Grundsatz führe auch im vorliegenden Fall zur Beitragspflicht der gesamten Kapitalleistung. Bis zur Fälligkeit habe sich durch die später abgeschlossene Direktversicherung keine Lösung mehr vom Bezug zur betrieblichen Altersversorgung ergeben. Damit handele sich insgesamt um einen Versorgungsbezug, auf den die Beiträge zu erheben seien.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung vom 19.02.2009 ihr Anliegen weiter und ist der Auffassung, es sei hier von Bedeutung, dass bei ihr eine ursprünglich private Lebensversicherung erst später in eine Direktversicherung umgewandelt worden sei, während in den vom Sozialgericht zitierten Urteilen des BSG der Versicherungsverlauf genau umgekehrt gewesen sei. Daraus sei zu folgern, dass der Charakter der Privatversicherung unverändert geblieben sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.01.2009 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung ihres Bescheides vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2008 zu verurteilen, bei der Beitragsbemessung aus der Kapitalleistung der A. Lebensversicherung lediglich einen Betrag vom 23.289,74 EUR zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und bezieht sich dabei auf ihre vorangegangenen Bescheide bzw. das sozialgerichtliche Urteil.

Im Übrigen wird zu der weiteren Darstellung des Tatbestands auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze bzw. den der beigezogenen Akten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch in der Sache nicht begründet.

Die Entscheidung der Beklagten, die gesamte Kapitalleistung der A. Lebensversicherungs-AG bei der Beitragsbemessung heranzuziehen, ist rechtmäßig, denn diese Leistung ist ein sog. Versorgungsbezug, der nach § 237 Satz 1 SGB i.V.m. § 229 Abs.1 Satz 1 SGB V beitragspflichtig und in der Folge auch in der Pflegeversicherung gemäß § 57 Abs. 1 SGB XI heranzuziehen ist.

Dies ist vom Sozialgericht umfassend und zutreffend dargestellt worden, so dass der Senat auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils ausdrücklich Bezug nimmt (§ 153 Abs.2 SGG). In dem bekannten Urteil des 12. Senats des BSG vom 25.04.2007 - B 12 KR 25/05 R veröffentlicht in juris - und vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06, abgedruckt in USK 08/98 - ist ausgeführt, dass Leistungen aus einer Direktversicherung ihren Charakter als Versorgungsbezüge auch deshalb nicht verlieren, weil sie teilweise oder völlig auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen. Sie bleiben auch dann in vollem Umfang Leistung der betrieblichen Altersversorgung, wenn nach Beendigung der Erwerbstätigkeit oder aus anderen Gründen die Beiträge allein vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer eingezahlt werden. Es handelt sich, wie auch die Versicherungsgesellschaft von sich aus mitgeteilt hat, um eine Leistung in Form von Versorgungsbezügen. Entscheidend ist hier, dass es um die Verwirklichung einer betriebsbezogenen Leistung geht, die der Altersversorgung der Klägerin dienen soll, was in der Kombination dazu führt, dass die kranken- bzw. pflegeversicherten Rentner daraus auch Zahlungen an ihre Kranken- bzw. Pflegekassen zu entrichten haben. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil vom 14.09.2007 - L 4 P 1312/07 - den Leitsatz vorangestellt, dass eine Kapitallebensversicherung, die nur für einen Teil ihrer Laufzeit als Direktversicherung abgeschlossen ist, Beiträge nur aus den auf diese Laufzeit entfallenden Teil der einmaligen Zahlung erhoben werden dürften. Dieses Urteil ist zwar rechtskräftig geworden, jedoch durch die spätere Rechtsprechung des 12. Senats des BSG vom 12.12.2007 - B 12 KR 2/07 R, Beil. Beitr. 08 S. 117 und nunmehr vom 12.11.2008 überholt. In den an diesem Tage ergangenen beiden Urteilen mit den Aktenzeichen B 12 KR 9/08 R, Beil. Beitr. 09 S. 179 und B 12 KR 6/08 R, Breith. 09 S. 789 hat das BSG seine bisherige Rechtsprechung fortgeführt, dass Einmalzahlungen aus einer Direktversicherung auch dann als Versorgungsbezüge zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind, wenn sie auf eigenen Beitragszahlungen des Versicherten beruhen, wobei diese Regelung aus den oben zitierten Vorschriften des SGB V auch nicht gegen höherrangige Vorschriften des Grundgesetzes verstößt. Dieser Grundsatz, dass die Kombination privater Versicherung mit einer betrieblich bedingten Direktversicherung zur vollständigen Erfassung bei der Beitragsbemessung führt, stellt nicht darauf ab, wann der Wechsel von der einen Versicherungsart zur anderen erfolgte. Es ist völlig unerheblich, ob die Versicherung zunächst als Direktversicherung begonnen und am Auszahlungstag eine private Versicherung vorlag oder umgekehrt, dass zunächst eine private Versicherung dann bis zur Auszahlung als Direktversicherung fortgeführt wurde. Vielmehr ist der Schluss gerechtfertigt, dass dann, wenn am Auszahlungstag der Charakter von der Direktversicherung in eine private Versicherung gewandelt ist und damit Beitragspflicht entsteht (so die oben zitierte Rechtsprechung), dies erst recht gelten muss, wenn am Auszahlungstag eine Direktversicherung vorliegt, also an diesem Tag betriebliche Altersversorgung geleistet wird.

Dass die Kapitalleistung auch nicht aufzuspalten ist, wie die Klägerin und das LSG Baden-Württemberg meinen, ergibt sich aus dem Versicherungszweck, der durch die nachträgliche Umwandlung von einer privaten in eine Direktversicherung besonders deutlich geworden ist. Es ist nur eine Versicherung weitergeführt worden, die nach Ablauf zu einer Zahlung geführt hat. Das geschah aus der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Direktversicherung, in die bei Umwandlung die Klägerin einen großen Beitragsanteil, nämlich den aus der angesparten Privatversicherung, eingebracht hatte. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung Wert darauf gelegt, dass hier eine typisierende Auslegung des Begriffs der "betrieblichen Altersversorgung" geboten und es daher nicht möglich ist, die Zahlungen der Lebensversicherung in einen beitragsfreien und einen beitragspflichtigen Teil aufzuspalten (vgl. BSG vom 12.11.2008 B 12 KR 9/08 R Rdnr.21, veröffentlicht in juris). Mit dieser Typisierung, die gezahlten Leistungen insgesamt als Versorgungsbezüge aus einer betrieblichen Altersversorgung anzusehen, geht einher die sog. "institutionelle Abgrenzung" von der nicht betriebsbezogenen Lebensversicherung. Dabei stellt das BSG darauf ab, ob die Rente bzw. der Kapitalbetrag von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, wie das hier der Fall ist (vgl. BSG vom 12.11.2008 B 12 KR 6/08 R Rdnr.19 m.w.N. veröffentlicht in juris). Dort heißt es im Folgenden unter der Rdnr.20 ebenso wie in dem weiteren Urteil vom 12.11.2008 mit dem Aktenzeichen B 12 KR 9/08 R, dass der Wortlaut des Gesetzes keinen Rückschluss darauf zulasse, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen zwischen eigen- und fremdfinanziertem Versorgungssystem differenzieren wolle. Insbesondere verpflichte die Fassung des § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V nicht zu einer streng an den entsprechenden Definition des § 1 BetriebsAVG orientierten Auslegung.

Damit bleibt als Ergebnis festzuhalten, dass die Beklagte mit der Berücksichtigung des gesamten Zahlbetrages sich gesetzeskonform bei der Beitragsbemessung verhalten hat. Die Klägerin muss zu den beiden Versicherungszweigen Beiträge nicht nur aus dem Ertragsteil bezahlen, der auf die Direktversicherung entfällt, sondern auf die Gesamtleistung der Lebensversicherungsgesellschaft, die zur Versorgung der Klägerin nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Verwendung findet.

Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Hinblick auf die vielfältige Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 2007 und 2008 besteht auch kein Grund, die Revision zuzulassen.

Sollte das Bundesverfassungsgericht entgegen seiner bisherigen Entscheidung vom 28.02.2008 1 BvR 2137/06 in der noch nicht entschiedenen Beschwerde 1 BvR 739/08 zu einer anderen Auffassung als das BSG gelangen, wäre die Beklagte ohnehin gehalten, daraus die Konsequenzen für ihre Versicherten zu ziehen.
Rechtskraft
Aus
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