Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 2727/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 300/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
2. Zum Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rentenleistungen.
2. Zum Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rentenleistungen.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
vom 28. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger erlernte vom 1984 bis 31. August 1987 den Beruf des Kfz-Mechanikers, jedoch ohne Gesellenbrief. Von September 1984 bis März 2003 arbeitete er in diesem Beruf. Von März 2003 bis Dezember 2005 absolvierte er eine Umschulung zum Bürokaufmann. Von 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006 war er mit einem befristeten Vertrag als Sachbearbeiter im Einkauf bei der Fa. H. tätig.
Die Beklagte hatte bereits mehrere medizinische Reha-Maßnahmen bewilligt und durchgeführt, aus denen der Kläger arbeitsunfähig entlassen wurde. Zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wurden als sechsstündig pro Tag zumutbar erachtet.
Am 15. Februar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein Gutachten der Orthopädin Dr. W. vom 18. April 2007 ein, die eine Arthritis psoriatica (Schuppenflechte) mit Reizzuständen beider Handgelenke und Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk, ein Halswirbelsäulen-(HWS-)Syndrom, ein Lendenwirbelsäulen-(LWS-)Syndrom sowie einen Spreizfuß mit psoriasistypischen Veränderungen an den Vorfüßen feststellte. Die Tätigkeit als Bankkaufmann/Sachbearbeiter im Einkauf sowie leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Die Fachärztin für Psychiatrie D. stellte in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2007 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit passiv femininen und selbstunsicheren Zügen sowie eine anamnestisch leichte bis mittelgradige depressive Episode fest. Alle Situationen, die Verantwortung und Selbstständigkeit forderten, lösten bei dem Kläger Angst, Panik und Rückzugstendenzen aus. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten sowie die Tätigkeit als Sachbearbeiter könnten aber noch mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten schloss sich am 29. Mai 2007 dieser Einschätzung an. Mit Bescheid vom 1. Juni 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab. Nach den ärztlichen Feststellungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2007 zurück.
Einen weiteren Antrag auf Durchführung einer medizinischen Reha-Leistung vom 27. Februar 2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2008 ab.
Mit der Klage zum Sozialgericht München hat der Kläger den Rentenanspruch weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat verschiedene Befundberichte eingeholt und eine medizinische Begutachtung durch den Orthopäden Dr. L., den Neurologen und Psychiater Dr. K. sowie den Internisten Dr. A. beauftragt.
Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 21. Februar 2008 unter Einbezug eines Röntgengutachtens ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom leichter Prägung mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes, diffuse Arthralgien (Gelenkschmerz) rechtes Schultergelenk, rechtes Handgelenk, rechtes oberes Sprunggelenk bei Psoriasis sowie Metatarsalgien bei Senkspreizfüßen beidseits und leichtgradiger Achillodynie (Schmerzzustand im Bereich der Achillessehne) linke Ferse ohne gravierende Geh- und Stehminderung diagnostiziert. Leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Dr. K. (Gutachten vom 22. Februar 2008) hat die Ansicht der Vorgutachterin bestätigt, dass eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vom asthenisch-sthenischen Typ sowie eine depressive Episode, die mittlerweile jedoch nicht mehr zielführend erscheine, vorlägen. Ferner bestehe ein Zustand nach Volarverlagerung des linken Nervus ulnaris bei zu unterstellendem Sulcus ulnaris-Syndrom. Der Gesundheitszustand habe sich gegenüber den im Rentenverfahren eingeholten Gutachten nicht verschlechtert. Er hat ebenfalls die Ansicht vertreten, dass der Kläger noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Akkord- und Schichtarbeiten seien zu vermeiden. Einen Antrag des Klägers auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 zurückgewiesen.
Dr. A. hat auf internistischem Fachgebiet in seinem Gutachten vom 19. Mai 2008 neben den genannten Diagnosen auf internistischem Fachgebiet einen Zustand nach ausgedehnter Verbrennung am gesamten linken Arm im Kindesalter mit endgradiger Einschränkung der Streckfähigkeit im Ellbogengelenk und subjektiven Beschwerden bei körperlicher Arbeit, seit Februar 2007 eine Hyperlipoproteinämie, zunächst ohne Symptome, und ein anamnestisches Asthma bronchiale festgestellt. Zumutbar seien aufgrund der entzündlichen Rheumaerkrankung, insbesondere der Hände, und des HWS- und LWS-Syndroms nur mehr leichte körperliche Tätigkeiten. Diese seien vollschichtig zumutbar.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 26. Juni 2008 an der Rentenablehnung festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. Januar 2008 abgewiesen. Nach den von der Kammer eingeholten Gutachten könne der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Gehen, Stehen und überwiegend im Sitzen bei einem gelegentlichen Wechsel der Körperposition, in geschlossenen Räumen unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zusätzliche Pausen seien nicht notwendig, die Wegefähigkeit sei gegeben.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, das Sozialgericht habe einseitig die orthopädischen Gesundheitsprobleme betrachtet und dabei die Vielzahl von Gesamterkrankungen und die damit verbundenen Folgen auf die Erwerbsfähigkeit nicht gewürdigt. Vor allem aufgrund der Angstzustände sei er nicht in der Lage, aus dem Haus zu gehen und einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Auch sei die Schwerbehinderung (GdB von 60) nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er hat eine ergänzende Begutachtung auf psychologischem Fachgebiet angeregt. Das erstinstanzliche Urteil sei auch bezüglich der Psoriasiserkrankung fehlerhaft und insofern aufzuheben. Er hat ein Attest der behandelnden Psychotherapeutin Dr. S. vom 30. März 2009 vorgelegt. Aus ärztlicher Sicht sei zumindest eine Teilberentung gerechtfertigt. Es sei dem Kläger möglich, täglich vier Stunden mit Pausen von 15 bis 20 Minuten alle 45 Minuten zu verrichten.
Die Beklagte hat zwei Stellungnahmen des Sozialmedizinischen Dienstes vom 19. und 22. Mai 2009 vorgelegt und an der Ansicht festgehalten, dass weiterhin vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege. Die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode, wie sie Dr. S. gestellt habe, sei nicht zutreffend. Aus dem Attest der Dr. S. könnten keine Verschlechterung gegenüber der Begutachtung im Februar 2008 und keine quantitative Leistungsminderung abgeleitet werden.
Der Senat hat ein nervenärztliches Gutachten der Dr. C. vom 30. Juli 2009 eingeholt, die als wesentliche Gesundheitsstörungen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine gemischte Angststörung bei überwiegend selbstunsicherer, sensitiver Persönlichkeitsstörung, ein HWS-LWS-Syndrom, eine Psoriasis mit Arthralgie und unter Therapie derzeit nur geringen Hautsymptomen sowie ein Asthma bronchiale festgestellt hat. Die Depressionsausprägung sei nur gering. Im Vordergrund stehe die Entwicklung der Angsterkrankung. Eine krankheitswertige eigenständige depressive Verstimmung, eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung ließen sich nicht bestätigen. Eine wesentliche Veränderung gegenüber den Vorgutachten sei nicht eingetreten. Körperlich leichte und psychisch nicht belastende Tätigkeiten seien noch sechs Stunden pro Tag zumutbar. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht eingeschränkt, die Wegefähigkeit gegeben. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Sie hat eine Intensivierung der ambulanten Behandlungsmaßnahmen sowie eine stationäre psychosomatische Reha-Maßnahme mit anschließender beruflicher Integration empfohlen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 6. November 2009 mitgeteilt, dass der Kläger "aus gesundheitlichen Gründen" nach Argentinien ausgewandert sei, da das Klima dort günstiger für den Gesundheitszustand des Klägers sei.
Die Beklagte hat eine erneute Stellungnahme ihres Sozialmedizinschen Dienstes vom 3. November 2009 übersandt. Das gemäß dem Gutachten der Dr. C. verminderte Leistungsvermögen werde anerkannt. Es werde nach Beendigung des Verfahrens eine medizinische stationäre psychosomatische Rehabilitation in der I.-Klinik S. vorgeschlagen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2009 und den Bescheid vom 1. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil diesem kein Anspruch auf eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 bzw. Abs. 1 S. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen bei dem Kläger nicht vor. Dies ergibt sich zum einen aus den vom Sozialgericht eingeholten Gutachten der Dr. L., Dr. K. und Dr. A. sowie aus dem vom Senat in Auftrag gegebenen nervenärztlichen Gutachten der Dr. C ... Nach allen vorliegenden Gutachten ist der Kläger noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr zu verrichten.
Auf internistischem Fachgebiet ergibt sich dies aufgrund des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Dr. A ... Neben der seit Jugend bestehenden Schuppenflechte berücksichtigte der Sachverständige erhöhte Werte für Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyceride sowie einen pathologisch erniedrigten HDL-Cholesterinspiegel. Dies deutet auf eine Hyperlipoproteinämie hin. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um laborchemisch festgestellte Werte, die derzeit ohne konkrete Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen sind. Notwendig sind eine fettreduzierte Diät und evtl. auch eine medikamentöse Therapie. Daneben ist - seit der Schulzeit - ein Asthma bronchiale bekannt. Eine nennenswerte Beeinträchtigung des Klägers ist hierdurch jedoch nicht festzustellen. Krankenhausaufenthalte erfolgten diesbezüglich noch nicht. Nach eigenen Angaben bestehen normalerweise keinerlei Symptome, selten benutzt der Kläger ein antiobstruktiv wirkendes Spray. Zum Untersuchungszeitpunkt ergaben sich keine eindeutigen Zeichen für eine Obstruktion.
Orthopädisch wurde der Kläger durch Dr. L. begutachtet. Dr. L. stützte sich neben der ambulanten Untersuchung auch auf das Vorgutachten der Dr. W., den Entlassungsbericht des Orthopädiezentrums Bad F. vom Februar 2007 sowie den Bericht der Rheumaklinik O. vom 5. Dezember 2007. Das im Rahmen der Begutachtung eingeholte, ergänzende Röntgengutachten ergab keine Psoriasis-typischen Gelenkdestruktionen im Bereich der Hand-, Finger-, Sprung- und Fußgelenke. Auch aus dem sonographischen Befund der Rheumaklinik O. sowie laborchemischen Untersuchungen ist kein Befall der Gelenke im Sinne einer Arthritis psoriatica ersichtlich. Befallen sind jedoch die Fingernägel. Aufgrund der umfangreichen Befunde und Untersuchungsergebnisse ist eine dermatologische Begutachtung nicht erforderlich, zumal die rentenrelevanten Beeinträchtigungen bei dem Krankheitsbild der Schuppenflechte auf rheumatologischem Fachgebiet auftreten und Dr. C. bei ihrer Untersuchung derzeit nur geringe Hautsymptome feststellte.
Ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes ist als leicht einzustufen. Radiologisch ergaben sich Zeichen degenerativer Veränderungen mit Osteochondrose, Spondylarthrose und Spondylosis deformans an der HWS sowie Spondylarthrosen im kaudalen Abschnitt der LWS. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden können hierdurch erklärt werden, sie bedingen jedoch sowohl nach der Einschätzung des Dr. L. als auch des Dr. A. nur qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere bei körperlicher Tätigkeit sowie beim Bücken und Tragen von größeren Lasten.
Durch die im Alter von etwa 1 1/2 Jahren erlittene Verbrühung des linken Arms mit Narbenbildung kommt es zu einer endgradigen Einschränkung der Streckfähigkeit im linken Ellenbogengelenk. Subjektiv bestehen öfters Beschwerden, die objektiv nicht nachgewiesen werden können.
Im Vordergrund der Beschwerden, wie sie auch im Berufungsverfahren vorgebracht werden, liegen die psychischen Beeinträchtigungen. Hierbei bestätigte Dr. C. das auch von Dr. K. angenommene Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich. Dr. C. beschreibt insbesondere die gemischte Angststörung, die ihrerseits auf nervenärztlichem Fachgebiet im Vordergrund steht, sowie eine überwiegend selbstunsichere Persönlichkeit und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Die Schmerzen betreffen verschiedene Bereiche des Bewegungsapparates sowie den Kopf. Der neurologische Befund war allerdings weitgehend unauffällig. Ulnarseitige Sensibilitätsminderungen an den Fingern sind eventuell auf leichte sensible Reizungen dieses Nervs zurückzuführen; sozialmedizinische Konsequenzen ergeben sich hieraus jedoch nicht.
Unter Einbezug des psychopathologischen und testpsychologischen Befundes besteht ein Symptomkomplex aus einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie gemischter Angststörung auf dem Hintergrund einer überwiegend selbstunsicher-sensitiven Persönlichkeitsstörung. Letztere ist bedingt durch anlagebedingte Faktoren sowie durch ungünstige Sozialisationsbedingungen. Die Diagnose entspricht der der behandelnden Psychotherapeutin. Zu Depressionen kam es nur zeitweilig, bedingt durch das verminderte Selbstwertgefühl, was in Verbindung mit den genannten psychischen Faktoren zu sehen ist. Eine krankheitswertige, eigenständige depressive Verstimmung liegt ebenso wenig vor wie eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung. Die depressiven Symptome standen und stehen nicht im Vordergrund, vielmehr, wie dargelegt, die Entwicklung der Angsterkrankung, die sich durch Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Schwindelgefühl, Oberbauchbeschwerden, Befürchtungen und Spannungskopfschmerzen äußert. Nach Einschätzung der Sachverständigen bestehen dadurch qualitative Leistungsbeeinträchtigungen, nicht jedoch quantitative. Dies deckt sich mit den Einschätzungen der Vorgutachter D. und Dr. K ... Dr. C. nahm hierbei eine Gesamtbetrachtung unter Einbezug auch der orthopädischen und internistischen Diagnosen sowie den in den Vorgutachten genannten Leistungseinschränkungen vor.
Es liegt auch kein Hinweis auf eine Vielzahl qualitativer Einschränkungen vor, die ein vollschichtiges Leistungsvermögen ausschließen würden. Versicherte sind trotz vollschichtigen Leistungsvermögens dann als erwerbsgemindert anzusehen, wenn besondere gesundheitliche Einschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen, die eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich machen. Dies sind insbesondere die sogenannten Seltenheits- oder Katalogfälle, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat (vgl. BSG Urteil vom 14.09.1995, Az.: 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200, § 1246 RVO Nr. 50). Bei Vorliegen der dort genannten Umstände ist davon auszugehen, dass einem Versicherten der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen ist. Der Arbeitsmarkt ist dem Kläger aber auch unter diesen Gesichtspunkten nicht verschlossen. Zwar sind ihm vor allem Arbeiten in Zwangshaltung, mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken oder Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten nicht mehr zuzumuten. Arbeiten im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft sind wegen der Gelenkbeschwerden zu vermeiden, ebenso Arbeiten in Verbindung mit bronchialreizenden Stoffen. Eingeschränkt sind aufgrund der Angsterkrankung Tätigkeiten mit Publikumsverkehr; auch sind Arbeiten unter Zeitdruck, unter Akkord- und Fließbandbedingungen sowie Nachtschichtarbeiten nicht möglich. Die nervliche Belastbarkeit ist generell eingeschränkt, insbesondere die Ausdauer und Stresstoleranz, das Konzentrationsvermögen sowie belastungsabhängig auch die Fähigkeit und die Selbstständigkeit des Denkens. Es besteht jedoch noch ein positives Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen oder Sitzen, in geschlossenen Räumen, so dass noch ausreichend Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht kommen. Beispielhaft nennt z.B. Dr. P. Registraturtätigkeiten.
Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht beeinträchtigt. Auch sind, entgegen der Ansicht der behandelnden Psychotherapeutin Dr. S., zusätzliche Arbeitspausen nach Einschätzung der Gutachterin Dr. C. nicht erforderlich. Dies widerspricht zwar der subjektiven Einschätzung des Klägers, die aber vor dem Hintergrund der bestehenden ängstlichen Verunsicherung des Klägers zu bewerten ist. Durch objektive Kriterien lässt sich die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen nicht belegen.
Der Senat weist aber darauf hin, dass zum einen eine Intensivierung der ambulanten Behandlungsmaßnahmen in Form einer ambulanten Psychotherapie sowie eine stationäre psychosomatische Reha-Maßnahme mit dem Ziel der beruflichen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben, wie dies die Beklagte zuletzt auch angeboten hat, dringend erforderlich sind. Insoweit ist der Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rentenleistungen (vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VI, § 8 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch) zu beachten. Im Übrigen entspricht bei dem vorliegenden Krankheitsbild, insbesondere der Angsterkrankung, auch eine Zeitrente nicht den sozialmedizinischen Empfehlungen und der praktischen psychiatrischen Erfahrung, da dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vermeidungsverhalten verstärkt werden würde.
Die Wegefähigkeit ist ebenfalls nach allen vorliegenden Gutachten gegeben.
Damit ist ein Leistungsvermögen des Klägers von mindestens sechs Stunden täglich für zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gegeben, so dass nach § 43 Abs. 3 SGB VI keine Erwerbsminderung vorliegt.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet aus. § 240 SGB VI stellt im Hinblick auf den bis 31. Dezember 2000 geltenden § 43 SGB VI alter Fassung, der die Berufsunfähigkeitsrente regelte, eine Übergangs- und Besitzstandsregelung dar. Sie dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes als Sondervorschrift zu der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 2. Januar 1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus. Da der Kläger 1968 geboren wurde, fällt er nicht unter diese Vertrauensschutzregelung. Es besteht damit kein Berufsschutz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass auch die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
vom 28. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger erlernte vom 1984 bis 31. August 1987 den Beruf des Kfz-Mechanikers, jedoch ohne Gesellenbrief. Von September 1984 bis März 2003 arbeitete er in diesem Beruf. Von März 2003 bis Dezember 2005 absolvierte er eine Umschulung zum Bürokaufmann. Von 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006 war er mit einem befristeten Vertrag als Sachbearbeiter im Einkauf bei der Fa. H. tätig.
Die Beklagte hatte bereits mehrere medizinische Reha-Maßnahmen bewilligt und durchgeführt, aus denen der Kläger arbeitsunfähig entlassen wurde. Zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wurden als sechsstündig pro Tag zumutbar erachtet.
Am 15. Februar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein Gutachten der Orthopädin Dr. W. vom 18. April 2007 ein, die eine Arthritis psoriatica (Schuppenflechte) mit Reizzuständen beider Handgelenke und Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk, ein Halswirbelsäulen-(HWS-)Syndrom, ein Lendenwirbelsäulen-(LWS-)Syndrom sowie einen Spreizfuß mit psoriasistypischen Veränderungen an den Vorfüßen feststellte. Die Tätigkeit als Bankkaufmann/Sachbearbeiter im Einkauf sowie leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Die Fachärztin für Psychiatrie D. stellte in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2007 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit passiv femininen und selbstunsicheren Zügen sowie eine anamnestisch leichte bis mittelgradige depressive Episode fest. Alle Situationen, die Verantwortung und Selbstständigkeit forderten, lösten bei dem Kläger Angst, Panik und Rückzugstendenzen aus. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten sowie die Tätigkeit als Sachbearbeiter könnten aber noch mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.
Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten schloss sich am 29. Mai 2007 dieser Einschätzung an. Mit Bescheid vom 1. Juni 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab. Nach den ärztlichen Feststellungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2007 zurück.
Einen weiteren Antrag auf Durchführung einer medizinischen Reha-Leistung vom 27. Februar 2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2008 ab.
Mit der Klage zum Sozialgericht München hat der Kläger den Rentenanspruch weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat verschiedene Befundberichte eingeholt und eine medizinische Begutachtung durch den Orthopäden Dr. L., den Neurologen und Psychiater Dr. K. sowie den Internisten Dr. A. beauftragt.
Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 21. Februar 2008 unter Einbezug eines Röntgengutachtens ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom leichter Prägung mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes, diffuse Arthralgien (Gelenkschmerz) rechtes Schultergelenk, rechtes Handgelenk, rechtes oberes Sprunggelenk bei Psoriasis sowie Metatarsalgien bei Senkspreizfüßen beidseits und leichtgradiger Achillodynie (Schmerzzustand im Bereich der Achillessehne) linke Ferse ohne gravierende Geh- und Stehminderung diagnostiziert. Leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig verrichtet werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Dr. K. (Gutachten vom 22. Februar 2008) hat die Ansicht der Vorgutachterin bestätigt, dass eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vom asthenisch-sthenischen Typ sowie eine depressive Episode, die mittlerweile jedoch nicht mehr zielführend erscheine, vorlägen. Ferner bestehe ein Zustand nach Volarverlagerung des linken Nervus ulnaris bei zu unterstellendem Sulcus ulnaris-Syndrom. Der Gesundheitszustand habe sich gegenüber den im Rentenverfahren eingeholten Gutachten nicht verschlechtert. Er hat ebenfalls die Ansicht vertreten, dass der Kläger noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Akkord- und Schichtarbeiten seien zu vermeiden. Einen Antrag des Klägers auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 zurückgewiesen.
Dr. A. hat auf internistischem Fachgebiet in seinem Gutachten vom 19. Mai 2008 neben den genannten Diagnosen auf internistischem Fachgebiet einen Zustand nach ausgedehnter Verbrennung am gesamten linken Arm im Kindesalter mit endgradiger Einschränkung der Streckfähigkeit im Ellbogengelenk und subjektiven Beschwerden bei körperlicher Arbeit, seit Februar 2007 eine Hyperlipoproteinämie, zunächst ohne Symptome, und ein anamnestisches Asthma bronchiale festgestellt. Zumutbar seien aufgrund der entzündlichen Rheumaerkrankung, insbesondere der Hände, und des HWS- und LWS-Syndroms nur mehr leichte körperliche Tätigkeiten. Diese seien vollschichtig zumutbar.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes vom 26. Juni 2008 an der Rentenablehnung festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. Januar 2008 abgewiesen. Nach den von der Kammer eingeholten Gutachten könne der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Gehen, Stehen und überwiegend im Sitzen bei einem gelegentlichen Wechsel der Körperposition, in geschlossenen Räumen unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Zusätzliche Pausen seien nicht notwendig, die Wegefähigkeit sei gegeben.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, das Sozialgericht habe einseitig die orthopädischen Gesundheitsprobleme betrachtet und dabei die Vielzahl von Gesamterkrankungen und die damit verbundenen Folgen auf die Erwerbsfähigkeit nicht gewürdigt. Vor allem aufgrund der Angstzustände sei er nicht in der Lage, aus dem Haus zu gehen und einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Auch sei die Schwerbehinderung (GdB von 60) nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er hat eine ergänzende Begutachtung auf psychologischem Fachgebiet angeregt. Das erstinstanzliche Urteil sei auch bezüglich der Psoriasiserkrankung fehlerhaft und insofern aufzuheben. Er hat ein Attest der behandelnden Psychotherapeutin Dr. S. vom 30. März 2009 vorgelegt. Aus ärztlicher Sicht sei zumindest eine Teilberentung gerechtfertigt. Es sei dem Kläger möglich, täglich vier Stunden mit Pausen von 15 bis 20 Minuten alle 45 Minuten zu verrichten.
Die Beklagte hat zwei Stellungnahmen des Sozialmedizinischen Dienstes vom 19. und 22. Mai 2009 vorgelegt und an der Ansicht festgehalten, dass weiterhin vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege. Die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode, wie sie Dr. S. gestellt habe, sei nicht zutreffend. Aus dem Attest der Dr. S. könnten keine Verschlechterung gegenüber der Begutachtung im Februar 2008 und keine quantitative Leistungsminderung abgeleitet werden.
Der Senat hat ein nervenärztliches Gutachten der Dr. C. vom 30. Juli 2009 eingeholt, die als wesentliche Gesundheitsstörungen eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine gemischte Angststörung bei überwiegend selbstunsicherer, sensitiver Persönlichkeitsstörung, ein HWS-LWS-Syndrom, eine Psoriasis mit Arthralgie und unter Therapie derzeit nur geringen Hautsymptomen sowie ein Asthma bronchiale festgestellt hat. Die Depressionsausprägung sei nur gering. Im Vordergrund stehe die Entwicklung der Angsterkrankung. Eine krankheitswertige eigenständige depressive Verstimmung, eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung ließen sich nicht bestätigen. Eine wesentliche Veränderung gegenüber den Vorgutachten sei nicht eingetreten. Körperlich leichte und psychisch nicht belastende Tätigkeiten seien noch sechs Stunden pro Tag zumutbar. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht eingeschränkt, die Wegefähigkeit gegeben. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Sie hat eine Intensivierung der ambulanten Behandlungsmaßnahmen sowie eine stationäre psychosomatische Reha-Maßnahme mit anschließender beruflicher Integration empfohlen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 6. November 2009 mitgeteilt, dass der Kläger "aus gesundheitlichen Gründen" nach Argentinien ausgewandert sei, da das Klima dort günstiger für den Gesundheitszustand des Klägers sei.
Die Beklagte hat eine erneute Stellungnahme ihres Sozialmedizinschen Dienstes vom 3. November 2009 übersandt. Das gemäß dem Gutachten der Dr. C. verminderte Leistungsvermögen werde anerkannt. Es werde nach Beendigung des Verfahrens eine medizinische stationäre psychosomatische Rehabilitation in der I.-Klinik S. vorgeschlagen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2009 und den Bescheid vom 1. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil diesem kein Anspruch auf eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 bzw. Abs. 1 S. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen bei dem Kläger nicht vor. Dies ergibt sich zum einen aus den vom Sozialgericht eingeholten Gutachten der Dr. L., Dr. K. und Dr. A. sowie aus dem vom Senat in Auftrag gegebenen nervenärztlichen Gutachten der Dr. C ... Nach allen vorliegenden Gutachten ist der Kläger noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr zu verrichten.
Auf internistischem Fachgebiet ergibt sich dies aufgrund des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Dr. A ... Neben der seit Jugend bestehenden Schuppenflechte berücksichtigte der Sachverständige erhöhte Werte für Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyceride sowie einen pathologisch erniedrigten HDL-Cholesterinspiegel. Dies deutet auf eine Hyperlipoproteinämie hin. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um laborchemisch festgestellte Werte, die derzeit ohne konkrete Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen sind. Notwendig sind eine fettreduzierte Diät und evtl. auch eine medikamentöse Therapie. Daneben ist - seit der Schulzeit - ein Asthma bronchiale bekannt. Eine nennenswerte Beeinträchtigung des Klägers ist hierdurch jedoch nicht festzustellen. Krankenhausaufenthalte erfolgten diesbezüglich noch nicht. Nach eigenen Angaben bestehen normalerweise keinerlei Symptome, selten benutzt der Kläger ein antiobstruktiv wirkendes Spray. Zum Untersuchungszeitpunkt ergaben sich keine eindeutigen Zeichen für eine Obstruktion.
Orthopädisch wurde der Kläger durch Dr. L. begutachtet. Dr. L. stützte sich neben der ambulanten Untersuchung auch auf das Vorgutachten der Dr. W., den Entlassungsbericht des Orthopädiezentrums Bad F. vom Februar 2007 sowie den Bericht der Rheumaklinik O. vom 5. Dezember 2007. Das im Rahmen der Begutachtung eingeholte, ergänzende Röntgengutachten ergab keine Psoriasis-typischen Gelenkdestruktionen im Bereich der Hand-, Finger-, Sprung- und Fußgelenke. Auch aus dem sonographischen Befund der Rheumaklinik O. sowie laborchemischen Untersuchungen ist kein Befall der Gelenke im Sinne einer Arthritis psoriatica ersichtlich. Befallen sind jedoch die Fingernägel. Aufgrund der umfangreichen Befunde und Untersuchungsergebnisse ist eine dermatologische Begutachtung nicht erforderlich, zumal die rentenrelevanten Beeinträchtigungen bei dem Krankheitsbild der Schuppenflechte auf rheumatologischem Fachgebiet auftreten und Dr. C. bei ihrer Untersuchung derzeit nur geringe Hautsymptome feststellte.
Ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes ist als leicht einzustufen. Radiologisch ergaben sich Zeichen degenerativer Veränderungen mit Osteochondrose, Spondylarthrose und Spondylosis deformans an der HWS sowie Spondylarthrosen im kaudalen Abschnitt der LWS. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden können hierdurch erklärt werden, sie bedingen jedoch sowohl nach der Einschätzung des Dr. L. als auch des Dr. A. nur qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere bei körperlicher Tätigkeit sowie beim Bücken und Tragen von größeren Lasten.
Durch die im Alter von etwa 1 1/2 Jahren erlittene Verbrühung des linken Arms mit Narbenbildung kommt es zu einer endgradigen Einschränkung der Streckfähigkeit im linken Ellenbogengelenk. Subjektiv bestehen öfters Beschwerden, die objektiv nicht nachgewiesen werden können.
Im Vordergrund der Beschwerden, wie sie auch im Berufungsverfahren vorgebracht werden, liegen die psychischen Beeinträchtigungen. Hierbei bestätigte Dr. C. das auch von Dr. K. angenommene Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich. Dr. C. beschreibt insbesondere die gemischte Angststörung, die ihrerseits auf nervenärztlichem Fachgebiet im Vordergrund steht, sowie eine überwiegend selbstunsichere Persönlichkeit und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Die Schmerzen betreffen verschiedene Bereiche des Bewegungsapparates sowie den Kopf. Der neurologische Befund war allerdings weitgehend unauffällig. Ulnarseitige Sensibilitätsminderungen an den Fingern sind eventuell auf leichte sensible Reizungen dieses Nervs zurückzuführen; sozialmedizinische Konsequenzen ergeben sich hieraus jedoch nicht.
Unter Einbezug des psychopathologischen und testpsychologischen Befundes besteht ein Symptomkomplex aus einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie gemischter Angststörung auf dem Hintergrund einer überwiegend selbstunsicher-sensitiven Persönlichkeitsstörung. Letztere ist bedingt durch anlagebedingte Faktoren sowie durch ungünstige Sozialisationsbedingungen. Die Diagnose entspricht der der behandelnden Psychotherapeutin. Zu Depressionen kam es nur zeitweilig, bedingt durch das verminderte Selbstwertgefühl, was in Verbindung mit den genannten psychischen Faktoren zu sehen ist. Eine krankheitswertige, eigenständige depressive Verstimmung liegt ebenso wenig vor wie eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung. Die depressiven Symptome standen und stehen nicht im Vordergrund, vielmehr, wie dargelegt, die Entwicklung der Angsterkrankung, die sich durch Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Schwindelgefühl, Oberbauchbeschwerden, Befürchtungen und Spannungskopfschmerzen äußert. Nach Einschätzung der Sachverständigen bestehen dadurch qualitative Leistungsbeeinträchtigungen, nicht jedoch quantitative. Dies deckt sich mit den Einschätzungen der Vorgutachter D. und Dr. K ... Dr. C. nahm hierbei eine Gesamtbetrachtung unter Einbezug auch der orthopädischen und internistischen Diagnosen sowie den in den Vorgutachten genannten Leistungseinschränkungen vor.
Es liegt auch kein Hinweis auf eine Vielzahl qualitativer Einschränkungen vor, die ein vollschichtiges Leistungsvermögen ausschließen würden. Versicherte sind trotz vollschichtigen Leistungsvermögens dann als erwerbsgemindert anzusehen, wenn besondere gesundheitliche Einschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen, die eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich machen. Dies sind insbesondere die sogenannten Seltenheits- oder Katalogfälle, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat (vgl. BSG Urteil vom 14.09.1995, Az.: 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200, § 1246 RVO Nr. 50). Bei Vorliegen der dort genannten Umstände ist davon auszugehen, dass einem Versicherten der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen ist. Der Arbeitsmarkt ist dem Kläger aber auch unter diesen Gesichtspunkten nicht verschlossen. Zwar sind ihm vor allem Arbeiten in Zwangshaltung, mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken oder Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten nicht mehr zuzumuten. Arbeiten im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft sind wegen der Gelenkbeschwerden zu vermeiden, ebenso Arbeiten in Verbindung mit bronchialreizenden Stoffen. Eingeschränkt sind aufgrund der Angsterkrankung Tätigkeiten mit Publikumsverkehr; auch sind Arbeiten unter Zeitdruck, unter Akkord- und Fließbandbedingungen sowie Nachtschichtarbeiten nicht möglich. Die nervliche Belastbarkeit ist generell eingeschränkt, insbesondere die Ausdauer und Stresstoleranz, das Konzentrationsvermögen sowie belastungsabhängig auch die Fähigkeit und die Selbstständigkeit des Denkens. Es besteht jedoch noch ein positives Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen oder Sitzen, in geschlossenen Räumen, so dass noch ausreichend Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht kommen. Beispielhaft nennt z.B. Dr. P. Registraturtätigkeiten.
Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht beeinträchtigt. Auch sind, entgegen der Ansicht der behandelnden Psychotherapeutin Dr. S., zusätzliche Arbeitspausen nach Einschätzung der Gutachterin Dr. C. nicht erforderlich. Dies widerspricht zwar der subjektiven Einschätzung des Klägers, die aber vor dem Hintergrund der bestehenden ängstlichen Verunsicherung des Klägers zu bewerten ist. Durch objektive Kriterien lässt sich die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen nicht belegen.
Der Senat weist aber darauf hin, dass zum einen eine Intensivierung der ambulanten Behandlungsmaßnahmen in Form einer ambulanten Psychotherapie sowie eine stationäre psychosomatische Reha-Maßnahme mit dem Ziel der beruflichen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben, wie dies die Beklagte zuletzt auch angeboten hat, dringend erforderlich sind. Insoweit ist der Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rentenleistungen (vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VI, § 8 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch) zu beachten. Im Übrigen entspricht bei dem vorliegenden Krankheitsbild, insbesondere der Angsterkrankung, auch eine Zeitrente nicht den sozialmedizinischen Empfehlungen und der praktischen psychiatrischen Erfahrung, da dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vermeidungsverhalten verstärkt werden würde.
Die Wegefähigkeit ist ebenfalls nach allen vorliegenden Gutachten gegeben.
Damit ist ein Leistungsvermögen des Klägers von mindestens sechs Stunden täglich für zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gegeben, so dass nach § 43 Abs. 3 SGB VI keine Erwerbsminderung vorliegt.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet aus. § 240 SGB VI stellt im Hinblick auf den bis 31. Dezember 2000 geltenden § 43 SGB VI alter Fassung, der die Berufsunfähigkeitsrente regelte, eine Übergangs- und Besitzstandsregelung dar. Sie dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes als Sondervorschrift zu der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 2. Januar 1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus. Da der Kläger 1968 geboren wurde, fällt er nicht unter diese Vertrauensschutzregelung. Es besteht damit kein Berufsschutz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass auch die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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