L 4 KA 31/07

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 1057/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 31/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 2/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. April 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Abrechnung des neurologischen Ordinationskomplexes nach Nrn. 16210 bis 16212 EBM 2005 für die Quartale ab I/06 hat.

Die Klägerin ist sowohl als Fachärztin für Augenheilkunde als auch als Fachärztin für Neurologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Mit Schreiben vom 27. März 2006, bei der Beklagten eingegangen am 3. April 2006, wandte sich die Klägerin gegen die Abrechnung des Quartals II/05. Im Rahmen der Besitzstandswahrung beantrage sie, wieder den neurologischen Ordinationskomplex abrechnen zu können. Sie sei bundesweit die einzige niedergelassene Neuroophthalmologin. Es entspreche nicht dem Grundgesetz, ihr die Möglichkeit der freien Berufswahl in dieser Form zu nehmen und ihre besondere Spezialisierung zu streichen. Ein Patient mit einer neuroophthalmologischen Erkrankung bedürfe einer das Vielfache betragenden Zeit für Diagnostik, Anamneseerhebung und eines wesentlich höheren Zeitaufwands für persönliche Gespräche.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin, den sie als Antrag auf Genehmigung zur Abrechnung des neurologischen Ordinationskomplexes nach den Nrn. 16210 bis 16212 EBM 2005 wertete, ab. Zur Begründung führte sie aus, dass von der Klägerin nur der Ordinationskomplex des Kapitels 6 EBM 2005 berechnet werden könne, da sich nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 der anzusetzende Ordinationskomplex grundsätzlich nach dem Versorgungsauftrag (Identifikation über die Arztabrechnungsnummer) richte.

Hiergegen erhob die Klägerin am 11. August 2006 Widerspruch. Diesen begründete sie damit, dass sie, wie ihren bisherigen Abrechnungen zu entnehmen sei, zum Beispiel im Fall einer Bindehautentzündung nur die hierfür relevanten Ziffern der Augenheilkunde abrechne. Bei einem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelsäulenbereich rechne sie nur neurologische Ziffern ab. Bei einer länger bestehenden Kopfschmerzsymptomatik oder Amaurosis Fugax Attacken müssten beide Fachbereiche abgeklärt werden. Wenn die Beklagte sie unter Hinweis auf ihre Stempelnummer allein auf die augenärztlichen Ordinationsziffern verweise, werde sie offiziell zur Falschabrechnung aufgefordert. Sie beantrage daher, dass sie die indikationsabhängig tatsächlich erbrachten Leistungen und Beratungen mit den der Diagnose entsprechenden Ziffern zur Abrechnung bringen könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte hierzu aus, gemäß Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 richte sich für einen Vertragsarzt, der seine Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübe, der Ordinationskomplex nach dem Versorgungsauftrag (Identifikation über die Arztabrechnungsnummer), mit der er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Danach könne von der Klägerin nur der Ordinationskomplex des Kapitels 6 EBM 2005 berechnet werden. Dies gelte auch dann, wenn es sich um einen Behandlungsfall handele, bei dem neurologische Leistungen erbracht und abgerechnet würden. Im Hinblick auf die eindeutigen Bestimmungen des EBM 2005, die im Übrigen mit Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) im Einklang stünden, könne von einer Aufforderung zur Falschabrechnung nicht die Rede sein. Soweit die Klägerin auf den Aspekt der Besitzstandwahrung hinweise, sei anzumerken, dass sie neurologische Leistungen weiterhin abrechnen könne. Soweit sie den neurologischen Ordinationskomplex abgerechnet habe, könne hieraus kein Vertrauen entstehen. Dieses könne nur solange bestehen, bis darauf hingewiesen werde, dass für die Zukunft die Verwaltungspraxis geändert werde, hier also allenfalls bis zur Einführung des EBM 2005 zum 1. April 2005.

Hiergegen hat die Klägerin am 5. Dezember 2006 Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat sie geltend gemacht, dass der EBM nicht ihre besondere Facharztkombination berücksichtige und einer verfassungskonformen Auslegung bedürfe.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 25. April 2007 verurteilt, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag eine Genehmigung zur Abrechnung des neurologischen Ordinationskomplexes nach den Nrn. 16210 bis 16212 EBM 2005 ab dem Quartal I/06 ff zu erteilen. Hierzu hat es in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 insofern rechtswidrig und nichtig sei, als die Bestimmung dem Arzt mit einer Doppelqualifikation, mit der er auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, hinsichtlich der Abrechnung des Ordinationskomplexes auf den Versorgungsauftrag auf der Grundlage der Arztabrechnungsnummer beschränke. Bezüglich des Ordinationskomplexes bestimme Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005, dass für einen Vertragsarzt, der seine Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübe, sich die Höhe des Ordinationskomplexes nach dem Versorgungsauftrag (Identifikation über die Arztabrechnungsnummer) richte, mit dem er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sofern in den Präambeln der arztgruppenspezifischen Kapitel nichts anderes bestimmt sei. Nach den Bestimmungen des EBM 2005 könne eine Genehmigung für die von der Klägerin begehrten Leistungen nicht erteilt werden. Bei den Bewertungsmaßstäben handele es sich um eine Normsetzung durch Vertrag, an die die Beklagte gebunden sei. Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 sei aber insoweit rechtswidrig und nichtig, als die Abrechnung des Ordinationskomplexes für einen Arzt mit einer Doppelqualifikation auf den Versorgungsauftrag auf der Grundlage der Arztabrechnungsnummer beschränkt werde. Es fehle zunächst an einer Regelung, nach welchen Kriterien bei einer Doppelqualifikation die Arztabrechnungsnummer vergeben werde bzw. eine Beschränkung auf die Abrechnung des Ordinationskomplexes nach einem Fachgebiet erfolge. Im EBM 2005 würden keine Regelungen getroffen, die die Zuordnung einer Ärztin mit Doppelzulassung bzw. der von ihr erbrachten Leistungen regelt. Dies werde für rechtswidrig gehalten. Die Zuordnung zu einem Fachgebiet mit der Folge, nur einen Ordinationskomplex abrechnen zu können, sei eine wesentliche Regelung, die nur in der Form einer rechtlichen Regelung ergehen könne. Die Verwaltungspraxis der Beklagten, eine Zuordnung nach dem Schwerpunkt der Praxis bzw. der Abrechnungsnummer vorzunehmen, sei ohne die erforderliche Grundlage ergangen und damit rechtswidrig. Dies verstoße auch gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Dies sei vom SG hinsichtlich der Honorarverteilung bereits mit Urteil vom 9. Juli 2006, S 12 KA 45/05 festgestellt worden (Berufungsverfahren L 4 KA 55/06; ebenso HLSG, Urteil vom 9. August 2006 – L 4 KA 7/05; Urteil des SG Frankfurt am Main vom 6. Oktober 2004, S 27 KA 3096/03; SG Dresden, Urteil vom 7. Dezember 2003 – S 15 KA 378/02). Die Entscheidung eines in zwei Fachgebieten zugelassenen Vertragsarztes, seine Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet auszurichten und im anderen Fachgebiet nur gelegentlich tätig zu werden, sei Teil seiner durch Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit. Vergütungsbeschränkende Regelungen, die in diese Entscheidung und die davon geprägte Struktur der vertragsärztlichen Praxis eingreifen, bedürften einer hinreichenden normativen Grundlage. Diese müsse nicht im Gesetz selbst enthalten sein (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1999, B 6 KA 78/97 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 20, Juris Rdnr.15; BSG, Urteil vom 26. Januar 2000, B 6 KA 53/98 R, SozR 3-2500 § 95 Nr. 22). Die Beschränkung auf die Abrechenbarkeit des Ordinationskomplexes eines Fachgebietes bei einer Doppelzulassung könne auch nicht mit Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt werden. Dem stehe bereits die grundrechtliche Gewährleistung der freien Berufsausübung entgegen. Zum anderen sei nicht ersichtlich, weshalb unterschiedliche Ordinationskomplexe nicht auch ohne Verwaltungsmehraufwand abgerechnet werden können, soweit in der Praxis Patienten mit Beschwerden aus unterschiedlichen Fachgebieten behandelt würden. Nach Nr. 4.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 könne der Ordinations- oder Konsiliarkomplex nur von den in der Präambel der entsprechenden arztgruppenspezifischen oder arztgruppenübergreifenden Kapitel genannten Leistungserbringern beim ersten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal berechnet werden. Er sei nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig (kurativ-ambulant) und umfasse die in Anhang 1 aufgeführten Leistungen. Bei einer ambulanten und stationären (belegärztlichen) Behandlung in demselben Quartal sei der Ordinationskomplex zweimal berechnungsfähig (jeweils kurativ-ambulant und kurativ-stationär). Eine Berechnung von Ordinations- und Konsiliarkomplex in demselben Behandlungsfall sei nicht möglich. Bei einer in demselben Behandlungsfall erfolgten Berechnung der Leistung nach Nr. 01210 (Ordinationskomplex im organisierten Notfalldienst) sei für die gleichzeitige Berechnung des Ordinationskomplexes mindestens ein weiterer persönlicher kurativer Arzt-Patienten-Kontakt außerhalb des organisierten ärztlichen Notfalldienstes notwendig. Bei Überweisungen zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag gemäß § 24 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 27 Abs. 3 Arzt-/Ersatzkassenvertrag (EKV) an nicht ausschließlich auftragnehmende Ärzte gemäß § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV sei der Ordinationskomplex nicht berechnungsfähig. Bei mehr als einer Inanspruchnahme des Arztes an demselben Tag könne nur dann der Konsultationskomplex zusätzlich zum Ordinationskomplex oder der Konsultationskomplex mehr als einmal berechnet werden, wenn die Inanspruchnahmen durch die Beschaffenheit der Erkrankung geboten gewesen seien (Uhrzeitangaben). Weshalb darüber hinaus eine Beschränkung auf den Ordinationskomplex erfolgen müsse, erschließe sich nicht. Hinzu komme, dass bei fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxen eine Beschränkung auf ein bestimmtes Fachgebiet nicht erfolge, die Höhe des Ordinationskomplexes zudem aus einem Mittelwert berechnet werde. Das SG habe nicht entscheiden müssen, ob insofern eine Benachteiligung der Ärzte mit Doppelqualifikation gegenüber fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxen vorliege, soweit letztere einen Zuschlag zum Ordinationskomplex erhielten. Soweit dadurch dem Umstand des breiteren Leistungsumfangs und des damit meist einhergehenden größeren Umfangs der Vorhaltung von Praxismitteln Rechnung getragen werde, da der Ordinationskomplex auch bei fachgebietsübergreifender Behandlung nur einmal im Quartal je Behandlungsfall abgerechnet werden könne, würden diese Besonderheiten auch für die Praxis einer Ärztin mit Doppelqualifikation gelten. Die Beschränkung auf einen Ordinationskomplex, der für beide Fachgebiete der Klägerin als obligaten Leistungsinhalt lediglich einen persönlichen Arzt- Patienten- Kontakt beinhalte, bedeute im Ergebnis, dass auch kumulativ die fakultativen Leistungsinhalte beider Fachgebiete mit dem Ordinationskomplex abgegolten seien. Diese Frage könne hier dahinstehen, da die Höhe des Ordinationskomplexes nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei. Aufgrund der Nichtigkeit der Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 verbleibe es bei der Abrechnungsfähigkeit aller Leistungen nach beiden Fachgebieten (Nr. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005). Zur Klarstellung sei die Beklagte aber verpflichtet, eine entsprechende - feststellende - Genehmigung zu erteilen. Dies bedeute aber nicht, dass der Ordinationskomplex in einem Behandlungsfall aus beiden Fachgebieten abgerechnet werden könne.

Gegen das ihr am 7. Mai 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Mai 2007 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Urteil könne bereits deshalb keinen Bestand haben, weil das Gericht die Rechtswidrigkeit einer Bestimmung des EBM 2005 festgestellt habe, ohne die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung bzw. das Organ Bewertungsausschuss beigeladen zu haben. Die unterbliebene Beiladung ziehe, da es sich um eine notwendige nach § 75 Abs. 2 SGG handle, einen schweren Verfahrensmangel nach sich, der zur Aufhebung des Urteils führen müsse. Entsprechend der Regelung in den Allgemeinen Bestimmungen Nr. 6.1 EBM 2005 sei die Klägerin auf die Abrechnung des Ordinationskomplexes aus dem Kapitel 6 EBM 2005 zu verweisen. Der Versorgungsauftrag sei über die Arztabrechnungsnummer zu identifizieren, wobei bei der Abrechnungsnummer der Klägerin 40 04 438 die 3. und 4. Ziffer mit 04 für die fachärztliche Ausrichtung der Augenheilkunde stehe. Der Forderung des SG nach einer Regelung, die die Zuordnung einer Ärztin mit Doppelzulassung steuere, sei mit den Vorgaben im EBM und HVV Genüge getan. Der EBM spreche selbst von einem Versorgungsschwerpunkt. Im HVV bestimme § 6 Ziffer 6.2 letzter Absatz, dass die Zuordnung von Gemeinschaftspraxen zu den einzelnen Honorar(unter)gruppen nach dem Tätigkeitsschwerpunkt der Praxis erfolge; die Vorgabe gelte entsprechend für Ärzte bzw. Psychotherapeuten mit einer Doppelzulassung. Welches Gebiet im Falle von Ärzten mit Doppelzulassung den Schwerpunkt bilde, werde über die abgerechneten Leistungen nachvollzogen. Insoweit lasse allein die Systematik und Begrifflichkeit "Versorgungsauftrag" darauf schließen, dass Versorgungsauftrag im Falle mehrerer Fachgebiete nur sein könne, worauf sich die Tätigkeit schwerpunktmäßig erstrecke. Solange der Arzt seine Tätigkeit in Bezug auf die Ausübungsform und den Schwerpunkt beibehalte, bleibe die Abrechnungsnummer unverändert. Die Abrechnungsnummer sei Bestandteil des Stempels und des Honorarbescheids und entwickle gegenüber dem Arzt einen regelungsgleichen Charakter. Es sei davon auszugehen, dass der Arzt, dem eine solche Arztnummer zugeteilt werde, darüber informiert sei, welche Aussagekraft dieser Arztnummer zukomme. In der Abrechnungsnummer würden die ersten beiden Stellen Aufschluss über die Bezirksstelle geben, die 3. und 4. Stelle die Fachgruppe bezeichnen und die nachfolgenden Ziffern eine fortlaufende Nummerierung darstellen. In der Übersicht zu Kennziffern für Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen gemäß (Muster-) Weiterbildungsordnung der KBV sei geregelt, welche Ziffern für welche fachliche Ausrichtung stehen. Eine rechtswidrige und ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vermöge die Beklagte nicht zu sehen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen die Berufsausübungsfreiheit gemäß Artikel 12 GG liege nicht vor. Der Doppelzulassung werde durch den EBM 2005 dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin berechtigt sei, die Leistungen sowohl des Kapitels 6 als auch des Kapitels 16, mit Ausnahme des neurologischen Ordinationskomplexes Nrn. 16210 bis 16212 EBM 2005, zu erbringen. Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 setze konsequent um, was die Bestimmung in Nr. 4.2 EBM 2005 in Verbindung mit § 21 BMV-Ä fordere. Bei dem Ordinationskomplex handele sich um eine Quartalspauschale. Werde sie angesetzt, seien alle Aufwendungen, die mit der Erbringung des fakultativen Leistungsinhalts einhergehen, für den Patienten für den Zeitraum des Quartals abgedeckt. Dies schließe nicht unmittelbar aus, dass für den Behandlungsfall je nach Leistung der Einstieg über die Ordinationsgebühr des entsprechenden Kapitels möglich wäre, jedoch erfolge die Abrechnung nicht personenbezogen. Der Beklagten wäre es dementsprechend nicht möglich zu erkennen, ob bei fachgebietsübergreifender Behandlung für einen Patienten innerhalb eines Behandlungsfalls, nachdem bereits der eine Ordinationskomplex abgerechnet worden sei, i.V.m. Leistungen des anderen Fachgebiets dessen Ordinationsgebühr abgerechnet werde. Die Vorschrift der Nr. 6.1 EBM 2005 schütze somit auch vor Falschabrechnung. Diese Gefahr bestehe bei Gemeinschaftspraxen nicht. Hier erfolge eine Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen. Jeder Arzt könne nur Leistungen aus einem Gebiet mit dem entsprechenden Ordinationskomplex erbringen. Eine Doppelabrechnung hinsichtlich des Ordinationskomplexes für die Behandlung eines Patienten durch einen Arzt sei ausgeschlossen. Sei ein Mitglied der Gemeinschaftspraxis ein in Doppelzulassung tätiger Arzt, sei dieser gleichsam im Sinne der Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 hinsichtlich des Ordinationskomplexes auf das Kapitel seines Versorgungsschwerpunktes beschränkt. Damit stelle die Bestimmung in Nr. 6.1 keinen Eingriff in die Berufsfreiheit, sondern eine zulässige Berufsausübungsregelung dar. Entgegen der Ansicht des SG stelle der Ausschluss der Abrechnungsfähigkeit des Ordinationskomplexes des Kapitels der Neurologen im Falle der Klägerin keine Bestimmung dar, die vergütungsbeschränkenden Charakter habe. Die Klägerin rechne mit Aufnahme der Behandlung die augenärztliche Ordinationsgebühr ab, unabhängig davon, ob diese einen neurologischen und augenärztlichen Einstieg biete. Die Leistung werde somit in allen Fällen vergütet. Das SG habe unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin in ihren Abrechnungen, was die Honorarbescheide I/06 und II/06 eindeutig erkennen ließen, in nur unbedeutendem Maße die Nr. 06210 für Versicherte bis zum vollendeten 5. Lebensjahr ansetze. In weitaus größerem Umfang berechne sie die Nr. 06211 als Ordinationsleistung bei Versicherten ab Beginn des 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr. In mindestens gleichem Umfang rechne sie die Nr. 06212 für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahres ab. Die Punktzahlen innerhalb der Ordinationskomplexe würden bei getrennter Betrachtung wie folgt aussehen:

Versicherte 0-5 Jahre Versicherte 6-59 Jahre Versicherte ab 60 Jahre
Fachärzte für Neurologie 470 Punkte 410 Punkte 420 Punkte
Fachärzte für Augenheilkunde 465 Punkte 405 Punkte 465 Punkte

Der Punktzugewinn, den die Abrechenbarkeit der Nr. 16210 EBM 2005 mit sich bringen würde, wirke sich wegen des geringen Umfangs, 31 Patienten unter einer Gesamtanforderungsfallzahl von 1146 in I/06 und 35 auf 1116 Fällen in II/06 nicht merklich aus. Hinsichtlich der Nr. 16211 würde die Ermöglichung der Abrechnung nur zu einem unwesentlichen Mehrgewinn an Punkten von 5 pro angesetzter Ziffer führen. Gravierender würde sich indes auswirken, wenn die Klägerin im Falle neurologischer Behandlungen bei Versicherten ab 60 nur noch ein 420 anstelle der bisher anzusetzenden 465 Punkte abrechnen könnte. Durch die Entscheidung des SG erfahre die Klägerin einen Nachteil. Fortan werde sie gehalten, im Rahmen einer neurologischen Behandlung auch ausschließlich den neurologischen Ordinationskomplex und nicht den punktzahlstärkeren Ordinationskomplex der Augenärzte zu berechnen. Das SG habe auch die eigentliche Intention übersehen, die zu einer Besserstellung von Gemeinschaftspraxen geführt habe. Es gehe nicht allein um den Ausgleich der Vorhaltekosten für den gesteigerten Praxisaufwand wegen des weiteren Leistungsspektrums. Vielmehr solle der Aufschlag auf die Ordinationsgebühr auch den innerkollegialen Aufwand decken, um Kosten für konsiliarische Rücksprachen zwischen den Partnern abzugelten. Dieses Kriterium entfalle bei in Einzelpraxis tätigen Ärzten mit Doppelzulassung. In der Ordinationsgebühr nach der Reform des EBM 1996 seien viele bis dahin als selbstständige Gebührenordnungspositionen abrechenbare Leistungen aufgegangen. Im Hinblick auf das in Gemeinschaftspraxen naturgemäß größere Leistungsspektrum bedeute dies, dass der Anteil derjenigen Leistungen, die nicht mehr selbstständig abrechenbar waren, entsprechend höher gewesen sei als bei Einzelpraxen. Dies sei der Anlass für die Einführung von Zuschlägen zur Ordinationsgebühr gewesen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. April 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG Marburg für zutreffend. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung könnten allenfalls Geltung beanspruchen, wenn ein und derselbe Behandlungsfall sowohl augenärztliche als auch neurologische Untersuchungen/Behandlungen erfordere. Anders sei die Situation, wenn die Klägerin von demselben Patienten wegen zwei völlig unabhängig voneinander bestehenden Erkrankungen auf augenärztlichem bzw. neurologischem Fachgebiet aufgesucht werde, was zum Teil der Fall sei. Diese Fallgestaltung sei mit den Vorgaben des EBM nicht sinnvoll zu lösen. Die Gestalter des EBM hätten für solche Fallgestaltungen offenbar nicht berücksichtigt, dass Vertragsärzte ihre Tätigkeit auch in mehreren Gebieten ausüben könnten, die grundsätzlich nicht miteinander verwandt seien, also nur eine relativ geringe Schnittmenge von Erkrankungen betreffen würden, die sowohl dem einen wie dem anderen Fachgebiet zugeordnet werden könnten. Die Beklagte vertrete offenbar die Auffassung, dass die Klägerin auch bei einem rein neurologischen Krankheitsbild nicht den neurologischen, sondern ausschließlich den augenärztlichen Ordinationskomplex abrechnen solle. Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass dies eine Falschabrechnung darstelle. Schließlich werde verkannt, dass die Klägerin nicht ausschließlich die Berechnung eines (neurologischen) Ordinationskomplexes begehre, sondern die Berechnung des zum jeweiligen Fall passenden Ordinationskomplexes rechtmäßig sei. Zudem sei die Darlegung, dass die Klägerin im Ergebnis einen wirtschaftlichen Nachteil bei der Abrechnung neurologischer Behandlungen nach dem neurologischen Ordinationskomplex erleide, entgegenzuhalten, dass die Auffassung lediglich auf zwei Quartale gestützt worden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. April 2007 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Genehmigung der Abrechnung des neurologischen Ordinationskomplexes nach den Nummern 16210 bis 16212 EBM 2005 ab dem Quartal I/06.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das SG keine notwendige Beiladung unterlassen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen (jetzt: Spitzenverband Bund der Krankenkassen), die Kassenärztliche Bundesvereinigung bzw. das Organ Bewertungsausschuss waren weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren notwendig beizuladen. Es handelt sich um einen Fall der einfachen Beiladung nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, die im Ermessen des Gerichts steht. Allein der Gesichtspunkt, dass es in einem Rechtsstreit auf den Inhalt, die Auslegung oder die Wirksamkeit einer (Honorarverteilungs-)Regelung ankommt, führt nicht dazu, dass die Entscheidung gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nur einheitlich ergehen kann und deren Beiladung in jedem Vergütungsrechtsstreit deshalb notwendig wird (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 46/07 R = BSG SozR § 75 Nr. 8, zitiert nach Juris Rdnrn. 12, 13; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr. 1 S. 3 für die Gesamtvertragspartner; BSGE 78, 98, 99 f = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S 35 für die Bundesmantelvertragspartner; ebenso BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 Rdnr. 6 für den EKV-Z).

Gemäß Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 richtet sich für einen Vertragsarzt, der seine Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübt, die Höhe des Ordinationskomplexes nach dem Versorgungsauftrag (Identifikation über die Arztabrechnungsnummer), mit der er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sofern in den Präambeln der arztgruppenspezifischen Kapitel nichts anderes bestimmt ist. Nach Nr. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 richtet sich die Berechnung der arztgruppenspezifischen Leistungen eines Vertragsarztes, der seine Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausübt, - mit Ausnahme des Ordinationskomplexes (s. Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM) - unter Berücksichtigung von Nr. 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 nach den berechnungsfähigen Leistungen der Gebiete, in denen er seine vertragsärztliche Tätigkeit ausübt. Dies gilt gemäß Nr. 2.1.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 nicht für (Teil-) Leistungen mit demselben Inhalt. Mit diesen Regelungen wird durch den Normgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei Ärzten mit Doppelzulassung der Ordinationskomplex entgegen den sonstigen arztgruppenspezifischen Leistungen nur auf einem Fachgebiet und nicht nach dem jeweiligen Gebiet, in dem die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wird, abgerechnet werden kann.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Beschränkung von Ärzten mit Doppelzulassung auf die Abrechnung des Ordinationskomplexes auf nur einem Fachgebiet in Nr. 6.1 i.V.m. Nr. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 bereits deshalb rechtswidrig ist, weil sie einen ungerechtfertigten Eingriff in die durch Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit darstellt und damit gegen höherrangiges Recht verstößt. Dies führt zur Rechtwidrigkeit der angefochtenen Bescheide.

Die auf der Grundlage des § 87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe, bei denen es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form der Normsetzungsverträge handelt (vgl. BSGE 81,86, 89 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18 S 84; BSGE 94,50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils RdNr. 64 ff), sind wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art ihres Zustandekommens nicht in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der - paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw. Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008, a. a. O., zitiert nach Juris Rdnr. 16; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 5 S. 23; BSGE 78, 98, 107 = SozR a. a. O. Nr. 12 S. 43; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr. 14 S 53; BSGE 94,50 = SozR 4 2500 § 72 Nr. 2, jeweils RdNr. 86). Insoweit kommt auch die durch Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit als Prüfungsmaßstab in Betracht.

Von einer Vereinbarkeit einer in die Berufsausübungsfreiheit eingreifenden Regelung mit Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann ausgegangen werden, wenn die Regelung zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich, geeignet sowie den betroffenen Ärzten zumutbar ist. In der Beschränkung von Ärzten mit Doppelzulassung auf die Abrechnung des Ordinationskomplexes auf nur einem Fachgebiet in Nr. 6.1 i.V.m. Nr. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 ist eine vergütungsbeschränkende Regelung zu sehen, die im Hinblick auf die damit offenbar verfolgten Ziele wie Verwaltungspraktikabilität und Vermeidung von Falschabrechnungen jedenfalls nicht erforderlich, damit nicht verhältnismäßig und nicht gerechtfertigt ist. Daher ist davon auszugehen, dass der Normgeber des EBM 2005 den ihm insoweit zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten hat.

Die Klägerin ist durch die Regelung in Nr. 6.1 i.V.m. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 gezwungen, Leistungsinhalte aus dem Fachgebiet der Neurologie unter dem augenärztlichen Ordinationskomplex Nr. 06210 ff. EBM 2005 abzurechnen. Zwar enthalten sowohl der augenärztliche Ordinationskomplex als auch der neurologische Ordinationskomplex als obligaten Leistungsinhalt lediglich einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt. Unter den jeweiligen Ordinationskomplex auf augenärztlichem und neurologischem Fachgebiet (Nr. 16210 ff. EBM 2005) fallen jedoch eine Reihe fachspezifischer fakultativer Leistungsinhalte, die weder identisch noch miteinander vergleichbar sind. Die Klägerin kann somit fakultative Leistungsinhalte nach dem neurologischen Ordinationskomplex, die sie erbracht hat, wie zum Beispiel die Erhebung des vollständigen neurologischen Status bzw. die ergänzende Erhebung des psychiatrischen Status nicht als solche abrechnen, sondern ist auf die Ansetzung des augenärztlichen Ordinationskomplexes beschränkt. Anknüpfungspunkt hierfür ist gemäß Nr. 6.1 EBM 2005 der Versorgungsauftrag, konkretisiert als Identifikation über die Abrechnungsnummer, die sich bei Ärzten mit Doppelzulassung nach den Honorarverteilungsregelungen und der Verwaltungspraxis der Beklagten nach dem Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit richtet. Die Regelung stellt daher, wie vom SG zutreffend festgestellt, eine vergütungsbeschränkende Regelung dar, die in die durch Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Entscheidungsfreiheit einer in zwei Fachgebieten zugelassenen Vertragsärztin, ihre Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet auszurichten und im anderen Fachgebiet nur gelegentlich tätig zu werden, eingreift. Vergütungsbeschränkende Wirkungen hat die Regelung deshalb, da der augenärztliche Ordinationskomplex und der neurologische Ordinationskomplex, abgestaffelt nach dem Lebensalter der Versicherten mit unterschiedlichen Punktzahlen bewertet sind. Jedenfalls in den Altersgruppen bis zum vollendeten 5. Lebensjahr sowie vom 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr wird der augenärztliche Ordinationskomplex geringer als der neurologische Ordinationskomplex bewertet. Zwar ist die Klägerin nach wie vor berechtigt, alle sonstigen fachgruppenspezifischen Leistungen, die sie auf neurologischem Fachgebiet erbringt, nach den berechnungsfähigen Leistungen des neurologischen Fachgebiets abzurechnen. Überdies ist der neurologische Ordinationskomplex in den vorgenannten Altersgruppen lediglich um fünf Punkte höher bewertet. Für diesen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vermag der Senat jedoch keine Notwendigkeit zu erkennen, weshalb er nicht verhältnismäßig und daher nicht gerechtfertigt ist. Gründe der Verwaltungsvereinfachung oder Verwaltungspraktikabilität können hierfür keine ausreichende Rechtfertigung darstellen. Ebenso wenig ist ein Verwaltungsmehraufwand bei Abrechnung des Ordinationskomplexes des einschlägigen Fachgebietes für die erbrachte Leistung ersichtlich. Überdies vermochten die Ausführungen der Beklagten, wonach die Regelung der Nr. 6. 1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 zur Vermeidung von Falschabrechnungen erforderlich sei, den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Sofern ein Arzt mit Doppelzulassung je Behandlungsfall gemäß § 21 BMV-Ä mehrere Ordinationskomplexe abrechnen würde, müsste dies - wie in anderen Fällen ungerechtfertigter Doppelabrechnung - anhand der abgerechneten Gebührenziffern überprüfbar sein.

Daher ist mit dem SG davon auszugehen, dass es aufgrund des Verstoßes der Nr. 6.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 gegen höherrangiges Recht bei der Abrechnungsfähigkeit der Leistungen nach beiden Fachgebieten gemäß dem in Nr. 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005 normierten Grundsatz auch für den Ordinationskomplex verbleibt. Allerdings kann der Ordinationskomplex in einem Behandlungsfall gemäß § 21 BMV-Ä nicht aus beiden Fachgebieten abgerechnet werden (vgl. hierzu im Einzelnen Nr. 4.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM 2005).

Die Kostenentscheidung beruht auf §197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die endgültige Streitwertfestsetzung auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) sowie die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved