Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 160/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei einer Entfernung zwischen Praxissitz und Zweigpraxissitz eines Kinderkardiologen von 128 km und einer Fahrzeit von eineinhalb Stunden pro Wegstrecke liegt eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes i. S. d. § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV i.d.F. d. VÄndG vor.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Zweigpraxis in AA. bei einem Praxissitz in A-Stadt.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinderkardiologie/Bluttransfusionswesen zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Der Kläger beantragte unter Datum vom 25.11.2006 die Genehmigung einer Zweigpraxis in AA ... Er trug vor, er sei seit einem Jahr einen Nachmittag in AA. als Kinderkardiologe tätig und betreue dort wohnortnah herzkranke Kinder. Im gesamten XY-Kreis gebe es keine ambulante Versorgung herzkranker Kinder, ebenso liege keine Ermächtigung eines Klinikarztes vor. Die nächste Möglichkeit zur Untersuchung sei GE. (Kinderherzzentrum) oder X-Stadt, das heißt im Umkreis von ca. 80 km gebe es keinen weiteren Kinderkardiologen. Er sei Mitglied im Netz der Kinderärzte XY. und bekomme alle privatversicherten Säuglinge, Kinder und Jugendlichen mit einem angeborenen Herzfehler zugewiesenen. Eine Tätigkeit in AA. habe keine Verschlechterung der Versorgung in A-Stadt zufolge. Kinderkardiologische Untersuchungen würden in A-Stadt bei gegebener Indikation (z. B. Neugeborenes oder Säugling mit neu aufgetretenem Herzgeräusch) weiterhin am Anforderungstag durchgeführt werden. Seine Erreichbarkeit sei für die hausärztlichen und kinderkardiologischen Patienten über ein Mobiltelefon jederzeit gewährleistet. Eine Tätigkeit in AA. und im XY-Kreis sei wegen der großen Anzahl der Patienten sinnvoll. Er müsse täglich Anfragen versicherter Patienten zur kinderkardiologischen Untersuchung ablehnen (wöchentlich ca. 6 bis 8 Anfragen).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25.10.2007 den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, nach der neuen Regelungen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes sei von einer Verbesserung der Versorgung dann auszugehen, wenn diese entweder qualitativ verbessert, das heißt in der Zweigpraxis spezielle, bisher nicht vorhandene Leistungen angeboten würden, oder ein lokaler Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich ausgefüllt werde. Auf die von der Bezirksstelle GE. durchgeführte Umfrage bei den niedergelassen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin im Planungsbereich XY-Kreis sei mitgeteilt worden, dass die Kinder mit kardiologischen Problemen optimal durch die nächst erreichbaren Kinderkardiologen in NL. (ca. 31,52 km bis AA.), in LB. (ca. 28,97 km) und im QQ. Kinderherzzentrum (ca. 36,20 km) versorgt würden. Weiter würden kinderkardiologische Untersuchungen in der Kinderklinik UU. beziehungsweise NG. durchgeführt werden. Insofern werde seitens der niedergelassen Vertragsärzte in der Einrichtung einer kinderkardiologischen Zweigpraxis in AA. keine Verbesserung gesehen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Entfernung zwischen dem Praxissitz in A-Stadt und AA. ca. 128 km betrage und sich somit eine Fahrzeit von ungefähr eineinhalb Stunden pro Wegstrecke ergebe, der Kläger der einzige Kinderkardiologe im Planungsbereich Landkreis A-Stadt sei und die nächst erreichbaren Kinderkardiologen erst in WQ. (ca. 66 km entfernt, Planungsbereich Landkreis WQ.) und in LP. (ca. 105 km entfernt) niedergelassen seien. Es sei deshalb zu befürchten, dass mit der Einrichtung der geplanten Zweigpraxis in AA. die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten im Einzugsgebiet des Hauptpraxissitzes beeinträchtigt werde.
Hiergegen legte der Kläger am 26.11.2007 Widerspruch ein. Er trug ergänzend zu seiner Antragsbegründung vor, die Ablehnung der Genehmigung verletze ihn aus seinen Rechten aus Art. 3 und 12 GG. Qualitativ bessere Tätigkeiten stellten in jedem Falle eine Versorgungsverbesserung dar, wenn in dem betreffenden Planungsbereich regional oder lokal solche nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden. Der Begriff "Verbesserung" zeige eine deutliche Abkoppelung von den Voraussetzungen und Begrifflichkeiten der Bedarfsprüfung. Die gesetzgeberische Intention, die Tätigkeit in Zweigpraxen erleichtern zu wollen, weise in die gleiche Richtung. Infolgedessen sei der Begriff der Verbesserung grundsätzlich losgelöst von den Kriterien der Bedarfsprüfung zu interpretieren, sodass insbesondere ein höherer Qualitätsstandard eine Verbesserung begründe. Eine auf Teile des Gebietsspektrums beziehungsweise bestimmte Leistungen beschränkte Tätigkeit sei daher auch im gesperrten Bereich genehmigungsfähig. Ein solch höherer Qualitätsstandard und damit eine Verbesserung der Versichertenversorgung an den weiteren Orten liege vor, wenn in der Zweigpraxis spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden angeboten würden, die im Planungsbereich nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden. Bei einem Vertragsarzt mit Tätigkeitsschwerpunkt sei davon auszugehen, dass er auf diesem Gebiet über vertiefende und neueste Kenntnisse und Fertigkeiten verfüge, über die die anderen Ärzte ohne diesen Tätigkeitsschwerpunkt nicht in gleichem Umfang verfügten. Im Planungsbereich XY-Kreis gebe es keinen Facharzt mit dem Schwerpunkt Kinderkardiologie. Die von der Beklagten benannten Fachärzte in den Orten NL., LB. und GE. sowie UU. bzw. NG. verfügten nicht über den Schwerpunkt Kinderkardiologie. Der nächste erreichbare Kinderkardiologe Herr Dr. med. C. habe seinen Vertragsarztsitz in C Stadt. Bei einer Zweigpraxis würden den Versicherten die weiten und zeitlich aufwändigen Fahrstrecken erspart bleiben. Bei einer Erteilung der Genehmigung werde er an vier Tagen der Woche und damit in einem geschätzten Umfang von etwa 40 Stunden in seiner Hauptpraxis in A-Stadt zur Versichertenversorgung zur Verfügung stehen. Die Tätigkeit in der Zweigpraxis plane er für nur einen Tag in der Woche in einem Umfang von höchstens zehn Stunden. Die Zweigpraxis sei auch ausschließlich zur Erbringung von diagnostischen kinderkardiologischen Leistungen geplant, sodass dort keine akuten Notfallpatienten zu behandeln seien, für die eine zeitlich flexible Behandlungsmöglichkeit oder schnelle Erreichbarkeit erforderlich sei. In seiner Abwesenheit stünden in A-Stadt ausreichend fachärztlich tätige Vertragsärzte zur Verfügung, da es sich um einen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich handele. Sein Wohnsitz liege zwischen den beiden Orten A-Stadt und AA ... Beide Orte würden von ihm in gleicher Zeit angefahren werden. Es gehe nur um einen Tag in der Woche. Die Residenzpflicht stehe der Genehmigung nicht entgegen. Unbeachtlich sei auch, dass er der einzige Kinderkardiologe im Planungsbereich A-Stadt sei, da auch die anderen Fachärzte zur Erbringung der Leistungen berechtigt seien.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzung für eine Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis sei nicht erfüllt. Für das Gebiet von AA. liege weder eine lokale partielle Unterversorgung noch ein Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vor. Der Planungsbereich XY Kreis sei hinsichtlich der Fachgruppe der Kinderärzte überversorgt. Die vorhandenen - und insoweit bereits im Ausgangsbescheid genannten – Ärzte hätten ausreichend freie Kapazitäten, sodass eine flächendeckende kinder- und jugendärztliche Versorgung im Bereich der Kinderkardiologie gegeben sei. Es handele sich auch um sehr spezielle Leistungen. Je spezieller das Leistungsangebot sei, desto größere Entfernungen seien den Versicherten zumutbar. In A-Stadt sei der Kläger der einzige Kinderkardiologe. Ein weiterer Kinderarzt sei ermächtigt für die Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden im Rahmen der Kinderkardiologie bei immunsupprimierten Patienten auf Überweisung durch am selben Krankenhaus ermächtigte Ärzte. Es sei zu befürchten, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten im Einzugsgebiet des Hauptpraxissitzes beeinträchtigt werde.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2009 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, selbst wenn man auf das Bedarfsplanungsrecht abstelle, lägen die Voraussetzungen vor, da im Planungsbereich "XY-Kreis" keine Vertragsärzte mit der Schwerpunktsbezeichnung Kinderkardiologie niedergelassen seien. Es liege deshalb eine Bedarfslücke im Bereich der Kinderkardiologie vor, die durch ihn geschlossen werden könne. In NH. gäbe es insgesamt elf niedergelassene Kinderärzte mit dem Schwerpunktbereich Kinderkardiologie. Ihm sei unerklärlich, weshalb die Beklagte nicht alle Kinderkardiologen angeschrieben habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in AA., AA Straße unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Verweis auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Übrigen trägt sie ergänzend vor, die Vorgaben des Bedarfsplanungsrechts steuerten auch die Anwendung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV. Es müssten deshalb die Voraussetzungen eines "besonderen lokalen Versorgungsbedarfs" i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB V erfüllt sein, es müsse also trotz bestehender Überversorgung auch eine Vollzulassung erteilt werden können. Die Versorgung sei ausreichend sichergestellt. Bei kinderkardiologischen Leistungen handele es sich um spezielle Leistungen, Den Versicherten seien größere Entfernungen zumutbar. Kinderkardiologen seien in LB. (Dr. D) in einer Entfernung von 29 km und in NL. (Dr. E.) in einer Entfernung von 31,5 km erreichbar. Ein Vertragsarzt verletze auch seine Residenzpflicht, wenn er seine Praxis regelmäßig nicht innerhalb von 30 Minuten erreichen könne. Der Kläger sei in einer Einzelpraxis tätig. Die Fahrstrecke A-Stadt – AA. liege bei 125 km, die Fahrzeit bei ca. 1 Stunde und 25 Minuten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis für den Standort AA., AA-Straße. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die zahnärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht. Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit
1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.
Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung (§ 24 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 u. 2 Ärzte-ZV i.d.F. d. VÄndG).
Diese Voraussetzungen liegen nicht alle vor. Soweit von einer Versorgungsverbesserung auszugehen ist, liegt aber eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes vor.
Die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten wird verbessert.
Mit der Versorgungsverbesserung werden geringere Bedarfsanforderungen als nach § 15a BMV-Ä/§ 15a EKV-Ä a. F., nach dem die Genehmigung zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sein musste, gestellt. Statt einer "Erforderlichkeit" reicht nunmehr eine "Verbesserung" aus. Damit scheiden auch Sicherstellungsanforderungen i.S.d. § 116 SGB V aus. "Verbesserung" ist wenigstens in dem Sinne zu verstehen, dass eine "Bedarfslücke" besteht, die zwar nicht unbedingt ("Erforderlichkeit") geschlossen werden muss, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation am Ort der Zweigpraxis herbeiführt (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 701/06 – juris Rn. 55). Die Interessen anderer, bereits niedergelassener Vertragsärzte sind nicht zu berücksichtigen. Sie sind nur mittelbar über die Prüfung der "Bedarfslücke" von Bedeutung, da eine Versorgungsverbesserung nur eintreten kann, wenn die örtlichen Leistungserbringer das Leistungsangebot des Zweigpraxisbewerbers nicht oder nicht im erwünschten Umfang erbringen können.
Ob eine Versorgungsverbesserung vorliegt, hängt ähnlich der weiteren Bedarfsdeckung durch eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung von verschiedenen Faktoren ab (z. B. der Anzahl der Ärzte, dem Stand der Krankenhausversorgung, der Bevölkerungsdichte, von Art und Umfang der Nachfrage und von der räumlichen Zuordnung aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Das Bundessozialgericht (BSG) hat deshalb bereits der nach altem Recht allein zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) einen gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BSG v. 20.12.1995 - 6 RKa 55/94 - juris Rn. 17 f. - BSGE 77, 188 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 7). Dies gilt auch für die nach § 24 Abs. 3 Satz 2 u. 3 Ärzte-ZV zuständigen Gremien. Im Fall einer Unterversorgung dürfte eine Zweigpraxis regelmäßig zur Versorgungsverbesserung beitragen, es sei denn, dass gerade am Sitz der Zweigpraxis eine ausreichende Versorgung besteht.
Es kann aber nicht darauf abgestellt werden, dass jede weitere Eröffnung einer Praxis bzw. Zweigpraxis das Versorgungsangebot unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Arztwahl "verbessert". Hätte der Gesetzgeber dies unterstellt bzw. gewollt, so hätte er von weiteren Bedarfsgesichtspunkten abgesehen. Der Gesetzgeber hat es ferner bei der Grundentscheidung für die Bedarfsplanung belassen, dass maßgebend die Versorgung im Planungsbereich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, soweit es auf Entfernungen ankommt, den Versicherten jedenfalls Wege von mehreren Kilometern zumutbar sind. In überversorgten großstädtischen Planungsbereichen ist von einer ausreichenden Versorgung auszugehen. Auch in den Randbezirken einer Großstadt besteht eine hinreichende Verdichtung und Verkehrsvernetzung, die das Aufsuchen eines Vertragsarztes in benachbarten Stadtteilen ermöglicht. Es kann nicht auf die Anhaltszahlen nach den BedarfsplRL-Ä, die z.B. von Verhältniszahlen unter 2.000 Bewohnern für einen Vertragsarztsitz im hausärztlichen Bereich ausgehen (vgl. Anlagen 4.1 bis 4.3 BedarfsplRL-Ä), abgestellt werden, da diese Anhaltszahlen lediglich für die Bedarfsdeckung eines gesamten Planungsbereiches heranzuziehen sind (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 701/06 – juris Rn. 55 f.).
Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar sind, kann auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen – bei überversorgten Planungsbereichen insb. zu einem sog. qualitativ-speziellen Bedarf - und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot ist, desto größere Entfernungen sind den Versicherten zumutbar; bei normalerweise ortsnaher Leistungserbringung ist von geringeren Entfernungen auszugehen. So begründen nach Auffassung des BSG für Leistungen, die üblicherweise ortsnah erbracht werden, wie dies bei MRT-Leistungen der Fall sei, seitdem diese zum Standard radiologischer Diagnostik gehörten, Entfernungen von im konkreten Fall mehr als 25 km zu anderen Standorten benachbarter Planungsbereiche einen Ermächtigungsbedarf (vgl. BSG v. BSG v. 19.07.2006 - B 6 KA 14/05 R – juris Rn. 19 - GesR 2007, 71 = MedR 2007, 127). Allerdings liegt gerade in der ortsnäheren Leistungserbringung spezieller Leistungen eine Verbesserung der Versorgung. Liegen die Voraussetzungen für eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung vor, so dient die Zweigpraxis immer einer Verbesserung der Versorgung. Im Umkehrschluss kann aber die Genehmigung nicht versagt werden, da die Anspruchsvoraussetzungen geringer sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen nach den dargelegten Grundsätzen nicht die Voraussetzungen eines "besonderen lokalen Versorgungsbedarfs" i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB V erfüllt sein, es müsse also trotz bestehender Überversorgung auch eine Vollzulassung erteilt werden können. Der unterschiedliche Wortlaut beider Regelungen, Systematik und Entstehungsgeschichte liefern hierfür keine Anhaltspunkte. Insbesondere kann auch nicht auf den Umfang der Bedarfslücke im Sinne einer Vollzulassung abgestellt werden, da in der Zweigpraxis gerade nicht der Umfang der Tätigkeit wie am Vertragsarztsitz angeboten werden muss und bereits denklogisch die Ausfüllung von zwei vollen Arztsitzen durch einen Behandler ausgeschlossen ist. Die Genehmigung für eine Zweigpraxis kann aber auch ein Vertragsarzt erhalten, der eine Einzelpraxis führt. Generell gilt im Übrigen in allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes, dass die Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss (§ 17 Abs. 1a Satz 3 BMV-Ä).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist von einer Versorgungsverbesserung in AA. durch die Zweigpraxis des Klägers auszugehen.
Die Beklagte hat keinen Behandler angegeben, der die Tätigkeit des Klägers im Planungsbereich, in dem die Zweigpraxis errichtet werden soll, ausübt. Sie hat auch nicht behauptet, dass diese Leistungen von anderen Kinderärzten oder Kardiologen im Planungsbereich angeboten werden. Von daher ist von einer Versorgungslücke auszugehen.
Es liegt aber eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes vor. Einer Genehmigung steht die Residenzpflicht entgegen.
Anzuwenden sind die Regelungen der Bundesmantelverträge, da die Vertragspartner vom Verordnungsgeber zur Ausgestaltung ermächtigt wurden. Die Einzelheiten hierzu, insbesondere in welchem Umfang der Vertragsarzt zur Erfüllung seiner Leistungspflichten am Vertragsarztsitz und an dem weiteren Ort angestellte Ärzte unter Berücksichtigung seiner Leitungs- und Überwachungspflicht einsetzen kann, ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln (vgl. § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV). Diese Subdelegation, die § 98 SGB V nicht ausdrücklich vorsieht, ist aber auf der Grundlage der allgemeinen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V zulässig.
Die Bundesmantelverträge haben ebenso wie das SGB V und die Ärzte-ZV eine bestimmte Höchstzahl der weiteren Betriebsstätten nicht unmittelbar bzw. absolut festgelegt (§ 15a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/EKV-Ä), aber auf der Grundlage der Ermächtigung in § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht für die Aufteilung der Tätigkeit am Vertragsarztsitz und den Nebenbetriebsstätten aufgestellt, die im Ergebnis zu einer Limitierung der Zahl der Nebenbetriebsstätten führen. In allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes gilt danach, dass die – persönliche, und somit nicht delegierbare – Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss. Zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz und den weiteren Orten sollen Mindest- und/oder Höchstzeiten an den weiteren Orten festgelegt werden (§ 17 Abs. 1a Sätze 3-6 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 3-6 EKV-Ä). Der Vertragsarzt muss dabei an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden (für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV zehn Stunden) wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen (§ 17 Abs. 1a Sätze 1 und 2 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 1 und 2 EKV Ä).
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger, da er lediglich einen Tag, nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nur sechs Wochenstunden in der Zweigpraxis tätig sein will.
Der Genehmigung stehen aber die Residenzpflichten entgegen.
Der Vertragsarzt hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum kommt den Zulassungsgremien nicht zu (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 27 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Wegen des Fehlens einer spezifisch vertragsärztlichen Verpflichtung, außerhalb der Praxis Versicherte im Bedarfsfall auch am Wohnort bzw. sogar in der Wohnung zu behandeln, folgt nach der Rechtsprechung des BSG aus der Notdienstversorgung keine Pflicht zur praxisnahen Wohnungsnahme. Das BSG hat es abgelehnt, für die Entfernung des Wohnsitzes zum Praxissitz eine schematische Kilometer- bzw. Minutenangabe vorzugeben; als Kriterien hat es bisher die Patientenbezogenheit der Tätigkeit, Notwendigkeit von Hausbesuchen außerhalb des organisierten Notfalldienstes und die Praxisorganisation (Einzelpraxis oder größere Gemeinschaftspraxis) genannt (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 32 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Im konkreten Fall hat es die Vorinstanzen bestätigt, die eine Fahrzeit von 20 Minuten und eine Entfernung von 23 km als vereinbar angesehen hatten. Jedenfalls, so das BSG, dürften nicht strengere Anforderungen als an die Wegezeiten für Belegärzte, die es bei etwa 30 Minuten festmachte, gestellt werden; im großstädtischen Raum fielen Fahrzeiten von 30 Minuten zwischen einzelnen Stadtteilen oder einem Stadtteil und dem Stadtzentrum regelmäßig an, ohne dass Versorgungsengpässe bekannt geworden seien, wenn Ärzte in anderen Stadtteilen als denen wohnten, in denen sie ihre Praxis betrieben. Ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein könnten, entziehe sich einer generellen Festlegung (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 33 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1).
Trotz Liberalisierung der Ortsgebundenheit der vertragsärztlichen Tätigkeit durch das VÄndG ist die Residenzpflicht unverändert geblieben. Der Verordnungsgeber hat sie insofern bestätigt, als die Tätigkeit an weiteren Orten nur zugelassen werden kann, soweit die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV). Insofern kann auch nicht mittelbar von einer Aufgabe oder Lockerung der Residenzpflicht ausgegangen werden.
Die Instanzenpraxis hat bisher unterschiedlich entschieden. So soll nach SG Freiburg eine Fahrzeit von 30 Minuten zwischen dem Ort einer Nebenbeschäftigung und der psychotherapeutischen Praxis kein Zulassungshindernis sein (vgl. SG Freiburg v. 08.05.2001 - S 11 KA 274/01 AK-A -.). Die Entfernung Wohnsitz zur Praxissitz eines Psychotherapeuten von ca. 70 km bzw. 95 km gewährleistet nach SG Dortmund keine ausreichende Versorgung, da hierfür eine Fahrzeit von mehr als 30 Minuten benötigt werde (vgl. SG Dortmund v. 07.03.2003 - S 26 KA 15/02 - GesR 2003, 178). Einem Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis kann nach SG Münster nicht die Höchstdauer der Fahrzeit auf 40 Minuten festgesetzt werden; es reicht aus, wenn er ohne weiteres in der Lage ist, die Praxis zu Beginn der Sprechstunden um 8.30 Uhr zu erreichen (vgl. SG Münster v. 27.03.2006 - S 2 KA 40/05 - juris Rn. 19 f. - GesR 2007, 219).
Für Belegärzte stellen die Bundesmantelverträge-Ärzte strengere Anforderungen auf, die das BSG bisher nicht beanstandet hat, da die Vertragsparteien zur Normsetzung befugt seien und darin nur im Vertragsarztrecht ohnehin allgemein geltende Pflichten (§§ 20 Abs. 1, 24 Abs. 2 und 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) präzisiert werden würden (vgl. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris Rn. 6). Nach ihnen ist ein Arzt, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist, nicht als Belegarzt geeignet. Hat der Arzt mehrere Betriebsstätten, gilt dies für die Betriebsstätte, in welcher hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wird (§ 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä/§ 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä). LSG Schleswig-Holstein hat es als ausreichend angesehen, wenn der Vertragsarzt innerhalb einer Zeitdauer bis 30 Minuten die Klinik von seiner Wohnung und seiner Praxis – diese lagen hier 300 m entfernt - unter normalen Umständen erreichen könne (vgl. LSG Schleswig-Holstein v. 23.11.1999 - L 6 KA 18/99 - juris Rn. 18 - MedR 2000, 383). Demgegenüber stellt LSG Baden-Württemberg auf die Wegezeiten für Hin- und Rückweg zwischen Praxis und Belegkrankenhaus ab; Wegezeiten zwischen der Wohnung und dem Krankenhaus von achtzehn Minuten und zwischen der Praxis und dem Belegkrankenhaus von ca. zwanzig Minuten hätten, da sowohl auf die Belegpatienten als auch die Praxispatienten abzustellen sei, zur Folge, dass sich der Arzt jedenfalls mindestens 40 Minuten von der Praxis entferne, wenn er belegärztlich tätig werde und er umgekehrt mindestens 40 Minuten vom Belegkrankenhaus abwesend sei, wenn er sich zur Praxis begebe. Dies bedeute, dass der Arzt regelmäßig in der Praxis nicht mehr als einmal täglich das Krankenhaus aufsuchen werde. Wegen der großen Entfernung zwischen Wohnung und Belegkrankenhaus könne er seinen belegärztlichen Pflichten deshalb nicht in jedem Fall in vollem Umfang nachkommen (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 14.07.1999 - L 5 KA 3006/98 - juris Rn. 26 f. - MedR 2000, 385; zur Nichtzulassungsbeschwerde s. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris). Das BSG hat diese Grenzziehungen als in der Praxis weitgehend akzeptiert angesehen, die in ihrer Tendenz nach nicht zu beanstanden seien. Sie berücksichtigten, dass der Belegarzt die volle Verantwortung für einen stationär behandelten Patienten übernehme und in der Lage sein müsse, bei Komplikationen, z.B. nach größeren Operationen, kurzfristig die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten bzw. zu treffen. Die Zeitspanne, die zwischen der Mitteilung an den Belegarzt in seiner Praxis, er werde im Krankenhaus benötigt, und dessen Eintreffen in der Klinik vergehen dürfe, müsse aus Gründen der Versorgungssicherheit relativ kurz sein (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 33 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Danach dürften jedenfalls längere Wegezeiten (einfach) als 30 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Belegkrankenhaus unzulässig sein.
Ob und wie diese Grundsätze auf Zweigpraxisgenehmigungen anzuwenden sind, wird von der Instanzenpraxis uneinheitlich beantwortet. Nach LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 10.07.2008 – L 4 B 405/08 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de verletzt der Vertragsarzt die sog. Residenzpflicht, wenn er seine Praxis regelmäßig nicht von seiner Wohnung aus innerhalb angemessener Zeit erreichen kann; es spricht im Grundsatz dafür, die hierfür geltenden Maßstäbe auch auf die Entfernung zwischen Vertrags(zahn)arztsitz und Zweigpraxis zu übertragen; dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Ermächtigung bereits an der Entfernung zwischen seinem Vertragsarztsitz und dem beabsichtigten Sitz der Zweigpraxis von mehreren hundert Kilometern scheitern müsste; es spricht einiges dafür, dass das VÄndG bezogen auf den Betrieb einer Zweigpraxis eine Einschränkung der Residenzpflicht beinhaltet. Nach SG Kiel, Beschl. v. 18.03.2008 – S 13 KA 16/08 ER – www.zahn-forum.de/zf/urteile spricht eine große Entfernung zwischen den Praxissitzen (Fahrtzeit ca. fünf bis sechs Stunden) eher für eine ev. Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragszahnarztsitz. Nach LSG Hessen, Beschl. v. 13.11.2007 – L 4 KA 57/07 ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris liegt bei einer Fahrzeit von 45 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Zweigpraxis eines MKG-Chirurgen noch keine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes vor (ebs. SG Marburg, Urt. v. 05.11.2008 – S 12 KA 519/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Auf der Grundlage der nach Auffassung der Kammer grundsätzlich weiterhin heranzuziehenden BSG-Rechtsprechung kommt es für die Residenzpflicht auf eine wertende Gesamtwürdigung aller Umstände nach Maßgabe des Zwecks der Residenzpflicht, die Sicherung der Beratungs- und Behandlungstätigkeit des Arztes in seiner Praxis, insbesondere durch Abhaltung der Sprechzeiten, zu gewährleisten an. Wegzeiten von 30 Minuten sind bisher nur als unschädliche Untergrenze formuliert worden. Hinsichtlich des Umfangs der Sprechzeiten genügt ein Arzt aber seiner Residenzpflicht am Vertragsarztsitz, wenn er die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 1 EKV-Ä) einhält, was bei dem Kläger der Fall ist.
Abzustellen ist auf die Entfernungen und Wegezeiten zwischen den drei Orten Praxissitz, Wohnung und Zweigpraxissitz, da eine Erreichbarkeit am Praxissitz und Zweigpraxissitz im Rahmen der Residenzpflicht gewährleistet werden muss. Soweit die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung entgegen dem Vortrag des Klägers darauf hingewiesen hat, nach ihren Unterlagen wohne der Kläger in A-Stadt, worauf seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers nur unbestimmt erwidert werden konnte, der Kläger sei in letzter Zeit umgezogen, brauchte die Kammer dies nicht aufzuklären, da die Entfernung zwischen Praxissitz und Zweigpraxissitz ca. 128 km und die Fahrzeit ungefähr eineinhalb Stunden pro Wegstrecke beträgt. Auch wenn es sich nach Angaben des Klägers bei seiner Tätigkeit um nicht operative Tätigkeiten handelt und von daher die für Belegärzte geltenden Fahrzeiten nicht ohne weiteres auf die Versorgungsstruktur zwischen Vertragsarztsitz und Zweigpraxis angewandt werden können, so ist die Tätigkeit jedenfalls unter Berücksichtigung des Fachgebiets als "notfallträchtiger" anzusehen als die eines Psychotherapeuten, die nur in seltenen Fällen an der Akutversorgung teilnehmen und bei denen in diesem Sinn Notfälle auszuschließen sind (vgl. zu letzterem SG Marburg, Urt. v. 01.12.2008 – S 12 KA 13/08 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 1/09 -).
Der Weiterbildungsinhalt des Schwerpunkts Kinderkardiologie im Facharztgebiet für Kinder- und Jugendmedizin umfasst nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 5. Mai 2009 (HÄBl. 6/2009, S. 423) (zitiert nach: www.laekh.de/upload/Aerzte Info/Weiterbildung/WBO 2005/WBO 2005 10.pdf) den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in
– der Vorbeugung, invasiven und nicht invasiven Erkennung, konservativen und medikamentösen Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs einschließlich des Perikards, der großen Gefäße und der Gefäße des kleinen Kreislaufs bei Kindern und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss ihrer somatischen Entwicklung
– der Erkennung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen einschließlich Mitwirkung bei invasiven elektrophysiologischen Untersuchungen und interventionellen, ablativen Behandlungen
– der medikamentösen und apparativen antiarrhythmischen Therapie einschließlich Defibrillation
– der Schrittmachertherapie und -nachsorge
– der Indikationsstellung und Mitwirkung bei Katheterinterventionen wie Atrioseptostomien, Dilatationen von Klappen und Gefäßen, Verschluss des Ductus arteriosus und anderer Gefäße, Septumdefekte
– der Durchleuchtung, Aufnahmetechnik und Beurteilung von Röntgenbefunden bei Angiokardiographien und Koronarangiographien
– der interdisziplinären Indikationsstellung zu nuklearmedizinischen Untersuchungen sowie chirurgischen Behandlungsverfahren
– der Indikationsstellung und Möglichkeiten zu operativen Eingriffen und ihren kurz- und langfristigen Auswirkungen
– der intensivmedizinischen Basisversorgung.
Der Kinderkardiologe behandelt den Bereich des Herzens mit invasiven und nicht invasiven Methoden. Von daher muss im Praxisbetrieb auch stärker als in anderen Gebieten mit Fällen notwendiger Akutversorgung generell gerechnet werden. Auf die persönlichen Erfahrungen des Klägers, der in der mündlichen Verhandlung auf lediglich zwei Notfälle in der Zeit seiner Niederlassung hingewiesen hat, kommt es insofern nicht an. Bei eher "notfallanfälligen" Gebieten wie dem der Kinderkardiologie (zur Kardiologie vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 30.01.2008 – S 12 KA 1082/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufungsentscheidung LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 17/08 –; SG Marburg, Urt. v. 30.01.2008 – S 12 KA 1079/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufungsentscheidung LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 18/08 –) sind daher weiterhin kürzere Wegezeiten erforderlich. Mit Fahrzeiten von über einer Stunde wird eine ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes beeinträchtigt. Auf Vertretungsmöglichkeiten anderer Ärzte, die nicht zur Praxis des Klägers gehören, kommt es nicht an, da die Residenzpflicht wesentlich am Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) anknüpft.
Hinzu kommt, dass der Kläger im Planungsbereich, in dem sein Hauptpraxissitz liegt, der einzige vertragsärztliche Kinderkardiologe ist. Von daher spricht einiges dafür, dass mit der Abwesenheit des Klägers von seinem Hauptpraxissitz im Planungsbereich A-Stadt eine "Versorgungslücke" aufgetan wird. Dies konnte aber dahinstehen, da eine Genehmigung bereits gegen die Residenzpflicht verstößt.
Von daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Sprungrevision war nach §§ 160 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Nach der Änderung der Genehmigungsvoraussetzungen durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz werden die Voraussetzungen für die Genehmigung einer in der Instanzgerichtsbarkeit und Literatur z. T. recht unterschiedlich ausgelegt. Soweit der Verordnungsgeber an der Residenzpflicht festgehalten hat, zugleich aber überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften zulässt (§ 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 Ärzte-ZV), könnten sich Wertungswidersprüche ergeben. Sind die Berufsausübungsgemeinschaftspartner wechselseitig an den Vertragsarztsitzen tätig, bedarf dies nicht der Genehmigung, wenn die Voraussetzungen der Präsenzverpflichtung nach § 17 erfüllt sind und eine Tätigkeit am jeweils anderen Vertragsarztsitz nur in begrenztem Umfang ausgeübt wird; hinsichtlich des zeitlichen Umfangs einer entsprechenden Tätigkeit gilt insoweit § 17 Abs. 1a. (§ 15a Abs. 4 Satz 8 BMV-Ä/§ 15a Abs. 4 Satz 8 EKV-Ä). Damit wird für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften lediglich auf den Umfang der Mindestsprechzeiten abgestellt.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Zweigpraxis in AA. bei einem Praxissitz in A-Stadt.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinderkardiologie/Bluttransfusionswesen zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Der Kläger beantragte unter Datum vom 25.11.2006 die Genehmigung einer Zweigpraxis in AA ... Er trug vor, er sei seit einem Jahr einen Nachmittag in AA. als Kinderkardiologe tätig und betreue dort wohnortnah herzkranke Kinder. Im gesamten XY-Kreis gebe es keine ambulante Versorgung herzkranker Kinder, ebenso liege keine Ermächtigung eines Klinikarztes vor. Die nächste Möglichkeit zur Untersuchung sei GE. (Kinderherzzentrum) oder X-Stadt, das heißt im Umkreis von ca. 80 km gebe es keinen weiteren Kinderkardiologen. Er sei Mitglied im Netz der Kinderärzte XY. und bekomme alle privatversicherten Säuglinge, Kinder und Jugendlichen mit einem angeborenen Herzfehler zugewiesenen. Eine Tätigkeit in AA. habe keine Verschlechterung der Versorgung in A-Stadt zufolge. Kinderkardiologische Untersuchungen würden in A-Stadt bei gegebener Indikation (z. B. Neugeborenes oder Säugling mit neu aufgetretenem Herzgeräusch) weiterhin am Anforderungstag durchgeführt werden. Seine Erreichbarkeit sei für die hausärztlichen und kinderkardiologischen Patienten über ein Mobiltelefon jederzeit gewährleistet. Eine Tätigkeit in AA. und im XY-Kreis sei wegen der großen Anzahl der Patienten sinnvoll. Er müsse täglich Anfragen versicherter Patienten zur kinderkardiologischen Untersuchung ablehnen (wöchentlich ca. 6 bis 8 Anfragen).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25.10.2007 den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, nach der neuen Regelungen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes sei von einer Verbesserung der Versorgung dann auszugehen, wenn diese entweder qualitativ verbessert, das heißt in der Zweigpraxis spezielle, bisher nicht vorhandene Leistungen angeboten würden, oder ein lokaler Versorgungsbedarf in einem Planungsbereich ausgefüllt werde. Auf die von der Bezirksstelle GE. durchgeführte Umfrage bei den niedergelassen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin im Planungsbereich XY-Kreis sei mitgeteilt worden, dass die Kinder mit kardiologischen Problemen optimal durch die nächst erreichbaren Kinderkardiologen in NL. (ca. 31,52 km bis AA.), in LB. (ca. 28,97 km) und im QQ. Kinderherzzentrum (ca. 36,20 km) versorgt würden. Weiter würden kinderkardiologische Untersuchungen in der Kinderklinik UU. beziehungsweise NG. durchgeführt werden. Insofern werde seitens der niedergelassen Vertragsärzte in der Einrichtung einer kinderkardiologischen Zweigpraxis in AA. keine Verbesserung gesehen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Entfernung zwischen dem Praxissitz in A-Stadt und AA. ca. 128 km betrage und sich somit eine Fahrzeit von ungefähr eineinhalb Stunden pro Wegstrecke ergebe, der Kläger der einzige Kinderkardiologe im Planungsbereich Landkreis A-Stadt sei und die nächst erreichbaren Kinderkardiologen erst in WQ. (ca. 66 km entfernt, Planungsbereich Landkreis WQ.) und in LP. (ca. 105 km entfernt) niedergelassen seien. Es sei deshalb zu befürchten, dass mit der Einrichtung der geplanten Zweigpraxis in AA. die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten im Einzugsgebiet des Hauptpraxissitzes beeinträchtigt werde.
Hiergegen legte der Kläger am 26.11.2007 Widerspruch ein. Er trug ergänzend zu seiner Antragsbegründung vor, die Ablehnung der Genehmigung verletze ihn aus seinen Rechten aus Art. 3 und 12 GG. Qualitativ bessere Tätigkeiten stellten in jedem Falle eine Versorgungsverbesserung dar, wenn in dem betreffenden Planungsbereich regional oder lokal solche nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden. Der Begriff "Verbesserung" zeige eine deutliche Abkoppelung von den Voraussetzungen und Begrifflichkeiten der Bedarfsprüfung. Die gesetzgeberische Intention, die Tätigkeit in Zweigpraxen erleichtern zu wollen, weise in die gleiche Richtung. Infolgedessen sei der Begriff der Verbesserung grundsätzlich losgelöst von den Kriterien der Bedarfsprüfung zu interpretieren, sodass insbesondere ein höherer Qualitätsstandard eine Verbesserung begründe. Eine auf Teile des Gebietsspektrums beziehungsweise bestimmte Leistungen beschränkte Tätigkeit sei daher auch im gesperrten Bereich genehmigungsfähig. Ein solch höherer Qualitätsstandard und damit eine Verbesserung der Versichertenversorgung an den weiteren Orten liege vor, wenn in der Zweigpraxis spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden angeboten würden, die im Planungsbereich nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden. Bei einem Vertragsarzt mit Tätigkeitsschwerpunkt sei davon auszugehen, dass er auf diesem Gebiet über vertiefende und neueste Kenntnisse und Fertigkeiten verfüge, über die die anderen Ärzte ohne diesen Tätigkeitsschwerpunkt nicht in gleichem Umfang verfügten. Im Planungsbereich XY-Kreis gebe es keinen Facharzt mit dem Schwerpunkt Kinderkardiologie. Die von der Beklagten benannten Fachärzte in den Orten NL., LB. und GE. sowie UU. bzw. NG. verfügten nicht über den Schwerpunkt Kinderkardiologie. Der nächste erreichbare Kinderkardiologe Herr Dr. med. C. habe seinen Vertragsarztsitz in C Stadt. Bei einer Zweigpraxis würden den Versicherten die weiten und zeitlich aufwändigen Fahrstrecken erspart bleiben. Bei einer Erteilung der Genehmigung werde er an vier Tagen der Woche und damit in einem geschätzten Umfang von etwa 40 Stunden in seiner Hauptpraxis in A-Stadt zur Versichertenversorgung zur Verfügung stehen. Die Tätigkeit in der Zweigpraxis plane er für nur einen Tag in der Woche in einem Umfang von höchstens zehn Stunden. Die Zweigpraxis sei auch ausschließlich zur Erbringung von diagnostischen kinderkardiologischen Leistungen geplant, sodass dort keine akuten Notfallpatienten zu behandeln seien, für die eine zeitlich flexible Behandlungsmöglichkeit oder schnelle Erreichbarkeit erforderlich sei. In seiner Abwesenheit stünden in A-Stadt ausreichend fachärztlich tätige Vertragsärzte zur Verfügung, da es sich um einen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich handele. Sein Wohnsitz liege zwischen den beiden Orten A-Stadt und AA ... Beide Orte würden von ihm in gleicher Zeit angefahren werden. Es gehe nur um einen Tag in der Woche. Die Residenzpflicht stehe der Genehmigung nicht entgegen. Unbeachtlich sei auch, dass er der einzige Kinderkardiologe im Planungsbereich A-Stadt sei, da auch die anderen Fachärzte zur Erbringung der Leistungen berechtigt seien.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzung für eine Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis sei nicht erfüllt. Für das Gebiet von AA. liege weder eine lokale partielle Unterversorgung noch ein Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vor. Der Planungsbereich XY Kreis sei hinsichtlich der Fachgruppe der Kinderärzte überversorgt. Die vorhandenen - und insoweit bereits im Ausgangsbescheid genannten – Ärzte hätten ausreichend freie Kapazitäten, sodass eine flächendeckende kinder- und jugendärztliche Versorgung im Bereich der Kinderkardiologie gegeben sei. Es handele sich auch um sehr spezielle Leistungen. Je spezieller das Leistungsangebot sei, desto größere Entfernungen seien den Versicherten zumutbar. In A-Stadt sei der Kläger der einzige Kinderkardiologe. Ein weiterer Kinderarzt sei ermächtigt für die Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden im Rahmen der Kinderkardiologie bei immunsupprimierten Patienten auf Überweisung durch am selben Krankenhaus ermächtigte Ärzte. Es sei zu befürchten, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten im Einzugsgebiet des Hauptpraxissitzes beeinträchtigt werde.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2009 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, selbst wenn man auf das Bedarfsplanungsrecht abstelle, lägen die Voraussetzungen vor, da im Planungsbereich "XY-Kreis" keine Vertragsärzte mit der Schwerpunktsbezeichnung Kinderkardiologie niedergelassen seien. Es liege deshalb eine Bedarfslücke im Bereich der Kinderkardiologie vor, die durch ihn geschlossen werden könne. In NH. gäbe es insgesamt elf niedergelassene Kinderärzte mit dem Schwerpunktbereich Kinderkardiologie. Ihm sei unerklärlich, weshalb die Beklagte nicht alle Kinderkardiologen angeschrieben habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in AA., AA Straße unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Verweis auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Übrigen trägt sie ergänzend vor, die Vorgaben des Bedarfsplanungsrechts steuerten auch die Anwendung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV. Es müssten deshalb die Voraussetzungen eines "besonderen lokalen Versorgungsbedarfs" i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB V erfüllt sein, es müsse also trotz bestehender Überversorgung auch eine Vollzulassung erteilt werden können. Die Versorgung sei ausreichend sichergestellt. Bei kinderkardiologischen Leistungen handele es sich um spezielle Leistungen, Den Versicherten seien größere Entfernungen zumutbar. Kinderkardiologen seien in LB. (Dr. D) in einer Entfernung von 29 km und in NL. (Dr. E.) in einer Entfernung von 31,5 km erreichbar. Ein Vertragsarzt verletze auch seine Residenzpflicht, wenn er seine Praxis regelmäßig nicht innerhalb von 30 Minuten erreichen könne. Der Kläger sei in einer Einzelpraxis tätig. Die Fahrstrecke A-Stadt – AA. liege bei 125 km, die Fahrzeit bei ca. 1 Stunde und 25 Minuten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis für den Standort AA., AA-Straße. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die zahnärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht. Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit
1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.
Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung (§ 24 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 u. 2 Ärzte-ZV i.d.F. d. VÄndG).
Diese Voraussetzungen liegen nicht alle vor. Soweit von einer Versorgungsverbesserung auszugehen ist, liegt aber eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes vor.
Die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten wird verbessert.
Mit der Versorgungsverbesserung werden geringere Bedarfsanforderungen als nach § 15a BMV-Ä/§ 15a EKV-Ä a. F., nach dem die Genehmigung zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sein musste, gestellt. Statt einer "Erforderlichkeit" reicht nunmehr eine "Verbesserung" aus. Damit scheiden auch Sicherstellungsanforderungen i.S.d. § 116 SGB V aus. "Verbesserung" ist wenigstens in dem Sinne zu verstehen, dass eine "Bedarfslücke" besteht, die zwar nicht unbedingt ("Erforderlichkeit") geschlossen werden muss, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation am Ort der Zweigpraxis herbeiführt (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 701/06 – juris Rn. 55). Die Interessen anderer, bereits niedergelassener Vertragsärzte sind nicht zu berücksichtigen. Sie sind nur mittelbar über die Prüfung der "Bedarfslücke" von Bedeutung, da eine Versorgungsverbesserung nur eintreten kann, wenn die örtlichen Leistungserbringer das Leistungsangebot des Zweigpraxisbewerbers nicht oder nicht im erwünschten Umfang erbringen können.
Ob eine Versorgungsverbesserung vorliegt, hängt ähnlich der weiteren Bedarfsdeckung durch eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung von verschiedenen Faktoren ab (z. B. der Anzahl der Ärzte, dem Stand der Krankenhausversorgung, der Bevölkerungsdichte, von Art und Umfang der Nachfrage und von der räumlichen Zuordnung aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Das Bundessozialgericht (BSG) hat deshalb bereits der nach altem Recht allein zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) einen gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BSG v. 20.12.1995 - 6 RKa 55/94 - juris Rn. 17 f. - BSGE 77, 188 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 7). Dies gilt auch für die nach § 24 Abs. 3 Satz 2 u. 3 Ärzte-ZV zuständigen Gremien. Im Fall einer Unterversorgung dürfte eine Zweigpraxis regelmäßig zur Versorgungsverbesserung beitragen, es sei denn, dass gerade am Sitz der Zweigpraxis eine ausreichende Versorgung besteht.
Es kann aber nicht darauf abgestellt werden, dass jede weitere Eröffnung einer Praxis bzw. Zweigpraxis das Versorgungsangebot unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Arztwahl "verbessert". Hätte der Gesetzgeber dies unterstellt bzw. gewollt, so hätte er von weiteren Bedarfsgesichtspunkten abgesehen. Der Gesetzgeber hat es ferner bei der Grundentscheidung für die Bedarfsplanung belassen, dass maßgebend die Versorgung im Planungsbereich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, soweit es auf Entfernungen ankommt, den Versicherten jedenfalls Wege von mehreren Kilometern zumutbar sind. In überversorgten großstädtischen Planungsbereichen ist von einer ausreichenden Versorgung auszugehen. Auch in den Randbezirken einer Großstadt besteht eine hinreichende Verdichtung und Verkehrsvernetzung, die das Aufsuchen eines Vertragsarztes in benachbarten Stadtteilen ermöglicht. Es kann nicht auf die Anhaltszahlen nach den BedarfsplRL-Ä, die z.B. von Verhältniszahlen unter 2.000 Bewohnern für einen Vertragsarztsitz im hausärztlichen Bereich ausgehen (vgl. Anlagen 4.1 bis 4.3 BedarfsplRL-Ä), abgestellt werden, da diese Anhaltszahlen lediglich für die Bedarfsdeckung eines gesamten Planungsbereiches heranzuziehen sind (vgl. SG Marburg v. 07.03.2007 - S 12 KA 701/06 – juris Rn. 55 f.).
Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar sind, kann auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen – bei überversorgten Planungsbereichen insb. zu einem sog. qualitativ-speziellen Bedarf - und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot ist, desto größere Entfernungen sind den Versicherten zumutbar; bei normalerweise ortsnaher Leistungserbringung ist von geringeren Entfernungen auszugehen. So begründen nach Auffassung des BSG für Leistungen, die üblicherweise ortsnah erbracht werden, wie dies bei MRT-Leistungen der Fall sei, seitdem diese zum Standard radiologischer Diagnostik gehörten, Entfernungen von im konkreten Fall mehr als 25 km zu anderen Standorten benachbarter Planungsbereiche einen Ermächtigungsbedarf (vgl. BSG v. BSG v. 19.07.2006 - B 6 KA 14/05 R – juris Rn. 19 - GesR 2007, 71 = MedR 2007, 127). Allerdings liegt gerade in der ortsnäheren Leistungserbringung spezieller Leistungen eine Verbesserung der Versorgung. Liegen die Voraussetzungen für eine Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung vor, so dient die Zweigpraxis immer einer Verbesserung der Versorgung. Im Umkehrschluss kann aber die Genehmigung nicht versagt werden, da die Anspruchsvoraussetzungen geringer sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen nach den dargelegten Grundsätzen nicht die Voraussetzungen eines "besonderen lokalen Versorgungsbedarfs" i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a SGB V erfüllt sein, es müsse also trotz bestehender Überversorgung auch eine Vollzulassung erteilt werden können. Der unterschiedliche Wortlaut beider Regelungen, Systematik und Entstehungsgeschichte liefern hierfür keine Anhaltspunkte. Insbesondere kann auch nicht auf den Umfang der Bedarfslücke im Sinne einer Vollzulassung abgestellt werden, da in der Zweigpraxis gerade nicht der Umfang der Tätigkeit wie am Vertragsarztsitz angeboten werden muss und bereits denklogisch die Ausfüllung von zwei vollen Arztsitzen durch einen Behandler ausgeschlossen ist. Die Genehmigung für eine Zweigpraxis kann aber auch ein Vertragsarzt erhalten, der eine Einzelpraxis führt. Generell gilt im Übrigen in allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes, dass die Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss (§ 17 Abs. 1a Satz 3 BMV-Ä).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist von einer Versorgungsverbesserung in AA. durch die Zweigpraxis des Klägers auszugehen.
Die Beklagte hat keinen Behandler angegeben, der die Tätigkeit des Klägers im Planungsbereich, in dem die Zweigpraxis errichtet werden soll, ausübt. Sie hat auch nicht behauptet, dass diese Leistungen von anderen Kinderärzten oder Kardiologen im Planungsbereich angeboten werden. Von daher ist von einer Versorgungslücke auszugehen.
Es liegt aber eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes vor. Einer Genehmigung steht die Residenzpflicht entgegen.
Anzuwenden sind die Regelungen der Bundesmantelverträge, da die Vertragspartner vom Verordnungsgeber zur Ausgestaltung ermächtigt wurden. Die Einzelheiten hierzu, insbesondere in welchem Umfang der Vertragsarzt zur Erfüllung seiner Leistungspflichten am Vertragsarztsitz und an dem weiteren Ort angestellte Ärzte unter Berücksichtigung seiner Leitungs- und Überwachungspflicht einsetzen kann, ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln (vgl. § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV). Diese Subdelegation, die § 98 SGB V nicht ausdrücklich vorsieht, ist aber auf der Grundlage der allgemeinen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V zulässig.
Die Bundesmantelverträge haben ebenso wie das SGB V und die Ärzte-ZV eine bestimmte Höchstzahl der weiteren Betriebsstätten nicht unmittelbar bzw. absolut festgelegt (§ 15a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/EKV-Ä), aber auf der Grundlage der Ermächtigung in § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht für die Aufteilung der Tätigkeit am Vertragsarztsitz und den Nebenbetriebsstätten aufgestellt, die im Ergebnis zu einer Limitierung der Zahl der Nebenbetriebsstätten führen. In allen Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an einem weiteren oder mehreren Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes gilt danach, dass die – persönliche, und somit nicht delegierbare – Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen muss. Zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz und den weiteren Orten sollen Mindest- und/oder Höchstzeiten an den weiteren Orten festgelegt werden (§ 17 Abs. 1a Sätze 3-6 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 3-6 EKV-Ä). Der Vertragsarzt muss dabei an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden (für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV zehn Stunden) wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen (§ 17 Abs. 1a Sätze 1 und 2 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Sätze 1 und 2 EKV Ä).
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger, da er lediglich einen Tag, nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nur sechs Wochenstunden in der Zweigpraxis tätig sein will.
Der Genehmigung stehen aber die Residenzpflichten entgegen.
Der Vertragsarzt hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum kommt den Zulassungsgremien nicht zu (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 27 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Wegen des Fehlens einer spezifisch vertragsärztlichen Verpflichtung, außerhalb der Praxis Versicherte im Bedarfsfall auch am Wohnort bzw. sogar in der Wohnung zu behandeln, folgt nach der Rechtsprechung des BSG aus der Notdienstversorgung keine Pflicht zur praxisnahen Wohnungsnahme. Das BSG hat es abgelehnt, für die Entfernung des Wohnsitzes zum Praxissitz eine schematische Kilometer- bzw. Minutenangabe vorzugeben; als Kriterien hat es bisher die Patientenbezogenheit der Tätigkeit, Notwendigkeit von Hausbesuchen außerhalb des organisierten Notfalldienstes und die Praxisorganisation (Einzelpraxis oder größere Gemeinschaftspraxis) genannt (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 32 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Im konkreten Fall hat es die Vorinstanzen bestätigt, die eine Fahrzeit von 20 Minuten und eine Entfernung von 23 km als vereinbar angesehen hatten. Jedenfalls, so das BSG, dürften nicht strengere Anforderungen als an die Wegezeiten für Belegärzte, die es bei etwa 30 Minuten festmachte, gestellt werden; im großstädtischen Raum fielen Fahrzeiten von 30 Minuten zwischen einzelnen Stadtteilen oder einem Stadtteil und dem Stadtzentrum regelmäßig an, ohne dass Versorgungsengpässe bekannt geworden seien, wenn Ärzte in anderen Stadtteilen als denen wohnten, in denen sie ihre Praxis betrieben. Ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein könnten, entziehe sich einer generellen Festlegung (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 33 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1).
Trotz Liberalisierung der Ortsgebundenheit der vertragsärztlichen Tätigkeit durch das VÄndG ist die Residenzpflicht unverändert geblieben. Der Verordnungsgeber hat sie insofern bestätigt, als die Tätigkeit an weiteren Orten nur zugelassen werden kann, soweit die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV). Insofern kann auch nicht mittelbar von einer Aufgabe oder Lockerung der Residenzpflicht ausgegangen werden.
Die Instanzenpraxis hat bisher unterschiedlich entschieden. So soll nach SG Freiburg eine Fahrzeit von 30 Minuten zwischen dem Ort einer Nebenbeschäftigung und der psychotherapeutischen Praxis kein Zulassungshindernis sein (vgl. SG Freiburg v. 08.05.2001 - S 11 KA 274/01 AK-A -.). Die Entfernung Wohnsitz zur Praxissitz eines Psychotherapeuten von ca. 70 km bzw. 95 km gewährleistet nach SG Dortmund keine ausreichende Versorgung, da hierfür eine Fahrzeit von mehr als 30 Minuten benötigt werde (vgl. SG Dortmund v. 07.03.2003 - S 26 KA 15/02 - GesR 2003, 178). Einem Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis kann nach SG Münster nicht die Höchstdauer der Fahrzeit auf 40 Minuten festgesetzt werden; es reicht aus, wenn er ohne weiteres in der Lage ist, die Praxis zu Beginn der Sprechstunden um 8.30 Uhr zu erreichen (vgl. SG Münster v. 27.03.2006 - S 2 KA 40/05 - juris Rn. 19 f. - GesR 2007, 219).
Für Belegärzte stellen die Bundesmantelverträge-Ärzte strengere Anforderungen auf, die das BSG bisher nicht beanstandet hat, da die Vertragsparteien zur Normsetzung befugt seien und darin nur im Vertragsarztrecht ohnehin allgemein geltende Pflichten (§§ 20 Abs. 1, 24 Abs. 2 und 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) präzisiert werden würden (vgl. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris Rn. 6). Nach ihnen ist ein Arzt, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist, nicht als Belegarzt geeignet. Hat der Arzt mehrere Betriebsstätten, gilt dies für die Betriebsstätte, in welcher hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wird (§ 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä/§ 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä). LSG Schleswig-Holstein hat es als ausreichend angesehen, wenn der Vertragsarzt innerhalb einer Zeitdauer bis 30 Minuten die Klinik von seiner Wohnung und seiner Praxis – diese lagen hier 300 m entfernt - unter normalen Umständen erreichen könne (vgl. LSG Schleswig-Holstein v. 23.11.1999 - L 6 KA 18/99 - juris Rn. 18 - MedR 2000, 383). Demgegenüber stellt LSG Baden-Württemberg auf die Wegezeiten für Hin- und Rückweg zwischen Praxis und Belegkrankenhaus ab; Wegezeiten zwischen der Wohnung und dem Krankenhaus von achtzehn Minuten und zwischen der Praxis und dem Belegkrankenhaus von ca. zwanzig Minuten hätten, da sowohl auf die Belegpatienten als auch die Praxispatienten abzustellen sei, zur Folge, dass sich der Arzt jedenfalls mindestens 40 Minuten von der Praxis entferne, wenn er belegärztlich tätig werde und er umgekehrt mindestens 40 Minuten vom Belegkrankenhaus abwesend sei, wenn er sich zur Praxis begebe. Dies bedeute, dass der Arzt regelmäßig in der Praxis nicht mehr als einmal täglich das Krankenhaus aufsuchen werde. Wegen der großen Entfernung zwischen Wohnung und Belegkrankenhaus könne er seinen belegärztlichen Pflichten deshalb nicht in jedem Fall in vollem Umfang nachkommen (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 14.07.1999 - L 5 KA 3006/98 - juris Rn. 26 f. - MedR 2000, 385; zur Nichtzulassungsbeschwerde s. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris). Das BSG hat diese Grenzziehungen als in der Praxis weitgehend akzeptiert angesehen, die in ihrer Tendenz nach nicht zu beanstanden seien. Sie berücksichtigten, dass der Belegarzt die volle Verantwortung für einen stationär behandelten Patienten übernehme und in der Lage sein müsse, bei Komplikationen, z.B. nach größeren Operationen, kurzfristig die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten bzw. zu treffen. Die Zeitspanne, die zwischen der Mitteilung an den Belegarzt in seiner Praxis, er werde im Krankenhaus benötigt, und dessen Eintreffen in der Klinik vergehen dürfe, müsse aus Gründen der Versorgungssicherheit relativ kurz sein (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - juris Rn. 33 - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1). Danach dürften jedenfalls längere Wegezeiten (einfach) als 30 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Belegkrankenhaus unzulässig sein.
Ob und wie diese Grundsätze auf Zweigpraxisgenehmigungen anzuwenden sind, wird von der Instanzenpraxis uneinheitlich beantwortet. Nach LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 10.07.2008 – L 4 B 405/08 KA ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de verletzt der Vertragsarzt die sog. Residenzpflicht, wenn er seine Praxis regelmäßig nicht von seiner Wohnung aus innerhalb angemessener Zeit erreichen kann; es spricht im Grundsatz dafür, die hierfür geltenden Maßstäbe auch auf die Entfernung zwischen Vertrags(zahn)arztsitz und Zweigpraxis zu übertragen; dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Ermächtigung bereits an der Entfernung zwischen seinem Vertragsarztsitz und dem beabsichtigten Sitz der Zweigpraxis von mehreren hundert Kilometern scheitern müsste; es spricht einiges dafür, dass das VÄndG bezogen auf den Betrieb einer Zweigpraxis eine Einschränkung der Residenzpflicht beinhaltet. Nach SG Kiel, Beschl. v. 18.03.2008 – S 13 KA 16/08 ER – www.zahn-forum.de/zf/urteile spricht eine große Entfernung zwischen den Praxissitzen (Fahrtzeit ca. fünf bis sechs Stunden) eher für eine ev. Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragszahnarztsitz. Nach LSG Hessen, Beschl. v. 13.11.2007 – L 4 KA 57/07 ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris liegt bei einer Fahrzeit von 45 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Zweigpraxis eines MKG-Chirurgen noch keine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes vor (ebs. SG Marburg, Urt. v. 05.11.2008 – S 12 KA 519/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Auf der Grundlage der nach Auffassung der Kammer grundsätzlich weiterhin heranzuziehenden BSG-Rechtsprechung kommt es für die Residenzpflicht auf eine wertende Gesamtwürdigung aller Umstände nach Maßgabe des Zwecks der Residenzpflicht, die Sicherung der Beratungs- und Behandlungstätigkeit des Arztes in seiner Praxis, insbesondere durch Abhaltung der Sprechzeiten, zu gewährleisten an. Wegzeiten von 30 Minuten sind bisher nur als unschädliche Untergrenze formuliert worden. Hinsichtlich des Umfangs der Sprechzeiten genügt ein Arzt aber seiner Residenzpflicht am Vertragsarztsitz, wenn er die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 1 EKV-Ä) einhält, was bei dem Kläger der Fall ist.
Abzustellen ist auf die Entfernungen und Wegezeiten zwischen den drei Orten Praxissitz, Wohnung und Zweigpraxissitz, da eine Erreichbarkeit am Praxissitz und Zweigpraxissitz im Rahmen der Residenzpflicht gewährleistet werden muss. Soweit die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung entgegen dem Vortrag des Klägers darauf hingewiesen hat, nach ihren Unterlagen wohne der Kläger in A-Stadt, worauf seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers nur unbestimmt erwidert werden konnte, der Kläger sei in letzter Zeit umgezogen, brauchte die Kammer dies nicht aufzuklären, da die Entfernung zwischen Praxissitz und Zweigpraxissitz ca. 128 km und die Fahrzeit ungefähr eineinhalb Stunden pro Wegstrecke beträgt. Auch wenn es sich nach Angaben des Klägers bei seiner Tätigkeit um nicht operative Tätigkeiten handelt und von daher die für Belegärzte geltenden Fahrzeiten nicht ohne weiteres auf die Versorgungsstruktur zwischen Vertragsarztsitz und Zweigpraxis angewandt werden können, so ist die Tätigkeit jedenfalls unter Berücksichtigung des Fachgebiets als "notfallträchtiger" anzusehen als die eines Psychotherapeuten, die nur in seltenen Fällen an der Akutversorgung teilnehmen und bei denen in diesem Sinn Notfälle auszuschließen sind (vgl. zu letzterem SG Marburg, Urt. v. 01.12.2008 – S 12 KA 13/08 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 1/09 -).
Der Weiterbildungsinhalt des Schwerpunkts Kinderkardiologie im Facharztgebiet für Kinder- und Jugendmedizin umfasst nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 5. Mai 2009 (HÄBl. 6/2009, S. 423) (zitiert nach: www.laekh.de/upload/Aerzte Info/Weiterbildung/WBO 2005/WBO 2005 10.pdf) den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in
– der Vorbeugung, invasiven und nicht invasiven Erkennung, konservativen und medikamentösen Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs einschließlich des Perikards, der großen Gefäße und der Gefäße des kleinen Kreislaufs bei Kindern und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss ihrer somatischen Entwicklung
– der Erkennung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen einschließlich Mitwirkung bei invasiven elektrophysiologischen Untersuchungen und interventionellen, ablativen Behandlungen
– der medikamentösen und apparativen antiarrhythmischen Therapie einschließlich Defibrillation
– der Schrittmachertherapie und -nachsorge
– der Indikationsstellung und Mitwirkung bei Katheterinterventionen wie Atrioseptostomien, Dilatationen von Klappen und Gefäßen, Verschluss des Ductus arteriosus und anderer Gefäße, Septumdefekte
– der Durchleuchtung, Aufnahmetechnik und Beurteilung von Röntgenbefunden bei Angiokardiographien und Koronarangiographien
– der interdisziplinären Indikationsstellung zu nuklearmedizinischen Untersuchungen sowie chirurgischen Behandlungsverfahren
– der Indikationsstellung und Möglichkeiten zu operativen Eingriffen und ihren kurz- und langfristigen Auswirkungen
– der intensivmedizinischen Basisversorgung.
Der Kinderkardiologe behandelt den Bereich des Herzens mit invasiven und nicht invasiven Methoden. Von daher muss im Praxisbetrieb auch stärker als in anderen Gebieten mit Fällen notwendiger Akutversorgung generell gerechnet werden. Auf die persönlichen Erfahrungen des Klägers, der in der mündlichen Verhandlung auf lediglich zwei Notfälle in der Zeit seiner Niederlassung hingewiesen hat, kommt es insofern nicht an. Bei eher "notfallanfälligen" Gebieten wie dem der Kinderkardiologie (zur Kardiologie vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 30.01.2008 – S 12 KA 1082/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufungsentscheidung LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 17/08 –; SG Marburg, Urt. v. 30.01.2008 – S 12 KA 1079/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufungsentscheidung LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 18/08 –) sind daher weiterhin kürzere Wegezeiten erforderlich. Mit Fahrzeiten von über einer Stunde wird eine ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes beeinträchtigt. Auf Vertretungsmöglichkeiten anderer Ärzte, die nicht zur Praxis des Klägers gehören, kommt es nicht an, da die Residenzpflicht wesentlich am Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) anknüpft.
Hinzu kommt, dass der Kläger im Planungsbereich, in dem sein Hauptpraxissitz liegt, der einzige vertragsärztliche Kinderkardiologe ist. Von daher spricht einiges dafür, dass mit der Abwesenheit des Klägers von seinem Hauptpraxissitz im Planungsbereich A-Stadt eine "Versorgungslücke" aufgetan wird. Dies konnte aber dahinstehen, da eine Genehmigung bereits gegen die Residenzpflicht verstößt.
Von daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Sprungrevision war nach §§ 160 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Nach der Änderung der Genehmigungsvoraussetzungen durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz werden die Voraussetzungen für die Genehmigung einer in der Instanzgerichtsbarkeit und Literatur z. T. recht unterschiedlich ausgelegt. Soweit der Verordnungsgeber an der Residenzpflicht festgehalten hat, zugleich aber überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften zulässt (§ 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 Ärzte-ZV), könnten sich Wertungswidersprüche ergeben. Sind die Berufsausübungsgemeinschaftspartner wechselseitig an den Vertragsarztsitzen tätig, bedarf dies nicht der Genehmigung, wenn die Voraussetzungen der Präsenzverpflichtung nach § 17 erfüllt sind und eine Tätigkeit am jeweils anderen Vertragsarztsitz nur in begrenztem Umfang ausgeübt wird; hinsichtlich des zeitlichen Umfangs einer entsprechenden Tätigkeit gilt insoweit § 17 Abs. 1a. (§ 15a Abs. 4 Satz 8 BMV-Ä/§ 15a Abs. 4 Satz 8 EKV-Ä). Damit wird für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften lediglich auf den Umfang der Mindestsprechzeiten abgestellt.
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