Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 800/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 15/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 34/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Abzug eines Betriebskostenanteils in Höhe von 35 % anstatt von 15 % des Umsatzes während des Notdienstes zur Finanzierung des von der KV Hessen organisierten Notdienstes in den Notdienstbezirken PQ.West, TS. und UH. war in den Quartalen III/03 bis einschließlich IV/07 (UH. streitbefangen ab 2005) rechtmäßig. Es liegen entsprechende Beschlüsse der Notdienstgemeinschaften vor.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig der Abzug eines Betriebskostenanteils zur Finanzierung des von der Beklagten organisierten Notdienstes in Höhe von 35 % anstatt von 15 % des Umsatzes während des Notdienstes des Klägers in den 18 Quartalen III/03 bis einschließlich IV/07, insgesamt ein Betrag in Höhe von 174.852,71 EUR, hierbei bzgl. der Quartale III/03, IV/03 und III/04 auch die Frage, ob die Klage wegen Fehlen eines Vorverfahrens zulässig ist.
Der Kläger, Rechtsanwalt und seit dem 01.09.2002 privat niedergelassener Arzt, ist seit 1999 im von der Beklagten organisierten ärztlichen Notdienst in verschiedenen Notdienstzentralen tätig. Er erklärte sich am 30.09.2002 gegenüber der Beklagten bereit, in den eingerichteten ärztlichen Notfalldiensten mitzuarbeiten, und erkannte mit Abgabe der Erklärung zugleich die ab 01.10.2002 geltende Notdienstordnung der Beklagten sowie die hierzu ergänzenden Beschlüsse des Vorstandes der Beklagten, des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle und der Abgeordnetenversammlung der Beklagten an.
In den streitbefangenen Quartalen war der Kläger mit den Abrechnungsnummern 4077621 und 4077661 im Bereitschaftsdienst PQ.West, mit der Abrechnungsnummer 4077764 im Bereitschaftsdienst TS. und mit den Abrechnungsnummern 4075650 und 4075710 im Bereitschaftsdienst UH. tätig.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten hatte im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 01.10.2002 geltende Notdienstordnung (im Folgenden: NDO) beschlossen, die in § 8 die Finanzierung der Organisation des Notdienstes enthält. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a NDO ist, soweit die - nach § 8 Abs. 1 - bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15%, höchstens 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare, zu erheben. Art und Umfang des Betriebskostenabzugs sind dabei von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2 NDO), festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2 NDO). Nach § 11 Abs. 1 S. 1 NDO sind die Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung, des Vorstandes und des Geschäftsausschusses der jeweiligen Bezirkstelle der Beklagten zur Gestaltung des Notdienstes für alle Vertragsärzte bindend. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 NDO haben nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Notdienstärzte durch entsprechende Erklärung vor der erstmaligen Teilnahme am organisierten Notdienst schriftlich die Anerkennung dieser Notdienstordnung zu bestätigen.
Mit Schreiben vom 24.09.2002 informierte die Bezirksstelle TF. die Notdienstärzte in ihrem Bereich über das Inkrafttreten der neuen Notdienstordnung zum 01.10.2002 und teilte ihnen mit, dass entsprechend der Festlegung durch den Geschäftsausschuss in seiner Sitzung am 11.09.2002 mit Wirkung zum 01.10.2002 in allen Notdienstzentralen ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15% erfolge.
Am 02.11.2002 beschloss der Geschäftsausschuss der Bezirksstelle TF. mit Wirkung ab 01.01.2003 einen einheitlichen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% vorzunehmen. Zeitgleich beschloss er, dass den Notdienstgemeinschaften die Möglichkeit gegeben werde, durch Sockelbeträge oder Stundenpauschalen die Situation für die Dienstausübenden so zu gestalten, dass zur früheren Regelung keine Honorareinbußen entstünden. Mit Schreiben vom 04.03.2003 unterrichtete sie unmittelbar alle dienstausübenden Ärzte der Notdienstzentralen.
Mit jeweils auf die einzelnen Arztnummern und Quartale bezogenen Honorarbescheiden setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die im Rahmen des Notdienstes im Bereich der Bezirksstelle TF. erbrachten ärztlichen Leistungen in den streitbefangenen Quartalen – jeweils gesondert für jeden Notdienstbezirk - fest, wobei sie Kontoauszüge beifügte, aus denen sich Betriebskostenabzüge jeweils in Höhe von 35% ergaben.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/04 bis IV/07 mit Ausnahme der Honorarbescheide für das Quartal III/04 legte der Kläger Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die Höhe der Betriebskostenabzüge.
Die zuvor für die Quartale I und II/03 eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2004 als unbegründet zurück. SG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.06.2006, verurteilte die Beklagte, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Auf Berufung des Klägers verurteilte LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 – L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de die Beklagte, den Betriebskostenabzug auch für das Quartal II/03 auf 15 % festzusetzen und wies die Berufung der Beklagten zurück.
Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren für die Quartale I, II und IV/04 sowie I/05 bis IV/07. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 gab sie den Widersprüchen bzgl. des Notdienstes im Notdienstbezirk UH. in den Quartalen I, II und IV/04 statt und wies die Widersprüche im Übrigen als unbegründet zurück.
Zur Begründung des Widerspruchbescheids führte die Beklagte aus, in der Notdienstordnung der ab dem 01.10.2002 gültigen Fassung sei unter § 8 Abs. 3 ausgeführt, dass, soweit die nach Abs. 1 bei Betrieb von Notdienstzentralen Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ausreichend seien, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes des weiteren zu erheben sind: a) ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenteils von mindestens 15%, höchstens jedoch 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare. Art und Umfang der Umlage und des Betriebskostenabzuges seien von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen. In der ab dem 01.01.2005 gültigen Fassung sei die Genehmigung vom Vorstand oder von einem von ihm beauftragten Gremium zu erteilen. Im Jahr 2003 habe den Angaben der Abteilung Bereitschaftsdienstverwaltung für den Bereich der Bezirksstelle TF. zufolge keine Jahreshauptversammlung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes UH. stattgefunden, so dass auch kein Beschluss von der Dienstgemeinschaft im Hinblick auf einen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% gefasst worden sei. Erst in der Jahreshauptversammlung am 23.09.2004 hätten sich die Ärzte der Dienstgemeinschaft für einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% ausgesprochen und der Geschäftsausschuss habe in seiner Sitzung am 06.11.2004 der Vorgehensweise "Beschlussfassung der Jahreshauptversammlung am 23.09.2004" zugestimmt, so dass im Hinblick auf die Quartale I, II und IV/04 hinsichtlich des ärztlichen Bereitschaftsdienstes UH. keine wirksame Festlegung des Betriebskostenabzugs in Höhe von 35% erfolgt sei. In den Jahreshauptversammlungen am 22.11.2005, 29.11.2006 und 28.11.2007 habe sich die Versammlung der Ärzte der Dienstgemeinschaft UH. dafür ausgesprochen, einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% beizubehalten. Der Vorstand habe den Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen am 17.01.2006, 01.02.2007 bzw. 11.02.2008 zugestimmt. In der Jahreshauptversammlung der Bereitschaftsdienstgemeinschaften PQ.West am 09.09.2003 hätten die anwesenden Ärzte einem Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe die Vorgehensweise "Beschlussfassungen für die verbleibende Zeit der Legislaturperiode bis 2004; Regularien" in seiner Sitzung am 24.09.2003 zugestimmt. In der ordentlichen Gründerversammlung der Gemeinschaftsdienstgemeinschaft am 15.01.2004 hätten die anwesenden Ärzte einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe in seiner Sitzung am 10.03.2004 einer Fusion der Bereitschaftsdienstgemeinschaft PQ.West und C. zugestimmt, ebenso habe er die in der Gründerversammlung gefassten Beschlussfassungen zustimmend zur Kenntnis genommen. In den Jahreshauptversammlungen am 05.10.2004, 08.11.2005, 08.11.2006 bzw. 30.10.2007 habe sich die Bereitschaftsdienstgemeinschaft für eine Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35% ausgesprochen. Der Vorstand habe den Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen am 17.03.2005, 30.01.2006, 21.12.2006 bzw. 28.01.2008 zugestimmt. Im Hinblick auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst TS. hätten die Ärzte der Dienstgemeinschaft in der Sitzung am 20.08.2003 dem Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe der Beschlussfassung der Jahreshauptversammlung in seiner Sitzung am 26.11.2003 zugestimmt. In den Jahreshauptversammlungen am 30.11.2004, 07.12.2005, 01.11.2006 sei ebenfalls seitens der Ärzteschaft eine Zustimmung zu dem Abzug der Betriebskosten in Höhe von 35% erfolgt. Der Vorstand habe der Vorgehensweise der Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen TS. am 19.04.2005, 30.01.2006 bzw. 18.12.2006 zugestimmt.
Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2008 die Klage erhoben. Er trägt vor, er habe für alle streitbefangenen Quartale nach Zustellung der Honorarbescheide Widerspruch gegen die Betriebskostenabgabe im ärztlichen Notdienst erhoben. Der bis zum 31.12.2002 erhobene Betriebskostenabzug vom 15% gelte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Dem Geschäftsausschuss habe es an der Befugnis zur Festlegung eines Betriebskostenabzugs von 35% gefehlt. Der im September 2002 durch den Geschäftsausschuss festgesetzte Betriebskostenabzug von 15% für alle Notdienstgemeinschaften der Bezirkstelle TF. sei demgegenüber rechtmäßig und gelte in Ermangelung einer anderweitigen ordnungsgemäßen Festsetzung bis heute weiter. Die Notdienstgemeinschaften hätten die Betriebskostenabzüge nicht durch ordnungsgemäßen Beschluss auf 35% festgesetzt. Es seien nicht minimale Verfahrensstandards eingehalten worden. Das führe zu Unwirksamkeit der von den Notdienstgemeinschaften angeblich gefassten Beschlüsse. Auf den von den Beklagten verschickten Einladungen sei kein Tagesordnungspunkt enthalten gewesen, der eine vorgesehene Abstimmung über die Höhe der Betriebskostenabzüge hätte erkennen lassen. Eine förmliche Abstimmung über die Höhe der Betriebskosten unter Aufruf eines dafür vorher angesetzten Tagesordnungspunktes habe auf keiner der von der Beklagten genannten Jahreshauptversammlungen stattgefunden. Dies ergebe sich aus den Ausführungen der Beklagten selbst, in dem sie darauf hinweise, die Notdienstgemeinschaften hätten einem Betriebskostenabzug von 35% "zugestimmt". Eine förmliche Abstimmung sei danach nicht erfolgt. Eine bloße "Zustimmung" des Geschäftsausschusses oder des Vorstandes sei keine Genehmigung. Eine förmliche Mitteilung an die Dienstgemeinschaft oder insbesondere Hinterlegung dieser Genehmigung sei in allen Fällen unterblieben. Es fehle auch an einer Bekanntmachung als Wirksamkeitsvoraussetzung. Adressaten eines Beschlusses über die Höhe der Betriebskosten seien nicht nur die Mitglieder der Notdienstgemeinschaft selbst, sondern auch die diensttuenden Ärzte, die selbst oft nicht Mitglied der Notdienstgemeinschaft seien. Selbstverständlich sei es aber erforderlich, dass auch diesen einen genehmigter Beschluss über die Höhe der Betriebskosten zeitnah bekannt gemacht werde. In keiner der Notdienstgemeinschaften sei über die Höhe der Betriebskostenabgabe informiert worden. Eine Veröffentlichung der Beschlüsse habe nicht stattgefunden. Beschlüsse aus dem Jahr 2002 seien demgegenüber allen Ärzten bekannt gemacht worden. Exemplarisch weise er auf das Verfahren der Notdienstgemeinschaft UH. im Jahr 2005 hin. Aus der Einladung werde nicht ersichtlich, ob über den Tagungsordnungspunkt "Betriebskostenanteil dienstausübender Ärzte" eine Abstimmung vorgesehen sei oder nicht. Eine Abstimmung habe, wie aus dem Protokoll ersichtlich, nicht stattgefunden. Den Betriebskostenanteil für die dienstausübenden Ärzte in Höhe von 35% nehme die Versammlung, die in anderen Fällen abgestimmt habe, nur "zustimmend zur Kenntnis". Bestenfalls handele es sich um eine Genehmigung, aber keinesfalls um eine formale Abstimmung. Abstimmungen seien von der Beklagten auf einer örtlichen Notdienstversammlung vorgesehen gewesen, da die Beklagte bis zum Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.06.2008 der Ansicht gewesen sei, die Betriebskosten unabhängig von der Notdienstgemeinschaft festlegen zu können. Da die Beklagte von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Betriebskostenabzugs auf 35% ausgegangen sei, habe sie den Notdienstgemeinschaften auch suggeriert, dass sie auf ihren jährlichen abgehaltenen Versammlungen keine Möglichkeit hätten, über die Betriebskosten selbst zu entscheiden. Hilfsweise werde vorgetragen, dass die Erhebung eines Betriebskostenabzuges in den Notdienstgemeinschaften PQ.West und UH. von 35% schon deshalb rechtswidrig sei, weil dadurch gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen werde. Die Einnahmen hätten seit Einführung des Betriebskostenabzugs von 35% in eklatanter Weise die für den Betrieb des ärztlichen Notdienstes notwendigen Ausgaben übertroffen. Die fehlende Einlegung von Widersprüchen gegen die den Honorarbescheiden beiliegenden Kontoauszüge für die Quartale III/03, IV/03 und III/04 stehe nicht entgegen. Weder der Einbehalt als solcher noch die Kontoauszüge, die die Höhe des Betriebskostenabzuges auswiesen, seien Verwaltungsakte. Die Kontoauszüge seien den Honorarbescheiden lediglich beigelegen und seien nicht fest mit den Honorarbescheiden verbunden gewesen. Sachlich sei ein Kontoauszug vielmehr mit einem Kontokorrent nach § 355 HGB vergleichbar. Die in den anderen streitgegenständlichen Quartalen eingelegten Widersprüche seien rein vorsorglich erfolgt. Ein Anspruch auf Prozesszinsen stehe ihm gemäß § 291 BGB i. V. m. § 61 Satz 2 SGB X zu. Seinem Anspruch liege eine bezifferte Geldschuld zugrunde. Der auf Grund der rechtswidrigen Betriebskostenfestsetzung erfolgter Einbehalt von zu hohen Betriebskosten führe zu einem unmittelbaren Auszahlungsanspruch hinsichtlich des vorenthaltenen, bereits festgesetzten Honoraranspruchs. Die Höhe der Klageforderung ergebe sich aus der Rückzahlung von 20% des im ärztlichen Notdienst im Zeitraum vom Quartal III/03 bis einschließlich IV/07 von ihm insgesamt erwirtschafteten Umsatzes. In keiner Jahreshauptversammlung der betroffenen Bereitschaftsdienstgemeinschaften sei ein wirksamer Beschluss gefasst worden. Den Protokollen sei kein Abstimmungsprozess im Gegensatz zu Beschlussfassungen über andere Gegenstände zu entnehmen. Die lediglich zustimmende Zurkenntnisnahme resultiere noch aus der alten Notdienstordnung. Unzureichend seien auch die Einladungen zu den Jahreshauptversammlungen, da nicht ersichtlich werde, zu welchen Tagesordnungspunkten eine formale Abstimmung vorgesehen sei. Die Beschlüsse seien ihm gegenüber auch nicht bekannt gemacht worden. Auch aus diesem Grund seien sie ihm gegenüber nicht wirksam. Die Addition der Erstattungsbeträge über alle streitgegenständlichen Quartale ergebe den eingeforderten Gesamtbetrag von 175.154,83 Euro, den der Kläger mit Schriftsatz vom 02.11.2009 auf 174.870,75 EUR und mit Schriftsatz vom 12.01.2010 auf 174.852,71 EUR korrigiert hat.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2008 zu verurteilen, die den Quartalen III/03 bis einschließlich IV/07 zu viel eingehaltenen Betriebskosten aus dem ärztlichen Bereitschaftsdienst in Höhe von 20% des Notdienstumsatzes, zusammen 174.870,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die Klage sei bzgl. der Quartale III und IV/03 sowie III/04 wegen eines fehlenden Widerspruchs bereits unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Im Rahmen des Notdienstes unterliege der Kläger der Notdienstordnung. Der Kläger habe auch mit der Erklärung vom 30.09.2002 die Notdienstregelungen anerkannt. Das LSG Hessen habe nur beanstandet, dass der Geschäftsausschuss nicht anstelle der Versammlung der Notdienstgemeinschaft beschließen könne. In den hier streitgegenständlichen Quartalen lägen aber Beschlüsse der Versammlung der Notdienstgemeinschaft und die Genehmigungen vor. Lediglich in der Notdienstgemeinschaft UH. habe es für 2004 an einem Beschluss gefehlt. Die Teilabhilfe habe zu einer Nachvergütung von 10.134,10 EUR geführt. Eine Beschlussfassung könne auch durch eine zustimmende Erklärung der anwesenden Mitglieder zum Ausdruck gebracht werden. Die Beschlüsse hätten zu ihrer Wirksamkeit auch nicht dem Kläger zur Kenntnis gebracht werden müssen. Ein Zinsanspruch bestehe für Honorarzahlungen nicht. Die strittige Vergütung betrage insgesamt nur 174.519,26 EUR. Der Betriebskostenerstattungsbetrag von 26,17 EUR habe im Quartal III/04 nicht berücksichtigt werden können, weil es sich um Betriebskosten für das Quartal IV/03 gehandelt habe. Der Vortrag des Klägers zu zwei weiteren Teilbeträgen treffe ebf. nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist hinsichtlich der Quartale III/03, IV/03 und III/04 wegen Fehlen eines Vorverfahrens unzulässig.
Vor Erhebung der Anfechtungsklage bzw. auch der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 SGG) sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs. 1 SGG). Bzgl. der streitbefangenen Quartale III/03, IV/03 und III/04 fehlt es hieran.
Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 betrifft diese Quartale nicht, weil der Kläger gegen die Honorarbescheide für diese Quartale keinen Widerspruch eingelegt hat.
Eine Widerspruchseinlegung war aber erforderlich, weil es sich bei den Honorarbescheiden um Verwaltungsakte i.S.d. § 31 SGB X handelt.
Soweit die Beklagte im Verfügungssatz der Honorarbescheide zunächst nur das Brutto- bzw. Nettohonorar ohne Betriebskostenabzug festsetzt, wird diese Festsetzung durch den gleichzeitig mit übersandten Kontoauszug im Sinne einer Regelung ergänzt. Insofern handelt es sich nicht um eine bloße Aufrechnung i.S. eines Kontokorrents – hierfür würde es, da eine Festsetzung ansonsten nicht erfolgt, auch an einer aufrechenbaren Forderung fehlen -, sondern um eine weitere Teilregelung des Verwaltungsakts "Honorarbescheid". Es ist für den Vertrags- bzw. Notdienstarzt ohne weiteres erkennbar, dass die volle Festsetzung des Honorars ohne Betriebskostenabzug wenig sinnvoll ist und ihm der volle Betrag nicht zustehen kann. Soweit daher der Betriebskostenabzug als zu hoch angesehen wird, ist gegen den Honorarbescheid, ggf. beschränkt auf den Betriebskostenabzug, Widerspruch einzulegen. Insofern weicht der Sachverhalt von der Fallgestaltung, die SG Marburg, Urt. v. 09.11.2005 – S 12 KA 35/05 – zugrunde lag, ab. Im Übrigen kommt nach der Rechtsprechung des LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris den Kontoauszügen, die den Honorarbescheiden beigefügt werden und den Betriebskostenabzug im Rahmen einer Teilnahme am Notdienst der KV Hessen ausweisen, Verwaltungsaktqualität zu.
Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2008 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der Differenz zwischen den in den streitbefangenen Quartalen von der Beklagten einbehaltenen Betriebskostenanteilen in Höhe von 35 % und den von ihm geltend gemachten Betriebskostenanteilen in Höhe von 20 %. Die Klage war daher abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Betriebskostenabzugs ist Notdienstordnung der Beklagten, die Satzungsqualität hat. Für die Quartale bis Ende 2004 galt die ab 01.10.2002 gültigen Notdienstordnung, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I) (im Folgenden: NDO I). Für die Zeit danach galt die ab 01.01.2005 gültige Notdienstordnung, bekannt gegeben durch das Landesrundschreiben/Bekanntmachung der Beklagten vom 15.12.2004 (Anlage 1) (im Folgenden: NDO II). Nach beiden NDO galt folgende, erstmals mit der NDO I eingeführte Regelung:
Soweit die bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, sind für die Finanzierung des organisierten Notdienstes des Weiteren zu erheben:
a) ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15 %, höchstens 35 %, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare und im Falle einer weiteren Unterdeckung,
b) eine Umlage von allen der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten.
Art und Umfang der Umlage und des Betriebskostenabzuges sind von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft festzulegen und – NDO I - von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. – NDO II - Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium genehmigen. Anstelle eines Betriebskostenabzuges nach Buchstabe a) ist es alternativ aufgrund der Entscheidung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft mit Zustimmung des – NDO I - Geschäftsausschusses der zuständigen Bezirksstelle bzw. – NDO II - Vorstandes oder einem von ihm beauftragten Gremiums möglich, für die Finanzierung des Notdienstes ausschließlich eine Umlage gemäß Buchstabe b) – nur NDO II - bei den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft zu erheben (vgl. § 8 Abs. 3 NDO).
Für die Mitglieder der örtlichen Notdienstgemeinschaft ist mindestens einmal jährlich eine Versammlung durchzuführen. Die im Rahmen dieser Versammlung von der Mehrheit der Notdienstgemeinschaft getroffenen Entscheidungen sind für alle Mitglieder der Notdienstgemeinschaft bindend, wenn eine schriftliche Einladung zu der jeweiligen Versammlung mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin, unter Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, erfolgt ist und in der Versammlung die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Entscheidung getroffen hat. Die organisatorische Abwicklung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft obliegt– NDO I - dem Notdienst-Obmann oder der für die Notdienstgemeinschaft zuständigen Bezirksstelle, die ebenfalls ein Einberufungsrecht für die Versammlung besitzt bzw. – NDO II - dem Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium, der bzw. das ebenfalls ein Einberufungsrecht für die Versammlung besitzt. Über das Ergebnis der Versammlung ist eine Niederschrift zu erstellen. Für den Ablauf der Versammlung gilt die Geschäftsordnung der Abgeordnetenversammlung (NDO II: Vertreterversammlung) der KV Hessen (§ 5 Abs. 5 NDO).
Ausgehend von der NDO sieht die Kammer die Notdienstgemeinschaften grundsätzlich als berechtigt an, den Betriebskostenanteil festzusetzen. Ein Geschäftsausschuss einer Bezirksstelle der KV Hessen hatte im November 2002 keine Normsetzungsbefugnis zur Festlegung eines Betriebskostenabzugs auf 35% für den Notdienst. Nach Erlass der Entscheidung des LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 – L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – aaO. ist dies zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist zwischen den Beteiligten insbesondere die Frage, ob in den noch strittigen Bereichen und Quartalen ein ausreichender und wirksam zustande gekommener Beschluss der jeweiligen Notdienstgemeinschaft vorliegt.
Die Kammer hält es für ausreichend, dass insofern eine eindeutige und bestimmte Willensäußerung der jeweiligen Notdienstgemeinschaft in Form ihrer Mitgliederversammlung vorliegt. Die förmlichen Anforderungen dürfen hierbei nicht überspannt werden. Eine Verbindlichkeit der Entscheidung setzt ferner voraus, dass eine schriftliche Einladung zur jeweiligen Versammlung mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin, unter Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, erfolgt ist und in der Versammlung die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Entscheidung getroffen hat. In der Einladung muss demnach klar hervorgehen, welche Art von Beschlüssen gefasst werden sollen, also insbesondere auch, dass über einen Betriebskostenabzug oder über dessen Höhe befunden werden soll. Nur dann ist das einzelne Mitglied der Notdienstgemeinschaft in der Lage zu entscheiden, ob er an der Versammlung teilnehmen will oder es unter Umständen hinnimmt, dass ein Beschluss ohne seine Mitwirkung gefasst wird, der ihn auch rechtlich bindet. Ferner sieht die Notdienstgemeinschaft vor, dass über das Ergebnis der Versammlung eine Niederschrift erstellt wird. Der Beschluss über Art und Umfang der Umlage ist weiter von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. des Vorstandes oder eines von ihm beauftragten Gremiums zu genehmigen. Dieser kommt eine Art Aufsichtsbefugnis zu, um zu überwachen, dass das Verfahren auch eingehalten wurde. Diese Regelung erscheint der Kammer durchaus sinnvoll zu sein, da die Notdienstgemeinschaft ausschließlich aus Ärzten besteht und durch die Genehmigungspflicht eine Kontrollmöglichkeit einer Stelle eingebaut wird, die grundsätzlich über weitergehende verfahrensrechtliche Kenntnisse verfügt und die auch Abstand hat zu möglicherweise bestehenden Auseinandersetzungen in einer einzelnen Notdienstgemeinschaft. Die Kammer sieht in dieser Verfahrensordnung ausreichende rechtsstaatliche Verfahrensstandards als gewahrt an. Die Genehmigung ist darüber hinaus förmlich der Notdienstgemeinschaft mitzuteilen und bei dem Geschäftsausschuss bzw. zukünftig bei dem Nachfolgegremium zu hinterlegen. Eine förmliche Hinterlegung erscheint der Kammer erforderlich zu sein, damit sichergestellt wird, dass der Geschäftsausschuss auch seiner Überwachungs- und Kontrollpflicht nachkommt. Insofern ist auch beim Geschäftsausschuss der Beschluss zu hinterlegen. Damit wahrt die Satzung hinreichend einen Minderheitenschutz durch diese Verfahrensstandards. (vgl. bereits zum Ganzen Urteil der Kammer v. 26.11.2008 - S 12 KA 963/06 – Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 121/08 -; v. 09.11.2005 – S 12 KA 35/05 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris (rechtskräftig nach Rücknahme der Berufung durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Hessen); Urteil v. 29.08.2007 - S 12 KA 575/06 - (rechtskräftig) www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; vgl. ferner Urteil v. 30.08.2006 – S 12 KA 261/05 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen für alle noch strittigen Festsetzungen der Betriebskostenanteile eine wirksame Rechtsgrundlage bzw. wirksame Beschlüsse der Notdienstgemeinschaften vor. Im Einzelnen handelt es sich nach den in der Verwaltungsakte befindlichen bzw. von der Beklagten nachgereichten Unterlagen um folgende Einladungen, Beschluss-Protokolle und Stellungnahmen des Geschäftsausschusses bzw. des Vorstandes:
PQ.West Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
11.08.2003 3.1 Erhöhung des Betriebskostenanteils auf 35 % 09.09.2003 3.1 Erhöhung des Betriebskostenanteils auf 35 % zustimmend zur Kenntnis 24.09.2003
14.11.2003 3.5 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 15.01.2004 3.4 nehmen die Regelungen über den einheitlichen Betriebskostenanteil in Höhe von 35 % gemäß neuer Notdienstordnung zur Kenntnis 10.03.2004
16.08.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 05.10.2004 3.4 stimmt zu, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 17.03.2005
10.10.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 08.11.2005 3.3 stimmt zu, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 30.01.2006
29.09.2006 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 08.11.2006 3.3 bestätigt den Betriebskostenanteil von 35 % 21.12.2006
25.09.2007 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 30.10.2007 3.3 bestätigt den Betriebskostenanteil von 35 % 28.01.2008
UH. Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
23.08.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 23.09.2004 3.4 Zustimmung, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 06.11.2004
17.10.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 22.11.2005 3.3 35 % zustimmend zur Kenntnis 17.01.2006
03.11.2006 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 29.11.2006 3.4 Zustimmung der Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35 % 01.02.2007
29.10.2007 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 28.11.2007 3.3 Zustimmung der Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35 % Hohe Betriebsmittelrücklage 11.02.2008
TS. Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
11.07.2003 3.5 20.08.2003 3.5 35% zustimmend zur Kenntnis 26.11.2003
01.11.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 30.11.2004 3.4 35 % zustimmend zur Kenntnis 08.02.2005
02.11.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 07.12.2005 3.3 35 % zustimmend zur Kenntnis 19.01.2006
04.10.2006 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 01.11.2006 3.3 35 % zur Kenntnis 18.12.2006
In allen Einladungen wird auf den Betriebskostenanteil hingewiesen. Alle Beschluss- Protokolle enthalten entsprechende Beschlussfassungen. Ebenso liegen die Genehmigungen des Geschäftsausschusses bzw. Vorstandes vor. Die Kammer hält es dabei für ausreichend, dass in der Regel lediglich festgehalten wird, die Notdienstgemeinschaft nehme einen 35%-Anteil zustimmend zur Kenntnis. Entscheidend war für die Kammer, dass insofern eine eindeutige Willensäußerung der Notdienstgemeinschaft vorlag. Dies gilt auch noch für den Beschluss der Notdienstgemeinschaft PQ.West vom 15.01.2004. Im Protokoll heißt es hierzu: "Die Anwesenden nehmen die Regelungen über die Sockelbeträge und den einheitlichen Betriebskostenanteil in Höhe von 35 % gemäß neuer Notdienstordnung zur Kenntnis." Insofern wird in der Protokollüberschrift mit "3.4 Bestätigung Pauschalen/Sockelbeträge" noch hinreichend klargestellt, dass es nicht eine bloß rezipierende, sondern aktive, eben bestätigende und damit zustimmende Kenntnisnahme handelt. Gleiches gilt für den Beschluss der Notdienstgemeinschaft TS. vom 01.11.2006. Im Protokoll heißt es hierzu: "Die Bereitschaftsdienstgemeinschaft nimmt den Betriebskostenanteil von 35 % zur Kenntnis (Folie 18)." Dies muss aber vor dem Hintergrund der jeweiligen Zustimmung in den Vorjahren gesehen werden.
Die Formulierungen der Zurkenntnisnahme bzw. zustimmenden Zurkenntnisnahme mögen der seinerzeit bei der Beklagten vorherrschenden Auffassung geschuldet sein, dass der Geschäftsausschuss zur Vorgabe der abzugsfähigen Betriebskostenanteile berechtigt gewesen war und mit der Notdienstgemeinschaft nur ein Benehmen hergestellt werden müsse. Insofern kommt es aber nicht auf die Auffassung des einzelnen Mitglieds der Notdienstgemeinschaft an, der bei der Abstimmung nur seinem Gewissen verantwortlich ist. Entscheidend war vielmehr, dass jeweils eine hinreichend eindeutige Willensäußerung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft vorlag.
Für eine förmliche Bekanntmachung der Beschlüsse sieht die Kammer die Versendung an die Mitglieder in Form der Zusendung des Protokolls als ausreichend an. Nichtmitglieder der Notdienstgemeinschaft, also Vertragsärzte aus anderen Bereichen oder nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte, sind nicht unmittelbare Adressaten der Beschlüsse. Sie sind nur mittelbar betroffen, als für sie diese Regelungen ebf. gelten, da ihre Vergütung sich nach der Vergütung für die Vertragsärzte richtet.
Wie mit dem Kläger in der mündlichen Verhandlung erörtert, war sowohl ihm als auch den übrigen Teilnehmern in den hier noch streitbefangenen Quartalen bekannt, dass der abzuführende Betriebskostenanteil 35 % betrug. Unklarheiten mögen allenfalls Ende 2002 bzw. im ersten Quartal des Jahres 2003 noch bestanden haben. Damit scheiden Gesichtspunkte eines Vertrauensschutzes aus.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass die Erhebung eines Betriebskostenabzuges in den Notdienstgemeinschaften PQ.West und UH. von 35% schon deshalb rechtswidrig sei, weil dadurch gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen werde, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Abgesehen von einer Substantiierung dieses Vortrags hält die Kammer es für zulässig, anders als bei Erhebung von Umlagen, bei der Festsetzung des Betriebskostenanteils vom Kostendeckungsprinzip abzusehen, jedenfalls kommt dem Satzungsgeber sowie der Notdienstgemeinschaft ein höherer Gestaltungsspielraum zu und kann der Betriebskostenanteil an allgemeinen Praxiskosten, die durchschnittlich jedenfalls über 35 % liegen, orientiert werden. Hinzu kommt, dass eine Rechtsverletzung eines evtl. Verstoßes gegen das Kostendeckungsprinzip nur von den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft geltend gemacht werden kann. Anders als die Nichtmitglieder sind diese verpflichtet, am Notdienst zu den festgelegten Bedingungen teilzunehmen. Nichtmitglieder trifft eine solche Verpflichtung nicht. Soweit für sie die Dienste nicht wirtschaftlich erscheinen, können sie von einer Teilnahme am Notdienst absehen. Die Notdienstgemeinschaft muss dann u. U. die Anreize durch Senkung des Betriebskostenanteils heben oder ihre Mitglieder müssen in höherer Frequenz selbst den Notdienst verrichten. Kann die Notdienstgemeinschaft nicht wirtschaftlich geführt werden, so muss ggf. eine Umlage erhoben bzw. die Umlage erhöht werden. Die Mitglieder der Notdienstgemeinschaft tragen insoweit ausschließlich das wirtschaftliche Risiko der Notdienstgemeinschaft, was letztlich aus der vertragsärztlichen Zulassung mit der Verpflichtung zur Versorgung auch in den sprechstundenfreien Zeiten folgt. Daraus folgt für die Kammer, dass sich die Nichtmitglieder einer Notdienstgemeinschaft nicht auf die Unzulässigkeit der Höhe eines Betriebskostenanteils berufen können.
Wegen eines fehlenden Hauptanspruchs besteht auch schon kein Anspruch auf Prozesszinsen.
Nach allem war die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig der Abzug eines Betriebskostenanteils zur Finanzierung des von der Beklagten organisierten Notdienstes in Höhe von 35 % anstatt von 15 % des Umsatzes während des Notdienstes des Klägers in den 18 Quartalen III/03 bis einschließlich IV/07, insgesamt ein Betrag in Höhe von 174.852,71 EUR, hierbei bzgl. der Quartale III/03, IV/03 und III/04 auch die Frage, ob die Klage wegen Fehlen eines Vorverfahrens zulässig ist.
Der Kläger, Rechtsanwalt und seit dem 01.09.2002 privat niedergelassener Arzt, ist seit 1999 im von der Beklagten organisierten ärztlichen Notdienst in verschiedenen Notdienstzentralen tätig. Er erklärte sich am 30.09.2002 gegenüber der Beklagten bereit, in den eingerichteten ärztlichen Notfalldiensten mitzuarbeiten, und erkannte mit Abgabe der Erklärung zugleich die ab 01.10.2002 geltende Notdienstordnung der Beklagten sowie die hierzu ergänzenden Beschlüsse des Vorstandes der Beklagten, des Geschäftsausschusses der Bezirksstelle und der Abgeordnetenversammlung der Beklagten an.
In den streitbefangenen Quartalen war der Kläger mit den Abrechnungsnummern 4077621 und 4077661 im Bereitschaftsdienst PQ.West, mit der Abrechnungsnummer 4077764 im Bereitschaftsdienst TS. und mit den Abrechnungsnummern 4075650 und 4075710 im Bereitschaftsdienst UH. tätig.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten hatte im September 2002 zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Notfällen eine ab 01.10.2002 geltende Notdienstordnung (im Folgenden: NDO) beschlossen, die in § 8 die Finanzierung der Organisation des Notdienstes enthält. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 Buchst. a NDO ist, soweit die - nach § 8 Abs. 1 - bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15%, höchstens 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare, zu erheben. Art und Umfang des Betriebskostenabzugs sind dabei von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft, die von den in einem Notdienstbezirk niedergelassenen Vertragsärzten gebildet wird (§ 2 Abs. 2 NDO), festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen (§ 8 Abs. 3 S. 2 NDO). Nach § 11 Abs. 1 S. 1 NDO sind die Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung, des Vorstandes und des Geschäftsausschusses der jeweiligen Bezirkstelle der Beklagten zur Gestaltung des Notdienstes für alle Vertragsärzte bindend. Nach § 11 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1 NDO haben nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Notdienstärzte durch entsprechende Erklärung vor der erstmaligen Teilnahme am organisierten Notdienst schriftlich die Anerkennung dieser Notdienstordnung zu bestätigen.
Mit Schreiben vom 24.09.2002 informierte die Bezirksstelle TF. die Notdienstärzte in ihrem Bereich über das Inkrafttreten der neuen Notdienstordnung zum 01.10.2002 und teilte ihnen mit, dass entsprechend der Festlegung durch den Geschäftsausschuss in seiner Sitzung am 11.09.2002 mit Wirkung zum 01.10.2002 in allen Notdienstzentralen ein Betriebskostenabzug in Höhe von 15% erfolge.
Am 02.11.2002 beschloss der Geschäftsausschuss der Bezirksstelle TF. mit Wirkung ab 01.01.2003 einen einheitlichen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% vorzunehmen. Zeitgleich beschloss er, dass den Notdienstgemeinschaften die Möglichkeit gegeben werde, durch Sockelbeträge oder Stundenpauschalen die Situation für die Dienstausübenden so zu gestalten, dass zur früheren Regelung keine Honorareinbußen entstünden. Mit Schreiben vom 04.03.2003 unterrichtete sie unmittelbar alle dienstausübenden Ärzte der Notdienstzentralen.
Mit jeweils auf die einzelnen Arztnummern und Quartale bezogenen Honorarbescheiden setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die im Rahmen des Notdienstes im Bereich der Bezirksstelle TF. erbrachten ärztlichen Leistungen in den streitbefangenen Quartalen – jeweils gesondert für jeden Notdienstbezirk - fest, wobei sie Kontoauszüge beifügte, aus denen sich Betriebskostenabzüge jeweils in Höhe von 35% ergaben.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/04 bis IV/07 mit Ausnahme der Honorarbescheide für das Quartal III/04 legte der Kläger Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die Höhe der Betriebskostenabzüge.
Die zuvor für die Quartale I und II/03 eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2004 als unbegründet zurück. SG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.06.2006, verurteilte die Beklagte, den Betriebskostenabzug für das Quartal I/03 auf 15% festzusetzen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Auf Berufung des Klägers verurteilte LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 – L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de die Beklagte, den Betriebskostenabzug auch für das Quartal II/03 auf 15 % festzusetzen und wies die Berufung der Beklagten zurück.
Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren für die Quartale I, II und IV/04 sowie I/05 bis IV/07. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 gab sie den Widersprüchen bzgl. des Notdienstes im Notdienstbezirk UH. in den Quartalen I, II und IV/04 statt und wies die Widersprüche im Übrigen als unbegründet zurück.
Zur Begründung des Widerspruchbescheids führte die Beklagte aus, in der Notdienstordnung der ab dem 01.10.2002 gültigen Fassung sei unter § 8 Abs. 3 ausgeführt, dass, soweit die nach Abs. 1 bei Betrieb von Notdienstzentralen Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ausreichend seien, für die Finanzierung des organisierten Notdienstes des weiteren zu erheben sind: a) ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenteils von mindestens 15%, höchstens jedoch 35%, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare. Art und Umfang der Umlage und des Betriebskostenabzuges seien von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft festzulegen und von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle zu genehmigen. In der ab dem 01.01.2005 gültigen Fassung sei die Genehmigung vom Vorstand oder von einem von ihm beauftragten Gremium zu erteilen. Im Jahr 2003 habe den Angaben der Abteilung Bereitschaftsdienstverwaltung für den Bereich der Bezirksstelle TF. zufolge keine Jahreshauptversammlung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes UH. stattgefunden, so dass auch kein Beschluss von der Dienstgemeinschaft im Hinblick auf einen Betriebskostenabzug in Höhe von 35% gefasst worden sei. Erst in der Jahreshauptversammlung am 23.09.2004 hätten sich die Ärzte der Dienstgemeinschaft für einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% ausgesprochen und der Geschäftsausschuss habe in seiner Sitzung am 06.11.2004 der Vorgehensweise "Beschlussfassung der Jahreshauptversammlung am 23.09.2004" zugestimmt, so dass im Hinblick auf die Quartale I, II und IV/04 hinsichtlich des ärztlichen Bereitschaftsdienstes UH. keine wirksame Festlegung des Betriebskostenabzugs in Höhe von 35% erfolgt sei. In den Jahreshauptversammlungen am 22.11.2005, 29.11.2006 und 28.11.2007 habe sich die Versammlung der Ärzte der Dienstgemeinschaft UH. dafür ausgesprochen, einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% beizubehalten. Der Vorstand habe den Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen am 17.01.2006, 01.02.2007 bzw. 11.02.2008 zugestimmt. In der Jahreshauptversammlung der Bereitschaftsdienstgemeinschaften PQ.West am 09.09.2003 hätten die anwesenden Ärzte einem Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe die Vorgehensweise "Beschlussfassungen für die verbleibende Zeit der Legislaturperiode bis 2004; Regularien" in seiner Sitzung am 24.09.2003 zugestimmt. In der ordentlichen Gründerversammlung der Gemeinschaftsdienstgemeinschaft am 15.01.2004 hätten die anwesenden Ärzte einen Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe in seiner Sitzung am 10.03.2004 einer Fusion der Bereitschaftsdienstgemeinschaft PQ.West und C. zugestimmt, ebenso habe er die in der Gründerversammlung gefassten Beschlussfassungen zustimmend zur Kenntnis genommen. In den Jahreshauptversammlungen am 05.10.2004, 08.11.2005, 08.11.2006 bzw. 30.10.2007 habe sich die Bereitschaftsdienstgemeinschaft für eine Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35% ausgesprochen. Der Vorstand habe den Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen am 17.03.2005, 30.01.2006, 21.12.2006 bzw. 28.01.2008 zugestimmt. Im Hinblick auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst TS. hätten die Ärzte der Dienstgemeinschaft in der Sitzung am 20.08.2003 dem Betriebskostenanteil in Höhe von 35% zugestimmt. Der Geschäftsausschuss habe der Beschlussfassung der Jahreshauptversammlung in seiner Sitzung am 26.11.2003 zugestimmt. In den Jahreshauptversammlungen am 30.11.2004, 07.12.2005, 01.11.2006 sei ebenfalls seitens der Ärzteschaft eine Zustimmung zu dem Abzug der Betriebskosten in Höhe von 35% erfolgt. Der Vorstand habe der Vorgehensweise der Beschlussfassungen der Jahreshauptversammlungen TS. am 19.04.2005, 30.01.2006 bzw. 18.12.2006 zugestimmt.
Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2008 die Klage erhoben. Er trägt vor, er habe für alle streitbefangenen Quartale nach Zustellung der Honorarbescheide Widerspruch gegen die Betriebskostenabgabe im ärztlichen Notdienst erhoben. Der bis zum 31.12.2002 erhobene Betriebskostenabzug vom 15% gelte für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Dem Geschäftsausschuss habe es an der Befugnis zur Festlegung eines Betriebskostenabzugs von 35% gefehlt. Der im September 2002 durch den Geschäftsausschuss festgesetzte Betriebskostenabzug von 15% für alle Notdienstgemeinschaften der Bezirkstelle TF. sei demgegenüber rechtmäßig und gelte in Ermangelung einer anderweitigen ordnungsgemäßen Festsetzung bis heute weiter. Die Notdienstgemeinschaften hätten die Betriebskostenabzüge nicht durch ordnungsgemäßen Beschluss auf 35% festgesetzt. Es seien nicht minimale Verfahrensstandards eingehalten worden. Das führe zu Unwirksamkeit der von den Notdienstgemeinschaften angeblich gefassten Beschlüsse. Auf den von den Beklagten verschickten Einladungen sei kein Tagesordnungspunkt enthalten gewesen, der eine vorgesehene Abstimmung über die Höhe der Betriebskostenabzüge hätte erkennen lassen. Eine förmliche Abstimmung über die Höhe der Betriebskosten unter Aufruf eines dafür vorher angesetzten Tagesordnungspunktes habe auf keiner der von der Beklagten genannten Jahreshauptversammlungen stattgefunden. Dies ergebe sich aus den Ausführungen der Beklagten selbst, in dem sie darauf hinweise, die Notdienstgemeinschaften hätten einem Betriebskostenabzug von 35% "zugestimmt". Eine förmliche Abstimmung sei danach nicht erfolgt. Eine bloße "Zustimmung" des Geschäftsausschusses oder des Vorstandes sei keine Genehmigung. Eine förmliche Mitteilung an die Dienstgemeinschaft oder insbesondere Hinterlegung dieser Genehmigung sei in allen Fällen unterblieben. Es fehle auch an einer Bekanntmachung als Wirksamkeitsvoraussetzung. Adressaten eines Beschlusses über die Höhe der Betriebskosten seien nicht nur die Mitglieder der Notdienstgemeinschaft selbst, sondern auch die diensttuenden Ärzte, die selbst oft nicht Mitglied der Notdienstgemeinschaft seien. Selbstverständlich sei es aber erforderlich, dass auch diesen einen genehmigter Beschluss über die Höhe der Betriebskosten zeitnah bekannt gemacht werde. In keiner der Notdienstgemeinschaften sei über die Höhe der Betriebskostenabgabe informiert worden. Eine Veröffentlichung der Beschlüsse habe nicht stattgefunden. Beschlüsse aus dem Jahr 2002 seien demgegenüber allen Ärzten bekannt gemacht worden. Exemplarisch weise er auf das Verfahren der Notdienstgemeinschaft UH. im Jahr 2005 hin. Aus der Einladung werde nicht ersichtlich, ob über den Tagungsordnungspunkt "Betriebskostenanteil dienstausübender Ärzte" eine Abstimmung vorgesehen sei oder nicht. Eine Abstimmung habe, wie aus dem Protokoll ersichtlich, nicht stattgefunden. Den Betriebskostenanteil für die dienstausübenden Ärzte in Höhe von 35% nehme die Versammlung, die in anderen Fällen abgestimmt habe, nur "zustimmend zur Kenntnis". Bestenfalls handele es sich um eine Genehmigung, aber keinesfalls um eine formale Abstimmung. Abstimmungen seien von der Beklagten auf einer örtlichen Notdienstversammlung vorgesehen gewesen, da die Beklagte bis zum Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.06.2008 der Ansicht gewesen sei, die Betriebskosten unabhängig von der Notdienstgemeinschaft festlegen zu können. Da die Beklagte von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Betriebskostenabzugs auf 35% ausgegangen sei, habe sie den Notdienstgemeinschaften auch suggeriert, dass sie auf ihren jährlichen abgehaltenen Versammlungen keine Möglichkeit hätten, über die Betriebskosten selbst zu entscheiden. Hilfsweise werde vorgetragen, dass die Erhebung eines Betriebskostenabzuges in den Notdienstgemeinschaften PQ.West und UH. von 35% schon deshalb rechtswidrig sei, weil dadurch gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen werde. Die Einnahmen hätten seit Einführung des Betriebskostenabzugs von 35% in eklatanter Weise die für den Betrieb des ärztlichen Notdienstes notwendigen Ausgaben übertroffen. Die fehlende Einlegung von Widersprüchen gegen die den Honorarbescheiden beiliegenden Kontoauszüge für die Quartale III/03, IV/03 und III/04 stehe nicht entgegen. Weder der Einbehalt als solcher noch die Kontoauszüge, die die Höhe des Betriebskostenabzuges auswiesen, seien Verwaltungsakte. Die Kontoauszüge seien den Honorarbescheiden lediglich beigelegen und seien nicht fest mit den Honorarbescheiden verbunden gewesen. Sachlich sei ein Kontoauszug vielmehr mit einem Kontokorrent nach § 355 HGB vergleichbar. Die in den anderen streitgegenständlichen Quartalen eingelegten Widersprüche seien rein vorsorglich erfolgt. Ein Anspruch auf Prozesszinsen stehe ihm gemäß § 291 BGB i. V. m. § 61 Satz 2 SGB X zu. Seinem Anspruch liege eine bezifferte Geldschuld zugrunde. Der auf Grund der rechtswidrigen Betriebskostenfestsetzung erfolgter Einbehalt von zu hohen Betriebskosten führe zu einem unmittelbaren Auszahlungsanspruch hinsichtlich des vorenthaltenen, bereits festgesetzten Honoraranspruchs. Die Höhe der Klageforderung ergebe sich aus der Rückzahlung von 20% des im ärztlichen Notdienst im Zeitraum vom Quartal III/03 bis einschließlich IV/07 von ihm insgesamt erwirtschafteten Umsatzes. In keiner Jahreshauptversammlung der betroffenen Bereitschaftsdienstgemeinschaften sei ein wirksamer Beschluss gefasst worden. Den Protokollen sei kein Abstimmungsprozess im Gegensatz zu Beschlussfassungen über andere Gegenstände zu entnehmen. Die lediglich zustimmende Zurkenntnisnahme resultiere noch aus der alten Notdienstordnung. Unzureichend seien auch die Einladungen zu den Jahreshauptversammlungen, da nicht ersichtlich werde, zu welchen Tagesordnungspunkten eine formale Abstimmung vorgesehen sei. Die Beschlüsse seien ihm gegenüber auch nicht bekannt gemacht worden. Auch aus diesem Grund seien sie ihm gegenüber nicht wirksam. Die Addition der Erstattungsbeträge über alle streitgegenständlichen Quartale ergebe den eingeforderten Gesamtbetrag von 175.154,83 Euro, den der Kläger mit Schriftsatz vom 02.11.2009 auf 174.870,75 EUR und mit Schriftsatz vom 12.01.2010 auf 174.852,71 EUR korrigiert hat.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2008 zu verurteilen, die den Quartalen III/03 bis einschließlich IV/07 zu viel eingehaltenen Betriebskosten aus dem ärztlichen Bereitschaftsdienst in Höhe von 20% des Notdienstumsatzes, zusammen 174.870,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die Klage sei bzgl. der Quartale III und IV/03 sowie III/04 wegen eines fehlenden Widerspruchs bereits unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Im Rahmen des Notdienstes unterliege der Kläger der Notdienstordnung. Der Kläger habe auch mit der Erklärung vom 30.09.2002 die Notdienstregelungen anerkannt. Das LSG Hessen habe nur beanstandet, dass der Geschäftsausschuss nicht anstelle der Versammlung der Notdienstgemeinschaft beschließen könne. In den hier streitgegenständlichen Quartalen lägen aber Beschlüsse der Versammlung der Notdienstgemeinschaft und die Genehmigungen vor. Lediglich in der Notdienstgemeinschaft UH. habe es für 2004 an einem Beschluss gefehlt. Die Teilabhilfe habe zu einer Nachvergütung von 10.134,10 EUR geführt. Eine Beschlussfassung könne auch durch eine zustimmende Erklärung der anwesenden Mitglieder zum Ausdruck gebracht werden. Die Beschlüsse hätten zu ihrer Wirksamkeit auch nicht dem Kläger zur Kenntnis gebracht werden müssen. Ein Zinsanspruch bestehe für Honorarzahlungen nicht. Die strittige Vergütung betrage insgesamt nur 174.519,26 EUR. Der Betriebskostenerstattungsbetrag von 26,17 EUR habe im Quartal III/04 nicht berücksichtigt werden können, weil es sich um Betriebskosten für das Quartal IV/03 gehandelt habe. Der Vortrag des Klägers zu zwei weiteren Teilbeträgen treffe ebf. nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist hinsichtlich der Quartale III/03, IV/03 und III/04 wegen Fehlen eines Vorverfahrens unzulässig.
Vor Erhebung der Anfechtungsklage bzw. auch der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 SGG) sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs. 1 SGG). Bzgl. der streitbefangenen Quartale III/03, IV/03 und III/04 fehlt es hieran.
Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 betrifft diese Quartale nicht, weil der Kläger gegen die Honorarbescheide für diese Quartale keinen Widerspruch eingelegt hat.
Eine Widerspruchseinlegung war aber erforderlich, weil es sich bei den Honorarbescheiden um Verwaltungsakte i.S.d. § 31 SGB X handelt.
Soweit die Beklagte im Verfügungssatz der Honorarbescheide zunächst nur das Brutto- bzw. Nettohonorar ohne Betriebskostenabzug festsetzt, wird diese Festsetzung durch den gleichzeitig mit übersandten Kontoauszug im Sinne einer Regelung ergänzt. Insofern handelt es sich nicht um eine bloße Aufrechnung i.S. eines Kontokorrents – hierfür würde es, da eine Festsetzung ansonsten nicht erfolgt, auch an einer aufrechenbaren Forderung fehlen -, sondern um eine weitere Teilregelung des Verwaltungsakts "Honorarbescheid". Es ist für den Vertrags- bzw. Notdienstarzt ohne weiteres erkennbar, dass die volle Festsetzung des Honorars ohne Betriebskostenabzug wenig sinnvoll ist und ihm der volle Betrag nicht zustehen kann. Soweit daher der Betriebskostenabzug als zu hoch angesehen wird, ist gegen den Honorarbescheid, ggf. beschränkt auf den Betriebskostenabzug, Widerspruch einzulegen. Insofern weicht der Sachverhalt von der Fallgestaltung, die SG Marburg, Urt. v. 09.11.2005 – S 12 KA 35/05 – zugrunde lag, ab. Im Übrigen kommt nach der Rechtsprechung des LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris den Kontoauszügen, die den Honorarbescheiden beigefügt werden und den Betriebskostenabzug im Rahmen einer Teilnahme am Notdienst der KV Hessen ausweisen, Verwaltungsaktqualität zu.
Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2008 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der Differenz zwischen den in den streitbefangenen Quartalen von der Beklagten einbehaltenen Betriebskostenanteilen in Höhe von 35 % und den von ihm geltend gemachten Betriebskostenanteilen in Höhe von 20 %. Die Klage war daher abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Betriebskostenabzugs ist Notdienstordnung der Beklagten, die Satzungsqualität hat. Für die Quartale bis Ende 2004 galt die ab 01.10.2002 gültigen Notdienstordnung, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I) (im Folgenden: NDO I). Für die Zeit danach galt die ab 01.01.2005 gültige Notdienstordnung, bekannt gegeben durch das Landesrundschreiben/Bekanntmachung der Beklagten vom 15.12.2004 (Anlage 1) (im Folgenden: NDO II). Nach beiden NDO galt folgende, erstmals mit der NDO I eingeführte Regelung:
Soweit die bei Betrieb von Notdienstzentralen und Notdienstleitstellen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind, sind für die Finanzierung des organisierten Notdienstes des Weiteren zu erheben:
a) ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils von mindestens 15 %, höchstens 35 %, bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare und im Falle einer weiteren Unterdeckung,
b) eine Umlage von allen der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten.
Art und Umfang der Umlage und des Betriebskostenabzuges sind von der Versammlung der Notdienstgemeinschaft festzulegen und – NDO I - von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. – NDO II - Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium genehmigen. Anstelle eines Betriebskostenabzuges nach Buchstabe a) ist es alternativ aufgrund der Entscheidung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft mit Zustimmung des – NDO I - Geschäftsausschusses der zuständigen Bezirksstelle bzw. – NDO II - Vorstandes oder einem von ihm beauftragten Gremiums möglich, für die Finanzierung des Notdienstes ausschließlich eine Umlage gemäß Buchstabe b) – nur NDO II - bei den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft zu erheben (vgl. § 8 Abs. 3 NDO).
Für die Mitglieder der örtlichen Notdienstgemeinschaft ist mindestens einmal jährlich eine Versammlung durchzuführen. Die im Rahmen dieser Versammlung von der Mehrheit der Notdienstgemeinschaft getroffenen Entscheidungen sind für alle Mitglieder der Notdienstgemeinschaft bindend, wenn eine schriftliche Einladung zu der jeweiligen Versammlung mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin, unter Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, erfolgt ist und in der Versammlung die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Entscheidung getroffen hat. Die organisatorische Abwicklung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft obliegt– NDO I - dem Notdienst-Obmann oder der für die Notdienstgemeinschaft zuständigen Bezirksstelle, die ebenfalls ein Einberufungsrecht für die Versammlung besitzt bzw. – NDO II - dem Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium, der bzw. das ebenfalls ein Einberufungsrecht für die Versammlung besitzt. Über das Ergebnis der Versammlung ist eine Niederschrift zu erstellen. Für den Ablauf der Versammlung gilt die Geschäftsordnung der Abgeordnetenversammlung (NDO II: Vertreterversammlung) der KV Hessen (§ 5 Abs. 5 NDO).
Ausgehend von der NDO sieht die Kammer die Notdienstgemeinschaften grundsätzlich als berechtigt an, den Betriebskostenanteil festzusetzen. Ein Geschäftsausschuss einer Bezirksstelle der KV Hessen hatte im November 2002 keine Normsetzungsbefugnis zur Festlegung eines Betriebskostenabzugs auf 35% für den Notdienst. Nach Erlass der Entscheidung des LSG Hessen, Urt. v. 18.06.2008 – L 4 KA 59/06 und L 4 KA 64/06 – aaO. ist dies zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist zwischen den Beteiligten insbesondere die Frage, ob in den noch strittigen Bereichen und Quartalen ein ausreichender und wirksam zustande gekommener Beschluss der jeweiligen Notdienstgemeinschaft vorliegt.
Die Kammer hält es für ausreichend, dass insofern eine eindeutige und bestimmte Willensäußerung der jeweiligen Notdienstgemeinschaft in Form ihrer Mitgliederversammlung vorliegt. Die förmlichen Anforderungen dürfen hierbei nicht überspannt werden. Eine Verbindlichkeit der Entscheidung setzt ferner voraus, dass eine schriftliche Einladung zur jeweiligen Versammlung mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin, unter Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, erfolgt ist und in der Versammlung die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Entscheidung getroffen hat. In der Einladung muss demnach klar hervorgehen, welche Art von Beschlüssen gefasst werden sollen, also insbesondere auch, dass über einen Betriebskostenabzug oder über dessen Höhe befunden werden soll. Nur dann ist das einzelne Mitglied der Notdienstgemeinschaft in der Lage zu entscheiden, ob er an der Versammlung teilnehmen will oder es unter Umständen hinnimmt, dass ein Beschluss ohne seine Mitwirkung gefasst wird, der ihn auch rechtlich bindet. Ferner sieht die Notdienstgemeinschaft vor, dass über das Ergebnis der Versammlung eine Niederschrift erstellt wird. Der Beschluss über Art und Umfang der Umlage ist weiter von dem Geschäftsausschuss der zuständigen Bezirksstelle bzw. des Vorstandes oder eines von ihm beauftragten Gremiums zu genehmigen. Dieser kommt eine Art Aufsichtsbefugnis zu, um zu überwachen, dass das Verfahren auch eingehalten wurde. Diese Regelung erscheint der Kammer durchaus sinnvoll zu sein, da die Notdienstgemeinschaft ausschließlich aus Ärzten besteht und durch die Genehmigungspflicht eine Kontrollmöglichkeit einer Stelle eingebaut wird, die grundsätzlich über weitergehende verfahrensrechtliche Kenntnisse verfügt und die auch Abstand hat zu möglicherweise bestehenden Auseinandersetzungen in einer einzelnen Notdienstgemeinschaft. Die Kammer sieht in dieser Verfahrensordnung ausreichende rechtsstaatliche Verfahrensstandards als gewahrt an. Die Genehmigung ist darüber hinaus förmlich der Notdienstgemeinschaft mitzuteilen und bei dem Geschäftsausschuss bzw. zukünftig bei dem Nachfolgegremium zu hinterlegen. Eine förmliche Hinterlegung erscheint der Kammer erforderlich zu sein, damit sichergestellt wird, dass der Geschäftsausschuss auch seiner Überwachungs- und Kontrollpflicht nachkommt. Insofern ist auch beim Geschäftsausschuss der Beschluss zu hinterlegen. Damit wahrt die Satzung hinreichend einen Minderheitenschutz durch diese Verfahrensstandards. (vgl. bereits zum Ganzen Urteil der Kammer v. 26.11.2008 - S 12 KA 963/06 – Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 121/08 -; v. 09.11.2005 – S 12 KA 35/05 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris (rechtskräftig nach Rücknahme der Berufung durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Hessen); Urteil v. 29.08.2007 - S 12 KA 575/06 - (rechtskräftig) www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; vgl. ferner Urteil v. 30.08.2006 – S 12 KA 261/05 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen für alle noch strittigen Festsetzungen der Betriebskostenanteile eine wirksame Rechtsgrundlage bzw. wirksame Beschlüsse der Notdienstgemeinschaften vor. Im Einzelnen handelt es sich nach den in der Verwaltungsakte befindlichen bzw. von der Beklagten nachgereichten Unterlagen um folgende Einladungen, Beschluss-Protokolle und Stellungnahmen des Geschäftsausschusses bzw. des Vorstandes:
PQ.West Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
11.08.2003 3.1 Erhöhung des Betriebskostenanteils auf 35 % 09.09.2003 3.1 Erhöhung des Betriebskostenanteils auf 35 % zustimmend zur Kenntnis 24.09.2003
14.11.2003 3.5 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 15.01.2004 3.4 nehmen die Regelungen über den einheitlichen Betriebskostenanteil in Höhe von 35 % gemäß neuer Notdienstordnung zur Kenntnis 10.03.2004
16.08.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 05.10.2004 3.4 stimmt zu, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 17.03.2005
10.10.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 08.11.2005 3.3 stimmt zu, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 30.01.2006
29.09.2006 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 08.11.2006 3.3 bestätigt den Betriebskostenanteil von 35 % 21.12.2006
25.09.2007 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 30.10.2007 3.3 bestätigt den Betriebskostenanteil von 35 % 28.01.2008
UH. Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
23.08.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 23.09.2004 3.4 Zustimmung, den Betriebskostenanteil von 35 % beizubehalten 06.11.2004
17.10.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 22.11.2005 3.3 35 % zustimmend zur Kenntnis 17.01.2006
03.11.2006 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 29.11.2006 3.4 Zustimmung der Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35 % 01.02.2007
29.10.2007 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 28.11.2007 3.3 Zustimmung der Beibehaltung des Betriebskostenanteils von 35 % Hohe Betriebsmittelrücklage 11.02.2008
TS. Einladung Beschluss- Protokoll Betriebskostenanteil Geschäftsausschuss bzw. Vorstand
11.07.2003 3.5 20.08.2003 3.5 35% zustimmend zur Kenntnis 26.11.2003
01.11.2004 3.4 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 30.11.2004 3.4 35 % zustimmend zur Kenntnis 08.02.2005
02.11.2005 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 07.12.2005 3.3 35 % zustimmend zur Kenntnis 19.01.2006
04.10.2006 3.3 Betriebskostenanteil dienstausübende Ärzte 01.11.2006 3.3 35 % zur Kenntnis 18.12.2006
In allen Einladungen wird auf den Betriebskostenanteil hingewiesen. Alle Beschluss- Protokolle enthalten entsprechende Beschlussfassungen. Ebenso liegen die Genehmigungen des Geschäftsausschusses bzw. Vorstandes vor. Die Kammer hält es dabei für ausreichend, dass in der Regel lediglich festgehalten wird, die Notdienstgemeinschaft nehme einen 35%-Anteil zustimmend zur Kenntnis. Entscheidend war für die Kammer, dass insofern eine eindeutige Willensäußerung der Notdienstgemeinschaft vorlag. Dies gilt auch noch für den Beschluss der Notdienstgemeinschaft PQ.West vom 15.01.2004. Im Protokoll heißt es hierzu: "Die Anwesenden nehmen die Regelungen über die Sockelbeträge und den einheitlichen Betriebskostenanteil in Höhe von 35 % gemäß neuer Notdienstordnung zur Kenntnis." Insofern wird in der Protokollüberschrift mit "3.4 Bestätigung Pauschalen/Sockelbeträge" noch hinreichend klargestellt, dass es nicht eine bloß rezipierende, sondern aktive, eben bestätigende und damit zustimmende Kenntnisnahme handelt. Gleiches gilt für den Beschluss der Notdienstgemeinschaft TS. vom 01.11.2006. Im Protokoll heißt es hierzu: "Die Bereitschaftsdienstgemeinschaft nimmt den Betriebskostenanteil von 35 % zur Kenntnis (Folie 18)." Dies muss aber vor dem Hintergrund der jeweiligen Zustimmung in den Vorjahren gesehen werden.
Die Formulierungen der Zurkenntnisnahme bzw. zustimmenden Zurkenntnisnahme mögen der seinerzeit bei der Beklagten vorherrschenden Auffassung geschuldet sein, dass der Geschäftsausschuss zur Vorgabe der abzugsfähigen Betriebskostenanteile berechtigt gewesen war und mit der Notdienstgemeinschaft nur ein Benehmen hergestellt werden müsse. Insofern kommt es aber nicht auf die Auffassung des einzelnen Mitglieds der Notdienstgemeinschaft an, der bei der Abstimmung nur seinem Gewissen verantwortlich ist. Entscheidend war vielmehr, dass jeweils eine hinreichend eindeutige Willensäußerung der Versammlung der Notdienstgemeinschaft vorlag.
Für eine förmliche Bekanntmachung der Beschlüsse sieht die Kammer die Versendung an die Mitglieder in Form der Zusendung des Protokolls als ausreichend an. Nichtmitglieder der Notdienstgemeinschaft, also Vertragsärzte aus anderen Bereichen oder nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte, sind nicht unmittelbare Adressaten der Beschlüsse. Sie sind nur mittelbar betroffen, als für sie diese Regelungen ebf. gelten, da ihre Vergütung sich nach der Vergütung für die Vertragsärzte richtet.
Wie mit dem Kläger in der mündlichen Verhandlung erörtert, war sowohl ihm als auch den übrigen Teilnehmern in den hier noch streitbefangenen Quartalen bekannt, dass der abzuführende Betriebskostenanteil 35 % betrug. Unklarheiten mögen allenfalls Ende 2002 bzw. im ersten Quartal des Jahres 2003 noch bestanden haben. Damit scheiden Gesichtspunkte eines Vertrauensschutzes aus.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass die Erhebung eines Betriebskostenabzuges in den Notdienstgemeinschaften PQ.West und UH. von 35% schon deshalb rechtswidrig sei, weil dadurch gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen werde, vermochte dem die Kammer nicht zu folgen. Abgesehen von einer Substantiierung dieses Vortrags hält die Kammer es für zulässig, anders als bei Erhebung von Umlagen, bei der Festsetzung des Betriebskostenanteils vom Kostendeckungsprinzip abzusehen, jedenfalls kommt dem Satzungsgeber sowie der Notdienstgemeinschaft ein höherer Gestaltungsspielraum zu und kann der Betriebskostenanteil an allgemeinen Praxiskosten, die durchschnittlich jedenfalls über 35 % liegen, orientiert werden. Hinzu kommt, dass eine Rechtsverletzung eines evtl. Verstoßes gegen das Kostendeckungsprinzip nur von den Mitgliedern der Notdienstgemeinschaft geltend gemacht werden kann. Anders als die Nichtmitglieder sind diese verpflichtet, am Notdienst zu den festgelegten Bedingungen teilzunehmen. Nichtmitglieder trifft eine solche Verpflichtung nicht. Soweit für sie die Dienste nicht wirtschaftlich erscheinen, können sie von einer Teilnahme am Notdienst absehen. Die Notdienstgemeinschaft muss dann u. U. die Anreize durch Senkung des Betriebskostenanteils heben oder ihre Mitglieder müssen in höherer Frequenz selbst den Notdienst verrichten. Kann die Notdienstgemeinschaft nicht wirtschaftlich geführt werden, so muss ggf. eine Umlage erhoben bzw. die Umlage erhöht werden. Die Mitglieder der Notdienstgemeinschaft tragen insoweit ausschließlich das wirtschaftliche Risiko der Notdienstgemeinschaft, was letztlich aus der vertragsärztlichen Zulassung mit der Verpflichtung zur Versorgung auch in den sprechstundenfreien Zeiten folgt. Daraus folgt für die Kammer, dass sich die Nichtmitglieder einer Notdienstgemeinschaft nicht auf die Unzulässigkeit der Höhe eines Betriebskostenanteils berufen können.
Wegen eines fehlenden Hauptanspruchs besteht auch schon kein Anspruch auf Prozesszinsen.
Nach allem war die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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