L 29 B 1062/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1376/06 ER Potsdam
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 1062/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 25. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der vollen Wohnungskosten in Höhe von 343,52 EUR monatlich.

Die Antragstellerin erhält von dem Antragsgegner seit Februar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im August 2005 beantragte sie unter Beifügung eines entsprechenden Wohnungsangebotes der G G W mbH N vom 16. August 2005 die Zustimmung zu einer Anmietung einer 49,31 m² großen Wohnung in der H Straße in N mit einem monatlichen Gesamtmietzins in Höhe von 352,57 EUR. Auf dem in den Verwaltungsakten des Antragsgegners befindlichen schriftlichen Wohnungsangebot der G befindet sich ein Vermerk in grüner Schrift vom 16. August 2005: "LE würde Miete oberhalb der ang. Kosten selbst tragen." Mit Schreiben vom 2. September 2005 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin ergänzend u.a. mit, dass das Wohnungsangebot nach den Richtlinien des Landkreises H zu teuer sei. In den Verwaltungsakten des Antragsgegners ist ein weiterer Vermerk über eine Vorsprache der Antragstellerin vom 8. September 2005 enthalten, in dem u.a. ausgeführt wird: " nach RS mit TL kann Zustimmung erfolgen. Kostenübernahme entspr. RL LK HVL, Nachweis – Kostenübernahme der restl. KdU durch LE."

Im September 2005 erteilte daraufhin der Antragsgegner schriftlich seine Zustimmung zu Anmietung der beantragten Wohnung mit der Maßgabe, dass als maximal angemessene Miethöhe 245,00 EUR für die Kaltmiete und Betriebskosten ohne Heizkosten und an Heizkosten maximal 45,00 EUR monatlich übernommen werden könnten. Der übersteigende Betrag der Kosten der Unterkunft sei von der Antragstellerin selbst zu tragen. Ein Nachweis sei in regelmäßigen Abständen zu erbringen. Auf dem an die Antragstellerin gerichteten entsprechenden Schreiben des Antragsgegners befindet sich unter dem Datum "12.9.05" die Unterschrift der Antragstellerin.

Die Antragstellerin mietete die Wohnung in der H Straße in N zum 01. Dezember 2005 zu einem Mietzins in Höhe von 352,57 EUR an und verzog in diese Wohnung. Von Dezember 2005 bis einschließlich Juni 2006 zahlte der Antragsgegner Kosten der Unterkunft in monatlicher Höhe von 343,52 EUR.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2006 bewilligte der Antragsgegner nur noch monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 286,25 EUR. Auf den Widerspruch der Antragstellerin hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. Juli 2006 diesen Bescheid auf und bewilligte mit Bescheid vom 13. Juli 2006 für den Zeitraum von Juli 2006 bis zum 31. Oktober 2006 monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 727,52 EUR unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 343,52 EUR. Mit Schreiben vom 12. Juli 2006 wies der Antragsgegner jedoch darauf hin, dass er die Kosten der Unterkunft nur noch bis zum 31. Oktober 2006 in ungeminderter Höhe zahlen werde. Ab dem 01. November 2006 würden nur noch 245,00 EUR monatlich an Kosten der Unterkunft ohne Heizkosten übernommen.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 24. August 2006 bei dem Sozialgericht Potsdam eine einstweilige Anordnung beantragt. Sie ist der Ansicht, ihr seien auch weiterhin die ungeminderten Kosten der Unterkunft zu zahlen, da sie die Differenz in Höhe von ca. 65,00 EUR monatlich nicht tragen könne.

Das Sozialgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 25. September 2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle bereits an einem Anordnungsgrund, da die Antragstellerin nach wie vor bis zum 31. Oktober 2006 die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe erhalte. Eine Kostenabsenkung ab dem 01. November 2006 sei nicht im Rahmen dieses Eilverfahrens zu regeln. Diesbezüglich habe erst eine Entscheidung durch den Antragsgegner zu erfolgen.

Gegen den der Antragstellerin am 04. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat diese am 18. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht Potsdam hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Bescheid vom 14. November 2006 hat der Antragsgegner ab dem 01. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 670,25 EUR bewilligt, wobei lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von 286,25 EUR berücksichtigt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Eine einstweilige Anordnung darf nur ergehen, wenn der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG , § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ). Auch im Beschwerdeverfahren sind maßgebend die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Vorliegend scheitert das Begehren bereits am fehlenden Anordnungsgrund.

Wie das Sozialgericht Potsdam in seinem Beschluss zutreffend festgestellt hat , ist dem Antrag vom August 2006 bereits deshalb kein Eilbedürfnis beizumessen, weil die Antragstellerin bis einschließlich Oktober 2006 noch die Kosten der Unterkunft in voller Höhe erhielt.

Soweit die Antragstellerin nunmehr nach dem Bescheid vom 14. November 2006 ab November 2006 nur noch Kosten der Unterkunft in Höhe von 286,25 EUR erhält, führt auch dies nicht zur Begründetheit der Beschwerde. Denn Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren ist lediglich der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 25. September 2006 zum Antrag der Klägerin vom August 2006. Wie bereits dargestellt, ist dieser Beschluss nicht zu beanstanden, da zum Zeitpunkt der Entscheidung (25. September 2006) bereits kein Anordnungsgrund vorlag. Der Bescheid vom 14. November 2006 führt nicht zu einer anderen Rechtslage, da er nicht Gegenstand des Verfahrens entsprechend § 96 SGG wurde, denn durch diesen Verwaltungsakt wurde die Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum von Juli bis einschließlich Oktober 2006 weder geändert noch ersetzt. Für diesen Zeitraum verblieb es bei den ursprünglich bewilligten 727,52 EUR monatlich.

Selbst wenn jedoch der Bescheid vom 14. November 2006 als verfahrensgegenständlich betrachtet würde und damit auch über die Kosten der Unterkunft ab November 2006 zu befinden wäre, so führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Es kann dahinstehen, ob nach der früheren Erklärung der Antragstellerin im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur Wohnungsanmietung ein Anordnungsanspruch noch denkbar ist oder insoweit von einem Leistungsverzicht seitens der Antragstellerin auszugehen ist. Nach ihrer damaligen Erklärung war sie bereit, die Differenz zwischen den angemessenen und den tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen und sah sich hierzu auch finanziell in der Lage. Nur mit dieser Maßgabe wurde die Zustimmung zur Anmietung der Wohnung durch den Antragsgegner erteilt.

Auch wenn diese Erklärung nicht als Verzicht betrachtet würde, so ergibt sich aus ihr jedoch eine fehlende Eilbedürftigkeit und damit kein glaubhaft gemachter Anordnungsgrund. Denn ihre heutige Behauptung der fehlenden Leistungsfähigkeit steht im Widerspruch zu ihrer früheren Erklärung und kann deshalb nicht überzeugen. Vielmehr erscheint die Leistungskürzung im Hinblick auf die frühere Erklärung der Antragstellerin zumindest bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache als hinnehmbar.

Darüber hinaus darf im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich keine Vorwegnahme der Hauptsache erfolgen. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 12. Mai 2005 ausgeführt hat (1 BvR 569/05 - in Breithaupt 2005, 803 und in info also 2005, 166), begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache lediglich Leistungen mit einem Abschlag zuzusprechen. Das BVerfG verwies insoweit auf das Sozialgericht Düsseldorf (in NJW 2005, Seite 845, 847), das zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache die zu zahlenden Leistungen auf 80 % begrenzt hatte. Eine Kürzung um 20 % ist daher grundsätzlich bis zur Durchführung des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen.

Vorliegend wurden die Leistungen an die Antragstellerin von insgesamt 727,52 EUR auf 670,25 EUR monatlich reduziert. Dies führt zu einer Reduktion um 57,25 EUR oder umgerechnet rund 8 %. Eine solche Kürzung um 8 % ist zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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