S 8 (9) U 70/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (9) U 70/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 163/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, wie lange und in welcher Höhe dem Kläger aufgrund des Unfalls vom 02.04.2008 Verletztengeld zusteht.

Der am 00.00.00 geborene Kläger, ein bei der Beklagten als Unternehmer versicherter Fleischermeister, erlitt am 02.04.2008 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich den linken Daumen in einer Fahrzeugtür quetschte. Im Durchgangsarztbericht von Dr. Z. vom Unfalltag wurde Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 09.04.2008 attestiert.

Die Behandlung erfolgte im H.-J.-Krankenhaus, wo der Kläger am 08.04.2009 wegen einer Knie-TEP stationär aufgenommen wurde. Die Beklagte zog einen Reha-Entlassungsbericht der Orthopädischen Fachklinik K. in Bad N.-A. betreffend einen Aufenthalt vom 30.05.2008 bei ("frische, jedoch abgeheilte Risswunde am linken Daumen palmarseitig, Linker Daumenendgelenk E/F 0/0/40, Flaschengriff kraftvoll, Oppositionsbewegung frei, Wunde reizlos abgeheilt), weiterhin einen speziellen Befundbericht des dortigen Orthopäden Dr. K. vom 11.06.2008 (nach Entlassung aus der Reha am 30.05.2008 keine Arbeitsunffähigkeit aufgrund der Daumenverletzung mehr) sowie einen weiteren Befundberichte des H.-J. Krankenhauses vom 04.06.2008 (bei klinischer Untersuchung am 03.06.2008 reizlos verheilte Wunde, endgradig eingeschränkte Beweglichkeit) bei.

Mit Schreiben vom 09.06.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das Verletztengeld werde auf Grundlage der seit dem 16.01.2008 bestehenden Mindestversicherungssumme von 23.856.- Euro erfolgen. Eine Zusatzversicherung mit einer Summe von 72.000.- Euro sei nicht zu berücksichtigen, da sie wegen Zahlungsverzug gem. § 44 Abs. 4 der Satzung der Beklagten mit Ablauf des 15.01.2008 erloschen sei. Die Versicherung habe ab dem 04.05.2007 bestanden und am 16.07.2007 außer Kraft gesetzt worden, da der Kläger den Jahresbeitrag für 2006 nicht gezahlt habe. Auf Antrag des Klägers vom 31.07.2007 sei dann eine Wiedereintragung der Zusatzversicherung erfolgt. Der am 15.11.2007 fällige zweite Beitragsvorschuss für 2007 (i.H.v. 332.- Euro) sei zunächst am Fälligkeitstag eingezogen, dann jedoch am 20.11.2007 wegen Widerspruch rückbelastet worden. Auch eine Beitreibung der Beiträge durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen sei nicht möglich gewesen, denn erst durch Urteil des SG Aachen vom 17.01.2008 (mithin mehr als zwei Monate nach Fälligkeit des Vorschusses) sei eine Leistungspflicht der Beklagte festgestellt worden. Die Beiträge für 2007 seien dann im März 2008 vereinnahmt worden, einen neuen Antrag auf Zusatzversicherung habe der Kläger jedoch nicht gestellt.

Auf Antrag des Kläger gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2008 zunächst Verletztengeld i.H.v. kalendertäglich 53,01 Euro für die Zeit vom 02.04.2008 bis zum 02.05.2008 unter Zugrundelegung einer Versicherungssumme von 23.856.- Euro. Weiterhin rechnete sie in Höhe von 226,25 Euro auf.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte aus, es müsse die Versicherungssumme von 72.000.- Euro zugrundegelegt werden. Der Widerspruch gegen den Einzug vom 15.11.2007 sei rechtens gewesen, da er zum damaligen Zeitpunkt einen (vom SG Aachen später zugesprochenen) Anspruch auf Verletztengeld wegen des Unfalls vom 29.07.2006 i.H.v. 1760.- Euro gehabt habe. Außerdem habe er am 20.02.2008 erklärt, die Beklagte dürfe den seinerzeit bestehenden Beitragsrückstand mit einem eventuell zustehenden Verletztengeld wegen des Arbeitsunfalls vom 29.07.2006 in voller Höhe "verrechnen". Zugleich habe er in einem handschriftlichen Zusatz auf dem entsprechenden Vordruck der Beklagten darum gebeten, beim Ausgleich des Beitragsrückstandes auch die Zusatzversicherung wieder in Kraft zu setzen. Weiterhin sei er nicht nur bis zum 02.05.2008, sondern bis zum 29.05.2009 arbeitsunfähig gewesen.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. W. bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2008 Verletztengeld für die Zeit vom 02.04.2008 bis zum 30.05.2008 wiederum unter Zugrundelegung einer Versicherungssumme von 23.856.- Euro und unter Aufrechnung i.H.v. weiteren 234,36 Euro. Mit Bescheid vom 28.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der vom Kläger auf den 20.02.2008 datierte Antrag auf Höherversicherung liege nicht vor.

Hiergegen richtet sich die am 29.09.2009 erhobene Klage.

Der Kläger führt aus, die Arbeitsunfähigkeit habe tatsächlich bis zum 03.06.2008 gedauert, wie sich aus dem Befundberichte des H.-J.-Krankenhauses vom 04.06.2008 ergebe. Die Versicherungssumme von 72.000.- Euro sei zugrundzulegen, weil der Beitragsrückstand nach dem 15.11.2007 nur dadurch entstanden sei, dass die Beklagte den Verletztengeldanspruch für die Zeit vom 29.07.2006 bis zum 08.08.2006 nicht rechtzeitig erfüllt habe. Den Antrag auf Fortführung der Zusatzversicherung habe der Kläger bereits am 20.02.2008 per Fax bei der Beklagten gestellt, wie ein Faxsendebericht vom selben Datum beweise. Im Übrigen müsse dieses Schreiben bei der Beklagten auch eingegangen sein, da sie sonst (ohne schriftlich erklärtes Einverständnis des Klägers) nicht zu der anschließend vorgenommenen Aufrechnung berechtigt gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.06.2008 in der Fassung des Bescheides vom 22.07.2008 und des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2008 zu verurteilen, ihm Verletztengeld wegen des Arbeitsunfalls vom 02.04.2008 für die Zeit vom 02.04.2008 bis zum 03.06.2008 unter Zugrundelegung einer Versicherungssume von 72.000.- Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt zur Frage des Arbeitsunfähigkeitszeitraums aus, ein Anspruch über 02.05.2008 hinaus sei nicht Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2008 gewesen, denn gegen den hierzu ergangenen Bescheid vom 22.07.2008 habe weder der Kläger Widerspruch erhoben noch habe dieser Bescheid den Bescheid vom 18.06.2008 abgeändert oder ersetzt. Aber auch der Sache nach bestehe insoweit kein Anspruch, denn im Bericht des H.-J.-Krankenhauses werde der Abschluss der Heilbehandlung auf den 03.06.2008 datiert, was nicht zwingend mit dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen sei. Insbesondere habe Dr. Z. in diesem Bericht erklärt, nach allgemeiner unfallchirurgischer Erfahrung habe Arbeitsfähigkeit bereits am 12.05.2008 eintreten müssen. Auch aus dem Reha-Entlassungsberichts der Fachklinik K. ergebe sich, dass über den 30.05.2008 hinaus keine durch die Daumenverletzung bedingte Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe. Zur Frage der Zusatzversicherung führt die Beklagte aus, der Wegfall der Zusatzversicherung sei mit bestandskräftigem Verwaltungsakt vom 22.01.2008 festgestellt worden (in dem der Kläger zugleich auf das Erfordernis eines schriftlichen Antrags auf eine eventuelle Fortführung der Zusatzversicherung hingewiesen worden sei). Abgesehen davon hätten auch im Streit stehende Leistungsansprüche den Kläger nicht zur Zurückbehaltung seiner Beiträge berechtigt. Die bloße Möglichkeit einer Aufrechnung gegen den Beitragsanspruch könne nicht zur Suspendierung der Zahlungspflicht führen, wenn § 86a Abs. 2 Nr. 1 2.Alt Sozialgerichtsgesetz (SGG) dergleichen noch nicht einmal im Fall von Widerspruch und Anfechtungsklage vorsehe. Die Behauptung des Klägers, er habe am 20.02.2008 (durch Zusatz auf dem Vordruck) einen Antrag auf Fortführung der Zusatzversicherung vom 20.02.2008 gestellt, sei nachweislich falsch: Zunächst könne der Kläger dieses Schreiben nicht am 20.02.2008 unterzeichnet und am selben Tag um 12:32 Uhr per Fax an die Beklagte übersandt haben haben, da es vom Sachbearbeiter der Beklagten erst am 20.02.2008 gefertigt und zur Übersendung per Brief in den internen Postlauf gegeben worden sei. Zwar seien am 20.02.2008 zwei Seiten vom Fax des Klägers an die Faxnummer der Abteilung Mitgliedschaft und Beitrag (nicht der Abteilung Rehabilitation wie im Schreiben vom 20.02.2008 angegeben) erfolgt, hierbei habe es sich jedoch ausweislich des Faxstempels um eine Erklärung der Abrechnung der Beiträge des Ehegatten gehandelt sowie um Angaben zum Lohnnachweis für 2007. Sodann habe der Kläger ausweislich eines Aktenvermerks am 22.02.2008 in einem Telefonat mit der Beklagten bestritten, dass überhaupt Beitragsrückstände bestünden. Dies passe nicht zu dem angeblich am Vortag erklärten Einverständnis mit einer Aufrechnung. Die Aufrechnung in beiden Leistungsbescheiden beruhe darauf, dass der Kläger sich in einem Telefonat vom 13.05.2008 mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte, die drei beigezogene Verwaltungsakten (betreffend den Unfall vom 02.04.2008, betreffend den Unfall vom 29.07.2006 sowie Beitragsakte) sowie die beigezogenen Gerichtsakten S 9 U 90/06 und S 15 KR 30/08 Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch die angegriffenen Entscheidungen nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Verletztengeld - weder wegen einer längeren Arbeitsunfähigkeit (hierzu 1.) noch unter Zugrundelegung einer höheren Versicherungssumme (hierzu 2.) noch unter Außerachtlassung der Aufrechnung (dazu 3.).

Streitgegenstand ist ein Anspruch des Klägers auf Verletztengeld wegen des Arbeitsunfalls vom 02.04.2008 für den Zeitraum vom 02.04.2008 bis einschließlich 03.06.2008. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, der Bescheid vom 22.07.2008 sei nicht mitangefochten, da er den Bescheid vom 18.06.2008 nicht i.S.d. § 86 SGG abgeändert oder ersetzt habe, folgt das Gericht dem nicht. Durch einen anderen ersetzt wird ein Verwaltungsakt, wenn der neue Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt und die Beschwer des Betroffenen vermehrt, bestätigt oder in geringerem Umfang beibehält (BSG, Urteil vom 14.12.1989, 7 RAr 62/87, juris, Rn. 18). Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.07.2008 ausdrücklich auch über die (bereits im Bescheid vom 18.06.2008 geregelten) Ansprüche für den Zeitraum vom 02.04.2008 bis zum 02.05.2008 entschieden, so dass die erforderliche teilweise Kongruenz der Bescheidungsgegenstände (zu diesem Erfordernis Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 86, Rn. 3) vorliegt.

1.) Ein höherer Verletztengeldanspruch aufgrund einer über den 30.05.2008 hinaus andauernden unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit besteht nicht.

a) Ein Anspruch auf Verletztengeld setzt gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), der im vorliegenden Fall gem. § 45 Abs. 1 der Satzung der Beklagten auch auf den Kläger als Unternehmer Anwendung findet, voraus, dass der Versicherte inolge des Versicherungsfalles arbeitsunfähig ist. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte der vor dem Versicherungsfall zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht nachgehen kann (vgl. zum Ganzen Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., 2009, § 45, Rn. 6).

b) Ein solcher Zustand ist im vorliegenden Fall nur für den Zeitraum bis zum 30.05.2008 bewiesen, für den die Beklagte den Anspruch auch mit Bescheid vom 22.07.2008 anerkannt hat. Dies ergibt sich aus denjenigen medizinischen Feststellungen im Reha-Entlassungsbericht der Orthopädischen Fachklinik K., dem Befundbericht von Dr. K. und dem Befundberichte des H.-J.-Krankenhauses vom 04.06.2008. Die ausdrückliche Feststellung des Dr. K. in seinem Bericht vom 11.06.2008, es habe nach Entlassung aus der Reha am 30.05.2008 keine Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Daumenverletzung mehr bestanden, wird durch hierzu erhobenen Befunde untermauert: Laut dem Reha-Entlassungsbericht bestand zuletzt eine reizlos abgeheilte Risswunde am linken Daumen palmarseitig, die Beweglichkeit des linken Daumenendgelenks lag bei 0/0/40, es gelang ein kraftvoller Flaschengriff und die Oppositionsbewegung war frei möglich. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger als arbeitsunfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme entlassen worden ist, denn die Maßnahme erfolgte aufgrund eines weit gravierenden Eingriffs (einer Knie-TEP). Am 03.06.2008 (d.h. an dem Tag, bis zu dem der Kläger von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgeht) war nur die Beugung im Daumenendgelenk endgradig eingeschränkt, das Bewegungsausmaß betrug 0/0/45. Die Beweglichkeit im Daumengrundgelenk war frei und die Abspreizfähigkeit nicht beeinträchtigt.

2.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Verletztengeld unter Zugrundelegung auch der Zusatzversicherung.

a) Die Höhe des Anspruchs auf Verletztengeld beträgt für einen bei der Beklagten versicherten Unternehmer gem. § 45 Abs. 3 der Satzung der Beklagten für jeden Tag der durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit den 450. Teil des Jahresarbeitsverdienstes, mit dem der Unternehmer versichert ist. Als Jahresarbeitsverdienst (Versicherungssumme) für die Berechnung der Geldleistungen gilt in der Versicherung der Unternehmer und ihrer im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten ein Betrag von 80 Prozent der in § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) geregelten jeweiligen Bezugsgröße (§ 43 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten). Die Beklagte hat jedoch auf schriftlichen Antrag eine höhere Versicherungssumme zugrundezulegen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten). Eine solche Zusatzversicherung hat während des streitgegenständlichen Zeitraums und insbesondere im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls nicht bestanden.

b) Die Zusatzversicherung endete kraft des Bescheides vom 22.01.2008 mit Ablauf des 15.01.2008.

aa) Das Gericht braucht die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides nicht zu prüfen, da er mit fruchtlosem Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftig geworden und somit der weiteren gerichtlichen Prüfung zugrundezulegen ist (§ 77 SGG). Es ist weder ersichtlich, dass der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hat noch sind Gründe dafür erkennbar wieso der Bescheid - die Bindungswirkung ausschließend - nichtig sein sollte.

bb) Der Vollständigkeit halber sei der Kläger in diesem Zusammenhang jedoch auf Folgendes hingewiesen: Seine substantiiert dargetane Rechtauffassung, wonach sich die Beklagte im Ergebnis nicht auf ihre eigene Untätigkeit bei der Gewährung von Verletztengeld wegen des Unfalls vom 29.07.2006 berufen könne, würde - worauf die Beklagte völlig zutreffend hinweist - voraussetzen, dass er wegen des offenen Verletztengeldes berechtigt war, den am 15.11.2007 fälligen Beitrag zurückzubehalten. Hierfür ist jedoch keine Grundlage ersichtlich. Dass der Streit über Leistungsansprüche nicht den Bestand der Beitragsforderung berührt, bedarf keiner näheren Darlegungen. Insbesondere berechtigt er aber auch nicht im Sinne einer dilatorischen Einrede dazu, die Beiträge nicht zu zahlen. Wann fällige Beiträge nicht gezahlt zu werden brauchen, ergibt sich auch im Bereich der Gesetzlichen Unfallversicherung aus § 76 SGB IV. Insgesamt stehen Beiträge und Leistungen nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis derart, dass die Leistungsverweigerung seitens des Versicherungsträgers auch den Versicherten zur Beitragsverweigerung berechtigt. Andernfalls wäre jedem Beitragspflichtigen ein probates Mittel an die Hand gegeben, durch Verfolgung von Leistungsanträgen eine gesetzlich nicht vorgesehene Stundung der Beiträge zu erreichen.

c) Der Kläger hat auch jedenfalls vor dem Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums keinen Antrag mehr auf Fortführung der Zusatzversicherung gestellt. Seine Behauptung, er habe das entsprechende Schreiben am 20.02.2008 per Fax an die Beklagte gesandt, ist nicht bewiesen. Der Faxsendebericht vom 20.02.2008, auf den er sich im wesentlichen bezieht, beweist lediglich, dass - im Übrigen von einem dort nicht bezeichneten Anschluss - ein Fax an die Nummer 06131 - 785751 gesandt worden ist. Zum Inhalt dieses Faxes enthält der Bericht keine Angaben; es handelt sich insbesondere nicht um einen Sendebericht, auf dem zumindest der obere Teil des gesendeten Schreibens erkennbar ist. Im Übrigen hat die Beklagte überzeugend dargelegt, dass das aus zwei Seiten bestehende Fax des Klägers einen anderen Inhalt hatte als von ihm behauptet.

3.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf ungeminderte Auszahlung des Verletztengeldes ohne Aufrechnung. Eine Prüfung der Aufrechnungsvoraussetzungen nach § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) kann unterbleiben, da der Kläger die Beklagte telefonisch am 13.05.2008 selbst darum gebeten hat, eventuelle Beitagsrückstände mit dem Verletztengeld zu berechnen. Er hat diese Äußerung nicht bestritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Über die Zulassung der Berufung war nicht zu entscheiden. Entsprechend den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung hätte der Kläger im Obsiegensfall Anspruch auf ein höheres Verletztengeld von ungefähr 100.- Euro pro Tag gehabt, so dass die Wertgrenze aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG deutlich überschritten ist.
Rechtskraft
Aus
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