Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2621/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2894/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 in Rumänien geborene Kläger hat dort eine Tischler-Ausbildung absolviert und in diesem Beruf sowie später ab 1980 im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 11. Mai 1990 ist von Oktober 1991 bis Mai 1993 eine Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel im Wege der betrieblichen Umschulung erfolgt. Danach war der Kläger, mit Ausnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 1. September bis 31. Dezember 1993 arbeitslos. Vom 25. März bis 23. Oktober 1996 erfolgte zu Lasten des Arbeitsamtes eine Bildungsmaßnahme "Theorie und Praxis für Büro und Verwaltung". Im Anschluss daran war der Kläger bis zum 30. Juni 1997 als kaufmännischer Sachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war der Kläger wieder arbeitslos bzw. geringfügig beschäftigt. Nach seinen Angaben nahm er sodann zu Beginn des Jahres 2000 an einem Buchhalterkurs teil, welchen er nach drei Monaten aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beenden musste. Vom 1. Oktober 2000 bis zu der am 23. Januar 2001 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit war der Kläger über eine Zeitarbeitsfirma als Buchhalter tätig.
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter psychischen Beschwerden und einer somatoformen Störung.
Nachdem sie ihm zuvor mit Bescheiden vom 11. Februar 2003, 12. Januar 2005 und 10. Juli 2006 ab 1. Februar 2003 - jeweils befristet - Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hatte, zuletzt bis 31. Oktober 2006, lehnte die Beklagte eine Weitergewährung der Rente über den 31. Oktober 2006 hinaus mit den angefochtenen Bescheiden (Bescheid vom 30. August 2006 und Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007) ab.
Dem lagen im Wesentlichen das Gutachten des Nervenarztes Dr. L. vom 25. Juli 2006 (Depression und Angst, zwischenzeitlich gut kompensiert unter thymoleptischer Basistherapie; Tätigkeiten eines Kaufmannes und leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien sechs Stunden und mehr möglich) sowie die sich dem - nach Einholung von Berichten behandelnder Ärzte - anschließende beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. J. vom 13. April 2007 zu Grunde. Deswegen hat der Kläger am 5. Juli 2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und geltend gemacht, er sehe sich auf Grund seines Gesundheitszustandes zu einer Erwerbstätigkeit von sechs Stunden nicht in der Lage.
Das SG hat die Nervenärztin Dr. M. und den Allgemeinarzt Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. M. hat am 30. August 2007 über die Behandlung und die Diagnosen berichtet, eine Leistungsbeurteilung als behandelnde Ärztin jedoch nicht abgeben wollen. Dr. H. hat am 28. September 2007 angegeben, er habe die Praxis des bisherigen Hausarztes am 31. März 2007 übernommen, kenne den Kläger aber als früherer Praxisvertreter. Seines Erachtens könne der Kläger leichte Tätigkeiten nicht mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Außerdem hat das SG ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 11. Dezember 2007 eingeholt. Er hat eine Dysthymia und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Der Kläger gehe einem weitgehend normalen Tagesablauf nach. Er führe mehr oder weniger selbstständig den Haushalt, einschließlich Kochen und Erledigung der Einkäufe, wobei eine gewisse Unterstützung durch die Kinder erfolge. In Übereinstimmung mit Dr. L. sei davon auszugehen, dass die depressive Störungen unter thymoleptischer Basistherapie remittiert seien. Tätigkeiten als Buchhalter seien nicht möglich, der Kläger könne aber andere leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung - ohne besondere Beanspruchung der geistig-psychischen Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Auffassungsvermögen sowie an die Aufmerksamkeit - mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hierauf hat das SG mit Urteil vom 23. April 2008 die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da der Kläger jedenfalls eine ihm zumutbare Tätigkeit als Registrator wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 8. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Juni 2008 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er trotz Aufforderung nicht abgegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. November 2006 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen - die §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), einschließlich der hierzu ergangenen Rechtsprechung - für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt. Es hat ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil er auf Grund einer Besserung in seinem Gesundheitszustand zumindest seit 1. November 2006 wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten an und sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück. Neue Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben, zumal der Kläger keine Berufungsbegründung abgegeben hat.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit besteht nicht. Insoweit ist ergänzend zu den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Folgendes anzumerken:
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst die Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Bei Prüfung der Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, muss zunächst der bisherige Beruf festgestellt und danach geklärt werden, auf welche Tätigkeiten ein Versicherter verwiesen werden kann. Hierzu hat die Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, demzufolge sich die rentenversicherungspflichtigen Berufstätigkeiten in mehrere Gruppen aufteilen lassen. Im Bereich der Angestelltenberufe lassen sich nach der Rechtsprechung des BSG folgende Gruppen bilden: Auf der untersten Ebene (Stufe 1) sind dies Tätigkeiten unausgebildeter bzw. nur kurzzeitig eingearbeiteter Angestellter, deren Anforderungsprofil keine über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Es folgen (Stufe 2) Angestelltenberufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und danach (Stufe 3) solche mit einer längeren, regelmäßig dreijährigen Ausbildung. Weitere Gruppen bilden die Angestelltenberufe, welche eine Meisterprüfung oder den erfolgreichen Abschluss einer Fachschule (Stufe 4), oder ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule bzw wissenschaftlichen Hochschule (Stufe 5) voraussetzen. Schließlich kann für Führungspositionen, die ein Hochschulstudium erfordern, noch eine weitere Gruppe (Stufe 6) gebildet werden (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 240 Rdnr. 69 und 70 und BSG Urteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 38/02 - in Juris jeweils mit weiteren Nachweisen).
Für die nach dem genannten Schema vorzunehmende Einordnung des bisherigen Berufs ist nicht ausschließlich die Dauer der absolvierten oder erforderlichen Ausbildung maßgebend. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Auch wenn in einem Beruf nicht der herkömmliche Ausbildungsweg durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn der Beruf nicht nur vorübergehend ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt und sich die auch in einer entsprechenden Bezahlung widerspiegelt (BSG SozR § 1246 Nr. 116 und 168; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13).
Wer mit seinem bisherigen Beruf einer dieser Gruppen angehört, kann nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel auf eine Tätigkeit der jeweils nächst unteren Stufe verwiesen werden. Denn das Gesetz sieht einen Versicherten nicht schon dann als berufsunfähig an, wenn er seinen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, sondern verL.t, ausgehend von diesem Beruf, einen "zumutbaren beruflichen Abstieg" in Kauf zu nehmen. Erst wenn ein Versicherter auch auf eine ihm zumutbare andere Tätigkeit nicht verwiesen werden kann, ist er berufsunfähig (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 55, 75, 86 und 90 sowie SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 2, 17, 28 und 41).
An diesen Kriterien orientiert, ist der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht berufsunfähig. Bisheriger Beruf des Klägers ist die ausgeübte Tätigkeit als Buchhalter, die er auf der Grundlage einer kurzfristigen, aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschlossenen Weiterbildung zur Buchhaltungsfachkraft in der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zur Arbeitsunfähigkeit am 23. Januar 2001 ausgeübt hat. Dem lag die im Wege der betrieblichen Umschulung von Oktober 1991 bis Mai 1993 abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel zugrunde. Damit überstieg die Ausbildung für die zuletzt ausgeübte Angestelltentätigkeit nicht die Dauer von zwei Jahren, sodass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers der Stufe 2 des dargestellten Mehrstufenschemas entspricht und noch eine Verweisung in eine Tätigkeit der Stufe 1 zulässt.
Unter diesen Voraussetzungen begegnet die vom SG vorgenommene Verweisung auf eine Tätigkeit als Registrator im Ergebnis keinen Bedenken, weil der Kläger auch auf die Tätigkeit eines Registrators mit einfacheren Arbeiten i. S. d. der Vergütungsgruppe IX BAT verweisbar ist (vgl. zur Staffelung der Tätigkeit eines Registrators im öffentlichen Dienst nach Schwierigkeitsgraden im Einzelnen Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23. Januar 2007 - L 11 R 4310/06 - in Breithaupt 2007, 504-507 und JURIS). Die gemäß den Gutachten von Dr. L. und Dr. D. vorliegenden Gesundheitsstörungen und die aus ihnen resultierenden qualitativen Einschränkungen stehen zur Überzeugung des Senats einer solchen Tätigkeit als Registrator in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich seit 1. November 2006 nicht entgegen. Dies erscheint auch im Hinblick auf den gegenüber Dr. D. eingeräumten Tagesablauf schlüssig. Außerdem ist der Kläger auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit im kaufmännischen Bereich zur Überzeugung des Senats in der Lage, die Tätigkeit eines Registrators nach einer Einarbeitung von weniger als drei Monaten auszuüben.
Nachdem sonach eine einen Rentenanspruch begründende Minderung des Leistungsvermögens ab 1. November 2006 nicht nachgewiesen ist, hat die Beklagte zu Recht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Das Urteil des SG ist infolge dessen nicht zu beanstanden. Aus diesem Grund weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 in Rumänien geborene Kläger hat dort eine Tischler-Ausbildung absolviert und in diesem Beruf sowie später ab 1980 im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 11. Mai 1990 ist von Oktober 1991 bis Mai 1993 eine Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel im Wege der betrieblichen Umschulung erfolgt. Danach war der Kläger, mit Ausnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 1. September bis 31. Dezember 1993 arbeitslos. Vom 25. März bis 23. Oktober 1996 erfolgte zu Lasten des Arbeitsamtes eine Bildungsmaßnahme "Theorie und Praxis für Büro und Verwaltung". Im Anschluss daran war der Kläger bis zum 30. Juni 1997 als kaufmännischer Sachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war der Kläger wieder arbeitslos bzw. geringfügig beschäftigt. Nach seinen Angaben nahm er sodann zu Beginn des Jahres 2000 an einem Buchhalterkurs teil, welchen er nach drei Monaten aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beenden musste. Vom 1. Oktober 2000 bis zu der am 23. Januar 2001 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit war der Kläger über eine Zeitarbeitsfirma als Buchhalter tätig.
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter psychischen Beschwerden und einer somatoformen Störung.
Nachdem sie ihm zuvor mit Bescheiden vom 11. Februar 2003, 12. Januar 2005 und 10. Juli 2006 ab 1. Februar 2003 - jeweils befristet - Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hatte, zuletzt bis 31. Oktober 2006, lehnte die Beklagte eine Weitergewährung der Rente über den 31. Oktober 2006 hinaus mit den angefochtenen Bescheiden (Bescheid vom 30. August 2006 und Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007) ab.
Dem lagen im Wesentlichen das Gutachten des Nervenarztes Dr. L. vom 25. Juli 2006 (Depression und Angst, zwischenzeitlich gut kompensiert unter thymoleptischer Basistherapie; Tätigkeiten eines Kaufmannes und leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien sechs Stunden und mehr möglich) sowie die sich dem - nach Einholung von Berichten behandelnder Ärzte - anschließende beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. J. vom 13. April 2007 zu Grunde. Deswegen hat der Kläger am 5. Juli 2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und geltend gemacht, er sehe sich auf Grund seines Gesundheitszustandes zu einer Erwerbstätigkeit von sechs Stunden nicht in der Lage.
Das SG hat die Nervenärztin Dr. M. und den Allgemeinarzt Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. M. hat am 30. August 2007 über die Behandlung und die Diagnosen berichtet, eine Leistungsbeurteilung als behandelnde Ärztin jedoch nicht abgeben wollen. Dr. H. hat am 28. September 2007 angegeben, er habe die Praxis des bisherigen Hausarztes am 31. März 2007 übernommen, kenne den Kläger aber als früherer Praxisvertreter. Seines Erachtens könne der Kläger leichte Tätigkeiten nicht mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Außerdem hat das SG ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 11. Dezember 2007 eingeholt. Er hat eine Dysthymia und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Der Kläger gehe einem weitgehend normalen Tagesablauf nach. Er führe mehr oder weniger selbstständig den Haushalt, einschließlich Kochen und Erledigung der Einkäufe, wobei eine gewisse Unterstützung durch die Kinder erfolge. In Übereinstimmung mit Dr. L. sei davon auszugehen, dass die depressive Störungen unter thymoleptischer Basistherapie remittiert seien. Tätigkeiten als Buchhalter seien nicht möglich, der Kläger könne aber andere leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung - ohne besondere Beanspruchung der geistig-psychischen Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Auffassungsvermögen sowie an die Aufmerksamkeit - mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hierauf hat das SG mit Urteil vom 23. April 2008 die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da der Kläger jedenfalls eine ihm zumutbare Tätigkeit als Registrator wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 8. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Juni 2008 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er trotz Aufforderung nicht abgegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. November 2006 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen - die §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), einschließlich der hierzu ergangenen Rechtsprechung - für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt. Es hat ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil er auf Grund einer Besserung in seinem Gesundheitszustand zumindest seit 1. November 2006 wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten an und sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück. Neue Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben, zumal der Kläger keine Berufungsbegründung abgegeben hat.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit besteht nicht. Insoweit ist ergänzend zu den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Folgendes anzumerken:
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst die Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Bei Prüfung der Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, muss zunächst der bisherige Beruf festgestellt und danach geklärt werden, auf welche Tätigkeiten ein Versicherter verwiesen werden kann. Hierzu hat die Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, demzufolge sich die rentenversicherungspflichtigen Berufstätigkeiten in mehrere Gruppen aufteilen lassen. Im Bereich der Angestelltenberufe lassen sich nach der Rechtsprechung des BSG folgende Gruppen bilden: Auf der untersten Ebene (Stufe 1) sind dies Tätigkeiten unausgebildeter bzw. nur kurzzeitig eingearbeiteter Angestellter, deren Anforderungsprofil keine über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Es folgen (Stufe 2) Angestelltenberufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und danach (Stufe 3) solche mit einer längeren, regelmäßig dreijährigen Ausbildung. Weitere Gruppen bilden die Angestelltenberufe, welche eine Meisterprüfung oder den erfolgreichen Abschluss einer Fachschule (Stufe 4), oder ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule bzw wissenschaftlichen Hochschule (Stufe 5) voraussetzen. Schließlich kann für Führungspositionen, die ein Hochschulstudium erfordern, noch eine weitere Gruppe (Stufe 6) gebildet werden (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 240 Rdnr. 69 und 70 und BSG Urteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 38/02 - in Juris jeweils mit weiteren Nachweisen).
Für die nach dem genannten Schema vorzunehmende Einordnung des bisherigen Berufs ist nicht ausschließlich die Dauer der absolvierten oder erforderlichen Ausbildung maßgebend. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Auch wenn in einem Beruf nicht der herkömmliche Ausbildungsweg durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn der Beruf nicht nur vorübergehend ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt und sich die auch in einer entsprechenden Bezahlung widerspiegelt (BSG SozR § 1246 Nr. 116 und 168; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13).
Wer mit seinem bisherigen Beruf einer dieser Gruppen angehört, kann nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel auf eine Tätigkeit der jeweils nächst unteren Stufe verwiesen werden. Denn das Gesetz sieht einen Versicherten nicht schon dann als berufsunfähig an, wenn er seinen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, sondern verL.t, ausgehend von diesem Beruf, einen "zumutbaren beruflichen Abstieg" in Kauf zu nehmen. Erst wenn ein Versicherter auch auf eine ihm zumutbare andere Tätigkeit nicht verwiesen werden kann, ist er berufsunfähig (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 55, 75, 86 und 90 sowie SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 2, 17, 28 und 41).
An diesen Kriterien orientiert, ist der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht berufsunfähig. Bisheriger Beruf des Klägers ist die ausgeübte Tätigkeit als Buchhalter, die er auf der Grundlage einer kurzfristigen, aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschlossenen Weiterbildung zur Buchhaltungsfachkraft in der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zur Arbeitsunfähigkeit am 23. Januar 2001 ausgeübt hat. Dem lag die im Wege der betrieblichen Umschulung von Oktober 1991 bis Mai 1993 abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel zugrunde. Damit überstieg die Ausbildung für die zuletzt ausgeübte Angestelltentätigkeit nicht die Dauer von zwei Jahren, sodass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers der Stufe 2 des dargestellten Mehrstufenschemas entspricht und noch eine Verweisung in eine Tätigkeit der Stufe 1 zulässt.
Unter diesen Voraussetzungen begegnet die vom SG vorgenommene Verweisung auf eine Tätigkeit als Registrator im Ergebnis keinen Bedenken, weil der Kläger auch auf die Tätigkeit eines Registrators mit einfacheren Arbeiten i. S. d. der Vergütungsgruppe IX BAT verweisbar ist (vgl. zur Staffelung der Tätigkeit eines Registrators im öffentlichen Dienst nach Schwierigkeitsgraden im Einzelnen Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23. Januar 2007 - L 11 R 4310/06 - in Breithaupt 2007, 504-507 und JURIS). Die gemäß den Gutachten von Dr. L. und Dr. D. vorliegenden Gesundheitsstörungen und die aus ihnen resultierenden qualitativen Einschränkungen stehen zur Überzeugung des Senats einer solchen Tätigkeit als Registrator in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich seit 1. November 2006 nicht entgegen. Dies erscheint auch im Hinblick auf den gegenüber Dr. D. eingeräumten Tagesablauf schlüssig. Außerdem ist der Kläger auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit im kaufmännischen Bereich zur Überzeugung des Senats in der Lage, die Tätigkeit eines Registrators nach einer Einarbeitung von weniger als drei Monaten auszuüben.
Nachdem sonach eine einen Rentenanspruch begründende Minderung des Leistungsvermögens ab 1. November 2006 nicht nachgewiesen ist, hat die Beklagte zu Recht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Das Urteil des SG ist infolge dessen nicht zu beanstanden. Aus diesem Grund weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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