L 4 P 4550/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 3854/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4550/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Die erweitere Klage aus dem Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung zusätzlicher Betreuungsleistungen von der Beklagten für Vergangenheit und Zukunft, hilfsweise die Feststellung, welcher andere Sozialleistungsträger für die Gewährung der begehrten zusätzlichen Betreuungsleistungen zuständig ist, sowie die Zahlung von monatlich EUR 31,00 für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel seit dem 28. Dezember 2006, hilfsweise seit dem 03. April 2007.

Der am 1957 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Er beantragte unter dem 28. Dezember 2006 Leistungen der Pflegeversicherung. Im Auftrag der Beklagten erstattete Pflegefachkraft R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) nach Untersuchung in häuslicher Umgebung das Gutachten vom 12. März 2007. Sie nannte als pflegebegründende Diagnosen eine paranoide Psychose, einer demenzielle Entwicklung mit Antriebsminderung und Vernachlässigung, einen Zustand nach Strahlenunfall im Jahr 2000 (eigenanamnestisch), diverse Beschwerden, Kräfteabbau, Schwindel sowie eine partielle Harn- und Stuhlinkontinenz. Sie stellte einen Grundpflegebedarf von 67 Minuten täglich, einen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf davon 60 Minuten täglich und eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz fest. Die Pflege erbrächten die Ehefrau und der Sohn des Klägers. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 03. April 2007 ab dem 01. Dezember 2006 Pflegegeld nach Pflegestufe I (EUR 205,00 monatlich) und außerdem zusätzliche Betreuungsleistungen in Höhe von EUR 460,00 im Kalenderjahr. Hierzu führte sie aus, der MDK habe festgestellt, dass der Kläger ein hohes Maß an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung brauche. Mit den zusätzlichen Betreuungsleistungen sollten pflegende Angehörige, Lebenspartner oder andere Pflegepersonen entlastet werden. Der Betrag sei ausschließlich für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen zu verwenden (die im Einzelnen aufgelistet waren).

Mit Schreiben vom 12. Juni 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten - u.a. - das "erhöhte Pflegegeld" als "Demenzkranker". Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 11. August 2008 ab dem 01. Juli 2008 zusätzliche Betreuungsleistungen von EUR 100,00 je Kalendermonat. Zur Verwendung dieser Leistungen gab sie die gleichen Hinweise wie unter dem 03. April 2007.

Auf ein Schreiben des Klägers vom 14. September 2008 (das nicht vorliegt) erließ die Beklagte den Bescheid vom 15. September 2008. Darin wiederholte sie die Bewilligung zusätzlicher Betreuungsleistungen von EUR 100,00 im Monat und die Hinweise dazu und führte ergänzend aus, eine Inanspruchnahme durch private Pflegepersonen sei nicht möglich. Da den Kläger seine Ehefrau selbst pflege und somit keine der genannten qualitätsgesicherten Betreuungsleistungen in Anspruch genommen worden sei, sei eine Barauszahlung nicht möglich.

Der Kläger erhob am 22. September 2008 Widerspruch. Seine Pflegebedürftigkeit sei durch eine schwere Arbeitsunfallfolge (radioaktive Verstrahlung) verursacht. Eine qualitätsgesicherte Betreuungsleistung werde übertroffen. Auch aus sonstigen Gründen stehe ihm die Leistung zu. Er übergebe sich und verunreinige durch unkontrollierte anfallartige Durchfälle sich selbst, sein Wohnumfeld und Wohnungseinrichtungen.

Mit Schreiben vom 09. Oktober 2008 beantragte der Kläger die zusätzliche Betreuungsleistung von EUR 460,00 kalenderjährlich "nach Altregelung" rückwirkend ab seinem "Arbeitsunfall" am 10. März 2000, hilfsweise ab Mitte 2002. Die Beklagte teilte unter dem 13. Oktober 2008 mit, auch in der Vergangenheit sei die zusätzliche Betreuungsleistung zweckgebunden für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen einzusetzen gewesen. Sofern dem Kläger diesbezüglich Rechnungen vorlägen, könne er sie gern einreichen. Eine Inanspruchnahme durch private Pflegepersonen und eine Barauszahlung sei auch damals nicht möglich gewesen. Die Unterlagen seien an die Widerspruchsstelle weitergeleitet worden.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2008). Die Pflegekasse erstatte dem Pflegebedürftigen die ihm entstandenen Aufwendungen für zusätzliche Betreuungsleistungen bis zu EUR 2.400,00 im Kalenderjahr. Dieser Betrag werde auf Nachweis gezahlt. Dem Kläger könne sie keine zusätzlichen Betreuungsleistungen erbringen. Eine Inanspruchnahme durch private Pflegepersonen bzw. eine Barauszahlung seien nicht möglich.

Der Kläger erhob am 04. November 2008 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Die von seiner Ehefrau erbrachte Entlastung seines Sohnes sei eine qualitätsgesicherte Betreuungsleistung. Seine Ehefrau sei Krankenschwester. Die Beklagte zahle auch bei Kurzzeitpflege und Urlaubsvertretungen für Privatpersonen. Also sei die Inanspruchnahme eines Pflegedienstes nicht zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber habe die Regelung nicht so streng gefasst wie die Beklagte darzustellen versuche. Besonderheiten des Einzelfalls müssten mehr beachtet werden. Mit Schreiben vom 10. Februar 2009 stellte der Kläger einen "Klageerweiterungsantrag". Das Gericht möge feststellen, welcher Leistungsträger für die streitgegenständlichen Leistungen aufkommen müsse. In Betracht kämen u.a. das Sozialamt Ulm, die Verwaltungs- oder die sonst zuständige Berufsgenossenschaft, die Krankenkasse oder die beklagte Pflegekasse.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Urteil vom 24. Juli 2009 wies das SG die Klage ab. Es ging davon aus, der Kläger habe sinngemäß beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm monatlich zusätzliche Betreuungsleistungen auszubezahlen. Dieser Antrag sei unbegründet. Zur Begründung verwies das SG auf die Ausführungen in dem Bescheid und dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend wies es darauf hin, der gesetzgeberische Wille gehe eindeutig dahin, die pflegenden Angehörigen zu entlasten und durch Sachleistungsangebote gleichzeitig infrastrukturprägende Effekte zu erzielen (Verweis auf Bundestags-Drucksache [BT-Drs.] 14/6949, S. 15 f.). Der Kläger könne daher die monatlichen Betreuungsleistungen von EUR 100,00 nur ausbezahlt bekommen, wenn er zur Entlastung pflegender Angehöriger entsprechende Einrichtungen in Anspruch nehme. Den erhöhten Betrag von bis zu EUR 200,00 monatlich könne ihm dagegen keineswegs gewährt werden, da er nach dem Pflegegutachten des MDK nicht an einer schweren Demenz leide.

Gegen dieses ihm am 24. September 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. September 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat erneut geltend gemacht, sein Gesundheitszustand beruhe auf den radioaktiven Belastungen durch den "Arbeitsunfall" vom 10. März 2000. Seine Ansprüche ergäben sich aus den allgemeinen Sozialgesetzbüchern, der UN-Charta für Menschen mit Behinderungen, dem Atomgesetz und der Strahlenschutzverordnung. Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage könne pflegenden Angehörigen die Summe von monatlich EUR 100,00 bzw. EUR 200,00 selbstverständlich auch für sie selbst ausbezahlt werden. Die Gewährung des erhöhten Monatsbetrags sei außerdem keinesfalls mit einer schweren Demenz gekoppelt.

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 hat der Kläger zwei weitere "Klageerweiterungsanträge" gestellt. Die Beklagte müsse die zugebilligten EUR 460,00 jährlich rückwirkend erstatten, denn die Voraussetzungen dafür hätten seit dem ersten Pflegegeldantrag vorgelegen. Außerdem müsse die Beklagte verurteilt werden, zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel bis zu EUR 31,00 im Monat rückwirkend ab Antragstellung, hilfsweise ab Zubilligung der Pflegestufe I, auszuzahlen. Die Beklagte habe ihn nicht aufgeklärt. Hierzu führt der Kläger weiter aus, er habe für diese Klageerweiterungen ein Rechtsschutzbedürfnis, sie ersparten Folgeklagen und dienten der Prozessökonomie.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Juli 2009 aufzuheben und a) die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. September 2008 in der Fassung des Bescheids vom 13. Oktober 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2008 zu verurteilen, ihm rückwirkend ab dem 10. März 2000 monatlich zusätzliche Betreuungsleistungen in Höhe von EUR 460,00 kalenderjährlich bis zum 30. Juni 2008 sowie ab dem 01. Juli 2008 EUR 200,00, hilfsweise von EUR 100,00 monatlich zu zahlen, b) hilfsweise, festzustellen, welcher andere Sozialleistungsträger für die Gewährung der begehrten zusätzlichen Betreuungsleistungen zuständig ist; 2. die Beklagte zu verurteilen, ihm monatlich EUR 31,00 für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel seit dem 28. Dezember 2006, hilfsweise seit dem 03. April 2007, zu zahlen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich inhaltlich nicht geäußert.

Der Berichterstatter des Senats hat den Sachverhalt mit dem Kläger mündlich erörtert. Auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 18. Februar 2010 wird verwiesen. In diesem Termin hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass der Senat eine Entscheidung durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter beabsichtige, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die mit den Beteiligten auch in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Einer Entscheidung durch Beschluss steht nicht entgegen, dass der Kläger in der Berufungsinstanz die Klage erweitert hat, was einen Unterfall der Klageänderung nach § 99 SGG) darstellt. Zwar muss das LSG aus Gründen einer Ermessensreduzierung auf Null grundsätzlich von einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG absehen, wenn es über einen geltend gemachten Anspruch erstmals entscheidet, weil sich z. B. der Streitgegenstand durch Klageerweiterungen oder durch Einbeziehung neuer Bescheide nach § 96 Abs. 1 SGG geändert hat (Keller, in: Meyer-Lade¬wig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 153 Rn. 15b m.w.N.). Dies gilt jedoch nur bei einer Entscheidung über den neuen Gegenstand selbst. Ist dagegen z. B. eine Klageerweiterung erkennbar unzulässig, steht dies einem Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG nicht entgegen, weil dann keine Entscheidung in der Sache erfolgt und die rechtliche Position des Berufungsklägers nicht beeinträchtigt wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 1996, L 5 Ka 2453/96, Breithaupt 1997, 742; bestätigt durch Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 22. Mai 1997, 6 BKa 2/97; veröffentlicht in Juris). Die in der Berufungsinstanz beantragte Klageerweiterung ist in diesem Sinne unzulässig (vgl. unten bei 2).

1. Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger weiterhin sein Begehren auf Auszahlung der zusätzlichen Betreuungsleistungen in gesetzlicher Höhe für Vergangenheit und Zukunft. Außerdem ist Gegenstand des Berufungsverfahrens der bereits in erster Instanz gestellte - erste - Klageerweiterungsantrag, das Gericht möge (hilfsweise) feststellen, welcher (andere) Sozialleistungsträger für die Gewährung der begehrten zusätzlichen Betreuungsleistungen zuständig ist. Beide Anträge sind unbegründet.

a) Gegenstand dieses Verfahrens ist zunächst das Begehren des Klägers, die Beklagte möge ihm die zusätzlichen Betreuungsleistungen jeweils in gesetzlicher Höhe rückwirkend seit dem 10. März 2000, hilfsweise ab Mitte 2002, in bar auszahlen.

aa) Mit diesem Begehren war die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zulässig. Insbesondere liegen insoweit ablehnende Entscheidungen der Beklagten (Bescheide vom 15. September und 13. Oktober 2008) vor; auch das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG nötige Vorverfahren wurde hierzu durchgeführt (Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2008). Die Beklagte hat zunächst mit dem Bescheid vom 15. September 2008 eine Zahlung zusätzlicher Betreuungsleistungen an den Kläger für die Zeit ab der entsprechenden Antragstellung am 14. September 2008 abgelehnt. Dieser Bescheid hat nicht die früheren Bescheide vom 11. August 2008 und 03. April 2007 ersetzt, denn darin hatte die Beklagte Bewilligungen ausgesprochen, und zwar die Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme qualitätsgesicherter Betreuungsdienste zugesagt. An dieser - bestandskräftigen - Bewilligung hat sie mit dem Bescheid vom 15. September 2008 nichts geändert. Weiterhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 die rückwirkende Zahlung der Gewährung der zusätzlichen Betreuungsleistungen ab 10. März 2000, hilfsweise ab Mitte 2002, abgelehnt. Dieser Bescheid wurde nach § 86 Satz 1 SGG in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen, denn er hat den bereits angefochtenen Bescheid vom 15. September 2008 in zeitlicher Hinsicht erweitert. Auf diese Einbeziehung hat die Beklagte in dem Bescheid zwar nicht hingewiesen, sie ergibt sich aber auch aus ihrem Hinweis, die Unterlagen seien an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet worden. Die Beklagte hat dann mit dem Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2008 über dieses gesamte Begehren entschieden. Eine zeitliche Begrenzung ist dem Widerspruchsbescheid nicht zu entnehmen.

bb) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der zusätzlichen Betreuungsleistungen seit dem 10. März 2000 oder ab einem späteren Zeitpunkt.

Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 kann ein solcher Anspruch schon deshalb nicht bestehen, weil die zusätzlichen Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige mit einem erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung nach §§ 45a Abs. 1, 45b Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) erst durch das Gesetz zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz - PflEG -) vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3728) mit Wirkung ab dem 01. Januar 2002 eingeführt wurden.

Für die Zeit danach besteht ein Anspruch nicht, weil eine Zahlung der zusätzlichen Betreuungsleistungen an den Pflegebedürftigen selbst oder eine private Pflegeperson in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen ist. Die zusätzlichen Betreuungsleistungen (die Erhöhung von EUR 460,00 kalenderjährlich auf EUR 100,00 bzw. EUR 200,00 monatlich erfolgte durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (PflWEG) vom 28. Mai 2008 (BGBl I, S. 874) mit Wirkung ab dem 01. Juli 2008) ist - insoweit inhaltlich seit 01. Januar 2002 unverändert - nach § 45b Abs. 1 Satz 2 SGB XI, seit 01. Juli 2008 § 45b Abs. 1 Satz 5 SGB XI, zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Betreuungsleistungen. Er dient - insoweit inhaltlich seit 01. Januar 2002 unverändert - nach § 45b Abs. 1 Satz 3 SGB XI, seit 01. Juli 2008 § 45b Abs. 1 Satz 6 SGB XI, der Erstattung von Aufwendungen, die den Pflegebedürftigen (seit 01. Juli 2008 Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- oder Nachtpflege (Nr. 1), der Kurzzeitpflege (Nr. 2), der zugelassenen Pflegedienste, sofern es sich um besondere Angebote der allgemeinen Anleitung und Betreuung und nicht um Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung handelt (Nr. 3), oder der nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangebote, die nach § 45c SGB XI gefördert oder förderungsfähig sind (Nr. 4). Der Kläger hat keine dieser Leistungen in Anspruch genommen.

b) Der bereits in der ersten Instanz gestellte erste Klageerweiterungsantrag bezüglich der Auskunft über den zuständigen Sozialleistungsträger hat ebenfalls keinen Erfolg. Hierbei geht der Senat davon aus, dass das SG auch über diesen Antrag entschieden hat, sein Urteil also nicht im Sinne von § 140 Abs. 1 Satz 1 SGG unvollständig ist. Der Antrag ist allerdings unzulässig. Zwar kann ein Versicherter nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG auf die Feststellung klagen, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist. Diese Vorschrift erfasst jedoch nur Versicherungsträger, also von den Trägern, die der Kläger als möglicherweise zuständig benannt hat, nur die Beklagte und die Berufsgenossenschaft, nicht aber den weiter genannten Sozialhilfeträger. Unabhängig hiervon setzt eine solche Klage - wie jede Feststellungsklage - nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung voraus. Ein solches Interesse ist hier nicht ersichtlich, nachdem die Beklagte dem Kläger die begehrten zusätzlichen Betreuungsleistungen dem Grunde nach bewilligt und nur eine Zahlung an den Pflegebedürftigen selbst oder eine private Pflegeperson abgelehnt hat.

2. Der erst in der Berufungsinstanz erweiterte Klage hinsichtlich der Erstattung für Pflegehilfsmittel in Höhe von höchstens EUR 31,00 monatlich (§ 40 Abs. 1 und 2 SGB XI) ist unzulässig. Der Kläger hat einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten bislang nicht gestellt; daher fehlt ihm das nötige Rechtsschutzbedürfnis. Auch das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG notwendige Vorverfahren ist nicht durchgeführt worden. Letztlich fehlt dem Landessozialgericht die instanzielle Zuständigkeit für eine Entscheidung auf Klage in dieser Sache; zuständig wäre (nach Durchführung eines Antrags- und Vorverfahrens) allein das SG (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002, B 4 RA 3/01 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 16). Aus diesem Grunde und weil der Kläger mit diesem Antrag einen völlig neuen Komplex in das Verfahren eingeführt hat, weshalb die Voraussetzungen des § 99 Abs. 3 SGG nicht vorliegen, verneint der Senat bereits die Sachdienlichkeit dieser erweiterten Klage (§ 99 Abs. 1 SGG). Auch hat die Beklagte in sie nicht eingewilligt (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG).

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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