L 5 AS 487/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 2997/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 487/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Auskunft - Sofortvollzug - aufschiebende Wirkung - Kostenfreiheit - Anforderung an die Begründung des Sofortvollzugs
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Dezember 2009 wird aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. September 2009 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner hat die der Antragstellerin notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens bewilligt.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Anordnung des Sofortvollzugs eines auf Auskunft gerichteten Bescheids des Antragsgegners. Die am ... 1953 geborene Antragstellerin bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer i.H.v. 661,50 EUR/Monat. Sie ist seit 21. Februar 2005 als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 40 anerkannt. Zusammen mit Herrn H. H. bewohnt sie seit April 1996 eine 80 qm große Drei-Zimmer-Wohnung in B ... Herr H. wurde am ... 1959 geboren und bezieht vom Antragsgegner mit Unterbrechungen seit Januar 2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Zwischen der Antragstellerin und Herrn H. bestand nach eigenen Angaben bis Februar 2004 eine eheähnliche Gemeinschaft. In den Anträgen auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gaben Herr H. und die Antragstellerin seit dem Zeitpunkt der Erstantragstellung unter dem 25. Oktober 2004 an, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu führen bzw. "Lebenspartner" zu sein. Beide unterschrieben die Leistungsanträge. Die Leistungsbewilligungen bzw. -ablehnungen erfolgten an Herrn H. als Leistungsempfänger jeweils unter Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Antragstellerin, mit der er nach Ansicht des Antragsgegners eine Bedarfsgemeinschaft bildete. Mit Schreiben vom 1. November 2008 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, es liege bereits seit Jahren keine eheliche Lebensgemeinschaft mit mehr Herrn H. vor. Sie erhalte vom Antragsgegner keine Leistungen und sei deswegen auch nicht bereit, weiterhin Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben. Unter dem 29. Juni 2009 stellte Herr H. einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II. Er trug wiederum die Antragstellerin als "2. Person" im Kurzantrag ein. Diese unterzeichnete den Antrag jedoch nicht. In diesem Antrag gab Herr H. als Vermögen der Antragstellerin einen "Schatzbrief Index" bei der "A. " mit einem Wert von 12.000,00 EUR an. Am 3. Juli 2009 teilte Herr H. in einem persönlichen Gespräch dem Antragsgegner mit, er habe den Rentenbescheid und die Kontoauszüge der Antragstellerin heimlich kopiert. Diese sei der Ansicht, sie habe keine Leistungen beantragt, da sie Rente beziehe. Sie müsse daher keine Unterlagen zum Vermögen vorlegen. Mit Schreiben vom 22. Juli und 14. August 2009 forderte der Antragsgegner Herrn H. auf, diverse Unterlagen - die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin betreffend - zu den Akten zu reichen. In einem persönlichen Gespräch am 4. August 2009 machte die Antragstellerin dem Antragsgegner gegenüber deutlich, sie lebe mit Herrn H. nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Sie habe während eines Krankenhausaufenthaltes im Jahr 2004 einen Ägypter kennengelernt, den sie demnächst heiraten wolle. Sie machte zudem Ausführungen zu den Wohnverhältnissen mit Herrn H ... Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des vom Antragsgegner gefertigten Gesprächsvermerks (Bl. 1050 f. der Verwaltungsakte) verwiesen. Zu ihren Vermögensverhältnissen gab die Antragstellerin an, eine Geldanlage bei der D. -Bank i.H.v. 6.800,00 EUR sowie ein Depot bei der D. Bank (Wert ca. 5.000,00 EUR) seien 2008 aufgelöst worden. Beide Anlagen seien in den A. Schatzbrief (Wert ca. 12.000,00 EUR) geflossen. Daneben besitze sie nur noch ihr Girokonto. Unterlagen über ihre früheren Wertanlagen besitze sie nicht. Am 31. August 2009 ging beim Antragsgegner eine Kopie des Versicherungsscheins des A. Schatzbriefes (Rentenversicherung) ein. Die Versicherungsnummer und der Name des Begünstigten im Todesfall waren geschwärzt. Mit Bescheid vom 16. September 2009 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, folgende Unterlage vorzulegen: Nachweise über die Auflösung des Depots bei der D. Bank sowie der Wertpapieranlage bei der D. -Bank, den ungeschwärzten Versicherungsschein zur Rentenversicherung bei der A. Lebensversicherungs-AG, den Nachweis der für diese Versicherung bisher eingezahlten Beträge und den Rückkaufswert sowie die Kontoauszüge des Girokontos bei der Dresdner Bank seit 1. Juni 2009. Der Antragsgegner ordnete den Sofortvollzug an und drohte für den Fall der Nichterfüllung der aufgeführten Verpflichtungen bis zum 1. Oktober 2009 die Verhängung eines Zwangsgeldes i.H.v. 500,00 EUR an. Das Auskunftsersuchen sei notwendig, da die Antragstellerin mit Herrn H. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stehe im öffentlichen Interesse. Es sei beachtet worden, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs die Regel und die Anordnung der sofortigen Vollziehung die Ausnahme darstelle. Bei der Entscheidung seien die Interessen der Öffentlichkeit, dies seien insbesondere fiskalische Interessen, sowie die Interessen an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und somit der Leistungsgewährung gegen die privaten Interessen der Antragstellerin abgewogen worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei die einzige sachgerechte Entscheidung, da die Antragstellerin Mitglied der Bedarfsgemeinschaft des Herrn H. sei und somit ihr Einkommen und Vermögen bei der Berechnung des Leistungsanspruchs des Herrn H. zu berücksichtigen seien. Um die Leistungsansprüche beginnend ab 1. August 2009 korrekt berechnen zu können, sei es erforderlich, dass die Antragstellerin die geforderten Unterlagen vorlege. Eine weitere Verzögerung stelle einen erheblichen Verwaltungsaufwand dar. Dies liege nicht im Interesse der Öffentlichkeit, da dem Steuerzahler nicht zugemutet werden könne, dass der Salzlandkreis die korrekte Höhe der Leistung des Herrn H. nicht berechnen könne. Der von der Antragstellerin vorgetragene Grund, Herrn H. finanziell nicht zu unterstützen, stehe in keinem Verhältnis zum öffentlichen Interesse. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin unter dem 6. Oktober 2009 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen darauf, sie lebe mit Herrn H. nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.

Herr H. hatte in der Zwischenzeit beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, ihm Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen (S 16 AS 2786/09 ER). Im Rahmen dieses Rechtsstreits wurde die Antragstellerin als Zeugin vernommen. Sie legte den Originalversicherungsschein der A. Lebensversicherungs-AG (Rentenversicherung) vor und gab unter Vorlage des entsprechenden Schreibens an, einen Verwertungsausschluss bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres vereinbart zu haben. Begünstigter der Versicherung im Todesfall ist Herr H ... Testamentarisch habe die Antragstellerin festgelegt, Herr H. solle das Geld aus der Versicherung für die Beerdigungskosten benutzen. Das Verfahren wurde am 30. Oktober 2009 durch Abschluss eines Vergleichs beendet. In diesem heißt es: "1. Die Antragsgegnerin zahlt zur Beilegung des einstweiligen Anordnungsverfahrens vorläufig, beginnend mit August 2009, an den Antragsteller die mtl. Regelleistung in Höhe von EUR 323, d. h. in Höhe von 90% der Regelleistung, die hälftigen angemessenen Kosten der Unterkunft einschließlich Neben- und Heizkosten in Höhe von insgesamt EUR 184,50, unter Berücksichtigung der bereinigten Erwerbsunfähigkeitsrente der Zeugin Richter. 2. Damit ist das einstweilige Anordnungsverfahren in der Hauptsache erledigt. 3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass im Hinblick auf evtl. Hauptsacheverfahren durch die vorstehende Entscheidung keinerlei Präjudiz für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und der Zeugin Richter gegeben ist. 4. Die Antragsgegnerin erstattet die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers." Der Antragsgegner hat in Ausführung dieses Vergleiches mit Bescheiden vom 5. November 2009 und 22. Dezember 2009 Herrn H. vorläufig Leistungen für August 2009 i.H.v. 588,50 EUR, für September 2009 i.H.v. 571,50 EUR sowie für Oktober 2009 bis 31. Januar 2010 i.H.v. 486,50 EUR/Monat, jeweils unter Anrechnung des Einkommens der Antragstellerin bewilligt. Bereits am 8. Oktober 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Magdeburg beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. September 2009 wiederherzustellen. Im Wesentlichen hat sie auch in diesem Verfahren darauf hingewiesen, sie lebe nicht in ehelicher Gemeinschaft mit Herrn H ... Das Sozialgericht hat Herrn H. in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 3. Dezember 2009 als Zeugen vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 71 ff. der Gerichtsakte verwiesen. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2009 den Antrag zurückgewiesen. Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II sei die Antragstellerin zur Auskunft über ihr Einkommen und Vermögen verpflichtet. Sie sei als Partnerin des Herrn H. i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II anzusehen. Die Antragstellerin und Herr H. lebten bereits seit 1995 in einer gemeinsamen Wohnung. Trotz der behaupteten Beendigung der Beziehung nehme es Herr H. seit Januar 2005 hin, dass das Einkommen der Antragstellerin auf seinen Leistungsanspruch angerechnet werde und er darüber hinaus eine geringere Regelleistung erhalte. Die Begründung für das gemeinsamen Wohnen, er könne sich einen Umzug nicht leisten, sei wenig glaubhaft. Er sei bei einer Vorsprache am 4. August 2009 seitens des Antragsgegners darauf hingewiesen worden, entsprechende Anträge auf Zuschüsse stellen können. Darüber hinaus sei er anwaltlich vertreten. Die Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Herrn H. und der Antragstellerin sei nur bedingt erkennbar. Die Antragstellerin überweise die Miete an den Vermieter, Herr H. zahle einen Anteil, den er allerdings nicht konkret beziffern könne. Des Weiteren habe die Antragstellerin in ihrer Lebensversicherung Herrn H. als Begünstigten im Todesfall angegeben. Aus dem Gesprächsvermerk vom 4. August 2009 gehe darüber hinaus hervor, dass die Antragstellerin überwiegend die Hausarbeit verrichte. Der Annahme einer Einstehensgemeinschaft stehe auch nicht die behauptete Verlobung der Antragstellerin mit einem Ägypter entgegen. Bislang sei nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu der behaupteten Heirat kommen solle. Der Antragsgegner sei auch berechtigt gewesen, die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 16. September 2009 anzuordnen. Er habe ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausführlich und beanstandungsfrei dargelegt. Nur durch die Vorlage der Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin werde der Antragsgegner in die Lage versetzt, über den Anspruch des Herrn H. zu entscheiden. Auch im Interesse des Herrn H. sei eine zeitnahe Umsetzung des Auskunftsersuchens als sachgerecht anzusehen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem im gerichtlichen Eilverfahren S 16 AS 2786/09 ER geschlossenen Vergleich. Der Antragsgegner müsse weiterhin eine Hauptsacheentscheidung über die Ansprüche des Herrn H. treffen. Darüber hinaus sei auch zu erwarten, dass in den künftigen Bewilligungsabschnitten eine abgeschlossene Vermögensprüfung bezüglich der Antragstellerin erforderlich sei. Da das Auskunftsersuchen aus dem Bescheid vom 16. September 2009 bislang nur teilweise erfüllt worden sei, bestehe auch weiterhin ein öffentliches Interesse daran, dass die Antragstellerin die dort angeforderten Unterlagen vorlegt. Gegen den ihr am 16. Dezember 2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 21. Dezember 2009 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Sie habe bereits im Eilverfahren sämtliche Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen gemacht und alle erforderlichen Nachweise hierfür vorgelegt. Es bestehe insoweit keine Veranlassung, an der angeordneten sofortigen Vollziehung festzuhalten. Zwischenzeitlich sei ein Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Herrn H. erfolgt. Ihm seien Leistungen unter Anrechnung ihres Einkommens gezahlt worden. Dieses bedeute doch gerade, dass er sich die offenbarten Einkommens und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin anrechnen lassen müsse. Auch insoweit fehle jegliche Eilbedürftigkeit für die Anordnung des sofortigen Vollzugs. Im Übrigen bestreite sie weiterhin das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Insbesondere die Einbeziehung des Herrn H. in die Lebensversicherung sei kein Vertrauensbeweis zu diesem. Sie habe keine Verwandten und Herr H. könne die Kosten für ihre Beerdigung allein nicht aufbringen. Sie werde zudem 2010 in Ägypten heiraten. Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Dezember 2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. September 2009 wiederherzustellen sowie ihr Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt im Wesentlichen den erstinstanzlichen Beschluss. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

II.
A. Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Beschwerdewert liegt über der Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Das wirtschaftliche Interesse des Antragsgegners an der Auskunftserteilung liegt in der Höhe der an Herrn H. monatlichen gewährten Leistung, die bei Vorhandensein entsprechenden von der Antragstellerin einzusetzenden Vermögens entfallen könnte, mithin bei 3.106,00 EUR für die Zeit, für die der Antragsgegner Ermittlungen anstellte (August 2009 bis Januar 2010). Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist zudem zulässig nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die nach der Anordnung des Sofortvollzugs von der Antragstellerin erstrebte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eigens aufgeführt. Die Regelung ist jedoch auch in diesen Fällen heranzuziehen, denn aus der ausdrücklichen Erwähnung einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch bei Sofortvollzugsanordnungen einstweiligen Rechtsschutz durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs einräumen wollte. Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist begründet. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgesetzbuch Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rz. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Für die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses bzw. des Interesses Dritter ist erforderlich, dass dieses über das Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Nur überwiegende öffentliche Belange oder Belange Dritter können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Antragstellers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 10. Oktober 2003, 1 BvR 2025/03, juris, Rn. 19 unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung). Grundsätzlich hat der Widerspruch gegen den auskunftsersuchenden Verwaltungsakt des Antragsgegners aufschiebende Wirkung. Die gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit in § 39 SGB II greift nicht. Der Gesetzgeber hat mithin davon abgesehen, die Verpflichtung zur Auskunft einer gesetzlich vorgeschriebenen sofortigen Vollziehbarkeit zu unterwerfen. Die behördliche Anordnung des Sofortvollzugs erfordert folglich nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses daran, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und das Interesse des Betroffenen hinter ein erhebliches öffentliches Interesse zurücktreten muss (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 18. September 2001, 1 DB 26/01, juris, Rn. 6). Die rechtsstaatlich gebotene Begründungspflicht dient dem Zweck, den Betroffenen in die Lage versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zu der Anordnung des Sofortvollzuges bewogen haben, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG abzuschätzen. Zum anderen soll sie der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehbarkeitsanordnung vor Augen führen und sie zu veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein vorrangiges öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung fordert. Schließlich hat sie auch die Funktion, den Gerichten die Prüfung der Argumente der Behörde zu ermöglichen. Aus dem Zweck der Begründungspflicht folgt, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen muss, die im konkreten Fall zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG geführt haben. (vgl. zur gleichlautenden Regelung des § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16. Februar 2000, 10 CS 99.3290, juris, Rn. 16). Die Begründung kann ausnahmsweise auf diejenige des zu vollziehenden Verwaltungsakts Bezug nehmen, wenn aus diesem bereits die besondere Dringlichkeit hervorgeht und die von der Behörde getroffene Interessenabwägung klar (insbesondere auch hinsichtlich der Frage, was allgemeine Begründung des Verwaltungsakts ist und was spezifischer Grund für den Sofortvollzug war) erkennbar ist. Sie ist aber auch in diesem Fall nicht entbehrlich (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86a Rn 20). Fehlt die erforderliche Begründung oder ist sie unzulänglich, ist der Sofortvollzug rechtswidrig. Sie kann auch nicht nachgeholt oder ersetzt werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86, Rn. 21c). Ein besonderes Interesse zur Anordnung des Sofortvollzugs hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 16. September 2009 entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht dargelegt. Er hat sich allein darauf berufen, er benötige die geforderten Unterlagen zur Berechnung des korrekten Leistungsanspruchs des Herrn H ... Eine weitere Verzögerung stelle einen erheblichen Verwaltungsaufwand dar. Es könne dem Steuerzahler nicht zugemutet werden, dass die Höhe des Leistungsanspruchs nicht berechnet werden könne. Die hier genannten fiskalischen Interessen aber liegen bereits dem Auskunftsanspruch als solchem zugrunde. Zweck des § 60 SGB II ist es gerade, dem Leistungsträger zu ermöglichen, die dem Leistungsempfänger zustehende Leistung unter Anrechnung des Einkommens und Vermögens des Partners der eheähnlichen Gemeinschaft in richtiger Höhe zu berechnen. Auch die Verringerung des Verwaltungsaufwands vermag kein überwiegendes öffentliches Interesse begründen. Zum einen Fehlen bereits Darlegungen dazu, welchen zusätzlichen Aufwand der Antragsgegner meint. Soweit er die Bewilligung vorläufiger Leistungen und deren Verrechnung bei Feststehen der korrekten Leistungshöhe im Auge gehabt haben sollte, stellt auch dies nur eine Reflexwirkung des Auskunftsanspruchs an sich dar. Auch der Verwaltungsakt als solcher impliziert nicht die Anordnung des Sofortvollzugs. Fiskalische Interessen können zwar zur Anordnung eines Sofortvollzugs ausreichen, wenn sie hinreichend gewichtig sind (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), 25. Juli 1991, III B 555/90, juris, Rn. 18 für das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltswirtschaft zur sofortigen Vollziehbarkeit von Steuerforderungen). Das fiskalische Interesse des Antragsgegners bezieht sich vorliegend im Wesentlichen darauf, Herrn H. für den Fall des Vorhandenseins anzurechnenden Vermögens bei der Antragstellerin keine Leistungen zu bewilligen. Das Renteneinkommen der Antragstellerin war ihm bereits bekannt. Zwar würde es dem öffentlichen Interesse widersprechen, aus öffentlichen Mitteln Beträge zu zahlen, die offensichtlich nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten wieder eingebracht werden könnten. In einem solchen Fall können fiskalische Gründe die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht nur materiell rechtfertigen, sondern auch zur Begründung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung herangezogen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 2001, a.a.O., Rn. 7 für Geldforderungen). Erforderlich ist allerdings die konkrete Darlegung, dass im Einzelfall die Realisierung eines Rückzahlungsanspruchs zumindest gefährdet wäre. Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner hat sich auf eine solche Gefährdung weder berufen noch sonst tatsächliche Anhaltspunkte aufgezeigt. Es hätte vorliegend jedoch einer gesonderten Begründung bedurft, da die Betroffene des Sofortvollzugs - die Antragstellerin - nicht identisch ist mit dem Schuldner der ggf. zuviel gezahlten Leistung, Herrn H ... Das fiskalische Interesse ist hier - bezogen auf den auskunftsbegehrenden Verwaltungsakt - nur ein mittelbares. Zudem hat der Gesetzgeber offensichtlich grundsätzlich das Risiko der Rückforderbarkeit zuviel geleisteter Zahlungen auf Grund fehlender Auskunft Dritter als nicht mit besonderen Schwierigkeiten behaftet angesehen. Er hat den Auskunftsanspruch gerade nicht dem gesetzlichen Sofortvollzug des § 39 SGB II unterstellt. Soweit das Sozialgericht darauf abstellt, auch Herr H. habe ein sachgerechtes Interesse an einer zeitnahen Umsetzung des Auskunftsanspruches, und zudem sei eine abgeschlossene Vermögensprüfung für künftige Bewilligungsabschnitte erforderlich, ist dies nicht geeignet, den Sofortvollzug zu begründen. Der Antragsgegner hat diese Umstände nicht zur Begründung des Sofortvollzugs herangezogen. Das Gericht ist nicht befugt, die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung auszuwechseln oder abzuändern (BVerwG, Beschluss vom 18. September 2001, a.a.O., Rn. 8). Zudem erscheint nach Abschluss des Vergleichs im Verfahren S 16 AS 2786/09 ER die weitere Geltendmachung eines dringenden Vollzugsinteresses durch den Antragsgegner zweifelhaft. Er hat sich vergleichsweise bereit erklärt, Herrn H. vorläufig Leistungen unter Anrechnung des Partnereinkommens zu bewilligen. Vor diesem Hintergrund erschließt sich kein Grund für die dringliche Offenlegung des Vermögens. Es fehlt mithin an der Darlegung eines besonderen, die sofortige Vollziehung des Auskunftsbescheides rechtfertigenden öffentlichen Interesses mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen ist. Der Beschwerde war folglich stattzugeben. B. Der Antragstellerin war zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenbeihilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren. Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist. Die Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens ist aus den o.g. Gründen gegeben. Die Antragstellerin ist wirtschaftlich nicht in der Lage, die ihr entstehenden außergerichtlichen Kosten - auch nicht in Raten - aufzubringen. Sie bezieht eine monatliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit i.H.v. 661,50 EUR. Dieses Einkommen steht ihr jedoch für den Lebensunterhalt nicht in voller Höhe zur Verfügung. Der Antragsgegner rechnet monatlich 124,00 EUR ihres Einkommens auf den Bedarf des Herrn H. an. Dieser Betrag ist daher als besondere Belastung im Rahmen des § 115 Abs. 2 Nr. 4 ZPO einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 30. März 2006, 3 WF 42/06; Oberlandesgericht (OLG) Dresden, Beschluss vom 20. Februar 2008, 20 WF 884/07, beide zitiert nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6. Oktober 2009, L 5 B 303/08 AS). Vom Einkommen der Antragstellerin sind demnach in Abzug zubringen: Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO 395,00 EUR (Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung (Prozesskostenhilfebekanntmachung 2009 – PKHB 2009)) Als besondere Belastungen i.S. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO: Angerechneter Einkommensanteil für Herrn H. 124,00 EUR Eigene noch nicht angerechnete KdU 270,50 EUR (eigener KdU-Anteil zzgl. des vom Grundsicherungsträger für ihren Unterkunftsanteil nicht anerkannten Betrags i.H.v. 43,00 EUR) Es verbleibt kein für die Prozessführung einzusetzendes Einkommen. Über verwertbares Vermögen verfügt die Antragstellerin nicht. C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für die Antragstellerin ist das Gerichtsverfahren nach § 183 SGG kostenfrei. Die Kostenfreiheit bezieht sich auf Personen, die als Versicherte, Leistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger an sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt sind. Den genannten Personen steht nach § 183 Satz 3 SGG gleich, wer im Fall des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Der Begriff des Leistungsempfängers knüpft zwar nicht zwingend an den Begriff der Sozialleistungen des § 11 Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil (SGB I) an. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass Leistungen mit ähnlicher oder vergleichbarer Funktion wie Sozialleistungen i.S.v. § 11 SGB I im Streit stehen, um in den Anwendungsbereich des § 183 SGG zu gelangen (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Juni 2006, B 8 SO 45/07 B, juris, Rn.8.). Von der Antragstellerin wird vorliegend nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II eine Auskunft verlangt. Diese Auskunft benötigt der Antragsgegner zur Berechnung der Ansprüche des Herrn H., da nach seiner Ansicht beide eine Bedarfsgemeinschaft i.S. § 7 Abs. 3a SGB II bilden. Die (auch bestrittene) Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft rechtfertigt die Gleichstellung der Antragstellerin mit den in § 183 SGG genannten Personen. Sie gehört zwar selbst nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 7 Abs. 1 SGB II, da sie nicht erwerbsfähig ist. Ihr Einkommen aber ist - die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft insoweit unterstellt - nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei der Berechnung des Leistungsanspruches des Herrn H. zu berücksichtigen. Sie ist insoweit als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft in das Leistungssystem des SGB II einbezogen. Der Beschluss ist nicht mit der weiteren Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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