Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 U 61/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 144/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls.
Die 1959 geborene Klägerin rutschte am 1. November 2004 gegen 10.45 Uhr während der Ausübung versicherter Tätigkeit als Reinigungskraft beim Wischen eines Klassenraums aus und verdrehte sich dabei ihr rechtes Knie. Sie suchte den Durch-gangsarzt und Chirurgen Dipl.-Med. M. auf, der unter dem 1. November 2004 einen Muskelfaserriss der Oberschenkelbeugeseite bei klinisch unauffälligem Knie diagnostizierte. Er schloss die Behandlung am 12. November 2004 ab. Die Klägerin war infolge des Unfalls vom 1. November 2004 bis 14. November 2004 arbeitsunfähig.
Nach Angaben der Klägerin habe sie sich am 27. November 2004 beim Einsteigen in ihren Pkw erneut das rechte Knie verdreht und noch am selben Tag die Notaufnahme des Kreiskrankenhauses B./W. aufgesucht. Am 30. November 2004 nahm der Facharzt für Chirurgie und Chefarzt des Kreiskrankenhauses Dr. K. eine Arthroskopie des rechten Knies der Klägerin vor. Unter dem 2. Dezember 2004 berichtete er unter Beifügung des Arthroskopieberichtes, die Klägerin habe angegeben, nach dem Unfall vom 1. November 2004 anhaltend ein Instabilitätsgefühl im rechten Kniegelenk verspürt zu haben. Die Arthroskopie habe einen unterbluteten partiellen Riss des vorderen Kreuzbandes sowie eine II.-gradige Knorpelläsion gezeigt. Den blutigen Gelenkerguss habe er ausgespült.
Unter dem 14. Februar 2005 berichtete die Klägerin der Beklagten, Dipl.-Med. M. habe sie trotz starker Schmerzen und einer dunkelblauen Verfärbung des Beines aus der Behandlung entlassen. Sie habe am 14. November 2004 ihre Arbeit wieder aufgenommen und sei bis zum 27. November 2004 mit Schmerzen im rechten Ober-schenkel herumgelaufen.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 erkannte die Beklagte den Unfall vom 1. Novem-ber 2004 als Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Zerrung des rechten Kniegelenkes und einem folgenlos ausgeheilten Muskelfaserriss im rechten Ober-schenkel an, lehnte es aber ab, die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes und eine II. bis III.-gradige Gelenkknorpelläsion des inneren Oberschenkelgelenkkno-chens des rechten Beines als Unfallfolge anzuerkennen. Unfallbedingte Behandlungs-bedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe bis einschließlich 12. November 2004 bestanden, ein Anspruch auf Rente demgegenüber nicht. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbe-scheid vom 6. Juli 2005 zurück. Der geschilderte Bewegungsablauf am 1. November 2004 sei nicht geeignet gewesen, die Teilzusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenks zu verursachen. Die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhobenen klinischen Befunde sprächen gegen einen unfallbedingten Kniebinnenschaden. Demgegenüber lasse der am 30. November 2004 gefundene Kniegelenkerguss auf eine frische Kniebinnenschädigung schließen.
Mit der am 13. Juli 2005 vor dem Sozialgericht Dessau erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen der Teilzerreißung des vorderen Kreuzbandes sowie der Knorpelschädigung und dem Arbeitsunfall sprächen die Einschätzungen der behandelnden Ärzte. Das Kniegelenk sei am 1. November 2004 klinisch unauffällig gewesen. Die bis zum 27. November 2004 vorhanden gewesenen Schmerzen ließen sich leicht auf den Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zurückführen.
Gegen den am 3. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16. November 2005 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und ausgeführt, es sei völlig unsubstantiiert, den Bewegungsablauf am 1. November 2004 für die Entstehung des Kniebinnenschadens für ungeeignet zu halten. Auch sprächen die am 1. November 2004 erhobenen klinischen Befunde des Knies nicht gegen einen Ursachenzusammenhang. Denn der Durchgangsarzt Dipl.-Med. M. habe eine klinische Untersuchung des Kniegelenks nicht durchgeführt. Dem Sachverständigen MR Dr. M. sei darin zu folgen, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes nur auf den Arbeitsunfall ursächlich zurückzuführen ist.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 26. Oktober 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 6. Juli 2005 abzuändern und festzustellen, dass die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes am rechten Bein Folge des Arbeitsunfalls vom 1. November 2004 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen von Dr. L. , wonach zwischen dem Riss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall kein Ursachenzusammenhang besteht.
Der Senat hat den Befundbericht von Dipl.-Med. M. vom 5. Juli 2006 eingeholt, in dem dieser unter dem 5. November 2004 ein handtellergroßes Hämatom an der Oberschenkel-Beugeseite erwähnt und das Kniegelenk weiter als klinisch unauffällig beschrieben hat. Unter dem 29. November 2004 hat er vermerkt, die Patientin begehre eine weitere Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft, um nicht die Praxisge-bühr tragen zu müssen.
Der Senat hat den Facharzt für Chirurgie MR Dr. M. vom medizinischen Gutach-ten-institut D. beauftragt, das Sachverständigengutachten vom 13. November 2006 nach Untersuchung der Klägerin am 7. November 2006 zu erstatten. Der Sach-verständige hat ausgeführt, es sei medizinisch-wissenschaftlich hinreichend wahr-scheinlich, dass das geschilderte Ereignis vom 1. November 2004 den am 30. Novem-ber 2004 erhobenen Befund - den partiellen Riss des vorderen Kreuzbandes - verursacht habe. Ein Gelenkerguss des betroffenen Kniegelenks trete bei einem solchen Riss nicht notwendig auf. Auch habe die Klägerin nach dem 1. November 2004 eine Instabilität des rechten Knies verspürt. Ob der Durchgangsarzt die Bandführung des rechten Kniegelenks exakt untersucht habe, sei seinen Aufzeichnungen nicht zu entnehmen. Der Befund eines unauffälligen Kniegelenks bedeute keinesfalls, dass das Knie intakt und nicht überdehnt und der Bandapparat nicht teilrupturiert gewesen sei. So sei von partiellen Bandläsionen bekannt, dass diese relativ gut kompensiert werden und eine Zeit lang unerkannt bleiben könnten. Das Zweitgeschehen am 27. November 2004, bei dem die Klägerin beim Aussteigen aus dem Pkw ohne äußere Einwirkung unkontrolliert weggeknickt sei, sei traumatomechanisch nicht geeignet gewesen, eine partielle vordere Kreuzbandruptur hervorzurufen. Das Kniegelenk müsse zu diesem Zeitpunkt bereits instabil gewesen sein. Die Angaben der Klägerin, sie habe nach dem Arbeitsunfall keinen Halt mehr gehabt, sprächen für eine partielle vordere Kreuz-bandruptur als Folge des Arbeitsunfalls. Das Ereignis vom 27. November 2004 sei lediglich eine Gelegenheitsursache gewesen. Die Beklagte hat dem Gericht die beratungsärztlichen Stellungnahmen von dem Arzt für Chirurgie Dr. L. vom 12. Januar 2007 und 13. Juli 2007 vorgelegt, der ausgeführt hat, gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Teilriss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall sprächen die erhobenen Befunde. Der Befund eines klinisch unauffälligen Knies lasse nicht darauf schließen, das Knie sei nicht ausreichend untersucht worden und schon gar nicht den Schluss zu, ein verlet-zungsbedingter Befund im rechten Kniegelenk habe vorgelegen. Der am 30. November 2004 ausgespülte blutige Gelenkerguss sei frisch gewesen. Eine ältere Einblutung lasse sich nicht einfach ausspülen, weil sich nach kurzer Zeit Blutgerinnsel bildeten und das Blut verplumpe. Die Teilzusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes sei als Ursache der Einblutung gesichert. Dies belege den Zusammenhang mit dem Unfall vom 27. November 2004. Unfallbedingte isolierte Teilzusammenhangstrennun-gen des vorderen Kreuzbandes seien extrem selten und mechanisch nicht schlüssig zu erklären, denn ein Band, welches als Ganzes einer bestimmten Krafteinwirkung nicht standhalte, halte dieser erst recht nicht stand, wenn ein Teil bereits zerrissen sei. Diese Überlegungen würden sowohl für den Arbeitsunfall als auch für den Unfall vom 27. November 2004 gelten. Die von der Klägerin behauptete Gangunsicherheit nach dem Arbeitsunfall könne zwar nicht mit dem Muskelfaserriss am 1. November 2004 erklärt werden. Die Angaben der Klägerin hierzu seien aber zu unspezifisch, zumal bei der Untersuchung anlässlich der Begutachtung eine gering gradige, muskulär vollstän-dig kompensierbare vordere Kniegelenksinstabilität bestanden habe.
MR Dr. M. hat hierzu unter dem 5. März 2007 ausgeführt, unfallbedingte Teilzu-sammenhangstrennungen mit isoliertem vorderen Kreuzbandriss seien nicht extrem selten. Aufgrund des besonderen Aufbaus des vorderen Kreuzbandes könne es zu einer Partialruptur kommen. Das am 30. November 2004 festgestellte Hämarthros lasse nicht darauf schließen, dass unmittelbar vor der Operation eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes stattgefunden habe. Blutergüsse in dem Gewebe des Knies bildeten sich wesentlich langsamer zurück als in anderem Gewebe und ließen sich noch einen Monat nach einem Ereignis nachweisen. Aber auch ein frischer blutiger Gelenkerguss schließe nicht aus, dass bereits zuvor eine partielle vordere Kreuz-bandruptur vorgelegen habe. Am 27. November 2004 könne es auch zu einem Zerreißen einer gefäßreichen Gelenkinnenhaut gekommen sein.
Dem Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen 2004050624 vorgelegen. Diese war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 6. Juli 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 1. November 2004 anzuerkennen.
Für die Feststellung einer Verursachung eines Gesundheitsschadens durch einen Versicherungsfall, hier den anerkannten Arbeitsunfall vom 1. November 2004, gilt der Maßstab der Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursa-chenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt; der Senat hat ernste Zweifel an dem Ursa-chenzusammenhang zwischen dem teilweisen Riss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall.
So fehlt es an einem Nachweis, dass der teilweise Riss des vorderen Kreuzbandes unmittelbar nach dem Arbeitsunfall vorgelegen hat. Der Durchgangsarzt Dipl.-Med. M. hat noch am Unfalltag entsprechende Feststellungen am rechten Kniegelenk nicht getroffen. In seinem Durchgangsarztbericht vom 1. November 2004 hat er das rechte Kniegelenk der Klägerin als klinisch unauffällig bezeichnet. Als Schaden hat er lediglich einen Muskelfaserriss an der Oberschenkelbeugeseite vermerkt. Am 5. November 2004 hat er ein handtellergroßes Hämatom an der Oberschenkelbeuge-seite beschrieben und nochmals das Kniegelenk als klinisch unauffällig bezeichnet. Weitere Befunde über einen Riss des vorderen Kreuzbandes liegen vor dem weiteren Unfallereignis vom 27. November 2004 nicht vor. Es bestehen auch keine Anhalts-punkte dafür, dass Dipl.-Med. M. einen fehlerhaften oder nicht vollständigen Befund erhoben hat. Die am Unfalltag von der Klägerin geklagten Beschwerden lassen sich durch den diagnostizierten Muskelfaserriss ohne Weiteres erklären. Auch kommt es nicht entscheidend darauf an, ob Dipl.-Med. M. bei der Beschreibung des Befundes den unfallchirurgischen Standard eingehalten hat. Denn wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ist damit keinesfalls der Nachweis erbracht, dass der Knie-binnenschaden bereits unmittelbar nach dem Arbeitsunfall vorgelegen hat.
Die am 30. November 2004 erhobenen Befunde lassen auch nicht darauf schließen, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes am 1. November 2004 eingetreten sein muss. Dabei kann es auch dahingestellt bleiben, ob das Unfallereignis vom 27. November 2004 geeignet war, den Riss des vorderen Kreuzbandes hervorzurufen. Denn auch wenn dieses Unfallereignis zur Herbeiführung des Schadens ungeeignet war, folgt hieraus nicht, dass der Riss durch den Arbeitsunfall verursacht worden ist. MR Dr. M. hat darauf hingewiesen, dass ein Riss des vorderen Kreuzbandes ohne sichtbare äußere Zeichen klinisch stumm verlaufen kann (so auch Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Abschnitt 8.10.4.2.2, S. 684). Der Riss des vorderen Kreuzbandes kann daher bereits vor Eintritt des Arbeitsunfalls infolge einer anderen unfallunabhängigen Ursache vorgelegen haben.
Der Senat vermag daher den Ausführungen von MR Dr. M. zum Ursachenzu-sammenhang nicht zu folgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls.
Die 1959 geborene Klägerin rutschte am 1. November 2004 gegen 10.45 Uhr während der Ausübung versicherter Tätigkeit als Reinigungskraft beim Wischen eines Klassenraums aus und verdrehte sich dabei ihr rechtes Knie. Sie suchte den Durch-gangsarzt und Chirurgen Dipl.-Med. M. auf, der unter dem 1. November 2004 einen Muskelfaserriss der Oberschenkelbeugeseite bei klinisch unauffälligem Knie diagnostizierte. Er schloss die Behandlung am 12. November 2004 ab. Die Klägerin war infolge des Unfalls vom 1. November 2004 bis 14. November 2004 arbeitsunfähig.
Nach Angaben der Klägerin habe sie sich am 27. November 2004 beim Einsteigen in ihren Pkw erneut das rechte Knie verdreht und noch am selben Tag die Notaufnahme des Kreiskrankenhauses B./W. aufgesucht. Am 30. November 2004 nahm der Facharzt für Chirurgie und Chefarzt des Kreiskrankenhauses Dr. K. eine Arthroskopie des rechten Knies der Klägerin vor. Unter dem 2. Dezember 2004 berichtete er unter Beifügung des Arthroskopieberichtes, die Klägerin habe angegeben, nach dem Unfall vom 1. November 2004 anhaltend ein Instabilitätsgefühl im rechten Kniegelenk verspürt zu haben. Die Arthroskopie habe einen unterbluteten partiellen Riss des vorderen Kreuzbandes sowie eine II.-gradige Knorpelläsion gezeigt. Den blutigen Gelenkerguss habe er ausgespült.
Unter dem 14. Februar 2005 berichtete die Klägerin der Beklagten, Dipl.-Med. M. habe sie trotz starker Schmerzen und einer dunkelblauen Verfärbung des Beines aus der Behandlung entlassen. Sie habe am 14. November 2004 ihre Arbeit wieder aufgenommen und sei bis zum 27. November 2004 mit Schmerzen im rechten Ober-schenkel herumgelaufen.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 erkannte die Beklagte den Unfall vom 1. Novem-ber 2004 als Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Zerrung des rechten Kniegelenkes und einem folgenlos ausgeheilten Muskelfaserriss im rechten Ober-schenkel an, lehnte es aber ab, die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes und eine II. bis III.-gradige Gelenkknorpelläsion des inneren Oberschenkelgelenkkno-chens des rechten Beines als Unfallfolge anzuerkennen. Unfallbedingte Behandlungs-bedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe bis einschließlich 12. November 2004 bestanden, ein Anspruch auf Rente demgegenüber nicht. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbe-scheid vom 6. Juli 2005 zurück. Der geschilderte Bewegungsablauf am 1. November 2004 sei nicht geeignet gewesen, die Teilzusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes des rechten Kniegelenks zu verursachen. Die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhobenen klinischen Befunde sprächen gegen einen unfallbedingten Kniebinnenschaden. Demgegenüber lasse der am 30. November 2004 gefundene Kniegelenkerguss auf eine frische Kniebinnenschädigung schließen.
Mit der am 13. Juli 2005 vor dem Sozialgericht Dessau erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen der Teilzerreißung des vorderen Kreuzbandes sowie der Knorpelschädigung und dem Arbeitsunfall sprächen die Einschätzungen der behandelnden Ärzte. Das Kniegelenk sei am 1. November 2004 klinisch unauffällig gewesen. Die bis zum 27. November 2004 vorhanden gewesenen Schmerzen ließen sich leicht auf den Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zurückführen.
Gegen den am 3. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16. November 2005 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und ausgeführt, es sei völlig unsubstantiiert, den Bewegungsablauf am 1. November 2004 für die Entstehung des Kniebinnenschadens für ungeeignet zu halten. Auch sprächen die am 1. November 2004 erhobenen klinischen Befunde des Knies nicht gegen einen Ursachenzusammenhang. Denn der Durchgangsarzt Dipl.-Med. M. habe eine klinische Untersuchung des Kniegelenks nicht durchgeführt. Dem Sachverständigen MR Dr. M. sei darin zu folgen, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes nur auf den Arbeitsunfall ursächlich zurückzuführen ist.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 26. Oktober 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 6. Juli 2005 abzuändern und festzustellen, dass die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes am rechten Bein Folge des Arbeitsunfalls vom 1. November 2004 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen von Dr. L. , wonach zwischen dem Riss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall kein Ursachenzusammenhang besteht.
Der Senat hat den Befundbericht von Dipl.-Med. M. vom 5. Juli 2006 eingeholt, in dem dieser unter dem 5. November 2004 ein handtellergroßes Hämatom an der Oberschenkel-Beugeseite erwähnt und das Kniegelenk weiter als klinisch unauffällig beschrieben hat. Unter dem 29. November 2004 hat er vermerkt, die Patientin begehre eine weitere Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft, um nicht die Praxisge-bühr tragen zu müssen.
Der Senat hat den Facharzt für Chirurgie MR Dr. M. vom medizinischen Gutach-ten-institut D. beauftragt, das Sachverständigengutachten vom 13. November 2006 nach Untersuchung der Klägerin am 7. November 2006 zu erstatten. Der Sach-verständige hat ausgeführt, es sei medizinisch-wissenschaftlich hinreichend wahr-scheinlich, dass das geschilderte Ereignis vom 1. November 2004 den am 30. Novem-ber 2004 erhobenen Befund - den partiellen Riss des vorderen Kreuzbandes - verursacht habe. Ein Gelenkerguss des betroffenen Kniegelenks trete bei einem solchen Riss nicht notwendig auf. Auch habe die Klägerin nach dem 1. November 2004 eine Instabilität des rechten Knies verspürt. Ob der Durchgangsarzt die Bandführung des rechten Kniegelenks exakt untersucht habe, sei seinen Aufzeichnungen nicht zu entnehmen. Der Befund eines unauffälligen Kniegelenks bedeute keinesfalls, dass das Knie intakt und nicht überdehnt und der Bandapparat nicht teilrupturiert gewesen sei. So sei von partiellen Bandläsionen bekannt, dass diese relativ gut kompensiert werden und eine Zeit lang unerkannt bleiben könnten. Das Zweitgeschehen am 27. November 2004, bei dem die Klägerin beim Aussteigen aus dem Pkw ohne äußere Einwirkung unkontrolliert weggeknickt sei, sei traumatomechanisch nicht geeignet gewesen, eine partielle vordere Kreuzbandruptur hervorzurufen. Das Kniegelenk müsse zu diesem Zeitpunkt bereits instabil gewesen sein. Die Angaben der Klägerin, sie habe nach dem Arbeitsunfall keinen Halt mehr gehabt, sprächen für eine partielle vordere Kreuz-bandruptur als Folge des Arbeitsunfalls. Das Ereignis vom 27. November 2004 sei lediglich eine Gelegenheitsursache gewesen. Die Beklagte hat dem Gericht die beratungsärztlichen Stellungnahmen von dem Arzt für Chirurgie Dr. L. vom 12. Januar 2007 und 13. Juli 2007 vorgelegt, der ausgeführt hat, gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Teilriss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall sprächen die erhobenen Befunde. Der Befund eines klinisch unauffälligen Knies lasse nicht darauf schließen, das Knie sei nicht ausreichend untersucht worden und schon gar nicht den Schluss zu, ein verlet-zungsbedingter Befund im rechten Kniegelenk habe vorgelegen. Der am 30. November 2004 ausgespülte blutige Gelenkerguss sei frisch gewesen. Eine ältere Einblutung lasse sich nicht einfach ausspülen, weil sich nach kurzer Zeit Blutgerinnsel bildeten und das Blut verplumpe. Die Teilzusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes sei als Ursache der Einblutung gesichert. Dies belege den Zusammenhang mit dem Unfall vom 27. November 2004. Unfallbedingte isolierte Teilzusammenhangstrennun-gen des vorderen Kreuzbandes seien extrem selten und mechanisch nicht schlüssig zu erklären, denn ein Band, welches als Ganzes einer bestimmten Krafteinwirkung nicht standhalte, halte dieser erst recht nicht stand, wenn ein Teil bereits zerrissen sei. Diese Überlegungen würden sowohl für den Arbeitsunfall als auch für den Unfall vom 27. November 2004 gelten. Die von der Klägerin behauptete Gangunsicherheit nach dem Arbeitsunfall könne zwar nicht mit dem Muskelfaserriss am 1. November 2004 erklärt werden. Die Angaben der Klägerin hierzu seien aber zu unspezifisch, zumal bei der Untersuchung anlässlich der Begutachtung eine gering gradige, muskulär vollstän-dig kompensierbare vordere Kniegelenksinstabilität bestanden habe.
MR Dr. M. hat hierzu unter dem 5. März 2007 ausgeführt, unfallbedingte Teilzu-sammenhangstrennungen mit isoliertem vorderen Kreuzbandriss seien nicht extrem selten. Aufgrund des besonderen Aufbaus des vorderen Kreuzbandes könne es zu einer Partialruptur kommen. Das am 30. November 2004 festgestellte Hämarthros lasse nicht darauf schließen, dass unmittelbar vor der Operation eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes stattgefunden habe. Blutergüsse in dem Gewebe des Knies bildeten sich wesentlich langsamer zurück als in anderem Gewebe und ließen sich noch einen Monat nach einem Ereignis nachweisen. Aber auch ein frischer blutiger Gelenkerguss schließe nicht aus, dass bereits zuvor eine partielle vordere Kreuz-bandruptur vorgelegen habe. Am 27. November 2004 könne es auch zu einem Zerreißen einer gefäßreichen Gelenkinnenhaut gekommen sein.
Dem Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen 2004050624 vorgelegen. Diese war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 6. Juli 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die teilweise Zerreißung des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie als Folge des Arbeitsunfalls vom 1. November 2004 anzuerkennen.
Für die Feststellung einer Verursachung eines Gesundheitsschadens durch einen Versicherungsfall, hier den anerkannten Arbeitsunfall vom 1. November 2004, gilt der Maßstab der Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursa-chenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt; der Senat hat ernste Zweifel an dem Ursa-chenzusammenhang zwischen dem teilweisen Riss des vorderen Kreuzbandes und dem Arbeitsunfall.
So fehlt es an einem Nachweis, dass der teilweise Riss des vorderen Kreuzbandes unmittelbar nach dem Arbeitsunfall vorgelegen hat. Der Durchgangsarzt Dipl.-Med. M. hat noch am Unfalltag entsprechende Feststellungen am rechten Kniegelenk nicht getroffen. In seinem Durchgangsarztbericht vom 1. November 2004 hat er das rechte Kniegelenk der Klägerin als klinisch unauffällig bezeichnet. Als Schaden hat er lediglich einen Muskelfaserriss an der Oberschenkelbeugeseite vermerkt. Am 5. November 2004 hat er ein handtellergroßes Hämatom an der Oberschenkelbeuge-seite beschrieben und nochmals das Kniegelenk als klinisch unauffällig bezeichnet. Weitere Befunde über einen Riss des vorderen Kreuzbandes liegen vor dem weiteren Unfallereignis vom 27. November 2004 nicht vor. Es bestehen auch keine Anhalts-punkte dafür, dass Dipl.-Med. M. einen fehlerhaften oder nicht vollständigen Befund erhoben hat. Die am Unfalltag von der Klägerin geklagten Beschwerden lassen sich durch den diagnostizierten Muskelfaserriss ohne Weiteres erklären. Auch kommt es nicht entscheidend darauf an, ob Dipl.-Med. M. bei der Beschreibung des Befundes den unfallchirurgischen Standard eingehalten hat. Denn wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ist damit keinesfalls der Nachweis erbracht, dass der Knie-binnenschaden bereits unmittelbar nach dem Arbeitsunfall vorgelegen hat.
Die am 30. November 2004 erhobenen Befunde lassen auch nicht darauf schließen, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes am 1. November 2004 eingetreten sein muss. Dabei kann es auch dahingestellt bleiben, ob das Unfallereignis vom 27. November 2004 geeignet war, den Riss des vorderen Kreuzbandes hervorzurufen. Denn auch wenn dieses Unfallereignis zur Herbeiführung des Schadens ungeeignet war, folgt hieraus nicht, dass der Riss durch den Arbeitsunfall verursacht worden ist. MR Dr. M. hat darauf hingewiesen, dass ein Riss des vorderen Kreuzbandes ohne sichtbare äußere Zeichen klinisch stumm verlaufen kann (so auch Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Abschnitt 8.10.4.2.2, S. 684). Der Riss des vorderen Kreuzbandes kann daher bereits vor Eintritt des Arbeitsunfalls infolge einer anderen unfallunabhängigen Ursache vorgelegen haben.
Der Senat vermag daher den Ausführungen von MR Dr. M. zum Ursachenzu-sammenhang nicht zu folgen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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