L 7 AS 47/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 145/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 47/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 61/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
teilweise Änderung des SG- und LSG-Urteils
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.03.2009 wird zurückgewiesen Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von der Beklagten noch die Übernahme von Kosten als Zuschuss, die für die Erneuerung der Anschlusskanäle betreffend dem Grundstück der Kläger zu 1) und 2) in Höhe von 584,65 Euro angefallen sind.

Der am 00.00.1970 geborene Kläger zu 1) und seine am 00.00.1973 geborene Ehefrau (Klägerin zu 2) sind Eigentümer des mit einem Haus bebauten Grundstücks in E. Dieses Haus bewohnt die insgesamt 11-köpfige Familie des Klägers, wobei zwei Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Die Grundstücksgröße beträgt 390 qm, die Wohnfläche 180 qm. Der Kläger zu 1) steht seit dem 01.03.2009 in einem befristeten Arbeitsverhältnis (bis 28.02.2010). Seit Beginn des Beschäftigungsverhältnissses beziehen die Kläger zu 1) bis 9) keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) mehr. Zuvor standen sie seit 2005 im Leistungsbezug.

Mit Bescheid vom 17.07.2007 gewährte die Beklagte für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) sowie den Kindern J (geb. 00.00.1991, Kläger zu 3), T1 (geb. 00.00.1992, Klägerin zu 4) E (geb. 0.00.1995, Kläger zu 5), D (geb. 00.00.1996, Kläger zu 6), T (geb. 00.00.1994, Kläger zu 7), H1 (geb. 00.00.2001, Kläger zu 8) und F (geb. 00.00.2006, Kläger zu 9) Leistungen in Höhe von monatlich 1.545,16 Euro, wobei für die Kinder jeweils Kindergeld in Höhe von 170,67 Euro als Einkommen angerechnet worden ist und für die Hauslasten ein Betrag in Höhe von 525,37 Euro monatlich abzüglich der Mietanteile für N T und H T von jeweils 47,76 Euro berücksichtigt worden ist. Bei den Heizungskosten legte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 110,00 Euro abzüglich der Heizkostenanteile von N und H in Höhe von jeweils 10,00 Euro monatlich zugrunde.

Im Bewilligungszeitraum (01.08.2007 bis 31.07.2008) erließ die Beklagte mehrere Änderungsbescheide, so auch unter dem 18.04.2008. Danach gewährte die Beklagte den Klägern für den Monat April 2008 einen Betrag von insgesamt 1.562,99 Euro. Bei den Kosten der Unterkunft legte die Beklagte für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.07.2008 einen Betrag in Höhe von monatlich 517,18 Euro als Hauslasten abzüglich der Mietanteile für N und H in Höhe von monatlich 47,02 Euro zugrunde. Bei den Heizungskosten errechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von monatlich 140,00 Euro abzüglich der Heizkostenanteile von N und H in Höhe von jeweils 12,73 Euro monatlich. Der Betrag für die Hauslasten in Höhe von monatlich 517,18 Euro setzte sich nach der Hauslastberechnung bei selbst bewohnter Immobilie vom 18.04.2008 aus monatlichen Schuldzinsen in Höhe von 329,36 Euro und sonstigen Kosten in Höhe vom monatlich 187,82 Euro (2.253,82 Euro: 12) zusammen. Bei den sonstigen Kosten berücksichtigte die Beklagte jährliche Beträge für die Grundsteuer (200,97 Euro), für das Wassergeld (610,05 Euro), für die Kanalbenutzung (485,47 Euro), für die Müllabfuhr, Straßenreinigung, Winterdienst (369,78 Euro), für die Schornsteinfegergebühren (76,08 Euro) und für die Wohngebäudeversicherung (511,47 Euro).

Für den Monat Juli 2008 gewährte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.05.2008 einen Betrag in Höhe 1.468,99 Euro. Die Reduzierung erfolgte aufgrund einer Sanktion gegenüber dem Kläger zu 1) in Höhe von 94,00 Euro.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.05.2008 setzte die Stadt E für die Erneuerung oder Ausbesserung der Anschlusskanäle betreffend dem Grundstück der Kläger zu 1) und 2) Kosten in Höhe von 584,65 Euro fest und erhob diese gegenüber dem Kläger zu 1).

Daraufhin beantragte der Kläger zu 1) am 26.05.2008 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten. Er wies darauf hin, dass er gar nicht gewollt habe, dass die Kanäle ausgebessert werden. Er habe dem Bauverwaltungsamt mehrmals vergeblich gesagt, gegen die Ausbesserung zu sein und auch das Geld nicht zu haben.

Mit Schreiben vom 10.06.2008 forderte die Beklagte den Kläger zu 1) auf, beim Bauverwaltungsamt einen Antrag auf Stundung des Betrages zu stellen. Unter dem 01.07.2008 teilte das Bauverwaltungsamt der Beklagten mit, dass eine Stundung nicht ausgesprochen werden könne. Die Voraussetzungen seien nicht gegeben. Nachdem der Kläger zu 1) gegenüber der Beklagten erklärt hatte, nicht bereit zu sein, den Betrag in Höhe von 584,65 Euro an die Stadtentwässerung zu entrichten und auch keine Ratenzahlungsvereinbarung mit dieser abzuschließen, lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Erneuerung der Anschlusskanäle mit Bescheid vom 23.07.2008 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass bei selbst genutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen zu den tatsächlichen Aufwendungen insbesondere Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen, nicht aber wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen zählen. Bei den Kosten für die Erneuerung der Anschlusskanäle könne nicht von einem Erhaltungsaufwand ausgegangen werden.

Dagegen wandte sich der Kläger zu 1) mit seinem am 04.08.2008 eingegangenen Widerspruch. Zur Begründung gab er an, die Kosten nicht tragen zu können. Zudem habe er die in Rechnung gestellten Arbeiten nicht gewollt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die begehrten Kosten könnten auf Grundlage des SGB II nicht übernommen werden. Es handele sich um eine Erneuerungs- und Modernisierungsmaßnahme, die vom Kläger selbst zu finanzieren sei.

Dagegen hat der Kläger zu 1) am 15.09.2008 beim Sozialgericht Aachen (SG) Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Maßnahme sei nur erforderlich geworden, weil seitens der Stadt E der Hauptkanal erneuert worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten seine bisherigen Hausanschlusskanäle einwandfrei funktioniert.

Des Weiteren machte der Kläger zu 1) Kosten für die Durchführung von Reparaturen von Fensterelementen und Wohnungsabschlusstüren in Höhe von 4.097,17 Euro geltend. Hinsichtlich dieses Begehrens hat das SG das Verfahren mit Beschluss vom 13.11.2008 abgetrennt und die diesbezügliche Klage (S 5 AS 182/08) mit Urteil vom 30.04.2009 abgewiesen.

Zuvor hatte das SG mit Urteil vom 18.03.2009 die Beklagte zur zuschussweisen Übernahme der mit Bescheid der Stadt E vom 14.05.2008 festgesetzten Kosten in Höhe von 584,65 Euro verurteilt und die Berufung zugelassen.

Gegen das ihr am 15.04.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.04.2009 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Kosten für die Erneuerung und der Ausbesserung der Anschlusskanäle bei einem von dem Hilfebedürftigen selbst bewohnten Eigenheim nicht zu den notwendigen Aufwendungen für Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II gehören. Selbst wenn man die analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII grundsätzlich für zutreffend ansehe, sei dessen Tatbestand entgegen der Auffassung des SG nicht erfüllt. Denn es handele sich bei den Kosten für die Erneuerung der Anschlusskanäle nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes NRW nicht um öffentliche Abgaben im Sinne dieser Vorschrift. Eine Schlechterstellung gegenüber einem Mieter sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kanalanschlussgebühren seien keine Kosten nach § 2 Betriebskostenverordnung. Nur Betriebskosten dürfe der Vermieter gegenüber dem Mieter abrechnen. Im Übrigen habe es nach Auskunft des zuständigen Mitarbeiters der Stadt E (Herrn I) bei der Kanalbaumaßnahme in der T-straße um eine einmalige große städtische Baumaßnahme gehandelt, in deren Zuge auch, soweit notwendig, einzelne Hausanschlüsse erneuert worden seien. Es habe sich insoweit für die Hauseigentümer um eine Ersatzinvestition gehandelt. Eine vergleichbare Baumaßnahme sei in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr zu erwarten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.03.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, dass die Kosten für die Erneuerung der Anschlusskanäle für das Grundstück der Kläger zu 1) und 2) in E in Höhe von 584,65 Euro lediglich als Darlehen zu übernehmen sind.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Eine Schlechterstellung gegenüber einem Mieter sei nicht zu rechtfertigen. Wären sie Mieter, so würde die von ihnen geschuldete Miete übernommen. Diese Miete beinhalte regelmäßig auch einen vom Vermieter kalkulierten Ansatz für einen erforderlichen Reparatur- und Sanierungsaufwand bezüglich des Mietobjekts, der die Abnutzung des Gebäudes durch Alter und Verschleiß berücksichtige. Bei den streitgegenständlichen Kosten für die Ausbesserung der Anschlusskanäle handele es sich nicht um wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen, sondern um einen Erhaltungsaufwand, der zu übernehmen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten fallen auch Reparatur- und Sanierungsarbeiten an Kanalanschlüssen periodisch an, wenn auch die Zeitabstände deutlich größer seien als Ausbesserungsarbeiten im Gebäude.

Auf Nachfrage des Senats vom 10.02.2010, welche Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 übernommen worden wären, sofern die Bedarfsgemeinschaft zur Miete gewohnt hätte, hat die Beklagte mitgeteilt, dass bei Anmietung einer Wohnung als angemessene Kosten der Unterkunft 744,54 Euro (Kosten der Unterkunft 910,00 Euro abzüglich der Mietanteile für N und H in Höhe von jeweils 82,73 Euro) zu übernehmen gewesen wären. Hinsichtlich der Heizkosten seien sowohl im Jahre 2007 und 2008 die Abschläge in voller Höhe gemäß Einstufungsbescheid der Stadt E übernommen worden. Heizkostennachforderungen gemäß der Jahresrechnungen 2007 und 2008 seien zusätzlich übernommen worden.

Der von der Beklagten als angemessene Kosten der Unterkunft angenommene Betrag in Höhe von 744,54 Euro hat der Kläger zu 1) bzw. haben die Kläger auf Nachfrage des erkennenden Senats nicht in Zweifel gezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Streitakten S 14 (23) AS 68/06 und S 5 AS 182/08 des Sozialgerichts Aachen sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Beklagte verurteilt, die Kosten in Höhe von 584,65 Euro zuschussweise zu übernehmen.

Gegenstand der Berufung sind Ansprüche der Kläger zu 1) bis 9). Diese bildeten im streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II und haben jeweils einen individuell zu ermittelnden anteiligen Anspruch auf Leistungen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 12 und 13). Nach der Rechtsprechung des BSG sind beim Streit um höhere Leistungen auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 38/08 R Rn. 12). Eine Begrenzung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist seitens der Beteiligten zulässig, sofern ein abtrennbarer Verfügungssatz dies zulässt (BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b 59/06 R -, Rn. 15), auf einzelne Elemente innerhalb dieses abtrennbaren Streitgegenstandes jedoch nicht (BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist Streitgegenstand im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung die Ablehnung der Übernahme der von der Stadt E für die Erneuerung der Anschlusskanäle betreffend dem Grundstück der Kläger zu 1) und 2) geltend gemachten Kosten in Höhe von 584,65 Euro.

Bei der von der Stadt E gegenüber dem Kläger zu 1) mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.05.2008 festgesetzten Kosten in Höhe von 584,65 Euro handelt es sich um Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen gehören alle mit dem Eigentum verbundenen notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b 34/06 R - Rn. 38; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, DSGT Praktikerleitfäden, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S. 19). § 7 Abs. 2 der Verordnung (VO) zu § 82 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ist entsprechend anzuwenden (BSG, a.a.O.; Krauß in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 22 Rn. 75). Bereits vor Schaffung des SGB II und des SGB XII gab es diese Praxis im Rahmen der Sozialhilfe, an die angeknüpft werden kann. Der amtlichen Begründung zu § 22 SGB II ist insoweit zu entnehmen, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung "wie in der Sozialhilfe" berücksichtigt werden und die hierbei zu beachtenden Voraussetzungen den sozialhilferechtlichen Regelungen entsprechen (BT-Drucks. 15/1516). Das BVerwG (Urteil vom 07.05.1987 - 5 C 36/85 -, BVerwGE 77, 232) hat als Kosten der Unterkunft bei selbst genutztem Eigenheim die Aufwendungen qualifiziert, die der Hilfeempfänger als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Last zu tragen hat, d. h. diejenigen, die auch unter der Geltung des geänderten § 79 BSHG unter § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 der VO zur Durchführung des § 76 BSHG vom 28.11.1962 aufgeführt sind (vgl. SG Dresden, Gerichtsbescheid vom 10.07.2006 - S 34 AS 293/05 -).

Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII gehören zu den Ausgaben

1. Schuldzinsen und dauernde Lasten,
2. Steuern von Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge,
3 ...
4. der Erhaltungsaufwand,
5 ...

Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung gehören zum Erhaltungsaufwand im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 die Ausgaben für Instandsetzung und Instandhaltung, nicht jedoch die Ausgaben für Verbesserungen.

Neben den zur Finanzierung des Eigenheimes geleisteten Schuldzinsen zählen auch die Nebenkosten wie Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgeblichen Bewilligungszeitraum zu den Kosten der Unterkunft (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 14/7b 38/08 R -, Rn. 14; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn. 26).

Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII sind gegeben. Danach gehören zu den Ausgaben Steuern von Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge.

Bei den im vorliegenden Fall gemäß § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt E festgesetzten und erhobenen Kosten handelt es sich um einen Kostenersatz, der nach Auffassung des Senats wie eine sonstige öffentliche Abgabe im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII (VO zu § 82 SGB SGB XII) zu werten ist.

Zwar ist der in § 10 KAG NRW geregelte Kostenersatzanspruch trotz seiner Regelung im Kommunalabgabengesetz rechtstechnisch keine Kommunalabgabegebühr. Kommunalabgaberechtlich handelt es sich vielmehr um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art, für die die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes nur entsprechend gelten (vgl. Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2008, § 10 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen). Diese Ausgestaltung im nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetz ist jedoch nicht zwingend, wie ein Vergleich mit den Regelungen anderer Bundesländer zeigt. So ist nach dem sächsischen Kommunalabgabengesetz in § 1 Abs. 2 KAG geregelt, dass Kommunalabgaben im Sinne dieses Gesetzes Steuern, Benutzungsgebühren, Beiträge, Aufwandsersatz, die Kurtaxe, die Fremdenverkehrsabgabe und abgaberechtliche Nebenleistungen (Verspätungszuschläge, Zinsen und Säumniszuschläge) sind. In Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg gilt der Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse ausdrücklich als öffentliche Abgabe (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V bzw. § 42 Abs. 1 Satz 3 KAG BW).

Der Senat hält es für geboten, den Begriff der öffentlichen Abgabe in § 7 Abs. 2 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII sozialrechtlich auf den vorliegend geltend gemachten Kostenersatzanspruch gemäß § 10 KAG NRW in Verbindung mit der Entwässerungssatzung sowie der Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt E auszudehnen. Für eine, je nach Bundesland, unterschiedliche Behandlung der Kostenersatzansprüche, abhängig davon, wie der Kostenerstattungsanspruch im jeweiligen Land rechtlich qualifiziert wird, ist ein sachlicher Grund nicht gegeben sein.

Eine Subsumtion des Kostenersatzanspruchs unter dem Begriff der öffentlichen Abgabe im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII stößt auch nicht an die "Grenzen des Wortlauts der Norm". Der Wortsinn öffentliche Abgabe ist nämlich nicht auf die kommunalabgabenrechtliche Dreiteilung in Steuern, Gebühren und Beiträge beschränkt, sondern umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch sonstige öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtungen (vgl. hierzu ausführlich Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, Seite 6 ff.). Für diese Sichtweise sprechen zum einen die Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg, wonach der Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse ausdrücklich als öffentliche Abgabe gilt (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V bzw. § 42 Abs. 1 Satz 3 KAG BW), zum anderen ruht der Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NW als öffentliche Last auf dem Grundstück (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.08.1998, 22 A 2059/95).

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, es handele sich bei den geltend gemachten Kosten um wertsteigernden Erneuerungsaufwand, der, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nicht durch den Leistungsträger übernommen werden könne, kann sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen. Es handelt sich sozialrechtlich, wie bereits ausgeführt, vielmehr um öffentliche Abgaben, bei denen eine Unterscheidung zwischen werterhaltend und wertsteigernd im Hinblick auf die Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII nicht geboten ist. Zudem wird eine Übernahme der als sonstige öffentliche Abgabe zu qualifizierenden Kosten durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt. Denn nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden die Leistungen für Unterkunft nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird die Angemessenheitsgrenze nicht überschritten. Für eine Mietwohnung sind neben der reinen Nettokaltmiete die üblichen Nebenkosten, d. h., die Betriebskosten, die der Vermieter in Ansatz bringen darf (§ 560 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) in Verbindung mit der Betriebskostenverordnung, umfasst, soweit diese nicht von der Regelleistung enthalten sind. Allein die Kosten der Unterkunft belaufen sich nach der Auskunft der Beklagten, die von den Klägern nicht angezweifelt wird, unter Zugrundelegung eines Mietverhältnisses auf 744,54 Euro. Dieser Betrag übersteigt den von der Beklagte im Rahmen der Hauslastberechnung ermittelten Betrag von 517,17 Euro einschließlich eines für den Bewilligungszeitraum monatlich zu berücksichtigenden Betrages von 48,72 Euro (584,65 Euro: 12). Wird die Angemessenheitsgrenze, wie vorliegend, nicht überschritten, sind nach Auffassung des Senats Eigentümer, dessen selbst genutztes Hausgrundstück zum Schonvermögen zählt, gegen nicht vermeidbare öffentliche Belastungen wie Straßenbaubeiträge oder Kosten bezüglich von Anschlussgebühren zu schützen.

Schließlich sind die Kosten auch tatsächlich im Bewilligungszeitraum vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 angefallen. Denn der Bescheid der Stadt E datiert vom 14.05.2008.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt, nach welchen Kriterien und in welchem Umfang Kosten für Haus- und Grundstücksanschlüsse zu den Kosten der Unterkunft gehören.
Rechtskraft
Aus
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